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Die Leitfäden zum Leben und Lieben

Abb. 1: In þe bigynnyng was þe word

Wycliffes Bibelübersetzung aus dem 14e JH


J.W. Richter

Die Leitfäden zum


Leben und Lieben

-2011-

Seite 2 von 215


© J.W. Richter, 2011
Veröffentlicht bei LULU

Alle Rechte vorbehalten


ISBN: xxx-x-xxxx-xxxx-x

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Inhaltsverzeichnis
1954: Rote Männer und blaue Frauen......................................7
1961: Aschermittwoch.............................................................8
1964: Die Platonische Liebe....................................................9
1969: Theo.............................................................................11
1982: Lisa...............................................................................13
1990: Ernst.............................................................................24
1990: Die Leitfäden zum Leben............................................26
1991: Die Bibel......................................................................29
1992: Hargrave Jennings........................................................30
1993: Der Sohar und das Symposium....................................36
1994: Teilhard de Chardin......................................................44
1995: Der Eid des Prometheus...............................................48
1999: La Langue d'Ic.............................................................48
2000: Der Gottesspiegel........................................................50
2001: Randnotizen eines Buchflüsterers................................51
2004: Metamorphosen...........................................................57
2006: Die Bernsteinstraße......................................................63
2007: Google Maps and Google Groups...............................65
2007: Die Kunst des Liebens.................................................68
2008: Aufräumen...................................................................69
2008: Ich liebe Dich (Duich).................................................73
2008 Konzentriertes Lesen ...................................................75
Februar 2009 - Das Buch Tuisco...........................................81
Mai 2009 - Dyaeus.................................................................82
Mai 2009 - Lob der Gebrechlichkeit......................................84
Mai 2009 - Masuren...............................................................85
Mai 2009 – Castrum Doloris..................................................86
Juni 2009 - Niederländisch für Könner..................................88

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September 2009 – Der Hellweg.............................................89
September 2009 – Brabanter Dialekt.....................................90
Oktober 2009 – Hochdorf......................................................91
Oktober 2009 – Core Dump...................................................92
November 2009 – Die Symbole von Mu...............................93
Dezember 2009 – Wien..........................................................95
Sonntag, 3.1 – Rot, Blau, Grün & Gelb.................................97
Hermestag, 6 Januar-Die Farbe „Paars“................................98
Donarstag, 14 Januar – Qatna................................................99
Saturnstag, 23. Januar – iéu → Diéu...................................101
Hermestag, 27 Januar – Rot & Blau....................................103
Saturnstag 6 Februar - Enttäuschung...................................105
Tuistag. 16 Februar – Sulzbach............................................106
Donarstag 4. März – die Täuschung....................................107
Saturnstag, 27 März – Halle.................................................109
Freyastag 2 April – Rot, Weiß und Blau..............................112
Hermestag, 14 April - Plato..................................................113
Freyastag, 16 April - Leonardo............................................115
Tuistag, 4 Mai – Oranje-Blanje-Bleu...................................116
Saturnstag, 15 Mai – Barbarossa..........................................117
Sonntag, 6. Juni – Blaue Strümpfe.......................................117
Sonntag 13. Juni - Hermes...................................................119
Freyastag, 9 Juli – Limburg (NL)........................................120
Donarstag, 22 Juli – Die Königskleider...............................123
Montag, 9 August - Die Freimaurerei.................................124
Sonntag, 15 August–Das Nonnenkirchle.............................127
Hermestag, 25 August–Der blaue Kasel..............................128
Sonntag 29 August – Balingen.............................................129
Donarstag, 2 September – das Iuþark..................................131
Tuistag, 14 Sept. - iéu → Diéu............................................131
Freyastag 17 Sept. – Tal der Eisvögel..................................133
Saturnstag 18 September, Stralsund.....................................134

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Sonntag, 20 September – Rügen..........................................134
Saturnstag, 25 September, Bamberg....................................136
Donarstag, 4 November - Tuisco.........................................138
Montag, 8 November - Diéu................................................139
Hermestag, 10 November - D+iéu=Diéu.............................141
Montag, 15 November, Widukind........................................142
Hermestag, 24 November - Dis-Pater..................................143
Freyastag, 26 Nov. - Ego-Pronomina...................................144
Sonntag, 28 November, Spanien..........................................145
Donarstag, 9 Dez., Garten der Lüste....................................156
Saturnstag, 8 Dezember-Rot-Weiß-Blau..............................157
Sonntag, 12. Dezember - IHVH...........................................159
Hermestag, 15 Dezember – die Menhire.............................160
Donarstag, 16. Dezember – St. Denis..................................162
Freyastag, 17. Dezember – Kronen......................................164
Saturnstag, 18 Dez. – Androgynität.....................................165
Donarstag, 23 Dezember – Wycliffe....................................167
Hermestag, 5 Januar 2011- Mannheim................................169
Donarstag, 6 januar 2011 - Manu.........................................172
Sonntag, 9 Januar 2011 – Wer & Wif...................................173
Montag, 10 Januar 2011 – Ego & Tu...................................174
Hermestag, 12 Januar 2011..................................................185
Donarstag, 13.1 – Briefe ins Jenseits #4..............................187
Saturnstag, 15.1 – Delphi.....................................................189
Sonntag, 16.1 – Bunte Götter...............................................191
Montag, 17.1 – Scribd-Statistiken.......................................192
Tuiscostag, 18.1 – Fruchtbarkeitskulte...............................194
Hermestag, 19.1. - Plutarch..................................................197
Donarstag, 20.1.- Das „E“ in Delphi....................................197
Freyastag, 21.1. - E wie Enigma..........................................200
Freyastag, 28.1. - Tibet........................................................204
Hermestag, 2.2. - Tiziano Terzani .......................................206

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Zusammenfassung – Stand 2011..........................................208
Appendix I: Konzentriertes Lesen ......................................210

1954: Rote Männer und blaue Frauen

Religionsunterricht in 1954
Irgendwann zur Erkenntnisphase des Lebens sollte man sich
die Zeit nehmen für einen Rückblick auf den zurückgelegten
Weg. Es ist die Suche nach den elementaren Fragen „Wer bin
ich“, „Woher komme ich“ und „Wohin gehe ich“, die noch auf
eine Antwort warten.
Merkwürdigerweise ist mir meine kleine Kinderbibel erst in die
Händen gefallen als ich die Antwort bereits auf Umwegen
gefunden hatte. Trotzdem ist mir klar, dass sie eigentlich am
Anfang dieser Geschichte muss, denn in meinem Bibelheft
hatte ich 1954 die Antworten bereits schriftlich
niedergeschrieben, obwohl ich damals gerade erst schreiben
gelernt hatte und die Themen sicherlich nicht richtig
verstanden habe.
Der Religionsunterricht1 diente 1954 nicht nur zur religiösen
Ausbildung. In gewisser Weise kombinierte man den Unterricht
mit einer Schreib- und Zeichenübung. Der Klassenlehrer oder
Priester hat die Zeichnungen an der Tafel vorgezeichnet, von
wo sie die Klasse genau in ein Heft kopiert hat. Im
jugendlichen Alter von 7 Jahren ist es undenkbar, dass die
Schüler die Texte oder Farben dabei absichtlich geändert haben
könnten. So können wir aus den Zeichnungen die Zielvorgabe
des Priesters recht genau ablesen.

1
Religionsunterricht 1954-1955

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Die Symbolfarben des Exodus
Der Mann ist rot und die Frau sei blau. Das war für mich
offensichtlich selbstverständlich. Erst später habe ich erfahren,
dass diese Farben eine Bedeutung haben. So mag auch die
Farbkombination der mittelalterlichen Gewänder und der
niederländischen Flagge auf diese Codierung basieren, deren
Ursprung auf die göttlichen Kommandos des Buches Exodus
zurückgeht.
Die Farbcodes sind indes nicht auf die Bibel beschränkt,
sondern werden in vielen anderen Ländern in ähnlicher Form
wieder entdeckt. Sie deuten auf eine globale, gemeinsame
Basis und ein gemeinsames religiöses Verständnis, das
vermutlich fast verloren gegangen wäre. Das nächste Ereignis,
das sich in meiner Erinnerung auf die Farben Rot, Weiß und
Blau bezieht ist ein Kirchenbesuch am Aschermittwoch 15.
Februar 1961, dass erst sieben Jahre später stattfinden sollte.

1961: Aschermittwoch
Am Aschermittwoch 19612 habe ich als 13-järiger Gymnasiast
erstmalig die Münsterkirche in Roermond besucht und das
merkwürdige Grabmonument des Grafen von Gelre und seiner
Frau aus 1240 mit den rot-, weiß- und blaugefärbten
Gewändern bewundert. An diesem Tag erhielt ich in dieser
Kirche eine Aschenkreuz, das man damals noch den ganzen
Tag demonstrativ zur Schau stellte. Die Symbolik der Farben
Rot, Weiß und Blau am Grabmonument war mir genauso fremd
wie die des Aschenkreuzes. In einer Bischofsstadt fragt man
nicht – da wurde so etwas einfach geglaubt...

2
Dagboekfragmenten (1960-1972) , 15. Februar 1961

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Viele Details meiner Schulzeit in Roermond und Informationen
aus den Jahrbüchern habe ich um 2008 in einer Google-Gruppe
Bisschoppelijk College Roermond dokumentiert, denn in
wenigen Jahren werden alle unerfassten, alten Unterlagen ihren
Weg in den Papiercontainer finden...

1964: Die Platonische Liebe

Das erste Menschenpaar


Falls es tatsächlich so etwas wie eine platonische Fixierung
zweier jungen Menschen geben sollt, so haben wir das
jedenfalls erlebt in unseren ersten Tanzstunden ab 20
September 1964 – an dem sie ihren sechzehnten Geburtstag
feiert. Selbstverständlich traute ich mich als 17-jähriger nicht
allzu viel an die Mädels heran. Es war ein vorsichtiges Fühlen
und Tasten in der aufregenden Atmosphäre der
Kontaktaufnahmen.
Es ist schon richtig, dass die erste platonische Liebe das Zeug
zur Religion hatte, wie es Plato im Symposium beschreibt 3 und
später im Sohar nochmals wiederholt wird. Der erste Mensch
wurde als zusammengewachsenes Paar geboren, und dann
entzweit in Mann und Frau. Gott schmückte alsdann die Frau
über allen Maßen und führte sie dann zusammen – Angesicht
zu Angesicht4. Ja, so habe ich das damals gewiss auch
empfunden, auch wenn es jetzt lange her ist...

3
Der Himmelsgott Dyaeus
4
Der Sohar - Das heilige Buch der Kabbala

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Die Suche nach der alten Symbolik führt dazu, dass ich die
alten Schulkalender, Notizen und Tagebüchern durchstöbere
und bei dieser Gelegenheit die verfügbaren Details in
Tagebuchfragmente5 festhalte.

Die schönste Erinnerung


Auch der noch verfügbaren Briefwechsel, bei der mit Cornelia
zeitweise wöchentlich ein Brief geschrieben wurde, ist
teilweise erhalten geblieben.
Beim Dokumentieren und Sammeln der Ereignissen in den
Tagebuchfragmenten fällt mir auf, dass der Autor das
Geschehene tatsächlich erneut erlebt, den ersten Schultag, den
ersten Kinofilm, den ersten Tanz, den ersten Kuss, die ersten
Briefe,... Ja das alles entgeht denjenigen, die den Rückblick
vermeiden und nur vorwärts leben. Im Nachhinein ist der
Briefwechsel wohl die schönste Erinnerung dieser Schulzeit.
Abgesehen von den gespeicherten Erinnerungen sind mir aus
der Gymnasialzeit einige Schwarzweißbilder, Postkarten und
Briefe der sechzehnjährigen Freundin geblieben. Das
Symposium habe ich als Beta-Schüler eher nicht im Original
gelesen – eher in der Zusammenfassung einiger Zeilen. Es ist
nicht vergleichbar mir der Hinterlassenschaft im
Religionsunterricht 1954-1955, in dem ein Priesterlehrer mir
nachweislich die wahren Schöpfungslegende erzählt hat...

5
Um die Notizen möglichst genau festzuhalten wurden die
Dagboekfragmenten (1960-1972) in niederländischer Sprache dokumentiert

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1969: Theo
Als Student an der TU Eindhoven diskutierte man 1969
selbstverständlich über Hochschulpolitik, Blues, Folkmusik,
Bob Dylan, dem Club von Rom, Philosophie, Technologie,
Kriegsführung, Vietnam, Mietwucher Urlaub, freier Liebe und
vielen anderen Themen, die ich mittlerweile vergessen habe.
Einiges konnte ich in den alten Studentenzeitschriften
rekonstruieren. So zitierte Professor Fast in Utopia6 einen
Geistlichen Dr. Chisholm:
„Jahrelang konnten wir mit den Eskimos nichts
anfangen. Sie kannten gar keine Sünden. Wir mussten
ihnen zuerst lange Zeit beibringen zu sündigen, ehe wir
mit ihnen etwas vernünftiges machen konnten“.
Ja, dass konnte durchaus zu den Themen gehört haben, die wir
damals bis tief in der Nacht diskutiert haben. Auch ich hatte
längst die Kategorie der katholischen Sünden aus meinem
Gewissen gestrichen und erlebte wie ein ursprünglicher
Eskimo das monogame Zusammenleben mit einer Freundin, -
ab 1972 auch Ehefrau - als die natürlichste Beziehung, in der
Mann und Frau schamlos ein Fleisch bilden.

Teilhard de Chardin
Zu den wenigen religiösen Themen, die mich interessierten
gehörte Teilhard de Chardin. Das Interesse wurde geweckt
durch einem Hinweis meines Onkels Theo7, der mich damals
als Student mit meiner Freundin Fries nach Amsterdam

6
April '69
7
Vorsitzender der niederländischen TdC-Stiftung „Op Nieuw Spoor“

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eingeladen hatte und bereits mehrmals in Diskussionen sowie
mittels Folien seiner Vorträgen8 auf die Ideen Teilhard de
Chardins aufmerksam gemacht hatte.
Die Ideen Teilhards waren damals insbesondere in katholischen
Kreisen populär. Theo war auch in der Lage in seinen
Vorträgen die Theorien Darwins, De Lamarcks und die
Mutationstheorie eines Hugo de Vries mit Teilhards Thesen
einer geistigen Evolution zu verbinden. Die Mutationismus9 ist
eine Evolutionstheorie, die die kreative und lenkende Rolle von
diskontinuierlichen Mutationen in der Evolution hervorhebt.
Als Student stand ich der Religion zwar kritisch gegenüber,
ließ mich aber trotzdem von Theos Begeisterung für die
Synthese-Gedanken mitschleifen. Hinzu kam die Idee des
Physikers Charon, dass die Synthese vielleicht auch auf einen
Informationsaustausch zwischen Elektronen basieren könnte.
Die Kontakte zu Theo blieben noch einige Jahren erhalten bis
1972, als ich meine Freundin heiratete und wir als Ehepaar
nach Deutschland auswanderten um dort jeweils einen
technischen Beruf bei der bereits damals ehrwürdigen AEG-
Telefunken anzutreten. Für die nächsten 18 Jahre sollte die
Technologie die Philosophie von meiner Bildfläche
verdrängen. Genau genommen löste die politische Wende 1989
in meinem Leben ebenfalls eine Wende aus, als ich beschloss
die Religion als regeltechnisches System unserer Gesellschaft
zu analysieren.

8
In 1969 in Amsterdam, Hilversum und in der USA
9
auch Mutationstheorie oder Mendelismus

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1982: Lisa

Schätze
Es ist unglaublich, welche Schätze in den Kartons und
Schubläden dieses Hauses noch schlummern. Im Ordner
„Erinnerungen“ befindet sich zwei Manuskripte mit dem Titel
„Lisa – am anderen Ende der Welt (das Original)“, die beide in
Niederländisch geschrieben sind.
Das älteste Manuskript stammt aus etwa 1982, als ich mit
Joachim auf einem Kurs für Applicon AGS 860 nach München
gereist bin zur Teilnahme am Kurs zur Programmierung der
User Commands. In dieser auf 8 Heftseiten handschriftlich
erfassten Text befinden sich noch folgende Hinweise zur
Person Lisa:
• studiert „Menschen“ in München
• 1 Jahr Regensburg, Zahnmedizin,
• 7 Jahre München
• → 26 Jahre alt
• Salat mit Grapefruit
• Zimmer 260,- DM,
• Balkon
Das erste Manuskript ist vermutlich auf dem Heimweg im Zug
geschrieben, das zweite Dokument eine recht genaue Abschrift
mit der Schreibmaschine. Beide Geschichten entsprechen recht
genau dem Tagesablauf der Begegnung mit Lisa. Dass sie auch
Zahnmedizin studiert hatte und ihr Zimmer (mit Balkon?) 260
DM kostet, wurde offensichtlich nicht ins zweiten Manuskript
übernommen.

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In 2011 erschienen mir die Texte zu dürftig für eine
Veröffentlichung und ich beschloss diese etwas zu detaillieren,
um die Geschichte lebhafter zu machen. So entstanden die
neuen niederländischen und deutschen Versionen:
• Lisa - Verweile doch, du bist so schön!
• Lisa - Ja, blijf nog even, je bent zo mooi!
• Lisa - Ah, linger on, thou art so fair!
Sicherlich sind sie auch Bestandteil dieses Tagesbuches und so
folgt hier nun die deutsche Version.

Goethe-Zitat
Es kostete mir einige Zeit die richtigen Übersetzungen für das
Goethe-Zitat zu finden. Genau genommen sollte die Geschichte
den Leser an mehreren Stellen in Verwirrung stürzen, weil der
Satzbau den Lesenden vor Rätseln stellt. Im Titel meint man
zum Beispiel dass „Verweile doch, du bist so schön“ sich auf
die schönen Lisa bezieht. Goethe jedoch bezieht sich auf den
Augenblick. Das jedoch wissen nur diejenigen, die Goethe
kennen. Das jedoch sollte möglichst auch in den
niederländischen und englischen Varianten erhalten bleiben.

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Lisa
- Verweile doch, du bist so schön!
Eine Kurzgeschichte aus dem Hochsommer von 1982

„Willst du mal was erleben?“, fragte Joachim, als wir uns


verabschiedet hatten vom langweiligen Lehrer und seinem
Verkaufsleiter. „Wir könnten das Isartal entlang spazieren. Das
ist eine wilde Gegend und zum Schluss gibt’s bei der Perlacher
Brücke ein kühles Hefeweizen zum Abendessen im
Biergarten.“
„Das hört sich gut an“, meinte ich, „Ich höre mich nicht Nein
sagen.“
Wir hatten gerade in einem überhitzten Schulungsraum gelernt
wie man in einem uralten Rechner eine winzige Funktion selbst
programmieren kann. In München ging ein entsetzlich heißer
Tag zur Neige.
Wir marschierten zur Isar und folgten den Fluss, der zu dieser
Jahreszeit eher eine Reihe Tümpeln zwischen winzigen grünen
Büschen gleicht. Radfahrer waren in der Abendsonne
unterwegs und Spaziergänger folgten aneinander geschmiegt
die Trampelpfade. Zwischen den Büschen und im Wasser
konnte man Pärchen bei der Suche nach Ruhe und
Wasserkühlung beobachten. Es konnte ein wirklich schöner
Abend werden.

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Nach eine gute Stunde erreichten wir die Pullacher
Eisenbahnbrücke und begannen den Anstieg. Joachim hörte
wie ich kurzatmig stöhnte.
„Siehst du dort den Maschendrahtzaun an der Brücke?“, fragte
er, „Das ist die Absicherung gegen Selbstmörder. Auf der
anderen Seite der Brücke müssen wir nach links und dann
haben wir unser Pils doch wohl verdient.“
„Das wird aber auch Zeit“, meinte ich, „ich bin schon fast
verdurstet.“
Joachim war kürzlich zu meinem Chef promoviert, ein
stattlicher, vornehmer Mensch, der ein wenig wie der Ritter der
traurigen Gestalt aussah. Allerdings ließ er sich gewiss nicht
von den Windmühlen beeindrucken. Erstmalig waren wir nun
auf einer Dienstreise unterwegs und hatte nach dem entsetzlich
heißen Tag diese Abendwanderung wohl auch verdient. Das Tal
war wirklich reizend und das Abendgespräch mit dem Chef
könnte durchaus interessant werden.
Auf der Brücke bestaunten wir die Silhouette der Stadt und die
wenigen übrig gebliebenen Schwimmer im tiefer gelegenen
Isartal. Es war ein langer Weg gewesen. Jetzt aber verschwand
die Mittagshitze und einer nach dem anderen verschwanden die
Menschen aus dem Tal.
Das Tal war Niemandsland wo Niemand die wilden
Jugendsünden kontrollierte. Was für eine Stadt und was für
eine Freiheit - und das auch noch im erzkonservativen Bayern!

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Zum Ende der Brücke hielten wir links in Richtung Stadt und
entdeckten bald eine idyllisch gelegenen Biergarten inmitten
einer Ansammlung wunderschönen Jugendstilgebäuden. Der
Garten befand sich ganz versteckt unterhalb einem Dach von
uralten Kastanien und brummte bereits aus der Ferne wie ein
Bienenkorf im Sommer. Es kostete uns schon etwas Mühe
einen freien Sitzplatz zu finden und ich holte uns als Vorspeise
einen Teller Emmentaler mit Pfeffer, Salz und Brot – und dazu
selbstverständlich auch zwei Maß Bier.
Es war das Ende eines Arbeitstags und immer mehr Münchner
strömten in den Garten auf der Suche nach einem Sitzplatz.
Neben uns fand auch eine Fünfer-Gruppe Studenten noch einen
Platz, streckte eine schön gestickten Tischdecke über den Tisch
und platzierte in deren Mitte einen wunderschönen
Salatschüssel. Einer von den Männern holte Krüge und für sich
eine gewaltige Schweinehaxe. Wir schielten verstohlen auf den
Salatschüssel und stellten uns vor wie gut dieser wohl
schmecken würde. Eines der Mädchen griff ohne viel
Federlesens Gabel und Teller und schöpfte jeden von uns am
Tisch eine Portion auf. Ihre Freunde nannten sie Lisa und sie
lachte von allen am meisten.
Sowie üblich fingen die Gespräche an mit dem Ratespiel nach
Herkunftsländer und Berufe, und aus den Dialekten konnten
wir heraushören dass Joachim und Lisa aus der gleichen
Gegend stammten. Sie sprach ein herrliches Dialekt, weich und
herb, mit der Weisheit eines Jahrhunderten langen Kampfes der
Landbewohnern gegen die Naturgewalten. Lisa und ihre
Freunde waren 25, Studenten und wir bereits zehn Jahre älter.
Wir redeten über unser Leben in ihrer großen und unserer
kleinen Stadt, über Freunde und Freundschaften, über alles.

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Wir lachten um Kleinigkeiten und dachten über Wahrheiten.
Sie hatte 1 Jahr in Regensburg Zahnmedizin studiert, aber jetzt
auf Soziologie umgesattelt – eines dieser Fächer, die mir wie
auch Psychologie immer suspekt gewesen sind, weil sie uns im
Leben eben mehr Rätsel als Einsicht liefern. Sie lebte in einem
Zimmer mit Balkon zum Viktualienmarkt zur Miete von 260
Mark.
Joachim hatte inzwischen eine Anekdote angefangen, der
ausgezeichnet zu seiner schleppenden Stimme und zum
zugehörigen gelangweilten Gesicht passte. Nicht jeder Witz
passt bekanntlich zum Erzähler und schon gar nicht zur
Erzählerin. Zu jeder Geschichte gehört die passende
Idealstimme und das Idealgesicht, sowie Joachims Gesicht zu
seinem besten Witz. Selbst würde ich diesen Witz nie und
immer so erzählen können wie Joachim. So ist das Leben und
so sind die Anekdoten, die nicht zu uns passen. Wie immer
wurde jetzt jedoch zum Witz laut und lange gelacht, bis es eine
kleine Ruhepause gab, in dem jeder überlegt und den
passenden Moment wählt für ein eigenes Wort. Es geht dabei
um Zehntel Sekunden, in dem man reagieren kann und das
eigene Wort ergreift. Wer zu früh reagiert verstört den
Abendfrieden und bringt Hastigkeit und Unruhe in die Runde.
Die Zehntelsekunden Ruhepause zwischen den
Gesprächsrunden bilden das Geheimnis der bayerischen
Atmosphäre. Nie habe ich so bewusst die Spannung zwischen
den Wörtern wahrgenommen als an diesem Abend im
Pullacher Biergarten. Letztendlich war es Lisa, die sich von der
Pause am meisten aufgefordert fühlte. Ihre Scheu machte es ihr
schwer das passende Anfangswort zu finden, aber ihre Freunde
wussten genau wie viel Zeit die Partner brauchen und warteten
geduldig wie die geübten Liebhaber im Spiel ihrer Geliebten.

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Sie muss es gewissen haben, dass man auf sie gewartet hatte
und so begann sie eine Anekdote, als Antwort zu Joachims
Vorspiel. Es würde ihr schwer fallen ihn zu übertreffen oder es
ihm gleichzutun; und diese Gewissheit hatte das arme Kind
sicherlich auch eine Weile zögern lassen. Nun aber sprang sie
ins Wasser und begann mit der Mut der Verzweifelten...
“Es gab mal... “, “Nein”, “warte mal”...
Gespannt wartete die Meute auf die Geschichte, während die
Erzählerin voller Elan ihren Kopf mit den schwarzen Mähnen
nach hinten warf. Mit verzweifeltem Blick schaute sie auf und
blickte in die Augen ihres Gegenübersitzenden. Hilflos sah sie
noch jünger aus und so unsicher.
Nach drei Versuchen gab sie ihre Erzählungen auf und erntete
dabei großen Beifall. Nun wurde mir klar, dass diese Anläufe
zum festen Ritual gehören, womit dieser Freundeskreis ihre
Verbundenheit feiert. Lisas Unvermögen festigen zusammen
mit ihrem liebenswerten Gesicht und der unsicheren Stimme
den Freundschaftsband zu ihren Kommilitonen. Die Hilarität
galt auch nicht ihr Versagen, aber der Verbundenheit, womit
ihre Freunde sie umarmten, wenn auch Lisa sich dieser
Situation vielleicht gar nicht in vollem Umfang bewusst
gewesen ist.
Sie wechselte nun aber kurzerhand das Thema und erzählte uns
nun mit fester Stimme, dass ihr Geburtsort Riedlingen an der
Donau liegt und wir neckten sie mit der Frage ob das
Geburtshaus nun nördlich oder südlich des Weißwurstäquators
liegt. Überrascht vergaß sie auch darauf eine Antwort zu geben
und wirkte nun völlig perplex.

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Eine ungeahnte Sympathie überwältigte mich nun für dieses
scheuen Mädchens aus Riedlingen an der Donau und ich
bedauerte nun erstmals dass wir uns nur heute Abend und dann
nie wieder begegnen würden. Der Austausch von Adressen und
Telefonnummern unter so vielen Zeugen wäre nun sicherlich
undenkbar. Es gab auch keine Chance auf ein persönliches
Gespräch unter vier Augen. Es war eine dieser Momenten an
dem wir einen Weltuntergang verspüren.
Wir tranken noch eine Runde Bier und erzählten uns
gegenseitig die Traditionen der Herkunftsländern. Allen waren
wir stolz auf diese Gebräuche. Lisa und Joachim berichteten
wie sie als Kinder die maskierten, Alamannischen Hexen in
den geheimnisvollen Aufzügen erlebt hatten.
Nie hatte ich zuvor ein solch derbes Dialekt aus einem
weiblichen Mund gehört. Gebannt starrte ich auf ihre Lippen,
die sich in ihrer Muttersprache so mühelos bewegten und auf
ihre funkelnden Augen – so ganz verschieden von den U-Bahn-
Blicken, womit die Pendler in der Münchner U-Bahn an
einander vorbeischauen. Ich glaube sie suchte immer noch
verzweifelt ein Refugium, wie ein scheues Reh beim plötzlich
auftauchendem Gewitter – viel zu unsicher um als
Sozialarbeiterin „Menschen zu begutachten“...
Zwei benachbarten Studenten waren offensichtlich ein Paar
und suchten aneinander geschmiegt Körperkontakt. Lisa war
aufgeregt – auch wir verspürten die Einmaligkeit dieser
Begegnung, und die Trauer über den Abschied der uns nun
unmittelbar bevorstand.
Die meisten tranken noch einen dritten Krug und man fütterte
den Rest der Schweinehaxe einem Basset, der mit einem Blick
aus seinen endlos traurigen Augen die milde Gabe dankbar
annahm und den Knochen zwischen den Zähnen nahm.

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Lisa sagte nun dass sie so gerne den Viktualienmarkt besuchte
und ich erinnerte mich an die rührende Geste der Umwohnern,
die dem großen Karl Valentins täglich einen frischen
Blumenstrauß in die Armen geben. Ich bestätigte dass ich bei
jedem Besuch an München eine Runde über diesen Markt
drehe um die Statue des hageren Komikers als Bild noch fester
in meinem Gedächtnis einzuprägen.
Ich versuchte in Lisas Augen abzulesen, wo sie wohnte: in der
Nähe des Viktualienmarkts, aber wo denn jetzt genau? Ob sie
wohl auch ein Telefon hatte..., aber nein, ihre Augen blieben
unergründlich blau im Silberblick, als ob sie nach einem List
suchte – womit wir den Abschied hinauszögern oder
womöglich gar abstellen könnten. Morgen würden Joachim
und ich München unweigerlich verlassen müssen... auch wenn
einer von uns auf der Stelle zusammenbrechen würde...
Dann begann Lisa unerwartet mit dem Aufräumen der Tellern,
Schüsseln und Besteck. Zügig, ja geschwind sammelte sie alles
in ihrem Korb und voller Schrecken verspürte ich dass der
Abend uns rasch davon eilte.
Zu allem Überfluss leistete Joachim sich noch eine
Empfehlung an Lisa, mal eine Variante des Mais-Salats mit
Grapefruit zu versuchen. Im Aufstehen lächelte sie uns noch
ein letztes Mal auf uns herab und versprach uns bei nächster
Gelegenheit einen Salat mit Grapefruit kredenzen. „Und dabei
werdet ihr in unseren Gedanken auf jedem Fall mit dabei sein“
fügte sie dem hinzu.
Verzweifelt suchte ich eine Chance sie aufzuhalten, aber so
schnell wie sie in unser Leben eingetreten war, so rasch
verschwand sie auch wieder mit ihren Körben in das Dunkel
der finsteren Kastanien.

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„Ja, die Lisa ist einfach wunderbar“, sprach einer der Nachbarn
in die Runde und wohl auch speziell zu uns.
Ja, sie hinterließ eine Leere und plötzlich verspürte ich wie die
Spannung aus der Runde verschwand als ob ein Ballon seine
Luft allmählich verlor. Noch unter dem Eindruck ihrer Präsenz
starrte ich auf den verlassenen Platz, wo ich immer noch ihr
Gesicht, ihr geheimnisvolles Lächeln und ihre reizende Stimme
verspürte …, nein soeben noch verspürt hatte. Jetzt war es
vorbei und nun empfand ich die Frische, den der Abendwind in
den Wald zu verstreuen begann. Die Bäume raschelten, als ob
sich der Wald erschauerte. Es wurde Zeit den Abend zu
beenden. Mir aber war es noch zu eilig. Wie sagte doch
Goethe:
Verweile doch, du bist so schön!

Es war mein Chef Joachim, der meinen Traum ein zweites Mal
und sich nun aufrichtete. Auch die übrigen Tischgenossen
standen nun zum Abschied auf. Zwischen geparkten Autos und
dunkelgrüner Wald suchten wir unseren Weg zur Pullacher
Straße, wo eine Straßenbahnhaltestelle auf uns warten sollte.
Betäubt versank ich an der Haltestelle in Gedanken an Lisa,
wie ich sie jetzt doch noch erreichen könnte. Vielleicht konnte
ich die Uni-Administration, Abteilung Soziologie, oder das
Münchener Einwohnermeldeamt befragen nach einer Adresse
einer Lisa aus Riedlingen... Mein mein Freund, das wird nichts
mehr. Diese Art Begegnungen gehört eindeutig zum
Erinnerungsschatz den wir mit ins Grab nehmen. Es sind die
verlorenen Chancen unseres Lebenslaufes.

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Die Straßenbahn führte uns in einem Waggon voller fröhlich
angeheiterter Jugend in die Innenstadt. Von dort führte ein
Stück U-Bahn uns ins Hotel, das mir nur noch als dunkler
Tunnel in eine schummrig beleuchtetem Hotel in Erinnerung
geblieben ist.

Am Tag danach, so erinnere ich mich, sitze ich im Zug auf dem
Heimweg, wobei jede Eisenbahnschwelle mich weiter von Lisa
entfernte. Schon damals war mir bewusst dass sie wohl immer
die Münchener Erinnerung für mich bleiben wird. Ja, Lisa aus
Riedlingen an der Donau - jetzt sicherlich schon längst
verheiratet, mit erwachsenen Kindern und einem Buch voller
Erinnerungen ihrer Jugend, vielleicht auch an dem Biergarten
in Menterschwaige.
Manchmal, wenn sie mir wieder ins Gedächtnis eintritt,
erinnere ich mir auch wieder das alte Goethezitat, das mir
damals durch den Kopf gegangen ist:
Verweile doch, du bist so schön! 10

10
Originalzitat v. Goethe im Faust. Der Tragödie zweiter Teil in fünf Akten,
bekannt auch als Faust II(11581-11586): Zum Augenblicke dürft’ ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön! Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn. – Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß’ ich jetzt den höchsten Augenblick...

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1990: Ernst
Unerwartet ist im Sommer 1990 mein Freund Ernst gestorben.
Nur die 55er-Marke hat er erreicht und so haben wir ihn in der
Nähe Kaiserslautern beerdigt.
Alles hat er mir wie ein älterer Bruder gezeigt; wo man die
Steinpilze, die Maronen und Pfifferlinge sucht, und wie man
sie anbrät; die Keltenburg auf dem Hohen Asperg, den
irgendein König dann in einen Demokratenbuckel verwandelt
hat, wo ein kluger Demokrat als Gefangener das Feuerzeug
erfunden haben soll.
Ja, ich erinnere mir die Walterichskapelle und die alten,
Holztafel an der Außenwand der nahegelegenen kleinen Kirche
- und natürlich auch den nahegelegenen Limesweg mit dem
Welzheimer Römerkastell, das damals wohl noch als
Fundamentenmarkierung dastand - sowie die Besuche an die
Römersiedlung Aalen und die riesigen Saalburg.
Die Bücher des Steppenwolfs Hermann Hesse – ja sie stehen
mir wieder vor dem inneren Auge – wie wir sie wie gestern
gesehen haben bei unserem Besuch in Calw, wo man uns
gezeigt hat wie man einen begabten jungen Menschen am
zweckmäßigsten zugrunde richtet...
Es stehen Dinge darin, die ich selbst in meiner Jugend
empfunden hatte und die mir jetzt wieder eingefallen sind. Ja,
Unterm Rad war eine Anklage, auch gegen meine Erziehung,
aber ich hatte nochmal Glück gehabt.

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Dieses Jahr jedoch hatte Ernst sein Glück verloren. Einmal nur
war er unvorsichtig – unbedacht. Genau genommen starb er an
einem Arbeitsunfall, als er sich auf einer Dienstreise in
Begleitung einiger Soldaten bei einem Sturz in der
nordafrikanischen Wüste nur leicht verletzte.
Man brachte ihn mit dem Geländewagen zum nächsten
Dorfarzt, der ihm eine Tetanusspritze ansetzte. Er hat mir
einige Wochen vor seinem Tod diese Injektion beschrieben –
als riesigen Glaskolben, mit einer dicken Nadel – wie aus
einem Restbestand des letzten Wüstenkrieges. „Hoffentlich hat
er das Museumsstück auch richtig und lange genug
desinfiziert“.
Als er mir das einigen Wochen später erzählte war mir seine
Haut schon aufgefallen – mit groben Poren - gelblich braun. So
sagt ich ihm, dass er sich doch mal bei der Gesichtsfarbe vom
Betriebsarzt untersuchen lassen solle. Ernst hat aber gelacht
und sagt dass er gerade einen Kurzurlaub auf Lanzarote
genossen habe – und dass ihn dort wohl die Frühlingssonne
gebräunt habe.
An seinem Todestag – ein Samstag – wachte er frühmorgens
auf, als die unstillbare Blutung in seinem Rachen entstand. Er
selbst fühlte sich noch in der Lage mit dem eigenen Auto ins
Krankenhaus zu fahren, aber dort konnte man die Blutung nicht
mehr stillen. So verstarb er in der Nacht darauf. Und damals
war er doch mein bester Freund...
Es muss um diese Zeit geschehen sein, dass die Wende
eingetreten ist, als sich im Leben alles umzuwälzen begonnen
hatte. Es war ja nicht dieser Verlust eines Freundes, sondern
der Verlust aller Festigkeiten, die den Menschen an seinem
angestammten Platz verankern – die ihn festigen an seinem
Ort.

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1990: Die Leitfäden zum Leben
Angefangen hat die Erforschung der Leitfäden unseres Lebens
nach der Wende 1989, als das Sowjetsystem mit dem kalten
Krieg zusammenbrach und mir die Wahrheit der
unverantwortlichen Umgang mit den Nuklearreaktoren in
Murmansk und Semipalatinsk bekannt wurde. Nicht nur im
Osten, aber auch im Westen wurde die Unverantwortlichkeit
der Wissenschaftler im Umgang mit dem Plutonium offenbart.
Die Entsorgung des Plutoniums ins Meer bei Sellafield
verseuchte das Irische Meer, während man in den US-Labors
einer US-amerikanischen Universität Plutonium in die Venen
von behinderten Menschen einspritzte. Mein Vertrauen in die
Ethik der Wissenschaftlern erhielt einen Dämpfer.
Ja, es war eine turbulente Zeit, als ich mein Hauptinteresse von
der Technologie auf die Philosophie verlagerte. Mir war
klargeworden, dass die Technologie – wenn überhaupt – auch
nur unter den Randbedingungen eines brauchbaren Leitfadens
eine stabile Umwelt zum friedlichen Zusammenleben liefern
kann.
So begann ich um 1990 mit der Studie der Philosophie, die ich
seit 1972 so sträflich vernachlässigt hatte. Es folgte die
Entdeckung der großen deutschen Philosophen Nietzsche,
Schopenhauer und Goethe, die mich auf das Terrain der
Kabbala, Buddhismus, Hinduismus und anderen
philosophischen Strömungen führten. Tatsächlich hatte die
Menschheit wohl immer einen Leitfaden zum Weiterleben
benötigt und auch verwendet. Gewiss war sie auch Bestandteil
der großen Religionen gewesen, aber der Faden war nun in ein
dünnes und nahezu unsichtbares Rinnsal verwandelt.

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Die Reduktion auf das duale System
Ein Gedanke aus dem Kabbalistischen Umfeld reizte mich zur
weiteren Suche nach den Leitfäden des menschlichen Denkens.
Dieser Gedanke beinhaltet die natürliche Reduktion der Vielfalt
auf ein minimales, duales Systems, das man am besten
vergleicht mit dem binären Zählsystem, das mittlerweile zu
unendlich komplexeren Softwaresysteme geführt hat. Die
Antipoden dieses uralten Systems sind natürlich der Mann und
die Frau.
Von den Historikern wurde und wird diese alte Dualität als
primitiver Fruchtbarkeitskult abgetan. Diese Abwertung stellte
sich aber alsbald als eine unzulässige Vereinfachung dar, denn
die Religionen haben niemals ganz ihre ältesten und
archaischen Wurzeln zu den Akten gelegt, sondern immer
verschämt mitgeführt im geistigen Gepäck des letzten und
langsamsten Wagens.
Die nachfolgenden Tagebuchfragmente dokumentieren die
Erkenntnisse zum Thema religiöser Symbolik, die in Studien,
Reisen und zufälligen Begegnungen zusammengetragen
wurden. Diese Ergebnisse werden in chronologischer Folge
wie in einem Tagebuch dokumentiert.
Die Leitfäden der alten Religion sind von einer schlichten
Erhabenheit, die sich wie eine Patina über die nachfolgenden
Religion und ihrem weihrauchgeschwängerten Pomp gelegt
hat. Die ältesten Hauptmerkmale der religiösen Symbolik sind
die speziellen Farben Rot, Blau und Purpur, die das Buch
Exodus als Bestandteil einer göttlichen Vorschrift
dokumentiert. Die Farben wurden bereits im Altertum in der
Priesterkleidung verwendet.

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Mittelalterliche Fürsten haben diese Vorschriften zur
Beherrschung einer religiös fixierten Bevölkerung
herangezogen und in den Kronjuwelen, Wappen, Flaggen
integriert.
Das Alter der religiösen Symbolik lässt sich aber auch ablesen
aus den wesentlich älteren Ego-Pronomina und Schöpfernamen
der indoeuropäischen Sprachen, die offensichtlich auf einer
gemeinsamen Basis beruhen. Sprachforscher schätzen das Alter
der gemeinsamen indoeuropäischen Sprache auf ca. 6000
Jahren. Der Urheber der beschriebenen Leitfäden lässt sich
nicht mehr genau ermitteln. Da die jüdische Stadt Jericho als
älteste Stadtsiedlung identifiziert wurde ist immerhin denkbar,
dass die Ego-Pronomina und Schöpfernamen aus den Tempeln
und Philosophenschulen Jerichos stammen.

