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MALDINI UND DIE SCHWEDIN

(Copyright by grafciano – Jänner/Februar 2011 – 35.904 Zeichen)

Nach “Der Mörder trinkt keine Milch” und “Maldini und die Eifersuchtsmorde”
ein neuer Krimi mit Commissario Maldini.

Die Personen und Handlung sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit
lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig

01. Commissario Gianni Maldini, Polizeichef von Salerno, verbrachte wieder


einmal einige Urlaubstage in Positano und logierte wie immer im Hotel Eden
Roc. Es war die letzte Oktoberwoche eines langen, arbeitsreichen Jahres und
Maldini gönnte sich sieben Tage Erholung.
Er saß im Frühstückszimmer und genoss nach einem Teller mit Schinken und
Käse einen Capuccino und eines seiner geliebten, mit Marmelade gefüllten
Brioche. Außer ihm saßen nur wenige Gäste im Restaurant. Entweder wegen der
frühen Stunde, es war etwas nach 08.30 Uhr, oder aber wegen des Termins.
Auch im wunderschönen Positano wird es Ende Oktober ruhiger.

Nach dem Frühstück begegnete Maldini in der Hotelhalle Massimo, Sohn des
Eigentümers und Direktor des Hauses. Man begrüßte sich und vertiefte sich in
ein ausschließlich touristisches Gespräch.
Ein weißes Mercedes-Taxi mit getönten Scheiben näherte sich dem Hotel und
blieb vor dem Eingang stehen. Der Fahrer stieg aus und blickte an der Fassade
des Hotels hoch.
„Das ist doch Fernando,“ stellte Maldini fest.
„Ja, der dienstälteste Taxifahrer von Positano und Umgebung. Mein Onkel
Domenico, vor mir Direktor des Hauses, kennt ihn seit mehr als vierzig Jahren,“
entgegnete Massimo.
„Ich bin im Vorjahr mit ihm einmal nach Sorrent und einmal nach Montepertuso
gefahren,“ berichtete Maldini. „Was der alles zu erzählen weiß, sagenhaft. Er
hat noch die Blütezeit Positanos mitgemacht, noch bevor Brigitte Bardot Saint
Tropez berühmt gemacht hat und sich die Prominenz dorthin verzog. Er hat
Elizabeth Taylor, Richard Burton, alle italienischen Stars, angefangen von
Sophia Loren gefahren. Auch Ernest Hemmingway und John Steinbeck zählten
zu seinen Fahrgästen. Über all diese Prominenten weiß er die tollsten
Geschichten zu erzählen. Er ist ein echtes Unikum.“
Fernando hatte inzwischen den beiden gewunken, bückte sich danach ins Auto
um die Hupe seines Taxis zu betätigen. Obwohl lautes Hupen kaum einen
Italiener erregt wollte Massimo nachfragen, ob er Fernando behilflich sein
könnte. In diesem Augenblick stürzte ein junger, dunkelhaariger Mann die
Treppen des Hotels herunter, deponierte mit lautem Klirren seinen
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Zimmerschlüssel an der Rezeption und lief weiter zum Taxi. Er öffnete die
rückwärtige Tür und stieg ein. Sowohl Maldini als auch Massimo erhaschten
einen Blick in den Fond. Eine Frau mit einer Kappe und einer großen dunklen
Brille streckte dem Jungen die Hand entgegen und schon war die Tür wieder zu.
„Saß da nicht eine Frau im Fond?“ fragte Massimo.
„Scheint so“, erwiderte Maldini. „Blondes bis dunkelblondes Haar, eine
Sportkappe, eine Designerbrille, wahrscheinlich von Gucci, Jeans und eine
Bluse. Darüber eine ärmellose Jacke. Außerdem trug sie am rechten Handgelenk
ein breites Goldarmband.“
„Die Autotür war doch nur einen Augenblick offen und Sie wollen das alles
gesehen haben?“ wunderte sich Massimo.
„Das bringt der Beruf mit sich,“ lächelte er. „Wer war übrigens der eilige junge
Mann?“
„Der wohnt seit gestern im Zimmer 15, eine Etage unter Ihnen. Ein Römer mit
deutschem Pass.“
„Herr Alberto Stark“, ergänzte der Portier, der aufmerksam zugehört hatte.

