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# 159
April 2008
0,00 €
www.intro.de
Wien Special Blood Red Shoes Be Kind, Rewind Carl Craig Fleisch ist mein Gemüse
Küsse am Praterstern Zwischen Grunge und Bristol Gondry dreht nach Endstation: Detroit Heinz Strunk isst fremd
1.800 Songs*
Inklusive 2 GB Memory Stick Micro™ für bis zu
008 + 048
Wien Special
ANSAGE NO.159
»Baba! Bei einem Wien-Spezialheft muss man die Leser mit Baba begrüßen«,
flötet Mode- und Bildredakteurin Amelie Schneider ins Ohr. »Ja klar, wird
gemacht«, bekommt die reizende Mozartkugel zugeraunt, während es in
Gedanken bereits heißt: »Auf keinen Fall!« Auf keinen Fall »Baba«, denn auf den
nächsten Seiten, ihr werdet es sehen, schmeißen wir uns noch aufwendig genug
an die befreundete Kettenraucher-Republik und speziell an Wien ran. Warum
auch nicht? Neben den üblichen Klischees von Architektur, Sahne, Berg, Ruhe,
Todessehnsucht fand sich so viel Berichtenswertes mehr, dass wir gern einen
ganzen Indie-Kultur-Reiseführer herausgegeben hätten. Doch dann hätten
wir ja all die Nicht-Ö-Acts wie Foals, den dicken Rummelsnuff oder Carl Craig
herauslassen müssen. Wäre ebenfalls zu schade gewesen. Insofern passt schon
alles, wie es ist. Und nun also viel Spaß beim hochverdichteten Wien-Special – und
dem ganzen tollen Kram drum rum. Und, okay: Baba!
Kommando zurück. Eins hätten wir doch glatt vergessen: Am 25.03. geht unsere
beliebte Website www.intro.de komplett erneuert an den Start.
MONITOR
028 006
Mit
MUSIK
024
WIEN SPECIAL
048
048 Wien, das geht mit Schoenwetter, Wohnzimmer, Geco Tonwaren &
Hoanzl, Klein, Diskokaine, G-Stone / Ja, Panik
052 Essen mit Austrofred, Tex Rubinowitz und Thomas Edlinger
054 Servicestrecke
056 Mode Shortcuts
060 Produktpalette
MODE
062
042
Carl Craig 062 Markentreffen
063 Brands4Frieds
WEITER
060
064 Film: Michel Gondry: Be Kind Rewind / 54. Intern. Kurzfilmtage Oberhausen
068 Film: Falco / Verdammt, wir leben noch
069 Film: Film-ABC für Österreich
070 Film: Heinz Strunk / Fleisch ist mein Gemüse
072 Neue Filme
068 076 Neue DVDs
Falco 080 Neue Literatur
082 Neue Spiele
086 Neue Technik
PROBEFAHRT
089
DAS GEHT
128 113
Festivalguide
113 Da geht’s
118 Heimspiel
122 Intro Intim
124 Intro empfiehlt
125 Das geht
128 Festivalguide
130 Katz & Goldt / All The Next
Coca-Cola, Coke und die Konturflasche sind eingetragene Schutzmarken der The Coca-Cola Company. Coca-Cola ist koffeinhaltig.
Wer sch
auf www.coke.de
Du entscheidest
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Die
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bei Rock am Ring?
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20 Bands
ca-Cola
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006 Wien Special: Monitor
Foto: Holger Risse
Wien Special: Monitor 007
INDIE FUNKT
FM4
NEULICH:
Smashing Pumpkins, 22.02.,
Frankfurt, Jahrhunderthalle,
21:13 Uhr: Großartige Songs
werden niemals vergehen. Doch
wenn eine der größten Bands
der 90er-Jahre plötzlich vor
halbleeren Hallen spielt, hat man
auch als Besucher das Gefühl,
dramatisch gealtert zu sein.
Foto: Reiner Pfisterer
WWW.MELTFESTIVAL.DE
EIN FEST VON UNTERSTÜTZT VON
010 Monitor
The Kooks
CUSTOMIZE Moby
Exklusiv: Moby redet über Politik, den
anstehenden Machtwechsel im Wei-
MY COVER
ßen Haus und darüber, dass die meisten
Amerikaner lieber Popstars im Oval Of-
fice sähen als irgendwelche Politiker. Au-
ßerdem exklusive Interviews mit Gold-
frapp, Los Campesinos!, Mando Diao, Ju-
DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK stice, Stephen Malkmus & The Jicks so-
wie Lang-Versionen der Heft-Interviews.
www.intro.de/spezial/onlinexklusiv
Black Francis
Der ehemalige Pixies-Frontmann Frank
Zuletzt riefen wir an dieser Stelle auf, Variationen ein- Black a.k.a. Black Francis spielte im
zusenden, auf denen ihr euch als Teil von Plattencover- Rahmen seiner Deutschland-Tour eine
Artwork verdingt. Was da alles zustande kam, findet sich Reihe exklusiver Vorab-Gigs in Kneipen,
seitdem mit regelmäßigen Updates unter www.intro.de. Bars und auf der Straße. Wir waren in
Join the show, klick deine Bilder rein (cover@intro.de). Köln dabei.
Hier nun noch mal weitere Varianten der fröhlichen Ko-
pisten-Party, diesmal ohne Hüllen im Bild: Daniela Bur- Bildergalerie: Fashion Victims
ger stellt in dem Buch »Shramps« (Verbrecher Verlag) Die größten Mode-Opfer in Pop und an-
das Picknick der Blumfeld-Rückseite nach. Ein Freund derswo: von Hot Chip bis The White Stri-
des Intro-Chef-Autoren Arno Raffeiner macht pes, von The Polyphonic Spree bis Kriss
einen auf Giorgio Moroder inklusive Schnauz- Kross ...
bart, Jens Friebe covert sich selbst, und der
Logintro Brotvielfalt war mit seiner Promi-Cli- Neues aus der Community
que im Streichelzoo – die Beach Boys und die Mixtape-Spaß galore, passend zum Ös-
Ziegen haben’s ihm gedankt. terreich-Special: die besten Songs über
Wien. Und auch: die besten Songs über
Wein. Auch gut: 1001 Songs über Hunde.
Wuff wuff. www.intro.de/spezial/com-
munitynews
Wien Spezial
Noch mehr Österreich. Mit exklusiven
Interviews zu Monochrom, Siluh und
Soap And Skin.
MOTORPSYCHO
hung« sowie »Warentest« erschließen
die Intro-Role-Models Fust und Glietsch
visionär jene Schauplätze, die Jahre
später zum Standard in Pop-Magazinen
werden sollen. Gut, man muss bei allem
Selbstlob erwähnen, dass sich diese Ur-
B
form hier auch ganz schnell wieder ein-
gestampft fand.
eim Hören des neuen Motorpsycho-Albums ab ca. 1975 der Blick von Rock’n’Roll eher rückwärts als
fragt man sich unweigerlich: Ist Rock’n’Roll nach vorn gerichtet war, im Gegensatz zu Punk. Wäre die
wirklich tot? Von Jason Pierce, Kopf der Alternative die Zukunft, die REO Speedwagon und Styx
Band Spiritualized, ist überliefert, dass er repräsentierten, würde ich lieber ausschließlich zurück- Usergalerie-Foto
Rock’n’Roll als authentische Form seit 1975 als gestor-
ben ansieht. Möglich wären heutzutage nur noch Zi-
blicken. Impliziert Pierce aber, dass Rock mit dem Ge-
schichtsbewusstsein auch seine Reinheit verloren hätte
des Monats:
tate und Paraphrasierungen. Wie wird das in Norwegen und damit irgendwie zu einer Meta-Kunstform geworden
gesehen? wäre, hat er sich, wie ich fürchte, vertan: Ich wette, dass
Bent Sæther: Das Alphabet hat nur eine begrenzte Anzahl alle bekannten Meister jedweder Kunstform ein tief grei-
Buchstaben, die Oktave eine begrenzte Anzahl Noten. Ob fendes Wissen über das hatten, was vorausgegangen ist.
Dinge funktionieren, hängt davon ab, wie man sie mitei- Das muss so sein, denn nichts kommt von alleine. Sollte
nander kombiniert. »Authentischer« Rock’n’Roll wäre für Wissen irgendwie in Konflikt mit Authentizität stehen, habe
mich Eddie Cochran und Chuck Berry und eher ein kultur- ich wirklich eine Menge Dinge im Leben falsch verstanden.
anthropologischer oder kulturgeschichtlicher Gegenstand Ich würde wetten, dass das, was z. B. einen Lappländer
als irgendetwas anderes. Trotzdem läuft es mir den Rücken ausmacht, sein Wissen über alle lappländischen Dinge ist:
herunter, wenn ich »Ace Of Spades«, »Hells Bells«, »Freak Dieses Wissen macht ihn zu einem Lappländer. Anders ge-
Scene«, »Negative Creep«, »No One Knows«, »Devils Hair- sagt: Weil man Rock kennt, ist man ein Rocker. Man wird
cut«, »Main Offender« und wahrscheinlich ein paar Dut- nicht als solcher geboren – auch wenn Bon Scott womög-
zend mehr Songs höre. Genauso wie wenn ich einen groß- lich anderer Meinung ist!
artigen »authentischen« Rock’n’Roll-Song höre. Es wohnt Die Frage stellte Joachim Henn
beiden also etwas grundsätzlich Gemeinsames inne. Für
mich ist das definitiv eine Energiesache, keine stilistische Motorpsycho »Little Lucid Moments« (CD // Stickman / Indigo). sergia
Angelegenheit. Ich bin einverstanden mit der These, dass Live in Deutschland am 30.+31.05. www.intro.de/galerie/view/1201599021
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Max M Friends
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* Voraussetzung ist die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses. Mindestalter 18 Jahre, Höchstalter 25 Jahren. Für Studenten bei Vorlage eines gültigen Studentenausweise bis einschließlich 29 Jahre. Nach
dem Ablauf der Mindestlaufzeit des Vertrages und nicht wiederholter Berechtigungsprüfung wird der monatliche Paketpreis des Max Friends Tarifes wieder zu den Konditionen von Max M oder Max M (mit Handy) fortgeführt. Der
T-Mobile Laufzeitvertrag im Tarif Max M und Max Friends mit Handy hat eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten. Einmaliger Bereitstellungspreis 24,95 €. Im monatlichen Grundpreis von 19,95 € bzw. 29,95 € im Tarif Max M Friends mit
Handy sind alle netzinternen Gespräche und Gespräche ins deutsche Festnetz enthalten. In andere deutsche Mobilfunknetze werden 0,29 €/Gesprächsminute und 0,19 €/SMS berechnet. Die Abrechnung erfolgt im 60/1-Sek.-Takt.
Die angegebenen Konditionen gelten nicht für Service- und Sonderrufnummern.
** Bei Buchung bis zum 30.04.08 entfällt der monatliche Optionspreis der SMS Flat in Höhe von 4,95 € für die ersten 24 Monate. Mit der SMS Flat sind Inlands-SMS von T-Mobile zu T-Mobile (außer Service- und Sonderrufnummern) kostenlos.
014 Monitor
Grüße aus
New York
Von Moby
Was ist toll an deiner Stadt? Durch die
Bürgermeister Guiliani und jetzt Bloom-
berg hat sich einiges verändert: NY ist
ziemlich sicher geworden. In den 70ern
und 80ern hattest du gute Chancen, an-
gegriffen zu werden auf offener Straße.
Und was ist scheiße? New York ist wahn-
sinnig teuer. Viele Künstler müssen weg-
ziehen. Früher hast du als Musiker,
Künstler, Autor einfach jenseits der 14th
Street in Manhattan gelebt. Jetzt ziehen
alle nach Queens, Brooklyn oder sogar
Jersey. Deprimierende Entwicklung.
Welches New-York-Klischee stimmt?
New Yorker misstrauen den Amerikanern Mein Plattenladen
– Amerikaner misstrauen den New Yor-
kern. Wegen der Klischees. New York ist
multikulturell, voller Homosexueller, vol- MIT MICHELLE RECORDS
S
ler Schwarzer, voller Latinos, voller Ara-
ber. Deswegen liebe ich New York. Der
Rest der Amerikaner denkt: Das ist doch eit wann gibt es Michelle? Michelle Records pelin und Joy Division / Warsaw sowie »The Original Schau-
seltsam und falsch! In Oklahoma ist je- wurde 1977 eröffnet. fenster Konzert Series Vol. 2«.
der weiß, jeder hört Country-Musik und Wer hat bei euch schon alles im Schaufen- Wie stellst du dir den Plattenladen 2010 vor? In zwei Jah-
geht am Sonntag in die Kirche. Alles, was ster Musik gespielt? Es wären einfach zu viele ren wird es immer noch Plattenläden geben, definitiv und
anders ist, wirkt auf diese Leute bedroh- Bands, um sie alle aufzuzählen, hier ein paar Beispiele auch darüber hinaus. Diejenigen, die nicht nur rumjam-
lich. Deswegen mögen die auch Bush der bisherigen Gäste: Absolute Beginner, Art Brut, Bag- mern, sondern was anbieten, werden überleben. Es gibt
oder McCain – die haben vertraute Ge- gio, Bernd Begemann, Britta, Calexico, CocoRosie, Chuck genügend begeisterungsfähige Leute, die einfach gute
sichter. Die Leute in diesen Staaten ha- Ragan, Giant Sand, Go-Betweens, Goldfrapp, Jens Friebe, Musik haben wollen. Bei uns bekommen die genau das,
ben Angst, dass sich die Welt verändert Kante, Kettcar, Minor Majority, Nada Surf, Peaches, Sonic und wir werden weiterhin den Kulturauftrag ernst neh-
– und sie ausgeschlossen bleiben. Youth, Tomte, Weakerthans. men und unsere Kunden mit gutem Sound (ohne MP3-Te-
Der beste Club? NY hat Myriaden von Gibt es eine schöne Anekdote zu diesen Schaufenster- lefon-Quatsch-Sound) und musikalischen Inhalten versor-
Bars und Clubs. Aber: Die Bars sind alle konzerten? Unsere beiden »The Original Schaufenster gen. Letztendlich entscheiden es die Leute in der jeweiligen
klein, die Clubs sind alle riesig und für Konzert Series«-Sampler beinhalten tolle musikalische Stadt, ob sie sich den geilen, saubilligen Märkten und der
Touristen. Deswegen habe ich diese ei- Anekdoten. Nummer #2 ist soeben erschienen, der erste überteuerten Amazon-Krake hingeben oder Strukturen
gene Reihe namens »Degenerates« im Teil unserer Serie bald ausverkauft. Ansonsten: Das erste unterstützen wollen, die Musik und Künstler abseits von
Hiro Ballroom im Meatpacking District, Konzert mit Violent Femmes auf selbst gebasteltem Papp- gekauftem Hype auf- und ausbauen wollen. Das Kartell
in der ich vor allem für New Yorker aufle- karton-Schlagzeug mit all den verrückten Musikern war ein lauert überall, ihr habt die Wahl, ... noch!!
ge in einem Laden, der nicht zu klein und spaßiges Highlight.
nicht zu groß ist. Was sind eure aktuellen fünf Topseller? Cat Power, Get Michelle Records, Gertrudenkirchhof 10, 20095 Hamburg
Das schönste Restaurant? Ich weiß Well Soon, Home Of The Lame, Hot Chip, alles von Led Zep- www.michelle-records.de
schon, worauf das abzielt. Aber ehrlich
gesagt hat sich da einiges geändert in
den letzten Jahren: Ich trinke – zu oft und
zu viel –, ich bin längst kein strikter Vega-
ner mehr, ich nehme manchmal Drogen,
date auch die falschen Leute. Ich bin ein- »Ich finde es eine asoziale
fach nicht mehr so strikt wie früher. Am
besten kauft man sich das Time Out Ma-
Sauerei von Bushido, dass
gazine. Es ändert sich alles so schnell. er die Hymne meiner Jungs
Ein Club, der heute noch geil ist, kann
nächste Woche schon scheiße sein. von Dimmu Borgir, die
Welche Künstler aus deiner Stadt be- mich vor dem Selbstmord
wunderst du? Ich habe während einer
Karaoke-Nacht eine Sängerin namens bewahrt haben, so beklaut
Nabeelah kennengelernt. Ihr Englisch
ist schlecht, aber sie hat eine großar-
und die Band dadurch
tige Präsenz, mit ihr habe ich dann einen beleidigt.«
Song namens »Hyenas« aufgenommen
für mein Album. Auf Tex Rubinowitz trifft man in unserem Wien-Spezial bei So zu lesen von einer Jessica auf den Leserbrief-Seiten
Was hast du sonst so vor? Wenn ich zu- Tisch (Seite 54). Dort erzählt er vom Fernsehen, dem La- bei den Kollegen vom Metal Hammer (Feb 08). Es geht vor-
rückkomme, will ich eine Punkband grün- bel und seinem reinkarnierten Schrullo-Elektro-Projekt dergründig um das von Bushido gerippte Sample auf sei-
den mit einigen Freunden. Die spielen bei Mäuse. Aber am bekanntesten ist er vielleicht als Zeich- nem Song »Mittelfingah«, eigentlich aber um Fan-Wahn
den Bad Brains und den Cro-Mags. ner, seine Miniaturen kann man u.a. aus der Titanic ken- und vereitelten Selbstmord. Solche Briefe bekämen wir
Moby »Last Night« (CD // Mute / Emi // VÖ 28.03.) nen. Und so ungefähr sehen sie aus. auch gern mal.
Weitblick beim Start
in die Zukunft.
Austro-Deutsch Mit dem VR-FinanzPlan.
Ach, Österreich. Wer bei unseren Nachbarn nicht im- „Herausforderungen mit Weitblick
mer nur sein Schwarzgeld und die Ski-Hänge be- meistern. Eigentlich sollten wir das auch
sucht, wird bald merken, dass es hier auch die deut- bei der Zukunftsvorsorge machen…“
sche Sprache gibt – im Detail allerdings oft raffiniert Sebastian Fischer und Steffi Arndt, Studenten, zwei unserer Mitglieder.
modifiziert.
Paradeiser – Tomate
Topfen – Quark
Ribisl – Johannisbeere
Kren – Meerrettich
Powidl – Pflaumenmus
hackeln – arbeiten
Leiwand – Superaffengeil, du Sau!