Steinkreise und Menhire


Aus meiner Sicht ist das duale System sogar bereits vor der
indoeuropäischen Zivilisation in der Steinzeit vorhanden
gewesen. Man kann es in den Steinkreisen und Menhire oder
Säulen der ältesten Kulturen als Fruchtbarkeitssymbole
identifizieren. Auf dem Fundament dieser dualen Symbolik
wurden vielleicht alle späteren Religionen aufgebaut. Die
Stabilisierung der Fruchtbarkeit und die Vermeidung des
Aussterbens lag den Religionen zugrunde.

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1991: Die Bibel
Zur Studie unserer Leitfäden gehört natürlich auch die Studie
der Bibel. In den ersten Kapiteln des Buches Genesis wird
sofort deutlich, dass die Schöpfung auf einer wiederholten
Aufteilung in Antipoden basiert. Gott teilt das Nichts auf in
Himmel und Erde, trennt Wasser vom Wasser, Land vom Meer,
Sonne vom Mond, und Licht von Finsternis.
Nur bei der Auftrennung vom ersten Menschen wurde diese
symmetrische Aufteilung der Schöpfungsreihe scheinbar
unterbrochen. Es wurde nicht - wie in den zuvor stattfindenden
Phasen üblich - ein Gottesbild in Mann und Frau aufgeteilt,
sondern zuerst ein Ebenbild Gottes in einen Mann kopiert, aus
dessen Gestalt Gott dann eine Gehilfin herausgelöst haben soll.
Das war eine ungewöhnliche Wende in einer ansonsten klar
strukturierten Schöpfungslegende. Basierte sie etwa
ursprünglich auf eine symmetrischen Aufteilung, wie es Plato,
die Kabbala, die Sophisten und viele andere Gelehrten wie die
berühmten mittelalterlichen Rabbis Rashi und Rashbam
behaupteten?
Der Anfang einer Entwirrung dieser Geschichte gestaltete sich
als äußerst schwierig, weil die Kabbala die Gedanken
keineswegs systematisch, sondern eher chaotisch und
unstrukturiert formuliert. Es war sicherlich an der Zeit das
Gestrüpp etwas zu entwirren und den Kern vom Beiwerk zu
säubern. Mag sein, dass dieses Werk mehr als nur einen Anlauf
benötigt: dann sind eben zwei Anläufe erforderlich, aber eine
gewisse Ordnung traute ich mir schon zu. So nahm die Suche
dann auch 1991 mit einer Bibelstudie seinen Anfang...

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1992: Hargrave Jennings
Aller Anfang ist schwer und mühselig. In 1992 gab es kaum
Internet und einfach zugänglichen Dokumentationen. Alle
Studien basierten auf Büchern, die man in Buchläden kaufen
oder in Bibliotheken ausleihen konnte. So erweiterte ich die
eigenen Bibliothek mit den Werken der großen klassischen
Philosophen, die heutzutage für wenig Geld zur Verfügung
stehen. Als Student allerdings hatte ich mir diese Bücher
trotzdem nicht für meine Privatbibliothek leisten können.

WWW
Das moderne WWW-Internet wurde erst im Jahr 1989
entwickelt, war aber geraume Zeit eher ein experimentelles
Projekt in dem die Techniker Erfahrungen mit den Protokollen
und mit der Codierung sammelten11. Schließlich konnten auch
Laien auf das Netz zugreifen, was mit der wachsenden Zahl
von Nutzern zu vielen kommerziellen Angeboten im Netz
führte.
Ich benutzte die Technologie zwar bereits in firmeneigenen
Intranet, aber von einer öffentlichen Verfügbarkeit des Wissens
war noch lange keine Rede. Die heute verfügbaren
Suchoptionen im Netz waren noch nicht erfunden. Jede Notiz
musste manuell niedergeschrieben werden – und abgesehen
von spezialisierten www-Bibliotheken wurde jede
Veröffentlichung in einer Zeitschrift oder in einem Buch einem
Zuhörerkreis zugespielt werden.

11
im CERN (bei Genf) von Tim Berners-Lee

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Die Wikipedia
Die Wikipedia wurde 2001 gegründet als werbefreies Online-
Lexikon in zahlreichen Sprachen. Dann dauerte es noch Jahre,
bis ein einigermaßen vollständiges Lexikon die Suche nach
Details auch wirklich erleichterte.

Helena Blavatsky
Zu den ersten mir damals verfügbaren Manuskripten, die sich
ohne Umschweifen mit der bipolaren Struktur der religiösen
Symbolik und Schöpfungslegenden beschäftigten, gehörten die
Bücher der Helena Petrovna Blavatsky12, die viele Quellen aber
auch Widersprüchliches, Chaotisches und Unbedeutendes
zitierte13. Ihre Quellen basierten oft auf unbekannten, alten
Manuskripten, die erst viele Jahren später in der Google-
Bibliothek als online-Dokument verfügbar gemacht werden. So
glich die Suche zunächst einer Irrfahrt, in dem ich versuchte
das Wesentliche vom Unwesentlichen zu scheiden.
Blavatsky interpretiert die androgyne Symbolik zum Beispiel,
indem sie Hargrave Jennings in folgendem Zitat14 aus der
Geheimlehre15 zitiert

12
1831-1891
13
z.B. in Die Geheimlehre und Isis Unveiled
14
Aus Phallicism: Celestial and Terrestrial (S. 67) von Hargrave Jennings
15
Die Geheimlehre, veröffentlicht 1888

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„Wir wissen aus den jüdischen Aufzeichnungen, dass die
Lade eine Steintafel enthielt; und wenn gezeigt werden
kann, dass dieser Stein phallisch war, und doch identisch
mit dem heiligen Namen Jehovah oder Yeboyah, welcher in
unpunktiertem Hebräisch mit vier Buchstaben
geschriebenen J-E-V-E ist oder J-H-V-H ist (das H ist bloß
ein Hauchlaut und dasselbe wie E).
Dieses Verfahren lässt uns die beiden Buchstaben I und V
(oder in einer anderen von seinen Formen U) übrig; wenn
wir dann das I in das U setzen, so haben wir das
„Allerheiligste“; wir haben auch die Linga und Yoni und
Argha der Inder, den Iswarra (îshvara) oder „höchsten
Herrn“; und hier haben wir das ganze Geheimnis seiner
mystischen oder erz-himmlischen Bedeutung, in sich selbst
bestätigt durch seine Wesensgleichheit mit dem Linyoni (?)
der Bundeslade“.

Die Kabbala von Papus


Ein zweites Werk aus der Anfangszeit war die Kabbala von
Papus, in der um 1900 die Buchstaben des heiligen
Tetragrammatons (‫הוהי‬, von rechts nach links gelesen: Jod-He-
Vau-He) folgendermaßen erklärt wurden16:
„Das Jod ( ‫)י‬, das eigentlich nur als Punkt dargestellt wird,
bedeutet das Prinzip, d.h. der Uranfang, aber auch das
letzte Wesen der Dinge. Alle Buchstaben des hebräischen
Alphabets sind nur durch verschiedene Gruppierungen des
Jods entstanden.

16
Die Kabbala (Papus, Übersetzung Julius Nestler), 1910

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Das synthetische Studium der Natur brachte die Alten auf
den Gedanken, dass es nur ein einziges Gesetz gebe, das
alle Produktion der Natur beherrsche.
Das Jod symbolisiert darin die Urquelle der Schöpfung. Der
Anfang aller Dinge ist jedoch gleichzeitig der Urzweck am
Ende aller Dinge. An diesen Anfang aller Dinge stellt die
Kabbala die absolute Bejahung des Seins durch sich selbst,
das Ur-Ich, die das Jod symbolisch zum Ausdruck bringt.
Aber das Ich kann sich nur begreifen durch
Gegenüberstellung des Nicht-Ichs. Kaum ist die Bejahung
des Ichs vollzogen, so tritt sofort die Gegenwirkung des
absoluten Ichs auf sich selbst ein, wodurch in einer Art
Teilung der Einheit die Erkenntnis der eigenen Identität
folgt. Dieses Prinzip ist der Ursprung der Dualität, der
Gegenüberstellung, der Zweiheit, das Sinnbild des
weiblichen Wesens, wie die Einheit das Sinnbild des
männlichen Wesens ist. Der Buchstabe He ( ‫ )ה‬ist der zweite
Buchstabe des großen, heiligen Namens. Das He stellt das
Passive dar, so wie Jod das Symbol des Aktiven ist, und
ebenso das Nicht-Ich oder Du in Beziehung zum Ich, das
Weib in Beziehung zum Mann.
Die Gegenüberstellung des Ich und des Nicht-Ich lässt
sofort einen weiteren Faktor entstehen, eben die Beziehung
zwischen diesem Nicht-Ich und Ich. Das Vau ( ‫)ו‬, der sechste
Buchstabe des hebräischen Alphabets, bedeutet auch
Beziehung, ursprünglich einen Haken und Bindeglied in der
Natur.

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Außerhalb dieser Trinität ‫( והי‬IHV), die als Gesetz
betrachtet wird, existiert nichts. Die Trinität ist die
synthetische und absolute Formel, auf der alle
Wissenschaften beruhen, und diese Formel wurde, nachdem
ihr wissenschaftlicher Wert vergessen war, durch alle
Religionen unversehrt bis auf uns überliefert, da diese
unbewusst die Trägerinnen der Weisheit der
ursprünglichsten Zivilisation waren. So bilden in Wahrheit
nur drei Buchstaben den großen heiligen Namen. Der vierte
Buchstabe, das He, ist nur eine Wiederholung des zweiten.”
„Diese Wiederholung bedeutet den Übergang von der
metaphysischen Welt zur physischen, oder im Allgemeinen
von irgendeiner Welt zur nächstfolgenden. Die Kenntnis
dieser Eigenschaft des zweiten He ist der Schlüssel zu dem
ganzen göttlichen Namen in allen seinen Anwendungen.
Das zweite He ist gewissermaßen die Keimzelle für das
heranwachsende, nachfolgende Jod und symbolisiert den
Übergang und das Werden. Dieses Symbol wird in der
Kabbala verglichen mit dem Verhältnis, das zwischen einem
Getreidekorn und seiner mütterlichen Ähre besteht. Die
Ähre, als manifestierte Dreiheit im Jod-He-Vau, investiert
ihr ganzes Wirken in die Erzeugung des Getreidekerns: der
Schlussbuchstabe He. Dieses Getreidekorn bildet der
Übergang von der gebärenden Mutterähre zur nächsten
Generation, die dieser (weiblichen) Kraftanstrengung seine
Entstehung verdankt. Die abschließende, weibliche
Hieroglyphe He symbolisiert somit den ewigen
Generationswechsel, der in der einzigartigen Komplexität,
die wir Leben nennen, die göttliche Unsterblichkeit aller
Lebewesen sicherstellt. ”

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Diese zwei Ideen, in dem sich Hargrave Jennings und Papus
bei der Wahl des weiblichen Symbols unterscheiden, bilden
meinen ersten Anhaltspunkt für den religiösen Leitfaden. Das
Symbol des Autors Papus, der den falschen Buchstaben (He)
anstelle des korrekten Symbols (Vau) gewählt hatte musste
jedoch zuerst in mühseliger Suche entlarvt werden. Die Suche
war nicht zuletzt deshalb so schwierig, weil auch der Sohar 17
eine irreführenden Symbolik des Tetragrammatons IHVH
dokumentiert.

17
Der Sohar - das heilige Buch der Kabbala - Nach dem Urtext von Ernst
Müller - ca 1930 erschienen

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1993: Der Sohar und das Symposium
Das wichtigste Buch der Kabbala, der Sohar, beschreibt die
androgynen Schöpfungsphasen, die mit der legendären
Beschreibung in Platos Symposium übereinstimmen. Diese
Texte erlauben uns, die Originalfassung der Bibelgeschichte zu
überprüfen. Der Sohar selbst hat jedoch vermutlich den
wichtigsten Schlüssel zur androgynen Religionsbasis bereits
frühzeitig verloren. Die Autoren des Sohars definieren die
androgynen Schlüssel irrtümlicherweise als das männliche I
und das weibliche H anstelle der richtigen Symbole: die
Antipoden I (männlich) beziehungsweise U (weiblich).
Androgyne Schöpfungslegenden (wie z.B. Platos Symposium
und die Legende des Buches Sohar) basieren auf der Idee, dass
die männlichen und weiblichen Hälften des zuerst geschaffenen
oder erstgeborenen Menschen sich gegenseitig nicht sehen
konnten. Obwohl sie miteinander verbunden waren, fühlten sie
sich einsam und aus Mitleid entschied sich der hebräische Gott,
die beide Hälften zu trennen. Plato erzählt jedoch, dass Zeus
die ersten Menschen nicht aus Mitleid, sondern aus Furcht in
Mann und Frau getrennt hat.
Unabhängig von diesen Beweggründen musste der
Schöpfergott die Körper und die Schädel trennen, indem er die
androgynen Menschengestalt ("Adam") in zwei Menschen-
Körper aufteilte und die weibliche Hälfte wie eine hübsch
geschmückte Braut der männlichen Hälfte (dem Bräutigam)
vorführte. Von Angesicht zu Angesicht sahen sich nun Braut
und Bräutigam nun erstmalig in die Augen...

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Die wichtigste kabbalistische Quelle Sohar steht an
verschiedenen Stellen im Web zur Verfügung. Im Sohar wird
die Symbolik der vier Buchstaben des heiligen, geheimen
Namen Tetragrammaton (YHVH bzw. IHVH) folgendermaßen
dokumentiert:

• Das große Wesen ist in sich sowohl männlich als


weiblich. Und wer ist Er? Der ewige Eine, En Soph, der
Grenzenlose Eine, aus dem jegliches Leben, jeder Atem
und Alles hervorgegangen sei18.
• Die zwei Hauptbuchstaben des göttlichen Namens, Y
und H, dominieren die zwei übrigen Buchstaben, V und
H, die zusammen ihren Wagen bilden19.
• Die Buchstaben Yod und He symbolisieren den Vater
und die Mutter20
• Der Buchstabe V im göttlichen Namen IHVH ist der
Sohn oder das Kind der Eltern I und H, Vater
beziehungsweise Mutter21

Der erste Mensch Adam wurde androgyn erschaffen, mit dem


einen Gesicht nach rechts und dem anderen nach links. Beide
Gesichter - männlich und weiblich - fühlten sich einsam und
Gott entschied sich, die Hälften zu trennen. Die Gottheit
schmückte die weibliche Hälfte wie eine Braut und führte sie
ihrem Partner zu, damit sie sich erstmalig in die Augen sahen22.

18
Sohar (Web) - Kapitel 2
19
Sohar (Web) - Kapitel 3
20
Sohar (Web) - Kapitel 7
21
Sohar (Web) - Kapitel 12
22
Sohar (Web) - Kapitel 16

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Die Trennung von Mann und Frau23
Es begann Rabbi Acha mit dem Schriftsatz: Und es sprach
IHVH Elohim: „Nicht gut ist es, dass der Mensch allein sei 24“.
Warum beginnt der Satz mit diesen Worten?
Es wurde gelehrt, dass aus dem Grunde vom zweiten Tage
nicht gesagt wird: dass es gut ist, weil der Mensch vereinsamen
sollte. War er denn aber einsam, wo doch gesagt wird:
Männlich und weiblich erschuf Er sie?
Auch haben wir gelernt, dass der Mensch doppelgesichtig
erschaffen wurde, und du sagst: Nicht gut, dass der Mensch
allein sei? Vielmehr bemühte er sich nicht um seine weibliche
Hälfte und hatte keine Stütze an ihm, da dieser nur eine Seite
bildete und sie rückwärts wie eines waren – so war doch der
Mensch allein.
Ich will ihm einen Gehilfen verschaffen ihm gegenüber 25. Das
heißt: seinem Antlitz gegenüber, dass eines am andern hafte,
Angesicht zu Angesicht. Was tat der Allheilige? Er sägte an
ihm und nahm das Weibliche von ihm.
Wie es heißt: Und Er nahm eine seiner Rippen26. Was bedeutet:
„eine“: das ist seine weibliche Seite, in gleichem Sinne wie in
den Worten: Eine ist sie, meine Taube, meine Reine27. Und er
brachte sie zu Adam 28. Er rüstete sie wie eine Braut und ließ
sie vor sein leuchtend Angesicht kommen: Angesicht zu
Angesicht.
23
Sohar III. fol. 44b.
24
Die Bibel, 1. Moses 2, 18
25
Die Bibel, 1. Moses 2, 16
26
Die Bibel, 1. Moses 2, 21
27
Die Bibel, Hohelied 6, 9
28
Die Bibel, 1. Moses 2, 22

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Männlich und weiblich29
Rabbi Schim’on sprach: „Männlich und weiblich hat Er sie
erschaffen.” Darum ist ein Geistesbild, in dem nicht Männlich
und Weiblich vereinigt sind, nicht himmlischer Art. Und in der
geheimen Überlieferung fanden wir dieses bestätigt.
So merke denn auch: An einem Orte, wo sich nicht ein
Männliches und ein Weibliches vereinigt finden, schlägt der
Allheilige nicht Seinen Wohnsitz auf und auch der Segen findet
sich nur an einem Orte, der Männlich und Weiblich vereinigt.
So heißt es denn auch: „Und Er segnete sie und nannte ihren
Namen Adam30, am Tage da sie geschaffen wurden31”, und
nicht: „Er segnete ihn und nannte seinen Namen Adam”. Denn
sogar der Name „Mensch” wurde nur dem Männlichen und
Weiblichen zusammen gegeben.

Vom Ur-Zusammenhang der Geschlechter32


„...Wenn sie sich dann verbinden, erscheinen sie als ein Körper
wahrhaftig. Daraus folgt, dass das Männliche allein nur als ein
halber Körper erscheint ... und ebenso das Weibliche. Erst
wenn sie sich verbinden, werden sie zur Einheit. Und wenn sie
sich zur Einheit verbunden, freuen sich alle Welten, weil von
einem vollkommenen Körper alle Menschen Segen empfangen.

29
Sohar I. fol. 55b
30
Die Wörter „Adam“ und „Mensch“ enthalten in der hebräischen Sprache
die gleichen Konsonanten und sind damit austauschbar. Quelle: Fußnote in
Genesis 5, der World English Bible im Internet
31
Die Bibel, 1. Moses 5,2
32
Sohar, III. fol. 296a

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Was darum nicht Männlich und Weiblich enthält, wird ein
halber Körper genannt. Und es kann kein Segen walten an
einem makeligen, mangelhaften Dinge, sondern nur an einem
vollkommenen Orte und nicht an einem halben, denn halbe
Dinge können in Ewigkeit nicht bestehen und in Ewigkeit
keinen Segen aufnehmen ...”

Vom ersten Menschen33


Rabbi Jizchak sagte: „Der Mensch wurde doppelgesichtig
erschaffen. Darauf verweist die Stelle, wo Gott eine seiner
Rippen nahm, sie ihm absägte, und zwei Wesen entstanden,
von Osten und von Westen, was in dem Satze ausgesprochen
ist: Rückwärts und vorne hast Du mich gebildet 34. Rückwärts –
das ist die Seite des Niedergangs, vorne – jene des Aufgangs.”
Und Rabbi Chija sagte: „Was tat der Allheilige? Er gestaltete
jenes Weibliche, vollendete ihre Schönheit über alles und
brachte sie dem Menschen. Wie geschrieben ist:
Und es baute JHWH Elohim die Rippe, die er vom
Menschen genommen, zum Weibe35.
Und wenn es vorher heißt: Und er nahm eine von seinen
Rippen, so ist dies im gleichen Sinne gemeint wie in den
Worten: Eine ist sie, meine Taube, meine Reine, eine ihrer
Mutter36. Und Rippe bedeutet einfach Seite, wie in den Worten:
An der Seite des Stiftzeltes37”.

33
Sohar II. fol. 54b-55a
34
Die Bibel, Psalm 139,5
35
Die Bibel, 1. Moses 2,22
36
Die Bibel, Hohelied 6,9
37
Die Bibel, 2. Moses 26,20

Seite 40 von 215


Rabbi Abba sagte: „Der erste Mensch bestand aus Männlichem
und Weiblichem, wie es heißt: Und es sprach Gott: Lasset uns
einen Menschen machen in unserem Abbild, nach unserem
Gleichnis. Hiernach wurden also Männliches und Weibliches in
einem geschaffen und trennten sich erst später.”
Der Sohar beschreibt den ersten jüdischen Menschen als
doppelgesichtig, nach Seinem Abbild, mannweiblich in einem.
Erst später wird er aufgetrennt, genauso, wie es auch Platon
beschrieben hat.
In unmissverständlicher Weise sind der Name „Elohim“ und
die Verben in diesem biblischen Kontext im Plural
geschrieben, denn dem biblischen Autor stand
selbstverständlich noch die androgyne Dualität klar vor Augen,
obwohl doch das androgyne Ehepaar später als
monotheistischer Gott betrachtet wurde.
Doch nicht nur die Geschichte, auch die Kernbuchstaben (I und
U) der jüdischen und keltischen Religion stimmen überein,
sondern nach Aussage des Sohars auch die
Buchstabencodierung, die auf den Vokalen Cholem (O),
Schurek (U), Chirik (I) basiert.

Der Ur-Glanz aus dem alle Worte geschaffen 38


„Dies ist Sohar, der Ur-Glanz, aus dem alle Worte
geschaffen wurden im Geheimnis der Ausbreitung jenes
verborgenen Punktes. Und wenn hier das Wort schaffen
(Bara) steht, so ist es nicht zu verwundern, dass dann
wieder folgt: Es schuf („bara“) Elohim den Menschen in
Seinem Ebenbild. Dieses Geheimnis ist das des Uranfangs,
da alles in Seinem Namen enthalten war.
38
Sohar I. fol. 15b-16a

Seite 41 von 215


Erst nachher, als es zum Namen Elohim entwickelt war,
brachte es die Geschlechterfolgen hervor aus jenem Samen,
den es empfangen hatte.
Welches ist aber der Same selbst? Die Laut-Zeichen,
geprägt im Geheimnis der Thora, die in jenem Punkte ihren
Ursprung haben. Denn es ging von jenem Punkte als der
Same in die Palasteshülle das Geheimnis der drei
Vokalpunkte: Cholem (O), Schurek (U), Chirik (I), sich
vollendend aneinander und ein Geheimnis bildend.“
Schurek (U) und Chirik (I) sind jedoch genau die androgynen
Symbole in den Namen der wichtigsten Götter, des römischen
Diu-piter, des keltisch- und germanischen Gottes Tuisco.
Der Sohar betont in erhabenen, klaren Worten die Bedeutung
der Ehe als ein unzerbrechlicher, von Gott geheiligter Verbund
zwischen Ehemann und Ehefrau. Die Beschreibung
dokumentiert eine auffällige Übereinstimmung mit der
androgynen Schöpfung im Symposium.
Der erste Mensch wurde doppelgesichtig in Zwittergestalt
erschaffen. Dessen zwei Gesichter waren rücklings verbunden
und konnten sich nicht in die Augen sehen. Sie waren einsam,
obwohl sie doch miteinander verbunden waren.
Erst einige Zeit nach der Erschaffung wurden sie von göttlicher
Hand getrennt, und Gott führte sie zueinander, von Angesicht
zu Angesicht, wie ein Brautpaar.
Der Sohar fügt dem noch hinzu, dass der erste Mensch weder
männlich noch weiblich gewesen sei, sondern männlich-
weiblich. Da jedoch Gott diesen Zwittermenschen nach seinem
Abbild geschaffen hatte, muss aber auch der biblische Schöpfer
zur Zeit der Schöpfung eine Zwittergestalt gewesen sein.

Seite 42 von 215


Diese Legende beschreibt offensichtlich eine Hochzeit, in dem
die Braut während der Heiratszeremonie durch Entschleierung
dem Partner präsentiert wird. In traditionellen
Hochzeitstraditionen werden offensichtlich manchmal Spiegel
verwendet, um das Hochzeitspaar einen Blick auf die
„wiedervereinte“ Menschengestalt und ebenfalls auf das Abbild
des Schöpfergottes zu lassen39

Die Hieroglyphen unserer Sprache


Es sind deshalb die Vokale Cholem (O), Schurek (U), Chirik
(I),, welche sich in der Sprache endlos dehnen lassen, die sich
als die Schlüssel der religiösen Symbolik gestalteten. Es sind
die Buchstaben, die in den alten Manuskripten nicht
geschrieben und in den alten Alphabeten nicht dokumentiert
wurden. Es sind die heilige Zeichen – die Hieroglyphen unserer
Sprache.

39
Details zu den Afghanischen Hochzeitsritualen wurden von Khaled
Hosseini in seinem Buch „Der Drachenläufer“ dokumentiert.

Seite 43 von 215


1994: Teilhard de Chardin
Es war mir klar, dass eine Diskussion im Bereich dieser
Themen den Fortschritt der Analyse beschleunigen würde. So
suchte ich 1994 den Kontakt zur Teilhard de Chardin
Studiengruppe, die sich auf die Synthese den weichen α- und
exakten β- Wissenschaften konzentriert und als Symbol dieser
Synthese das γ-Symbol auserwählt hatte. Der Kontakt kam
zustande durch einem Hinweis meines Onkels Theo 40, der mich
mit meiner damaligen Freundin bereits in den Jahren 1969 als
Studenten nach Amsterdam eingeladen hatte.
Teilhards Thesen lieferten jedoch keine Beweise – eben nur
ansprechende und überzeugende Theorien. Der Beweis dieser
Thesen fehlte damals und fehlt auch heute immer noch. Erst in
2007 lieferte Richard Dawkins mit der Veröffentlichung Der
Gotteswahn den für mich ausreichenden Beweis, dass die
Religion auf Menschenwerk beruht.
Das jedoch konnte die Suche nach der stabilisierenden
Regelungsfunktion der Religion und den Leitfäden zum Leben
nicht unterbrechen. Die Religion war da und sie funktionierte.
Zur Funktionalität der Regelungsfunktion war die Existenz
Gottes ohnehin unerheblich, solange die Beweise seiner Nicht-
Existenz fehlten...
Meine Zustimmung zu Dawkins These über die Schädlichkeit
der Religionen wurde von den Mitgliedern der TdC-Stiftung

40
Vorsitzender der niederländischen TdC-Stiftung „Op Nieuw Spoor“

Seite 44 von 215


entsetzt aufgenommen, aber in wissenschaftlichen Studien
müssen nun mal die negativen wie die positiven Ergebnisse als
gleichwertig akzeptiert werden.

Gamma
Die Teilhard de Chardin-Stiftung veröffentlicht vier- bis
sechsmal pro Jahr eine Zeitschrift Gamma41, die als
Diskussionsplattform dient. Ab März 199542 konnte ich in
einem kleinen Kreis mit Geistesverwandten bis 2007 mehrmals
jährlich Beiträge veröffentlichen, die auch heute noch auf der
Download-Seite der Stifzung zur Verfügung stehen.
Der Prozess einer Veröffentlichung in einer Zeitschrift kostete
viel Zeit für die Aufbereitung und die Druckphase. Von der
ersten Version eines Beitrags bis zur Veröffentlichung
vergingen in der Regel einige Monate. Der Vorteil dieser
Arbeitsweise ist jedoch das Zwei-Augenprinzip, das durch
mehrfacher Kontrolle eine bessere Qualität der Ergebnissen
sicherstellt.

Veröffentlichungen in Gamma 1995-2007


Zu den Themen dieser Veröffentlichungen gehören u.a. :
• Der Eid des Prometheus (3/'95 bis 6/'96) zu den
Themen Ethik und Religion für die Stabilität einer
Gesellschaft43.
• Jean Charons Kommunikationstheorie (3/1996)

41
ISSN: 1570-0089 - in niederländischer Sprache
42
Jahrgang 2, Nr. 3 (März 1995) - ISSN: 1570-0089
43
aus einem bereits zuvor veröffentlichten englischen Manuskript The
Hippocratic oath revisited abgeleitet – ISBN 1858212014, 9781858212012

Seite 45 von 215


• Androgyne Symbolik in der Menschwerdung (9/'96)
• Vor- und Nachteile der Globalisierung (12/'96)
• Diskussion zu Jean Charons Theorie (5/'97)
• Im Namen Gottes (jrg4 nr.5 aug.'97) mit der Analyse
der androgynen IU-, IO und IV-Kernen in den
göttlichen Namen. Auch der IU-Kern im arabischen
Wort für Gott ‫ ا‬wird hier bereits dokumentiert.
• Der Preis einer stabilen Gesellschaft (12/'97)
• Die Kabbala von Papus, Paris 1903 (2/'98)
• Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten von
Robert M. Pirsig (8/1998)
• Die Spur der Götter - von Graham Hancock (10/'98)
• Sexualität und Zölibat (12/'98)
• Quintessenz zum Leben zwischen Haben und Sein
von Erich Fromm (4/'99)
• La Langue d'Ic44 (4/'99).
• Die Farbe Violett (2/2000) mit der Bedeutung der
Farbe Purpur als Mischung von Rot und Blau.
• Omega – die Idee hinter der Evolution (6/2000)
• Spinoza (8/2000)
• Tao-te-king von Lao-Tse (2/2001)
• Die Kabbala in unserer Sprache mit der Analyse der
Symbolik unserer Sprache und die Bedeutung der
Pronomina (4/2001)
• Die Philonische Geheimlehre (6/2001)
• Das dialektische Prinzip (8/2001)
• Germania (8/2002)
• Die Psyche -zum Lebenswerk Sigmund Freuds (12/'02)

44
mit einem ersten Kapitel aus dem 2000 veröffentlichten Gottesspiegel

Seite 46 von 215


• Metamorphosen mit der Gestaltung der androgynen
Schöpfung aus Platons Symposium in 12 Farbbildern,
die in Weissach/Tal ausgestellt wurden (10/'03)
• Der Gottesspiegel mit dem Hermes von Roquepertuse,
Tuisto, den deutschen Ortsnamen, usw. (10/'04)
• Das Geschenk des Bernsteins (10/2005)
• Das Zeitalter der Portale (6/2006)
• Die Bedeutung der Schöpfungslegende (9/2006)
• Wahrnehmung und Wahrheit (12/2006)
• Die Kunst des Liebens45 von Erich Fromm (6/2007) in
dem der jüdische Psychoanalytiker die Bedeutung
beider Eltern für die ausgewogene, androgynen
Erziehung dokumentiert.
Die Beiträge wurden bis 200746 in Gamma veröffentlicht. Zum
Jahresanfang 2007 suchte ich einen anderen, einfacheren und
moderneren Weg zur Veröffentlichung im Internet, das mir
vielleicht erlauben würde auch ein anderes oder größeres
Publikum zu erreichen.
Es war mir auch klar, dass der niederländische Sprachraum für
Veröffentlichungen zu diesem Thema begrenzt ist und eine
Diskussion oder Veröffentlichung nur dann auf Resonanz
stoßen könnte, wenn man die Beiträge in Englisch oder
zumindest auch in Deutsch verfassen würde.

45
Ein Bestseller mit einer Auflage von 5 Million Exemplaren
46
Jahrgang Nr. 14, Nr. 2 (Juni 2007)

Seite 47 von 215


1995: Der Eid des Prometheus
Der Eid des Prometheus47 deutet bereits die religiösen
Symbolik der Ziffern und Buchstaben an. Es war mir
aufgefallen, dass mit Hilfe der IO-, IU- und IV-Kernen eine
Vielzahl an Götternamen gebildet werden konnte: Dio, Dios,
Jovis, Odin, Ji-piter, Dyaus-Pater, Deus, Dieu, Ilu, Dui, Tiu,
Tiusko, Divus, Tivar, usw. Die runde Form der Ziffer 0 und die
Säulenform der Ziffer 1 wurden als weiblichen, bzw.
männlichen Basissymbole identifiziert. Die zugehörigen
römische Grundziffern V und I bilden in diesem Sinne ein
gleichwertiges Fundament für die alt-römischen Religion.

1999: La Langue d'Ic


In August 1999 publizierte Gamma48 das Manuskript La
Langue d'Ic49, dessen Titel bereits die symbolischen Bedeutung
der Pronomina hervorhob. Der Titel bezieht sich auf die in Juni
dieses Jahres abgeschlossenen Reise50 in die Languedoc, wo
man die okzitanischen Ursprache des französischen Südens
noch in den Ortsschildern und in der revolutionären Graffiti auf
den Umspannstationen neben der Straße ablesen kann. Ich
frage mich heute, ob nicht auch bereits die Katharen die
religiösen Symbolik ihrer Sprache gekannt oder gar
mitgestaltet haben könnten, denn sie enthält wesentlich mehr
religiösen Symbole als die nordfranzösischen Langue d'Oui,
aber das war mir zur Zeit dieser Reise noch nicht bewusst.

47
Teil 3, Ausgabe September 1995
48
Gamma jrg6 nr.4 aug.'99
49
in niederländischer Sprache
50
28.5.1999 bis 15.6.1999

Seite 48 von 215


Buchstabencodes
Von den Buchstabencodes war mir das männliche Symbol I
und das weibliche Symbol U, bzw. V im Gottesnamen bereits
bekannt, aber die genaue Entschlüsselung ließ noch einige Zeit
auf sich warten. In den Ego-Pronomina (italienisch Io und
spanisch Yo) wurden das I korrekt als männliches, aber das O
noch irrtümlicherweise als weibliches Symbol verstanden.
Auch einige Konsonanten51 wurden damals noch als mögliches
männliches, weibliches oder androgynes Symbol betrachtet. In
1999 fehlt mir noch die Entschlüsselung der iéu-Codierung im
provenzalischen Ego-Pronomen iéu und im göttlichen
provenzalischen Namen Diéu, die erst später - in 2010 - mit der
Entdeckung des Textes Mirèio52 in Okzitanischer Sprache
folgen würde.

Daemon est deus inversus


Auch die negative Bedeutung der Umkehrung (UI anstelle IU)
in einer Buchstabenfolge wird in dieser Studienphase
untersucht, nachdem Blavatsky die umgekehrte Reihenfolge im
Zitat folgendermaßen identifiziert 53:
„Daemon est deus inversus“ -
Der Dämon ist das Kehrbild Gottes
Schließlich wird der „Teufel“ in niederländischer Sprache ja
auch als „Duivel“ formuliert, während im französischen
„Dieu“ das „i“ vór dem „u“ geschrieben wird.

51
z.B. das männliche Säulen-Symbol „l“
52
veröffentlicht in 1859 von Frederi Mistral.
53
Helena Blavatsky im Buch Geheimlehre.

Seite 49 von 215


Oui
In La Langue d'Ic werden sogar die „ja“-Wörter54 der
verschiedenen Sprachen auf die religiöse Bedeutung analysiert.

Farben Rot, Blau und Gelb


Aus dem Inhalt dieses Manuskripts La Langue d'Ic wird klar,
dass ich zu dieser Zeit Rot noch als weibliches und Blau als das
männliche Symbol betrachtet habe. Gelb dagegen wurde von
mir dagegen noch nicht als mittelalterliches Verräter-Symbol
erkannt.

2000: Der Gottesspiegel


Im Jahr 2000 veröffentlichte ich in der gleichen TdC-
Diskussionsrunde den „Gottesspiegel“55 in niederländischer
Sprache. Der Name wurde gewählt aufgrund des Bibelverses
Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort gewählt56.
Dieses Werk analysiert die androgynen Antipoden I und U, die
im Gottessymbol ebenso wie in der Ehe sich wie zwei Partner
an einem in deren Mitte vorhandenen virtuellen (göttlichen)
Spiegel reflektieren. Erst später57 wird mir klar wie ich das
Gottessymbol im Gottes Namen Diéu und im Pronomen iéu
mit dem göttlichen Spiegel é in der Mitte zwischen dem
männlichen i und dem weiblichen u zu verstehen habe.

54
insbesondere natürlich das französische „Oui“ und das okzitanische „Oc“
55
„De Godsspiegel – Dagboek van een reis door onze taal“ door E.π.
Meethuis (2000)
56
Bibelvers 1. Kor. 13,12
57
in 2010

Seite 50 von 215


2001: Randnotizen eines Buchflüsterers
In 1994 stirbt Theo und in 2001 Walter, die mir immer wieder
mit ihren dialektischen Diskussionen sowie Briefen
beigesteuert und inspiriert hatten. Von zwei Seiten (Walter und
Pierre) erhalte ich umfangreichen Büchersammlungen, die mir
zunächst erheblichen Kopfzerbrechen besorgen. Die
Büchermengen sind einfach zu groß. Auch mein Freund Peter
bietet mir immer wieder Bücher zur Übernahme an.
Nach seinem Tod vererbt mir Walter eine gigantischen
Bibliothek mit etwa 4000 Bändern. Als ich die Büchermenge
nach einigen Monaten erstmalig untersuche stelle ich fest, dass
er in nahezu jedem Buch Notizen und Notizzettel hinterlassen
hat. Diese wollen erst einmal gelesen und analysiert werden.
Bis etwa 1955 hat Walter seine neu beschafften Bücher fast
immer mit einem Datum paraphiert, sodass sich daraus leicht
eine genaue Chronologie ableiten lässt. In den späteren Jahren
musste ich die Anschaffungsdaten etwas ungenauer aus den
Angaben zur Auflage abgelesen, welche die Verlage
normalerweise im Buch dokumentieren.
Mit Intervallen arbeitete ich nun einige Jahre, von 2001 bis
2010 an der Inventur und Analyse der Notizen und Buchtitel.
Im Laufe der Untersuchung erschien es mir 2009 interessant
aus den Funden eine biografische Studie zusammen zu stellen
zu den Themen der von Walter kommentierten Büchern.58

58
Randnotizen eines Buchflüsterers

Seite 51 von 215


De Rerum Novarum
Mit dem angegebenen Anschaffungsjahr 1936 ist „De Rerum
Novarum“ eines der ältesten Bücher und auch eines der
Schlüsselelemente in Walters Sammlung. Das stark beschädigte
Exemplar deutet auf eine intensive Studie.
Es ist allerdings möglich, dass dieser Text vom 16-jährigen
Walter in Schulungsverband analysiert und kommentiert
wurde. Dagegen spricht jedoch, dass abgesehen von diesem
Werk keine andere Schulbücher gefunden wurden.
Offensichtlich war es üblich die Schulbücher vom Schulfonds
aus zu leihen und brauchbaren Exemplare nach Ablauf des
Schuljahres diesem Fonds zurück zu geben. Umfang und Art
der Notizen auf ein intensives Interesse an einer Lösung der
sozialen Probleme der damaligen Zeit.
Genau genommen enthält das Buch zwei Enzykliken und zwar
die erste Version des Papstes Leo XIII aus dem Jahr 1891 und
anschließend den Kommentar des Papstes Pius XI zum
vierzigjährigen Jubiläum der Erstausgabe in 1931.
Es ist Walter sofort aufgefallen, dass die Ansprachen des ersten
und des zweiten Hirtenbriefes sich unterscheiden. Leo XIII
beginnt seine Version des Rerum Novarum mit den Worten
„Ehrwürdige Brüder, Heil und apostolischen Segen“. Pius XI
fügt dieser Ansprache eine neuen Kategorie hinzu:
„Ehrwürdige Brüder, geliebte Söhne, Heil und apostolischen
Segen“.
Leo XIII wendet sich in seinem Schreiben an alle Patriarchen,
Primaten, Erzbischöfe der Katholiken Welt, die in Frieden und
Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl leben. Der Papst hat
diesen Brief nur an die geistlichen Obrigkeit adressiert.

Seite 52 von 215


Pius XI richtet sein Schreiben jedoch an „an unseren
erwürdigen Brüdern, den Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe,
Bischöfe und andere lokale Ordinarii, die in Frieden und
Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl leben, sowie an alle
Gläubigen der Katholischen Welt“.
Im zweiten Brief wendet sich die Kirche daher nicht nur der
höheren Geistlichkeit sondern auch den männlichen Gläubigen
zu, denn die Anrede richtet sich ja an die Brüder und Söhne,
welche die Nachricht dann vielleicht doch noch den
Schwestern und Töchtern vermitteln sollten...
Dieser Ausschluss der weiblichen Hälfte der Bevölkerung ist
dem aufmerksamen Walter aufgefallen. Er verweist im zweiten
Hirtenschreiben mit einer handschriftlichen Notiz nach „R.N.“,
das heißt „Rerum Novarum“.
Beide Enzykliken behandeln übrigens ein hochaktuelles
Thema: „Über den Zustand der Arbeitenden Bevölkerung“.
Auch in der heutigen Zeit wäre ein dritter Hirtenbrief zu
diesem Thema sicherlich nicht fehl am Platz. Andererseits ist
mittlerweile klar, dass die kirchliche Macht in den vergangenen
Jahrzehnten im ökonomischen Bereich stark nachgelassen hat.
Die von der Kirche zurecht verurteilte „Wucher der
habsüchtigen Spekulanten59“ hat sich ja in den letzten Jahren60
ungehemmt entfalten können.

59
Seite 10 (in der Einführung zu Rerum Novarum)
60
Selbstverständlich hat die Spekulationsphase bereits viele Jahren vor dem
Bankrott der Lehman-Bank angefangen.