02. Maldini suchte bald darauf sein Zimmer auf um sich zu rasieren und um ein
wenig Zeit auf der Dachterrasse des Hotels zu verbringen. Ein Liegestuhl in der
warmen Oktobersonne und ein gutes Buch sollten ihm die Zeit bis zu seinem
Rendezvous um 12.30 Uhr vertreiben helfen. Er freute sich schon auf die
Verabredung zum Mittagessen mit seinem Freund und Polizeichef von Positano
Mario Savastano und dessen Frau Michaela. Man hatte sich für das urige
Restaurant „Tre Sorelle“ am Hauptstrand entschieden. Maldini kannte es von
früheren Urlauben und freute sich auf frische Cozze, oder Spaghetti con Vongole
als Vorspeise und einer guten Fischplatte danach.

Auf dem Weg zu seiner Verabredung kam er an der „Zagara“ vorbei und kehrte
ein. Michele, der langjährige Oberkellner begrüßte ihn mit einer gewissen
Bestürzung.
„Commissario, es führt Sie doch nicht wieder ein Mord in unser ruhiges
Positano?“
„Seien Sie ganz beruhigt,“ erwiderte der Commissario lachend, „ich verbringe
hier nur eine Woche Urlaub und bin dann wieder weg um hoffentlich auch in
Salerno ohne Morde auszukommen.“
Er genehmigte sich einen Aperitif und machte sich dann auf den Weg zum
Strand.

Michaela und Mario Savastano erwarteten ihn schon an der letzten Treppe und
alle drei wurden bald darauf vom Wirt des Ristorante herzlichst begrüßt.
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Kaum saßen die drei im spärlich besuchten Lokal als eine umwerfend schöne
dunkelblonde Dame, etwa 30 Jahre jung, in einem modischen Kostüm das
Restaurant betrat und nach kurzem Zögern am Nebentisch Platz nahm.
Einer der Kellner eilte herbei, legte die Speisekarte vor und fragte nach ersten
Wünschen.
Die Dame schaute ihn etwas verlegen an und fragte „do you speak english?“
Der Kellner sprach nur wenige Brocken Englisch und meinte „il patrone parla
inglese, un attimo, lo vado a chiamare.“
Während er sich entfernte wandte sich Maldini an die Dame und fragte in
perfektem Englisch ob er behilflich sein könnte. Noch bevor der Chef des
Hauses auftauchte hatte Maldini die Dame überredet an seinem und Savastanos
Tisch Platz zu nehmen, nicht ohne vorher Michaela und Mario um Erlaubnis
gefragt zu haben.
„Mein Name ist Gianni Maldini und dies sind meine Freunde Michaela und
Mario Savastano,“ stellte er sich und seine Freunde vor.
„Birgitta Sjöblom,“ tat es ihnen die Dame nach.
„Sie sind Schwedin?“ entfuhr es Maldini. „Was für ein schöner Name, Sjöblom,
dass heißt doch Seeblume, nicht wahr? Birgitta Sjöblom heißt auch eine
bekannte schwedische, in Deutschland lebende Schriftstellerin.“ Maldini
überschlug sich in seiner Bewunderung für die schöne Schwedin.
„Talar du svenska“ (Sprechen Sie Schwedisch) fragte Frau Sjöblom freudig?
„Nein, nein, keineswegs. Wie jeder Italiener kann ich nur einen einzigen
schwedischen Satz.“ Sein Freund Savastano lachte beifällig.
„Übrigens, hat Ihnen schon jemand gesagt, dass Sie Agnetha Fältskog, der
blonden Sängerin von ABBA, als diese noch jung war, zum Verwechseln
ähnlich sehen““
Birgitta Sjöblom errötete. „Wirklich? Was für ein nettes Kompliment.“
„Unser Freund hat recht, auch mir ist die Ähnlichkeit sofort aufgefallen,“
Michaela beeilte sich Maldini beizupflichten. „Das Sie bei uns Urlaub machen
freut mich. Es gibt kaum schönere Plätze in unserer Heimat“, sprach Michaela
weiter. „Ein wenig Urlaub, aber auch ein wenig Arbeit,“ Mehr dazu war Birgitta
Sjöblom nicht zu entlocken.
Danach widmeten sich alle der Speisekarte, wobei Maldini für Frau Sjöblom
geduldig übersetzte.
Als der „Patrone“ an den Tisch kam, empfahl er diverse Speisen und man
bestellte, wie konnte es anders am Strand von Positano sein, durchwegs
Fischgerichte. Dazu gab es einen leichten, weißen Wein aus der Gegend und es
wurde ein fröhliches Mittagessen. Inzwischen war man schon zu den Vornamen
übergegangen um weniger förmlich sein zu müssen.
Beim Espresso fragte Birgitta neugierig „und was war das für ein schwedischer
Satz den jeder Italiener kennt?“
Maldini und Savastano sahen sich wissend lächelnd an.
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„Den jeder männliche Italiener kennt,“ korrigierte Mario Savastano.