Tschik – Zigarette
die Rettung – Sanitäter
Mist – Müll (siehe auch rechts: Das Misttelefon)
Hausverstand – das gute Gewissen eines Hauseigners
(stammt aus der Werbekampagne von Billa)
Billa – so was wie Aldi
Cordoba – schöne Erinnerung der Österreicher an ein
spannendes Fußballspiel 1978
»I drink myself to limits sometimes. I don’t mean to destroy myself, but in those
moments I really feel alive.« Kazu Makino / Blonde Redhead
Solche und andere menschliche wie schockierende Wahrheiten finden sich auf www.99matters.com. In dem
Blog äußern sich unzählige Indie-Stars zu der einen Frage: »What matters to you?«
www.calleclaus.de
016 Monitor
Kenna
KRANK AM KILIMANDSCHARO
Der in Äthiopien geborene und in den USA aufgewachsene Sänger und passionierte
Bergsteiger Kenna hat mit »Make Sure They See My Face« gerade sein zweites Album
veröffentlicht. Musikalisch zeigt er sich inspiriert von The Cure über R'n'B bis HipHop. George Dubose
I Speak Music
Kenna »Make Sure They See My Face« (CD // Interscope / Universal). Mit Neelix (»Raumschiff Voyager«-Koch)
Auf intro.de: Verlosung. Live in Deutschland vom 22.03.-01.04. und HA Schult (Kölner Aktionskünstler)
Monitor 017
E AUS
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DIE ERBEKA NEXT M
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018 Monitor
Impressum
Verlag Intro GmbH & Co. KG, Postfach 19 02 43, 50499 Köln
Fon (0221) 9 49 93-0, Fax (0221) 9 49 93 99
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Herausgeber & Geschäftsführer Matthias Hörstmann
Chefredakteur Thomas Venker (V.i.S.d.P.)
Redaktion Peter Flore (Online), Wolfgang Frömberg,
Amelie Schneider (Mode & Foto), Felix Scharlau,
Linus Volkmann, Kristina Engel (Lektorat)
Live-Redaktion Boris Fust (Leitung), Daniel Koch,
Thomas Lorber (Termine), Hendryk Martin, Julia Gudzent
und Sebastian Siegmund; Büro Berlin, Greifswalder Str. 224,
10405 Berlin, (030) 4 43 18 99-0
Online- & News-Redaktion news@intro.de
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Projektmanagement & Personal Rebecca Wast
PraktikantInnen Senta Best, Elena Grunwald, Dénes Jäger,
Nils Lindenstrauß, Johannes Mihram, Marlene Lucia Rehs,
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Aktuelle Anzeigenpreisliste Mediadaten 2008
(Nr. 18 aus 11/’07)
Bankverbindung Volksbank Borgloh e. G.
BLZ: 26 5624 90, Nr.: 406490900
AutorInnen Alex Bechberger, Bernd Begemann, Dirk Böhme,
Dana Bönisch, Georg Boskamp, Jochen Brandt, Andreas We Are Scientists
MAL GANZ
Brüning, Silke Bücker, Lars Bulnheim, Christoph Büscher,
Uwe Buschmann, Martin Büsser, Cay Clasen, Calle Claus,
Kerstin Cornils, Lina Dinkla, Jürgen Dobelmann, Henrik
Drüner, Sonja Eismann, Rasmus Engler, Marco Fuchs, Boris
Fust, Kerstin Grether, Sandra Grether, Andreas Grüter, Lutz
Happel, Lee Hollis, Silke Hohmann, Ulf Imwiehe, Sebastian
Ingenhoff, Alexander Jürgs, Jan Kage, Christian Kahrmann,
IM ERNST
Arnold Kant, Olaf Karnik, Kai Klintworth, Felix Klopotek,
Felix Knoke, Daniel Koch, Christoph Koch, Hendrik Kröz,
Mario Lasar, Alexander Lazarek, Nils Lindenstrauß, Aram
Lintzel, Hannes Loh, Jasmin Lütz, Thomas Markus, Oliver
Minck, Dörte Miosga, Dirk Mönkemöller, Severin Most,
Tobias Mull, Wolfgang A. Müller, Felix Mutter, Tobias Nagl,
Jasper Nicolaisen, Florian Opitz, Sven Opitz, Rainer Ott,
Jan Pehrke, Bernhard Przybilla, Nils Quak, Arno Raffeiner,
Andreas Reihse, Anja Reinhardt, T.L. Renzsche, Martin
Riemann, Ingo Rieser, Thomas Ritter, Vanessa Romotzky,
Gerd Rosenacker, Moritz Sauer, Frank Sawatzki, Joachim
Schaake, Max Scharl, Susanne Schmetkamp, Simon
Die New Yorker We Are Scientists, nach dem Weggang von Drummer Michael Tapper
Schmitz, Frank Apunkt Schneider, Matthias Schneider,
Andreas Schnell, Barbara Schulz, Frank Schuster,
nur noch zu zweit, legen mit ihrem neuen Album »Brain Thrust Mastery« nach. Peter
Bernd Seidel, Sascha Seiler, Christian Steinbrink, Till
Stoppenhagen, Barbara Streidl, Jörg Sundermeier, Klaas
Flore traf Sänger und Gitarrist Keith Murray in Berlin und sprach mit ihm unter
Tigchelaar, Markus Tomsche, Thees Uhlmann, Benjamin
anderem über gute Witze. Foto: Christoph Voy.
B
Walter, Klaus Walter, Matthias Weber, Ralf Weihrauch,
Alexandra Welsch, Burkhard Welz, Christian Wessels,
Christian Werthschulte, Franzi Widenmann, Nils Wiere,
Gregor Wildermann, Roland Wilhelm, Meike Wolf, Peter
Wolff, Vina Yun, Sascha Ziehn
rain Thrust Mastery« – was ist das denn für tun, ist, heiße Luft abzulassen, darüber, wie cool sie doch
FotografInnen Lena Böhm, Sibilla Calzolari, Barbara
Donaubauer, Markus Feger, Sibylle Fendt, Jonathan ein Albumtitel? Bitte erklär’s mir, als wäre sind. Ich halte das für Bullshit. Ich denke, es gibt einen Un-
Forsythe, Nathalie Genet, Dominik Gigler, Susanna
Goonewardena, Gerrit Hahn, Rainer Holz, Alfred Jansen, ich acht Jahre alt. Wenn es um eine ober- terschied dazwischen, respektiert bzw. verehrt werden zu
Lars Kiss, Christian Knieps, Maryse Larivière, Miriam
Lindthaler, Elke Meitzel, Ela Mergels, Gianni Occhipinti,
flächliche Definition geht, ist das eine Non- wollen, Letzteres ist uns egal. Es scheint manche Leute
Reiner Pfisterer, Edzard Piltz, Katharina Poblotzki, Nadine sens-Phrase, die einfach groß und bedeutungsvoll klingt. wahnsinnig zu machen, dass wir uns keine Gedanken da-
Preiß, Nils Rodekamp, Claudia Rorarius, Katja Ruge, Arne
Sattler, Lioba Schneider, Marc Seebode, Ansgar Sollmann, Es ist bedeutungslos. rüber machen, wie cool wir aussehen. Ich unterhalte lieber
Sandra Steh, Sandra Stein, Maxi Uellendahl, Christoph
Voy, Marc Weber, Jann Wilken, Justin Winz, Joachim Ist es schwer, ernst genommen zu werden, wenn man jemanden, als von ihm verehrt zu werden.
Zimmermann und Pressefotofreigaben
Illustrationen Alex Jahn, Elisabeth Moch, Calle Claus
in einer Band wie We Are Scientists ist? Komischerwei- Ich habe mich letztens mit Eddie Argos von Art Brut un-
Cover Tom, Ts74 se ist mein Eindruck, dass es die Journalisten sind, denen terhalten, und er sagte, niemand habe sie ernst nehmen
Termine für Nr. 160 / Mai 2008 es schwerfällt, uns ernst zu nehmen, die Fans nehmen uns wollen, bis sie Erfolg hatten. Glaubst du, es ist bei euch
Redaktionsschluss 28.03.2008
Termin- & Anzeigenschluss 05.04.2008 ernst. Ich habe aber kein Problem damit, einerseits als ent- das Gleiche? Ich denke schon. Der Unterschied ist aber:
Druckunterlagenschluss 11.04.2008
Erscheinungstermin 21.04.2008 spannte Indie-Rockband wahrgenommen zu werden und Eddie möchte ein Star sein. Er verhält sich wie ein Mann
Druck Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen andererseits als ein Witz. Auch die, die uns für einen Witz aus dem Volke, aber ich denke, er ist derzeit die einzige Per-
Geprüfte Auflage & Verbreitung halten, merken, dass wir gute Musik machen. son in der Musik, die ich als Popstar bezeichnen würde. Ed-
laut ivw-IV. Quartal 2007
Druckauflage: 138.259 Andererseits: Wenn man nicht ernst genommen wird, hat die Argos ist, und das meine ich im besten Sinne, einer vom
Verbreitung: 132.406
Vertrieb an 1.843 Auslagestellen im gesamten man natürlich auch das eine oder andere Überraschungs- Schlage Madonna oder Prince. Eine starke Persönlichkeit,
Bundesgebiet und Ausland, über diverse Mailorder sowie
im Abonnement moment auf seiner Seite ... Wir wollen respektiert werden. von der man nicht die Augen lassen kann.
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, Inhalt aus 100% Wir sehen uns nicht als Clowns. Wir nehmen alles, was wir Das ganze Interview gibt’s exklusiv auf www.intro.de/
Altpapier
Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr und Verlosun-
machen, ernst, und wenn wir Spaß machen, machen wir spezial/onlineexklusiv
gen vom Rechtsweg ausgeschlossen. Abdruck, auch aus- das zur Unterhaltung. Wenn wir Interviews geben, wollen
zugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt wir zeigen, was dahintersteht. Bei den meisten Indie-Rock- We Are Scientists »Brain Thrust Mastery« (CD // Virgin / Emi).
die Meinung der Redaktion wieder. Keine Haftung für unver-
langt eingesandte Manuskripte und Fotos! bands habe ich nicht das Gefühl, dass sie das tun. Was sie Auf intro.de: Verlosung. Live in Deutschland vom 29.04.-08.05.
Monitor 019
REALITY CHECK
The Long Blondes
www.beggarsgroup.de
Frank Spilker Gruppe
ANTIPOPKURS
Frank Spilkers Soloalbum ist eine kleine Sensation in diesem Frühjahr!
Alleingänge von Band-Künstlern – Die Sterne gibt es natürlich weiterhin –
münden ja selten in echte Meisterwerke. Genau ein solches aber ist »Mit all den
Leuten« von der Frank Spilker Gruppe geworden. Kein Scheiß. Sandra Grether
besuchte ihn zu Hause, bekam zu Antworten auch noch Kaffee.
Im Theater mit
Schorsch Kamerun
»Berlin! Berlin! Wir fahren nach Berlin!«
Sieg! Finalteilnahme! Die Hauptstadt
kann sich auf was gefasst machen... Aber
Moment. Das Kampfgeheul entstammt
keiner Fangruppe, die ihre Mannschaft
zum DFB-Pokalendspiel supporten will.
Es sind vielmehr die sektlaunigen Da-
men einer Stadttheaterabteilung, deren
Institution zum Treffen der »besten Pro-
duktionen eines Jahres« von einer Kri-
tikerjury nach Berlin eingeladen wurde
und die nun die Lorbeeren verbal formu-
Rummelsnuff lieren. Eine verständliche Freude, selbst
in so einer irritierenden Form. Der Tri-
G
»Die Erscheinungen der Martha Rubin«,
ein radikales betretbares Langzeitper-
ibt es irgendeine Distanz zu der Figur Nein, wir sind eigentlich total die Streber. Seit wann formanceprojekt, aufgeführt in der Halle
Rummelsnuff? Von außen wirkt sie ja sehr macht ihr das? Kalk des Kölner Schauspielhauses. Da-
pointiert, sehr erschaffen. Da gibt es kei- Ein paar Jahre. Aber kein Krafttraining? mit wollte die Jury wohl darauf hinwei-
nen Unterschied zu mir selbst, auch wenn Doch! Aber nur zweimal die Woche. Nee, das kann ich nicht sen, dass sich in Köln am Theater was tut
das für viele scheinbar schwer zu glauben ist. durchgehen lassen, denn es ist gar nicht so entscheidend, – was lange nicht so war. Und ja, mit neu-
Wie gehst du mit den Missverständnissen um, die Rum- wie oft man es macht, sondern was. Bei mir ist es schon so, er Intendanz ist man dort letzten Som-
melsnuff produziert? Als Künstler kannst du auch nicht dass ich auch mal eine Stunde nur Schulter mache. Also, mer bemerkenswert gestartet. Auch ich
immer von jedem verstanden werden. Das wäre ja auch de- um da was zu formen, muss man sehr spezialisiert vor- glaube, dass es sich lohnen könnte, da
primierend, wenn es so wäre. Ich bin auch nicht empfind- gehen. Mit dem üblichen Ganzkörperprogramm, das so in mal hinzugehen. Zum Beispiel, um den
lich gegenüber Kritik und sicher, dass das, was nicht pola- Sportstudios herrscht, kommst du nie zu solchen Muskeln. wirklich grandiosen Hamburger Schau-
risiert, einfach auch langweilt. Man kommt halt einfach in Form, und das ist doch auch spieler und Polizistensohn Fabian Hin-
Dadurch, dass du die Electro-Marschmusik im Sound gut. Was aber auf jeden Fall nötig ist, ist ein guter Trainer. richs in einer Aufführung zu sehen.
auch brichst, sie nicht so wandmäßig ausformulierst, Ich habe selbst einen Trainerlehrgang gemacht. Vor dem Fi- Und wenn die aus eurer Sicht nicht gut
entsteht noch eine weitere Reflexions-Ebene. Das mag nanzamt bin ich offiziell Fitnesstrainer. inszeniert sein sollte, könntet ihr durch-
sein, obwohl ich zu dem Produzenten Moses Schneider Und mal unter uns: Wie sieht es aus, den Körper so ans aus richtig liegen. Denn jedes zweite The-
gegangen bin mit meinen Versionen und ihn gefragt habe, Limit zu bringen, muss man da nicht nachhelfen? Steroi- aterstück wird scheiße. Mindestens.
was man da noch machen könnte. Der hörte sich das an de, Anabolika? Man muss nicht, man kann. Es gibt ja noch Sorry, euer Kamerun Diaz
und meinte: »Lass das bloß genau so.« Ach, und man muss moderatere Möglichkeiten, die auch gut funktionieren. L-
vielleicht noch sagen, dass er, während er das sagte, am Glutamin, das bekommst du in jedem Sportfachgeschäft
Boden lag und sich kringelte. Später, als er wieder zu sich im freien Verkauf, kostet zwar ein Heidengeld, ist aber in
kam, meinte er aber auch, dass es nur so funktionieren Zeiten von Stagnation zu empfehlen.
könne – oder ganz minimalistisch, also nur Schlagzeug, Du hast ja optisch auch was sehr Ungetümeskes. Wie
Gitarre. Wie bei Trio. steht es denn aus mit »harte Schale, weicher Kern«? Tja,
Und jetzt mal, wo du in dieser Pracht hier vor uns sitzt so sieht es wohl auch bei mir aus.
und wir bei Intro kaum unsere Handtaschen tragen kön- Foto: Arne Sattler / Assistenz: Alexander Gusek
nen: Was muss man machen, um endlich muskulöser zu
werden? Die Sportstudio-Mitgliedschaften gibt es be- Rummelsnuff »Halt durch« (CD // ZickZack / What’s So Funny About /
reits. Euch fehlt einfach der Arschtritt! Indigo). Auf intro.de: Verlosung. Live in Deutschland vom 29.03.-14.06.
© 2008 Nokia.
Play
Foals
SCHÖNE UND
SCHLIMME
TELEFONMO
MENTE
Foals, zu Deutsch Fohlen. Sie sind jung, hektisch und hübsch. Und haben ziemlich viel
Hunger. Alles andere ist wenig fohlenhaft an diesen fünf Briten, die zurzeit vergeblich
versuchen, der Hypemaschine im eigenen Land zu entkommen. Die wiederum
hat zufällig mal etwas für sich entdeckt, das Substanz hat. Und Mathematik. Und
Herzschlag. Dana Bönisch traf zunächst die Pat&Patachon-Besetzung Yannis Philippakis
(klein, laut, singt) und Jimmy Smith (groß, still, spielt Gitarre) in Berlin, später die ganze
Band(e) in Paris. Fotos: Ts74.
≥ aber dieses Wissen ist Macht-Ding war mir unheimlich. er und Gitarrist Jimmy merkwürdig hoch und eng an der
Edwin ist allerdings der wahre Held: Er war der Drittbes- Brust halten. Fast, als wären sie damit verwachsen.
te in English Literature, das in Oxford wirklich viele stu-
dieren ...« – »... Ohne je zur Schule gegangen zu sein. Sei- Your quiet heartbeat, race runner / Machine and body
ne Eltern sind Zeugen Jehovas und haben ihn zu Hause Ist das nicht eigentlich ein bisschen zu viel Konzept, um
unterrichtet«, wirft Jimmy ein. – »... Und dann hat er ein- im Tanzfieber dazu Mauern einzureißen? »No, it’s strictly
fach aufgehört, von einem Tag auf den anderen, ohne ir- gut and heart«, versichert Yannis emphatisch, »sehr in-
gendjemandem etwas zu erklären.« tuitiv, zumindest zu Beginn des Entwicklungsprozesses.
Es wäre indes schön, aber nicht ganz zutreffend, die bei- Später müssen wir es rationalisieren. Wir mögen es, wenn
den jungen Herren als Akademie-Verweigerer aus Prinzip Form in der Musik hörbar gemacht wird, wie zum Beispiel
zu betrachten. Immerhin: Die Idee von Pop als anti-elitä- Steve Reich das konnte.« Einerseits. Andererseits arbei-
rem Prinzip zieht sich durch Philippakis’ Monologe: »Pop- tet das Foals-Labor komplett entgegengesetzt, nämlich
musik soll die Leute zusammenführen, nicht spalten: Dar- jenseits aller Musiktheorie. Und wieder Yannis: »Wir konn-
um geht es. Die meisten Bands in Oxford sind unglaublich ten zu Beginn ja nicht mal richtig Instrumente spielen. Es
Avantgarde. Wir wollten etwas schaffen, für das man nicht ging nur um Sound, um Töne, nicht um Harmonien und Ak-
irgendwie drinnen sein muss, um es zu kapieren.« korde. Das wollten wir uns bewahren; wir versuchen, un-
Und natürlich bekommt nicht nur die Avantgarde von sere ignorante Herangehensweise zu beschützen. Musik
Philippakis was auf den Deckel: »Es scheint mir ein zykli- sollte irgendwie autistisch sein. Und authentisch – auch
sches Ding zu sein, und deshalb entsteht auch nichts Pro- wenn das kaum noch möglich scheint. Kennst du die Auf-
gressives mehr: Viele englische Indie-Bands leben in einer nahmen von Alan Lomax? Was diese Leute singen, kommt Alan Lomax
Sepia-getönten Modrocker-Postkartenwelt, weil sie auf die direkt aus ihrer Seele. Das ist besser als alles, was Bach Liedjäger, musikalischer Feldforscher.