Seite 53 von 215


Pius XI beginnt seinen Kommentar mit einer kurzen
Zusammenfassung des um vierzig Jahre älteren Rerum
Novarum. Darin bedauert der Oberhirte, dass „sich eine so
große Menschenzahl unverdient in einem elenden und
jämmerlichen Zustand befindet“61, und großmütig nimmt Er62
sich persönlich die Sache der Arbeiterschaft zu Herzen, „die
den unmenschlichen Praktiken der Arbeitgeber und einer
unbändigen Konkurrenzkampf anheim gefallen sind“63.
In Kapitel 2c fasst Leo XIII nochmals die Pflichten der
Gläubigen zusammen64:
• dass es jedem freigestellt wird den Rat des Herrn Jesus
Christus zur Keuschheit zu folgen oder aber sich in der
Heirat zu binden.
• dass das Hauptziel der Ehe bestehe im „Wachsen und
sich Vermehren“.
Zum Schutz der Familien fordert der Papst ein ausreichenden
Lohn für die Hausväter, damit die Hausfrauen sich
uneingeschränkt auf den Haushalt konzentrieren können. Der
Arbeiter soll mit seinem Lohn nicht nur seinen eigenen
Existenz, sondern auch den Unterhalt seiner Familie
finanzieren können65.

61
Seite 56, Grundlach-Nr. 10. Beide Hirtenbriefe werden nach dem
Schema der Grundlach-Nummerierung strukturiert.
62
Im Manuskript von 1936 wird „Er“ wohl als Stellvertreter Gottes mit
einem Großbuchstaben geschrieben. An anderer Stelle wird in „Unser
Papststum“ angedeutet, dass der Papst seine Person in Plural ausdrückt.
63
Seite 56, Grundlach Nr. 10
64
Seite 15, Rerum Novarum, Grundlach Nr. 9
65
Seite 80, Grundlach Nr. 71.

Seite 54 von 215


Zum Interessenausgleich werden Gewerkschaften benötigt.
Selbstverständlich obliegt den Bischöfen jedoch die
Entscheidung, bei welcher Gewerkschaft sich die Katholische
Arbeiter organisieren dürfen66.
Auffällig ist dass der Papst den Streik verbietet. Falls die
Arbeiter und Arbeitgeber sich nicht einigen können, soll die
Behörde eingreifen67. Offensichtlich stört sich Walter nicht an
diesen Regeln. Als gläubiger Christ akzeptiert er
selbstverständlich die katholischen Vorschriften...
Eine bemerkenswerte, prophezeiende Aussage weist darauf hin
dass68:
„die Diktatoren, die den Geldmarkt beherrschen auch
unbeschränkte Macht über die Kreditvergabe ausüben;
sie kontrollieren dann den Blutkreislauf der Ökonomie
und haben sozusagen die Wirtschaft so sehr in ihrer
Macht, dass niemand gegen ihren Willen auch nur
atmen könnte.“
Und zuletzt bleiben nur die übrig, „welche die
schlimmsten Gewissenlosigkeit praktizieren“.
Insgesamt kann man ruhig annehmen, dass dieser Hirtenbrief
aus dem Jahre 1931 auch 2009-2010 noch höchst aktuell ist
und auf die fundamentale Kernprobleme des heutigen
Zeitalters deutet. In seinen Notizen bestätigt Walter die
kirchlichen Diagnosen.

66
Seite 65, Grundlach Nr. 35
67
Seite 89, Grundlach Nr. 94
68
Seite 92, Grundlach Nr. 106

Seite 55 von 215


Bei der Entwicklung seines ethischen Wertekatalogs müssen
die beiden Hirtenbriefe eine große Rolle gespielt haben. Eine
Übersicht der übrigen Büchern würde den Rahmen dieses Werk
sprengen und ist teilweise schon in anderen Werken
dokumentiert69.
Rerum Novarum muss wohl als das Schlüsselbuch zu Walters
Entwicklung betrachtet werden. Darin wird die damalige Rolle
der Frau als dem Manne unterwürfig betrachtet. In der Ehe sei
der Mann der stellvertretende Sprecher beider Ehepartnern. Mit
dieser Lebenseinstellung wurden die älteren Generationen ins
Leben entlassen - wie es in der damaligen Zeit von der Kirche
gelehrt worden ist.
Ich fragte mich warum eigentlich die untergeordnete Frau im
Gottesnamen IHVH und Dieu von einem weiblichen Symbol
völlig gleichberechtigt direkt neben dem männlichen Symbol
„I“ platziert wurde. Lag die Begründung für diese
Unterordnung vielleicht nur an der Interpretation einiger
wenigen Zeilen in einer fragwürdigen Version der alten
Schöpfungslegende?

69
Randnotizen eines Buchflüsterers

Seite 56 von 215


2004: Metamorphosen
Die Idee der androgynen Menschwerdung in 2004 eine
Ausstellung zu widmen stammt von meinem Freund Stefan,
der zugleich die Vernissage mit einem musikalischen Highlight
zu einer würdigen Feier ausschmücken würde. Ein solches
Projekt benötigt mindestens ein Jahr Vorbereitung, so dass der
Grundstein dazu bereits am 1 Mai-Feiertag 2003 gelegt wurde.

Die Farbenspieler
Mit der Ölmalerei hatte ich 1997 begonnen. In den darauf
folgenden Jahren wuchs die Produktion beträchtlich, sobald ich
die graphischen Darstellung der androgynen Symbolik zum
Hauptthema erhoben hatte. Nach einigen Jahren wurde ich
Mitglied der Malergruppe Farbenspieler, die Hermann Metzger
2001 gebildet hatte. Studienreisen und Ausstellungen folgten,
wobei die Gruppe Farbenspieler eine große Rolle spielte:
• 2001: Bildung der Malergruppe Farbenspieler unter
Leitung von Hermann Metzger.
• 2002: Studienreise in die Toskana
• 2004: Studienfahrt in die Provence
• 2004: Ausstellung in Weissach und in Rommelshausen
• 2005: Ausstellung im ZPF-Klinikum in Winnenden
• 2006: Ausstellung im Rathaus in Rommelshausen
• 2007: † Hermann Metzger.
• 2010: Ausstellung „Hommage à Hermann Metzger“ im
ZPF-Klinikum in Winnenden70.

70
von 22.1.-30.6.2010

Seite 57 von 215


Metamorphosen
Die Ausstellung "Metamorphosen" fand von 3. April 2004 bis
18. April 2004 im unterweissacher Bürgerhaus statt. Das
Hauptthema basiert auf Platos Symposion71, das in dieser
Ausstellung in einem Dutzend Gemälden mit erläuternden
Untertiteln illustriert wurde.
Platos Symposion ist eine Dichtung, in der Philosophen,
Dichter und Gelehrte dargestellt werden bei Gelegenheit eines
geselligen Zusammenseins. Der junge Dichter Agathon
veranstaltet eine Nachfeier seines Tragödiensieges in seinem
Hause und nach Beendigung des Mahles macht Phaidros, ein
Jüngling aus dem Kreise des Sokrates, den Vorschlag jeder der
Teilnehmer solle eine Rede halten, und zwar zum Preise des
Eros, der von den Dichtern niemals würdig genug besungen
sei.
In einer Bilderreihe werden die Höhepunkte dieser Reden
zusammengefasst. Platon beschreibt darin, wie das Leben
stufenweise die Vollkommenheit annähert und erreicht. Ein Teil
der Gemälden wurde beschriftet mit Titeln und Kurzformeln,
die aus Platos Dialog abgeleitet worden sind, wie zum Beispiel:

1. Das dritte Geschlecht


Am Anfang gab es drei Geschlechter unter den Menschen,
während jetzt nur zwei, das männliche und das weibliche;
damals kam nämlich als ein drittes noch ein aus diesen beiden
zusammengesetztes hinzu, von welchem jetzt nur noch der
Name übrig ist, während es selber verschwunden ist.

71
Gastmahl

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2. Kinder des Mondes
Es waren aber deshalb der Geschlechter drei und von solcher
Beschaffenheit, weil das männliche ursprünglich von der
Sonne stammte, das weibliche von der Erde, das aus beiden
gemischte vom Monde, da ja auch der Mond an der
Beschaffenheit der beiden anderen Weltkörper teil hat.

3. Himmelstürmer
Sie waren daher auch von gewaltiger Kraft und Stärke und
gingen mit hohen Gedanken um, so dass sie selbst an die
Götter sich wagten; denn was Homeros von Ephialtes und Otos
erzählt, das gilt von ihnen, dass sie sich einen Zugang zum
Himmel bahnen wollten, um die Götter anzugreifen.

4. Zerschnitten
Deshalb schnitt Zeus die Menschen entzwei, wie wenn man
Beeren zerschneidet, um sie einzumachen, oder Eier mit
Pferdehaaren. Wen er aber jedesmal zerschnitten hatte, dem
ließ er durch Apollon das Gesicht und die Hälfte des Nackens
umkehren nach der Seite des Schnittes zu, damit der Mensch
durch den Anblick seiner Zerschnittenheit gesitteter würde, und
befahl ihm dann, das übrige zu heilen.

5. Sehnsucht
Als nun so ihr Körper in zwei Teile zerschnitten war, da trat
jede Hälfte mit sehnsüchtigem Verlangen an ihre andere Hälfte
heran, und sie schlangen die Arme umeinander und hielten sich
umfasst, voller Begierde, wieder zusammenzuwachsen

Seite 59 von 215


6. Halbmarken
Seit so langer Zeit ist demnach die Liebe zu einander den
Menschen eingeboren und sucht die alte Natur zurückzuführen
und aus Zweien eins zu machen und die menschliche
Schwäche zu heilen. Jeder von uns ist demnach nur eine
Halbmarke von einem Menschen, weil wir zerschnitten, wie
die Schollen, zwei aus einem geworden sind. Daher sucht denn
jeder beständig seine andere Hälfte.

7. Liebesgenuss
Wenn nun dabei einmal der liebende Teil auf seine wirkliche
andere Hälfte trifft, dann werden sie von wunderbarer
Freundschaft, Vertraulichkeit und Liebe ergriffen und wollen,
um es kurz zu sagen, auch keinen Augenblick von einander
lassen. Und diese, welche ihr ganzes Leben miteinander
zubringen, sind es, welche doch auch nicht einmal zu sagen
wüssten, was sie von einander wollen.
Denn dies kann doch wohl nicht die Gemeinschaft des
Liebesgenusses sein, um dessen willen der eine mit dem andern
so eifrig zusammenzusein wünscht: sondern nach etwas
anderem trachtet offenbar die Seele von beiden, was sie nicht
zu sagen vermag, sondern nur ahnend zu empfinden und in
Rätseln anzudeuten.

8. Vereint
Und - wenn zu ihnen, - während sie dasselbe Lager teilten,
Hephaistos mit seinen Werkzeugen hinanträte und sie fragte:
»Was wollt ihr Leute denn eigentlich voneinander?« und, wenn
sie es ihm dann nicht zu sagen vermöchten, sie von neuem
fragte:

Seite 60 von 215


»Ist es das etwa, was ihr wünscht, möglichst an demselben Orte
miteinander zu sein und euch Tag und Nacht nicht von
einander zu trennen? Denn wenn es euch hiernach verlangt, so
will ich euch in eins verschmelzen und zusammenschweißen,
so dass ihr aus Zweien einer werdet und euer ganzes Leben als
wie ein Einziger gemeinsam verlebt, und, wenn ihr sterbt, auch
euer Tod ein gemeinschaftlicher sei, und ihr dann wiederum
auch dort im Hades einer statt zweier seid. Darum seht zu, ob
dies euer Begehren ist, und ob dies euch befriedigen würde,
wenn ihr es erlangtet«.

9. Glückselig
Ich habe vielmehr alle, Männer und Frauen, im Sinn, wenn ich
sage, dass so unser Geschlecht glückselig sein würde, wenn wir
das Ziel der Liebe erreichten und jeder den ihm eigentümlichen
Liebling erlangte und mit ihm in die alte Natur zurückkehrte.

10. Eros in Gedanken


Und dem Gott, der uns dies gewährt, müssen wir mit Fug und
Recht lobsingen, dem Eros, welcher uns für die Gegenwart die
größte Hilfe bereitet, indem er uns zu dem uns Verwandten
hinleitet, für die Zukunft aber die größten Hoffnungen in uns
erregt, er werde, wenn wir die Ehrfurcht gegen die Götter
bewahren, zu dieser ursprünglichen Natur uns zurückführen
und durch Heilung unserer Schwäche uns glücklich und selig
machen.

Seite 61 von 215


11. Fort-Pflanzen
So will ich deutlicher sagen - nämlich brünstig sind alle
Menschen, Sokrates, an Leib und an Seele, und wenn sie in ihr
Alter gekommen sind, so begehrt unsere Natur zu zeugen.
Doch im Hässlichen vermag sie nicht zu zeugen, aber im
Schönen. Denn Mannes und Weibes Gemeinschaft ist Zeugung.
Dieser Vorgang ist göttlich und dies ist im sterblichen Wesen
das Unsterbliche: die Befruchtung und die Geburt.
Wenn das Reifende einem Schönen naht, so wird es heiter und
von Freude durchströmt und es zeugt und gebiert.
Daher entsteht im Reifenden und Trächtigen so vieler Eifer um
das Schöne, weil es den, der es besitzt, von großen Wehen
befreit. Denn die Liebe, Sokrates, gilt nicht dem Schönen, wie
du glaubst. – Aber wem denn? – Die Zeugung und dem
Gebären im Schönen.

12. Unsterblichkeit
Durch diese Einrichtung, Sokrates, hat Sterbliches an der
Unsterblichkeit teil, der Leib und alles übrige... das
Unsterbliche durch eine andere.
Die Komposition der Bilderreihe mit den Unterschriften zur
Ausstellung "Metamorphosen" ist zur Zeit nur noch im Internet
integral verfügbar. Nach der Ausstellung wurden einige
Gemälde verkauft, andere verschenkt, ausgeliehen oder
vielleicht auch übermalt. Denn die Bilder sind ebenso wie die
Menschen den Gesetzen des Werdens und Seins unterworfen.
Sie wachsen heran, zeugen Kinder und sterben – wie die
Schöpfer und Geschöpfe dieser Erde...

Seite 62 von 215


2006: Die Bernsteinstraße
In meinen Studien war nun klargeworden, dass nicht nur
Städte wie Duisburg (Tuiscoburgum) und Doesburg
(Tuiscoburgum Batavorum) einem religiösen Prinzip bzw. einer
Gottheit (dem germanisch-keltischen Schöpfergott Tuisco)
gewidmet worden sind. Auch die Stationen auf dem Weg der
Handelsströmen erhielten wohl Namen, die der jeweils
wichtigsten Handelsware zugeordnet wurden. Insbesondere die
Namen, die auf den Bernsteinhandel und auf den Schöpfergott
Tuisco hinwiesen wollte ich nun genauer kartieren.
Bernsteine wurden großflächig in ganz Europa auch in
Kleinstmengen gesucht, gefunden, abgebaut und verhandelt.
Einige Fundstellen sind nachweislich seit der Steinzeit bekannt.
In allen Varianten, Formen und Farben wurde Bernstein als
Heilmittel, Amulett oder Vermögensanlage geschätzt und
verhandelt. Die Rohmaterialien und Endprodukte wurden über
riesigen Distanzen transportiert. Dabei wurden im Laufe der
Jahrhunderten viele Ortsnamen geprägt, die bis heute erhalten
geblieben sind. Zahlreiche Beispiele davon sind im Buch Der
Brenner Codex - die Bernsteinstraße dokumentiert.
Die Ortsnamen verraten uns die genaue Lage und das relative
Alter, die Namensdichte die Population und die Erfolge der
Handelswege. Vor unseren Augen entwickelt sich die
außerordentlich gut organisierte und selbstbewusste
Völkergemeinschaft, die den Bernstein als ihren ersten
Exportschlager entdeckt hat.

Seite 63 von 215


Der Brenner & Tuisc Codex
In 2006 dokumentierte ich den damaligen Gesamtstand des
Wissens in Der Brenner & Tuisc Codex72. Das Buch
dokumentiert die These der mittelalterlichen Namensvergaben
für europäische Siedlungen auf Basis der wichtigsten
deutschen Handelsware Bernstein, beziehungsweise dem
deutschen Schöpfergott Tuisco.
Die bis dahin identifizierten Symbole wurden in dieser
Zusammenfassung dokumentiert, u.a. der Hermes von
Roquepertuse, dessen Symbolik ich auf der Studienreise 2002
in der Toskana kennengelernt hatte, die Texte des Sohars, die
Symbolik der Pronomina, die androgynen Symbolik Tuistos
und die Korrelation des niederländischen Namen Duitsch
(Deutsch) mit Tuisto. Zur dokumentierten religiösen Symbolik
gehören auch die bereits 1997 identifizierten UI-Struktur des
arabischen Wortes (in Arabischer Schrift ‫ )ا‬für Gott, das ggf.
wie IHVH auf einen UI-Kern basiert.
Später wird der Inhalt dieses Manuskripts zur Veröffentlichung
in Scribd wieder aufgeteilt in
• Der Brenner Codex - die Bernsteinstraße
beziehungsweise:
• Das Buch Tuisco.

72
Der Brenner & Tuisc Codex: über die Bernsteinrouten und die teutsche
Religion, von Joannes Richter, 2006, ISBN: 9783830109655

Seite 64 von 215


2007: Google Maps and Google Groups
Um 2007 reiften die exzellente Werkzeuge heran um
Kartenmaterial in Google Maps und Dokumentation in Google
Groups zu dokumentieren. So entstanden z.B. folgende
Datensammlungen:

Bernsteinvorkommen73
Bernsteinvorkommen, sowie dokumentiert im Standardwerk
der Bernsteinverarbeitung "Bernstein-Tränen der Götter"74

Bernsteinstraße (Brennerpass)75
Rekonstruktion des Alpenübergangs der Brennerstrasse aus den
sog. "Brenner"-Namen, zuvor veröffentlicht in “Der Brenner
und Tuisc Codex”76. Zu den bekannten dem Bernstein
gewidmeten Namen gehören Fernstein77, Fernpass,
Brennerpass, Oberammergau (Ambergau), Ammersattel
(Ambersattel), Bärnsee, usw...
Zu den zahlreichen weiteren Routen der Bernsteinstraße
gehören einige Dutzend Strecken, die in der Gruppe
Bernsteinstrasse dokumentiert wurden.

73
Karte: Bernsteinvorkommen (erstellt am 2 Juli 2007)
74
1997 er Ausgabe - ISBN 3-7739-0665-X - M. Ganzelewski und R. Slotta.
75
Karte: Bernsteinstraße (Brennerpass) (erstellt am 6 Juli 2007)
76
J., ISBN 3-8301-0965-2 (R.G. Fisher Verlag, FFM)
77
Analog an der etymologischen Übereinstimmung zwischen Berona (Bern)
und Verona stammt Fernstein offensichtlich vom Wort Bernstein ab.

Seite 65 von 215


Hellwege78
Der Hellweg ist eine alte Handelsroute mit:
• den anerkannten Hellwegstationen in NRW,
• dem Hellweg in Westfalen,
• den möglichen Weiterführungen des Hellwegs,
• den Start- und Endpunkten der offiziellen
Hellwegdokumentation.

Mythologische Stätten Islands79


Die Mythologische Stätten Islands nach Karl Simrock und
(weitere) Hell-Stationen. Farbcodierungen unterscheiden:
• Die Hauptstadt Reykjavik,
• Hell-Stationen, wie z.B.Helleland (Baffin Island),
Hellisa, den Totenstand Nastrand in Hellisheiði, die
Fischersiedlungen Hellissandur und Hellnar,
• Thinggerichtsorte, z.B. AlÞing (Thingzentrum) auf der
Þingvellir,
• Orte der germanischen Mythologie, wie zum Beispiel
den Godafoss, d.h. der Götterwasserfall (aus der
Kristni-Sage).

78
Karte: Hellweg 1 (Hellwege) (erstellt am 7 Juli 2007)
79
Karte: Mythologische Stätten Islands (Erstellt 30. Juni 2008),
einschließlich Dokumentation.

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Castra Doloris80
Diese Karte dokumentiert die Stationen der Castra Doloris -
Auf Den Punkt Gebracht, das am 30.6.2009 in Scribd
veröffentlicht wurde. Das Konzept für dieses Manuskript ist
entstanden nach dem Besuch der masurischen Wolfsschanze
auf einer Studienreise in Polen.

Argonautenrouten81
Die vier auf dieser Karte dokumentierten die legendären
Argonautenrouten (Handelsroute für die Bernsteinhändler)
verbinden Donau und Neckar. Die Argonauten (ca. 50 Mann)
benutzten ein Amphibienschiff mit Rädern, dass man ggf. auch
12 tage lang tragen oder fahren konnte.
Bei den hier dokumentierten Strecken wurde so lange wie
möglich ein Wasserweg gefolgt. Die Strecken erreichen einen
Scheitelpunkt bei etwa 700-800m Höhe. Der zu überwindenden
Höhenunterschiede der Trägerstrecke betragen etwa 100-200m,
während die Albebene etwa 1000 Meter Höhen erreicht.

80
Karte: Castra Doloris (erstellt am 30 Juni 2009)
81
Karte: Argonautenrouten (erstellt am 29 August 2010)

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2007: Die Kunst des Liebens
In der Kunst des Liebens82 beschreibt der Psychoanalytiker
Erich Fromm dass die Kinder zur gesunden Heranreife in das
Erwachsenenalters sowohl die bedingungslosen, mütterlichen
Liebe wie die zu verdienenden väterlichen Liebe benötigen.
Ein Elternteil alleine kann nicht sowohl die bedingungslosen
als die zu verdienenden Liebe bieten, sodass dem Kind beide
Eltern zum ausgereiften Aufwachsen benötigt.
Deshalb wurde der Schöpfergott in der alten Religion aus
gutem Grund als idealisiertes, androgynes Elternpaar
betrachtet, das den Menschen sowohl die Mutter- wie auch die
Vaterliebe bieten konnte.
Auf der Stufe der vollen Reife hat sich der Mensch
idealerweise von der Person der Mutter und der des
beschützenden Vaters gelöst. Der Reife Mensch ist nach
Ansicht Fromms zu seinem eigenen Vater, zu seiner eigenen
Mutter geworden. Er ist – wie seine Schöpfergott – Vater und
Mutter zugleich geworden. So ist es wohl auch kein Wunder,
dass die meisten Schöpfergötter als androgyne Konzepte
entstanden sind: Dyaus, Jupiter, Tuisco, usw.
Der Kirchenvater Augustinus hat die alten Religionen sorgfältig
studiert und zitiert völlig korrekt Valerius Soranus 11:
„Mächtiger Jupiter, Vater der Könige, Dinge und Götter,
Mutter der Götter zugleich“83.

82
ISBN 978-3-548-36784-2 (veröffentlicht als The Art of Loving in 1956)
83
Erinnerungen an Adam und Eva

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2008: Aufräumen
Anfang 2008 wird mal wieder aufgeräumt. Der
Selektionsprozess ist einfach. Es gibt nur zwei Kategorien und
zwar „wertvoll“ und „überflüssig“. Man darf sich keine
weiteren Prädikate erlauben, sonst entartet die
Entscheidungsphase in Stress.
Bei diesem Aufräumen finde ich einen alten Brief datiert
29.8.1994 in dem Harry mir schreibt dass ihm der Schädel von
den pochenden Hammerschlägen dröhnt. Kurz danach stirbt er
an einer Gehirnblutung. Sind die Kopfschmerzen etwa eine
Ankündigung gewesen?
Während dieser Reinigungsphase mit den
Begleiterscheinungen des Erinnerns bricht die Börse
zusammen84 als Folge der Immobilienkrise in den USA. Ich
habe nur einen bereits halb vergessenen Fonds, das mir der
Staat und mein Arbeitgeber zur „Vermögensbildung“
aufgezwungen hatten und nun plötzlich auf die Hälfte des
angesparten Betrags zurückfällt. Vielleicht sollte ich auch diese
„Vermögensanlage“ mal entrümpeln...

Allmersbach
Anfangs Juni 2008 hatte mir ein Kollege aus dem ehemaligen
Antennelabor der Firma Telefunken in Allmersbach im Tal eine
30-minutigen Videoreportage zur geschichtlichen Entwicklung
der Antennentechnologie in diesem Labor zur Verfügung
gestellt.

84
am 21 Januar 2008

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Dieses Labor bildete meine erste Arbeitsstelle 85 nach dem
Studium und zur Dokumentation der damaligen Technologie
erschien es mir wichtig, diese Dokumentation im Internet zu
veröffentlichen.

Schallplatten
Dieses Video war nur eines von den etwa 150
Dokumentationen, die ich 2008 ins Internet übertrug. In der
Regel betrifft es südamerikanische Musik aus der
Schallplattensammlung86 meines Vaters, die größtenteils bereits
jahrzehntelang auf dem Dachboden meines Elternhaus
geschlummert hatte. Da die Sammlung einige Unikate und
Testaufnahmen enthielt, sollte das Wesentliche vor dem
Untergang bewahrt werden.
Zu Ehren des großen Ramon y Rivera wurden die Favoriten
meiner Jugend (auf der LP Folklore Venezolano: Amalia Rosa,
Sancocho e Guesito, Lejania, Brisas del Torbes ...) zuerst
erfasst. Im Rückblick gehören jedoch zur Zeit jüngere
Aufnahmen zu den erfolgreichsten Lieder in YouTube:
Canchunchú florido87, As Rosas Do Meu Caminho88, Ansiedad,
Vasija de Barro. Laut Statistik werden Aufnahmen dieser
Sammlung mit einer Rate von etwa 1200 mal pro Tag
abgerufen. Einige zusätzliche Informationen werden Google-
Gruppen JWRs_Schallplattenarchiv, Folklore sudamericano
und Documentation to Lorenzo Herrera dokumentiert.

85
1972-1978
86
Übersicht LP-Liste (archivo)
87
Quinteto Contrapunto
88
Von der grossen Fado-Königin Amália Rodrigues

Seite 70 von 215


Bei der Dokumentation und Beantwortung der Kommentare
von den YouTube-Zuhörern stellt sich heraus, dass ich einige
Lieder erst jetzt richtig verstehe, nachdem ich die Texte mit
dem web-Übersetzer von Spanisch nach Deutsch übersetze. Für
die Musik sind meine Spanisch-Kenntnisse einfach nicht gut
genug.

La Cucaracha
La Cucaracha89, das ich aus meinem Verbleib in Caracas 1959
von den Radiosendungen gut erinnere, ist zum Beispiel ein
mexikanisches Revolutionslied, dessen Refrain wohl auf einem
General Victoriano Huerta anspielt, den man aufgrund seines
Alkohol- und Drogenkonsums la cucaracha nannte und der
ohne Marihuana gar nicht mehr gehen konnte:
Refrain
La cucaracha, la cucaracha,
Ya no puede caminar;
Porque no tiene, porque le falta
Marihuana que fumar

Übersetzung
Die Küchenschabe, die Küchenschabe,
sie kann gar nicht mehr gehen,
weil es ihr mangelt, weil sie es braucht, weil ihr Marihuana
zum Rauchen fehlt.

89
spanisch für die Küchenschabe

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Radio Bulletin
Für Radio Bulletin90, welches als das älteste Fachzeitschrift für
Elektronik91 das ehrwürdige Alter von 73 Jahren erreicht hat,
habe ich von 1969 bis etwa 2002 mehr als 300 Beiträge
beigesteuert.
Am 1 Februar 2008 demontiere ich innerhalb von wenigen
Stunden die noch übrig gebliebenen selbstgebaute
Elektronikgeräte aus der Bastelzeit 1960-2000, u.a.
Stromversorgungen, eine Uhr mit Nixie-Röhren, einen TTL-
Oszillator. Nun kann das Material ordentlich recycelt werden.
Dokumente und der Inhalt meines „Museums“ mit den alten
Philips Hörgeräten, Philishaves, usw. werden fotografiert und
in der Google Gruppe Radio Bulletin einsortiert.

Charly Wilson
Am 9. Februar sehen wir den Krieg des Charlie Wilson, in dem
ein texanisches Kongressmitglied durch Aufrüstung die
Mudschahedin hilft die russischen Besatzung zu vertreiben.
„Diese Dinge passierten. Sie waren ruhmreich und
änderten die Welt … und dann vermasselten wir
alles.92“

90
in niederländischer Sprache
91
Von 1932 bis 1 September 2003
92
Zitat von Charles Wilson in Charlie Wilson’s War

Seite 72 von 215


2008: Ich liebe Dich (Duich)
Die Kurzgeschichte „Ich liebe Dich“ wurde um 22:00
Uhr in einer schlaflosen, helllichten Nacht am Fuße
eines isländischenVulkans93 niedergeschrieben. Das
Märchen basiert94 im Wesentlichen auf Ideen aus
Schlaf, meine Liebe95 von Andri Snaer Magnason96 der
jedoch in seiner Geschichte nicht explizit das von mir
formulierten Wort "Duich" beschreibt.
Als Dreizehnjähriger lernte ich in vielen Fremdsprachen "Ich
liebe Dich" auswendig. So konnte ich alsbald alle süßen
Schwedinnen mit "jag älskar dig" ansprechen. Das wäre mir
wichtig, damit ich meine Urlaubsbegegnungen mit meinen
Sprachkenntnissen beeindrucken konnte. Diese und andere
Lebensweisheiten galten vor fünfzig Jahren - als ich 13 war -
noch als Geheimtipp unter Freunden. Nun aber, nach der
Aufklärung des Fernsehers gilt das alles nicht mehr und die
Jugend sammelt jetzt anderes Wissen.
Das Verb "lieben" leidet und zeigt immer mehr Abriebspuren.
Man liebt nun auch schon Pizzas, Hühnerbein und flottes
Autofahren oder Eiskreme. "Ich liebe Dich" wurde weiter
herunter gesungen bis auch die Knirpse im Kindergarten sich
damit begrüßten.

93
am 23.6.2008 in Vellir, Petursey, Myrdalur, 871 Vik, Island
94
aus dem Isländischen nach einem unpublizierten Manuskript übersetzt
von Viola Lensch, und gefunden in "Flügelrauschen", Erzählungen
zeitgenössischer isländischen Autoren, STEIDL - Taschenbuch 157, ISBN
3-88243-744-8
95
Isländisch: "Sofdu ást mín"
96
geboren 1973

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Als ich erwachsen wurde bedeutete "Ich liebe Dich" nur noch
soviel wie "Ich kann dich einigermaßen gut leiden" oder soviel
wie "Guten Morgen" und "Auf Wiedersehen".
Ich wollte unsere Beziehung nicht zerstören durch Verwendung
des abgegriffenen Wortes "Liebe" und suchte nach einem
Ersatzwort. Ich sah ein, dass wir Menschen, das Du und ich
bzw. uns nur in unseren Kindern verewigen durch Vereinigung
in diesen süßen Verschmelzungen, die wir ebenfalls Liebe
nennen. So muss das gesuchte Ersatzwort Du und Ich in der
Verschmelzung "Duich" darstellen.
Es ist mir klar, dass wir dieses Wort nicht neu erfunden haben.
Das Wort war immer schon da. Es wurde nur vorübergehend
einiger Zeit vergessen. Die Menschen werden sich nach wie
vor täglich "Ich liebe dich" zuflüstern. Sie werden irgendwann
feststellen, dass diese Liebeserklärungen Heuchelei sind und
sich trennen und eine neue Beziehung nach dem gleichen
Muster aufbauen. Es wird ihnen aber nichts nutzen. Sie werden
weiter suchen müssen bis sie unser Ersatzwort wieder gefunden
haben.
Dieses Wort ist so einfach und so schön, dass es mir scheint als
sei es schon immer in unseren Herzen gewesen. Und ich spüre,
dass ich das Wort jetzt jedem erklären muss. Ich muss es Euch
sagen, sobald ich heimkomme...

Seite 74 von 215


2008 Konzentriertes Lesen
Am 17.7.2008 startete ich das interessante Experiment einer
konzentrierten Lesephase97. In gut vier Monaten las ich zu
dieser Zeit 120 Bücher, d.h. durchschnittlich 1 Buch pro Tag.
Dabei dokumentierte ich alle mir wichtigen Details in einer
kleinen Datenbank. Natürlich hatte ich etwa 90% dieser Bücher
zuvor schon mal gelesen und die bereits vorhandene Notizen
wurden ebenfalls erfasst. Die Bücher wurden in einer zufälliger
Reihenfolge gelesen, die in der Datenbank nachvollziehbar ist.
Das Lesen erfolgte - bei ausreichendem Interesse - entweder
bis zum Schluss, oder aber bis mir das Thema langweilig wird.
Die Auswirkung einer solchen Arbeitsweise ist wirklich
erstaunlich. Eine dermaßen konzentrierte Lesephase erlaubt es
zum Beispiel Zusammenhänge aus dem Kurzzeitgedächtnis
heraus wesentlich schneller zu schließen. Die Einwirkung der
gelesenen Themen und der Eindruck dieser Zusammenhängen
sind wesentlich intensiver als beim Lesen individueller
Schriften in größeren Intervallen.
Große Intervalle erzwingen zur Korrelation den Einsatz des
Langzeitgedächtnisses, das unzuverlässiger und wesentlich
langsamer arbeitet. Die Dokumentation in einer Datenbank
erleichtert das Auffinden der bereits abgelegten Notizen, weil
man (wie in Google üblich) gezielt nach einem Eintrag suchen
kann. Weil ich die Bücher in verschiedenen Sprachen lese und
die Dokumentation in der gelesenen Sprache festhalte, ist die
Sammlung98 (leider ?) mehrsprachig geworden.

97
Konzentriertes Lesen
98
siehe Übersicht im Appendix

Seite 75 von 215


Google-Gruppe
Die Webseite Konzentriertes Lesen enthält meine persönlichen
Notizen und Exzerpte für gelesenen Bücher, die jedoch jedem
Leser zur freien Verfügung stehen. Es ist gewissermaßen mein
elektronischer "Zettelkasten", in dem ich Notizen rasch
zurückfinden kann. Der "Karteikasten" ist völlig unstrukturiert
(und in mehreren Sprachen) aufgebaut, weil jeder Leser in der
Google-Suche mit den richtigen Schlüsselwörtern ohnehin auf
Anhieb findet, was er sucht. Vor dem Titel ist eine
Sprachkennung eingetragen, die andeutet, in welcher Sprache
(Deutsch, Englisch, Niederländisch, ...) das Buch übersetzt,
bzw. geschrieben und die zugehörige Beschreibung
dokumentiert wurde. Später habe ich auch versucht die Bücher
und Notizen in einer Google-Bibliothek zu erfassen, was
jedoch an der schieren Menge99 gescheitert ist.

Konzentrierte Musikhören
In seinem Buch Chronicles beklagt sich Dylan, dass ihm nur in
der Anfangsphase - in der er nicht nur konzentriert gelesen,
aber auch eine unheimlich große Sammlung Schallplatten in
kürzester Zeit verinnerlicht hat - die wahrhaft gigantischen
Welterfolge gelungen sind. In einer späteren Phase als
Familienvater haben seine Lieder dieses Niveau zu seinem
Leidwesen nicht mehr erreicht. Es ist gut möglich, dass die
gigantische Songs der Anfangsphase nicht zuletzt auf die
intensiven Arbeitsweisen beim Lesen und Hören beruhen.
Dabei hatte Dylan in den sechziger Jahren nicht einmal das
Hilfsmittel YouTube zur Verfügung, in der man leicht alles
suchen und abrufen kann.
99
Zur Zeit sind etwa 700 Bücher von ca. 4000 in dieser Bibliothek erfasst.

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So kann man heute an der Stelle wo Dylan begeistert den
Sänger Robert Johnson beschreibt, auch locker eine Aufnahme
Love in Vain von Robert Johnson finden und starten.

Timshel
Eines der interessanten Bücher, die mich inspiriert zur
Weitersuche im Umfeld der androgynen Religion ist der
Schlüsselroman "East of Eden" in dem John Steinbeck die
Übersetzungsfehler in der Bibel und seine Entschlüsselung des
Wortes eigenen Timshel dokumentiert.
Timshel wurde lt. Steinbeck sowohl in der King James Bibel
wie auch in der American Standard Bibel falsch übersetzt100.
• Der King James Bibel übersetzt timshel als ein
Versprechen: Du wirst (die Sünde sicherlich
überwinden).
• Der Amerikanische Standard Bibel übersetzt es als
Kommando: Du sollst (die Sünde überwinden).
• Die korrekte Übersetzung für "timsel" ist jedoch lt.
Steinbeck: Du könntest (die Sünde überwinden).
Es bleiben auch nach der Lösung dieses Einzelproblems noch
genug Probleme übrig. Der Gottesname "EL" wird in der US-
Bibel nicht übersetzt, dagegen in der Deutschen /
Lutherübersetzung übersetzt in "Gott ist der Gott Israels". Liegt
hier etwa ebenfalls ein Übersetzungsproblem vor?
Unklarheit zum Gottesname "EL": gibt es ggf. einen
Zusammenhang zur Tempelüberschrift "EI" in Delphi (siehe
"Moralia", Plutarch).101

100
Notizen zur Bibel (1980)
101
Gefunden in Das Lächeln der Medusa (Peter Watson, 2000) (Seite 364)

Seite 77 von 215


Literatur zum Thema Androgyne Religion
Einige der Bücher aus der Bibliothek enthalten bedeutendes
Material zum Thema Androgyne Symbolik in den Religionen.
Dazu gehören u.a. natürlich auch die Notizen zu:
• The Secret Doctrine (by Blavatsky)
• Geheimkulte (in German language)
• Gnosis - Das Buch der verborgenen Evangelien mit den
zahlreichen Hinweisen zur Syzigie
• Notizen aus "Das Mysterium der Zahl" mit den Notizen
zur Verwendung des Duals und zum Charakter des Eins
102
.
• Der goldene Zweig - von James George Frazer (1890)
mit den Notizen zum Maibaum, zu den purpurfarbenen
Kleidern und roten Gesichtsfarben, dem "Flamen
Dialis", den göttlichen Paaren Jupiter & Juno, Dianus &
Diana, Zeus & Dione & zum doppelgesichtigen Janus.
• Das Runen-Wörterbuch mit den Hinweisen zu den
Urvokalen U, I und A (Seite VI); 103
• Der Brenner & Tuisc Codex mit einer Übersicht des
Inhalts.
• Die Hethiter - von Johannes Lehmann mit den Angaben
zu den Farbfunden in Tschatal Hüjük: "Noch heute sind
in der Umgebung Tschatal Hüjüks einige der am
102
Die Eins wurde von den Pythagoräern u. Nachfolgern nicht als Zahl
angesehen: Die Eins wurde zum Symbol des Ur-Einen, nicht-polaren
(androgynen) Göttlichen (55)
103
O und E sind später hinzugekommen

Seite 78 von 215


meisten verbreiteten Wildpflanzen: rotes Krapp
(Färberröte), blaues Färberwaid und gelber Färberwau,
die ein tiefes Rot, bzw. ein sattes Blau und ein
intensives Gelb erzeugen" (Seite 125).
• Die Kabbala - von Papus (1903) mit der Analyse der
Buchstaben des Namens IHVH
• Die Kunst des Liebens – von Erich Fromm (1956) mit
den Angaben zur Vater- und Mutterliebe
• Phallic Worship - von Hodder M. Westropp (1870) mit
den Angaben zu den androgynen Götterpaaren.
• The Jewel in the Lotus – von Allen Edwardes (1959)
mit den Notizen zur Verwendung der Pronomina Thou
beziehunsgweise You.
• The Secret Doctrine - by H.P. Blavatsky (1888) mit den
Notizen zum androgynen Charakter Adams, Jehovas,
usw..
• Zohar, Bereshith to Lekh Lekha (1300) (Veröffentlicht
von Forgotten Books) mit den Hinweisen zum
androgynen Charakter Adams, Jehovas, usw..
• Tao Te Tjing - by Lao Tse mit den Notizen zu Yin &
Yang
• Patterns in comparitive religion - Mircea Eliade (1958)
mit den Notizen zur religiösen Bedeutung des Spinnen
& Webens auf Seite 181 & 182

Seite 79 von 215


Androgyne Porträts
In einer kleinen Skulptur- & Gemäldegalerie werden
androgyne Darstellungen verschiedener Künstler (insbesondere
Pablo Picasso) zusammengestellt:
• Mutterschaft mit Orange (Picasso, 1951)
• Lithographie von Picasso (1954)
• Jaqueline von Pablo Picasso, Öl auf Leinwand, 1965,
100 x 81 cm
• Frau im Profil von Picasso (Detail), Farbstifte, 1969,
31,5 x 44 cm
• Androgynes (?) Porträt - Pablo Picasso, 1928
• Porträt Dora Maar von Picasso, Öl auf Leinwand, 1943
• Pablo Picasso, Detail aus Titel: Jaqueline, 1954
• zwei rot (weiblich), bzw. blau (männlich) gefärbte
Porträts aus den 42 Lithographien zur Illustration der
Geschichte Daphnis und Chloe von Marc Chagall104
• Gemälde von Edvard Munch
• Skulptur "Hermes von Roquepertuse"
• Androgynes (?) Gesicht in Schwarzweiß
• Tänzerinnen in androgyner Pose (?)
• Androgynes (?) Aida - Cover Icon
• Androgynes Porträt
• Detail "New Moon Woman", von Bill Reid
• Mehrfach-Androgynes Porträt
• Androgyne Skulptur an einem Sarg in der Kathedrale
von Burgos, Nordspanien

104
1887-1985

Seite 80 von 215


Februar 2009 - Das Buch Tuisco

Der Lulu-Verlag
Na ersten Experimenten mit den Werkzeugen des Online-
Verlags Lulu veröffentliche ich zwei der bereits vorhandenen
Manuskripten als Bücher: Diesen ersten folgen noch eine
Vielzahl weitere Veröffentlichungen, die im Lulu-Schaufenster
präsentiert werden. Die Erfahrungen mit Lulu wurden
dokumentiert in Meine Erfahrungen Mit Lulu. Das Verfahren
zur Veröffentlichung und Druck eines Buches ist bedeutend
preiswerter als der Vorgang bei einem herkömmlichen Verlag.
Der Papierdruck bleibt jedoch trotzdem teuer und umständlich.