„Also, dass möchte ich jetzt aber auch wissen,“ beharrte Michaela, wobei sie
offensichtlich Birgitta Unterstützung anbot.
„Jag älskar dig.“ (Ich liebe Dich) Verschämt, fast flüsternd gab Maldini sein
Geheimnis preis.
Die beiden Frauen lachten schallend. „Das war zu erwarten“, schmunzelte
Michaela, „diese drei Wörter lernen italienische Männer schon als Kinder, auch
in vielen anderen Sprachen.“
„Eight letters, three words, one meaning,“ fügte Birgitta hinzu.
“Das versteh ich jetzt nicht”, wunderte sich Mario Savastano. „Wirst Du
bestimmt, wenn Du Dich ein wenig anstrengst“ meinten Maldini und Marios
Frau unisono. Bevor Mario Savastano nachdenken konnte läutete sein Handy.
Verärgert nahm er das Gespräch entgegen.
„Savastano, was gibt’s?”
Nach einigen “Ahas” und “Hmm” meinte er:
“Fabrizio Sie fahren ins Hotel Le Siranuse, vernehmen die Gäste und das
Personal, suchen nach Fingerspuren in den Gästezimmern und so weiter. Als
Unterstützung nehmen Sie Gaetano mit. Ich komme in einer viertel Stunde
nach.“
„Was ist passiert?“ fragte Maldini.
„So wie vor einer Woche in Sorrent wurden diese Nacht auch Gäste des Hotels
Le Siranuse, bestohlen. Müssen die gleichen Täter gewesen sein. Ähnliche
Vorgangsweise.
Savastano hatte Italienisch gesprochen und Birgitta mit offenem Mund zugehört,
ohne ein Wort zu verstehen.
„Ich wohne im Hotel Le Siranuse. Sie haben das Hotel zwei Mal erwähnt. Ist
etwas passiert?“
„Ja und Nein. Man hat diverse Gäste bestohlen. Es wäre gut, wenn Sie mit uns
ins Hotel kommen würden. Vielleicht fehlt auch aus Ihrem Zimmer etwas.“
„In welchen Zeiten leben wir den nur? Man ist auch in einem 5 Sterne Hotel
nicht mehr vor Dieben sicher.“ Birgitte Sjöblom zitterte am ganzen Leibe und
Maldini versuchte sie zu trösten.
„Mein Freund Savastano ist der Polizeichef von Positano, er wird die Sache in
seine bewährten Hände nehmen und ich bin sicher, auch aufklären.“
Maldini zahlte und dann machten sie sich alle auf den Weg zum unweit
gelegenen Hotel Le Siranuse.