Plattensammlung ihrer Eltern geprägt sind. Wir sind nicht je gemacht hat.« In den 30er-Jahren klapperte Lomax
Amerikas Arbeiterviertel, Gefängnisse
mit dieser geistigen Architektur aufgewachsen. Ich habe Gut, wer mit Foals spricht, sollte vielleicht ein Schwein und Arbeitslager ab und nahm vor Ort
eher einen Folk-Hintergrund, mein Vater baut traditionel- mit der Aufschrift »Widersprüche und Gegensätze« da- Gesänge und Musik auf. Ziel war eine Art
le griechische Instrumente. Und Jimmys Eltern sind Bud- beihaben. Zum Münzen-Reinwerfen natürlich. Oder sich alternative Musikgeschichtsschreibung,
die eine elitistische Kultur in Frage stellte.
dhisten.« – Jimmy präzisiert: »Buddhistische Steuerbe- eben darauf einlassen, dass hier so manche Dichotomie Nebenbei forschte Lomax über die Wur-
rater.« – »Musikmachen besteht aus so viel mehr als aus stilvoll zertrümmert wird. Immer geht es gleichzeitig um zeln des Blues, entdeckte Woody Guthrie
dem Recyclen alter Musik. Alles spielt eine Rolle: Naturdo- Chaos und Präzision, Riot und Mathematik – und die Su- und kompilierte eine »World Library Of
kumentationen gucken, Bücher lesen, Filme sehen.« che nach dem Punkt, an dem sich alles trifft: »Wir versu- Folk Music«.
Auch Yannis’ Art, über Musik zu sprechen, bewegt sich chen, so komplizierte Musik zu machen, dass sie schon
weniger auf einer Metaebene als innerhalb der Grenzen wieder simpel ist.« Dass Yannis im Video zu »Hummer« im
des Gesamtkunstwerkes. Der kleine Mann mit der Tolle Achtziger-Wimbledon-Dress einen Robotertanz performt,
wirkt, als werde sein Kopf von drei Initialzündungen pro sieht derweil nach inszeniertem Nerdtum aus, hängt aber
Sekunde gebeutelt, was allerlei verschwurbelte Syntax- angeblich einfach mit Tennis als seiner Lieblingsmetapher
Ausflüge mit sich bringt. Ständig fallen ihm neue Verglei- zusammen; auch dabei überschneiden sich schließlich
che ein, seine Idee eines Sounds oder dessen tatsächliche Technik und Herzensblut. (Mit »French Open« hat Yannis
Umsetzung zu beschreiben: Die Gitarren sollten klingen übrigens seinem persönlichen Tennis-Helden, dem mäßig
wie Schwärme von Kolibris oder Insekten, die Songstruk- erfolgreichen Andy Roddick, ein Denkmal gesetzt.) Besser
tur sei wie eine komplizierte Stickerei mit wiederkehren- trifft diese Kombination nur noch der Songtitel »Mathle-
den Motiven. Oder wie ein chemisches System, die einzel- tics«, der wiederum genauso gut für die gesamte Musik
nen Töne und Muster seien wie Moleküle organisiert. Oder der Foals in all ihrer schizoiden Großartigkeit stehen könn-
wie ein Bild aus Rasterpunkten: »Wenn du den Song von te. Oder gleich ein neues Genre begründet.
Nahem betrachtest und auseinandernimmst, scheint al- Tatsächlich bewegen sich die Oxforder Jungs – und hier
les sehr abstrakt und strukturstreng. Wenn du dann aber ist das Wort einmal angebracht, denn wir sprechen von
ein Stückchen weiter weg gehst und ihn als Ganzes siehst, einem Altersdurchschnitt um die 20 – irgendwo an der Texte
wird er organisch und lebendig.« Spitze jener Pop-Evolutionslinie, auf der die Tanzmusik Da die Vocals eher als Klangschicht denn
Dass davon gesprochen wird, die Musik zu »sehen«, ist gerade ihre elektronische Kälte verliert, ohne dass je ein als Gesang zu sehen sind, oft auch in
Form hypnoider Shouts, sind Yannis’ Texte
symptomatisch für das Foals-Universum; alles ist mitei- klassischer Liedaufbau im Spiel wäre. entsprechend nicht narrativ und strophen-
nander verwoben: Musik, Fotos, Illustrationen und Texte Die Blogger persiflieren gerne den Referenzrahmen, den haft. Umso mehr strahlen die poetisch
stehen in einem engen Bezugssystem. So schickt Song- man der Band aufdrängen will, und nehmen nebenbei den wirren Bilder, so man sie versteht. Sogar
Briten haben Probleme. Yannis singt: »A
schreiber Yannis regelmäßig eine Liste von Wörtern oder großen und den kleinen Mediendiskurs auseinander. An quiet heartbeat, race runner / you shine
Zeilen, aus denen vielleicht Songs werden sollen, an Gra- einem Tag bieten sie Obama großzügig den Trikottausch like millions / Oh! Come on.« Ein Fan
fiker Tinhead; der zeichnet, was ihm dazu einfällt. an, am nächsten berichten sie über die Reaktion von Clin- hörte: »Choir of harpies, rice runs through
Tatsächlich lässt sich Yannis’ wilde Metaphorik übrigens ton: »CNN gegenüber bezeichnete sie uns als Indiepunk- you / Shine my melons / Pokemon.«
immer nachvollziehen, nur der oben genannte Optik-Ver- funk-Müll, [...] in der BBC als Minus The Bear auf Speed
gleich humpelt ein wenig: Schwirrende Rasterpunkte, die und nicht so gut wie die Battles. Wir möchten uns auf so Fleischbasierte Metaphorik
immer neue Muster konstituieren, würden vielleicht eher ein arthropodes [wurmhaftes] Niveau gar nicht erst be- ... ist nicht grundsätzlich der Interpre-
passen als ein linearer Zoom-Effekt. In den Songstruktu- geben, Rodham [Mädchenname von Hillary Clinton], und tationshorizont für Philippakis’ Texte,
sondern bezieht sich auf das Video zu
ren, deren Grundsteine Yannis und Jimmy mit Gitarrenloop- antworten durch das Medium zeitgenössischer Tanzmu- »Cassius«. Da bastelt die Band ein Mobile
Experimenten an verdrogten Nachmittagen legen, klingt sik und fleischbasierter Metaphorik.« aus Schweineherzen (behauptet Yannis
verschlüsselt ihre Vorliebe für Kölner Minimal Techno mit Dass das ewige »It’s all about the music« kein Mantra – sieht nach Rouladen aus) und spielt
z. B. imaginäre Synthesizer. Könnte ein
– rückübersetzt von Maschinen in Körper, versteht sich. für die Journalisten-Mikrofone ist, glaubt man sofort. Bei- Kommentar zur Maschinen/Körper-The-
Natürlich werden Synthesizer benutzt, wird gestückelt spielsweise nahm die Band ausgerechnet den auf Trans- matik sein. Oder auch nicht. Anmerkung:
und zusammengesetzt. Dabei kreist jedoch alles um die gressive veröffentlichten Singlehit »Hummer«, über den Der Regisseur arbeitet in einer Londoner
Gitarren, die so clean gespielt werden, dass man Yannis NME und Konsorten bereits in hysterisches Gebell ver- Dönerbude.
den Kolibri-Vergleich nicht übel nehmen kann – und die fallen waren, nicht aufs Album. Er war im Rückblick »zu
Musik 027
ich ihm sagen musste, dass wir mit diesem Mix nicht le-
ben können und ihn neu machen werden.« Jimmy: »Was
er in diesem Moment wohl gerade macht?« Es folgt eine
nachdenkliche Stille. Ungefähr so, als wäre ein heimliches
sechstes Bandmitglied verloren gegangen. Geblieben sind
die von Foals geliebten Bläser, entfernt wurde u. a. der von
Sitek allzu sehr geliebte Hall, der wohl tatsächlich dazu
beigetragen hätte, die Dialektik von Präzision und Wahn-
sinn, Schönheit und Mechanik dann doch in einem schnö-
den Electrodance-Entwurf aufzulösen.
Als sich Yannis später wieder in Rage redet, scheint es
dann fast, als hätte sich Zyklopen-Sitek noch einmal von
ferne eingeloggt: »Unsere Innenwelt ist so viel besser als
die Außenwelt! Und deshalb gehen wir nicht aus! Alles ist
verknüpft, alles ist verbunden! Es ist wie Alice im Wunder-
land! Alles, was dich unglücklich macht, ist auf lange Sicht
gesehen ziemlich gut! Wir werden alle sterben ... Jetzt!«
Mit / Dillon
ÄPFEL UND
BIRNEN
Intro empfiehlt
Mit
Coda
CD // Haute Areal / Cargo
Dillon
Ludwig
7-Inch // Combination Records
&
C Unseen Sea
MP3 // Kitty-Yo
Dillon
KELIS IM WONDERLAND
Zusammen mit ihrem besten Freund Tamer Özgönenc, sei- tig war, war das Stück Your Toothbrush fertig. Little Pige-
nes Zeichens Keyboarder von Mit, hat Pop-Nesthäkchen on zum Beispiel haben mein kleiner Bruder Aragon und ich
Dillon vor Kurzem nach Berlin rübergemacht. Zu ihren Köl- zusammen ausgebrütet. Wir fanden ein Ei und hatten ei-
ner Zeiten nannte sich die 19-Jährige noch Ladybird. Da- nes Tages dann eine kleine Taube.« Natürlich ist das nied-
mals hatte sie ein paar Songs, die größtenteils aus Key- lich – und vom Ansatz her auch Punk. Nicht im Sinne bier-
boardstandardsounds und Gesang bestanden, auf ihre selig-rockistischer Männercombos, die breitbeinig von den
MySpace-Seite geladen und für Furore gesorgt. Slut buch- Bühnenbrettern dieser Welt herunterbrüllen in der Annah-
ten sie als Gastsängerin, und Kitty-Yo forderten gleich ei- me, sie seien noch irgendwie subversiv. Sondern weil es mit
ne EP (die nun in dem neuen Digitalformat des Labels er- einfachsten Mitteln gemacht und bockig dahintremoliert
scheinen wird). Die Musik changiert zwischen Lo-Fi-HipHop wird. Auf dem Düsseldorfer Label Combination Records
und zerbrechlich-elegischen Kinderliedern. Ein bisschen erscheint Anfang Mai die 7-Inch-Single »Ludwig«. Einen
wie Kelis im Wonderland mit Spielzeuginstrumenten. Die Ludwig hat sie nämlich anfangs in Berlin kennengelernt.
Texte sind ulkig, leidvoll, trotzköpfig dahingemurmelt. Sie Seitdem wohnt der bei ihr. Die zusammen mit Tamer neu
hat mal erzählt, sie habe eine Aufmerksamkeitsspanne arrangierten Stücke findet sie »unnormal tanzbar«. Wäh-
von vielleicht 15 Minuten, danach müsse sie immer was renddessen trällert und klimpert die Taube weiter und hat
anderes machen. »In meinem Kopf befindet sich fast kei- wahrscheinlich in der Zeit, in der dieser Text hier entstan-
ne Stille. Meistens sind es Wörter. Oft sind es Melodien. den ist, wieder fünf neue Lieder aufgenommen. Nicht nur
Manchmal passt Wort auf Melodie. Einmal stand ich im der Tamer und der Ludwig werden die bald schon unter der
Badezimmer und habe meine Zähne geputzt. Als ich fer- Dusche nachpfeifen. Sebastian Ingenhoff
www.replay.it
032 Musik
GITARRENGÖT
TIN IN STÖCKE
LSCHUHEN Dem alten Schuhwerk
Rockmusik begegnen sie
auf Stöckelschuhen und mit
extra dreschenden Gitarren.
Das sensationelle Brightoner
Duo Blood Red Shoes leuchtet
uns den Grunge und lässt
Bubenwangen rot erglühen.
Sandra Grether traf sie gleich
zweimal. Fotografiert hat an
ihrer Seite Christoph Voy.
Musik 033
»Jetzt wird es
langsam besser.
Früher bin
ich dauernd
angeschrieen
worden, vom
Publikum, von den
Mischern usw., weil
ich als Mädchen
auf einer Bühne
die Gitarre spiele.
Ekelhaft.«
≥ einer der wenigen, die der aufgeweckte, blonde, gut Als könnte man die Rippen eines Rocksongs neu einsal-
aussehende, zarte Steven singt. Oder, so fragt man sich ben, mit der dritten Spur beginnen und sich einen Dreck
zumindest beim ersten Hören, ist das doch die hochener- um all das Basics-Fleisch scheren, spielt Laura die ers-
getische Stimme der talentierten Sängerin und Gitarristin te und einzige Gitarre als tragendes Instrument der Band
Laura-Mary? Kennt man die Band, die in England in den wie eine zweite Gitarre in einer voll besetzten Rockband
letzten drei Jahren fünf Singles auf fünf verschiedenen und, ja, wie einen Bass. Denn natürlich sind es auch die
Homerecording-Labels veröffentlicht hat, noch nicht so tiefen Töne, die ihr Spaß machen.
gut, ist man zunächst etwas verwirrt. Bis man versteht:
Hier agieren Musiker mal jenseits der rockistischen Ge- Und ganz sicher ohne die White Stripes
schlechterklischees, wonach der Mann hart und locker So gesehen haben die Blood Red Shoes, auch wenn’s al-
und die Frau sanft und locker zu sein hat. Und zum Glück bern klingt, die Rockmusik in neue Höhen getrieben, zu-
für uns alle sind die Blood Red Shoes dabei authentisch mal sie zudem auch noch den guten alten Blues verach-
und aware ob der gesellschaftlichen Sexismen – und re- ten. Was im Übrigen mit ein Grund dafür ist, warum sie
den nicht lange um den heißen Brei herum. Laura-Mary: den Vergleich mit den White Stripes lautstark ablehnen.
»Jetzt wird es langsam besser. Früher bin ich dauernd Steven: »Nur weil wir auch ein Girl/Boy-Duo sind, werden
angeschrieen worden, vom Publikum, von den Mischern wir andauernd mit den White Stripes verglichen. Könnten
usw., weil ich als Mädchen auf einer Bühne die Gitarre sich die Leute bitte mal unsere Musik anhören?« Nun ja.
spiele. Ekelhaft.« Ist man nicht auch ein bisschen selbst schuld an so ei-
Der Boy gibt sich weiblich; verspielt, in hohen fiebrigen nem Vergleich, wenn man, genau wie die White Stripes, ein
Sequenzen at home, intoniert er stakkatohaft die leider Farbkonzept im Namen hat und eine Cover-Ästhetik, in der
etwas phrasenhafte, aber gut dringliche und vielsagen- immerzu ein Gegenstand (Torte, Brille usw.) rot zu sein hat
de Songzeile: »Find A Reason Why«. Dann beide im Chor (nur nie Schuhe!)? Egal. Denn die Blood Red Shoes lieben,
(schreiend): »No no no, no no no.« Es sind optimistische wie gesagt, andere Bands, neben Babes In Toyland sind
Huggy Bear und orgiastische No’s, aber es sind und bleiben No’s, die das vor allem Huggy Bear und Nirvana, so Steven.
Englische Riot-Grrrl-Band, gegründet mehr sind als eine knallige phonetische Abwechslung, Und das alte Schuhwerk Rockmusik wollen sie schon
1991 in Brighton, verweigerte Interviews wie man das zuletzt bei vielen der aktuellen Rockbands gar nicht neu erfinden, ihm aber gern, in Stöckelschuhen
und Fotosessions mit der Mainstream-
Presse, veröffentlichte eine legendäre
hören konnte. Nein, nein, nein, nein, nein, nein, ein Teen- und schwarzen Spitzenkleidchen, den unschuldigen Ex-
Split-Single mit Bikini Kill, mischte Spirit, der sich mal wieder echt verweigert und dabei ei- orzismus der Jugend einhämmern. Laura: »Ich habe bis
TV-Serien auf und wurde von der engli- nen echten Schmerz rauslässt, statt ihn auszustellen wie zu meinem 18. Geburtstag nie eine Hose getragen. Was
schen Musikpresse mit den Sex Pistols
verglichen.
eine Trophäe, an der statt Blut ein flüssigkeitsarmes Er- mich an so Bands wie Babes In Toyland immer fasziniert
satzpräparat namens Konsens hängt. Als man den Song hat, war diese Mischung aus ausgestellter Weiblichkeit
schon fast am Ende wähnt, legt Laura noch ein Gitarren- und total aggressivem Auftreten.« Und so verwundert es
solo hin, das sich gewaschen hat, dirty und präzise. Über- nicht, dass sie ganz begeistert ist, als ich ihre Art, Gitar-
haupt spielt Laura-Mary Gitarre wie Gott. Sie malträtiert re zu spielen, mit der von Kat Bjelland von Babes In Toy-
Babes In Toyland die hohen Saiten, lässt einzelne Töne wie Teufelchen mit- land vergleiche: »Danke! Sie ist meine absolute Gitarren-
Einflussreiche alternative Riot-Grrrl- einander ringen, ist sowieso spezialisiert auf schmissi- heldin. Ich habe sehr viel von ihr gelernt.« Ich umarme sie
Rock-Band aus Minneapolis, die von ge und spröde Riffs. Denn sie verachtet die »jingly jangly flüchtig und gehe endlich mal wieder beschwingt von ei-
1987 bis 1997 fünf Alben veröffentlichte.
Bekannt für den sog. »Kinderwhore«-Look:
chords«, die herkömmlichen offenen Akkorde, und spricht nem Interview nach Hause.
zerrissene Blümchenkleid-Ästhetik bei sympathisch-trotzig-abfällig von traditionellem Songwri-
gleichzeitigem aggressiven, dramatischen, ting als »Folk-Scheiße«. Und für »Folk-Scheiße« ist Laura Live in Deutschland vom 26.04.-06.05.
lauten Gitarrenspiel und Gesang. Kat
Bjelland ist heute die Leadsängerin und
zu wütend und zu elegant: Sie möchte rocken. »Sie liebt es,
Gitarristin der Band Katastrophy Wife. die Gitarre hart anzufassen und dann zu schlagen«, sagt Intro empfiehlt
ihr Mitmusiker Steven voller Bewunderung für das kleine, Blood Red Shoes
dunkelhaarige, leicht depressiv wirkende Mädchen, das Box Of Secrets
Augenbrauen zupfend neben ihm sitzt. CD // Cooperative / Universal // VÖ 11.04.