Scribd
Nach einigen Erfahrungen beschloss ich deshalb nach einigen
Monaten eine andere Plattform Scribd zu testen, die sich als
weitaus geeigneter zur Veröffentlichung von Scripten eignet,
die vor allem gelesen werden sollten ohne direkt dafür einen
Kaufpreis entrichten zu müssen. In Scribd erzielte ich nun als
Autor in etwa 18 Monaten insgesamt 80.000 Lesevorgänge für
etwa 165 Manuskripte. Dabei wurden einige 1000 Downloads
verzeichnet. Für einige Scripte beträgt der Anteil der
Downloads an den Lesevorgängen etwa 10%105, was m.E. ein
deutliches Interesse signalisiert. Von den Verkäufen solcher
Manuskripte kann man ohnehin nur als Profi-Autor leben. So
ist es doch interessanter sich um einer ordentlichen Download-
Rate zu kümmern.

105
Zum Beispiel im Fall The Hermetic Codex (veröffentlicht am 13.6.2010)
mit 1227 Reads, und 152 Downloads nach etwa 6 Monaten

Seite 81 von 215


Mai 2009 - Dyaeus
Der Himmelsgott Dyaeus ist das erste Manuskript, das in
Scribd übertragen wurde und bildet die noch relativ
ungeordnete Sammlung aller Einsichten, die ich bis 2009 zum
Thema Dyaeus gesammelt habe.
Dyaeus ist eine globale Gottheit, der zum Erbe aller
indoeuropäischen Völker gehört. Ausgehend von einer Vielzahl
an Steinzeit-Skulpturen dokumentiert das Buch die
charakteristischen Merkmale für die androgyne
Himmelsgottheit Dyæus, dessen daraus hervorgegangenen
"Hermaphroditen" auf die berühmten Schöpfungslegenden in
Platos Symposium und im kabbalistischen Buch Sohar
verweisen.
In Analogie an Schliemanns Entdeckung der Stadt Troja könnte
man die Schöpfungslegenden und die Steinzeitskulpturen als
die Reste einer globalen alten, androgynen Religion - der
Vorläufer der modernen Religionen - betrachten.
Der Himmelsgott beschreibt unsere Vorläufer-Religion in deren
Jugend, in der die indoeuropäischen Völker sich noch bewusst
waren, dass sie einer gemeinsamen Religion angehörten und
einen gemeinsamen Himmelsgott teilten.
Auch Jahwe gehörte zu den Göttern, die Ähnlichkeiten mit
Dyaeus aufweisen. Mit Hilfe der Matres Lectionis konnte man
nachweisen, dass der Namen Jahwes die gleichen Vokale
enthält wie die gängigen Namen für die Himmelsgötter.
Basieren Jahwe und die indoeuropäischen Himmelsgötter etwa
auf einem gemeinsamen Konzept?

Seite 82 von 215


Die Matres Lectionis
In der hebräischen und in einigen anderen semitischen
Sprachen steuern die sogenannte Matres Lectionis (Latein
"Mütter zum Lesen") die Anwendung von bestimmten
Konsonanten als Ersatz für geheiligten Vokale, die man in
einigen Sprachen aus religiösen Motiven nicht schreiben darf.
Die dazu benötigten Buchstaben sind in Hebräisch: ‫ א‬Aleph,
‫ ה‬He, ‫ ו‬Waw (oder Vav) und ‫ י‬Yod (oder Yud). Speziell das
Yod beziehungsweise Waw werden öfters als Vokal als
Konsonant angewandt.
Die vier Buchstaben des Tetragrammatons werden
üblicherweise aus dem Hebräischen folgendermaßen übersetzt:
• IHVH in Latein,
• JHWH in Deutsch, Französisch und Niederländisch und
• YHWH in Englisch.
Gemäß dem Eintrag “Tetragrammaton”106 sollte nun der dritte
Buchstabe "V" oder „W“ als Platzhalter für einen "O"/"U"
Vokal gelesen werden. Generell ersetzt der Buchstabe Yod ‫ י‬bei
Anwendung der Regel der Matres Lectionis das Yod durch
einen Vokal „I“ oder „E“, während das Vav-Symbol ‫ ו‬den
Buchstaben „V“ durch einen Vokal „O“ oder „U“ ersetzt.
Falls jedoch der dritte Buchstabe "V" beziehungsweise "W" ein
Platzhalter für die Vokale "O"/"U" darstellt, können wir das
Tetragrammaton reduzieren auf den androgynen IU-Kern, in
dem der erste Buchstabe das männliche Element und das dritte
Symbol „V“ beziehungsweise „U“ das weibliche Element
symbolisiert.
106
in der englischen Wikipedia

Seite 83 von 215


Dieser IU-Kern im geheiligten Namen stimmt exakt überein
mit IU-piter's Kern "IU" und dem äquivalenten Kern "UI" in
Tuiscos Namen, die beide ebenfalls androgyne Symbole
darstellen.
Diese These widerspricht jedoch der Auslegung des Sohars, in
dem "I" zwar das männliche, aber der erste "H" das weibliche
Element des Tetragrammaton darstellen soll.

Mai 2009 - Lob der Gebrechlichkeit


Die Idee, dass der Mensch in der Natur eine Art Krönung
darstellen könnte ist überheblich. Das Fehlen jeglicher
Verantwortung, ja die in der gesellschaft vorhandene
Verantwortungslosigkeit schlechthin, ist ein Verbrechen
(Criminalitas), nein vielmehr ein Gebrechen (Fragilitas), das
wir zur Krücke umgestalten sollten, um überhaupt
weiterhumpeln zu können. Die menschliche Gebrechlichkeit
(Lat. Fragilitas) besteht bekanntlich aus den seelischen Meisen
und den körperlichen Macken. Im altertümlichen Disput Laus
Fragilitatis - Lob der Gebrechlichkeit - Von der Kunst dem
Gebrechen eine positive Seite abzugewinnen - weist der Autor
J. W. Roterodamus nach, dass die Gebrechen keineswegs als
Mängel, sondern eher als Gottesgabe zu verstehen sind.
Die Protagonisten Macke und Meise wurden bereits zu
Lebzeiten nach ihren Gebrechen benannt und möchten mit
diesem Werk ihren ramponierten Ruf wiederherstellen. Es gibt
eben nur eine akzeptable Sicht auf die Menschenrasse und
zwar die Parodie. Und in diesem parodistischen Manuskript
transformieren sie das Mosern über Meisen und Hacken auf
Macken in die ehrliche Furcht vor der Krönung der Schöpfung.

Seite 84 von 215


Mai 2009 - Masuren
Während einer Studienreise nach Polen vom 25. Mai bis 2 Juni
2009 versuche ich nun als nächstes Projekt einen Eindruck des
früheren Bernsteinhandels zu gewinnen, vom Umfang und
Entwicklung des mittelalterlichen Gewerbes.
Der Umfang lässt sich wohl am deutlichsten am Reichtum und
Macht des deutschen Ordens ablesen, der sich im Mittelalter an
der Ostsee etabliert hatte. Der Bernstein durfte in dieser Region
zwar gewonnen, aber nicht veredelt werden. Höhere Gewinne
ließen sich erwirtschaften in dem man den Rohstoff in anderen
Ländern verfrachtete und dort bearbeiten ließ.
Fälschungen hat es zu allen Zeiten gegeben. Es gibt wohl nur
den echten und den echteren Bernstein.

Seite 85 von 215


Mai 2009 – Castrum Doloris
Die Idee zur Geschichtensammlung Castrum Doloris107 ist
entstanden nach der Besichtigung des Wolfsbaus am 27 Mai
2009. In diesen weitläufigen, zerstörten Bunkerruinen hat sich
der Gröfaz den größten Teil seiner Regierungszeit in finsteren
und feuchten Räumen aufgehalten. Genau genommen wirken
die Ruinen genauso depressiv wie die ursprünglichen Bauten
des Mückenheims, das nur deshalb im mückenverseuchten
Wald errichtet wurde, weil der Feldzug ohnehin nur wenigen
Wochen währen sollte...

107
Castra Doloris - Auf Den Punkt Gebracht , ISBN: 978-1-4092-9581-5

Seite 86 von 215


Auf den Punkt gebracht ist ein Castrum Doloris eine feierliche
Beerdigung einer Idee. Das Castrum Doloris hatte die
Funktion, das Verstorbene in seiner Macht und Größe zu
repräsentieren und war eine kurzfristige Dekoration für den
Augenblick. Ein bleibendes Denkmal konnte es nur als ein
vom Gerüst angefertigten Kupferstich werden, der die reiche
Ausschmückung dokumentierte.
Es zeigte sich jedoch, dass das Trauergerüst und die
Darstellung einer herrscherlichen Apotheose den tatsächlichen
Umständen der Regierungszeit nicht selten widersprachen. Sie
bildeten ein idealisiertes Gesamtbild, das auf der Illusion vom
tugendhaften und verdienstvollen Verstorbenen beruhte.
Deshalb präsentiere ich in diesem Buch 36 illustre Illusionen,
die sich hauptsächlich auf der Nordhalbkugel abgespielt haben.
Manches ist aufregend schön, anderes lediglich eindrucksvoll
in seiner Gewalt. Alles aber verhallt irgendwann wie der
ausgehende Donnerton eines Sommergewitters.
So lasse ich gelegentlich immer wieder die Klänge des
menschlichen Daseins auf mich einwirken und halte inmitten
des Lebens ein Moment inne...

Seite 87 von 215


Juni 2009 - Niederländisch für Könner108
Zu den Höhepunkten der niederländischen Literatur gehören
meines Erachtens die Autoren Multatuli, Carry van Bruggen
und Anne Frank, denen ich dieses kleine Werk gewidmet habe.
Das Buch ist weniger eine Anleitung zur Weiterentwicklung
der niederländischen Sprachkenntnisse als eine Hommage an
diesen drei Mitbürgern, die mir gezeigt haben wie man
Etymologie und Sprache aus dem Winkel der Kreativität
betrachten kann. Dabei analysiere ich die sprachlichen
Evolution, Ursprung und religiösen Basis. Der Kern der
Sprache wird gebildet von der Buchstabenkombination IU, die
wohl aus dem Nahostbereich oder vielleicht eher sogar aus
Wolgograd stammt.
Das Buch Niederländisch für Könner bildet eine Sammlung
merkwürdiger und auffälligen Redewendungen, die man kaum
übersetzen kann. Der Anfang eines Briefes mit dem deutschen
„Liebe Freunde“ hat in niederländischer Sprache eine andere,
intimeren Bedeutung. Man beginnt einen Brief auf
niederländisch normalerweise mit „Beste vrienden“.
Andere Beispiele sind hochaktuell: So wurde eine Sparbank
1960 definiert als „eine Bank, die wenig Zinsen abwirft“. Nach
gut 50 Jahren weiß man das 2010 zu schätzen. Eine Sparbank
wirft wenig Geld ab, aber kann den Geldwert sichern. Die
übrigen Banken liefern mehr Zinsen,verlieren aber zu
Auszahlung das gesamte Kapital.

108
Nederlands Voor Gevorderden

Seite 88 von 215


September 2009 – Der Hellweg
Nirgendwo kann man die frühere Bindung zwischen der
Niederlande und Deutschland so klar erkennen als im Hellweg.
Der Hellweg nach Holland dokumentiert die Herkunft der
Namen Holland und Hellweg als traditionelle
Handelsverbindung, die von der Nordsee über Duisburg bis
nach Frankfurt an der Oder reicht.
Obwohl die Namensvergabe der Handelsstationen am Hellweg
offensichtlich aus der Frankenzeit stammt, sind die
Handelstraditionen und der Straßenverlauf bis heute in den
Straßenkarten erhalten geblieben. Wie der Jakobsweg nach
Santiago der Compostela kann der Hellweg als Handelsstraße
und gleichzeitig als uralter Pilgerweg betrachtet werden. Wie
der Jakobsweg öffnet sich die Strecke in östlicher Richtung wie
ein Fächer.
Die Hauptrichtung ist offensichtlich der Weg von Duisburg
nach Frankfurt an der Oder. Von Dortmund bildet sich jedoch
bereits eine nördliche Teilstrecke in Richtung Minden und
Hamburg. Eine zweite Teilstrecke verbindet Minden und
Hildesheim-Salzgitter. Offensichtlich war der Hellweg der Weg
nach Holland, beziehungsweise der Weg zur Helle, das heißt
zur hellen Nordsee. Damit dokumentiert der Hellweg109 ein
prähistorische Handelskette zwischen den Niederlanden und
Deutschland. Später wurde der Landweg wohl von den Hanse-
Routen abgelöst. Als Handelsware kommen dann die üblichen
Handelsware (Tücher von Südwesten nach Nordosten und
Getreide, Holz, Wachs, Bernstein, usw. von Nordosten nach
Südwesten) in Betracht.

109
Karte: Hellweg 1 (Hellwege) (erstellt am 7 Juli 2007)

Seite 89 von 215


September 2009 – Brabanter Dialekt
Im Rahmen einer etymologischen Studie entsteht das
Wörterbuch der Brabanter Sprache110 in Brabanter Dialekt –
Niederländisch – Englisch – Deutsch. Dazu wurden drei
Romane111 des Brabanter Autors Antoon Coolen und ein
Roman112 des Autors Marnix Gijsen ausgewertet.
Während dem sechzehnten Jahrhundert, als die
Standardisierung der niederländischen Sprache sich
entwickelte, konnte Brabant als dominante Region einen
gewichtigen Anteil des Brabanter Dialekts in die
niederländischen Sprache einbringen. Diese Beeinflussung
wurde auch nach der Eroberung Antwerpens im Jahr 1585 von
den vielen Flüchtlingen fortgesetzt, die aus Angst vor Philipp II
in den Norden wanderten. Dieser Einfluss ist auch heute noch
spürbar, auch wenn die Wörter manchmal altmodisch wirken.
Auffällig ist das Neutrum-Geschlecht für alle Diminutive113
der Wortbildung. Bei Coolen werden jedoch auch die
erwachsenen Frauen oft als Mädchen bezeichnet.
Bezeichnend ist auch die Bedeutung des Wortes „Mensch“, das
fast immer als bessere Hälfte unter Ehepartnern geläufig ist.
„Miene Mensch“ beschreibt somit den Ehepartner im Sinne des
androgynen Menschen aus dem Symposium von Plato.

110
Woordenlijst Brabants
111
"De goede moordenaar" (1931), "Hun grond verwaait" (1927), “De man
met het Jan Klaassenspel” (1933)
112
Telemachus in het Dorp
113
Verkleinerungsformen

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Oktober 2009 – Hochdorf
Am ersten Oktober besuche ich nach vielen Jahren wieder das
keltischen Fürstengrab114 in Hochdorf. Die Beschriftung der
Schautafeln ist jetzt auf zweisprachig (Englisch & Deutsch)
umgestellt worden.
Im 2500 Jahr alten keltischen Fürstengrab beim baden-
württembergischen Hochdorf/Enz haben die Archäologen am
bestatteten Körper eines Fürsten Purpur-Kleider gefunden, die
in feinster Zwirn-Technik gewebt wurden. Der Zwirn besteht
aus feinsten roten und blauen Fäden mit einer Webdichte von
80 Fäden pro Zentimeter. Diese hohe Webdichte führt dazu,
dass ein menschliches Auge die roten und blauen Farben der
Einzelfäden ohne optische Hilfsmittel nicht wahrnehmen kann,
so dass es diese Tücher als homogen gefärbte Purpur-Kleider
wahrnimmt. Im Hochdorfer Museum hat man diesen Zwirn mit
größter Mühe auf modernen Webmaschinen rekonstruiert.
Wir werden die gleiche Technologie auch in der Bibel finden.
Dort wird bereits im Buch Exodus ein Webverfahren mit einem
Zwirn dokumentiert, das in der Bibel Byssus genannt wird. Als
Farben schreibt Gott mehrmals ausdrücklich die Farben Rot,
Blau und Purpur vor. Die Elementarfarben Rot, Blau und
Purpur deuten auf androgynen Elemente, die sich bei blauer
Farbe auf weibliche, bei roter Farbe auf männliche und bei
Purpur auf göttliche Symbolik beziehen.
Rot und Blau sind die klar erkennbaren Randfarben des
Regenbogens, während wir Purpur als Mischfarbe von Rot und
Blau kennen, die als einzige Farbe im Spektrum des
Regenbogens fehlt.
114
Hochdorf Revisited - A reconstructed Celtic Site

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Oktober 2009 – Core Dump
Das Buch Core Dump basiert auf die seltsame Erfahrung einer
Nerveninfektion als Folge einer Gürtelrose, welche die
Gehirnzellen zur höchsten Überempfindlichkeit reizt. Die
Reizung wiederum generiert die längst als verlorengegangen
eingestuften Erinnerungen, die einem in einer schlaflosen
Nacht am inneren Auge vorbeiziehen...
Merkwürdig ist zum Beispiel die Erinnerung, dass man als
kleines Kind mit den Augen auf 1 Meter Höhe eine ganz
andere Perspektive wahrnimmt als später der normale
Erwachsene. Die Erinnerung an den wesentlich größeren
Gegenstände der frühesten Kinderzeit bleibt im Gedächtnis
unverändert erhalten, sodass ein Tischblatt auf Augenhöhe in
Erinnerung bleibt. Diese Erinnerung bleibt in der Regel
verschüttet, bis sie von einer ungewöhnlich konzentrierten
Hirntätigkeit hervorgehoben wird, die gegebenenfalls während
einer Gürtelrose auftreten kann.
Als Core Dump bezeichnet der IT-Fachmann einen automatisch
oder manuell generierten Speicherabzug, der zur Analyse eines
unerwarteten Systemfehlers herangezogen werden kann. Das
menschliche Gehirn dagegen kann einen Core Dump nur
mittels eines Umwegs, wie zum Beispiel eines Tagebuchs oder
Notizen generieren. Theoretisch ist der Speicherabzug wie im
Buch Core Dump115 jedoch auch online im Halbschlaf einer
Nervenerkrankung denkbar...

115
Nur in der Niederländischen Version verfügbar

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November 2009 – Die Symbole von Mu
Die Heiligen Symbole Von Mu aus 1933 stammt von einem
Militäroffizier der britischen Armee, der behauptete, dass er,
während er in Indien stationiert war, sich mit einem Rishi116
anfreundete, der ihm antike Tafeln offenbarte, die in einer
unbekannten Sprache geschrieben waren.
Bei der Studie dieser Art Manuskripte fallen mir einige
Randbedingungen auf, die man vor einigen Jahrzehnten als
Gemeingut betrachten konnte, aber mittlerweile bereits
verloren gegangen sind. Diese sind jedoch für fast alle
Geschriften, die vor 1950 entstanden sind, bedeutsam.
Auch in diesem Werk kann man einiges falsch verstehen,
obwohl es doch aus 1933 stammt. Vielleicht kann ich dieses
wichtige Thema an einigen Beispielen verdeutlichen, zum
Beispiel an dem Verständnis der Einheit von Mann und Frau in
einem Ehepaar.

Die Einheit von Mann und Frau in der Ehe


Die Ehefrau hatte früher innerhalb der Ehe gar keine Rechte
und wurde in Vertragssachen wie die Kinder vom Ehemann
vertreten. Sie hatte kein Wahlrecht und durfte nicht frei über
ihre Arbeitskraft verfügen. In der Bibel wird sie als
Dienstmagd des Mannes beschrieben, und aufgrund der
biblischen Schöpfungslegende dürfe man laut Heiratsfibeln
auch annehmen, dass die Frau als Körperteil des Mannes zu
betrachten sei.

116
im Hinduismus ein Seher oder Weiser

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Der Mensch war deshalb ursprünglich der Mann, wobei man
dessen Ehefrau einfach mit einbezog. Genau genommen war
der Mensch eher ein Ehepaar als ein individueller Mensch.
Deshalb konnte der Pabst 1931 den Hirtenbrief "De Rerum
Novarum" auch in aller Seelenruhe nur dem männlichen Teil
der Kirche adressieren. Die Männer sollten dann wohl den
Inhalt innerhalb der Familie an Ehefrau und den Kindern
weiterleiten.
In sofern der Mensch nach Gottes Ebenbild gestaltet wurde,
konnte es sich deshalb aus damaliger Zeit nur um einen Mann
einschließlich Ehefrau handeln. Der Gott musste in dem Fall
wie der Mensch ein Mann einschließlich Ehefrau sein, durfte
jedoch (vielleicht deshalb?) auch nicht abgebildet werden.
Dieser Paradox führte dazu dass Jahwe zumindest zeitweise
auch mit einer Ehefrau (Asjera) ausgestattet wurde. Trotzdem
wurde auch diese duale, androgyne Gestalt problemlos als
monotheistischer Gott betrachtet.
Der erst geschaffene Mensch Adam musste als Mensch lt.
Schöpfungslegende noch aufgeteilt werden in zwei Individuen
"Mann" und "Frau", die jedoch erst in der Ehe wieder zum
Menschen erklärt wurden. Unverheiratet waren beide nur
halbe Menschen.
Diese patriarchale Grundhaltung in der die Frau ein
unbedeutendes Körperglied des Mannes bildete, war zumindest
seit 500 vor Christus im gesamten Mittelmeerraum üblich. Die
Frauen wurden m.E. nur bei den Kelten und Germanen (in
etwa?) als ebenbürtige Mitmenschen hochgeachtet.

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Dezember 2009 – Wien
Vom 1.12.-3.12. besuche ich Wien, in dem die Macht und der
Pomp der ehemaligen, österreichischen Monarchie in den
Museen am deutlichsten hervorsticht.

David & Bethsabée


In den vielen Kunstmuseen Wiens entdecke ich auch einige
Ölgemälden, die offensichtlich die Symbolik der Farben Rot
und Blau ausdrücken, z.B.: David & Bethsabée von Marc
Chagall117 aus dem Jahr 1956118. Rot und Blau gehören m.E. zu
den bevorzugten Farben Chagalls.
Obwohl Chagall klar ein androgynes Paar symbolisiert ist die
Bedeutung der Farben Rot und Blau unsicher. Aufgrund der
aktiven Rolle des Briefüberbringers könnte der rote Engel einer
in Blau bekleideten, lesenden Frau einen Liebesbrief bringen.
In diesem Fall hätte der Künstler die klassischen
Rollenverteilung (Rot = aktiv, männlich ; Blau = passiv,
weiblich) gewählt.

Die Wenzelbibel
In der Österreichischen Nationalbibliothek begegne ich zum
ersten Mal eine Prachtbibel – die Wenzelbibel -, die in einer
Ausstellung119 ausgestellt wird.
117
Marc Chagall (1887-1985)
118
Als Kopie ausgestellt im Albertina Museum – Lithograph, Staatsgalerie,
Stuttgart (siehe für eine Abbildung Der Hermetische Codex bzw. das
umfangreichere Manuskript The Hermetic Codex )
119
in der Ausstellung Wenzel von Böhmen, Heiliger und Herrscher vom
27.11.2009-31.1.010

Seite 95 von 215


Prachtbibel
In der Innenstadt erwerbe ich daraufhin Die prächtigsten
Bibeln mit fantastischen Abbildungen, die eindeutig die
Bedeutung der abwechselnden Farben Rot und Blau
illustrieren. Es ist ein schweres Buch, das man sofort nach dem
Kauf ins Stadthotel trage ...
Es gibt eigentlich keinen Zweifel dass die Farben Rot und Blau
im Mittelalter zur Codierung bestimmter religiösen Symbolik
verwendet wurden120. Die Zahl der Beispielen ist
überwältigend. Unklarheit besteht noch über die genaue
Geschlechterzuordnung der Farben Rot und Blau. Purpur
dagegen wurde seit jeher als göttliche Mischfarbe von Rot und
Blau betrachtet. Die Kleidercodierung folgt sicherlich die 25
göttlichen Anweisungen im Buche Exodus für die
Kleiderordnung der Priester und die Gewänder des
Offenbarungszeltes, die sich offensichtlich auf die ursprünglich
androgynen Symbolik des Gottesnamens bezog 121.. Auch die
Pharisäer haben bereits zur Zeitenwende die symmetrische,
korrekte Darstellung der androgynen Schöpfungslegende
studiert, in dem zunächst ein androgyne Menschengestalt
erschaffen wurde, der anschließend in Mann und Frau
aufgeteilt wurde... Es ist diese androgyne Menschengestalt die
als Purpurfarbe, bzw. als Kombination der roten und blauen
Farben symbolisiert wurden. Diese Symbole bilden die
wichtigsten Farbelemente der mittelalterlichen Prachtbibeln.
Im Buch Genesis bilden die sechs Schöpfungstage einzelne
Trennungsphasen, deren Elemente wohl jeweils einer Farbe
Rot, bzw. Blau zugewiesen werden können.
120
Dyaeus - über die Farbcodes der Prachtbibeln
121
Paint It Purple - A short History of painting Red and Blue

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Sonntag, 3.1 – Rot, Blau, Grün & Gelb
In Januar stehen zunächst die religiösen Farbsymbole Rot, Blau
und Purpur auf dem Programm. Später kommen auch noch die
Farben Gelb (Verrat, Prostitution) und Grün hinzu.
Die Farbkombination Rot und Blau bildet seit Jahrtausenden
eine religiöse Vorschrift, die bereits im Fürstengrab Hochdorf
entdeckt bzw. in den Büchern Exodus und Chroniken
dokumentiert wurde122.
Aus den biblischen Vorschriften entwickelte man wohl
zunächst Vorschriften zur Erstellung der Heiligenbildern
(Ikone) und leitete daraus die Kleidervorschrift für den
mittelalterlichen kaiserlichen Hof ab. Auch die
mittelalterlichen Prachtbibel sind überwiegend mit rotblauen
Dekorationen ausgestattet, die mit der Verzierung der
Manesser Handschrift übereinstimmt.
Die rot-weiß-blauen Flaggen einiger bedeutenden europäischen
Länder (Frankreich, Niederlande, Russland, Großbritannien,
USA, usw.) und deren ehemaligen Kolonien basieren deshalb
wohl auf den religiösen Farbkombinationen, die noch im
Mittelalter für jeden religiös gebildeten Menschen klar als
Bibelzitate erkennbar gewesen sein müssen. Die
Farbkombination Rot-Blau bedeutet wohl sinngemäß „Gott ist
auf unserer Seite“123.

122
Die Kaisertracht in Rot und Blau und Paint It Purple - A short History of
painting Red and Blue
123
Etymology for Flags

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Hermestag, 6 Januar-Die Farbe „Paars“
International akzeptiert man heute die Farbcodierung Rosa für
die weibliche und Hellblau für die männliche Geschlechter.
Rosa wirkt sanft und weich, weshalb es seit den 1920 er Jahren
allgemein mit Weiblichkeit assoziiert wird. Vorher galt Rosa als
männlicher Babyfarbton124.
In der deutschen Sprache kennt man auch die Wörter “Paar”
und “paarweise”, aber nicht die Farbe, womit man die
Kombination männlich & weiblich symbolisiert. Im
niederdeutschen Bereich gibt es jedoch ein altes Wort „paars“
für die Farbe Purpur, das vermutlich bereits im Altertum analog
zu den Farben Rot und Blau als religiöses Symbol verstanden
worden ist125.
Aus den Regeln für die mittelalterlichen Ikonenmalerei und aus
den Büchern Exodus und Chroniken kann man diese religiöse
Symbolik für die Farben Paars (Purpur), Rot und Blau ablesen.
Auch in modernen Symbolen wie die Flaggen der
Niederlanden, England, USA, Frankreich und Russland lassen
sich immer noch Reste dieser alten Symbolik ablesen.
Die mittelalterlichen Etymologie der Farbe „Paars“ (als
Alternative zu „Purpur“) basiert vielleicht auf die freien
Bürgern der niederländischen Stadt Leiden, deren
Versammlungsort zur damaligen Zeit nach dem Latein “pares”
“de Paars”, beziehungsweise “de Pers” genannt wurde. In der
englischen Sprache lautet das vergleichbare Wort “Peers”. Die
Farbe „Paars“ ist die Farbe der „Peers“, d.h. des Adels.

124
Quelle: Rosa
125
Eine neue Etymologie für Purpur

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Donarstag, 14 Januar – Qatna

Qatna
Am heutigen Tag steht die Stuttgarter Syrienausstellung auf
dem Programm. Tübinger Archäologen fanden in
Zusammenarbeit mit einem internationalen Forscherteam 2002
unter den Überresten der monumentalen Palastanlage bei Qatna
eine unberührte Königsgruft, die den Höhepunkt der
Ausstellung im Landesmuseum Württemberg darstellt. Zu den
interessanten Fundstücke gehören mit Purpur verzierte Stoffe
und ein Löwenkopfgefäß aus baltischem Bernstein.
Vielleicht führt die Bernsteinroute von der Bernstorfer
Siedlung über den Brennerpass nach Qatna im heutigen Syrien.
Bis 2000 vor Christus is Qatna ein unbedeutender Flecken am
Wüstenrand, etwa 200 Kilometer nördlich vom heutigen
Damaskus. Doch dann folgt eine Änderung des
Welthandelssystems126. Mesopotamien öffnet sich zu dieser
Zeit dem West zu. Der Grund dazu liegt hauptsächlich im
Kupferabbau auf der Insel Zypern.
Aufgrund der strategischen Lage wir Qatna reich und erlebt
einen ungeheuerlichen Aufschwung van 1850-1650 vor
Christus. Ein neuer Königspalast mit riesigen Abmessungen
von 150 x 120 Meter und 100 Zimmern entsteht. Das
sagenhafte Gebäude wird erbaut mit tausendjährigen
Zedernbalken aus dem Libanon. In der Grabkammer des
Königs entdecken die Archäologen neben Schmuckstücken aus
Alabaster und Elfenbein ein Löwenköpfchen aus baltischem
Bernstein., das auf einen 5000 km langen Handelsweg deutet.

126

Seite 99 von 215


Der Reichtum Qatnas weckt jedoch Begehrlichkeiten. 1340 vor
Christus erobern die Hethiter die Stadt, plündern und zerstören
den Palast. Die Königsgruft jedoch finden sie nicht. Sie wird
erst 2002 vom Pfälzer Archäologen unversehrt entdeckt...

Eisenzeit
Im gleichen Landesmuseum Württemberg besuchen wir
daraufhin die Ausstellung der reichen Funden aus der Hallstatt-
und Latènekultur mit dem „Krieger von Hirschlanden“ 6. bis 5.
Jh. v. Chr. und die Gegenständen aus dem „Fürstengrab“ von
Hochdorf (um 540 v. Chr.). In diesem Museum werden jedoch
nur geringe Reste der interessanten Webmaterialien ausgestellt.
.

Seite 100 von 215


Saturnstag, 23. Januar – iéu → Diéu
Die Kurzübersicht der bipolaren Symbolik dokumentiert die
androgynen Symbolkette von den androgynen Skulpturen, die
man in Gagarino und Uighur gefunden hat, bis zu den
modernen Symbolen der nationalen Flaggen.
Das Manuskript dokumentiert die Beziehungen:
• zur PIE-Sprache, zu den Pronomina iéu127, je, iau, iou,
io, ih, iu128, I, U, zu den Namen IHVH, IU-piter, Dis-
pater, Tuisco, Diéu, Diu, zum Gedicht Mirèio 129 und zu
den Swadesh-Listen der indoeuropäischen Sprachen mit
den Pronomina.
• zu den keltische Webverfahren130 in Hochdorf, und zu
den Farben der Kathedrale von Stralsund
• zum Buch Exodus, zu Platos Symposion, zu den
mittelalterlichen illuminierten Bibeln, zu den prächtig
dekorierten mittelalterlichen Manuskripten der Genesis,
zum Sohar131,
• zum Yin & Yang132, zu den keltischen Skulpturen Odins
und dem Lusty Man auf Boa Island, zu Svantevit in Kap
Arkona, zu Janus & Janua, zu den Hermen,
insbesondere zum Hermes in Roquepertuse,

127
Okzitanisch zum Schöpfergott Diéu
128
Sizilianisch zum Schöpfergott Diu
129
von Frédéric Mistral (1859).
130
Genesis - Weaving the Words in Red and in Blue
131
Der Sohar - das heilige Buch der Kabbala
132
Hier dargestellt im Schildwappen der weströmischen Infantrieeinheit
armigeri defensores seniores (um 430 n. Chr.), die älteste bekannte
Darstellung des Yin-Yang-Symbols

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• zur mittelalterlichen Bekleidung der Kaisern und
Königen, zu den rot-weiß-blauen Gräbern von
Widukind133 , Fontevraud und Roermond, ...
• zum Peers-System, zur Farbe Paars und zu den
unzähligen rot-weiß-blauen Trikolores, die mich zu
Etymology for Flags inspirierten.
• Zur wahren Schöpfungslegende im Religionsunterricht
1954-1955

133
in der Engeraner Kirche aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Das
Grabrelief ist heute in seinen Farben sehr verblasst. Die Abbildung wurde
nach der Beschreibung Reineccius farblich rekonstruiert.

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Hermestag, 27 Januar – Rot & Blau
Aus den unerschöpflichen Quellen meiner Elternbibliothek
rette ich ein Heft meiner ersten Religionsstunden an der
Grundschule aus dem Schuljahr 1954-1955, deren Inhalt und
Ablauf ich gedanklich vollkommen verdrängt hatte.
Aus der Analyse der Religionsstunden134 der Grundschule in
Strijp, Eindhoven, kann man nun ablesen, dass in 1954 noch
eine recht genaue Definition der Farben Rot, Blau und Purpur
gelehrt worden ist.
Der Klassenlehrer oder Priester hat die Zeichnungen an der
Tafel vorgezeichnet, von wo sie die Klasse genau in ein Heft
kopiert hat. Im jugendlichen Alter von 7 Jahren ist es
undenkbar, dass die Schüler die Texte oder Farben des
Beispiels dabei absichtlich geändert haben könnten.
Gott ist in diesem Heft ein Himmelsgott, der hinter den blauen
Wolken thront. Rot ist jedoch die Männerfarbe, das heißt auch
für den ersten Mann Adam, für Christus und für Gott. Blau ist
die Farbe der Frauen, das heißt auch für Eva und Maria. Purpur
ist reserviert für die Ehepaare und merkwürdigerweise auch für
die Flagge.
In aller Kürze kann man zusammenfassen, dass im Mittelalter
für die Bekleidung der Fürsten ein Farbcode angewandt wurde.
Amtierende Fürsten trugen wie die Heiligen auf den Ikonen
und Gemälden vorzugsweise Rot und Blau in
verschiedenartiger Kombination.

134
Religionsunterricht 1954-1955

Seite 103 von 215


Bei genauer Betrachtung stammt diese Farbcodierung aus den
Büchern Exodus und Chronik, in dem Gott seine Anweisungen
für die Bekleidung des Priesters und für die Einrichtung des
Tempels bekannt gibt.
Zumindest für die Flaggen der Niederlande und Frankreich
bestehen Hinweise, dass die Farben Rot und Blau auf den
fürstlichen Bekleidungen des jeweiligen Herrschers und somit
indirekt auf den Bibelangaben basieren. Wie mein kleiner Bibel
beweist sind das Rot und das Blau jedoch auch die Farben, die
Mann und Frau symbolisieren. Diese Farben stehen
symmetrisch neben einander, so dass Mann und Frau
zumindest symbolisch ebenbürtig sind.
Das Ergebnis ist für die Konservativen unter den Gläubigen
vermutlich inakzeptabel und für die Ungläubigen eher
uninteressant. Das Manuskript ist jedoch ein historisches
Zeugnis, in dem die damalige Lehre auf einer übersichtlichen
Weise zusammengefasst wurde.
Die Farbcodes sind indes nicht auf die Bibel beschränkt,
sondern werden in vielen anderen Ländern (z.B. in den
Koreanischen und Philippinischen Flaggen) in ähnlicher Form
wieder entdeckt. Sie deuten auf eine gemeinsame Basis und ein
gemeinsames religiöses Verständnis, das vermutlich fast
verloren gegangen wäre.
Im Rückblick basiert das von mir geschriebene Heft
weitgehend auf den ersten Katechismus, den die Kirche für die
ersten beide Schulklassen vorgeschrieben hatte. Die
Zielrichtung dieser Schrift geht besonders aus dem ersten und
zweiten Katechismus klar hervor. Die Kirche will die
Bevölkerung durch Indoktrination zu Gehorsam führen, indem
das Gute belohnt und das Schlechte bestraft wird.

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Saturnstag 6 Februar135 - Enttäuschung
Die Täuschung ist Bestandteil unseres Lebens. Sobald wir
geboren werden setzt die erste Täuschung ein und auch auf
dem Sterbebett erleben wir in der Regel die letzte Täuschung,
wenn die Tür zum Paradies an uns vorbei saust und wir ins
Nichts katapultiert werden.
Zum Glück gibt es die Enttäuschung...
„Zum Glück?“, werden Sie fragen. „Gerade die
Enttäuschung ist doch das schlimmste Unglück, das
mich immer wieder aus der Bahn wirft...“
„Nein, das habt Ihr falsch verstanden. Ist doch die
Enttäuschung eine Wissenszunahme, ein Entlarven der
Wahrheit, die Euch eine Freude bereiten sollte!“
Wenn Sie die Enttäuschung als Glücksfall erfahren ist das
schon mal eine Ausnahme, denn der Duden kennt die
Enttäuschung nur als die Nichterfüllung, Zerstörung der
Erwartung. Diese einseitige Definition ist ein Zeichen dass die
Illusion bereits in voller Wirkung funktioniert hat. Nur wer die
Enttäuschung als Glücksfall erfährt kann die Energie der Wut
in die Euphorie der Wissensvermehrung umlenken. Sie ist aber
zu selten um eine Aufnahme in den Duden zu rechtfertigen.
Täuschung und Enttäuschung dokumentiert die schlimmsten
Täuschungen, die sich durch Überlegungen enttäuschen lassen.
Für den Unwissenden unter uns stellen sie Katastrophen dar,
aber nicht zuletzt die Euphorie der selbst erlebten Enttäuschung
wird uns über den Verlust hinweghelfen...

135
Täuschung und Enttäuschung basiert auf die Studie des Buches Lügen
von Sissela Bok, Ullrich Schwarz - 1980 - 317 Seiten

Seite 105 von 215


Tuistag. 16 Februar – Sulzbach
Der Faschingsumzug in Sulzbach verdeutlicht die
Disziplinierungsmaßnahmen, die eine Gesellschaft der
Bevölkerung als Fesseln auferlegt. Fesseln sind natürlich auch
die Hauptsymbole der Religion, da sie ihre Gläubigen in der
Gesellschaft zu binden versucht.
Gehorsam und Gesetzestreue müssen jedes Jahr aufs neue
aufgefrischt werden. Diese Prozedur wird seit uralter Zeit
jährlich wiederholt. Ein wesentlicher Beitrag liefert dazu das
Kalendersystem, das schon immer als religiöses Projekt von
den Weisen und Mächtigen manipuliert worden ist.
Jedes Fest symbolisiert eine Fest-Bindung (eine Befestigung)
an die Gemeinschaft beziehungsweise in der Einzelbindung an
den Partner. Auch die Konfirmation symbolisiert natürlich die
Bindungsaufnahme zur Gemeinschaft.
Dies Fasti - Das Entfesseln der Götter dokumentiert eine Reihe
von Symbolen zur regelmäßigen Abwechslung von Fesselung
und Entfesseln wie sie vom Kalender vorgeschrieben wurde.
Zum bedeutsamsten und berühmtesten Entfesselungs-Fest hat
sich der Karneval entwickelt, der aus der römischen Saturnalia
hervorgegangen ist. Ursprünglich bereitete der Karneval die
Gläubigen auf die Fastenzeit vor, der wohl die effizienteste
Methode zur Disziplinierung des Menschen darstellt. Die
Fesselung der Saturns, den sie auch den doppelgesichtigen
Janus nannten, nach Abschluss der Saturnalia bildete das Ende
des entspannenden, turbulenten Treibens und die Neuaufnahme
des normalen sozialen Jahresablaufs zum Neujahr.

Seite 106 von 215


Heutzutage sind die religiöse Symbole auf dem Rückzug, aber
einige etymologische und religiöse Symbole sind immer noch
vorhanden. Das Buch dokumentiert die Fesseln, die in den alte
Skulpturen dargestellt werden und vergleicht diese mit den
etymologischen und andere religiösen Symbolen der sozialen
Traditionen. Genau genommen ist jede Fastenzeit sowie jedes
Fest ein Fest-machen der Bevölkerung, eine Befestigung des
Glaubens an die Gesellschaft und den Frieden durch
gemeinsamen Fesseln.