03. Jeder der Positano kennt weiß, dass man vom Strand bis zur ersten mit
Autos befahrbaren Straße zu Fuß gehen muss. Über Stiegen, steilen schmalen
Gassen, vorbei an der Hauptkirche bis zur Cafe-Konditorei „La Zagara“. Von
da an geht es flach weiter, bis man die Piazza dei Mulini erreicht. Dort flutet der
Verkehr, kann man ein Taxi mieten oder den Bus besteigen der einen über den
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inneren Kreisverkehr, teilweise auf der Küstenstraße bis zur Chiesa Nuova führt
um dann wieder ins eigentliche Positano einzutauchen.
An der Zagara angelangt nahmen Maldini, Savastano und Birgitta Sjöblom eine
schmale, steile Treppe um den Weg zum Hotel Le Siranuse abzukürzen.
Michaela Savastano hatte sich schon vorher verabschiedet um ihre beiden
Töchter vom Nachmittagsunterricht abzuholen.
Als die drei unmittelbar nach der Treppe an einen Müllcontainer vorbeikamen,
mussten die beiden Kriminalisten daran denken, dass dieser im letzten
gemeinsamen Fall einen bedeutenden Hinweis zu Tage gebracht hatte. (Maldini
und die Eifersuchtsmorde.)

Im Hotel wurden sie schon von Savastanos Kollegen und dem Hoteldirektor
erwartet. Letzterer führte die beiden Herren in ein Besprechungszimmer, in
welchem die bestohlenen Gäste warteten. Frau Sjöblom wurde ersucht ihr
Zimmer aufzusuchen und im Zimmersafe nachzusehen ob auch sie bestohlen
worden war. Sie zeigte sich erstaunt. „Mein Safe ist nur mit einem vierstelligen
Zahlencode zu öffnen und dieser ist nur mir bekannt. Wie sollte man also mein
Safe geöffnet haben?“
Maldini beruhigte sie und bat sie nach der Kontrolle ihres Zimmers in den
Extraraum nachzukommen. „Dort werde ich Ihnen alles Nähere erklären, O.K.?“

05. Maldini und Savastano wurden von vier amerikanischen Ehepaaren und
einem englischen Lord erwartet. Allen waren Geld, Goldschmuck und Uhren
entwendet worden. Ringe mit Edelsteinen und Kreditkarten hatte man jedoch
zurückgelassen.
Savastano stellte sich und Maldini vor wurde aber sofort von einem der
Anwesenden unterbrochen.
„Eine Frage die wir schon seit Mittag stellen als wir unser Zimmersafe öffneten
und den Diebstahl bemerkten, wird uns nicht und nicht beantwortet. Wie ist es
möglich den Safe zu öffnen, wenn man den Zahlencode nicht kennt?“
Ein rundlicher, älterer Amerikaner mit hochrotem Gesicht hatte für alle anderen
das Wort ergriffen..
Savastano wandte sich an den Hoteldirektor. „Wollen Sie die Herrschaften
aufklären, Herr Direktor Marsala?“
„Meine Damen und Herren, verzeihen Sie, dass ich bis jetzt Ihre Fragen nicht
beantwortet habe. Ich habe zuerst mit meinen Mitarbeitern alle Möglichkeiten
besprochen und wollte danach unbedingt die Polizei dabei haben. Die Frage ist
schnell und einfach beantwortet. Falls ein Gast den Code vergessen sollte, was
schon mehrfach vorgekommen ist, oder wir einen Stromausfall haben muss es
eine Möglichkeit geben die Safes zu öffnen. Dafür gibt es ein Schloss, dieses ist
mit einem Stahlplättchen mit dem Logo der Firma verdeckt und fest verschraubt,
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und einen passenden Schlüssel. Dieser befindet sich in einem versiegelten