036 Musik
The Teenagers
AGE AIN’T
NOTHING BUT A
NUMBER
Sie sind 1981 und 82 geboren, kommen aus Paris und leben heute in London. Als Quentin
Delafon, Dorian Dumont und Michael Szpiner an einem öden Weihnachtsabend die
Band The Teenagers gründeten, waren sie bereits jenseits der Zwanzig. Und ja, sie sind
auf dem besten Wege, Stars zu werden. Sagt nicht nur Christine Käppeler. Foto: Katja Ruge
»Fuck Nicole«, und einen Tag später bastelten Quentin, Do- andere remixen, dann kommen die Tracks von Dorian. Be-
rian und Michael ihren MySpace-Band-Account. Dann pas- sonders hübsch ist seine Version des Au-Revoir-Simone-
sierte allerdings sechs Monate nichts, was u. a. daran lag, Songs »Fallen Snow«. Von deren Look scheinen auch die
dass Quentin zu der Zeit bereits in London lebte und dort Girls im »Homecoming«-Video inspiriert zu sein. Ziem-
für das britischste aller Fashionlabels, Burberry, im Ver- lich Coppola’esk vernaschen sie Cupcakes und schwin-
kauf arbeitete: »Paris ist eine wunderschöne Stadt, aber gen ihre PomPoms zu dem ebenso expliziten wie smashi-
ich hatte mich dort langsam gelangweilt, für mich gab es gen Refrain »I fucked my American cunt«. Aus den USA,
dort keine neue Energie mehr.« Also Flucht nach London, wo sie im April und Mai auf Tour sein werden, kamen da-
genauer: Hackney, Ex-Problem-Viertel im Osten der Stadt, rauf noch keine kritischen Reaktionen, in die amerikani-
das langsam, aber sicher zu Londons Williamsburg mutiert. schen Schulradios lädt man sie mit diesem Hit allerdings Williamsburg, New York
In Hackney sitzt auch ihr erstes Label Merok. Für Scenes- vermutlich nicht ein. Mutierte dank billiger Mieten in den 90ern
ter schon jetzt eine exquisite Adresse: Merok veröffentlich- vom Arbeiterdistrikt zur Künstlerkolonie.
Radio 4 lebten hier, die Liars und die
te »Atlantis To Interzone« von den Klaxons und den zuge- Auf intro.de: Verlosung. Live auf dem Melt! Festival Yeah Yeah Yeahs auch, haben dem Hype
hörigen Remix des Crystal-Castles-Fricklers Ethan Kath allerdings längst den Rücken gekehrt –
sowie die erste Crystal-Castles-Single »Alice Practices«. The Teenagers wie die meisten ehemaligen Bewohner des
Viertels, die sich die rasant steigenden
Als die Teenagers sechs Monate nach der Eröffnung ih- Reality Check Mietpreise nicht mehr leisten konnten.
res Accounts den Song »Homecoming« aufnahmen und CD // XL / Beggars / Indigo
038 Musik
Navel
VOM FLIESSBAND
NACH SEATTLE
Calvin Harris
TWO HEARTS
Schottland ist musikalisch vor allem für seine Indie-Szene bekannt. Die geriert sich mal
zynisch-melancholisch (Arab Strap), mal entrückt-wolkig (Teenage Fanclub) oder gleich
beides zusammen (Belle & Sebastian). Grell-aufgetragen wurde bislang woanders.
Sebastian Ingenhoff kündet von einem, der das ändern will. Foto: Arne Sattler.
Carl Craig
MYTHEN
IN TRÜMMERN
Ein Techno-Pionier zieht Bilanz. Nach über 20 Jahren wird es Zeit für einen Abgleich
zwischen Aura und Alltag. Jonathan Forsythe fotografierte Carl Craig auf einer Rundfahrt
durch seine Heimatstadt Detroit, Arno Raffeiner hat ihn nach den Hintergründen befragt.
Musik 043
Links: Dieses Gebäude ist um die Ecke von meinem Office. Ich fahre da jeden Tag vorbei. Es ist so groß, dass man es sogar vom Freeway aus sehen kann.
Es symbolisiert die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Detroits – wobei die Zukunft, dem exzessiven Kapitalismus und den Uneinigkeiten geschul-
det, eher ein stetes Auswischen der Stadt ist. Ich liebe dieses Gebäude dafür, dass es mich immer wieder daran erinnert, was wirklich Realität ist, egal,
wie gut es einem geht – das sind die Roots. Oben: Ein Symbol des Scheiterns der drei Großen. Bessere Technologie gleich besseres Produkt.
Links: Das ist der Hart Plaza – hier findet das Movement Festival statt (früher hieß es Detroit Electronic Music Festival). Mein Lebenstraum ist wahr ge-
worden, als in diesem Park elektronische Musik gespielt wurde. Ende Mai ist die ganze Gegend hinter mir voll mit Musikfans. Oben: Michigan Central
Train Station. Herzlich willkommen in Detroit. In jeder europäischen Stadt wäre das das Stadtzentrum, in Detroit ist es der Anfang vom Ende. Aber genau
deswegen liebe ich die Stadt so. Der Zustand dieses Bahnhofs ist das direkte Resultat des Kriegs gegen die Massentransport-Infrastruktur in den USA.
Alles, was nicht auf Autos hinausläuft, ist der Feind und wurde systematisch zerstört. Damit es den drei großen amerikanischen Autofirmen gut geht.
≥ rie an Remix-Hits im Zentrum der Aufmerksamkeit. Mit der Stadt, die ihn nach wie vor maßgeblich inspiriert. Im
einer Compilation zieht er nun Bilanz, vorläufig. »Sessi- Gespräch könnte er sich wohl stundenlang über Details
ons« ist eine Retrospektive, die Tracks vom Anfang der auslassen: über die Veränderungen der einst so inspirie-
90er mit aktuelleren Produktionen, vor allem aber sei- renden Radiolandschaft mit Charakteren wie The Elec-
nen zahlreichen Remixen verbindet. trifying Mojo, über Ron Murphy, den kürzlich verstorbenen
Diese Mixe fabriziert Craig sozusagen unter dem Ver- Soundingenieur des Mastering-Studios NSC, und was man
größerungsglas. Er sucht die Originale – die wohl bekann- von Murphy alles lernen konnte. Die Ruinen der Stadt sind
testen stammen von den Junior Boys, Theo Parrish, Delia für Craig Mahnmale, etwa eine verlassene Fabrik in der
Gonzales & Gavin Russom – nach ihren kleinsten funktio- Nähe seines Büros, bei der keine Fensterscheibe mehr heil
nalen Einheiten ab und baut daraus zunächst nichts ande- ist. »Ich sehe dieses Gebäude jeden Tag. Es stellt für mich
res als einen Groove. Für Tanzmusik würde das im Grun- die Geschichte von Detroit dar, die Geschichte eines Ortes,
de ausreichen. Spannend wird es, wenn Craig auf dieser der eine blühende Industriestadt war und jetzt eben nicht
Grundlage richtig episch wird, nicht nur im Sinne einer ewig mehr ist. Solche Ruinen sind Monolithen, aber sie sagen
in die Länge gezogenen Dancefloor-Hypnose, sondern auch mir in geschichtlicher Hinsicht das Gleiche wie die Trüm-
im Sinne einer Erzählung, die Craig oft mit nur minimalen mer in Rom oder Griechenland: Es geht um das Erinnern
Variationen aus den Grooves herausholt. einer gewesenen Kultur. Diese Fabrik erzählt von einsti-
Er erzählt damit auch von der Geschichte Detroits, von ger Größe – und sie ist das Gerippe, das davon übrig ≥
046 Musik
Henry Ford ≥ blieb.« Craig ist trotzdem kein Nostalgiker. Auf seiner stehen können: diese Idee, etwas, das im Grunde so kalt
Als Autofabrikant hat Ford Anfang des 20. Rundfahrt durch Detroit besucht er nur solche Orte, die ist, durch Musik mit Seele aufzuladen.«
Jahrhunderts maßgeblich moderne indus- heute für ihn relevant sind. Keine ehemaligen Clubs also, So wurde das Motown-System namenloser, im Akkord
trielle Produktionsweisen sowie den nach
ihm benannten Fordismus geprägt. Er
sondern lieber sein Wohnzimmer und sein Studio, Räu- arbeitender Studiomusiker von kleinen elektronischen
machte Detroit zu einer prosperierenden me, die er als Zufluchtsorte und quasi heilige Bereiche Kisten abgelöst, deren Namen und Sounds immer noch
Stadt, die jedoch in hohem Grad von der beschreibt. An einer alten Weisheit aber hält er fest: dass von Mythen umrankt sind. TR 808, TB 303, SH 101. Heu-
Autoindustrie abhängig war, was in den
Krisen der 70er-Jahre fatale Auswirkun-
Techno nirgendwo anders als hier hätte entstehen können. te gibt es neue Maschinen, und es gibt neue Ruinen. Carl
gen hatte. »Es gibt keine andere Stadt auf der Welt, die wie Detroit Craig ist einer, der immer wieder von den Spannungsver-
ist. Henry Ford hat hier das Fließband erfunden, und die- hältnissen dazwischen erzählt.
Berry Gordy ses Konzept hat Berry Gordy darin beeinflusst, wie er Mo-
... baute im Detroit der 60er-Jahre mit town führte. Gordy wollte ohne Unterlass Musik produzie- Auf intro.de: Verlosung
Motown eines der wichtigsten schwar- ren und sie konstant veröffentlichen, einfach, um immer
zen Pop-Labels überhaupt auf. 1972
verschwand er nach L.A., passend zum
genug Angebot für die Nachfrage zu haben. Als die Auto-
Niedergang der Stadt nach Rassenunru- produktion aber zunehmend auf Roboter umstieg, hat das
hen und Finanzkrisen. Das seither leer Juan Atkins beeinflusst. Beide waren also im Grunde ins- Carl Craig
stehende Motown-Bürogebäude wurde im
Jahr 2006 abgerissen.
piriert von diesem Ford’schen System. Ich glaube, an ei- Sessions
nem anderen Ort als Detroit hätte so etwas gar nicht ent- 2 CD // !K7 / Al!ve (??)
048 Wien Special: Musik
WIEN, DAS
GEHT.
Die Indie-Labellandschaft einer Stadt in knapp drei Tagen abzustiefeln mag per se
schon ein arg ambitioniertes Ziel sein, konkret auf Wien bezogen stellt es sich natür-
lich schnell als unmöglich heraus. Zu viel geht hier, im Großen und – gerade durch
das merklich weniger prekäre Kultur-Klima – auch im Kleinen. Aber wer will sich
beklagen, weil er aus dem Vollen schöpfen kann? Wir sicher nicht. Thomas Venker,
Florian Obkircher und Linus Volkmann haben Taxen angeheuert und sind auf Be-
suchstour gefahren.
Fotos: Holger Risse
Wien Special: Musik 049
Schoenwetter Wohnzimmer
Im Netz: http://inkmusic.at Im Netz: www.wohnzimmer.com
Das Wichtigste: Die in Deutschland via Tapete Records be- Das Wichtigste: Wohnzimmer ist vielleicht das konstan-
kannten Garish motivierten vor vier Jahren Hannes Tschürtz teste Indie-Label der österreichischen Jetztzeit. Finan-
zur Gründung eines Labels, das in dem Konglomerat Inkmusic ziell kann man sicher nicht klotzen, aber es ist spürbar,
mit Aktivitäten wie Booking, Merch, Österreich-Lizenzierun- dass hier auf kleinem Level richtig klassisch mit Releases
gen (die letzte Tom Liwa beispielsweise) etc. aufging. Die Ver- gearbeitet wird. Ein Umstand, der dann natürlich auch in-
öffentlichungszahlen der Exil-Burgenländer Clique befinden sofern zurückstrahlt, dass einige der Wohnzimmer-Acts
sich bereits in den 20ern. Die wenigsten sind dabei in Deutsch- über den Geheimtipp-Status rausschauen. Also Bands
land erschienen; ein Umstand, den es 2008 zu beheben gilt. wie z. B. Velojets, The Beautiful Kantine Box, Fuzzman,
Vor allem mit den beliebten Locals Ja, Panik, aber auch dem Shy, The Seesaw. Zudem führt das Label in seinen Rei-
Import Trouble Over Tokyo dürfte sich der Fame des Kleinbe- hen Indie-Celebs wie Kreisky (deren Sänger ja als Aus-
triebs auch in hiesige Gefilde tragen lassen. trofred fungiert) oder Rotifer (die Band des Musikjour-
Nächste Veröffentlichungen: The Jessica Fletchers »You Spi- nalisten Robert Rotifer, der aus London für die heimische
der«, Beangrowers »Not In A Million Lovers«, Across The Del- Presse telegrafiert).
ta »Dancing To Architecture« Nächste Veröffentlichungen: Rotifer »Coach No. 12 Of
In Action: Schoenwetter wohnen etwas draußen, das DIY-La- 11«, Kreisky »Kreisky«, The Artistry »The Artistry«
bel besitzt dabei ein richtiges Ladengeschäft, in dem Shirts, In Action: In einem der vielen Restaurants des Wiener Mu-
CDs und Mutters Strudel zu kaufen sind. Über einen ihrer Acts seumsgeländes treffen wir auf Peter und Lelo, also 2/3
sowie über verwandtschaftliche Verstrickungen von Hannes Wohnzimmer. Wobei wir Lelo gleich erkennen: Er spiel-
tun sich im Gespräch plötzlich Beziehungen zum Kapitän der te mal bei Heinz Aus Wien. Einer Bekenntnis-Jungsband
österreichischen Nationalmannschaft auf. Dennoch werden von großer Bekanntheit. Über unsere Textsicherheit von
wir auch nach wiederholtem Nachfragen nicht mit EM-Kar- alten halb coolen Hits wie »Ich mag das Mädchen, das
ten bestochen. Die Spieler, so erfährt man, bekämen selbst trinkt« sieht Lelo großzügig hinweg und erzählt, was vor-
nur acht zum freien Gebrauch. her nur zu vermuten war: Wohnzimmer läuft auch deshalb
so gut und professionell, weil keiner der drei Beteiligten
Geld damit verdienen muss. Groschengrab Plattenfirma
Geco Tonwaren & Hoanzl als amtliches Hobby – so viel Enthusiasmus kann doch
Im Netz: www.hoanzl.at gar nicht falsch sein.
Das Wichtigste: Hinter dem rätselhaften Namen Hoanzl ver-
birgt sich ein renommierter, langsam gewachsener Indie-Ver-
trieb in Österreich. Angefangen hat alles mit Kabarett und Fil-
men, aber mittlerweile (und besonders auch nach der Pleite
von Soul Seduction) hat sich die Ausnahmestellung auch für
Musikprodukte verfestigt. Jenen Musikbereich betreut Chris-
toph Moser, ein Szene-Urgestein, aktiv seit den 70ern in allen
möglichen und unmöglichen Bereichen.
Nächste Veröffentlichungen: Netnakisum, [koe:r], Coshiva /
Butterfly, Fatima Spar & The Freedom Fries »Remix-EP«
In Action: Moser betreibt innerhalb von Hoanzl neben einem
Label für Dancehall-Reggae auch eines für HipHop mit dem Na-
men Geco Tonwaren. Hier erschien zuletzt die aktuelle Platte
von Texta, einem bewussten Rap-Act, wie es ihn in Deutsch-
land seit dem Siegeszug von Proll’n’Aggro so gar nicht mehr
gibt und der in Österreich mit seinem klassischen Sound im-
mer noch für Furore sorgt. Texta trägt auch die Verantwortung
für den Song des Jahres 2007 auf FM4: »So schnö kaust gar
net schaun« (featuring Attwenger).
050 Wien Special: Musik
dern gerade deshalb. Zeit, in die Schlafzimmeraugen von Austrofred dabei zum Glück nicht. Im regulären Rockzir-
Edlinger zu schwenken. Typ: Filou, klassischer Fall eines kus ist er Sänger bei den Indie-Stylern Kreisky, und die
Mannes, der einen emotional unglücklich machen würde Kostüm-Diva ergab sich eher nebenher. Dennoch sind die
und bei man sich aber dennoch darum reißen würde, dass Verhältnisse klar. Und zwar: »97:3«, das gibt Austrofred auf
er einem das ganze Programm antut. Österreichs ewige die Frage zu Protokoll, wie sich denn Geld und Aufmerk-
Geheimwaffe: Romeo-Agenten. Statt Mahlzeiten nimmt samkeit auf seine zwei musikalischen Spielfelder verteilen.
Thomas Bier in Halbliter-Intervallen zu sich. Und was die Grell sells eben. Und nicht nur Konzertkarten. Austrofred
anstehende Fußball-EM angeht, ist er der Erste, auf den hat neben einem Bootleg (eine »echte« CD wäre wegen der
wir treffen, der bezüglich des eigenen Teams nicht in de- Songrechte zu aufwendig) bereits eine DVD herausgege-
pressiven Untergangsmetaphern spricht. Das gefällt uns, ben, die elf Folgen seiner Kabel-TV-Serie »Hello Austrof-
es gibt Hoffnung, es gibt Heilung. Auch in Wien. Danach red, Hello Vienna« beinhaltet, zudem gibt es bereits die
geht’s ins Jenseits [leider bloß in eine rotplüschige Bar, die fiktive Biografie seines Alter Egos: »Alpenkönig und Men-
diesen Sponti-Namen trägt – Nelkengasse 3, 1060 Wien] schenfreund«. Weitere Bücher sollen folgen. »Eins habe
und danach für den Rest vom Schützenfest in den Futur- ich schon fertig, das wird heißen Ich rechne noch in Schil-
garden [Schadekgasse 6, 1060 Wien]. ling.« Dieser kauende schmale Mann mit dem Bart besitzt
viel, das merkt man gleich. Auch die von uns wohlinfor-
Austro / Fred mierten deutschen Pop-Journos aufgebrachte Tatsache,
Tags darauf arbeiten wir den good old Naschmarkt ab, ei- dass sein Idol Freddie Mercury schwul gewesen sei, kann Freddie Mercury
ne Meile feinster Angebote – sieht man mal von dem un- den überzeugten Heterosexuellen nicht aus der Ruhe brin- ... machte einst in München eine große
ausgesprochenen Bizarro-Fakt ab, dass sie sich thema- gen. Bleibt noch zu klären, ob er wirklich als Darsteller des Motto-Party. Jeder sollte im Look seines
Lieblingsstars kommen. Freddie kam
tisch ab dem vierten Stand immer nur noch wiederholt: anderen Pop-Toten, also von Falco, im Gespräch gewesen dabei ... als er selbst.
Olive, Obst, Käse, Wurst – eingebettet vorne und hinten sei. »Nee, aber ich habe den Typen, der es spielt, in einer
noch von gefälschtem Nirvana- und Onkelz-Merchandise. Vorschau gesehen, wie er sagt: Ist des noch mai Wien? Und Falco
Abends dann wieder Streit ums Essen. Restaurant Gold- ich dachte, Falco ist so leicht nachzumachen, aber den Das Biopic zu Falco »Verdammt wir leben
marie (Hoffmeistergasse, 12. Bezirk). Es gibt echte Wiener Satz allein hätten schon mal zwei Millionen Österreicher noch« lief gerade in Österreich an. Mehr
dazu auf den Seiten 68 und 69.
Schnitzel für die einen, lange Gesichter für die anderen. besser gekonnt.« Diesen Tiefschlag mit der überlieferten
Und es gibt Austrofred. Der Freddie Mercury von Wien, der Unfähigkeit des Wieners, gönnen zu können, zu erklären
deren Texte mit Klassikern des Austro-Pop tauscht. Klingt wäre kurzsichtig. Gerade auch angesichts des gestüm- Austro-Pop
nicht kruder, als es ist. Aus »Another One Bites The Dust« perten Films. Nein, Wien und seine Leute können fast al- Mischung aus alpenländischer Volksmusik
wird zum Beispiel »Eich Doddln gib i Gas«. Die Bierzelt-Tra- les. Und jetzt, ein paar Tage später, schauen wir uns so- in Mundart und Rock. Als überregional
bekannter Vertreter wird gern Wolfgang
vestie mit angeklebtem Bart, Gassenhauern, Volksmusik gar die 240 MB mit Fotos eurer schmucken Brücken an. Ambros genannt.
und Schunkelsuff erfüllt sich in Franz Wenzls Kunstfigur So scheiße gern haben wir euch nämlich.