Donarstag 4. März – die Täuschung


In Gedankensplitter über die Täuschungsgewalt entwirft der
Autor die Kalkulation und tabellarische Darstellung der
Gesamtsumme Täuschung & Gewalt. Aus dieser Tabelle
könnte man ablesen, dass die reine Gewalt wohl seit einigen
Jahrzehnten zurückgeht, aber deren Platz allmählich von der
Täuschungsgewalt übernommen wird. In der Summe kann man
durchaus die Gesamtmenge an Gewalt als etwa konstant oder
gar ansteigend betrachten.
Die Täuschung wirkt gewissermaßen wie eine harmlose
Gewalteinwirkung. So harmlos ist sie jedoch im Falle der
Bankenkrise nicht. Die finanzielle Täuschungsgeschäfte sind
mittlerweile existenzbedrohend für die Mehrzahl der
Industrieländern, da sie einen finanziellen Kollaps im
Welthandel auslösen können. Ihre Auswirkung ist durchaus
vergleichbar mit einem Krieg. Gewalt durch Täuschung kann
eine militärischen Gegengewalt auslösen. Wer diese
Gewaltaktionen verhindern möchte muss nicht zuletzt auch auf
die Begrenzung der Täuschungsgewalt hinwirken.

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Es grenzt an verantwortungsloser oder vorgetäuschten Ignoranz
zu glauben, dass ein Nachbar jede nur denkbare
Täuschungsgewalt hinnimmt. Gewiss hat der
Täuschungsauslöser kein Recht auf eine ehrliche Reaktion.
Andererseits würde die gewalttätige Beantwortung jeglicher
Täuschung eine endlose Spirale der Verrohung auslösen.

Religion
Aus der Fülle der Täuschungen kann man wohl ablesen, dass
auch eine Religion statistisch gesehen wohl eine Täuschung
bildet.
In Anbetracht der Täuschungsgewalt könnte ein neuer,
moderner kategorischer Imperativ lauten:
„Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit
unter Freunden und Feinden als geschickter
beziehungsweise arglistiger Schachzug gelten könne.“

Spaß am Pokern
Die Täuschungen verleihen dem Leben Aufmunterung und
Würze, vertreiben Trübsinn und Langeweile. Betrachtet man
die heutigen Bankenkrise ist uns offensichtlich der Spaß am
Pokern den Bürgern sogar eine Währungsreform wert.
In diesem Licht gestaltet sich die Täuschungsgewalt als die
Betriebstemperatur der Erdbevölkerung. Ist sie zu gering
erscheint uns das Leben als zu fade und langweilig. Steigt die
Betriebstemperatur über eine kritischen Obergrenze bilden sich
entweder Währungsreformen oder lokale Brandherde voller
Kriegsgewalt.

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Saturnstag, 27 März – Halle

Das Landesmuseum für Vorgeschichte


Von 25.3.-28.3. besuchen wir Leipzig und investieren einen
Tag für einen Besuch ans Landesmuseum für Vorgeschichte in
Halle. Gleich beim Betreten des Museums ist klar, dass sich
diese sympathische Schatztruhe inmitten einer Wohngegend
keineswegs nur auf die Scheibe von Nebra beschränkt.
Insbesondere ist auch die vor etwa 7000 Jahre angefangene
Phase der Pflanzenanbau und Viehhaltung in Europa (die
Jungsteinzeit oder Neolithikum) vertreten, die in etwa mit der
Entwicklung der indoeuropäischen Blütezeit übereinstimmt.
Man begann, die Umwelt zu manipulieren, um vom natürlichen
Nahrungsangebot unabhängiger zu sein.
Erstmalig erfolgte dieser fundamentale Umbruch vor etwa
11000 Jahren im südlichen Vorland des Taurus- und
Zagrosgebirges, dem heutigen türkisch-iranisch-irakischen
Grenzgebiet. Von dort stießen Bauerngruppen auf der Suche
nach Neuland innerhalb von etwa 2000 Jahren nach
Südosteuropa vor und zogen schließlich nach Mitteleuropa. Im
Gepäck hatten sie das komplette neue Kulturbündel: Saatgut,
Vieh, Hausbau, Keramik, Textilien und Steinschliff, aber auch
Gebräuche und Glaube.
Zum Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. machten sich in
Mitteleuropa einheimische Kulturen allmählich mit einem
neuen Werkstoff vertraut: Bronze, einer Legierung aus Kupfer
und Zinn (Frühbronzezeit)

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Die Drehlage bei der Beerdigung
Interessant ist die Dokumentation der unterschiedlichen
Drehlage bei der Beerdigung für männlichen und weiblichen
Personen. Die Menschen wurden zum Beispiel auf dem
Steinzeitfriedhof in Eulau nach den strengen Grabriten der
Schnurkeramik-Epoche136 bestattet: mit angezogenen Beinen,
auf der Seite liegend, wobei die weiblichen Personen immer
mit dem Kopf nach Osten und die männlichen Toten mit dem
Kopf nach Westen lagen. Die Blickrichtung war stets gegen
Süden gerichtet.
Die vorgeschriebene Drehlage bei der Grablege war jedoch
lokal unterschiedlich. In Karten kann man diese Diversität
genau ablesen. Sicherlich hängt diese Codierung nach
Geschlecht mit der Religion zusammen.
Die Geschlechtsdifferenzierung der Grablege wurde übrigens
natürlich auch bereits früher in Gagarino und Uighur
identifiziert137. Sowohl die Kurgan Periode (Viertes Jahrtausend
v.C.) als auch die Schnurkeramische Kultur (2880 v.C.-2000
v.C.) bestatteten ihre Frauen auf der linken Körperseite und
ihre Männer auf der rechten Körperseite, als ob die Körperlage
gespiegelt werden sollte. In beiden Fällen blickten die
Verstorbenen in die Richtung des Sonnenaufgangs und/oder die
Sonne138.

136
Schnurkeramik-Kultur ca. 4800-4100 Jahre vor heute
137
Androgyne Elfenbeinskulptur, Gagarino wurde auf ein Alter von 21.800
Jahre datiert.
138
Eine Übersicht dieser Symbolik befindet sich im Blog Der Himmelsgott
und in dem Dokument Der Himmelsgott Dyaeus .

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Die Schnurkeramik mit Geschlechtsdifferenzierung
Den Namen verdankt die Schnurkeramik-Epoche dem
Verzierungsstil der Tongefäße mit einer Schnurverzierung,
wozu eine verzwirbelte Schnur in den feuchten Ton der
Keramik gedrückt wurde.
Es ist schwer vorstellbar, dass die Schnur in der Schnurkeramik
nur zur Verzierung gedient haben soll. Stattdessen müssen wir
annehmen, dass dieses Element eher als religiöses Symbol
angewandt wurde um die Kräftebündelung in einer Hochzeit
durch Einigung der männlichen und weiblichen Personen
darzustellen.
Diese Symbolik erhebt die Schnur in der Schnurkeramik zum
religiösen Symbol, womit die Verwebung139 der männlichen
und weiblichen Elementen der Gesellschaft verewigt werden
konnten. Die Schnur ist zwar vergänglich, aber gepresst in den
feuchten Ton konnte der Abdruck gebrannt und verewigt
werden.

Aunjetitzer Kultur ohne Geschlechtsdifferenzierung


Die Aunjetitzer Bestattungssitte140 sieht dagegen im Gegensatz
zu der aller räumlich und zeitlich benachbarten Kulturen eine
Position Verstorbener auf der rechten Körperseite ohne
Geschlechtsdifferenzierung vor. Offensichtlich markiert die Era
zwischen der Schnurkeramik-Epoche und der Aunjetitzer
Kultur den Verlust der ausgeprägten androgynen Bipolarität im
öffentlichen Leben.

139
Die Verwebung als religiöses Symbol
140
Zum Ende des 3. Jahrtausends v. Chr.

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Freyastag 2 April – Rot, Weiß und Blau
Das Manuskript Blau und Rot Im Mittelalter lehrt uns Purpur,
Blau und Rot als religiösen Symbole und Elemente der
mittelalterlichen Tradition zu betrachten. In den Büchern
Exodus und Chronik werden Purpur, Blau und Rot mehr als 25
Mal als Anweisungen von Gott definiert. Diese Farben gelten
auch als die wichtigsten Dekorationselemente der
Mittelalterlichen Bibeln und anderen Büchern.
Blau und Rot Im Mittelalter enthält eine Übersicht einiger
fürstlichen Kleidungsstücke. Soweit möglich wurden die
Farben der Grabstätte dargestellt. In anderen Fällen werden die
ältesten Darstellungen verwendet.
Fürsten werden in der Regel bei der Zeremonie der Krönung
anders dargestellt als zum Beispiel bei der Jagd. In der Regel
wird in den dargestellten Abbildungen die Krönung oder die
Grablegung gezeigt.
Die religiöse Symbolik der Farben erreichte einen Höhepunkt
im Mittelalter, aber endete mit der Renaissance. Danach scheint
die Bedeutung der religiösen Farbsymbolik völlig verloren
gegangen zu sein. Die einzigen Reste dieser Farbgebung haben
vielleicht in den Nationalflaggen einiger Länder (Frankreich,
Niederlande, Großbritannien einschließlich der USA) überlebt.
Falls Deutschland sich vor 1500 hätte einigen können, würde
heute wohl auch die deutsche Nationalflagge ein Rot – Weiß -
Blaues Muster führen...

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Hermestag, 14 April - Plato
Nach der Wiederbelebung so vieler alten Schulkontakten suche
ich auch mal den Kontakt zu meiner alten Freundin Cornelia
und erreiche sie über ihren früheren Freund. Es ist schon ein
merkwürdiges Gefühl nach so vielen Jahren wieder ihre
Stimme zu verspüren.
Falls es tatsächlich so etwas wie eine androgyne, platonische
Fixierung zweier jungen Menschen geben sollte, so habe ich
sie jedenfalls erlebt in den ersten Tanzstunden ab 20 September
1964 – an dem sie gerade ihren sechzehnten Geburtstag feiert.
Selbstverständlich traue ich mich als 17-jähriger nicht allzu
nahe an dem jungen Mädchen heran. Es war eine zarte,
ungelenke Annäherung in der aufregenden Atmosphäre einer
ersten Liebeserfahrung.
Es ist schon richtig, dass die erste platonische Liebe das Zeug
zur Religion hatte, wie es Plato im Symposium schreibt 141. Der
erste Mensch wurde als zusammengewachsenes Paar geboren,
und dann entzweit in Mann und Frau. Gott schmückte alsdann
die Frau über allen Maßen und führte sie dann zusammen –
Angesicht zu Angesicht142. Ja, so habe ich das damals gewiss
auch empfunden, auch wenn es jetzt lange her ist.
Die Suche nach der alten Symbolik führt dazu, dass ich die
alten Schulkalender, Notizen und Tagebüchern durchstöbere
und bei dieser Gelegenheit die verfügbaren Details als
Tagebuchfragmente143 festhalte.

141
Der Himmelsgott Dyaeus
142
Der Sohar - Das heilige Buch der Kabbala
143
Um die Notizen möglichst genau festzuhalten wurden die
Dagboekfragmenten (1960-1972) in niederländischer Sprache dokumentiert

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Auch der noch verfügbaren Briefwechsel, in der zeitweise ein
Brief pro Woche geschrieben wurde, ist erhalten geblieben.
Beim Dokumentieren und Sammeln der Ereignissen in den
Tagebuchfragmenten fällt mir auf, dass ich als Autor das
Geschehene tatsächlich erneut erlebe: den ersten Schultag, den
ersten Kinofilm, den ersten Tanz, den ersten Kuss, die ersten
Briefe,... Ja das alles entgeht denjenigen, die den Rückblick
vermeiden und nur vorwärts leben.
Abgesehen von den gespeicherten Erinnerungen sind mir aus
der Gymnasialzeit einige Schwarzweißbilder, Postkarten und
Briefe der sechzehnjährigen Freundin geblieben. Das
Symposium habe ich als Beta-Schüler eher nicht im Original
gelesen – eher in der Zusammenfassung einiger Zeilen. Es ist
nicht vergleichbar mir der Hinterlassenschaft im
Religionsunterricht 1954-1955, in dem ein Priesterlehrer mir
nachweislich die wahren Schöpfungslegende erzählt hat...

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Freyastag, 16 April - Leonardo
In der Farbcodierung in Leonardos Abendmahl wird die
Farbsymbolik der Gewänder in Leonardos Abendmahl
untersucht zur Bestätigung der These, dass die Farben Rot und
Blau eine religiöse Bedeutung im positiven Sinne, Gelb &
Grün im negativen Sinne haben könnten. Selbstverständlich
darf man jedoch nicht erwarten, dass Judas immer eindeutig in
einem leuchtend, gelben Gewand dargestellt wird. Es soll ja
auch noch ein Geheimnis dargestellt werden können, das
höchstens in einem winzigen Hinweis dem Zuschauer verraten
werden darf.
Zur Farbgebung kann man feststellen, dass Jesus (mit rotem
Gewand und blauem Überwurf) im besagten Abendmahl in
den traditionellen, religiösen Symbolfarben Rot und Blau
gekleidet ist. Auch der ihm am nächsten stehenden, geliebten
Johannes ist Rot & Blau, d.h. in blauem Gewand mit rotem
Überwurf bekleidet.
Judas wurde ebenfalls in Rot und Blau abgebildet, trägt jedoch
ein grünes Kleid über dem linken Arm, als ob er als versteckter
Geheimagent dargestellt wird. Andreas ist vielleicht rein
zufällig in Gelb gekleidet und regt sich offensichtlich auf weil
er angeblich als Verräter enttarnt worden ist.
Normalerweise werden sowohl Judas und St. Petrus als
Verräter in der negativ belasteten Farbe Gelb bekleidet
dargestellt144. Gelb war im Mittelalter auch die vorgeschriebene
Farbe der Prostitution. Nicht in Gelb bekleidetet wurde ein
Verräter vielleicht sogar als besonders perfide betrachtet...

144
Yellow for Judas , Yellow for Saint Peter

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Tuistag, 4 Mai – Oranje-Blanje145-Bleu
In der alten Religion muss der in Europa einheimische
Eisvogel mit seinem rot-, weiß- und und blau gefärbten
Federkleid sicherlich eine große Rolle gespielt haben. Nur in
skandinavischer und englischer Sprache („The Kingfisher“)
gehören die Eisvögel etymologisch gesehen zur königlichen
Symbolik („Heraldische Vögel“). In Deutsch bezieht die Farbe
der Eisvogels nicht auf Eis. Etymologisch lässt sich der Name
aber von den Farben des Metalls Eisen ableiten. Die englisch-
skandinavische Namensvergabe wird dagegen als „obskur“
eingestuft. Die Wikipedia erwähnt zum Kingfisher:
„Die Etymologie des Wortes kingfisher (Alcedo atthis)
ist unklar; Die Wortbildung stammt aus king's fisher,
aber die Herkunft ist ungewiss“.
Der Prinz Wilhelm von Oranien-Nassau hatte den Eisvogel als
sein persönliches Symbol gewählt und vielleicht deshalb auch
seine Flagge Oranje-Blanje-Bleu, d.h. Orange-Rot, Weiß und
Blau gewählt. Es sind eben die Farben des Eisvogels.
Nur wenn man die Farben Orange-Rot, Weiß und Blau auch als
königliche Farbsymbolik versteht kann man diesen scheuen
Vogel als religiöses Symbol identifizieren.146

145
NL.: Oranje = Orange, NL: Blanje = Blank, NL: Bleu = Blau; diese
Bezeichnung Oranje-Blanje-Bleu ist nur für die alten niederländischen
Trikolore üblich.
146
The Kingfisher

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Saturnstag, 15 Mai – Barbarossa
Bei einem Malkurs in Flonheim von 16.5. bis 19.5. besuchen
wir die nahegelegenen Stadt Worms. Im Wormser Kaiserdom
enthält die Gruft der Salier lediglich acht grauen Sarkophage,
die keinerlei Farben aufweisen. Am Kirchenportal ist
Barbarossa ganz in Schwarz bekleidet. Gut, aber auf dem
Miniatur in der Codex Manesse trägt er wenigstens Rot und
Blau. Auch die Glasfenster des Doms ist überwiegend rot &
blau.
In Worms-Horchheim gab es allerdings ein bedeutendes
Kunstwerk in der Heilig-Kreuz-Kirche: eine Muttergottes-
Figur vom Typ der „Schönen Madonnen“ in Gold, Rot und
Blau aus dem frühen 15. Jahrhundert, die zusammen mit zwei
anderen Skulpturen am 26. November 1985 gestohlen wurde.

Sonntag, 6. Juni – Blaue Strümpfe


An einem heißen Sonntag erwandern wir den Stuttgarter
Blaustrümpflesweg in Heslach. Die Route führt über
zahlreichen verschlungenen Wegen auf aussichtsreichen
Halbhöhen. Der Blaustrümpflerweg wurde im Jahr 2004 von
der Ortsgruppe Heslach des Schwäbischen Albvereins
eingerichtet. Dies erfolgte aus Anlass des hundertjährigen
Jubiläums der Ortsgruppe.
Ausgangs- und Endpunkt ist der Marienplatz. Die Länge des
Weges beträgt ca. 7,5 Kilometer, die Gehzeit wird mit ca. 2,5
Stunden veranschlagt. Bestandteil des Rundwegs ist eine Fahrt
mit der Standseilbahn zum Stuttgarter Waldfriedhof sowie eine
Fahrt mit der Stuttgarter Zahnradbahn vom Haigst zum
Marienplatz.

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Für den Namen des Wegs wurde eine Begebenheit
herangezogen, die sich angeblich im Jahr 1519 ereignet hat.
Damals hätten die Heslacher den württembergischen Herzog
Ulrich verraten, weshalb sie daraufhin die für Verräter
reservierten blauen Socken tragen mussten147.
Die Geschichte der blauen Socken liefert einen krassen
Kontrast zur Farbe Gelb, die im Mittelalter zur Warnung für
Verräter und Prostituierte vorgeschrieben war. Die Farbe Gelb
wird oft in den religiösen mittelalterlichen Gemälden für die
Verräter Judas und Petrus148 und Dirnen verwendet. Zumindest
in Heslach gehörte aber auch Blau zu den Warnfarben.

Schandfarben im Mittelalter149
Die Kleiderordnungen für die Dirnen unterschieden sich durch
die Zeit des Mittelalters und von Stadt zu Stadt. So mussten
Prostituierte in Wien ein gelbes Tüchlein an der Achsel tragen,
in Augsburg einen Schleier mit einem zwei Finger dicken
grünen Strich in der Mitte, in Frankfurt am Main eine gelbe
Verbrämung (Saum) und in Zürich und Bern verdeutlichte ein
rotes "Käppeli" ihre niedrige Standeszugehörigkeit. Ebenso
wurde ihnen das Tragen bestimmter Schuhe, Bänder oder
Schleier vorgeschrieben bzw. auch verboten. In der Regel
waren die farblichen Kennzeichnungen in den sogenannten
Schandfarben gehalten: Rot, Gelb oder Grün. Da sich
"ordentliche" (bzw. "anständige" und "ehrbare") Frauen im
Mittelalter nicht „herausputzen“ durften, wurden Prostituierte
auch als Hübschlerinnen bezeichnet.
147
Heslacher Blaustrümpflerweg - Rundweg um das steilste Stück von
Stuttgart
148
Yellow for Judas , Yellow for Saint Peter
149
Quelle: Kleiderordnungen für die Dirnen

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In diesem Sinne sind Gelb und Grün die Schandfarben. Das
Züricher und Berner Rot scheint mir ebenso wie das Stuttgarter
Blau eine Ausnahme zu sein. Auf der sicheren Seite war man
immer mit der Farbe Schwarz, die offensichtlich niemals zu
den Schandfarben gehörte.

Sonntag 13. Juni - Hermes


Es wurde nun Zeit die chronologische Folge aller bisher
aufgefundenen religiösen Symboliken in einem Manuskript
The Hermetic Codex zu dokumentieren. Als:
• bedeutendste Gottheit der Kelten haben sowohl Caesar
als Tacitus den (oft mehrköpfigen ?) Hermes und als
• Schöpfergott haben sowohl Caesar als Tacitus dagegen
den indoeuropäischen Himmelsgott Dis-pater bzw.
Tuisco
identifiziert.
Es ist schier unglaublich wie viele Fürstensymbole,
Fürstengräber, Fürstengemälde gerade im Mittelalter die
Kombination roter und blauen Farben aufweisen. Die
Sammlung beweist, dass die Idee der Farbsymbolik in Rot und
Blau zumindest bis zur Aufklärung quicklebendig gewesen sein
muss.
Zu den Symbolen gehören auch die Pronomina. In Englisch
(„I“) und in Niederländisch („U“) wurden zumindest zwei
Pronomina als Großbuchstaben geschrieben. Da diese
Großschrift eventuell religiöse Bedeutung haben kann,
untersuche ich diesen Fall an einigen Beispielen150.
150
z.B. The Majestic Singular in William of Orange's Letter und Een Kleine
Legende Van Rood, Wit en Blauw

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Freyastag, 9 Juli – Limburg (NL)
Von 9 Juli bis 15 Juli sind wir bei heißen Sommertemperaturen
zu Gast im kleinen Limburger Ort Schweiberg. Diesen
Kurzurlaub verdanken wir einem Konzertbesuch am Samstag
10 Juli in Maastricht.

Saturnstag, 10 Juli - Maastricht


Zuerst steht Maastricht mit einem Besuch an der Servaaskirche
auf dem Programm. Auch die niederländischen Servaaskirche
ist wie so vielen andern Kirchen mit ähnlichen Schlusssteinen
in Rot, Weiß und Blau ausgestattet. In der Freimaurertradition
haben diese Farben Rot, Weiß und Blau eben eine gewisse
Bedeutung...
Am Abend besuchen wir dann das Konzert von Andre Rieu auf
dem Vrijthof in Maastricht. Zum Ende des Konzerts zieht dann
der bereits angekündigte Wettersturz mit einem heftigen
Gewitter auf. Wir sehen rechtzeitig die Gefahr und verlassen
den Vrijthof noch während der Zugabe in einem Taxi. Nachdem
wir das Auto erreicht haben, beginnt es zu gießen. Auf dem
Heimweg regnet es dann in gewaltigen Strömen so dass man
ahnen kann wie die Sintflut damals angefangen haben muss.

Hermestag, 14 Juli – Lüttich


Nach einer Besichtigung Lüttichs an einem heißen und
anstrengenden Tag zieht während dem Abendessen wiederum
ein gewaltiges Gewitter auf. Wir versuchen das Auto zu
erreichen, sind jedoch zu spät und sehen wie ein grau-gelbe
Wand auf uns zu stürmt.

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Es ist wohl eine Mischung aus Straßendreck und Wüstensand,
der uns dann in die Augen, in die Nase und in den Mund
gepresst wird. Alles knirscht bis dann die Himmelsschleusen
geöffnet werden und wir im Regenwasser zu ersaufen drohen.
In einer geräumigen Vorhalle eines alten Reihenhauses müssen
wir etwa eine Stunde warten, bis der Spuk vorüber geht. War
das unbedingt nötig, nachdem wir den ganzen Tag andächtig
Kirchen besucht haben?

Donarstag, 15 Juli - Roermond


An diesem heißen Tag besuche ich meine alten Heimatstadt
Roermond – die Stadt die mich 1960-1966 beheimatet hat. Es
ist noch erstaunlich viel Substanz aus meiner Jugendzeit
vorhanden151. Auch der alte Schrebergarten meines Großvaters
hat sich am Stadtrand ebenso gut erhalten wie die
Stammkneipe Braam, wo ich ihn gelegentlich für ein
verspätetes Mittagsessen abholen musste. In diesem Lokal
wurde damals noch Sand auf den Boden gestreut und Frauen
waren wohl eher unerwünscht. Leider ist die Kneipe
geschlossen und bis zur Eröffnung bin ich schon wieder auf
dem Heimweg...
Auch die alten Grabstelle des Grafen von Gelre aus 1240 mit
den rot-, weiß- und blaugefärbten Gewändern steht noch
genauso dar wie ich die Münsterkirche in Erinnerung habe, als
ich sie erstmalig 15. Februar 1961 als 13-jähriger 152- am
Aschermittwoch besucht habe um das Aschenkreuz zu holen.

151
Dagboekfragmenten (Roermond) in niederländischer Sprache
152
Dagboekfragmenten (1960-1972)

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Vieles erfüllt mich mit Wehmut und Erstaunen. Dort wo sich
die Hauptpforte der Schule befand, hat der Architekt im
hässlichen Kaufhaus auch wieder einen Innenhof vorgesehen.
Die Bäume verhüllen mehr oder weniger die unpassende
Architektur im Stadtkern. Ein Übermaß an Kneipen und
Sitzgelegenheiten nimmt dem Stadtbild die Strenge,die mir aus
meiner früheren Schulzeit in Erinnerung bleibt.
Es gibt in den alten Städten auch noch Erinnerungen an die
ehrwürdigen Berufe der Färber und Tuchproduzenten 153.
Selbstverständlich gibt es die Mühlenstraße, wo sich die
mittelalterlichen Mühlen befunden haben und wo ich eine
ursprüngliches Mühlenkanal als Untiefe neben der
Mühlenstraße identifizieren kann. An der Spülpforte in
Roermond wurde ich erstmalig von einem Mädchen geküsst.
In fast jeder gleichaltrigen Stadt (Maastricht, Lüttich) gibt es
die Weberstraße, das Rot- wie das Blaufärberviertel, ein
Rahmenviertel, usw. Rot- und Blaufärber waren getrennte
Berufsgruppen, die sich als Konkurrenten verstanden haben.
Ja, das war das alte Roermond meiner Jugend, aber nach nicht
einmal drei Stunden ist alles vorbei. Es ist die einmalige
Erfahrung der Wiederbelebung dieser Erinnerungen, die ich
nach 45-50 Jahren erlebe. Ein neuer Besuch wurde mir
bestimmt nicht mehr die gleichen Emotionen bescheren.

153
Viele Details zur Tuchproduktion wurden zu Roermond dokumentiert in
Blue and Red in Roermond und Rood en Blauw in Roermond , sowie
allgemein in Dyeing Purple in the Middle Age , Het Verven Van Purper in
de Middeleeuwen und De gewandmakers

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Donarstag, 22 Juli – Die Königskleider
In den Büchern Exodus und 2. Chroniken dokumentiert die
Bibel 25 bzw. 3 Mal die Anordnung zur Verwendung der
Farben Purpur, Rot und Blau für die Gewänder der obersten
Geistlichkeit des hebräischen Volkes. Bisher ist unklar,
inwieweit diese biblische Vorschrift auf einen Einfluss auf die
Kleiderordnung der mittelalterlichen Kaiser, Königen und
Fürsten gehabt hat.
Des Deutschen Kaisers Alte Kleider beschreibt die These der
Farbcodierung mit den religiösen Symbolen Rot und Blau im
mittelalterlichen, europäischen Adel. Es ist denkbar, dass die
besonders intensiven Farbcodierung in den Ölbildern, Initialen
in den Büchern und Wappen im Mittelalter als politisches
Werkzeug der weltlichen und geistlichen Würdenträgern im
Investiturstreit (1076-1122) herangezogen wurde.
Bereits vor Christus waren Purpur, Rot und Blau jedoch als
religiösen Symbole bekannt. Die Vielzahl der farblichen
Abbildungen in Rot und Blau wurden wohl hauptsächlich als
politisches Machtmittel im Kampf zwischen der weltlichen und
geistlichen Obrigkeit eingesetzt.

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Montag, 9 August - Die Freimaurerei154
Die Freimaurerei, auch Königliche Kunst genannt, versteht sich
als ein ethischer Bund freier Menschen mit der Überzeugung,
dass die ständige Arbeit an sich selbst zu einem
menschlicheren Verhalten führt. Die fünf Grundideale der
Freimaurerei sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz
und Humanität. Sie sollen durch die praktische Einübung im
Alltag gelebt werden.
Die Konstitution (Alte Pflichten) der ersten Großloge wurde am
28. Februar 1723 im britischen Postboy öffentlich beworben
und bildet die Grundlage der heutigen Freimaurerei.
Der Begriff Freimaurer ist eine Lehnübersetzung des 18.
Jahrhunderts für englisch Freemason. Im 15. Jahrhundert
bezeichnete er die in Bauhütten organisierten Steinbildhauer
oder Baumeister, die freestone-masons, im Gegensatz dazu
waren die roughstone-masons eher für die gröberen Arbeiten
zuständig. Die geschichtlich überlieferten Symbole wie
Maurerkelle, Winkelmaß und Zirkel gehören auch heute noch
zum Inventar der Freimaurer. Schriften und Artefakte, die sich
mit der Freimaurerei beschäftigen bzw. sich auf diese beziehen,
werden als 'Masonica', lat., sg. 'Masonicum' bezeichnet.
Die besondere Bedeutung der Freimaurerei besteht in der
Beziehung zu Hiram Abiff

154
Info aus Freimauerei

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Hiram Abif
Hiram Abif oder Hiram Abiff war nach einer Kunst-Legende
der Freimaurer der Architekt des Tempels von König Salomo155
in Jerusalem. Der historische Tempel Salomons wurde etwa
988 v. Chr. auf dem Tempelberg errichtet. Die Bibel berichtet,
König Hiram I. habe Baumaterial und Männer zur Errichtung
des Tempels geschickt.
Das zweite Buch der Chronik 2 bezieht sich auf eine formelle
Anforderung Salomons an König Hiram I. (Tyros) für Arbeiter
und Material. König Hiram erwidert dies durch Entsendung
von Hiram-Abi,
„den Sohn einer Frau von den Töchtern Dan. Und sein
Vater war ein Tyrer.“.
In diesen Anordnungen spielen generell die Farben Rot, Blau,
Purpur, sowie die Herstellung und Bearbeitung des verzwirnten
Byssus eine große Rolle, das - wie auch in Hochdorf – wohl
eine speziellen Verzwirnung/Verwebung der extrem dünnen
roten und blauen Fäden zur Purpurfarbenen Tüchern (Paarse
Tücher aus paarweise verzwirnten roten und blauen Fäden)
beschreibt156.

155
Balduin übergibt in dieser Darstellung den Tempel Salomons an Hugo
von Payens und Gottfried von Saint-Omer
156
Blue and Red Symbolism in Freemasonary

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Farbenordnung in der englischen Großloge
Es gibt einen Antrag des englischen Altgroßmeisters
Desaguliers aus dem Jahre 1731, der zum Beschluss einer
Farbenordnung in der englischen Großloge führte: Großbeamte
blaues Band, Schaffner rotes Band, die übrigen Beamten
einschließliche der Stuhlmeister weißes Band157.

Buchstaben J und B an den Säulen


Die beiden Buchstaben J und B an den Säulen haben für sich
keine besondere symbolische Bedeutung, sie weisen auf die
beiden Säulen im Salomonischen Tempel hin, über die in der
Bibel (1. Kön. 7, 13-31) berichtet wird und setzen also den
freimaurerischen Tempel in Beziehung zum Salomonischen
Tempel. Die beiden Säulen selbst weisen symbolisch auf die
Gegensätzlichkeit aller irdischen Dinge hin (hell-dunkel,
männlich-weiblich, etc., etc.)158.

157
Fragen zur freimaurerische Symbolik
158
Fragen zur freimaurerische Symbolik

Seite 126 von 215


Sonntag, 15 August–Das Nonnenkirchle
Bei der Stadtbesichtigung Waiblingens bin ich in der Lage die
wunderschöne Deckenmalerei des Nonnenkirchle in
Waiblingen zu studieren. Das Nonnenkirchle wurde zwischen
1426 und 1510 erbaut. Der mit einem Netzgewölbe
geschmückte Raum im Obergeschoss gehört zu den schönsten
Räumen in der Stadt. Die mittelalterlichen Mauermeister haben
die Schlusssteine mit lebendigen Farben in Rot und Blau
dekoriert.
Rot und Blau sind für Schlusssteine nicht ungewöhnlich. Auch
die niederländischen Servaaskirche ist mit ähnlichen
Schlusssteinen ausgestattet. In der Freimaurertradition haben
diese Farben Rot, Weiß und Blau sowie Purpur eben eine
besondere Bedeutung, die man aus der Bibel (Exodus und
Chroniken) ableitet. Rot und Blau wurden als Symbole in den
Schürzen, Gewändern und Brustplatte des Hohenpriesters, in
den Dekorationen der Baldachinen und Schleiern, bzw.
Tüchern des salomonischen Tempels verwendet.
Ab 1900 wurden Rot und Blau ebenfalls mit männlicher und
weiblicher Symbolik assoziiert. Im Gegensatz zum Mittelalter
und zur biblischen Urzeiten gelten jedoch seit dem vergangen
Jahrhundert Rosa als weiblich, bzw. Hellblau als männlich.

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Hermestag, 25 August–Der blaue Kasel
Das Konzil von Trient (Tridentinum), das von der Römisch-
katholischen Kirche als 19. ökumenisches Konzil angesehen
wird, fand in vier Sitzungsperioden zwischen 1545 und 1563
statt. Es diente der Antwort auf die Reformation.
In diesem Konzil wurden für die Liturgie ausschließlich die
Farben Grün, Weiß, Rot/Rosa und Schwarz/Purpur erlaubt. Die
weibliche Symbolfarbe Blau ist daher seit Jahrhunderten als
liturgische Farbe verboten159. Bis zu diesem Konzil war Blau
im Mittelalter noch für die Feste zu Ehren Marias angewandt
worden. Zur Zeit ist Blau nur in einigen, wenigen spanischen
Bistümer noch erlaubt.
Obwohl das Buch Exodus Blau ausdrücklich als Bestandteil
der Tempeldekoration und Zeremoniengewänder vorschreibt,
wurde das Farbsymbol offensichtlich (wie alle weiblichen
Elemente) vom Altar gebannt160.
Um so überraschender ist daher der Papstbesucht am 7-9
September 2007 in Mariazell zur Feier der 850-jährigen Maria-
Wallfahrt. Bei dieser Gelegenheit war der Papst in einer blauen
Kasel gekleidet.

159
Quelle: Papst Benedictus XVI in Blau in Mariazell (8 September 2007)
160
Liturgical (and Royal) Colours

Seite 128 von 215


Sonntag 29 August – Balingen
Anlässlich einer Kunstausstellung „Gustav Klimt“ in Balingen
besuchen wir ebenfalls das Heimatmuseum, das interessante
Wege zur Durchquerung der Albhöhen zwischen der Donau
und dem Neckar aufzeichnet. Da es sich möglicherweise um
prähistorischen Handelsrouten handelt, untersuche ich die
Optionen, die als Argonautenbrücken zwischen zwei großen
Flüssen (Donau und Neckar/Rhein) existiert haben sollen.
Ein Amphibienfahrzeug ist ein Fahrzeug, das sowohl auf dem
Land als auch auf der Wasseroberfläche fahren kann. Ein
solches Fahrzeug hat es schon etwa 1300 vor Christus gegeben.
Dieses Schiff Argo war so leicht, dass die Besatzung von 50
Männern es zwölf Tagereisen weit tragen konnte161.
Im Manuskript Der Brenner Codex - die Bernsteinstraße wurde
bereits angedeutet, dass die Argonautenlegenden wohl die
Erkundung der neuen Handelsbeziehungen der Bernstein- und
Zinnhändlern zwischen Griechenland und der Nord- und
Ostsee dokumentieren. Zur Überprüfung dieser Legenden
wurden nun die möglichen Handelsstrecken zwischen Neckar
und Donau untersucht.
Es wurden sechs mögliche Alb-Streckenführungen für
Argonauten-Routen geprüft, wovon sich vier im
Quellenbereich der Donau und Neckar befinden. In diesem
Bericht werden nur die vier Strecken im Quellenbereich der
Donau und Neckar verglichen. Die übrigen Strecken
(Heuneburg und Giengen an der Brenz) gehören ggf. zu
anderen Zeiträumen.

161
Das Geheimnis der Argonautenbrücken

Seite 129 von 215


Die günstigste Route (50 km) zwischen Fridingen und Rottweil
weist eine sehr kurze Landbrücke mit einer Länge von wenigen
Hundert Metern an der Wasserscheide bei Tieringen auf.
Zudem befinden sich auf dieser Route ein Berner Feld an der
Neckar-Endstelle Rottweil und den Namen Bärenthal (→
Bernthal ?) sowie Hammer (→ vielleicht abgeleitet von Amber
= Bernstein?). Die Namen Berner Feld, Bernthal sowie
Hammer sind m.E. untrüglichen Anzeichen einer Bernstein-
Handelsroute.
Es handelt sich bei der Route #2 deshalb wohl um einer alten
Teilstrecke zwischen Rhein und Donau für die Bernstein- und
Zinnhandel zwischen Nordsee und Schwarzem Meer...

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Donarstag, 2 September – das Iuþark
Der Kylver Runenstein dokumentiert die ältesten Darstellung
des Fuþhark-Alphabets, das jedoch nicht mit dem
bedeutungslosen Fuþ, sondern mit der bedeutsamen
Symbolfolge Iuþ anfängt162.
Außerdem steht auf diesem Stein noch eine Inschrift „sueus“,
das gegebenenfalls als eine Variante „Zyeus“ des
indoeuropäischen Himmelsgott Dyaus gelesen werden darf.
Vielleicht sollte das älteste Runenalphabet deshalb eher
Iuþark-Alphabet heißen.

Tuistag, 14 Sept. - iéu → Diéu


In der instabilen Wetterlage entscheiden wir uns für einen
Besuch an der Erprobungsstelle163 der ehemaligen Luftwaffe
bis 1945 in Rechlin.
Im Eingangsbereich werden gebrauchte Bücher vor 1 Euro
verscherbelt. Die meisten Bücher konzentrieren sich auf die
Luftwaffe und technischen Berufen, aber nun finde ich dann
doch etwas interessantes: Die Mehrsprachigkeit des
Menschen164. Ich möchte das Werk nicht unbedingt durchs
Museum schleppen und warte mit dem Kauf bis zum Verlassen
des Geländes. Über diesen Kauf lästern Peter und Fries nicht
gerade wenig, aber das macht mir nichts aus.

162
The Keystone to Religion - Interpreting the Kylver rune-stone
163
Luftfahrttechnisches Museum Rechlin
164
Mario Wandruszka - 1981 - 357 Seiten

Seite 131 von 215


Mirèio
Im Buch befindet sich auf Seite 71 dann eine großartige
Strophe aus dem Gedicht Mirèio165 in Okzitanischer Sprache.
iéu la vese , aquelo branqueto ,
E sa frescour me fai lingueto !
iéu vese, i ventoulet, boulega dins lou cèu
Sa ramo e sa frucho inmourtalo...,
Bèu Diéu, Diéu ami, sus lis alo
De nosto lengo prouvençalo ,
Fai que posque avera la branco dis aucèu !166

Es ist zu schön um wahr zu sein – gewissermaßen die


Offenbarung! Die Schöpfungslegende in einem Wort 167. Nun
bin ich in der Lage die Schöpfungslegende neu zu gestalten:

Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde,


Genesis 1-27

Sein Bild ist (in Provenzalisch) Diéu .


zum Bilde Gottes schuf er ihn;
zum Bilde Gottes (Diéu) schuf er iéu;
und schuf sie als Mann und Frau.
und schuf iéu als Mann (i) und Frau (u).
165
veröffentlicht in 1859 von Frederi Mistral.
166
Übersetzung (Provenzalisch → Deutsch):
Ich sehe mit der Sehnsucht Beben - Den Zweig im blauen Äther schweben!
Er wiegt im frischen Wind die ewig schöne Frucht . . . Verleihe du mir das
Vollbringen, O Herr, und lasse mir gelingen - Auf teurer Muttersprache
Schwingen - Den Ausflug zu dem Zweig, den meine Seele sucht!
167
Details werden dokumentiert (in englischer Sprache) in Etymology for
the Pronoun 'I' und (in deutscher Sprache) Das Buch Genesis Innerhalb
Eines Wortes

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1-28
Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar
und mehret euch.
1-28
Und Gott segnete iéu und sprach zu iéu, “Seid fruchtbar
und mehret euch“.

Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe,


Genesis 1-31

es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste
Tag.

Hosea 11-9 Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch,


der Heilige in deiner Mitte.
Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns.
Denn ich bin Diéu, nicht iéu; der Heilige (é) in deiner (iéu)
Mitte;

Sie sollen also für deinen Bruder Aaron und für seine
Exodus 28-4

Söhne heilige Gewänder anfertigen, damit er mir als Priester


dient. 5 Sie sollen dazu Gold, violetten und roten Purpur,
Karmesin und Byssus verwenden.

Freyastag 17 Sept. – Tal der Eisvögel


An einem trüben Tag steht das Tal der Eisvögel 168 bei Bad
Stuer Vordermuehle zwischen dem Plauersee und dem
Bärencamp auf dem Programm. Dort sollen laut Reiseführer
Tausende (Abertausende?) von Eisvögeln brüten. Wir hören
zwar einige Vögel, sehen jedoch zu viert nur einen einzigen
Eisvogel...

168
The Kingfisher

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Der Eisvogel ist bekanntlich der Symbolvogel des Prinzen von
Oranien. Nicht zuletzt ist es ein königlicher Vogel weil er als
eines der wenigen Vögeln ein königlich gefärbtes Federkleid in
Orange, Weiß und Blau aufweist.