Kuvert im Hoteltresor in meinem Büro.“
Direktor Marsala nahm ein Kuvert aus seiner Sakkotasche und zeigte es den
Anwesenden. Er bat Savastano sich das Kuvert genau anzusehen. „Capitano,
bitte überzeugen Sie sich. Meine Unterschrift mit dem Datum vom Februar
letzten Jahres ist mit dem Siegel überklebt. Seither war der Schlüssel nicht mehr
in Verwendung und immer in meinem Tresor. Um diesen zu öffnen braucht man
mehr als einen vierstelligen Zahlencode, glauben Sie mir.“
„Das erklärt immer noch nicht, wie der oder die Diebe mein Safe öffnen
konnten,“ ereiferte sich ein weiterer Amerikaner und alle anderen stimmten ihm
zu.
Maldini nahm das Wort an sich. „Wenn Sie erlauben, darf ich Ihnen den
Sachverhalt näher bringen. Der oder die Diebe kennen diese Art von
Zimmersafes genau, sind darauf spezialisiert und sind Fachleute auf diesem
Gebiet. Leider! Sie entfernen das Logoplättchen und öffnen die Safes mit einem
Spezialbesteck. Wir haben solche Diebstähle im Laufe der Jahre immer wieder
erlebt. Auch wenn die Safehersteller stets neue Technologien erfinden, die
Verbrecherwelt ist ihnen immer einen Schritt voraus.
Ich würde gerne Ihre Zimmer besichtigen um Ihnen weitere Details bekannt zu
geben.“
Im ersten Zimmer angekommen untersuchte Maldini die Kopfpolster, roch an
ihnen und fragte die Gäste. „Haben Sie heute länger als sonst geschlafen? Hatten
Sie nach dem Aufwachen starke Kopfschmerzen?“
„Ja ! Aber was hat dass mit unseren Kissen zu tun?“
„Wundern Sie sich nicht, dass der Dieb, und ich bin überzeugt, dass es sich um
einen Einzeltäter handelt, ungestört am Safe arbeiten konnte ohne dass Sie dabei
wach geworden sind? Ja? Nun er hat das Zimmer betreten, hat sich leise Ihrem
Bett genähert und Sie mit einem schnell wirkenden Betäubungsmittel aus einer
Spraydose außer Gefecht gesetzt. Danach konnte er in Ruhe arbeiten. Der
Geruch des Mittels ist noch in Ihren Kissen zu riechen und davon kommen auch
Ihre Kopfschmerzen.“
„Warum nur Geld, Uhren und Goldschmuck? Die kostbaren Ringe blieben
unberührt und vor allem die Kreditkarten.“
Auch darauf hatte Maldini eine Antwort. „Gold erlebt im Moment einen
Höhenflug. Der Goldpreis ist immer noch im Steigen begriffen. Eine Halskette,
Armbänder und so weiter sind schnell eingeschmolzen und bringen Geld. Ringe
hingegen muss man von den Steinen trennen und diese entweder wieder
verwenden oder getrennt verkaufen. Ist alles viel zu aufwendig. Übrigens
Kreditkarten? Hat jemand von den Kollegen ein Vergrößerungsglas dabei?“
Fabrizio kam sofort seinem Wunsche nach und überreichte Maldini eine starke
Lupe.
„Darf ich einen der Herrschaften bitten mir seine Kreditkarten zu überlassen.“
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Maldini kontrollierte die Karten ganz genau, ließ dann die Lupe sinken und
meinte: „Wie ich es vermutet habe. Die Karten wurden nicht mitgenommen um
Sie alle in Sicherheit zu wiegen. Ich konnte Spuren eines Mittels an den Karten
entdecken mit denen der Dieb Abdrücke der Karten genommen hat. In wenigen
Tagen werden Duplikate Ihrer Karten auf den Markt sein und man wird damit
Ihre Konten plündern. Ich bitte Sie daher alle nachfolgendes zu tun. Bezahlen
Sie Ihre Rechnungen, beheben Sie Bargeld und lassen Sie dann sämtliche Karten
sperren. Damit schlagen Sie dem Dieb ein Schnippchen. Was den Goldschmuck
betrifft werden Sie alle hoffentlich versichert sein.“ Allgemeines Nicken und
Beifall für Commissario Maldini.
Maldini entfernte sich von der Gruppe um nach Birgitta zu sehen. Er hatte sie
bei seinen Erklärungen vermisst.