054 Wien Special: Musik
WOHIN,
WIEN?
22
21
17 06
20
41 24
42
11
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34 31
14 03 30
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18 40
07 19 23
08 35
15 29 04
43 12
28 13
27
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39 32
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05
38
36
Fotos: Holger Risse
16
Wien Special: Musik 055
Advanced Minority 03
Zollergasse 2 Mondscheinstüberl 18 Das Weiße Haus 34
www.advancedminority.com Zollergasse 24 Westbahnstr. 11-13/I/3
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20
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HOTELS
Sneaker-Boutique
Ajla Karic
STAUB ZU STAUB
Mode von Ajla Karic wirkt streng im Sinne von verbindlich, und ver-
spielt, was die ausufernden Formen betrifft. Symbolik und Werte
von inspirierenden Bildern »nicht zu verwaschen«, ist der 26-jäh-
rigen Absolventin der Modeklasse an der Angewandten in Wien
dabei besonders wichtig. Ihr ästhetisches Vokabular entwickelte
sie unter der Ägide der belgischen Stardesigner Raf Simons und
Veronique Branquinho, die derzeit Gastprofessuren in Wien haben
bzw. hatten. Für die in Sarajewo geborene Karic hat der Start ins
harte Designerleben jedoch nicht nur wegen der Belgien-Depen-
dence in Wien gut angefangen. Ihre Abschlusskollektion wurde mit
dem Modepreis des österreichischen Bundeskanzleramts aus-
gezeichnet, anschließend folgte ein Praktikum bei Haider Acker-
mann. Schmuck designt Karic neuerdings auch. Die erste Kollek-
tion gemeinsam mit einem Freund soll »Staub zu Staub« heißen.
Kontakt: ajla.ka@gmail.com
058 Wien Special: Mode
SOULCHEMISTRY RUSSKAJA
Discovery Kasatchok Superstar
GENRE: ELECTRONIC, HIP HOP, DUB GENRE: WORLD, SKA, ALTERNATIVE
LABEL: DEFusion Records LABEL: chat chapeau
WEBSITE: www.defusionrecords.com WEBSITE: www.chatchapeau.com
Soul Chemistry ist der jüngste Wurf von Karl Moestl – dem
In der vergangenen 18 Monate schaffte es die Russian-
Producer-Part des erfolgreichen G-Stone Duos “Walkner
Balkan-Ska Formation RUSSKAJA vom Wiener Geheimtipp
Möstl”. Im Team mit MC Coppa (UK), Elle (A) und dem Soul
zur Crossover Kulttruppe aufzusteigen. Ihre Konzerte sind
Chemistry Collective Big John (USA), Aminata (A), Yosua
Ereignisse, die vom 100% wie vom Enthusiasmus der
(D) und Betty Semper (UK) zielt die innovative Fusion von
wachsenden Fangemeinde getragen werden. Mit ihrem
kühlen, elektronischen Klängen und erdigem, warmen Hip-
Debut-Album “Kasatchok Superstar” schafften Sie jüngst
Hop und Dub sowohl auf den Dancefloor als auch auf den
auf Anhieb den Einstieg in die Top 30 der Österreichischen
anspruchsvollen Hörer daheim. Zum wirklichen Hörgenuss
Albumcharts.
wird das Ganze vor allem durch die hochkarätigen Soul-
stimmen von Big John, Aminata und Yosua.
Exquisites aus Österreich ausgewählt für INTRO von den AMAN Ambassadoren
AMBASSADOR Der österreichische Labelverband AMAN – Austrian Music Ambassador Network stellt den INTRO Lesern eine exklusive Auswahl von
Releases der AMAN Mitgliedslabels zum gratis Download zur Verfügung. Zusammengestellt wurde die Kollektion, die nirgendwo käuf-
MONK JA, PANIK THE CURBS PAROV STELAR WALDECK SON OF THE VELVET RAT
GRATIS-DOWNLOAD AUF
TEXTA SOULCHEMISTRY RODNEY HUNTER KARL MOESTL SALLY SHAPIRO BUNNY
WWW.AMAN.AG/INTRO
LAKE SUSANNA RIDLER TROUBLE OVER TOKYO CONVERTIBLE RUSSKAJA
LIVE
JA PANIK ACROSS THE DELTA RUSSKAJA TEXTA
27.03. Kulturlabor Stromboli, Hall in Tirol (A) 23.04. Pretty Vacant, Düsseldorf (D) 27.03. Boogaloo, Pfarrkirchen (D) 28.03. Arena, Flims (CH)
04.04. Kapu, Linz (A) 24.04. Astra Stube, Hamburg (D) 28.03. Schlachthof, Kassel (D) 29.03. Intersport Nova, Silvretta (A)
05.04. Carinisaal, Lustenau (A) 25.04. Schokoladen, Berlin (D) 29.03. Kaffee Burger, Berlin (D) 11.04. WUK, Wien (A)
12.07. Rock am Hof, St. Agatha (A) 26.04. Unikum, Halle (D) 30.03. Hafenklang, Hamburg (D) 18.04. Kufstein (A)
01.08. Palaverama Festival, Gmünd (A) 27.04. Noch Besser Leben, Leipzig (D) 03.04. Backstage, München (D) 19.04. Kraftwerk, Krummenau (CH)
30.04. Campus Rock, Linz (A) 05.04. KGB, Freiburg (D) 30.04. Prater, Wien (A)
WALDECK 17.05. K-Festival, Wiesen (A) 18.04. Sinkkasten, Frankfurt (D) 02.05. Biberach (D)
19.04. Europäische Clubnacht, Berlin (D) 19.04. Underground, Köln (D)
Music News Austria ist ein Service von AMAN - AUSTRIAN MUSIC AMBASSADOR NETWORK.
Mehr Info über Musik aus Österreich gibt es auf www.aman.ag
PROD
UKT PAL
ETTE
1+7 Souvenirs vom Naschmarkt, einem riesigen Wochenmarkt mit
kosmopolitischem Flair. Endlos Stände voller frischer Waren und
zu Flohmarktzeiten am Samstag Laufsteg und Fundgrube für un-
sereins. Kleid und Weidenkätzchen, je 2 Euro.
3+5 Der frisch eröffnete Shop Kawaii auf der Lindengasse birgt gleich
zwei zauberhafte Labels: selbst genähte Lingerie von Juana De Arco
und durchgeknallte Jewellery von Claire Pain. Set mit BH und Hös-
chen: 49 Euro; Minnie-Mouse-Kette: 55 Euro.
3
4 Aufs Indie ist Verlass: Viermal im Jahr zeigt das Magazin eine ge-
konnte Mischung aus internationaler Mode und Musik. Betäubend,
kreischbunt, kurzsichtig. Neu im Verlag ist die Luxus-Version mit
dem Fokus auf Accessoires. Der vielsagende Name: Material Girl.
Heft: 5 Euro / 7 Euro.
1
6 Diese kleinen Plastik-Viecher warten auf Einsatz: als Wasserpis-
tölchen auf der nächsten New-Rave-Party. Kroko, Schildi und Ele-
fant, aufgelesen im 1-Euro-Shop.
5
7
9
8
4
6 10 11
062 Mode
GEMEINSAME SACHE
High-Fashion-Designer, Sportmarke oder Jeanslabel – Koopera-
tionen stehen bei allen hoch im Kurs. Waren es anfangs meist
namhafte Künstler oder renommierte Designer, die von den Global
Playern der Branche zu exklusiven Projekten gebeten wurden, sind
es momentan die Marken selbst, die sich gegenseitig unter die
Arme greifen. Eine Momentaufnahme in vier Akten von Kay Alex-
ander Plonka.
Verlosung
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www.galileomedien.de
064 Film
RU
Michel Gondry / Abgedreht – Be Kind Rewind
VERBESSE
FILM
UNGSANSTALTEN
Clip-Regisseur Michel Gondry galt als Meister der kurzen Form, bevor er mit
Spielfilmen auf sich aufmerksam machte. In Gondrys »Abgedreht – Be Kind Rewind«
werden Blockbuster auf ihre Essenz verkürzt. Eine Metapher für die sogenannte
Demokratisierung der Bilder im Netz? Auch die Kurzfilmtage in Oberhausen müssen
sich mit der Wirkung von YouTube und Co. befassen. Dietmar Kammerer nimmt
Gondrys Film und die Planungen für das 54. Festival unter die Lupe.
Jack Black und Mos Def schön verpackt. Oder: Wie aus
Couch Potatoes und Pantoffelhelden glitzernde Stars
werden. Michel Gondry macht's möglich.
WIENS GROSSER
AUSSENSEITER
Im letzten Jahr wäre Falco 50 Jahre alt geworden. Vor zehn Jahren ist er bei einem Au-
tounfall ums Leben gekommen. Das Biopic »Verdammt, wir leben noch« versucht eine
Annäherung an die private Person und die öffentliche Figur. Vom »Kommissar« bis zum
»Mann mit dem Koks«. Wolfgang Frömberg traf Regisseur Thomas Roth in Wien.
J
oder man erfreut sich an der realistischen elinek, Elfriede. Schriftstellerin. Lite- aber jedes Jahr im Oktober eine Auswahl
raturnobelpreisträgerin. Kulturinsti- der interessantesten Spiel- und Doku-
Darstellung des freudlosen Vegetierens mentarfilme des aktuellen Weltkinoge-
tution. Mehrere ihrer Romane wurden ver-
im kulturindustriellen Sumpf, wo allein filmt, zuletzt »Die Klavierspielerin« durch schehens vor. www.viennale.at
gute Verkaufszahlen vorübergehend
Glück verheißen. Der Falco aus »Ver-
Michael Haneke. Was sie davon hält,
steht auf www.elfriedejelinek.com. W eingartner, Hans. Ist, entgegen
hartnäckigen Gerüchten, kein deut-
scher, sondern ein österreichischer Filme-
dammt, wir leben noch« hat sich selbst
verwirklicht, indem er sich vollkommen K olik-Film. Halbjährliche Pu-
blikation, die Film und Kino
als künstlerische, gesellschaftli-
macher, der in Berlin lebt. Hat Neurowis-
senschaften studiert und lieferte mit »Das
verausgabt hat. Aus dem Bub, der che und politische Praxis ernst
weiße Rauschen« eine filmische Studie
über Schizophrenie ab.
die Schule schwänzte, um ins Kino nimmt und dabei von akademi-
zu gehen, wurde eine koksende,
Videos glotzende Couch-Pota-
schem Jargon genauso entfernt
ist wie von marketingdiktier-
X aver Schwarzenberger. Kameramann
und Regisseur aus Wien. Hat für
Fassbinder »Berlin, Alexanderplatz« und
ten Hochglanz-Faseleien. www.
to. Letzte Zeugin seines wider- »Lili Marleen« fotografiert und ist später
kolikfilm.at
selbst in den Regiestuhl gewechselt, unter
sprüchlichen Werdegangs ist im
Film keine Geringere als Grace L isl Ponger. Filmemacherin, Fo-
tografin, Künstlerin. Beschäf-
anderem für »Otto – Der Film«.
Alles weitere über »Verdammt, wir leben M elange. Kaffee. Wird hergestellt
aus (kandierten) Kaffeebohnen,
aufgeschäumter Milch und obendrauf Ka-
bert). Ein Zufall kann das nicht sein.
Dietmar Kammerer
noch« auf www.falcoderfilm.at. kaopulver. Andere Wiener Kaffeesorten
070 Film
DIE EWIGE
WURSTELEI
Rechtzeitig vor der Veröffentlichung des neuen Romans »Die Zunge Europas« kommt
die Verfilmung von Heinz Strunks Debüt in die Kinos. Eine Komödie zum Weinen? Eine
Tragödie zum Lachen? Alter Buck in neuen Schläuchen? Lars Brinkmann traf Herrn
Strunk und liefert Erklärungen. Foto: Susanna Goodewardena
Chiko
Ein aufgetunter Mercedes, ein fettes
Appartement in der Stadt und eine neue
Niere für Chikos Mutter. Die beiden Bud-
dys Chiko (Denis Moschitto) und Tibet
(Volkan Özcan) wissen genau, was sie
wollen – und wie sie es erreichen kön-
nen. Drogendealer heißt das Zauberwort,
das sie zum Glück führen soll. Doch dafür
müssen sie sich erst mit dem Hambur-
ger Drogenboss Brownie (Moritz Bleib-
treu) kurzschließen. Der gibt den Novi-
zen eine Chance, die der trottelige Ti-
bet jedoch ordentlich in den Sand setzt.
Ohne Chikos Wissen unterschlägt er Geld
bei ihrem ersten Deal und muss dafür von
Brownies Schlägercrew eine ordentliche
Tracht Prügel einkassieren. Soll Chiko
sich nun aus Loyalität auf die Seite sei-
nes Freundes schlagen oder beim Chef,
der ziemlich angetan von dem cleveren
Kerlchen ist, im Schnellschritt die Kar-
riereleiter erklimmen? Die Handlung von
Özgür Yildirims Regiedebüt ist alles an-
dere als neu und ziemlich vorhersehbar.
Besonders an »Chiko« ist jedoch die Här-
te und Brutalität, mit der die Geschichte
der beiden Freunde erzählt wird, die aus
ihren einfachen Verhältnissen ausbre-
chen wollen. Dabei orientiert er sich an
so großen Vorbildern wie Scorsese und
Fatih Akin, der Yildrims Debüt auch pro-
duzierte. Durch die klischeehaften Sätze,
HAI FIDELITY
die der Regisseur seinen Protagonisten in
den Mund legt, verdeutlicht er wohl tat-
sächlich am besten den Zwiespalt zwi-
schen ihrem weichen Kern und harten
Äußeren, das sie zum Überleben an den
Tag legen müssen. Und das ihre Ärsche
Flossen aus der Suppe! Eigentlich wollte Rob Stewart, Fotograf, Taucher und Hai-Experte, schlussendlich doch nicht rettet.
eine Doku zum besseren Verständnis der gefürchteten Meeresungeheuer drehen, Bettina Schuler
»Sharkwater« aber ist ein Krimi geworden, der von menschlichen Abgründen handelt.
H
Chiko (D 2007; R: Özgür Yildirim; D: Moritz
Bleibtreu, Denis Moschitto, Volkan Özcan, Fahri
aie genießen unter Tierfreunden keine Lob- Flosse abgeschnitten, anschließend wirft man ihn zurück Ogün Yardim, Reyhan Sahin; 17.04.)
by. Sie sind weder kuschelig noch warm. ins Wasser, wo er langsam und qualvoll stirbt. Der Rest der
Sie verzaubern nicht mit großen Kullerau- Geschichte folgt der Logik und Verwertungskette der Dro-
gen und verhalten sich nicht ansatzweise genindustrie mit einem entsprechenden Hintergrund von
so possierlich wie ihre Konkurrenten, diese ewig grinsen- Korruption und Brutalität.
den Tätowiervorlagen. Selbst die Klassifizierung klingt ir- Es bedurfte ein paar Sonderlinge, um auf diese Ab-
gendwie eklig: Knorpelfisch. Dennoch können sie einem scheulichkeit hinzuweisen. Allen voran Rob Stewart, Fo-
leid tun. tograf, Taucher, Hai-Spezialist und Regisseur von »Shark-
Es sind mal wieder unsere asiatischen Freunde, die ei- water«. Was als Doku über die faszinierenden, oft miss-
ner bedrohten Tierart extrem zusetzen und an ihrer fina- verstandenen Ur-Viecher begann, endete in einem Krimi-
len Ausrottung arbeiten. Bis zu zwölf Millionen Haie fallen reifen Drama, das sich über vier Jahre und 15 Länder er-
im Jahr der Fischerei und der Gier nach den Flossen zum strecken sollte. Unterstützung erhielt Stewart von Paul
Opfer. Haiflossen gelten in China und vielen anderen Tei- Watson, bekannt als einer der Urväter von Greenpeace.
len Asiens als Delikatesse – für einen Teller der mit ihnen Ein Mann, der mehrere Walfänger versenkt hat. Im Ge-
bestückten Suppe muss ein skrupelloser Feinschmecker gensatz zu seinen alten Kameraden schreckt Watson mit
umgerechnet ca. 150 Dollar hinblättern. Für Menschen, seiner Sea Shepherd Conservation Society auch nicht vor
die meinen, alles fressen zu müssen, weil sie an der Spit- militanteren Aktionen zurück. Dieser Garant für Action
ze der Nahrungskette stehen, scheint das im ersten Mo- und knapp 20 Auszeichnungen sollten auch dem größten
ment ein fairer Preis zu sein. Das Problem: Die Begehr- Schisser genug Grund geben, sich mit »Sharkwater« den
lichkeit oder auch Nachfrage bestimmt den Preis auf dem eigenen Ängsten zu stellen. Wie sagen Bruce, Hammer und
»Rohstoffmarkt«. Das blutige Geschäft mit den Haiflos- Hart in »Findet Nemo«: Fische sind Freunde, kein Futter!
sen brummt – und wie überall, wo viel Geld zu holen ist, Lars Brinkmann
herrschen hier mafiöse Strukturen. Das Verbrechen fängt
beim sogenannten Finning an. Dem lebenden Hai wird die Sharkwater – Wenn Haie sterben (USA 2006; R: Rob Stewart; 10.04.)
Film 073
D
man direkt Angst um die Gangster aus
den Dreißigerjahre-Filmen.