Saturnstag 18 September, Stralsund


Auf der Reise nach Rügen machen wir einen Rast in Stralsund
und bewundern die wunderschönen Kathedrale in Stralsund.
Zur Kompensation des Verlustes der PIE-Gottheit Svantevit
errichteten die Slawische Bevölkerung Stralsunds die
gigantische Nikolai-Kirche, die mit den PIE-Symbolfarben Rot
und Blau überhäuft wurde. Offensichtlich trauerten die Slawen
ihren verlorenen Gott nach und verausgabten sich anschließend
im Zentrum der größten katholischen Kirche in den
heidnischen Farben. Ein von mir aufgenommenen Foto 169 zeigt
nur einige wenige restaurierte Originalfarben.
Ursprünglich waren alle Metallgitter im Altarbereich und der
Kuppelbereich, beziehungsweise die Decken mit hell
kolorierten Farben Rot, Weiß und Blau übersät. Bisher (Stand:
2010) ist nur ein winziger Teil der Kirche restauriert worden.

Sonntag, 20 September – Rügen


Ausgerechnet an diesem regnerischen und stürmischen Tag
wollen wir Kap Arkona besuchen. Viel ist allerdings nicht mehr
von der alten Religion übriggeblieben170.

169
Die Indoeuropäer - zum Ursprung der deutschen Sprache
170
Die Indoeuropäer - zum Ursprung der deutschen Sprache

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In der deutschen Version der Wikipedia wird Svantovit
folgendermaßen dokumentiert:
Svantovit171 ist eine slawische Gottheit. Er war der
Kriegsgott und die oberste Gottheit der Ranen auf
Rügen und anderer Elb- und Ostseeslawen,
vergleichbar mit dem obersten Gott Perun anderer
slawischer Stämme.
Slawische Gottheiten haben oft mehrere Köpfe.
Svantovit ist vierköpfig, jeder Kopf schaut in eine
Himmelsrichtung. Er wurde auf Rügen von den
slawischen Bewohnern insbesondere als Orakelspender
verehrt.
Saxo Grammaticus berichtet Ende des 12. Jahrhunderts172 von
dem Svantovit-Kult. Er beschreibt die Kultstätte innerhalb der
Jaromarsburg am Kap Arkona auf Rügen genau: Ein
quadratischer, säulengetragener Holztempel mit einem einzigen
Eingang und einem Purpur-Dach beherbergte das hölzerne,
überlebensgroße, 4-köpfigen Standbild von Svantovit. Von den
vier Köpfen blickten zwei nach vorne und zwei nach hinten.
Das Trinkhorn in der rechten Hand war aus Metall und wurde
von einem einzelnen Priester einmal im Jahr mit Wein gefüllt,
dessen Zustand der Weissagung über die kommende Ernte
diente.
Das Heiligtum galt als geistiges Zentrum der Slawen und
insbesondere der auf Rügen ansässigen Ranen. Es wurde 1168
vom dänischen König Waldemar zerstört. Die Statue wurde im
Freudenfeuer zur Christianisierung verheizt.

171
auch Svantevit, Sveti Vid, Swantewit, Svetovit, Svatovit, Świętowit oder
Святовит
172
In der Dänischen Geschichte (Historia Danica)

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Bei meinem Besuch am 20 September regnet es leicht bei
stürmischer Witterung. Einige Teile der Festung haben die
Verwüstung überlebt, aber jegliche religiöse Symbolik wurde
sorgfältig entfernt. Nach Angaben der Tafeln wurde Svantevit
als indoeuropäischer Gott mit dem Namen „Vitt“ (oder
vielmehr Uiþ, mit einem eindeutigen UI-Kern) identifiziert.
Ein nahe gelegenes Fischerdorf heißt ebenfalls Vitt und wurde
offensichtlich dem Svantevit173 gewidmet.

Saturnstag, 25 September, Bamberg174


Am 25 September besuche in Bamberg die Ausstellung175 „Gott
weiblich. Eine verborgene Seite des biblischen Gottes“, die
Israels Weg zum Monotheismus dokumentiert. Es ist eine späte
Besinnung auf die Rolle der Weiblichkeit in einem
ursprünglich androgynen Gottheit, die den Menschen nach
seiner Abbildung sowohl männlich als weiblich erschaffen hat.
Die Ausstellungsstücke aus einem Zeitraum von 10
Jahrtausenden erzählen wie Gott weiblich im Land der Bibel
beachtet und geehrt wurde. In der frühen Bronzezeit 176, spielten
die männliche Gottheiten noch keine Rolle. Erst in der
mittleren Bronzezeit177 tauchen die erste männliche Götter auf.
In der späte Bronzezeit178 findet dann der Übergang vom
Matriarchat zum Patriarchat statt.

173
Der Name Sven-te-Vit bedeutet vielleicht „Junger Mann vom Uiþ (?)
174
Die Indoeuropäer - zum Ursprung der deutschen Sprache
175
Sonderausstellung im Diözesanmuseum Bamberg, Domplatz 5, von 8.
Mai bis 3. Oktober
176
Frühe Bronzezeit: 3500-2200 vor Christus
177
Mittlere Bronzezeit: 2000-1550 vor Christus
178
Späte Bronzezeit: 1550-1150 vor Christus

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Auffällig ist die Phase 850-700 vor Christus, in dem IHWH
eine Partnerin zugeschrieben wurde179: Aschera, eine alte
kanaanäische Göttin. Aus der nachfolgenden Phase 750-587
vor Christus werden bei archäologischen Funden in jedem
Haus Statuetten einer Göttin gefunden. Interessant ist dabei die
Erwähnung einer denkwürdigen Bibelstelle:
„Denn Gott bin ich und kein Mann, der Heilige in
deiner Mitte“ (Hos 11,9)
Ist diese Mitte etwa der mittlere Buchstabe des Jeh-O-Vah
beziehungsweise JOV180, der die Mitte des Ehepaars, bestehend
aus dem Mann (Jeh) und Frau (Vah)?

179
laut Graffitti aus Kuntillet Aschrud, einer Karawanserei im Negev.
180
JOV → Jovis (Der Genitiv des Namens IU-pitter)

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Donarstag, 4 November - Tuisco
Das Buch Tuisco181 widmet sich den “Nederlantsche
Antiqviteyten182” in dem Richardus Versteganus über den
Abgott Tuisco berichtet, der von Tacitus Tuisto genannt wurde
und dem man den Wochentag “Tyvvesdeag”, im Englischen
“Tuisday”, und im Niederländischen “Dijnsdaech” gewidmet
hat.
Die Duytschen, welche die Hochduytschen noch mit einem T
Tuytschen schreiben und die Italiäner Tudeschi nennen,
wurden demnach benannt nach Tuisco, der seinen Wohnort183
auf dem Flussufer gegenüber Köln gewählt haben soll. Auch
viele andere Ortsnamen sollen diesem Abgott gewidmet sein...
Im 25e Regierungsjahr184 hat Tuisco der Legende nach eine
Versammlung gehalten, in dem er Gesetze verkündet und das
Land unter sein Untergebenen aufgeteilt hat.
In der Entwicklung der indoeuropäischen Kultur hat die
Expansion der Bevölkerungswelle tatsächlich um 2500 vor
Christus die Region um Passau erreicht, von wo West-Europa
besiedelt werden sollte. Zu dieser Zeit soll der legendäre
Religionsvater Abraham zum Kauf einer Grabstätte Kontakt
aufgenommen haben mit den Indoeuropäern185.

181
Het Boek Tuisco - over de oorsprong van het Nederlands
182
Aus Nederlantsche Antiqviteyten – datiert 10 Augustus 1613, Richardus
Versteganus, gedruckt in T'hantvverpen,
183
Köln-Deutz
184
2190-2189 vor Christus
185
Als Name des Verkäufers erwähnt Genesis 23:2 Ephron, einer der
Söhnen von Heth.

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Montag, 8 November - Diéu
Das indoeuropäische Konzept186 basiert auf einer Kombination
einer außerordentlich effizienten Viehzucht und
Landwirtschaft, gepaart mit hervorragen Hilfsmitteln wie
Werkzeugbau, Metallverarbeitung, und einer standardisierter
Sprache sowie Religion. Die unglaubliche Energie, womit die
Expansion dieses Systems vorangetrieben wurde, hat sicherlich
viel beigetragen zum Antlitz dieser Erde.
Die Entwicklung der indoeuropäischen Kultur beginnt etwa
4000 vor Christus in der Regio nördlich des Schwarzen
Meeres. Die Legenden beschreiben den König Tuisco als der
Erzvater, der die PIE-Expansion in nordwestlicher Richtung bis
zur Niederlande vorangetrieben hat.
In diesem Bericht wird die Korrelation zwischen einer Anzahl
PIE-Götternamen, Pronomina und den darin enthaltenen
Antipoden dokumentiert.
Die Etymologie der indoeuropäischen Sprachen basiert auf
dem Wurzel *Iou (→ dyeu) des Himmelsgottes, der wohl am
saubersten in der provenzalischen Sprache in Diéu erhalten
geblieben ist. Das zugehörige persönliche Pronomen der ersten
Person Singular (iéu) ist im Gottesnamen Diéu enthalten.
Zudem sind die Details der Schöpfungslegende in den
bipolaren Symbolen (das männliche Symbol I und das
weibliche Symbol U) in den Pronomina und Götternamen
vieler indoeuropäischen Sprachen als Kernwort iéu, iau oder
iou codiert.

186
Die Indoeuropäer - zum Ursprung der deutschen Sprache

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In zahlreichen indoeuropäischen Sprachen sind derartige IU-,
IO-, IAU- sowie IOU-Kombinationen identifiziert worden:
Aromanisch, Langue d'Oc, Rumänisch, Okzitanisch,
Interlingua, Katalanisch, Aragonesisch, Romansch,
Sursilvanisch, Sutsilvanisch, Sizilianisch, Italienisch,
und Spanisch.
Die symbolische Antipoden sind identifizierbar in den Farben
Rot und Blau der mittelalterlichen Fürstengräber, in den
illuminierten Bibeln, in den mittelalterlichen Gemälden eines
Hieronymus Bosch und in verschiedenen Flaggen und
königlichen Wappen.

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Hermestag, 10 November - D+iéu=Diéu
In einer Übersicht187 dokumentiere ich die Buchstaben I, J, Y,
U, V, sowie D, Th beziehungsweise þ und S, nebst den Vokalen
O, A und E, zusammen mit dem Bindeglied H als die
wichtigsten Hieroglyphen der indoeuropäischen Sprachen. Mit
dieser Symbolik bildeten die Indoeuropäische Völker die
Wörter für den Himmelsgott, für die wichtigsten Pronomina
der ersten und zweiten Person, und für einige andere
elementare Begriffe mit religiösem Hintergrund.
Für die wichtigsten Europäischen Sprachen konnte die Formel
zum Generieren der Schöpfernamen folgendermaßen gestaltet
werden:
• Provenzalisch: “D” + “iéu” = “Diéu”
• Italienisch: “D” + “ió” = “Dió”
• Spanisch: “D” + “yo” + “s” = “Dios”
• Portugiesisch: “D” + “eu + “s” = “Deus”
• Englisch: “D” + “i” + “s” = “Dis”
• alt-Deutsch: “D” + “ih” + “s” = “Dis”
• Sicilianisches Dialekt: “D” + “iu” = “Diu”
Auch wenn diese Thesen in der reinsten Form nur an einem
Dutzend Dialekten der abgelegenen Alpentäler nachweisbar
sind, müssen wir annehmen, dass diese Prinzipien bereits in
prähistorischer Zeit entstanden sind.
Bei dieser Studie ist auffällig, dass diese Hieroglyphen sowohl
in der jüdischen als in der indoeuropäischen Sprache
angewandt werden. Eine gemeinsame Quelle ist deshalb
wahrscheinlich.
187
Die Hieroglyphen unserer Sprache

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Montag, 15 November, Widukind188
Zufällig beobachtete in einem Kameraschwenk das rot-, blau-
und purpurfarbenen Grabmonument aus dem frühen elften
Jahrhundert in Enger, Westfalen. Es mag wohl als Beispiel für
die Mausoleen der Plantagenets gedient haben, die wir in den
gleichen Farben in Fontevraud Abbey (1189-1246) und
Roermond (Niederlande, 1240) bewundern können.
Den frühen Angelsachsen müssen die Farben in dem Wikukind
beerdigt wurde bekannt gewesen sein und vielleicht haben sie
die Symbolik auf ihre Emigration nach Frankreich und
Großbritannien mitgenommen. Widukind's Name mag sich
auch als verwandt mit dem indoeuropäischen Himmelsgott Diu
erweisen, der bekanntlich einen IU-Kern aufweist.
Ein weiterer heidnischer indoeuropäischer Himmelsgott des
hohen Nordens hieß “Vit” oder “Svantevit”, den man
womöglich auch mit “Widu“, beziehungsweise “Uidus Kind”
korrelieren kann. Die rotblaue Farbkombination passt
jedenfalls zum androgynen Charakter der heidnischen
Gottheiten.

188
Widukind's Tomb

Seite 142 von 215


Hermestag, 24 November - Dis-Pater
In den wichtigsten europäischen Sprachen und Dialekten,
namentlich im französischen, iberischen und italienischen, im
keltischen (süddeutschen und englischen) und rumänischen
Sprachbereich kann man eine einfache Beziehung zwischen
dem Ego-Pronomen (Ich) und dem Namen des Schöpfergottes
identifizieren189. Der Name des Schöpfergottes bildet sich aus
einem „D“, dem Ego-Pronomen und einem abschließendes „s“,
zum Beispiel: Der Name des von Caesar identifizierte,
keltischen Schöpfergottes (Dis-Pater) bildet sich aus einem
„D“, dem Ego-Pronomen „i“ und einem abschließendes „s“.
Die im winzigen Dorf Villar-St-Pancrace in den Westalpen
nahe Briançon verwendeten Ego-Pronomina iòu më,
beziehungsweise m’ iòu, und der Name des Schöpfergottes
Diòu wurden in der alt-europäischen Kultur deshalb wohl als
religiösen Symbole (Hieroglyphen) identifiziert, deren
Symbolik man mit Hilfe der alten androgynen
Schöpfungslegende im Symposium von Plato leicht
entschlüsseln kann. Dabei muss man aufgrund der Korrelation
zwischen den Ego-Pronomina und den Namen des zugehörigen
Schöpfergottes ausgehen von einer Schöpfung des Ichs als
ersten Menschen (Adam Cadmon) nach dem Abbild des
Schöpfergottes.
In den indo-iranischen Sprachen symbolisieren die Ego-
Pronomina dagegen den ersten Menschen „Man“, den Tacitus
auch bereits 98AD in seinem Buch Germania als den ersten
deutschen Menschen und Sohn des von Wackernagel als
androgynen identifizierten Tuiscos bezeichnet hat.

189
Die Hieroglyphen des Ichs

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Freyastag, 26 Nov. - Ego-Pronomina
Es ist unglaublich, dass die persönlichen Pronomina der ersten
Person Singular (“Ich”) in den indoeuropäischen Sprachen eine
bisher geheime Codierung verwenden, die sich als Abbild des
ersten Menschen “Adam” erweist190.
In Tadschik, Persisch, Hindi/Urdu und Kurdisch ist das Ego-
Pronomen sogar identisch mit dem Titel des ersten Menschen
“Man”, den schon Tacitus 98AD als den ersten gallischen
Menschen und Tuisco’s Kind „Mannus“ erwähnt hatte.
In den meisten Nischensprachen der abgelegenen
Gebirgsregionen hat sich das europäische Ego-Pronomen in
seiner ursprünglichen Form als Vokalkombination ieu, iau oder
iou erhalten, die sich jeweils als IU-Symbole auf einer
androgynen Gestalt aus der Reihe IU-piter, Dieu, Diu, Diou,
Dio, Dios, Dievas, IHVH, usw. beziehen. In einem Fall (im
Sardinischen Dialekt Campidanese) ist die Bezeichnung für
das Ego-Pronomen dèu sogar identisch mit dem Schöpfergott
Deu.
Das altdeutsche (Ih) und das englische Pronomen (I) beziehen
sich nach dieser Formel auf die Gottheit Dis-pater, der bereits
von Julius Caesar um 50 vor Christus als der keltische
Schöpfergott schlechthin identifiziert wurde.
In Google Maps dokumentiere ich die Verteilung der Ego-
Pronomina auf einer Karte der Ego-Pronomina. Aus der
entferntesten Positionen in Ost-Asien wird klar, dass es einen
Zusammenhang mit dem ersten Menschen „Man“ geben muss.

190
Die Entschlüsselung des Ego-Pronomens („Ich“)

Seite 144 von 215


Sonntag, 28 November, Spanien
Auf der nun folgenden Reise nach Spanien studiere ich die
Monumenten und Kunstwerke, die Generationen von lange
Zeit tolerant zusammen lebenden Wisigoten, Juden, Christen,
Araber, Römer und deren Nachkommen.
Eine der Gründe für diese Studienreise war gewiss auch der
Besuch des Prados, in dem ich mir eine neue Einsicht in die
Malerei erhoffte, die nun auch tatsächlich zum Durchbruch
einiger Symbole führen sollte. Es ist nämlich nicht zielführend
großflächigen Bilder nur auf einem Bildschirm oder aus einem
Buch zu betrachten. Gewisse Details in Quadratzentimeter-
Größen lassen sich eben zwar gut auf einer Leinwand von 6x8
m darstellen, aber nicht auf einem Bildschirm oder in einem
Buch.
Auch die Verschmelzung der westgotische, jüdischen und
arabischen Elementen interessierte mich. Die Terwingen /
Westgoten, die noch im Jahre 378 das oströmische Heer unter
Kaiser Valens in der Schlacht von Adrianopel schlugen, wurden
382 römische Foederati (Verbündete) und gründeten Anfang
des 5. Jahrhunderts ein Reich in Gallien, das von den Franken
nach Hispanien verdrängt wurde. Das Westgotenreich unterlag
711 den Mauren191.
Die Stammliste der Westgotenkönige zu Toledo enthält die
Familie der Könige der Westgoten auf der Iberischen Halbinsel
von 567, dem Regierungsantritt des Königs Liuva I bis zum
Untergang des Reichs durch die Invasion der Muslime 711,
sowie der Gründung des Königreichs Asturien und den Beginn
der Reconquista.
191
Siehe Goten

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Der Name Liuva I192enthält ebenso wie Liuva II193 und zum
Beispiel Suinthila194 einen androgynen Wortkern, der vielleicht
auf die indoeuropäischen Religion zurückführt.
Das Gesamtpaket der Reise konzentrierte sich in einem dichten
Programm, das unter der behutsamen Führung der
schlagkräftigen und sympathischen Tirolerin Gusti von
Höhepunkt zu Höhepunkt tadellos abgewickelt wurde. Die
Reise fing mit einer langen Fahrt nach Sevilla an und
kulminierte letztendlich im Prado zu Madrid.

Montag, 29 November, Sevilla


Im Alcázar registriere ich viele rote und blaue Dekorationen, in
denen im Außenbereich das Blau dominiert, nachdem das Rot
bereits weitgehend durch Verwitterung verschwunden ist.

Tuistag, 30 November, Cordoba195


Die Mezquita Catedral von Córdoba ist seit der Reconquista
die Stadt der römisch-katholische Kathedrale. Ihre
architektonische Weltgeltung besitzt sie aber als ehemalige
Hauptmoschee196 aus der Epoche des maurischen Spaniens.
In einigen Bereichen kann man die rot & blaue Dekorationen
gut identifizieren. Im neueren Bereich der Mezquita sind die
Unterseiten einiger unteren Bögen abwechselnd rot und blau
gefärbt.

192
† Ende 571/Anfang 572, 567 König der Westgoten
193
† ermordet 603, 601 König der Westgoten
194
† 633, 621 König der Westgoten
195
Siehe Abbildung in Tagebuchfragmente (Spanienreise - Dezember)
196
- al-Dschāmiʿ al-kabīr / Dschāmiʿ Qurṭuba -

Seite 146 von 215


Nach der Reconquista baute man eine Kathedrale in die
Mezquita. In dieser Kathedrale wurde die Abbildung Marias
selbstverständlich traditionsgemäß in Rot, Blau, und Gold
ausgeführt.

Hermestag, 1 Dezember, Granada


Das Emirat von Granada erreichte seinen wirtschaftlichen und
kulturellen Höhepunkt unter Yusuf I. (1333–1354) und
Muhammad V. (1354–1391). In dieser Zeit konnten die
Nasriden die Kontrolle über die Meerenge von Gibraltar
zurückgewinnen und den Handel ausweiten. Gleichzeitig
wurde Granada stark ausgebaut und es wurden mehrere Paläste
in der Alhambra, u.a. der Löwenhof, errichtet.
Die Naṣridenpaläste (Palacios Nazaries) mit ihren Gärten (z.B.
el Partal) sind das Herzstück der Alhambra. Hier befanden sich
sowohl die Privaträume der arabischen Herrscher, als auch der
Regierungssitz. Die Wände sind mit Arabesken und arabischen
Schriftzügen aus Stuck versehen, die Kuppeln auf der
Innenseite mit Muqarnas verziert.
Hauptkomplex ist der Alcázar mit dem Thronsaal (Sala de
Embajadores) im Comares-Turm. Im Salón del Trono (Salon
de Comares) ließ Yusuf die Dekoration der Wände mit
ursprünglich blau und rot bemalten Arabesken und kufischen
Lettern bemalen.

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Freyastag, 3 Dezember, Prado, Madrid
Ein Besuch des Museo del Prado liefert selbstverständlich eine
Fülle an rotblauer Symbolik. Gerade im Prado wird mir
deutlich wie wichtig die Museumsbesuche sind. Insbesondere
die Details, wie die Farben der Juwelen, sind nur in den
Originalen auffällig sichtbar.
Erst in den Gemälden Geburt der Milchstraße von Rubens, in
Santa Cecilia197 von Michel Coxcie (1499) trägt die Heilige
einen rot und blauen Krone und in Judith beim Bankett des
Holofernes198 von Rembrandt wird mir klar, dass die
abwechselnd gewählte Folgen der Schmuckfarben eine
religiöse Symbolik bildet. Diese Farbfolge war sicherlich den
Göttern und deren Stellvertreter auf Erden (dem Klerus, aber
sicherlich auch der Adel) vorbehalten.
Auch Diego Velázquez malte Die Krönung der Mutter Maria
um 1645 mit einem Kranz von Rot und Blau. Die Krone wird
von der Trinität platziert und ist vielleicht analog zu den
Kleidern Marias in Rot und Blau ausgeführt.
Sogar die rot-weiß-blaue Flaggen in der Einschiffung von
Charles III in Neapel199 aus dem Jahr 1758 gehören zur
religiösen Symbolik des Adels.
Dass Maria in einem Bild200 von Memling (1470) und v.d.
Stockt (1455) in Blau und die Männer in Rot abgebildet
werden, gehört sicherlich auch zum mittelalterlichen Standard.

197
Bild P1467
198
Bild P2132 in Saal 15A
199
Bild P232 von Antonio Joli (1700-1777)
200
Beide Bilder befinden sich im Saal 58A

Seite 148 von 215


Hieronymus Bosch201
Bosch gehört zu den letzten Zeugen, welche die Symbolik der
mittelalterlichen Religion noch als Synthese der
indoeuropäischen Religionen und den neuen, christlich-
katholischen Strukturen verstanden haben. Bosch lebte
bekanntlich um 1500, das heißt nur dreihundert Jahren nach der
Zerstörung des Svantovit-Tempels in 1168 auf Rügen. Zum
Ende des Mittelalters müssen noch Anhänger der alten
Religionen in Nordeuropa gelebt haben, welche die androgyne
Symbolik der indoeuropäischen Religionen verstanden und
gelebt haben.
Die okkulte Kenntnis der alten religiösen Symbolik muss bei
den Adeligen, bei den Künstlern, Hexen, Ärzten und Mönchen
sicherlich noch Jahrhunderten bekannt gewesen sein. Bosch
soll sogar noch an den schwarzen Messen beteiligt gewesen
sein.
Hieronymus Bosch war zu seiner zeit hochgeachtet und sogar
ein so katholischer, spanischer König wie Philipp II schätzte
und erkannte die Symbolik der Gemälden, die Bosch zu dieser
Zeit malte. Bereits Mitte des 17. Jahrhunderts jedoch war den
Betrachtern das Verständnis für die alten Symbolsprache
abhanden gekommen. Die Gemälde Boschs galten auf einmal
als obszön und man schalt den einst begnadeten Maler als
gottlos. Dabei war die Symbolik der alten indoeuropäischen
Religion eigentlich leicht verständlich, denn sie besteht im
wesentlichen aus einer einfachen Bipolarität zwischen den
Antipoden Mann und Frau, die für die Malerei in den Farben
Rot und Blau abgebildet wird.

201
Siehe Abbildung in Tagebuchfragmente (Spanienreise - Dezember)

Seite 149 von 215


Rot und Blau haben schon lange vor Bosch ihre Spuren in den
religiösen Gemälden hinterlassen. Genau genommen sind es
die Fruchtbarkeitssymbole, die bereits in der Bibel als
göttlichen Anweisungen kurz nach der Schöpfung festgelegt
wurden – vielleicht nicht einmal in der Bibel, sondern eher in
einer viel älteren indoeuropäischen Proto-Religion.
So war wohl auch der Eisvogel bei Bosch noch ein göttliches
Symbol, das als rotblaues Geschöpf die Synthese von Mann
und Frau im androgynen Ehepaar verkörperte. Es ist auch der
Eisvogel, der von der Hauptperson (der Maler selbst?) im
Garten der Lüste genau beobachtet wird. Er und seine
verschwiegene Partnerin kennen die Lösung, dürfen aber nichts
verraten.
Es sind insbesondere auch die Darstellungen der
Fruchtbarkeitssymbolik und Heiligen, die zum Beispiel bei
Hieronymus Bosch202 in Rot und Blau dargestellt werden. Im
linken Flügel des Triptychons “Der Garten der Lüste” 203 wird
der Springbrunnen als männlich-rote Säule über einem
weiblich-blauen Felsen dargestellt.
In der Schöpfungslegende der Garten der Lüste wird Gott-
Vater in männlich-roter Bekleidung abgebildet. Auch im
Weltgericht- oder Weltuntergangs-Triptychon204 malt
Hieronymus Bosch den Schöpfergott in männlichem Rot und
Maria in weiblichem Blau. Diese Norm gilt genau genommen
jahrhundertelang...

202
Symbolism in the Garden of Delights by Hieronymos Bosch
203
um 1510
204
Tryptichon, 1500-1502

Seite 150 von 215


Judith beim Bankett des Holofernes205
In Judith beim Banquet des Holofernes206 von Rembrandt trägt
Judith eine Kette mit abwechselnd roten und blauen Juwelen.

Santa Cecilia207 von Michel Coxcie (1499)


In Santa Cecilia208 trägt die Heilige eine rot & blauen Krone.

Die Geburt der Milchstraße (1628)


In der Geburt der Milchstraße von Rubens (1577-1640), trägt
Hera, die den Säugling Herkules zu ernähren versucht, einen
Armreif mit Juwelen in den abwechselnden Farben Rot und
Blau.

Visitation von Rafael (1517)


In die Visitation von Rafael (1483-1520) trägt Maria (während
der Schwangerschaft) Rot, Blau und Purpur.

Die bärtige Frau von Ribera (1631)


Anfang des Jahres 1631 erteilte der neapolitanische Vizekönig
Duca d’Alcalá dem spanischen Maler Jusepe de Ribera den
Auftrag, ein Portrait der Magdalena Ventura anzufertigen,
einer bärtigen Frau aus den Abruzzen, welche die Bildinschrift
als Naturwunder preist209.

205
Bild P2132 in Saal 15A, Rembrandt
206
Bild P2132 in Saal 15A
207
Bild P1467
208
Bild P1467
209
Miraculorum artifex? Ribera malt die bärtige Frau

Seite 151 von 215


Seit dem 37. Lebensjahr hatte ihr Körper eine Verwandlung
zum Mann erfahren, angezeigt durch eine massive Behaarung
nach maskulinem Verteilungsmuster, die in der modernen
Medizin als Hirsutismus bekannt ist. Es ist denkbar und gar
wahrscheinlich, dass man in prähistorischer Zeit solche Frauen
als religiöses Wunder betrachtet hat.

Die Krönung der Mutter Maria


Diego Velázquez malte Die Krönung der Mutter Maria um
1645. Die Krone wird von der Trinität platziert und ist
vielleicht analog zu den Kleidern Marias in Rot und Blau
ausgeführt. Gott-Vater und Gott-Sohn tragen beide sowohl das
androgyne Purpur als das männliche Symbol Rot.

Das letzte Abendmahl, von Juan de Juanes


Jesus trägt traditionsgemäß das männliche Rot und das
weibliche Symbol Blau. Der rechts unten isoliert sitzende und
rothaarige Judas dagegen ist in den Verräterfarben Gelb und
Grün gehüllt. Außerdem trägt er in der rechten Hand einen
Sack voller Silberlinge und es ist ihm der Heiligenschein210
abhanden gekommen.
In einem anderen Abendmahl von Agostini Carraci (1593)
trägt:
• Petrus (mit griffbereitem Messer) das Verrätergelb,
• ein separat sitzender Judas das Verrätergelb
• Johannes Purpur
• und Jesus die traditionellen Farben Rot & Blau

210
Bild P-846

Seite 152 von 215


Saturnstag, 4 Dezember, Toledo

Die Kathedrale von Toledo


Am Saturnstag investieren wir eine extra Reise nach Toledo
zum Besuch der Kathedrale, die bereits in der Sakristei eine
wahren Schatz an Gemälden und Skulpturen aufbewahrt.
In dieser Sakristei der Kathedrale und auch in der Kapelle des
“Sant-Iago” ist die Decke in Rot und Blau dekoriert. Im
Gemälde letzten Abendmahl von Juan de Borgona ist der
Boden ebenfalls in Rot und Blau gefliest.
Fast alle Wappen am Altarzaun sind ebenfalls in Rot, Blau und
Gold. Diese Wappenfarben deuten an, dass der Adel sich mit
den religiösen Symbolfarben der Priesterkleidung Aarons
identifizierte.
Das Gemälde “Jesus” von El Greco ist traditionell ebenfalls in
Rot und Blau gemalt. In Die Reue des Petrus211 wird der
Heilige Petrus jedoch in Gelb und Blau dargestellt.
In der Capilla Mozárabe identifiziere ich ebenfalls eine
rotblaue Dekorationen.
Pedro de Mena hat 1663 eine wunderschöne Skulptur “Der
heilige Franciscus in Extase” in roter und blauer Farbe
erschaffen.

211
El Greco, 1590

Seite 153 von 215


Die Schwarze Madonna
In der Kathedrale entdecke ich eine Schwarzen Madonna in
rotem Mantel mit einem Jezus in blauem Mantel212. Das Bild ist
wohl eine Kopie einer Ikone aus Częstochowa, Polen, das bei
einem Überfall 1430 schwer beschädigt wurde. Die Spuren der
Schwerthiebe wurden zur Erinnerung später nachgeritzt. Die
Schändung und "Restaurierung" des Bildes steigerte die
Berühmtheit des Wallfahrtsortes. Diese Gesichtsverletzungen
sind auch auf der Ikone in Toledo sichtbar.
Alle Schwarzen Madonnen der Romanik213 besitzen ähnliche
Merkmale. Sie sind ca. 70 cm hoch, werden aufrecht sitzend,
mit einem aus großen Augen starr in die Ferne gerichteten
Blick dargestellt. Ihre Hände bzw. Finger sind oft übermäßig
lang. Sie halten ein nach vorne blickendes Kind auf dem Knie.
Das Kind vollzieht die Geste des Segnens, oder es hält in einer
Hand eine Kugel, bei der es sich um die Weltkugel oder einen
Apfel handeln kann. Das Gesicht ist nicht das eines kleinen
Kindes, sondern eines erwachsenen Mannes. Die Statuen
muten fremdartig an und üben auf viele Betrachter eine große
Faszination aus. Die biblische Begründung für die schwarze
Farbe wurde dem Hohenlied entnommen: „Ich bin dunkel, aber
schön“ (Hld 1,5 EU). Die entsprechende Stelle in der Vulgata
lautet: „Nigra sum sed formosa“.

212
Virgen Morena (Dark Virgin), statue of La Esclavitud de Nuestra Señora
del Sagrario in the Cathedral of Toledo (The Enslavement of Our Lady of
the Tabernacle) – 15th Jahrhundert
213
Alle diese Schwarzen Madonnen sind vor dem 13. Jahrhundert
entstanden.

Seite 154 von 215


Die Forschung betrachtet die christlichen Schwarzen
Madonnen (wie den Marienkult überhaupt) nicht als
eigenständige, unabhängige Erscheinung, sondern als in dieser
allgemeinen, jahrtausendealten Tradition stehend.

Illuminierte Bibeln (1234)


Im Tresor der Kathedrale von Toledo sind Faksimiles von
illuminierten Bibeln ausgestellt. Es handelt sich um einen 3-
teiligen wunderschönen Bibel für den französischen König
Ludwig IX (1226-1234) mit 4887 Illuminationen. Die
Dekorationen der Initialen und Überschriften (Beispiel 214) sind
soweit ersichtlich alle in abwechselnden Farben Rot und Blau
ausgeführt215.

214
Originalgetreue Nachbildung Santa Iglesia Catedral Primada de Toledo,
The Morgan Library & Museum, New York
215
Herstellerfirma M. Moleiro Editor, S.A., Travesera de Gracia, 17
E08021 Barcelona - España (Spain)

Seite 155 von 215


Donarstag, 9 Dez., Garten der Lüste
In der Ausarbeitung der Spanienreise werden die Symbole im
Garten der Lüste von Hieronymus Bosch nochmals genauer
analysiert und dokumentiert216.
In der englischen Wikipedia erstaunt mich die Behauptung,
dass man aufgrund der Beschreibung217 von de Beatis, der das
Werk als ein Gemälde zur Dekoration eines Stadtpalastes des
Hauses van Nassau in Brüssel erwähnt, annehmen soll, dass
dieses Gemälde kein religiöses Hauptthema enthält. Das ist
doch wohl eine kühne Behauptung, die zu korrigieren sei.
Jedes mittelalterliche Gemälde dreht sich um ein religiöses
Thema. Der Garten der Lüste enthält dabei zahlreiche religiöse
Symbole, wie z.B. die Springbrunnen, die Farben Rot und Blau
und die Schöpfungslegende.
Auch die beiden Eisvögel in dem Gemälde Garten der Lüste
sind die Hauptsymbole der alten androgynen Religion in
diesem Gemälde. Bosch weiß es – er muss es wohl offiziell
verschweigen. Hieronymus Bosch selbst hat keine schriftlichen
Aufzeichnungen zu seinen Werken hinterlassen. Jeder aber in
der Sekte der Adamiten218 kennt die Symbolik des nackten
ersten Menschenpaares „Adam“: so wird der Maler als
hochgeachtetes Mitglied sterben dürfen.

216
The Central Religious Images in the Garden of Earthly Delights
217
Die Beschreibung wurde erst in den sechziger Jahren gefunden.
218
Adamiten ist eine abwertende Bezeichnung für mehrere christliche
Gruppierungen, die angeblich den Zustand der Nacktheit wiederherstellen
wollten, wie er bei Adam und Eva vor dem Sündenfall herrschte.

Seite 156 von 215


Saturnstag, 8 Dezember-Rot-Weiß-Blau
Sicherlich könnte man die rot-weiß-blauen
Abbildungssammlung noch leicht weiter auffüllen mit:
• dem rot-weiß-blauen Fischerteppich zu Füßen des
Altars in Wusterhusen. Siehe dazu auch den
Fischerteppich-Blog
Ja, das Motto „Wi knüppen un weben en Teppich för't
Leben“ ist ein wahres biblisches Zeugnis, dass
anschließt an der Webtradition im Buche Exodus.
• Die Figur des hl. Dionysius am linken Vierungspfeiler
im Stift Enger wo sich auch das Widukinds Grab
befindet.
• einige Flaggen aus Slowenien, Mecklenburg-
Vorpommern, Costa Rica und Thailand, die vielleicht
genauer dokumentiert werden sollten.

Flaggen
Die Mecklenburger-Vorpommernsche Flagge kombiniert die
Farben blau-gelb-rot (aus der Mecklenburger Landesflagge),
blau-weiß-rot (aus den alten Mecklenburger Seeflaggen), blau-
weiß (die pommerschen Farben) und weiß-rot (die
Farbkombination der meisten Hansestädte, z.B. Rostock,
Stralsund, Wismar, Greifswald).
Die slowenische Nationalflagge mit den slawischen Farben
Weiß, Blau, Rot führt auch den Berg Triglav im Wappen.

Seite 157 von 215


Die Nationalflagge Thailands ist rot-weiß-blau-weiß-rot,
ähnlich der Flagge von Costa Rica, nur dass die Aufteilung der
Farbverhältnisse eine andere ist. Das Rot steht übrigens
offiziell für die Nation, Weiß für die Religion und Blau für die
Monarchie. Ihr Name: Thong-Thrai-Rong. Sie wurde 1917 von
König Vajiravudh eingeführt.
Die französische “Trikolore” aus der Zeit der französischen
Revolution machte Schule. Sie entstand aus den Farben der
Stadt Paris (Blau und Rot) und der weißen Farbe des
Königshauses, um die Union des Volkes mit dem Herrscher zu
symbolisieren. Einen König gibt es in Frankreich zwar nicht
mehr, aber die Flaggenfarben sind nach wie vor Blau, Weiß
und Rot.

Seite 158 von 215


Sonntag, 12. Dezember - IHVH
Bei der Zusammensetzung dieser Übersicht fällt mir auf, dass
einige Details in den älteren Dokumenten widersprüchlich sind.
So ist mir erst später der Beweis gelungen, dass die
Farbzuordnung, deren Bedeutung (d.h. die Festlegung für Rot,
Blau und Purpur auf männlich bzw. weiblich und androgyn)
bereits im Buch Exodus fehlt. So bin ich in der Anfangsphase
von der Annahme der modernen Zuordnung Rosa für weiblich
und Blau für männlich ausgegangen.
Ein weitere Unklarheit entwickelte sich um den Namen IHVH,
deren Hauptsymbole und androgynen Antipoden
• nach einigen Quellen auf den ersten beiden: ein
männliches I und weibliches H219,
• aber nach anderen Quellen auf den ersten Buchstaben I
und den dritten Buchstaben V220
beruhen.
Die späteren Korrektur der Veröffentlichungen erschien mir
danach nicht mehr zielführend.
Wer sucht macht mal einen Fehler. Nur wer nicht sucht, aber
bereits alles weiß, macht zwar keinen Fehler, ist aber noch
lange nicht fehlerfrei.

219
Die Kabbala : Von Papus. [-Pseudonym für Gérard Encausse .]
Autorisierte Übers. von Julius Nestler. ; Seite 82 von 366
220
Phallicism: Celestial and Terrestrial (Seite 67) Hargrave Jennings

Seite 159 von 215


Hermestag, 15 Dezember – die Menhire
Früh am Morgen erhalte ich Weihnachtspost von Ingrid
Schlotterbeck, die vor einigen Jahren einen Artikel
veröffentlicht hat. Im Pakt befindet sich auch ein interessanter
Bericht „Der Weg des Menhirs – Wegweiser der Götter“ von
Roland Roth mit einer Übersicht der „langen „Steine“ in
Nordhessen, der Pfalz und dem Saargebiet.
Selbstverständlich kennt man die englischen und französischen
Menhire, aber die Spuren im eigenen Land scheinen
demgegenüber zu unauffällig. Eine Parallele zu den Gerüchten
zu den Spuren anderer Megalithen im Kraichgau fällt mir auf.
In einer schönen Webseite (Eichfelder) hat man bereits die
vorhandene Menhire katalogisiert. Insbesondere hat jedoch
noch niemand die Farbe der Menhire zusammengefasst. Bei
aller Vorsicht identifiziere ich aus den Fotos folgende
Farben221:
• Menhire im Saarland: hellgrauer Gollenstein, hellgrauer
Hinkelstein von Nohfelden, "Theisse Stein" aus rotem
Sandstein, Spellenstein aus hellgrauem Sandstein.
• Menhire in Rheinhessen: roter Saulheimer Stein,
hellgrauer Hinkelstein von Monsheim, roter
Niersteiner Menhir, dunkelgraue Steine v. Armsheim,
Siegfriedgrab , Menhire beim "Heppenheimer Kreuz".
• Menhire in der Rheinpfalz: Gelblicher Langenstein am
Stahlberg bei Rockenhausen, rötlicher Krimhildenstein,
gelblicher "Lange Stein" von Einselthum, "Lange
Stein" von Obermoschel , rötlicher Menhir am Biede-
221
Unbenannte Farben konnten bisher nicht abgelesen werden.