Birgitte kam gerade, in Begleitung von Gaetano, einem aus dem Savastano
Team die Treppen vom ersten Stock, wo sich auch ihr Zimmer befand, herunter.
„Wo waren Sie nur so lange, ich wollte doch auch Ihnen erklären wie der Dieb
die Safes knacken konnte.“
„Weiß ich inzwischen schon. Signor Gaetano hat im Auftrag Ihres Freundes
mein Zimmer durchsucht, sich den Inhalt meines Zimmersafes angesehen und
mir dann alles ganz genau erklärt. Erst war ich aufgebracht, dass man auch mich
als Diebin in Betracht gezogen hat, aber dann hat mich Gaetano beruhigt. Er hat
nur seine Pflicht getan, nehme ich doch an?“
Birgitta blickte Maldini fragend an. Dieser nickte. „Routine. Wir dürfen uns
keine Fehler erlauben und niemanden von vornherein ausschließen. Der Dieb
könnte wie Sie auch ein Hotelgast gewesen sein.“
„Sie alle sind also zufrieden?“ fragte Birgitta.
„Aber ja doch. Wie gesagt Routine und jetzt gehen wir auf einen guten Schluck
zu Michele in die Zagara.“ Maldini hakte sich bei Birgitta unter und marschierte
mit ihr los.

06. Birgitta und Gianni Maldini verbrachten ein paar schöne Stunden in
diversen Lokalitäten. Anschließend aßen sie gemeinsam im Restaurant des
Hotels Le Siranuse zu Abend.
Nach dem Essen vereinbarten sie ein Treffen am nächsten Vormittag.
„Ich hole Sie so gegen 11.00 Uhr früh ab, einverstanden?“
Birgitta nickte freudig und küsste zum Abschied Maldinis Wangen.

Auf dem Heimweg telefonierte Maldini via Handy mit seinem Freund
Savastano.
„Habt Ihr etwas gefunden, gibt es neue Erkenntnisse?“
„Wir haben keine fremden Fingerspuren gefunden und auch keine
Einbruchsspuren an den Zimmertüren. Das Hotel hat noch Zimmertüren mit
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normalen Schlössern, also war es für den Dieb einfach in die Zimmer zu
gelangen. Möglicherweise kam er auch über die Terrassen, da fast alle Gäste bei
offenen Terrassentüren geschlafen haben. Es ist sicher der selbe Täter wie vor
Wochen in Sorrent oder im Vorjahr in Amalfi. Wie geht es Dir mit Deiner
Schwedin?“ wechselte Savastano das Thema.
„Prächtig! Wir haben uns für Morgen verabredet. Ich werde Ihr die Umgebung
zeigen. Schließlich habe ich ja nur wenige Tage Urlaub und die muss ich
ausnützen.“
„Viel Vergnügen und lass Birgitta von Michaela und mir grüßen. Gut, dass Sie
nicht auch bestohlen wurde.“

Als Maldini sein Hotel betrat stand der junge Mann vom Vormittag, Alberto
Stark, der Römer mit dem deutschen Pass an der Rezeption und ließ sich gerade
einen schwarzen Aktenkoffer aushändigen.
Der Nachtportier reichte Maldini den Zimmerschlüssel 16 und wünschte ihm
eine gute Nacht.
Trotz der späten Stunde rief Maldini noch in seinem Amt in Salerno an und
führte mit dem im Nachtdienst befindlichen Kollegen ein langes und
informatives Gespräch.