Alexander Dahas ie erfolgreiche Schauspielerin Marcelline nen oder zu stark mit den Anforderungen des Alltags be-
(Valeria Bruni Tedeschi) befindet sich in ei- schäftigt sind. Marcelline verkörpert jenen Typ, der sich für
ner Sinnkrise: Nicht nur, dass sie kurz vor die Kunst entschieden hat und plötzlich Angst bekommt,
ihrem 40. Geburtstag steht, sie findet auch die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Sie flüch-
keinen Zugang zu ihrer Figur in Andreij Turgenjews Komö- tet sich in Tagträume und führt Gespräche mit der Figur
die »Ein Monat auf dem Lande«. Ihr ganzes Leben erscheint aus Turgenjews Komödie. Ihre ehemalige Schauspielkol-
ihr wie ein böser Traum, aus dem sie aufwacht, um fest- legin Nathalie, die sie nach Jahren bei den Proben wieder
zustellen, dass sie zugunsten ihrer Karriere auf das Wich- trifft, durchlebt die gegensätzliche Entwicklung: Sie hat
tigste verzichtet hat: darauf, eine Familie zu gründen. Pa- sich nach der Schauspielschule für die Familie und wider
nisch beginnt sie die heilige Maria anzuflehen, ihr doch die Karriere entschieden. Doch jetzt, als sie das Leben der
endlich den Mann fürs Leben zu schicken. Begleitet wird erfolgreichen Kommilitonin sieht, glaubt sie ebenfalls, et-
sie von den pragmatischen Ratschlägen ihrer nicht altern was verpasst zu haben. Glücklichweise will Bruni Tedeschi
wollenden Mutter, doch einfach wieder mit dem Ex anzu- dem Zuschauer nicht den einen wahren Sinn des Lebens
bändeln. Ehefrau hin oder her. aufdrücken, sondern stellt die beiden möglichen Entwür-
»Actrices« trägt ebenso wie Bruni Tedeschis erster fe und deren tragikomische Aspekte nebeneinander. Und
Spielfilm »Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr ...« auto- schafft dadurch mit »Actrices« einen klassischen Ensem-
biografische Züge. Waren es beim Debüt vor allem die Kon- blefilm, der letztlich mehr als das komödiantische Porträt
flikte mit ihrem reichen Elternhaus, die sie in den Mittel- zweier knapp 40-Jähriger in der Sinnkrise zu bieten hat.
punkt des Geschehens stellte, so ist es in »Actrices« das Bettina Schuler
Problem, die richtige Balance zwischen Beruf und Privat-
Before The Devil Knows You’re Dead (USA 2007; leben zu finden. Insbesondere Künstler, so Bruni Tedeschis Actrices ... oder der Traum aus der Nacht davor
R: Sidney Lumet; D: Philip Seymour Hoffman, These, können keine wahre Balance zwischen den beiden (F 2007; R: Valeria Bruni Tedeschi; D: Valeria Bruni Tedeschi, Louis Garrel,
Ethan Hawke, Albert Finney, Marisa Tomei; 10.04.) Polen finden, da sie entweder zu sehr für die Kunst bren- Noémie Lvovsky, Valeria Golino, Marisa Borini; 10.04.)
DVD 075
BENDER, AL
nicht Auteur definiert, kann Gejammere
über ausbleibendes Kinopublikum nicht
nachvollziehen. Wer eh nie einen Hit lan-
det, darf nach seiner Logik wahrhaftig
kühndreiste Werke fabrizieren. Und ge-
nau das scheint er meist zu beherzigen,
GORE UND
selbst wenn mit »Audition« (1999) ver-
spätet die europäische Begeisterung für
sein Werk begann und der Film zum Hor-
ror-Hit (v)erklärt wurde.
Vielleicht hält sich deshalb das Miss-
verständnis, Miike sei »der Horror-Re-
gisseur« made in Japan. Dieser Reduk-
COOLIO
tion kann u. a. mit den Filmen der »Ta-
kashi Miike Collector’s Box« widerspro-
chen werden. Neben »Audition« enthält
sie »Izo« und »Visitor Q«. »Izo« ist Philo-
sophie-Splatter mit Kitano als Premier-
minister plus einem Liedermacher, des-
sen Gesang man nicht vergisst. »Visitor
Q« wurde mit einem Budget von umge-
rechnet 45.000 Euro in einer Woche auf Vor vier Jahren kam das TV-Aus für »Futurama«. Aber die Fangemeinde blieb der
Video abgedreht und setzt schonungs- Serie treu. Und mit »Bender’s Big Score« kehrt Matt Groenings Sci-Fi-Satire jetzt als
los das Brennglas auf den kleinfamili- DVD-Reihe zurück. So etwas nennt man wohl Demokratie des Marktes.
M
ären Alltag. Wie Miike selbst bemerkte:
»Dadurch, dass ich menschliche Wesen
filme, wird es natürlicherweise ein Hor- an hat es dem Zigarren rauchenden Ro- ma« wie das andere Groening-Vehikel »The Simpsons« eine
rorfilm.« Also doch. boter nie leicht gemacht: Der US-Sen- popreferenzielle Wunderkiste ist, steigert zu viel Nerd-Wis-
Birgit Binder der FOX verschob »Futurama« so oft sen das Vergnügen. Etwa zu Filmbeginn, wenn der interpla-
von Sendeplatz zu Sendeplatz, dass netare Lieferservice Planet Express seine Lizenz zurücker-
Verlosung: 3 x auf www.intro.de: am Ende nicht einmal Groening selbst mehr wusste, wann hält, die ihm das ominöse BOX-Network entzogen hatte. Im
Takashi Miike Collector’s Box der Fernseher einzuschalten war. Nach vier Jahren kam Unterschied zur richtigen Welt erhalten die BOX-Manager
(J 1999-2004; R: Takashi Miike; Rapid Eye Movies) das endgültige Aus. »Futurama« wurde abgesetzt und allerdings eine gerechte Strafe: Sie werden gefeuert und zu
machte Bildungsformaten wie »The Simple Life« mit Pa- feinem Pulver gerieben, das als Wundmittel genauso taugt
ris Hilton Platz. Die letzte Episode strahlte FOX im August wie als Futter für Köpfe in Formaldehyd.
2003 aus. Sie begann mit dem Titel-Screen der drei Haupt- Und »Bender’s Big Score« ist mehr als eine bloße Anein-
darsteller Bender (hedonistischer Roboter), Leela (Zyklo- anderreihung solcher Gags, nämlich eine astreine Science-
pin) und Fry (Trottel), von den Machern um den Untertitel Fiction-Story, in deren 90 Minuten ein halbes Dutzend Zeit-
»See you on some other channel« ergänzt. Und tatsächlich: reisen Platz finden, dazu eine Geschichte über unerwiderte
Auf Sendern wie Cartoon Network und später Comedy Cen- Liebe, zwei Musical-Nummern, außerirdische Spam-Betrü-
tral fanden »Futurama«-Wiederholungen ein treues, stets ger – und Gastauftritte von Al Gore, Sarah Silverman, Mark
wachsendes Publikum. Anlass für die FOX-Buchhalter, »Fu- Hamill und Coolio (nein, wirklich). Nicht zu vergessen ein
turama« als DVD-Serie auferstehen zu lassen. »Bender’s besonders schönes Feature der DVD-Extras: »Alle lieben
Big Score« ist die erste von vier neuen Episoden in Spiel- die Hypnokröte – Eine faszinierende Episode über das be-
filmlänge, die zusammen eine fünfte Season bilden. Man liebteste Fernsehprogramm der Zukunft«. Jürg Tschirren
muss die Vorgeschichte nicht kennen, um an »Bender’s Big
Score« Spaß zu haben. Genauso wenig muss man wissen, Futurama: Bender’s Big Score (USA 2007; R: Dwayne Carey-Hill; FOX)
dass ein Song der Incredible String Band die Idee zur Serie Futurama und Family Guy gewinnen?
gab (»Robot Blues«, um genau zu sein). Aber weil »Futura- Bender-Sprechblasencontest auf www.intro.de
DVD 077
One-Two LIVE
19.03.2008
30.03.2008
31.03. 2008
01.04.2008
03.04.2008
Hilfiger Live Session in Berlin, Tape
Lingen Emslandhalle*
Bielefeld Ringlokschuppen*
Oldenburg Kongresshalle*
Braunschweig Jolly Joker*
ONE-TWO
04.04.2008
05.04.2008
Rostock MAU Club*
Kiel Halle 400*
Das neue Album
1 1.04.2008
12.04.2008
Berlin Magnet
Potsdam Waschhaus Arena*
the story of bob star
13.04.2008
15.04.2008
Potsdam Waschhaus Arena*
Wartenberg Wartenberg Oval* release 07.03.2008
16.04.2008 Nürnberg Löwensaal*
17.04.2008 Trier Europahalle*
19.04.2008 Augsburg Kongresshalle*
20.04.2008 Göttingen Stadthalle*
*Support von WIR SIND HELDEN
BARBET
die den Sticker »empfohlen von Intro« tragen.
SCHROEDER
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Dies ist nur eine kleine Auswahl. Alle ca. 2.400 Auslagestellen finden sich unter: EJF4FDIT[VTFU[FO
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www.intro.de/auslagestellen
HERBST
IM FRÜHLING
Die RAF ist heute längst zum Popmythos geworden. Ihr Emblem ziert T-Shirts, die
Zeitschrift Tussi Deluxe druckte eine Modestrecke mit nachgestellten Baader- und
Ensslin-Fotos, und der um wenig Authentizität bemühte Film »Baader« (2002) ver-
klärte das Terroristenduo quasi zu bundesrepublikanischen »Bonnie & Clyde«. In ei-
ner Zeit, als die RAF noch existierte und bombte, war solche Mythosbildung undenk-
bar. Filmemachern der 70er- und 80er-Jahre ging es eher darum, zu entmythologi-
sieren, die verhetzte und aufgeheizte Stimmung abzukühlen, sich in die politische
Debatte einzuschalten. »Wir haben versucht, mit anderen als mit polizeistaatlichen
Methoden die Situation zu entschärfen«, sagt Regisseur Volker Schlöndorff im Inter-
view, das der DVD-Fassung von »Die verlorene Ehre der Katharina Blum« (1975) als
Bonusmaterial anhängt, einem der ersten Filme überhaupt, der sich mit dem RAF-
Thema beschäftigte. Man kann dem Schlöndorff-Film, wie vielen seiner Werke, ei-
nen Hang zum Dickauftragen vorwerfen. Doch zugegebenermaßen wirkt er auch nach
über 30 Jahren wenig angestaubt, was man nicht von allen deutschen Autorenfil-
men jener Zeit sagen kann. Gleiches gilt erstaunlicherweise auch für die fünf ande-
ren Filme, die in der mit »Deutscher Herbst« (Kinowelt) betitelten Box stecken. Es ist,
als motivierte der Terror zu filmemacherischen Höhenflügen. Was RAF-Filme einmal
auslösen konnten, zeigen die Reaktionen auf Reinhard Hauffs »Stammheim« (1986).
Überall im Land gab es bei Vorführungen Sabotageakte aus der Sympathisantensze-
ne; in den Kinos wurden Kerosinspuren gelegt, Filmvorführer eingesperrt, Kopien ge-
klaut. Der Vorwurf der Linken lautete, der Film nähre die Selbstmordthese, die bür-
gerliche Interpretation der Todesnacht im Hochsicherheitsgefängnis Stammheim.
Stärken des Gerichtsfilms sind die »Die zwölf Geschworenen«-artige Reduktion auf
den Verhandlungssaal sowie das authentische Wortmaterial, das Drehbuchschrei-
ber Stefan Aust in den über hundert Akten zu den RAF-Prozessen vorfand. Während
Margaretha von Trotta mit »Die bleierne Zeit« (1981) ein sensibles Porträt zweier an
die Ensslin-Schwestern angelehnten Frauen schuf, begleitet »Das Messer im Kopf«
(1978), ebenfalls von Hauff, einen von einem Polizisten angeschossenen Sympathi-
santen auf seinem Weg der Genesung (und Entfremdung), zu atmosphärischer Mu-
sik von Can-Keyboarder Irmin Schmidt. Rainer Werner Fassbinders bittere Verschwö-
rungstheorie-Farce »Die dritte Generation« fällt dagegen völlig aus dem Rahmen.
Terroristen werden hier von einem Industriellen eingesetzt, um neue Absatzmärkte
für seine Computer zu schaffen. Fassbinder war auch mit einer wütenden Episode
an »Deutschland im Herbst« (1978) beteiligt, einem Gemeinschaftswerk damals
führender deutscher Autorenfilmer. Der Streifen war unmittelbare Reaktion auf die
Schleyer-Ermordung und Stammheim-Tode; Ereignisse, die eine große Desillusionie-
rung unter den Linken auslösten. »Die Scharen Langmähniger, die jetzt die Kinokasse
umlagern, nicht vom Staate weg in die gedankliche und tätliche Verzweiflung zu trei-
ben, sondern sie an ein Staatswesen zu binden, das auch für kritische Geister Platz
hat, darum ist dieser Film bemüht«, schrieb die FAZ zum Filmstart. Heute mag die
RAF Mythos sein, damals war sie Realität.
080 Literatur
Zehn Wahrheiten
Im Klappentext von Miranda Julys Kurz-
geschichtenband »Zehn Wahrheiten«
heißt es, bei der Autorin werde »das
Alltägliche wieder zum Wunder«. Ist es
etwa alltäglich oder ein Wunder, wenn
drei 80-Jährige Schwimmunterricht auf
dem Küchenfußboden nehmen? Wenn
eine Erdbebenschutzfachfrau, die sich
für den Tod hält, eine Obsession für Prinz
William entwickelt? Oder ein Teenager
eine Affäre mit einer Art Schatten hat,
der jede Nacht in ihr Bett kommt? »Un-
sere Gespräche führten wir in meinem
Blut, oder ich drückte, wenn ich seine
Stimme hören wollte, auf meinem Pla-
stik-Casio die Tasten für Fis und das ein-
gestrichene C, und unter diesen Noten
war eine weit entfernte, knisternde Stim-
me zu hören.«
Miranda July zählt zu jener Art von
Autoren, die unerklärlich gut darin sind,
Momente zu schaffen. Ähnlich wie Jef-
frey Eugenides und Dave Eggers, beides
US-Short-Story-Helden, die sich auch
im July-Netzwerk bewegen – mit dem
Unterschied, dass »Zehn Wahrheiten«
im Grunde ausschließlich aus solchen
leuchtenden Augenblicken besteht. (Wer
von so viel Schönheit genervt ist, sollte
zwischendurch eine deutsche Kurzge-
schichte lesen. So als neutralisierenden
Zwischengang. Danach gefallen Julys Fi-
W
Know«) liegen; immer nimmt sie im eige-
nen Werk eine zentrale Rolle ein. Weil
ie sauer Status quo, Gesellschaft, Me- konsensträchtige Linkspartei. Im Vorfeld der Buchveröf- sich das »Ich« auch hier so omnipräsent
dienarbeiter und andere Loser immer fentlichung reflexartig die jeweilige Gesinnungslyrik an – auf die verschiedensten Charaktere zer-
noch auf die RAF sind, bemerkt man, so empörten sich konservative Blätter über die fehlende splittert, scheint es fast selbstverständ-
wenn man die mittlerweile konsens- Dämonisierung, Antiimp-Blogs über zu viel Distanz, und lich, auch den alten Angestellten einer
fähige Lesart zum deutschen Terrorismus betrachtet, die die antideutsche Position in der Jungle World peitschte Handtaschenfirma, der schließlich in
sich alle gemeinsam zusammengepuzzelt haben und de- sich gar auf Ausfalls-Polemik gegen Meinhof wie Ditfurth einem traurig-rauschhaften Akt mit sei-
rer sich in immer scherenschnittigerer Art und Weise stets hoch. nem Kollegen schläft, als Teil von ihr zu
aufs Neue versichert werden muss. Motive der seinerzeit Tja, und ganz zum Schluss steht dann das Buch. Ein betrachten.
Handelnden dürfen somit offiziell und unbedingt nur per- Buch, das all die Aufregung in seinen 34 chronologischen Gender Trouble, so gelesen. Viele der
sönliche Deformation oder Pathologisches widerspiegeln, Kapiteln nicht nötig hätte. Die Sprache betulich, und es 16 Geschichten sind ein wenig unheim-
bei Meinhof kommt gern noch der zum Hirntumor des Bö- ergießt sich (»Fremd-Biografie«-typisch) immerfort diese lich, sowohl im Sinne von »spooky« als
sen gehypte Blutschwamm hinzu, der ihr während der Kaskade an zusammengetragenen uninteressanten Klein- auch im Sinne Freuds; auch das rührt
Schwangerschaft 1962 entnommen worden ist. Emanzi- Klein-Informationen. Und die droht jegliche Erkenntnisse von Uneindeutigkeiten her. Ist da viel-
patorische Real-Utopien wie zum Beispiel der große An- zu ersticken. Denn solche blinken hier und da schon mal leicht eine »andere« Art von Liebe zwi-
teil von Frauen in Führungsrollen der Gruppe wurden im auf: Ditfurth liefert immer auch den gesellschaftlichen schen Adoptivtochter und Mutter? Liegt
öffentlichen Display längst zugunsten von »der verruchte Kontext mit, um die Beweggründe ihrer Protagonistin da so was wie Sex in der Luft, wenn der
Chauvi-Gangster-Baader und seine abhängigen Groupies nicht nur über das Private zu erzählen. Viel weiter gerade kleine Junge von gegenüber die Mitt-
bzw. Schlampen« umgeschrieben. auch in die Motive der RAF reicht das alles aber nicht. Un- dreißigerin besucht? Immer geht es
Bei so viel geglückter Verzerrung wundert man sich al- aufgeregt, realistisch, wohlmeinend spulen sich die Sta- um Beziehungen, die sich in Randbe-
lerdings, warum Dinge rund um die RAF dennoch weiterhin tionen von den Großeltern bis zum Tod in Stammheim ab. reichen und Zwischenräumen bewegen
derart aufgeladen rezipiert werden. Dahingehend durfte Aufschlussreicher und irgendwie auch lebendiger sind da – bis dahin, wohin Sprache im Normal-
man sich nun auch von Jutta Ditfurths epischer Meinhof- doch die gesammelten Meinhof-Essays in »Die Würde des fall nicht reicht.