Seite 160 von 215


oder Büddebach, Menhire am Langeneck und
Mitteleck, "Becker Hennes Wack", rötlicher (?)
Hinkelstein von Gumbsheim und ca. 10 weitere
Menhire ohne Abbildungen...
• Menhire in Hessen: rötlicher Menhir von Langenstein,
weißer "Riesenstein" von Wolfershausen , gelblicher
"lange Steyne zu Madin", Steinkreisanlage bei
Darmstadt (grau), Steinkreis von Bursfelde,
"Galeriegräber" bei Züschen, Kreppelstein bei
Münzenberg , "Heilige Stein" in der Gemarkung Lich
Muschenheim.
Obwohl die Menhire wohl alle bereits vor der Verbreitung der
indoeuropäischen Kultur errichtet wurden, wäre eine genauere
Bestimmung der Farbgebung interessant. Etwa ein Drittel der
Farben erscheint mir rötlich, ein weiterer Teil gelblich zu sein.
Reste einer möglichen Bemalung sind aufgrund der
Verwitterung unwahrscheinlich. Zumindest sind mir keine
Bemalungen dieser Monumenten bekannt.
Die Kartografische Erfassung222 wurde hervorragend
dokumentiert in Menhire im Saarland und der Rheinpfalz und
Menhire in Rheinhessen.

222
Quelle: Menhire in Mitteleuropa, von H. Kirchner, 1955

Seite 161 von 215


Donarstag, 16. Dezember – St. Denis
An diesem tief verschneiten Tag, an dem wir meinen alten
Freund Heinz beerdigen, analysiere ich auch die Gräber der
französischen Königsfamilien, die überwiegend in der St.-
Denis-Basilique bei Paris beigesetzt wurden. Im allgemeinen
sind die Grabmonumente in weißem Marmor ausgeführt, aber
auf einer speziellen Webseite sind einige Fotos abgebildet,
welche die von Sonnenlicht überstrahlten Marmormonumente
in der roten, goldenen und blauen Beleuchtung der bemalten
Rosetten und Hochfenstern farbig darstellen.
Auf der „Findagrave-Webseite findet man alle Details zu den
Gräbern, u.a. ein Porträt von Ludwig X223 in rotblauem
Gewand. Außerdem identifiziere ich die französischen National
-farben noch in folgenden Details:
• Prinz Philip de France, der nur 10 Jahre (?) alt wurde 224,
scheint in einer rot und blau kolorierten Grabstelle zu
ruhen. Zumindest ist das Grab von blau-gelb und
darunter von rot gefärbten Rändern geschmückt zu sein.
Ein hervorragendes Bild dieser Grabstelle ist abgebildet
in einem Picasa-Album. Diese Gräber befanden sich
ursprünglich in der Royaumont Abbey Kirche. Die
Farben gehören zu den Restaurationsversuchen auf der
Basis der Originalfarben... Im Begleitext zu dieser
Picasa-Aufnahme wurde Philippe de France (1222-
1245) (Sohn von Louis VIII und Blanche von Kastilien)
auch bedeutend älter, d.h. 23 anstatt nur 10 Jahre.
Welches Alter ist nun das richtige?

223
König von 1314 bis 1316
224
1222-1232

Seite 162 von 215


• Philip VI (1328 to 1350) trägt eine mit roten und blauen
Juwelen besetzten Krone.
• Das Dokument zur Krönungszeremonie für Philip
V225wurde in Rot und Blauer Schrift dekoriert.
• Catherine de Medici (1519 – 1589) trägt auf einem
Gemälde einen Kranz von roten und blauen Kugeln.
Warum ausgerechnet der 10-jährige Prinz mit der rotblauen
Verzierung geehrt wurde ist mir unklar. Das rote Band
unterhalb der oberen Dekoration scheint auf der Rückseite eher
blau zu sein.

225
König von 1316 bis 1322

Seite 163 von 215


Freyastag, 17. Dezember – Kronen
Heute erstelle ich eine Liste der Kronen, die in den Farben
Blau und Rot dekoriert wurden:
• Krone einer englischen Königin (sog. Böhmische
Krone oder Pfälzische Krone; Gold, Email, Saphire,
Rubine, Smaragde, Diamanten, Perlen), Westeuropa,
um 1370-1380
• Das Wappen von Karl VIII, von 1483 bis 1498 König
von Frankreich.226
• Die österreichische Kaiserkrone - diese wurde unter
Kaiser Rudolf II. 1602 in Prag geschaffen.
Sie gilt als die schönste Krone des Abendlandes.
• Krone der Romanoffs – Ein Replikat der Krone der
Romanoffs (Original im Kreml-Museum, Moskau).
• Hugo Capet dargestellt in einem Fantasiegemälde von
Carl von Steuben, 1837.
• Die englische Krone wurde 1838 im Auftrag
von Königin Victoria angefertigt und wird
bis heute bei allen großen Staatsanlässen getragen.
• Sissis Krone - Elisabeth Amalie Eugenie, Herzogin in
Bayern 1837-1898
• Preußische Königskrone - Replikat der Preußischen
Königskrone von 1861 aufgebaut auf der Karkasse (=
Krongestell) von 1701 des Königs Friederich I. von
Preußen.
• Krone von Elisabeth II (Geb. 1926)
• Die Königskrone

226
Mit seinem Tod endete die Valois-Hauptlinie.

Seite 164 von 215


Saturnstag, 18 Dez. – Androgynität
In der unerschöpflichen Bibliothek meines Vaters finde ich
immer wieder neuen Schätze, diesmal ist es der Eye-Opener
Symbolic wounds227, der mir wohl erklärt, dass die Mann-Frau-
Antipoden seit Urzeiten zu den bedeutsamsten Urkräfte der
Menschheit gehören und die zugehörigen Symbolik der
Initiation folglich zu den wichtigsten Schlüsseln der
Religionsgeschichte oder vielmehr zur Geschichte überhaupt
gehört.
„Im Gegensatz zur jüdischen Schöpfungslegende“, so
erklärt228 Bruno Bettelheim, „gehen die meisten
Schöpfungsmythen von einer geschlechtsneutralen oder
androgynen Gottheit, beziehungsweise ersten Menschen
aus. Die australische Aborigines kennen keine
Geschichte, die zunächst einen totem-ähnlichen Adam
und anschließend als Zusatz eine totem-ähnlichen Eva
produziert. Sie sind der Auffassung, dass die
männlichen und weiblichen Totem-Gestalten von
Anfang an zusammen erschaffen worden sind. In der
jüdischen Tradition jedoch entsteht die Frau aus den
Bestandteilen des Mannes.“
...
„Daraus begründet die jüdische Legende den Anspruch
auf eine männliche Dominanz, während die
australische Legende Gleichberechtigung für Mann und
Frau favorisiert.“

227
Symbolic wounds: puberty rites and the envious male von Bruno
Bettelheim - 1962
228
Übersetzung der Textpassagen auf Seite 158 (Appendix)

Seite 165 von 215


Bedeutsam ist vielleicht auch folgendes Bibelzitat, das
Bettelheim erwähnt229 als Indiz, dass die Beschneidung
ursprünglich nicht ausschließlich von Männern durchgeführt
worden sei230:
„Unterwegs am Rastplatz trat der Herr dem Mose
entgegen und wollte ihn töten. Zippora ergriff einen
Feuerstein und schnitt ihrem Sohn die Vorhaut ab.
Damit berührte sie die Beine des Mose und sagte: Ein
Blutbräutigam bist du mir. Da ließ der Herr von ihm ab.
'Blutbräutigam' sagte sie damals wegen der
Beschneidung.“

229
Seite 159
230
Exodus 4-24

Seite 166 von 215


Donarstag, 23 Dezember – Wycliffe
Durch Zufall erfahre ich in Scribd von der merkwürdigen
Entstehungsgeschichte der Wycliffe-Bibeln231. die benannt
wurden nach dem englischen Theologen John Wycliff, der um
1350 als erster die lateinische Bibel ins Englische übersetzte.
Die von Wycliffe angewandte englische Sprache ist eine
eigentümliche Mischung aus Deutsch, Französisch und
Niederländisch. Insbesondere interessiert mich
selbstverständlich das Ego-Pronomen, das als Y geschrieben
wird.
Auch eine Vielzahl Wörter mit einem YY-Kern regen meine
Phantasie an. Es wäre wohl denkbar, dass dieser Buchstabe Y,
der als Pronomen mit dem spanischen Yo korreliert aus einem
weiblichen Symbol (V oder U) oberhalb einem männlichen Jod
(I oder J) zusammengesetzt wurde. Nur dadurch wäre ein
Zusammenhang zwischen dem provenzalischen iéu und Y
erklärbar.
Auch die zusammengehörigen Antipoden “liyt” für “licht” und
“nyyt” für “Nacht” verraten wenigstens in der englischen
Sprache (Light / Night) ihre Verwandtschaft und die Vorliebe
der Autoren für komplementäre, androgyne Gegensätze im
Buche Genesis232. „Nyyt“ entstammt wohl dem französischen
Wort „nuit“ und so dürfen wir annehmen, dass der Buchstabe Y
sowohl einen „U“ als einen „I“ ersetzen kann.
Denkbar sind auch Zusammenhänge zwischen Y und den
Farbkombinationen der englischen Fürsten, die in Fontevraud
Abbey beigesetzt worden sind.
231
Wikipedia's Wyclif's Bible
232
Siehe Details in The Wycliffe Bible

Seite 167 von 215


Verfolgungen
Die späteren Anhänger Wyclif’schen Gedankengutes, die
Lollarden, wurden erst nach einer missglückten Revolte ab
1400 vom Englischen Staat scharf verfolgt. 1401 wurde
Wilhelm Sawtre ihr erster Märtyrer. Jedoch kann man die
teilweise brutale Inquisition europäischer Ketzer, wie z. B. bei
den Katharern oder Waldensern, nicht mit der englischen
Verfolgung vergleichen.
Diese war durch ihre relative Milde und Rücksicht auf die im
Untergrund weiter lebenden Lollarden geprägt, so dass sich in
vielen Familien die Wyclif’schen Ansichten bis zur
Reformation erhielten.
Am Ende der Verfolgung durch den englischen König wurden
1412 267 Sentenzen von Wyclif in London als häretisch
verurteilt. Drei Jahre später bestimmte das Konzil von
Konstanz, alle Schriften Wyclifs zu verbrennen, und erklärte
ihn 30 Jahre nach seinem Tod am 4. Mai 1415 zum Ketzer,
verdammte weitere 45 Sentenzen von ihm und befahl, seine
Gebeine auszugraben und zu verbrennen, was dreizehn Jahre
später, 1428, durch Bischof Robert Flemming von Lincoln
geschah.

Seite 168 von 215


Hermestag, 5 Januar 2011- Mannheim
Am 5. Januar besteige ih den Zug nach Mannheim zum Besuch
der Staufer-Ausstellung233 im Zeughaus der Reiss-Engelhorn-
Museen. Es ist schneidend kalt mit -8°C und der DB-
Doppeldecker kann den Fensterplatz nicht richtig heizen. Nur
die alten Regionalzüge haben eine vernünftigen Heizung...
Am Museum müssen Besucher die Wintermäntel an einem
Container auf dem Vorplatz abgeben, obwohl es im Museum
selbst eine beheizte Garderobe mit genügend Platz gibt.
In Mannheim fällt mir insbesondere die Vielzahl der rot-blauen
Dekorationen in den mittelalterlichen Manuskripten auf. Im
Einzelnen identifiziere ich Rot und Blau in folgenden
Objekten:
• Bemalte Holztafel in Blau/Weiß/Rot und Schwarz, von
der Decke der Kathedrale von Cefalu
• Epistolar & Evangeliar für Erzbischof Richard
Palmers mit goldenen, roten & blauen Initialen.
• Chorschranke aus Apulien, 1e Hälfte 13. JH aus
Kalkstein mit abwechselnd roten und blauen
Buchstaben.
• Briefsammlung Petrus de Vinea, 1e Hälfte 14. JH in
abwechselnd roter und blauer Schrift.
• Homers Odyssee (aus der Bibliothek v. Friedrich II)
Otranto 1201, Heidelberg mit Dekorationen in Rot &
Blau.
233
19. September 2010 bis 20. Februar 2011: Die Staufer und Italien. Drei
Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa

Seite 169 von 215


• Abbildung aus dem Teppich von Bayeux aus dem 11 JH,
mit der Darstellung eines Speisetisches und beschriftet
mit abwechselnd roter und grüner Schrift.
• Exultet-Rolle, Salerno, 1e Hälfte 13. JH mit einer
Umrandung in Rot, Blau und Gold.
• Liber Scivias von Hildegard von Bingen mit einem
Schöpfergott in Rot, Blau und Weiß. Ende 12. JH.
• Vita Petrum, 1e Hälfte 14., JH mit Initialen in Rot und
Blau.
• Königsmantel mit Maria in Rot, Blau und Gold, Lyon,
aus 1884, Seide – Hayange.
• In Hyppocrates aphroismo Cummutum – von Galen, 13.
JH. übersetzt von Constantinus Africanus mit Initialen
in Rot & Blau.
• Speculum Artis grammatice, um 1229 (Gram) (auch
Summa derivationum genannt) von Gautier d‘Ascoli
(um 1200), 1e Hlfte des 13. JH. Lateinisches
Wörterbuch mit roten und blauen Initialen.
• Über »Liber particularis« und »Physiognomia von
Michael Scotus, 1308 Oberitalien, mit roten und blauen
Initialen.
• Ars Alchemiae von Michael Scotus, Bologna 1325, mit
roten und blauen Initialen.
• Liber Abaci, von Fibonacci , 13e -14e JH. mit Initialen
in Rot und Blau.
• Die Bibel 1258, Palermo, mit Initialen in Rot und Blau.

Seite 170 von 215


• Moamin und Ghatrit - Falknereitraktate, mit Initialen in
Rot und Blau.
• De Arte Venandi cum Avibus, Friedrich II, 13e. JH, mit
Initialen in Rot und Blau. Auch Friedrich II mit seinem
Falken auf der zweiten Seite des „Manfred-
Manuskripts“ (Vatikanische Apostolische Bibliothek,
Pal. Lat 1071) ist selbstverständlich in roten und blauen
Gewändern gekleidet.
• De balneis puteolanis von Petrus de Ebulo, mit
Initialen in Rot und Blau.
Der Großteil der ausgestellten Büchern sind illuminierte
Manuskripte. Von den in mehreren Farben verzierten Büchern
ist schätzungsweise etwa 80-90% mit roten und blauen
Initialen und/oder Dekorationen illuminiert.

Seite 171 von 215


Donarstag, 6 januar 2011 - Manu

Der androgyne Wortkern Manu


Nach dem poetischen Film Bal – Honig diskutiere ich mit
Stefan über die Etymologie des englischen Wortes Man, das
von einer neutralen Menschengestalt Manu abstammen soll.
Ich verspreche ihm ihm die etymologischen Thesen von
Calvert Watkins zu schicken234 .

Carry van Bruggen


Auch sage ich ihm zu die merkwürdigen Beispiele unseres
Wortschatzes zu senden235. Auf der Suche nach etymologischen
Sonderfällen hatte ich vor Monaten einige Beispiele bei Carry van
Bruggen236 gefunden, die mein Vertrauen in der Exaktheit der
deutschen und niederländischen Sprache nachhaltig erschüttert
haben. Es handelt sich um die Begriffe Scheinbar, Offensichtlich,
usw. die in einem Dialog nur schwer diskutierbar sind und sich
leichter am schriftlichen Beispiel erläutern lassen.

234
Neue Konzepte für eine alten Sprache
235
Scheinbar deutliches Deutsch
236
Die Zitate (übersetzt) stammen überwiegend aus dem niederländischen
Werk Hedendaags fetisjisme von Carry van Bruggen

Seite 172 von 215


Sonntag, 9 Januar 2011 – Wer & Wif
Bereits am 15.8.2007 hatte ich auf der Web-Seite Oldenglisch
einige interessante Beispiele für die Etymologie der Wörter Mensch,
Mann und Frau gesichtet.
So soll das altenglische Wort „Wer“ ursprünglich Mann und das
zugehörige Wort „Wif“ sein Weib beschreiben. Das englische „man“,
das in der modernen Sprache sowohl Mann als Mensch bedeutet und
sorgt ebenso sehr für Verwirrung wie für ein schlechtes Gewissen, in
dem es die Überlegenheit des Mannes voraussetzt.
In der deutschen Sprache unterscheidet man „Mann“ und „Mensch“.
In englischer Sprach gab es ursprünglich auch einen solchen
Unterschied mit dem Wort „mennisc“, aber dieses ist im 13e
Jahrhundert verschwunden.
Das Wort „Wer“ für Mann hat in dem Werwolf237 überlebt und
merkwürdigerweise auch in den niederländischen Wörtern „Wereld“
(die Welt, buchstäblich: die Menschen), und vermutlich auch in
folgenden Begriffen:
• „Die Person denkt sie sei wer“, die eine höhergestellte
bedeutende Person bezeichnet. Vielleicht ist damit auch ein
Mann gemeint, und sollte man „wer“ wohl eher als
Substantiv mit einem Großbuchstaben schreiben?
• (Niederländisch:) zich weren = sich wehren,sich anstrengen
(vielleicht wie ein Mann ?). Vergleiche auch:
(Niederländisch) weerbaar = wehrhaft
Bis zum 13en Jahrhundert hat die englische Sprache Mann und
Mensch noch unterschieden. Danach wurde der Mensch mit dem
Mann gleichgesetzt. Ist es Zufall, dass just zu dieser Zeit das
androgyne Ego-Pronomen Y in ein männliches „I“ verwandelt
wurde?
237
Ein Mensch, der sich in einen bösartigen Wolf verwandelt hat.

Seite 173 von 215


Montag, 10 Januar 2011 – Ego & Tu238
Ursprünglich war der Schöpfergott aller Völker wie seine
Schöpfung und sein Ego-Pronomen wohl ein Pluralwort. Man
kann es ablesen am Pluralwort Elohim, an dem Adam der
ältesten Schöpfungslegenden und am Ego-Pronomen in den
okzitanischen Dialekten und Alpensprachen. Der römische
Pluralis Majestatis war wohl eher ein Pluralis Creatoris.
Im Mittelalter begannen die Menschen das Plural für alle Fälle
der Du-Pronomina zu verwenden. Das geschah vielleicht, weil
sie zwar den 25-fachen göttlichen Plural im Genesis erkannt
hatten, aber deren Bedeutung verloren gegangen war.
Die Anrede Thy in der King James Bibel widerspricht jedoch
der These dass You generell für alle respektvollen Anreden
benutzt werden sollten. Dann hätte man auch die King James
Bibel auch auf „Your Kingdom come“ umstellen müssen...
Im Vaterunser werden statistisch gesehen weitaus mehr
Sprachen mit einer Du- als mit einer Sie-Anrede gefunden.
Auch die Quakers behielten die archaischen Du-Formen aus
religiösen Gründen in Ehren. Sie exportierten das Du als Thou
in die USA, wo es sich in der Nähe Philadelphias bis etwa
1890 halten sollte.
Kurz danach ist das Bewusstsein um den Plural wohl endgültig
verloren gegangen und hat sich Gleichgültigkeit in den
Experimenten mit den Wandlungen der Anreden breitgemacht.

238
Die Ego- und die Tu-Pronomina (dieses sind definiert als die
persönlichen Pronomina der ersten, bzw. zweiten Person)

Seite 174 von 215


Elohim
Ursprünglich war der Schöpfergott aller Völker wohl ein
Pluralwort, wie es auch die Bibel in der Pluralform Elohim
dokumentiert. Elohim ist grammatisch der Plural zu Eloah.
Bezieht der Plural sich auf den Gott Israels, erscheint er in der
Bibel immer mit Verbformen im Singular und wird dann mit
„Gott“ übersetzt. Nur wenn von „(anderen) Göttern“ die Rede
ist, steht auch das Verb im Plural. Der Singular erscheint im
Tanach selten und nur an literatur- und theologiegeschichtlich
späten Stellen.
Mit der Pluralform für Elohim entstand nun insbesondere bei
Übersetzungen der Bibel und Gebeten ein Problem. Wann
sollte man Elohim in Plural anreden, und wann in Singular?
Frühere christliche Exegeten deuteten die Pluralform „Elohim“
in Verbindung mit Verben im Singular oft als versteckten
Hinweis auf Gottes Dreieinigkeit (Trinität). Das konnte jedoch
nur für das Christentum und nicht für das Judentum gelten.
Heute wird das Plural eher als pluralis maiestatis gedeutet.
Das pluralis maiestatis ist nicht nur auf das Christentum und
Judentum begrenzt. Auch die Römer kannten den kaiserlichen
pluralis, die wohl unabhängig vom Juden- und Christentum
entstanden ist.

Seite 175 von 215


Der Pluralis Majestatis in Rom
Otto Jesperson hat in Philosophy of Grammar239 das Plural in
den Ego-Pronomina240 dokumentiert, das einerseits zur
Stärkung des Wir-Gefühls sowie auch als Pluralis Majestatis
Einklang gefunden hat, weil es bei den Römischen Kaisern ab
dem vierten JH. vor Christus241 anstelle des Ego-Pronomens
(d.h. im Singular Ego) als kaiserliches Plural (nos) verwendet
wurde. Die Kaiser verwendeten nicht nur das Pluralis
Majestatis im Nominativ „nos“, sondern forderten auch als
kaiserlichen Anrede das Pluralpronomen „vos“ für die zweite
Person anstelle dem vertraulichen Singular Tu.
Die Römer betrachteten ihren archaischen Schöpfergott IU-
piter ebenso wie die Griechen Zeus als androgynen Geschöpfe,
die ursprünglich als Ehepaar entstanden sein mögen.
Der Oberpriester Flamen Dialis musste zum Beispiel immer
verheiratet sein. Für alle flamines maiores galt die Vorschrift,
dass sie Kinder von Eltern sein mussten, die mit dem Ritus der
confarreatio verheiratet worden waren. Auch die designierten
flamines maiores selbst mussten nach diesem alten Ritus
verheiratet sein. Für den Ritus wurden nur Personen akzeptiert,
die wie alle archaischen Schöpfergötter ein Ehepaar bildeten.
Beide Völker – die Juden und die Römer – kannten auch die
Farbe Purpur als religiöses Symbol. Nero reservierte Purpur bei
Todesstrafe nur für die kaiserliche Familie, so dass die Anrede
und die Farben gemeinsam einen religiösen Basis bei den
Juden und den Römer bildeten.

239
1924
240
Persönliches Pronomen der ersten Person
241
Quelle: Duzen (englische Version)

Seite 176 von 215


Es ist nun fraglich ob die Pluralbildung der Juden und Römern
auf Respekt vor den Oberschichten basiert. Gerade im
religiösen Altertum und Mittelalter waren es wohl eher
religiösen Gründe die mit den merkwürdigen Varianten der
Schöpfungslegenden zusammenhängen.
Gerade im Satz „Lasst uns Menschen machen“ wird deutlich,
dass es die Pluralbildung Elohims gewesen ist, die das „uns“ in
„Lasst uns Menschen machen“ hervorruft. Ein Schöpfergott
kann ja kaum Respekt für sich selbst in der Pluralform
darlegen, zumal er dadurch eine Verwirrung und Zweifel an der
monotheistischen Gestalt hervorrufen würde... Dieses Plural
wurde erst als Ehrerbietung betrachtet als man die Bedeutung
der Dualität in der androgynen Gestalt vergessen oder
verdrängt hatte.

Lasst uns Menschen machen


Im Mittelalter erschienen die ersten Bibelübersetzungen in der
Volkssprache. Man hat die Pluralform Elohims als Problem
erkannt und studiert. Lasst uns Menschen machen242 konnte in
der Volkssprache den Menschen nur schwer vermittelt werden.
Im ganzen 1. Kapitel des ersten Buches Mose werden die
"Götter" sogar 29 Mal in Pluralform erwähnt.
Vor den Übersetzungen hatte das einfache Volk die Latein-
Texte ohnehin nicht verstanden. Nun aber, in den
volkssprachlichen Bibeln konnte man genau den Originaltext
lesen. Es wurde zwingend notwendig die biblischen Plurale mit
einer Pluralis Majestatis zu untermauern.

242
1Mose 1,26 - In dieser Webseite findet man auch die „falschen“
Bibelübersetzungen...

Seite 177 von 215


Störungsquellen
Es gab jedoch auch Störungsquellen, die eine einwandfreie
Bibelauslegung im Wege standen. Im Mittelalter übersetzten
hochangesehene Rabbiner Raschi243 und sein Enkel
Raschbam244 eine Version der Schöpfungslegende, in dem der
erste Mensch Adam als androgynes Geschöpf erschaffen wurde
und erst später in Mann und Frau entzweit worden sei. Dieser
Adam oder Adam Kadmon war somit weder Mann noch Frau
sondern analog zu den erst erschaffenen germanischen
Menschen „Mannus“ und seinen Schöpfergott Tuisco ein
Hermaphrodit. Diese Schöpfer und ihre Geschöpfe bildeten
Paare und konnten damit sowohl als Singular sowie
gleichzeitig auch als Plural identifiziert werden.
Auch die Volkssprache selbst wurde vielleicht von dieser
Verwirrung beeinflusst, denn als Abbild eines androgynen
Gottes haben sich Eheleute gegenseitig anders anzureden als
Fremde. Ursprünglich war das Du wohl nur für den Dialog
zwischen Ehepartnern reserviert. Eine analoge Form dieses Du-
Pronomens existiert nämlich auch heute noch in Afghanistan.

PIE-Pronomina in Afghanistan
Im seinem Buch „Drachenläufer“ (2003) verwendet Khaled
Hosseini eine Vielzahl afghanischer Wörter. In der Regel
betrifft es arabische Wörter. Auf der Suche nach
indoeuropäischen Wörter identifizierte ich Padar (Vater),
Madar (Mutter) und Tu, das mit dem französischen Wort Tu
für "Du" übereinstimmt.

243
1040-† 1105
244
1085- † um 1174

Seite 178 von 215


Das persönliche Pronomen "tu" (das vertrauliche „Du“) wird in
Afghanistan für nahestehende Beziehungen (wie zum Beispiel
Ehemann und Ehefrau) benutzt. Dagegen verwendet man wie
in Deutsch "shoma" (das respektvolle „Sie“) für die ehrenvolle
und distanzierte Beziehungen (sogar zwischen Eltern und
Kindern).
Ursprünglich mag das vertrauliche Wort "tu" (Du) exklusiv für
die Gespräche zwischen Ehemann und Ehefrau und vielleicht
noch zwischen Geschwistern reserviert gewesen sein, um das
göttliche Eheband zwischen den Eheleuten eines androgynen
Ehepaars zu symbolisieren.
Offensichtlich wurde Du in Afghanistan als religiöses Symbol
nicht für die profane Beziehungen zwischen Fremden
akzeptiert. Nicht aus Höflichkeit gegenüber Fremden sondern
zum Schutz der heiligen Symbolik der Ehebänden und
Geschwisterbeziehungen galt das „Du“ als verpönt.

Das Duzen, Siezen und Ihrzen


Im Hebräischen, Altgriechischen, Lateinischen und Gotischen
kennt oder kannte man normalerweise (abgesehen von den
oben genannten römischen Ausnahmen) ausschließlich das
sogenannten Duzen. Bereits zur Zeit des Papstes Gregorius
(590–604) wurde das Plural für christlichen Herrschergestalten
dokumentiert. Offensichtlich wurde die Regel aus dem Latein
der Römer übernommen.
Im 8. und 9. Jahrhundert werden Fürsten und andere hohe
Würdenträger mit „Ihr“ angesprochen (geihrzt). Für hohe
Würdenträger und Lehnsherren setzte sich in ganz Europa der
Pluralis Majestatis durch.

Seite 179 von 215


Im Prinzip benutzte man einfach statt der Personalpronomen
des Singulars eine Pluralform, d.h. statt „ich“ ein „wir“ und
statt „du“ ein „ihr“.
Im Mittelalter begannen die Menschen das Plural für alle Fälle
der Du-Pronomina zu verwenden. Um 1600 war das Singular
der Du-Pronomina in England abgesehen von einigen
Grafschaften bereits verpönt. Insbesondere im industriellen
Norden Englands, in Lancashire – nördlich vom Rossendaler
Wald und Yorkshire wurden noch die Singulare Tha
(Nominativ), beziehungsweise Thou (Akkusativ) der alten Du-
Pronomina verwendet.

Die Quakers
Aus religiösen Gründen hielten die Quakers die archaischen
Formen in Ehren, aber sie verwendeten immer den Akkusativ
Singular Thee für alle Fälle, wobei das Verb mit der dritten
Person gebeugt wurde, das heißt: „thee has“ anstatt der
korrekten Sprachform „thou hast“.
Robert Proud meinte245 dass die Quakers jegliche Ehrerbietung
nur für Gott und deshalb aus Bescheidenheit die Singulars für
die menschliche Kommunikation zweier Personen reservierten.
Die Quakers exportierten diese Gepflogenheit in die USA, wo
es sich in der Nähe Philadelphias bis etwa 1890 halten sollte,
und im Hinterland wohl noch eine Generation länger246.
Am Anfang des 19. JH. wurde der Gebrauch dieser Pronomina
Thee und Thou nicht mehr als vertraulich, sondern eher als
kurios betrachtet.

245
In History of pennsylvania in North America (1797)
246
Quelle: Oldenglisch

Seite 180 von 215


Die King-James Bibel
In der King James Version der Bibel247 von 1611-1769 wird
Gott noch vertraulich angeredet mit „Thy kingdom come. Thy
will be done“, usw., in dem der biblische Autor Gott als
vertrauliches Familienmitglied anredet. Deshalb gilt wohl zur
Zeit „thou“ in Englisch als eine respektvollen Anrede , obwohl
es ursprünglich eine vertraulichen Anrede gewesen ist.
Ein Autor aus 1653 beschreibt248 die Verwendung des Thous als
eine „familiäre Gepflogenheit“ und Geringschätzung
gegenüber Fremden, denen man nur mit einer Pluralform „you“
begegnen dürfe.
Die Anrede Thy in der King James Bibel widerspricht
jedenfalls der These dass You generell für alle respektvollen
Anreden benutzt werden sollten. Dann hätte man auch die
King James Bibel auch auf „Your Kingdom come“ umstellen
müssen...
Die Bibel und auch das Vaterunser helfen uns bei der Suche
nach den Gründen zum Siezen und Ihrzen nicht wirklich
weiter. Im Vaterunser werden jedoch statistisch gesehen
weitaus mehr Sprachen mit einer Du- als mit einer Sie-Anrede
gefunden.

247
Erstveröffentlichung 1611; die 1769 entstandene ist die heute in der
Hauptsache verwendete.
248
Quelle: Oldenglisch

Seite 181 von 215


Das Vaterunser
Das Vaterunser249 eignet sich kaum zum Vergleich der Du/Sie-
anreden in verschiedenen Sprachen. Vertraulich sind u.a.:
• Griechisch (vertraulich): ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου·
• Latein (vertraulich): Sanctificetur nomen tuum:
• Deutsch (vertraulich): geheiligt werde Dein Name250.
• Althochdeutsch; † si giheilagôt thîn namo,
• Angelsächsisch; † Sīe þīn nama ȝehālgod,
• Okzitanisch que ton nom se santifique,
• Sursilvan sogns vegni fatg il tiu num,
• Sutsilvan Sontg vigni fatg igl tieus num!
• Putér : Sanctificho vegna tieu nom!
• Aranesisch qu'eth tièu nòm sia sanctificat;
• Portugiesisch (Brasilien) santificado seja o teu nome;

Distanziert, respektvoll sind jedoch:


• Niederländisch laat Uw Naam geheiligd worden,
• Katalanisch: Sigui santificat el vostre nom.
• Ripuarisch: jehellisch soll Ühre Naam sin.
• Sizilianisch: Fussi santificatu lu nomu vostru.
• Portugiesisch: Santificado seja o Vosso nome.

249
Sprachvergleich anhand des Vaterunsers
250
Gegenwärtige ökumenische Fassung

Seite 182 von 215


Auffällig ist jedoch die androgyne Stammbildung in den
Wörtern für „dein“ in den Sprachen Sursilvisch (tiu),
Sutsilvisch (tieus), Putér (tieu) und Aranesisch (tièu), die zuvor
auch bereits aufgefallen sind, weil in diesen Sprachen der name
Gottes mit den Ego-Pronomina korreliert251.
In einer Tabelle kann ich die Zusammenhänge folgendermaßen
dokumentieren:

Gott Ego- „Dein“


Pronomen
Sursilvisch Deus jeu tiu

Sutsilvisch Deus jou tieus

Aranesisch - Gascognisch Dieu tièu


- Okzitanisch jo
Putér Dieu eau tieu

Portugiesisch (Brasilien) Deus eu teu


Rumantsch Grischun Dieu jau 252 tes

Vallader Deus eu teis


Neapolitanisch tujo

251
Die Hieroglyphen des Ichs
252
„Jauer“ in Münstertaland in Zernez im Unterengadin (for «jo»)

Seite 183 von 215


Niederlandisch
In den Niederlande war das ursprüngliche Du-Pronomen „Du“
in der Literatur eine Seltenheit. Man verwendete das Plural jij
als höfliche, persönlichen Anrede im Singular.
Die jij-Anrede wurde jedoch zunehmend als zu familiär
betrachtet und ersetzt durch „Uwe Edelheid“253, das später zu
„U E“ abgekürzt, dann in Großschrift verkürzt wurde zu „U“
und später in eine Kleinschrift „u“ verwandelt wurde.
Mittelerweile war eine neue Pluralform „jullie“ entstanden,
während die Singularform „gij“ zu archaischen Besonderheit
verkommen ist.

You all
Im Süden der USA ist seit 1815-1825 ebenfalls eine Pluralform
you all oder „you-all254“ neben der Singularform „you“
entstanden, damit man Singular und Plural besser
unterscheiden kann. Es wird verwendet um zwei oder mehr
Personen oder zu einer Individualperson, die eine Gruppe oder
Familie vertritt. Seit 1909 wird es auch als Y'all abgekürzt.
Danach ist das Bewusstsein um den Plural wohl endgültig
verloren gegangen und hat sich Gleichgültigkeit in den
Experimenten mit den Wandlungen der Anreden breitgemacht.

253
„Eure Hochheit“
254
You-all wird mit und ohne Bindestrich geschrieben.

Seite 184 von 215


Hermestag, 12 Januar 2011255
Das bekannteste Werk Michael Maiers ist wohl die 1618
erschienene kunstvoll komponierte Sammlung von
Abhandlungen mit dem Namen Atalanta fugiens, zu der
Matthäus Merian ein Titelbild, ein Porträt Maiers und 50
Kupferstiche im Text beisteuerte.
Der Aufbau der Atalanta fugiens weist auf ein spirituelles
Anliegen und Wissen Michael Maiers hin. Nach dem Titelblatt,
folgt eine Widmung und eine Vorrede. Der Hauptteil besteht
aus 50 Kapiteln von je 4 Seiten, deren viergliedrige Struktur
sich bei allen 50 Kapiteln wiederholt. Auf der ersten Seite ist
jeweils eine Fuge auf einen lateinischen Text abgedruckt.
Darunter eine deutsche Übersetzung des Liedes. Auf der
zweiten Seite befindet sich ein Kupferstich Merians zum Text
des Gedichtes. Darunter der lateinische Text des Liedes. Die
dritte und vierte Seite enthalten jeweils eine alchemistische
Abhandlung erklären sollen. In diesem Punkt unterscheidet
sich Maiers Schrift grundlegend von älteren alchemistischen
Schriften. Er bemüht sich, die drei Formen der spirituellen
Erfahrung, nämlich Bild, Ton und Wort dem Verstand
zugänglich zu machen, indem er sie durch einen rein
denkerisch und empirisch bestimmten Teil ergänzt. Die Texte
dieser Erläuterungen und Lieder enthalten eine Fülle von
Zitaten aus der alchymischen Literatur, aber auch vernünftige
Überlegungen.

255
Die androgyne Symbolik der Atalanta Fugiens

Seite 185 von 215


Atalanta fugiens enthält eine Fülle an androgyner Symbolik,
die in nachfolgendem Skript in einer Folge von 12
hervorragenden Merian-Stichen kondensiert wird. Die Folge
stimmt allerdings nicht mit der Reihenfolge in der Atalanta
fugiens überein.
Im gesamten Werk wird der göttliche Name IU-piter / Jovis
mehrfach erwähnt. Diese Art der mittelalterlichen
Darstellungen muss insbesondere den weiblichen Adligen
fasziniert und beflügelt haben, die sie die Rolle der
Weiblichkeit hervorhebt. Es war wohl eine frühe Form der
Gleichberechtigung, die den mittelalterlichen, adligen Damen
in der androgynen Symbolik eine minimale Kompensation zur
männlichen Dominanz bieten konnte....
Die Kompensation hat sich vielleicht gar noch erweitert in den
Kleiderfarben, die gerade zur mittelalterlichen Zeit in den
androgynen Symbolfarben Rot und Blau eine Blütezeit
erlebten.
Ein gutes Dutzend von 50 Stichen stellen die androgyne
Symbolik in den Vordergrund. Diese Quote verdeutlicht
beispielhaft die Bedeutung der androgynen Gestalt Hermes-
Merkur, der im Mittelalter wohl die Brücke zwischen
altgermanischen Religion und Christentum gebildet hat.
Atalanta fugiens dokumentiert die standardisierten Symbolik
des Mittelalters. Ähnliche Abbildungen wird man auch in
Farben in den mittelalterlichen Skripten überall begegnen,
aber nirgendwo in so gekonnt-gestochen scharf wie in diesem
Buch.

Seite 186 von 215


Donarstag, 13.1 – Briefe ins Jenseits #4
An diesem Tag versinkt unser Wohnort in den Fluten des
Flüsschens Murr. Die Innenstadt wird am Nachmittag für den
Ortsverkehr gesperrt. In der Innenstadt sind abends und nachts
etwa 5000 Haushalte ohne Strom. Viele werden ausquartiert.
Auch südlich von Backnang spielten sich dramatische Szenen
ab, der Ortskern von Unterweissach war eine einzige riesige
braune Lache und somit unpassierbar.
Es ist Zeit den Ernst mal wieder auf dem Laufenden zu halten –
in einem Brief ins Jenseits...

Briefe ins Jenseits #4256


Lieber Ernst,
dieser Tage erinnerte ich mich daran, dass du mich vor zwanzig
Jahren ohne ein Abschiedswort verlassen hast. Nicht dass ich
dir irgendetwas vorzuwerfen hätte. Nein, es ist lediglich ein
Gedankenwirbel, ein Gehirnrauschen, oder vielmehr eine
winzige Impulsfolge in den unerforschten Ganglien, die der
Mensch ohnehin nicht unter Kontrolle hat.
Ja nun, was wir in den Siebzigern in unseren Diskussionen
vorausgeahnt haben, wird jetzt in den jährlichen
Überschwemmungen sichtbar. Das Klima beginnt sich zu
rühren und protestiert. Ozeane werden aufgewärmt und neue
Sintfluten bahnen sich jährlich in der Monsunzeit einen Weg.
Letztes Jahr war es Pakistan wie zuvor Bangladesh. In diesem
Jahr sind Westaustralien bei Brisbane, die USA und Brasilien
an der Reihe, aber in kleinerem Stil auch Heidelberg,
Wertheim, gar unser Städtchen und das winzige Unterweissach.
256
Briefe ins Jenseits #4

Seite 187 von 215


Die Landschaften oder auch nur die Ortskerne wurden überall
mit einer braunen, lehmigen Brühe oder Schneedecken
übertüncht - wie in den früheren Jahrhunderten, als ob der
Mensch bereits wieder jegliche Kontrolle verloren hat. Wir
haben die Kontrolle ohnehin nie wirklich gehabt, aber von
deiner hohen Warte aus kannst du das ja alles viel besser
überschauen.
Auch unser Labor, wo wir einst zusammen gearbeitet haben, ist
nicht mehr. Es wurde abgerissen und hat einem Betonbunker
platz gemacht, der jetzt auch schon wieder einige Jahren leer
steht. Einmal wöchentlich kommt noch der Nachtwächter
vorbei um zu sehen, ob der letzte auch wirklich das Licht
ausgeschaltet hat. Auch deine letzten Entwürfe liegen dort
wohl noch im Lager – eingemottet.
Nein, der Club von Rom hatte schon Recht und das Treiben der
Menschen ist hirnrissig. Bei der Ausarbeitung von Alternativen
haben wir uns schon damals den Kopf über die gespaltenen
Gesellschaft zerbrochen. Noch immer ist die Menschheit in
zwei Lager verteilt, deren eine Hälfte vom Glauben und die
andere Hälfte von der Vernunft und Politik gesteuert wird. In
der Politik hat der Kommunismus ausgedient, aber an dieser
Stelle ist nicht gerade die Vernunft, sondern eher das Gegenteil
getreten.
Die Mechanismen des Glaubens und die Leitfäden des Lebens,
die wir vor dreißig Jahren diskutiert haben, sind mir
mittlerweile ziemlich klar geworden. Angefangen hatte es wohl
als ein inspirierender Fruchtbarkeitskult, dann aber setzte sich
eine aggressive Männerdominanz durch, die auch vor einer
Anpassung der Schöpfungslegende keinen Halt eingelegt hat.