07. Birgitta Sjöblom erwartete ihn schon in der Halle des Hotels Le Siranuse.
Wie vereinbart war sie äußerst leger aber doch elegant gekleidet. Zu Jeans trug
sie ein hübsche Bluse. Über der umgehängten Handtasche, sie trug diese von der
linken Schulter zur rechten Hüfte, hatte sie einen leichten Pullover hängen. Am
Kopf trug sie eine moderne Sonnenbrille. Das Schuhwerk war dem geplanten
Ausflug entsprechend flach und sportlich.
„Wohin entführen Sie mich heute?“ fragte Birgitta nach einer „Bussi/Bussi“
Begrüßung.
„Lassen Sie sich überraschen,“ lächelte Maldini.
Birgitta hängte sich bei ihm ein und gemeinsam gingen sie in Richtung Piazza
dei Mulini.
Sie nahmen wie am Vortag die schmale, steile Treppe in Richtung Zagara und
wandten sich dann nach rechts in Richtung Taxistandplatz.
Fernando lehnte an seinem Mercedes und rauchte eine Zigarette. Als er die
beiden kommen sah erhellte sich sein Gesicht, er breitete die Arme aus um sie
abrupt sinken zu lassen.
„Was ist los? fragte Maldini, „es schien mir als ob Sie sich freuen würden uns zu
sehen, aber dann doch wieder nicht.“
„Ciao Commissario“, begrüßte er Maldini. “Ich habe Sie beide im ersten
Moment für ein bekanntes Ehepaar gehalten. Als Sie näher kamen habe ich dann
den Irrtum bemerkt. „Buon giorno Signora“, begrüßte er beiläufig Birgitta.
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“Birgitta, das ist der berühmte Fernando, ältester Taxifahrer von Positano.“
stellte Maldini seine Begleitung vor.
„Angenehm,“ lächelte diese freundlich und reichte Fernando die Hand.
„Sind Sie für den heutigen Tag vorbestellt oder können wir über Sie verfügen?“
fragte Maldini.
„Ich stehe zu Diensten,“ Fernando öffnete die Tür zum Fond seines Taxis.
Nachdem die beiden eingestiegen waren sah Fernando erwartungsvoll in den
Rückspiegel nach ihnen. „Wohin darf ich die Herrschaften fahren?“
„Zuerst nach Montepertuso und später zum Mittagessen in die Tagliata.“
„Gut gewählt Commissario,“ lobte Fernando und fuhr los.
Während der Fahrt klärte Maldini Birgitta über die Fahrziele auf.
„Montepertuso liegt auf 365 Meter Seehöhe über Positano und ist nach einem
großen Loch durch einen Berg benannt. Montepertuso könnte man mit
„durchlöcherter Berg“ übersetzen.
Fernando der natürlich fließend Englisch sprach hörte den Ausführungen des
Commissario gespannt zu und nickte bestätigend.
„Durch dieses Loch sind schon Kleinflugzeuge geflogen,“ erklärte er ergänzend.
„Von Montepertuso führt jetzt eine Straße zum Bergdorf Nocelle,“ erzählte er
weiter. Dieses Dorf liegt auf 450 Meter und man muss gut bei Fuß sein um dort
zu existieren. Die Häuser liegen über die Hänge verstreut und man muss ständig
über unzählige Stufen bergauf, bergab laufen.“
„Die Straße führt jetzt bis Nocelle?“ wunderte sich Maldini. Als ich das letzte
Mal dort war musste man weit vor dem Dorf das Auto parken und zu Fuß einer
wilden Schlucht entlang gehen um dorthin zu kommen.“
„Es tut sich was in Positano und Umgebung Commissario, man hat immerhin
mehr als zwanzig Jahre für den Straßenbau gebraucht. Jetzt verdienen die Leute
endlich an ihren Grundstücken. Man plant sogar einen Hotelbau.
Fremdenzimmer werden schon angeboten.“
„Fernando ist ein lebendes Lexikon,“ wandte sich Maldini an Birgitta. „Auf der
Heimfahrt soll er Ihnen aus den 50iger und 60iger Jahren erzählen. Da war
Positano der angesagteste Platz in Italien.“
„Da kann Fernando aber höchstens im Kindergarten gewesen sein und die
Geschichten von seinem Vater erzählt bekommen haben“, meinte Birgitta.
Fernando lachte schallend. „Madame, ich bin Jahrgang 1935. 1957 habe ich
selbst schon mit dem Fiat meines Vaters Gäste herum gefahren.“
Erstaunen auf Seiten von Birgitta und Maldini, denn Fernando machte nicht den
Eindruck eines 75jährigen.
Man fuhr an der Quelle der Gottesmutter vorbei, an der Tagliata wo man später
Mittagessen wollte und schon war man in Montepertuso. Aber anstatt
anzuhalten fuhr Fernando weiter in Richtung Nocelle. An einer Rechtskurve
blieb er stehen und bat seine Fahrgäste auszusteigen. Ein unbeschreibliches
Panorama bot sich ihnen an. Rechts, ganz im Hintergrund die Faraglioni von
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Capri, vor ihnen das weite Meer mit den Galli Inseln und im Vordergrund die
steile, mehr als 400 Meter tiefe Schlucht sowie links von ihnen, wie hingegossen
das Dörfchen Nocelle mit der, im Vergleich zur Einwohnerzahl,
unverhältnismäßig großen Kirche.
„Traumhaft Fernando, danke für diese märchenhafte Aussicht.“ Birgitta hatte
Tränen in den Augen als sie sich bei Fernando bedankte.