Biografie einiges versprechen. Immerhin kehrte Ditfurth Menschen ist antastbar« (Wagenbach, 1980). Dana Bönisch
den Grünen Anfang der 90er den Rücken wegen deren Linus Volkmann
Rechtsentwicklung a.k.a. dem Einflussgewinn der Realo- Miranda July »Zehn Wahrheiten«
Fraktion und gründete mit der Ökolinx eine weit weniger Jutta Ditfurth »Ulrike Meinhof – Die Biografie« (Ullstein, 482 S., EUR 22,90) (Diogenes, 252 S., EUR 18,90)
Literatur 081
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082 Spiele
Perry Rhodan
Seit dem ersten Erscheinen 1961 hat es
die Romanheftreihe »Perry Rhodan« auf
stolze 2400 Ausgaben geschafft. Nach
einem rundenbasierten Strategiespiel
»Perry Rhodan – Operation Eastside«
von 1998 und dem Abenteuerspiel »Die
verbotene Stadt« aus dem Jahre 1999 ist
Devil May Cry 4 das schlicht mit »Perry Rhodan – The Ad-
venture« betitelte Point&Click-Adventure
M
nischen Macht, und der Entführung sei-
ner Vertrauten Mondra Diamond durch
it der Potenz der neuen Konsolen sind inzwischen beinahe Rockstar-Status (mit eigener Zeichen- außerirdische Kampfroboter plötzlich
auch die Ansprüche gestiegen: Der trickserie und veritablem Fankult) genießt, zum Bösewicht von einem gewaltigen Netz aus Intrigen
Konsument erwartet Revolutionen, erklärt. Stattdessen agiert man nun als Nero, der von sei- und Lügen umgeben. Schloss, Prinzes-
konzeptuell wie im Detail. Die Schon- nem Vorgänger äußerlich kaum zu unterscheiden ist, cha- sin, Entführung – na, klingelt da was? Wie
zeit für Software-Hersteller ist mittlerweile verstrichen, rakterlich aber komplexer zu sein scheint – so sehr man dem auch sei: In beeindruckenden Sze-
aber Verbraucher und Fachpresse sind sich weiterhin ei- die abgeklärte Arroganz von Dante mochte, so dumpf ge- narien der fünf unterschiedlichen Welten
nig: Die großspurig angekündigte Revolution lässt auf sich riet meist die Story. Ansonsten bleibt vieles beim Alten: mit warten unzählige Logik- und Kombinati-
warten. Bilanziert man das bisherige Sortiment, konnten anachronistisch linear verlaufenden Levels, sporadischen onsrätsel, durch deren Lösung man et-
nur wenige Titel die Erwartungen erfüllen: Das optisch be- Rätselpassagen und gigantischen Bossgegnern, die es mit was Licht in die Angelegenheit bringen
eindruckende »Burnout« oder das elegant erzählte Meu- dem erwartungsgemäß drallen Move- und Waffenarsenal kann. Die Symbiose aus dem Detailreich-
chelepos »Assassin’s Creed« gehören vielleicht in jene Ka- zu bezwingen gilt. Was vielleicht obsolet klingen mag, sich tum der 2-D-Hintergründe und den atmo-
tegorie; den Hammer, der eine neue Ära markiert, sucht in der Praxis aber ziemlich gut anfühlt: Logischer, intui-
man aber immer noch vergebens. Ein Spiel, das stilprä- tiver und ästhetischer lassen sich Polygonen selten steu-
gend wirkt wie einst »GTA« oder »Devil May Cry« für die ern. Hinzu kommen abwechslungsreiche Levels (vom üp-
letzte Generation. Weswegen man vielerorts mit den Hu- pigen Dschungel über postapokalyptische Straßenzüge hin
fen scharrte, als der Branchenriese Capcom eine Fortset- zu antiken Tempelanlagen) und ein optischer Standard, der
zung von »Devil May Cry« für die neuen Plattformen ankün- den neuen Erwartungen großteils gerecht wird. Weshalb
digte. Der vierte Teil des Hack&Slay-Klassikers erscheint guten Gewissens resümiert wird: sicher keine Revolution,
jetzt erstmalig auch auf PC und Xbox 360. Eine pankompa- aber eine bodenständige, wohl geratene Fortsetzung eines
tible Großoffensive also, und die Expansion beginnt reich- Klassikers der Videospiel-Historie. Gerd Rosenacker
lich unorthodox: nämlich mit dem Rauswurf des Hauptdar-
stellers. In der Startsequenz wird Dämonenjäger Dante, der Devil May Cry 4 (PS3, Xbox 360, PC; Capcom)
FIFA Street 3
(PS3, Xbox 360, DS; EA Sports)
084 Spiele
Digitale Paradiese
Andreas Rosenfelders Essaysammlung
mit dem etwas schwülstigen Titel »Di-
gitale Paradiese« beleuchtet die groß-
en innovativen Spieletitel der letzten
30 Jahre. Das Buch stellt deren Erzähl-
techniken und spielerische Innovationen
in einen Sinnzusammenhang (und da-
durch auf die gleiche Stufe) mit arrivier-
ter Hochkultur. Killerspieldebatte, Spiel- There will be blood
sucht und bildungsbürgerliche Ressenti-
ments gegen das Genre bleiben weitest-
gehend vor der Tür. Das Buch liefert viel-
mehr vermeintlich proaktiv eine zum Teil
GEWALT IM SPIEL, TEIL 3205
intelligente Games-Beweihräucherung,
über deren zwischenzeitliche Pointiert- Nur ein Bruchteil der veröffentlichten Computerspiele wird indiziert oder bekommt eine
heit sich Spiele-Fans freuen dürften. Bei- Freigabe für Spieler über 18 Jahren. Und doch sorgen einige wenige Titel immer wieder
spielsweise dort, wo es um das absurde für Schlagzeilen und rufen Videospielgegner auf den Plan. Berechtigt oder übertrieben?
Zusammenfallen von Arbeit und Freizeit Ein Blick in einige aktuelle Titel zeigt die Notwendigkeit der Differenzierung ...
D
beim Computerspielen geht. Augenzwin-
kernd wird hier die Perversität dargelegt,
die dazugehört, sich freiwillig dem prote- ie Meldung kam nicht überraschend: Der ren Spielzweck irritiert. Abseits der menschlichen Treffer
stantischen Leistungsprinzip zu unter- Shooter »Call Of Duty 4: Modern Warfare« gibt es pro Level jedoch auch Dutzend andere Heraus-
werfen, indem man bei »GTA« zum zwan- war mit sieben Millionen verkauften Exem- forderungen, die klar zeigen, wie sehr die Spielmechanik
zigsten Mal versucht, die schwierige Ga- plaren neben »Halo 3« der erfolgreichste über dem Inhalt steht. In »The Club« wird Geschicklichkeit
belstapler-Mission zu schaffen, obwohl Konsolentitel des Jahres. Dabei sieht »COD 4« so erschre- in einem übersteuerten Testosteron-Umfeld inszeniert,
man doch nur einen virtuellen bzw. ab- ckend realistisch aus, dass beim Spielen tatsächlich ein das weitaus mehr an Filme wie »Crank« oder »Shoot Em
surden emotionalen Gewinn davonträgt. übler Kriegtreiber-Nachgeschmack bleibt. Up« erinnert.
Mitunter wirkt genau dieser laterale Re- Während in anderen europäischen Ländern nur in Ex- Stellenweise greifen Computerspiele durchaus auch
ferenz-Gestus aber auch zu bemüht – tremfällen wie »Manhunt 2« Zensur gefordert oder ausge- aktuelle Problematiken auf, verhandeln diese jedoch in
nicht alle erwähnten Spielelemente las- übt wird, hört der Spaß in Deutschland schneller auf. Zum der Regel gerade mal auf dem Niveau des miesen Klap-
sen sich so stichhaltig in die Tradition Beispiel dann, wenn Töten im Spiel zum reinen Selbst- pentextes: In »Frontlines – Fuel Of War« wird Ölknappheit
des klassischen Bildungsromans oder zweck inszeniert oder mit einem Belohnungssystem kom- zum Motiv eines Shooters, der inhaltlich dann doch purer
biniert wird. Aktuellstes Beispiel ist »The Club« vom eng- technischer Show-off ist. Erst wer vergleichbare Spiele
lischen Entwickler Bizarre Creations, bei dem die Grund- kennt, sieht den wirklichen Hintergrund solcher Shooter,
prämisse des Spiels tatsächlich abstoßend klingt: An die oft nur den erreichten technischen Spielstandard ver-
Schauplätzen wie einem alten deutschen Stahlwerk oder feinern und verbessern wollen. Fazit: Leider wird zu selten
inmitten von Venedig geht man auf Menschenjagd. Kopf- versucht, die Inhalte einen Schritt weiter zu denken. Aber:
schüsse und besonders gelungene Trefferkombinationen Auch die Spieler verstehen im Regelfall, dass diese Spiele
bringen Highscore-Punkte ein. Abstoßend? Verwerflich? eben nur die erwähnten Ziele erreichen wollen. Leider nicht
In den ersten Spielminuten des in Deutschland nicht be- mehr und oft eher weniger.
worbenen oder erhältlichen Spieles ist man über den wah- Gregor Wildermann
Patapon
der Thesen von Platon bis Adorno stel- Vielleicht mag einen bei Bildern von Mark Rothko oder bei nen Befehlen schnell ein Rhythmus wird. Klingt auf dem
len, wie Rosenfelder es gerne hätte. So Filmen von Luis Buñuel schon mal ein ähnlicher Effekt Papier nicht ganz so töfte, lässt einen aber so schnell nicht
ergibt sich das Buch mitunter eben doch heimgesucht haben: Da sieht man etwas, kann es aber in mehr los. Insgesamt 30 verschiedene Arten von Abenteu-
ohne Not einer hochtrabenden Recht- Worten und Metaphern nur schlecht erfassen. So in etwa ern in Form von Monsterjagden, Rettungsaktionen und
fertigungsrolle gegenüber den unsicht- erging es mir bei »Patapon«, einem der aktuell schlichtweg chaotischen Schlachten werden im Trommelfeuer ange-
baren Gegnern des Genres. Für Gamer ungewöhnlichsten Handheldspiele. Erstaunlich, wenn man leitet. Auch wenn nicht immer ersichtlich ist, was wirklich
birgt das Buch aber interessante An- bedenkt, dass Sonys PSP in puncto Spielauswahl bisher auf dem Plan steht, sucht »Patapon« wahrlich seinesglei-
sätze, auch wenn es bei der konkreten doch eher stiefmütterlich behandelt wurde und abseits chen. Und wem das alles zu anstrengend ist, der kann sich
Abhandlung einzelner Titel bisweilen zu von »LocoRoco« wirklich originelle Spiele Mangelwa- auch noch bei acht Minispielen verlustigen. Und allein für
oberflächlich vorgeht. Nichtgamern hin- re waren. Vom gleichen Entwickler kommt nun der näch- die Grafik vom französischen Designer Rolito, den Freunde
gegen wird Toleranz gelehrt - sofern sie ste böse Streich. Die Handlung klingt zunächst simpel: Die von Designer-Toys bestens kennen werden, hätte dieses
in der Kürze die Argumentation und das Patapons sind winzige tapfere Krieger, die nur auf den Be- Spiel einen Platz im Museum verdient.
Wesen der erwähnten Spiele überhaupt fehl von Trommeln in den Kampf ziehen. Ebendiese Trom- Gregor Wildermann
zu erfassen vermögen. meln betätigt der Spieler in persona einer Gottheit mit den
Felix Scharlau vier rechten Buttons, sodass aus der Abfolge von einzel- Patapon (PSP; Sony)
www.delamancha.co.uk
Verlosung:
Blu-rays, Webcams
Das Rennen ist entschieden: Bildgewaltiges Hollywood-
Kino kommt in der Post-DVD-Zukunft ausschließlich via
Blu-ray in die heimischen Wohnzimmer. Als Appetizer je-
ner hoch auflösenden Technik verlosen wir zwei Blu-ray-
Sets. Bestehend aus »Independence Day« und »Sunshi-
ne« auf Blu-ray (Fox Home) sowie je einer Vicious and
Divine Laplace-Webcam mit 2-Megapixel-Fotoauflö-
sung und 1,3-Megapi-
xel-Videoauflösung. Der
übrigens weltweit ersten
USB-Webcam mit inte-
griertem Blitzlicht. Ge-
winnen? Eine Mail an ver-
losung@intro.de genügt.
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Das Kleingedruckte
Es steht ein begrenztes Kontingent an Prämien zur Verfügung. Wir garantieren nicht die Lieferung der Wunschprämie. Der Versand der Prämie erfolgt erst nach dem Veröffent-
lichungstermin des jeweiligen Tonträgers. Das Abonnement kostet im Inland 25 Euro (inkl. Prämie), im Ausland 30 Euro frei Haus (ohne Prämie). Für den Prämienversand ins
Ausland erheben wir zusätzlich 7 Euro (optional). Es handelt sich um eine Jahrespauschale. Eine vorzeitige Kündigung bedingt daher nicht die Rückzahlung eines Restbetrages.
Das Abo kann 10 Tage nach Bestellung widerrufen werden. Das Jahresabonnement verlängert sich automatisch, sofern wir keine Kündigung 6 Wochen vor Ablauf der Jahresfrist
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unter www.intro.de/abo oder persönlich am Telefon (0221/9499314).
Probefahrt 089
Supergrass, das waren diese kleinen niedlichen druggy Äffchen aus den
Britpop-Neunzigern – mit den vielen kleinen bis ziemlich großen Hits für den Lesers liebste Platten
geschmackssicheren MTV-Zuschauer. Aber was heißt eigentlich waren?
Z
01 Radiohead
In Rainbows
uletzt noch erfreuten sich die nun auch et- mag: Etwas weniger Ambition hätte dem Album gutgetan. 02 Amy Winehouse
was älteren Jungs großer Lebendigkeit und Es könnte alles lockerer sein. Ist es aber nicht. Back To Black
uns mit einem Best-of-Album, das ein unbe- Bernd Seidel 03 Die Ärzte
streitbares Vermächtnis ihrer Größe darstellt. Jazz ist Anders
Aber die Bandgeschichte wird weiter geschrieben. Gibt es Nach ein paar Hör-Durchläufen der sechsten Supergrass- 04 Hot Chip
ein Leben nach dem Zenit? Natürlich, das wissen unzähli- Platte hatte sich die Review quasi von selbst geschrieben. Made In The Dark
ge Bands, kann es auch außerhalb des Gipfels schön sein. Ungefähr so sollte das klingen: »Nach knackigem, unge- 05 Slut
Wer hielte denn auch eine Existenz auf konstanter Aus- stümem Anfang (I Should Coco, 1995) und frühem, unge- Still No1
sichts-Plateau-Höhe aus? Okay, außer vielleicht die Ecua- mein druckvollem Karrierehöhepunkt (In It For The Money, 06 Nada Surf
dorianer mit ihren Stätten 2000 Meter über Normalnull. Na, 1997) schleicht sich die Karriere der Ex-Britpopper langsam Lucky
keiner. Und dennoch gibt es solche und solche Fade-out- aus ...« Na ja, in diese Richtung sollte es gehen, das war 07 Foo Fighters
Karrieren. Die einen gedeihen unter der offiziellen Wahr- schnell klar. Doch im Grunde läuft es mit »Diamond Hoo Echoes, Silence, Patience & …
nehmungsgrenze dank treuer Fans noch richtig gut, andere Ha« wie bei jeder neuen Platte von Supergrass: Sie wächst. 08 Arcade Fire
haben überraschende Alters-Highlights in petto, und wie- Woran liegt das eigentlich? Im Grunde hat die Band tat- Neon Bible
der andere werden zynische Selbstkopisten an der Schwel- sächlich spätestens seit dem selbst betitelten Album von 09 Beatsteaks
le zur Scham. 1999 alle Pfade ihrer Musik ausgelotet: Ausgelassenheit, .limbo messiah
Supergrass hängen bei all dem irgendwo dazwischen. Dynamik, Melancholie. Seitdem pendeln sie sich ein mit 10 Feist
Sind zwar nicht ihre eigene Coverband geworden, versu- leicht beschleunigten Midtempo-Songs, mehr oder weni- The Reminder
chen aber so angestrengt, noch ins längst an ihnen vor- ger eingängigen Refrains, hier und da Boogie-Woogie-Ele- 11 Interpol
beigezogene Geschehen einzugreifen, dass es auch dem menten, einem Schellenkranz, einer Orgel. Aber: Wer Su- Our Love To Admire
Zuhörer den Schweiß auf die Stirn treibt. Aktuell bemühte pergrass live beobachten konnte, wird übereinstimmen: 12 Vampire Weekend
man sich, den eigenen Sound mit schweinerockigem Glam Die Leidenschaft, mit der sich die Band durch ihre urbri- Vampire Weekend
aufzuplustern, aber kurz bevor ein Riff mal wirklich auf- tischen Songs spielt, macht auch im schlimmsten Falle 13 Miss Kittin
geht, fällt Steigerung doch wieder in sich zusammen. Man mittelmäßiges Songwriting wieder wett. Und dieses nur Batbox
kennt es von sich selbst vielleicht: Wenn man denkt, man schwer gezügelte Temperament, diese kaum gebändigten 14 Get Well Soon
müsste niesen, und es dann aber doch nichts wird. Die Er- Ausbruchsversuche – sie sind immer noch da. Man muss Rest Now Weary Head! You …
lösung des Moments fehlt und frustriert. So geht es eben nur genau hinhören. 15 Editors
auch »Diamond Hoo Ha«. Das Mühen um juvenilen Drive Heiko Behr An End Has A Start
und Rotz ist spürbar und verkehrt damit das Ergebnis in Eure Top 10 an Intro, PF 19 02 43, 50499 Köln oder
etwas Standstreifiges, etwas Biederes. So blöd es klingen Supergrass »Diamond Hoo Ha« (Emi) an charts@intro.de. Verlosungsgewinne winken.
090 Probefahrt
PLATTEN
VOR
GERICHT
Justice Goldfrapp Yeasayer Blood Red Shoes
Xavier de Rosnay, Gaspard Alison Goldfrapp, Will Gregory Chris Laura-Mary Carter, Stephen
Augé Ansell
All Time Faves The Beatles Brian Eno & David Byrne Sonic Youth
Abbey Road My Life In The Bush Of Ghosts Dirty
– Beach Boys Dr. Octagon Nirvana
Pet Sounds Dr. Octagon In Utero
Burt Bacharach The Beatles Q And Not U
Casino Royale Abbey Road No Kill No Beep Beep
Probefahrt 091
Eight Legs Panic At The Disco Tilman Rossmy Tomlab Gummikuh Intro-Praktis
Sam, Jack, Adam, Will, Ryan Quartett Gordon Intro.de-User (Postings: 56) Elena, Senta, Thomas, Jo-
Jack G. hannes, Nils, Marlene, Dénes
H
»RoboCop« diente als Inspirationsquel-
le für »Bitches Leave«, insbesondere die
Szene, in der Kurtwood Smith ein Kokain- ört man die Folk-Popmelodien von Girls In chen, war es andersherum. Da wollte ich aus meinem Dorf
Kränzchen abrupt beendet, indem er mit Hawaii, ziehen sofort wunderbare Land- flüchten und für längere Zeit mit der Band unterwegs sein.
vorgehaltener Pistole die nackten Frauen schaften vor dem inneren Auge vorbei. Also ist man so gesehen ständig auf der Flucht.
mit ebenjenen Worten unverblümt zum Geht gar nicht anders. 2004 traten die Bel- Auf »Plan Your Escape« fallen viele verschiedene Sound-
Verlassen der Party drängt. »The Kelly Af- gier mit ihrem Debüt »From Here To There« zum ersten Mal und Geräuschelemente auf. Habt ihr diese Extras alle eher
fair« bringt die unverwüstlichen Sonics in unser virtuelles Bewusstsein. Nach einer ausgiebigen zufällig eingebaut?
auf den Plan, während der rare Melodie- Konzertreise quer durch Europa kehrten sie erschöpft nach A: Ja, im Grunde genommen waren das alles kleine Un-
gesang bei »Becky« an Little Evas »The Brüssel zurück und brauchten erst einmal eine kleine Aus- fälle, die wir letztendlich spontan in die Songs eingebaut
Loco-Motion« erinnert. Nach 35 Minu- zeit, um sich klarzumachen, was genau sie wollten. Fast ein haben. In der Regel ist in einem Studio alles sehr steril. Da
ten geballter, wild scheppernder Kraft- Jahr dauerte es, bis sie sich entschieden, eine neue Platte gibt es keine Unterbrechungen oder Störungen. Diese Ra-
meierei sollte man wieder unbeschadet aufzunehmen und den Weg als Vollzeitmusiker einzuschla- diostimmen auf »Luna« haben wir direkt aus unserem Ver-
vom Kronleuchter runterkommen. An die gen. Osteuropäische Einflüsse, einsame Mandolinen und stärker aufgenommen, als die plötzlich auftauchten, wäh-
frische Luft. Am besten in den Streichel- Kinderreim-Gesang (»Couples On TV«) machen dabei auch rend wir was ganz anderes machen wollten. Das passiert
zoo. Henrik Drüner das zweite Album zu etwas ganz Besonderem. Unterwas- schon mal, dass man plötzlich irgendeine Radiofrequenz
ser-Glockenspiele (»Coral«), jede Menge Geräuschelemente über die Verstärker empfängt. Normalerweise nervt das
The Black Crowes und zufällige Begebenheiten wie Regen, Hundegebell, das eher, aber in dem Moment war es ideal, und unser Produ-
Warpaint Läuten der Kirchturmuhr (»Plan Your Escape«) oder Radio- zent sagte sofort: »Kommt, das nehmen wir auf.« Und somit
Essential / Indigo frequenzen aus dem Verstärker (»Road To Luna«) erschaf- klingen die Tracks organischer und weniger steril.