Seite 188 von 215


Es finden jetzt langsam Anpassungen statt – es wird
aufgeräumt, leergefegt, geputzt – was man eben nach einer
Sintflut so macht. Mann macht sich Gedanken über die
Aktienkurse und Staatsverschuldung - Frau kauft neue Kleider.
Ein einziger Monsun pro Jahr ist noch zu wenig überzeugend.
Wir jedoch geben die Hoffnung nicht auf...
Es gehe dir gut. Ich hoffe, dass du dich in deinem wolkigen
Wohnort wohlfühlst. Vergiss nicht immer wieder ein kräftiges
Halleluja zu singen, sobald wir den nächsten Frühling
unbeschadet erreicht haben – und grüße mir den Herrn.
Dein alter Kamerad,
Hans

Saturnstag, 15.1 – Delphi


Durch Zufall entdecke ich die blau- und rot gefärbte
Dekorationen der Schatztempel der Athener in Delphi.
Zusammen mit dem Akropolis und der Concordia-Tempel in
Agrigent und die Tempelanlage von Athena-Aphaia in Aegina
und einige Skulpturen sind auffällig viele Tempel und
Heiligtümer nur in Blau und Rot bemalt. Auffällig viele
Heiligtümer sind der Athena geweiht.
Zur Farbgebung dokumentiert Wikipedia257:
„Die griechischen Tempel waren prinzipiell farbig
gefasst. Nur drei Grundfarben ohne Abstufungen
wurden verwandt: Weiß, Blau und Rot, hinzu konnte
Schwarz kommen. Stufenbau, Säulen und Architrave
waren überwiegend weiß.

257
in Griechischer Tempel - Hauptartikel: Antike Polychromie

Seite 189 von 215


Lediglich Details wie die ringförmig eingeschnittene
Kerben am Ansatz dorischer Kapitelle, die Anuli, oder
Zierelemente der dorischen Architrave, wie Taenia samt
Guttae, konnten farblich abgesetzt sein.
Der Fries wurde mit Farben klar gegliedert. Beim
dorischen Triglyphenfries wechselten blau gefasste
Triglyphen mit rot hinterlegten Metopen, die ihrerseits
wiederum farbig gehaltene Figuren in Hochrelief
besitzen konnten.
Reliefs, Ornamente und Giebelskulturen waren farb-
und nuancenreicher gefasst.
Deutlich im Schatten liegende Elemente konnten
schwarz unterlegt sein, wie die Mutuli oder die Schlitze
der Triglyphen.
Es wurden also vor allem nichttragenden Teile bemalt,
während die tragenden Teile wie die Säulen und die
horizontal gliedernden Elemente wie Architrav und
Geison mit einer weißen Stuckschicht überzogen
waren.“
„Das Wissen um die Polychromie der Antike wird unter
Historikern immer geläufiger und erreicht auch in
zunehmenden Maße das interessierte Publikum. Hier leistet die
von Brinkmann konzipierte Wanderausstellung Bunte Götter
Pionierarbeit, die schon in mehreren Ländern zu sehen war.
Dennoch gelten weiße Marmorstatuen immer noch als antike
Originale. Jahrhundertealte Sehgewohnheiten hatten diesen
Eindruck fest verankert.“

Seite 190 von 215


Sonntag, 16.1 – Bunte Götter
Die bunte Spuren, die man an den Tempeln und Skulpturen zu
Athen, Agrigent Delpi und Aegina nachweisen und
rekonstruieren konnte, deuten auf eine allgemein gültigen
Farbsymbolik, die in der Antike sowohl bei den jüdischen als
griechischen und römischen Religionen angewandt worden ist.
Die Farben Rot, Blau und Purpur spielten dabei die Hauptrolle,
welche auf den Antipoden Mann und Frau, sowie deren
ehelichen Einheit beruht.

Exodus und Chroniken


In den Büchern Exodus und Chroniken wird 28 Mal detailliert
auf die von Gott angeordneten Farbsymbolik hingewiesen.
Sinn und Zweck der Farbcodierung bleiben dabei bis heute ein
verschlossenes Geheimnis. Keinerlei Quelle verrät die
Bedeutung der Farben Rot, Blau und Purpur.

Hellas
Jahrhunderten lang hat man in den griechischen Bauwerken
und Skulpturen nur die hell weißen bis bleichen Marmorfarben
bewundert, die in den Museen farblos als höchste Form der
abendländischen Kunst ausgestellt werden.
Nun jedoch werden nach und nach die farbenfrohe Skulpturen
rekonstruiert. Ratlos musste man feststellen, dass grelles Rot
und Blau die Tempelanlagen dominiert haben muß. Am
Kunstgefühl der Griechen und Römern hat bestimmt schon
manch einer gezweifelt. An einer religiösen Bedeutung hat
jedoch noch keiner gedacht.

Seite 191 von 215


Dabei beruhten alle archaischen Religionen auf androgynen
Prinzipien.
Die Farborgie in den alten Tempeln und auf den zugehörigen
Gewändern beruhte tatsächlich auf den religiösen Symbolen
Rot und Blau, sodass die farblosen Marmorstatuen der heutigen
Museen lediglich die Hüllen für die ursprüngliche
Symbolfarben bilden.
Wir müssen nun wohl umdenken um die archaischen Statuen
und Tempeln genauer beurteilen zu lernen...

Montag, 17.1 – Scribd-Statistiken


Über den letzten 10 Wochen verzeichnet Scribd für meine
Bibliothek die Suchwörter mit den zugehörigen Zieladressen in
Reihenfolge der Priorität. Es ist schon erstaunlich welche
Anfragen zu den verschiedenen Manuskripten führen.
Die Methoden zur Statistikerfassung in den Internetseiten sind
übrigens fraglich. Bereits ein einziger Readcast in Twitter löst
eine Zunahme der Leserzahl um 40 aus, obwohl zunächst
niemand das Scribd-Dokument wirklch gelesen hat...
1. disillusion vs illusion → Illusion and Disillusion (33)
2. etymology purple → Another Etymology for Purple
(22)
3. durske betekenis → Woordenlijst Brabants (16)
4. brabantse scheldwoorden → Woordenlijst Brabants (13)
5. brabantse woordenlijst → Woordenlijst Brabants (12)
6. krems-bibel → Dyaeus - die Farbcodes der
Prachtbibeln (7)
7. unwörter 2010 → Tractatus der Unwörter - zur
Etymologie unseres Wortschatzes (6)
8. himmelsgott (6)

Seite 192 von 215


9. nederlands voor gevorderden → Nederlands voor
Gevorderden (6)
10. hermetic paintings → The Hermetic Library (6)
11. four-faced janus midrash (5)
12. kingfisher symbolism (5)
13. why is green special to islam (5)
14. unwort 2011 (5)
15. brabantse uitdrukkingen (5)
16. farbsymbolik mittelalter (5)
17. fundamental color (5)
18. rot im mittelalter (4)
19. bipolar and religion (4)
20. red and blue symbolism (4)
21. uralic people by herman l hoeh (4)
22. schriftfunde in alten klöstern (4)
23. farbsymbolik mittelalter (4)
24. bipolar and religion (4)
25. hellgate jupiter island (4)
26. blind sonny terry woody guthrie with alec stewart (4)
27. het dagelijks leven op het platteland van ieper in de 14e
eeuw (3)
28. betekenis aluin laken (3)
29. hellweg mittelalter (3)
30. abendmahl und deren farbbedeutung (3)

Seite 193 von 215


Tuiscostag, 18.1 – Fruchtbarkeitskulte
James George Frazer hat die Anfangphase alten Religionen in
seinem Buch Der goldene Zweig ziemlich detailliert
dokumentiert. Der Fruchtbarkeitskult erfordert eine jährliche
Vermählung des Maikönigs mit der Maikönigin in einem
heiligen Hain von Nemi258. Dabei soll die Farbe Purpur eine
große Rolle gespielt haben.

Purpur259
Die römische Könige selbst sollen Jupiter verkörpert haben,
trugen dazu purpurfarbene Gewänder und bemalten ihr
Gesicht mit Scharlachröte. Von den Priesterinnen der Vesta
(Vestalinnen) forderte Numa das Gelübde der Keuschheit und
das Tragen von weißen Gewändern mit Purpurstreifen.
Im alten Rom war Purpur den Togen und einige Zeit sogar nur
den Schärpen der Senatoren vorbehalten. Es war der Farbstoff
der Toga von Triumphatoren und des Kaisers. Später wurde es
innerhalb der katholischen Kirche möglicherweise der
Amtstracht der Kardinäle vorbehalten. Noch heute bezeichnet
man die Farbe der Amtstracht eines Kardinals als
„Kardinalspurpur“, was aber eher ein leuchtendes
Scharlachrot ist. Zwar nicht mit Purpur gefärbt, aber ihm
farblich ähnlicher als das Kardinalsrot ist das Violett der
römisch-katholischen Bischofsgewänder.
Im Früh- und Hochmittelalter saßen die Hauptlieferanten der
begehrten Purpurprodukte in der Stadt Konstantinopel. Auch
hier war Purpur den Kaisern vorbehalten.
258
Kap. XIII
259
Quelle: Purpurstreifen.

Seite 194 von 215


Wenn die griechischen Elite-Infanteristen, die so genannten
Hopliten, in die Schlacht zogen, trugen sie ein Gewand, das mit
reinem Purpur gefärbt war260. Bei Seeschlachten der
griechischen Flotte war das Schiff des Admirals oft an einem
purpurnen Segel zu erkennen. Der legendäre Trojanerkönig
Priamos hüllte den Leichnam seines Sohnes Hektor zur
Bestattung in ein Purpurtuch.
Alkibiades261 trug lange purpurfarbenen Gewänder – wie eine
Frau. Zudem hat er den Maler Agatharchus bis zu drei Monaten
in seinem Haus gefangen gehalten damit er es bemale262.

Purpur = Scharlachrot
Auch der "Purpurmantel", den Elisabeth II. von England bei
ihrer Krönung im Jahre 1953 trug, war rot. Das mag darauf
zurückgehen, dass man früher Farben eher nach der kulturellen
Handlung benennt, und nicht nach dem genauen Farbton. So ist
auch erklärbar dass die Evangelisten Markus und Johannes
Jezus' Spottmantel als purpurn bezeichnen, während Matthäus
diesen als "scharlachrot" bezeichnet.

Numa Pompilius
Die Religion soll jedoch keineswegs so anthropomorph und
polytheistisch angefangen haben, wie es uns die Historiker
beschreiben.

260
Purpur - die Farbe der Kaiser (Auszug aus: Pharm. Ztg. Nr. 16 - 145.
Jahrgang - 20. April 2000)
261
451-404 v.C.
262
Quelle: das Leben des Alkibiades - Plutarch

Seite 195 von 215


Plutarch beschreibt die Vorschriften des Numa Pompilius, der
den Römern die Anbetung Gottes in Menschen- oder
Tiergestalt verboten hat263. Auch die Abbildung des Göttlichen
war verboten. Plutarch vergleicht diese Vorschriften mit der
Lehre des Pythagoras. In den ersten 170 Jahren wurde dieses
Verbot auch eingehalten.
Im pyramidenförmigen Tempel des Bel zu Babylon befand sich
im höchsten Turm ein Tempel mit einem Schlafzimmer in dem
sich ein Bett zum Beischlaf der Gottheit befand. In dem
Tempel gab es kein einziges Bildnis und außer einer Frau als
Gemahlin der Gottheit durfte dort niemand übernachten264.
Auch im Tempel Amuns zu Theben in Ägypten, in Athen zur
Vermählung des Weingottes Dionysos und bei den Demeter-
Mysterien in Eleusis wurden ähnliche, jährliche Hochzeiten
dokumentiert. Diese Feierlichkeiten hatten symbolischen
Charakter.
Da es sich um Fruchtbarkeitsritualen handelte, waren diese
Riten naturgemäß bipolare Feierlichkeiten in denen ein
Menschenpaar als Mann und eine Frau den Mittelpunkt
bildeten.

263
Quelle: Plutarchs Leben des Numa Kapitel 8-7
264
Quelle Der goldene Zweig Kap. XII, §2, Seite 207

Seite 196 von 215


Hermestag, 19.1. - Plutarch
Mit den heute verfügbaren Werkzeugen ist die Analyse der
Parallelbiographien von Plutarch auf die Beschreibung der
Farben Purpur und Scharlach ein Kinderspiel, das in wenigen
Stunden dokumentiert werden kann.
Das Ergebnis ist verblüffend. Die Griechen und Römer haben
von Anfang der geschichtlichen Aufzeichnung Purpur und
Scharlach als Symbolfarben in der Kleidung und in der
Schifffahrt, wie beim Militär angewandt265. In der Architektur
jedoch überwiegt Blau und Rot und es fehlt das Purpur.
Purpur ist eindeutig die höherwertigen Farbe, die den Kaisern,
Generälen und Göttern zustand. Scharlach dagegen ist die
Männerfarbe für die heldenhafte Taten in der Schlacht.
Romulus kombinierte die Farben in roter Tunika und
purpurfarbenen Toga.

Donarstag, 20.1.- Das „E“ in Delphi


Nach der Analyse der Parallelbiographien von Plutarch nahm
ich die Moralia in die Hand. Es ist ein kleines Werk, das aus
Walters Bibliothek stammt, den er mir vor einigen Jahren
überlassen hat. Es ist ein Weihnachtsgeschenk, denn es trägt
den Datum 24.12.1950. Solche Bücher schenkte man sich
damals zu Weihnachten in der DDR.

265
Symbolism of Purple and Scarlet in Greek and Roman Societies

Seite 197 von 215


Die Inschrift EI
Mein besonderes Interesse gilt das Kapitel „E“, das ich zwar
mal gelesen, aber damals noch nicht verstehen konnte, denn die
Zusammensetzung der provenzalischen Pronomina war mir vor
Jahren noch nicht bekannt. Genau genommen lautet der Titel:
„Die Inschrift EI am Apollontempel in Delphi.“
aber im Kapitel selbst wird klar, dass es sich um den einen
Buchstaben, und zwar dem Vokal „E“ handelt.
Offensichtlich möchte Plutarch den Buchstabe „E“ über dem
Eingang des Tempels zu Delphi ausgiebig diskutieren, denn er
liefert zunächst Erklärungen, die zu gewöhnlich klingen und
kaum wirklich ein religiöses Geheimnis preisgeben.
Die zwei berühmte Inschriften „„Erkenne dich selbst“ 266 und
„nichts im Übermaß“267, die mein Lehrer uns im Griechisch-
Unterricht eingetrichtert hat, sind ja noch klar verständlich.
Die dritte Inschrift Inschrift "Bürge und du wirst dich
ruinieren"268und der besagte Großbuchstabe „E“ bleiben jedoch
oft unerwähnt, weil nur Plutarch sie dokumentiert.
Im Orakel von Delphi erklärt Plutarch den Dialog beim
Betreten des Orakels folgendermaßen:
Hier schreibt Plutarch: "Beim Eintreten spricht der Gott
sozusagen jeden von uns mit seinem „Erkenne dich
selbst“ an, was zumindest so gut ist wie „Heil!“."

266
γνῶθι σεαυτόν - gnōthi seauton
267
μηδὲν ἄγαν - mēden agan
268
Bzw. die Übersetzung für Εγγύα πάρα δ'ατη (engýa pára d'atē) aus
Charmides „Wer sich verbürgt, dem nahet Verderben“.

Seite 198 von 215


Als Antwort darauf erwiderte der Besucher dem Gott
„Du bist“.
Plutarch: "Wir antworten dem Gott mit „eî“ (Du bist),
indem wir ihm die Aussage übertragen, die wahr ist
und in sich keine Lüge birgt und zu ihm allein gehört
und zu keinem anderen, nämlich die des Seins …"
Ja, das leuchtet mir ein. Es ähnelt auch der göttlichen Antwort
auf der mosaischen Frage wer denn Gott sei: „Ich bin der ich
bin“ 269. Außerdem passt dieses monotheistische Konzept auch
zur These des provenzalischen Gottesnamen (Dieu) und des
zugehörigen Ego-Pronomens (ieu)270.

269
Exodus 3:14
270
E - of the Word Ei Engraven Over the Gate of Apollos Temple at Delphi

Seite 199 von 215


Freyastag, 21.1. - E wie Enigma
In „The world of sex“ (1957) zitiert Henry Miller bereits auf
den ersten Seiten D.H. Lawrence dass es zwei Lebensweisen
gibt, den religiösen und den sexuellen „Modus“. Der erste
Modus, so behauptet Lawrence, überragt den letzteren.
Vielleicht gibt es jedoch auch einen goldenen Mittelweg, in
dem zumindest „platonischer“ Sex und Religion
zusammengehen.

E wie Enigma
Der Buchstabe E für Enigma stammt aus der Überschrift der
Eingangstür zum Apollo-Tempel in Delphi. Nur Plutarch und
einige alten Münzen zeugen von diesem Rätsel. Bei der Studie
dieses Themas fasse ich nochmals den Stand des Rätsels
zusammen271 und integriere nochmals die zweigesichtigen
Skulpturen. Nur die Farbwahl der Fürstengewänder fehlt noch,
aber das lässt sich nachträglich noch einfügen.

Die Antipoden Mann & Frau


Als Basis der Thesen kann man die 7 Antipoden im ersten
Buch der Genesis betrachten:
• Licht & Dunkel
• Wasser über versus unter dem Firmament
• Trockenes Land und das Meer
• Pflanzen versus Obstbäume
• Tag und Nacht
• Vögel und Meerestiere
271
E for Enigma (An Overview)

Seite 200 von 215


• Mann versus Frau
Es ist klar, dass bei der Erschaffung des Menschen auch zwei
Antipoden durch Auftrennung erschaffen worden sind.

Reorganisation der Swadesh-Listen


Neu ist die Einsicht, dass die Zusammensetzung der Swadesh-
Listen verbesserungswürdig ist. In keinem der Listen ist das
Wort „Gott“ vorhanden. Auch der androgyne „Mensch“ als
erstes Geschöpf fehlt. Nun stehen an erster Stelle das „Ich“-,
dann das „Du“- und an dritter Stelle das „Wir“-Pronomen. Eine
solche Reihenfolge ignoriert die Bedeutung des Gottesname
und das „Adam“-Wort. Als neue Reihenfolge schlage ich vor:
• Gottesname
• Mensch (als androgynes, noch aufzuteilendes Konzept)
• Das Ego-Pronomen (1e Person, Singular)
• Das Du-Pronomen (2e Person, Singular)
• Das Wir-Pronomen (1e Person, Plural)
Mit dieser Zusammensetzung wird die Bedeutung der
Schöpfungslegende in der Swadesh-Liste vorweggenommen.

Bedeutung der Vokale


Auch die religiösen Bedeutung der Vokale wird in einigen
Beispielen verdeutlicht:
• E (am Eingangstür zum Apollo-Tempel in Delphi)
• Εἶ, „Du bist.“ Nach der Überlieferung Charmides sowie
Plutarchs war dies die „dritte apollonische Weisheit“ in
Delphi neben: Erkenne dich selbst! → Γνῶθι σεαυτόν.
Und Nichts im Übermaß! → Μηδὲν ἄγαν.

Seite 201 von 215


• Εἶ ἕν, Du bist Eins (Erklärung des E von Plutarch)
• Ehyeh, 'Ich bin' (Namensoffenbarung in Gen. 26:3)
• „Alpha und Omega“ (τὸ ἄλφα καὶ τὸ ὦ) (aus der
Offenbarung des Johannes Vers 1:8, 21:6, und 22:13)
• IHVH, Jahwe oder Jehovah – die einzige Schreibweise,
die vor 800 vor Christus in Hebräisch gefunden wurde.
Das Jod ‫ י‬symbolisiert jedoch I oder E, während Vah ‫ו‬
ein O oder U andeutet.
• IAO – Griechische Schreibweise für Jahwe/Jehovah
und Geheimname oder Abkürzung der Gottheit in der
Gnosis, und in den griechischen Mysterien.

Erinnerung an Nonnenhorn
In der Zeitung steht ein Artikel über Google und Andreas von
Bechtolsheim, der 1974 bei Jugend forscht gewonnen, danach
die Sun-Maschine entwickelt und mit dem Erlös 100TD$ zur
Gründung von Google beigesteuert hatte. Fast hätte ich damals
Andreas getroffen, denn als dieser 1977 in die US
überwechselte sollte ich mich beim Herr Blümlein in
Nonnenhorn als sein Nachfolger bewerben. Nur durch Zufall
fand die Begegnung allerdings nicht statt.
Aus diesem Anlass vervollständige ich die Notizen zum
Berufsleben 1972-1990, in der auch die Lisa-Episode zur
Jahreszahl 1982 ihren Platz findet. Auf dieser Weise werden die
veralteten technischen Details, die außer bei den technischen
Historikern wohl kaum auf Interesse stoßen werden, getrennt
von den philosophischen Themen. Die Tagebücher wurden bis
1972 in niederländischer Sprache, danach nur in Deutsch
geschrieben.

Seite 202 von 215


Die Reihe der Tagebücher werden als privates Dokument ins
Scribd-Archiv übernommen:
• Tagebuchfragmente 1972-1990 (Antennenlabor,
Richtfunk, Leiterplattenkonstruktion)
• Tagebuchfragmente272 1991-2007 (CAD- und PDM-
Technologie, SAP-Integration)
• Dagboekfragmenten 1954-1955 (in niederländischer
Sprache)
• Dagboekfragmenten (1960-1972) (in niederländischer
Sprache)
• Dagboekfragmenten (Roermond) (Besuch am 16 Juli
2010, in niederländischer Sprache)

272
Bisher nur geplant oder in Konzeptform vorhanden

Seite 203 von 215


Thomas Mann
Auf dem Programm steht heute die Lektüre der Biografie
Thomas Mann, oder, Der deutsche Zwiespalt273. Das Buch ist
gut lesbar und interessant.

Freyastag, 28.1. - Tibet


Heute feiern wir den 44ten Jahrestag274 unserer Beziehung mit
einem Besuch an Stuttgart, zuerst im Lindenmuseum mit der
Ausstellung Indiens Tibet - Tibets Indien und anschließend mit
einem Dinner im Ochsen-Willy.

Das Lindenmuseum
Die Ausstellung Indiens Tibet - Tibets Indien ist interessant und
mit einer guten Führung ausgestattet. Das wahre Tibet liegt in
Indien. Seit mehr als 1000 Jahren ist der Westhimalaya ein
Zentrum der tibetischen Kultur. Berühmt wurde der Bergsteiger
Heinrich Harrer, der unfreiwillig zum Tibet-Kenner aufstieg:
1944 von den Briten interniert, floh er in Tibets Hauptstadt
Lhasa und wurde Lehrer und Berater des Dalai Lama. Er hat
seine Geschichte dokumentiert in Sieben Jahre in Tibet.
Der Fotograf und Autor Peter van Ham hat seither den
Westhimalaya intensiv bereist und seinen aktuellen Zustand
dokumentiert – er regte auch diese Ausstellung an.

273
Band 41 von (Das besondere Taschenbuch) von Roman Karst
274
28.1.1967

Seite 204 von 215


Das meiste Land ist steinig und öde, Feldfrüchte wachsen nur
auf kleinen Flächen. Um Überbevölkerung zu verhindern,
müssen viele Menschen zölibatär leben – in Spiti ist jeder achte
Bewohner Mönch oder Nonne. Die übrigen praktizieren
Polyandrie: Eine Frau heiratet mehrere Männer, meist Brüder.
Für mich interessant sind die Bildbänder 275 Peter van Hams.
Obwohl viele Bilder auch Gelb und Grün enthalten fallen auf
einigen Fotos der Buddhastatuen aus Ladakh die
Farbkombinationen Rot und Blau ins Auge. Auch gibt es
Gottheiten mit einem weißen, einem roten und einem blauen
Gesicht.
Zu den Beispielen gehört eine Statue des Akshobhya im
Kloster Tabo. Stilistisch ist die Lehmfigur mit ihren dreifach-
sichelförmigen rot und blau gefärbten Kronen, dem reichen
Zierrat und den fein gestalteten Beinkleidern im besten
kaschmirischen Stil des Jahres 1042 gefertigt. Auch Maitreya -
der kommende Buddha im Tsug Lhakang, Kloster Tabo in der
Region Spiti, trägt einen Haarschopf aus Rotpurpur und Blau.
Viele Mönche wie zum Beispiel ein junger Mönch aus dem
Kloster Tabo in der Region Spiti tragen Purpur oder roten
Gewänder in Kombination mit Purpur. Auch kann man auf
einigen Skulpturen die Symbolik Sonne & Mond identifizieren
wie auf dieser Aufnahme von 1976 zum Tibetisch-
buddhistisches Klosterfest in Hemis, Region Ladakh.
Selbstverständlich gehören die Bevölkerung zur Indo-
Europäischen Zivilisation und wäre eine Farbcodierung auf der
Basis des Fruchtbarkeitskults ein Beweis der These zur
ursprünglich bipolaren Religion. Noch sind die Beweise jedoch
zu dünn.
275
Heavenly Himalayas - The Murals of Mangyu and Other Discoveries in
Ladakh Peter van Ham

Seite 205 von 215


Man sollte auch zur Sprache noch eine Bipolarität nachweisen
können. In den höchst interessanten Filmen, die in der
Ausstellung gezeigt werden sind Bibliotheken mit uralten
Schriften zu sehen. Gerne hätte ich diese mal näher angeschaut.
Sind es die berühmten Palmblätter mit den immer wieder
kopierten heiligen Schriften? In Sanskrit? Wer weiß...

Hermestag, 2.2. - Tiziano Terzani

Tiziano Terzani
Im Bürgerhaus Unterweissach dreht das Kino-Mobil den Film
Das Ende ist mein Anfang mit dem genialen Bruno Ganz, der
sich in den langen und sehr emotionalen Gesprächen zwischen
Vater und Sohn auf das "letzte große Abenteuer" Tod
vorbereitet. Kurz vor dem Tod relativiert sich das Leben als
Vorbereitung auf dem Sterben, wobei zuletzt nur das
Verschwinden der Angst die letzte Hürde darstellt. Gefragt
nach der Erleuchtung gibt der Autor den Zuschauern einen
winzigen Strohhalm, dass nur wenige die Erleuchtung, aber
auch dann - wenn überhaupt - als Illusion wahrnehmen.
Zum Schluss wird die Asche von den Toskanischen
Gebirgsspitze vom Winde verweht. Es ist nachdenklich still, als
die Zuschauer den Saal verlassen.
Vor und nach dem Film diskutieren wir bei Freunden über
aktuellen Filmen und anderen Themen.

Seite 206 von 215


Luise Rinser
Im Bücherschrank finde ich Daniela – ein Roman von Luise
Rinser über die idealistischen Lehrerin, die in einem Moordorf
Menschen helfen will. Interessant ist die These über die
Gesprächspausen: „Daniela ist gut erzogen, sie hat gelernt,
Gesprächspausen zu überbrücken und niemand verlegen zu
machen“. Es erinnert an Lisas Zwang die Gesprächspausen
möglichst rasch zu füllen.

Seite 207 von 215


Zusammenfassung – Stand 2011
In der Kunst des Liebens276 beschreibt der Psychoanalytiker
Erich Fromm dass die Kinder zur gesunden Heranreife in das
Erwachsenenalters sowohl die bedingungslosen, mütterlichen
Liebe wie die zu verdienenden väterlichen Liebe benötigen.
Ein Elternteil alleine kann nicht sowohl die bedingungslosen
als die zu verdienenden Liebe bieten, sodass dem Kind beide
Eltern zum ausgereiften Aufwachsen benötigt. Deshalb wurde
der Schöpfergott in der alten Religion wohl aus gutem Grund
als idealisiertes, androgynes Elternpaar betrachtet, dass den
Menschen sowohl die Mutter, wie die Vaterliebe bieten konnte.
In der Schöpfungslegende wurde die androgyne Idealgestalt
zunächst als androgynes Paar erschaffen, in Einzelgestalten
aufgetrennt und während der Initiation beziehungsweise
Hochzeitszeremonie wieder in die ursprünglichen Idealgestalt
zurückversetzt. Diese Legenden werden von Plato, von den
Pharisäern, von den mittelalterlichen Rabbis Rashi und
Rashbam und im Sohar berichtet.
Auch Jahwe wurde ursprünglich als Familienvater betrachtet,
der zusammen mit seiner Ehegatte Asjera auch Kinder gehabt
haben soll. Der androgyne Charakter der Gottheit dürfte daher
auch in den Namen IHVH codiert worden sein.
Auffällig ist in der Wortbildung die Korrelation zwischen den
Ego-Pronomina der westlichen indoeuropäischen Sprachen und
den Götternamen (in Provenzalisch z.B.: D+iéu=Diéu). Das
Ego-Pronomen scheint dabei die kompletten
Schöpfungslegende der Menschwerdung zu symbolisieren.

276
ISBN 978-3-548-36784-2 (1956 veröffentlicht als The Art of Loving)

Seite 208 von 215


Es gibt eigentlich keinen Zweifel dass die Farben Rot und Blau
im Mittelalter zur Codierung bestimmter religiösen Symbolik
verwendet worden ist277. Die Zahl der Beispielen ist
überwältigend.
Die fürstlichen Kleidercodierung und die Farbwahl der adligen
Wappen in Rot, Weiß und Blau folgten im betont religiösen
Mittelalter sicherlich die 25 göttlichen Anweisungen im Buche
Exodus für die Kleiderordnung der Priester und die Gewänder
des Offenbarungszeltes, die sich offensichtlich auf die
ursprünglich androgynen Symbolik des Gottesnamens bezog278.
Zur Gestaltung der Ikonen und weiteren Gemälden wurden im
Mittelalter Vorschriften herangezogen, die auch noch lange
nach der Aufklärung ihre Gültigkeit beibehielten.
So bilden diese Symbole auch heute noch in den Ego-
Pronomina einiger Sprachen, in den Farben der Flaggen,
Grabstätten und Gemälden einen Abglanz der früheren
androgynen Schöpfergestalt.

277
Dyaeus - über die Farbcodes der Prachtbibeln
278
Paint It Purple - A short History of painting Red and Blue

Seite 209 von 215


Appendix I: Konzentriertes Lesen

Bücher in deutscher Sprache


D: ABAP Objects von Horst Keller und Sascha Krüger (2001)
D: Aelteste Geschichte der Deutschen - von Johann Christoph
Adelung (1806)
D: Anne Frank: Spur eines Kindes (1958)
D: Arthur Schopenhauers Werke in Fünf Bändern (1859)
D: Bach und Ich - Von Maarten 't Hart (2000)
D: Baierische Chronik - geteutscht und gemacht durch Johannes
Aventinus (1523)
D: Baumeister der Welt - von Stefan Zweig (1951)
D: Bernstein, Tränen der Götter - von Rainer Slotta und Michael
Ganzelewski (1996)
D: Bernstorf - von Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier (2005)
D: Bildung - von Dietrich Schwanitz (1999)
D: Brecht in Augsburg - von W. Frisch und K.W. Obermeier (1976)
D: Briefe und Tagebücher - von Franz Kafka (1902-1924)
D: Cézanne, Manet und Toulouse Lautrec - von Henri Perruchet
(1956-1959)
D: Das Buch der Tugenden - von Ulrich Wickert (1995)
D: Das Hauptwerk - von Friedrich Nietzsche (1871..1889)
D: Das Lächeln der Medusa - von Peter Watson (2000)
D: Das Mysterium der Zahl - von Franz Carl Endres (1951)
D: Das Peter-Prinzip - von Laurence J. Peter & Raymond Hull
(1970)
D: Das Runen-Wörterbuch - von Udo Waldemar Dieterich (1844)
D: Das Schloß - Roman von Frank Kafka (1935)
D: Der Brenner & Tuisc Codex - von Joannes Richter (2006)
D: Der goldene Zweig - von James George Frazer (1890)
D: Der Gotteswahn - von Richard Dawkins (2006)
D: Der Nil - von Gerhard Konzelmann (1985)
D: Der Sohar - nach dem Urtext ausgewählt und übersetzt von Ernst

Seite 210 von 215


Müller
D: Der Tempel und die Loge - Von Michael Baigent, Richard Leigh
(1999)
D: Der Unbeirrbare von Howard Fast (1988)
D: Der Ursprung der Gottesidee: Von Wilhelm Schmidt (1912)
D: Der Vorleser - von Bernhard Schlink (1995)
D: Deutsche Mythologie - von Jacob Grimm (1835)
D: Die Apokalypsen - von Rosel Termolen (1999)
D: Die Bibel - Einheitsübersetzung (1980)
D: Die Hethiter - von Johannes Lehmann
D: Die Iden des März - von Thornton Wilder (1948)
D: Die Kabbala - von Papus (1903)
D: Die Kunst des Liebens - Erich Fromm (1956)
D: Die Lieblingsgedichte der Deutschen (2003)
D: Die Päpstin - von Donna Woolfolk Cross (1996)
D: Die philosophische Hinterreppe - von Wilhelm Weischedel (1966)
D: Die Unsterblichkeit der Zeit - von Paul Davies (1995)
D: Donau, Fürsten und Druiden - Kelten entlang der Donau (2006)
D: dtv-Atlas Weltgeschichte - Von den Anfängen bis zur Gegenwart
(2006)
D: Du und die Erde - by Hendrik Willem van Loon (1932)
D: Ein neues Weltbild - von Joachim Gartz (1998)
D: Ein strahlendes Ende - von Françcois Bucher (1984)
D: Ernst Haeckel - von Georg Uschmann (1954)
D: Es ist so einfach? - von Richard P. Feynman (1999)
D: Fermats letzter Satz - von Simon Singh (2000)
D: Flügelrauschen - von Kolbrun Haraldsdottir und Hubert Seelow
(HG.) (2000)
D: Gastmahl - von Platon
D: Geheime Botschaften - von Simon Singh (1999)
D: Geheimkulte: Das Standardwerk - von Will-Erich Peuckert (1988)
D: Germania / die Annalen - von Tacitus
D: Gnosis - Das Buch der verborgenen Evangelien (1994)
D: Gödel, Escher, Bach - von Douglas R. Hofstadter (1979)
D: Heimatbuch Spiegelberg (1996)

Seite 211 von 215


D: Ich Claudius - von Robert von Ränke Gräves (1934)
D: In die Wildnis - von Jon Krakauer (1996)
D: Irisches Tagebuch - von Heinrich Böll (1961)
D: Kollaps - von Jared Diamond (2005)
D: Leben mit Picasso - von Françoise Gilot und Carlton Lake (1964)
D: Leben zwischen Haben und Sein von Erich Fromm (1993)
D: Mehr bedarfs nicht - ausgewählt von Jürg Amann
D: Meyers kleines Konversations-lexikon (1895)
D: Money - von Gustavus Myers (1916)
D: Moralia - von Plutarch (45-125 n.C.)
D: Picasso, Leben und Werk von Roland Penrose (1958)
D: Religion als Risiko - door Detlef B. Linke (2003)
D: Salz auf unserer Haut - Roman von Benoîte Groult (1988)
D: Schnee auf dem Kilimandscharo: 6 Stories - von Ernest
Hemingway (1950)
D: Schöpfungsmythen der östlichen Welt - von Barbara C. Sproul
(1991)
D: Schwarzbuch - von Bernt Engelmann (1994)
D: Sofies Welt - von Jostein Gaarder (1991)
D: Ssonja Tolstoj - von Alexandra Rachmanowa (1968)
D: Stupid White Men - by Michael Moore (2002)
D: Tekens van Taal en Tijd - door E. Ottevaere (1979)
D: Tschernobyl - von Frederik Pohl (1988)
D: Van Gogh - von Pierre Cabanne (1975)
D: Versunkene Kulturen - von Edward Bacon (1963)
D: Was soll das alles? - von Richard P. Feynman (1998)
D: Wem die Stunde schlägt - von Ernest Hemingway (1940)
D: Wer bin ich - von Richard David Precht (2007)
D: Yoga, Wege zur Selbstbefreiung - von I.M. Spath (1951)

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Bücher in englischer Sprache
E: Beckett - by Deirdre Bair (1978)
E: Céline - A biography by Frédéric Vitoux (1992)
E: Chronicles - by Bob Dylan (2004)
E: Cities of the Plain - by Marcel Proust (1928)
E: Dylan Thomas - a biography by Paul Ferris (1977)
E: East of Eden - by John Steinbeck (1952)
E: Fingerprints of the Gods - by Graham Hancock (1995)
E: Human Relationships - by Dr. Eustace Chesser (1959)
E: In Cold Blood - by Truman Capote (1965)
E: Jacob's Room - by Virginia Woolf (1922)
E: Mailer - a biography by Hilary Mills (1982)
E: Over to You - ten stories by Roald Dahl (1946)
E: Paradigms Lost - by John L. Casti (1989)
E: Patterns in comparitive religion - Mircea Eliade (1958)
E: Phallic Worship - by Hodder M. Westropp (1870)
E: Picasso - the blue and rose periods - by Denys Chevalier
E: Rembrandt - by Joseph-Emile Muller (1968)
E: Roget's Thesaurus - by P.M. Roget (1852 / 1987)
E: Silent Spring - by Rachel Carson (1962)
E: Tao Te Tjing - by Lao Tse
E: The Camera and I - by Joris Ivens (1969)
E: The Catcher in the Rye - by J.D. Salinger (1951)
E: The Classic Works - by Virginia Woolf (1929)
E: The Feynman Lectures on Physics (1964)
E: The Heart of the Matter - by Graham Greene (1948)
E: The Jewel in the Lotus - by Allen Edwardes (1959)
E: The Secret Doctrine - by Helena Petrovna Blavatsky (1888)
E: Thomas More - by Daniel Sargent (1938)
E: Ulysses - by James Joyce (1922)
E: Zohar, Bereshith to Lekh Lekha (1300)

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Bücher in niederländischer Sprache
NL: 'Heel geestig, meneer Feynman!' - door Richard P. Feynman (1985)
NL: "Het drieluik van het kwaad" - door Anthonie Donker (1958)
NL: Acht over Gorter - onder redactie van Garmt Stuiveling (1978)
NL: Alissa en Adrienne - door Adriaan Morrien (1957)
NL: Alle verhalen van Jan Wolkers (1981)
NL: Almanak met Adresboek van het arrondissement Roermond 1874
NL: Anna Freud - een biografie door Elisabeth Young-Bruehl (1988)
NL: Beleving van grenssituaties (1975)
NL: Bert Brecht - door Willy Haas (1963)
NL: De Avonden - door Simon van het Reve (1947)
NL: De geheime oorlog - door Brian Johnson
NL: De godsdienst der primitieve volken van William Howells (1963)
NL: De Herberg met het Hoefijzer - door A. den Doolaard (1933)
NL: De koperen tuin - door Simon Vestdijk (1950)
NL: De Renner - van Tim Krabbé (1978)
NL: De slinger van Foucault - door Umberto Eco (1989)
NL: De troost van de filosofie - van Alain de Botton (2000)
NL: De werelden van M.C. Escher - onder redactie van J.L. Locher (1971)
NL: Dekmantel - De geheime oorlogen van de CIA - van Bob Woodward
(1987)
NL: Dierenleven in ARTIS door A.F.J. Portielje (1938)
NL: Domweg gelukkig, in de Dapperstraat (1990)
NL: Een Geschiedenis van God - door Karen Armstrong (1993)
NL: Ethica - van Spinoza (1632 - 1677)
NL: Franz Kafka - Verzameld Werk (1977)
NL: Geschiedenis der Nederlandse Letterkunde, door Dr. W. van Schothorst
(1940)
NL: Geschiedenis van Engeland - van Ernest Llewellyn Woodward (1965)
NL: Het Achterhuis - van Anne Frank (1942-1944)
NL: Het Gevaar - door Jos Vandeloo (1960)
NL: Het Heelal - door Stephen Hawking (1988, 1997)
NL: Het laatste jaar van Thomas Mann - door Erika Mann (1956)
NL: Het leven van Franz Kafka - door Ernst Pawel (1984)
NL: Het leven van Moravia - door Alberto Moravia en Alain Elkann (1991)
NL: Het verborgen leven van Albert Einstein - door Roger Highfield en
Paul Carter (1993)

Seite 214 von 215


NL: Klerk en beul: Himmler van nabij - van Felix Kersten (1948)
NL: Kunst voor Allen - door Cormelis Veth (1916)
NL: Lof der Zotheid - door Desiderius Erasmus (1511)
NL: Max Havelaar - door Multatuli (1860)
NL: Nederlandse literatuur - een geschiedenis (1998)
NL: Nieuwe schatten uit het verleden - van Brian Fagan, Yolande Michon
(1992)
NL: Oorlog in Gallië - van Gaius Julius Caesar
NL: Picasso - door Pierre Daix (1964)
NL: Roermond in oude ansichten (1969)
NL: Saint-Exupéry- door J.C. Ibert (1961)
NL: Stijn Streuvels - door André Demedts (1971)
NL: Tijd van Delirium - door Hermann Rauschning (1949)
NL: Turks Fruit - door Jan Wolkers (1969)
NL: Uit de Europese prehistorie - door Friedrich Behn (1964)
NL: Uitersten - door A.J. Dunning (1990)
NL: Uitvindingen en Ontdekkingen - door W. Sanderman (1978)
NL: Venezuela - door Mr. W.J. van Balen (1955)
NL: Verleden tijd - Memoires van Adriaan Venema (1994)
NL: Vier Moralisten - door Dr. C.J. Wijnaendts Francken (1944)
NL: Zen & het onderhoud van onze samenleving - van Robert M. Pirsig
(1974)
NL/F: Le petit Prince - door Antoine de Saint-Exupéry (1943)

Bücher in spanischer Sprache


Esp: El mundo antes de la creación del hombre - by Louis Figuier, W F A
Zimmermann (1871)

Übersichten
XX Übersichtsliste Stand 1.11.2008
XX: Bücherliste - Antiquariat

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