Sieben lange Jahre nach fen eine traumhafte Akustik-Kulisse, schwerelos und ener- Das erste Album habt ihr ja komplett alleine produziert.
ihrem letzten Studioalbum gisch zugleich. Die Band war schon immer sehr naturver- Jetzt hattet ihr aber Unterstützung von Jean Lamoot.
melden sich die Gebrüder bunden, Blumenkinder inklusive Verzerrer. Und vom eigenen A: Ja, wir wollten für »Plan Your Escape« einen Außenste-
Robinson endlich wieder Fluchtplan kann sie auch noch einiges erzählen: henden dabeihaben. Jean hat schon viele französische und
mit neuem Album auf der Bildfläche zu- Also, Parole: abhauen. Aber wie? afrikanische Bands produziert (Alain Bashung, Noir Désir).
rück. Die Unstimmigkeiten des Brüder- Antoine: Für mich persönlich ist die Musik mein Flucht- Wir konnten uns ganz auf unsere Songs konzentrieren, wäh-
paars scheinen also vorerst beigelegt, die plan. Nach anstrengenden Monaten der Arbeit ist es gut, rend er sich um das Equipment und die Technik gekümmert
reformierte Band (hinzugekommen sind das Gefühl zu haben, man ist frei, um machen zu können, hat. Manchmal hat er auch was zu den einzelnen Stücken
Gitarrist Luther Dickinson und Keyboar- was man will. »Plan Your Escape« steht für die Freiheit in- gesagt, das war hilfreich. Er hat uns aber nie seine Meinung
der Adam MacDougall) trägt den Sound – nerhalb der Band. aufgeschwatzt, sondern war einfach ein guter Begleiter, ein
wie zu ihren besten Zeiten eine dreckige Daniel: Als wir von unserer ersten Tour zurückkamen, neutrales Mitglied, außerhalb der Band.
Mischung aus Rock, Blues, Country – mit war ich froh, wieder zu Hause zu sein. Das war meine ganz Jasmin Lütz
sehr viel Seele vor. Mit »Warpaint« erfin- persönliche Flucht. Ich wohne in einem kleinen Dorf 100 Ki-
den sich die alten Krähen natürlich we- lometer von Brüssel entfernt, und es war so schön, wieder
der neu, noch erweitern sie jenen ≥ zurück in meine Heimat zu kommen. Als wir zur Tour aufbra- Girls In Hawaii »Plan Your Escape« (Naive / Indigo)
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26.03. Frankfurt, Cookies (nur Hadouken + Les Yper Sound DJs)
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≥ spruchsvolles Songwriting noch die ten Teil der »Computerincarnations For Foals glaubt man ihnen das auch. Natürlich ha-
Chance hatte, bis in den Mainstream vor- World Peace« ganz der Balearic Disco. Die Antidotes ben Foals, ganz Briten, auch den Style für
zudringen (was heute ja teilweise wieder Compilation liefert einen guten Überblick Transgressive / Warner sich gepachtet, ähnlich wie bei Bloc Par-
möglich geworden ist). Es ist schon dreist, über das Genre. Janson bringt in erster Li- Gerede von Krisen ist im- ty erhebt sich Glam hier aber nicht zum
wie sehr sich z. B. »Somehow« nach Brian nie Obskuritäten und Unveröffentlichtes mer griffiger als Affirmation, Selbstzweck. Stattdessen unterfüttern
Ferry anhört ... Ähnliche Analogien zu an- zusammen, man findet Stücke von Prins trotzdem muss auch dieses sie ihren atmosphärisch variablen, aber
deren großen Namen könnte man bei fast Thomas & Todd Terrje, Chateau Flight (ne- einmal gesagt werden: Der immer unmittelbaren Gesang mit Gitar-
jeder anderen Nummer ziehen. Und doch ben ihren Discoproduktionen auch Prota- Start des Popmusikjahres 2008 ist mit renarrangements, die sich bei allem von
handelt es sich bei »Here’s To Being Here« gonisten des ewigen House-Revivals) und Hercules And Love Affair, Vampire Week- Electropop über New Wave bis Postrock
um eine eigenständige Leistung, die sich Lexx. Alles natürlich im unteren bpm-Be- end und (kurz davor) Yeasayer ungemein bedienen, hypnotischen Grooves und an-
vom Indie-Einerlei gerade dadurch unter- reich. Es gibt rare Remixe von Mu-Mas- aufregend und übertrifft für viele sogar regenden Soundeskapaden. Klassische
scheidet, dass sie auf Namen, Songstruk- termind Maurice Fulton und Daniel Wang das Jahr 2001, als Strokes und Konsor- Singalongs hat »Antidotes« nicht, das
turen und Arrangements setzt, die gerne + Brennan Green, und unschlagbar sind ten wie aus dem Nichts auf den Plan tra- stört aber kein bisschen. Die Platte ver-
als »zeitlos« beschrieben werden. Dass das sanft vor sich hin scheppernde »To ten. Mit Foals aus Oxford ist auch schon mittelt eher den Eindruck eines äußerst
hier eine Platte gelungen ist, die Großel- And Fro« von Ray Mang sowie das fast die nächste Band in den Startlöchern, hybriden, sich im steten Fluss befind-
tern und Enkel gleichermaßen zufrieden new wavige »Tyrant« von San Serac. Die die ohne größeren Vorlauf mit einem von lichen Projektes, das ahnen lässt, dass
stellt, bricht dieser Konsens-Musik kei- Stücke werden strikt nacheinander ab- vorne bis hinten überzeugenden Debüt Anfang und Ende der Darbietung Foals
nen Zacken aus der Krone, auch wenn ei- gespielt und nicht ineinander gemischt. auffährt. Wobei ihr Album »Antidotes« nicht leichtfertig gesetzt werden kön-
nige argumentieren könnten, dass genau Dabei ist Disco ja eigentlich nicht schwer nicht mit einem ähnlich unerhörten Stil- nen. Nicht nur das zeigt die Substanz,
solche Platten den Wunsch nach einer mit zu mischen. Das kriegen selbst Grobmo- mix aufwarten kann wie Erstgenann- die diese Platte hat.
Punk vergleichbaren Musik-Rebellion vo- toriker hinter den Plattentellern einiger- te. Das macht die Platte aber kein biss- Christian Steinbrink
rantreiben. Martin Büsser maßen hin. Gut, Janson wird seine Grün- chen schlechter. Denn was zunächst wie
de haben. Schließlich ist er nicht nur ein eine Mischung aus Rapture und Bloc Par- Robert Forster
Diverse sehr guter DJ, sondern vor allem auch ty mit gehörigem Devo-Einschlag wirkt, The Evangelist
Computerincarnations ein echter Stöberer. Auf effekthasche- entpuppt sich mit der Zeit als eine un- Tuition / BB*Island / Indigo / VÖ 04.04.
For World Peace 2 rische Hits wird größtenteils verzichtet, geheuer komplexe, ausdauernd ravende Es soll nicht sicher gewe-
Sonar Kollektiv / Groove Attack Lindstrm-Produktionen sucht man zum und doch nicht in billige New-Rave-Mu- sen sein, ob Robert Forster
Der für elegante House-Sets Beispiel vergeblich. Stattdessen sind ster verfallende Angelegenheit. Die Band nach dem Tod seines Part-
bekannte DJ und Groove/ hier schon jene Stücke versammelt, die selbst betont gerne ihre Math-Rock-Sozi- ners Grant McLennan und
Spex-Autor Gerd Janson in einem halben Jahr die Tanzflächen re- alisation, und aufgrund der teilweise so- dem damit verbundenen Ende der Go-
widmet sich auf dem zwei- gieren werden. Sebastian Ingenhoff gar verschrobenen Schemata ihrer Songs Betweens überhaupt noch ein Album ma-
Probefahrt 095
chen würde. Die Entscheidung war letzt- sich Forster auch anstrengen mag. Je- die Sterne erinnert. Ihre neuen Songs tische Mitteilungsfreude ehrt ihn natür-
endlich wohl keine bewusste. Sein im Info mand ist nicht mehr da. Er fehlt. Nicht klingen schlanker und eingängiger und lich – befremdete aber ein wenig im Zu-
zitierter Satz »this summer it just mate- nur auf dieser Platte. sind vor allem in ihrer Tanzbarkeit stark. sammenspiel mit seiner Musik. Dieses
rialized« bezieht sich darauf. Forster hat Christian Steinbrink Ihr neuer Stil steht Fotos gut, auch die Empfinden hat sich auch mit dem neu-
seine Songs zusammen mit den letzten große Variabilität der Songs zwischen Po- en Album nicht geändert. Aber man sieht
Go-Betweens Glenn Thompson und Adele Fotos phits wie »Ein Versprechen« und eher ver- so langsam, wohin die Reise führen soll.
Pickvance aufgenommen, und es ist leicht Nach dem Goldrausch trackten Stücken wie »Ich häng an dir und Duckworth versteht sich als politischer
vorstellbar, dass gerade der Songwriting- Labels / Emi du hängst an mir« gefällt. Sicher ist nicht Künstler und zeigt das auf Album Num-
prozess, also das, was ihn und McLennan Vernachlässigen wir mal jeder der neuen Songs unverzichtbar, si- mer zwei konsequenter als auf seinem
am engsten verband, zehrend gewesen den Neil Young-Titelver- cher sind manche der Texte nicht beson- Debüt. »The Children Are (The Consu-
sein dürfte. Auf »The Evangelist« finden weis. Interessanter ist, ob ders markant, trotzdem: Fotos haben sich mers Of) The Future« ist dafür ein gutes
sich drei Songs, die noch zusammen mit Fotos tatsächlich so etwas weiter verbessert, ihr Album ist amtlich. Beispiel: Pluckerbeats, Streicher im Hin-
McLennan entstanden sind, und in min- wie einem Goldrausch verfielen, als sie Und ich sehe keinen Grund, warum es mit tergrund, dezentes Gitarrenspiel und ein
destens zweien, nämlich »Demon Days« vor zwei Jahren ihr Debüt veröffentlich- »Nach dem Goldrausch« nicht mit dem Text, der persönliche Beobachtungen auf
und »It Ain’t Easy«, finden sich direkte ten. Ich schätze sie eher so ein, dass sie Durchbruch klappen könnte. einer Londoner Einkaufsstraße mit dem
lyrische Links auf den Schmerz, die der die Ochsentour über jede noch so kleine Christian Steinbrink großen Ganzen in Verbindung bringt. »You
Verlust McLennans bei Forster ausgelöst Bühne, die auf das Release folgte, durch- could be the children of the revolution«,
hat. Musikalisch wirkt »The Evangelist« aus erahnen konnten. Anderthalb Jahre Get Cape. Wear Cape. Fly hält er den shoppenden Kids vor – aber er
selbst in Relationen der Go-Betweens später war damit jedenfalls Schluss, Zeit, Searching For The Hows And tut das eher betrübt als anklagend. Kei-
gesetzt, die Platte ist eindeutig bedeu- eine neue Platte aufzunehmen. Und was Whys ne schlechte Idee, seine Message unters
tungsvoll und gut, aber genauso deut- nach 150 Auftritten mit immer denselben Atlantic / Warner Volk zu bringen. Man muss ja nicht im-
lich wird, dass etwas fehlt. Wie schon bei Songs folgerichtig scheint, ereilte auch Die UK-Festival-Auftritte des mer schreien. Die Musik dazu ist wohl-
den früheren Soloplatten von Forster und diese Band: Sie hatten nicht mehr so 21-jährigen Sam Duckworth klingender denn je, was vor allem dem
auch McLennan fehlt das songwriterische recht Lust, den von Brit-Rave geprägten gerieten im letzten Jahr mit- massiven Streicheransatz zu verdan-
Korrektiv, es fehlt der kongeniale Partner, Sound der letzten Platte zu spielen. Es unter zu seltsamen Ange- ken ist. So ist dieses Album genau das,
das Zwiegespräch, das die Songs beider folgte eine Neuorientierung, und die hat legenheiten: War sein Laptop-meets- was der Titel verspricht: eine Sinnsuche
auf Go-Betweens-Alben immer so zwin- zum Resultat, dass die Verzerrer nun et- Akustikklampfen-Sound eher melan- im Privaten wie im Politischen, sehr per-
gend machte. Forster braucht McLennan, was zurückgedreht werden. Fotos haben cholischer Natur, hingen überall auf der sönlich, aber mit genug Andockpunkten
um die bestmöglichen Songs zu produzie- einen von Funk angehauchten Pop entwi- Bühne Slogans, die nach Revolution für den Hörer. Und damit es nicht zu be-
ren, so wie McLennan Forster brauchte. ckelt, der mehr auf ausgefeilte Rhythmen und Punkrock schrieen. Fight Rascism! deutungsschwanger wird, findet man
Das wird nicht mehr geschehen, so sehr setzt und oft an Phoenix und seltener an Kill Poverty! Solche Sachen. Diese poli- auch noch Überraschungen wie den ≥
INTERNATIONAL MOUNTAINBIKE
& BMX CONTEST
PRO RIDERS
MTB SLOPESTYLE BMX DIRT
PHIL SUNDBAUM (USA) BEN WALLACE (GB)
LANCE MCDERMOTT (GB) ALEJANDRO CARO (COL)
TIMO PRITZEL (GER) TOBIAS WICKE (GER)
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JETZT
5-FREAUCH:
LIVE ON STAGE
SPORTFREUNDE T UNDE
ICKET
!
STILLER + JACK PEÑATE
MILLENCOLIN
Gutter Twins
Saturnalia
Sub Pop / Cargo
Greg Dulli (Afghan Whigs,
Twilight Singers) und Mark Johnossi
Lanegan (Screaming Trees)
GLÜCKLICH,
sind: Gutter Twins. Wow.
Wahnsinn. Hätte man wohl noch vor we-
nigen Jahren gesagt. Was für eine Super-
group des Alternative-Rock.
Heute gilt diese Stilart ja als komplett
unmodern, Opamusik, da gerät niemand
NEIN, DOCH NICHT
mehr so leicht in Wallung. Sollte er/sie
aber. Denn dieses Album ist ein Meilen- Konzerte bis zum Abwinken, Arcade Fire fast so toll wie sie selbst und jetzt die
stein. Es hat das Zeug, zusammen mit zweite Platte. Johnossi wollen, sollen und können damit vom Mini-Hype des Debüts
dem unlängst erschienenen Black-Moun- aufs nächste Plateau kommen. Der Berg ruft.
D
tain-Album eine Art Heavyrock-Revival
einzuläuten. Wenn man in solchen Kate-
gorien denken mag. er Titel dreht sich um das Phänomen, dass seren Livesound einzufangen, und haben deshalb nicht
Die Zusammenkunft dieser beiden Menschen immer unzufrieden sind und mehr sechs Monate an dem Album gearbeitet, sondern es
Charismaten, immerhin zwei der besten Sehnsüchte haben. Wenn sie es geschafft in zehn Tagen fertiggestellt. Wir haben nahezu alles live ein-
Stimmen des Rock ever, ist in vielerlei haben, diese Sehnsüchte zu befriedigen, gespielt. Wir haben uns voll auf die Aufnahmen konzentriert,
Hinsicht überraschend, wenn nicht sen- merken sie, dass sie doch nicht so glücklich sind, wie sie mit niemandem außer unserem Produzenten gesprochen.
sationell. Zum einen hatte man nicht un- eigentlich dachten, sondern etwas ganz anderes wollen.« Beim ersten Mal hatten wir über Monate hinweg nur zwei
bedingt erwarten können, dass diese als Das sagt John Engelbert, Sänger von Johnossi. Sind die bei- Tage die Woche aufgenommen.«
durchaus schwierig geltenden Charakte- den Schweden jetzt etwa auf die Idee gekommen, mit ih- Das Ergebnis ist ein Rock’n’Roll-Album der überzeu-
re einen zweiten Frontmann neben sich rem zweiten Album die großen gesellschaftlichen Themen genden Sorte, kraftvoll und durch seine Energie frisch,
auf Albumlänge dulden können. Zum an- anzupacken? Wohl eher nicht. Denn John schiebt noch sei- trotz des ausgelatschten Genres. Was übrigens John ähn-
deren hatten sowohl Dulli als auch Lane- nen persönlichen Bezug nach: »Die Texte der ersten Platte lich sieht: »Ich habe im Rock schon lange nichts mehr ge-
gan in den letzten Jahren aufgrund von drehten sich stark um den Wunsch, verliebt zu sein, eine hört, was mich wirklich begeistert hat. Die beste Band der
Suchtproblemen genug mit sich selbst Freundin zu haben. Als das aber eintrat, war ich gar nicht letzten Jahre war für mich Arcade Fire. Aber unser Album
zu tun. Trotzdem verstanden sich die so glücklich, wie ich zu sein meinte, und hatte das Gefühl, ist auch gut. Ich höre es oft über Kopfhörer, wenn ich nachts
beiden immer gut, und als Lanegan in doch etwas anderes zu wollen.« Überhaupt ist das erste, betrunken nach Hause gehe. Ich mag es in diesen Situati-
einem Journalistengespräch ins Blaue noch stark an White Stripes erinnernde Album heute gar onen, und das nimmt mir die letzten Zweifel. Denn betrun-
hinein ein gemeinsames Album ankün- nicht mehr zeitgemäß. ken bin ich am objektivsten.«
digte, schien Dulli, obwohl ungefragt, Der Sound von John und Ossi hat sich vor allem durch Christian Steinbrink
nicht abgeneigt. die 250 Livegigs seitdem stark verändert, ist massiver und
Das Ergebnis »Saturnalia« beweist voller geworden. Dem trägt »All They Ever Wanted« Rech-
zunächst einmal die Akribie, mit der ≥ nung. »Wir sind mit dem Vorsatz ins Studio gegangen, un- Johnossi »All They Ever Wanted« (Universal)
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