Später spazierten sie durch Montepertuso, besichtigten die Kirche am


Hauptplatz und Birgitta wie auch Maldine fotografierten das Riesenloch im Berg
und weitere Motive.

08. Gegen 13.00 Uhr betraten sie die Trattoria „La Tagliata“, ein Treffpunkt
für Prominenz aus dem In- und Ausland und Garant für gutes landesübliches
Essen. Maldini erinnerte sich daran wie er als Student mit Freunden eine lange
Nacht hier gefeiert hatte. Damals war die Tagliata noch ein Insider Tipp und
weit entfernt vom heutigen Bekanntheitsgrad.
Birgitta interessierte sich für die vielen gerahmten und signierten Fotografien
berühmter Künstler und Politiker. „Der deutsche Ex-Kanzler Schröder war auch
schon hier,“ wies sie Maldini auf dessen Foto hin.
„Schon mehrmals“, meinte der Wirt der inzwischen näher gekommen war um
Maldini und Birgitta zu begrüßen.
„Commissario, es ist mir eine Ehre. Eigentlich sollte auch von Ihnen ein Foto
hier hängen.“
Maldini winkte lachend ab. „Lieber nicht, ich möchte niemanden erschrecken.“

Er und Birgitta nahmen auf der spärlich besetzten Terrasse Platz, genossen den
Aperitif und den Blick auf Teile von Positano und das Meer.
Der Wirt servierte diverse kalte Vorspeisen und danach eine gemischte Platte
diverser Köstlichkeiten vom Huhn, Hasen, Wildschwein und Gemüse. Dazu
tranken sie einen wunderbaren Falanghina, ein Weißwein dessen Ursprung in
Griechenland liegt. Zum Käse wurde ein roter Mangiaguerra aus Cestellamare
serviert. Danach folgten noch diverse Desserts und Kaffee.
„Ich könnte keinen einzigen Bissen mehr zu mir nehmen“, stöhnte Birgitta.

Fernando hatte in der Küche Platz genommen und dort gegessen um die beiden
nicht zu stören. „Fahren wir heute noch irgendwo hin?“ fragte er, als er die
beiden beim Kaffee sitzen sah.
„Ich denke wir verbringen noch eine Weile hier auf der Terrasse. Wir sind zu
träge um im Augenblick etwas zu unternehmen. Wollen Sie hier bleiben oder
uns in etwa einer Stunde abholen?“
„Ich werde ein wenig spazieren gehen“, meinte Fernando „und bin dann wieder
rechtzeitig hier.“
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Maldini hatte Champagner bestellt und bot Birgitta das Du-Wort an. Sie
akzeptierte mit großer Freude und meinte, „ich dachte schon Du würdest nie
damit rauskommen.“
„Ich wiederum dachte es müsste von Dir kommen,“ erwiderte Maldini, „dann
aber wurde mir bewusst, dass ich mit meinen 46 Jahren Dein Vater sein könnte
und habe mich getraut.“
„Von wegen mein Vater“, wies ihn Birgitta zu Recht, „so jung bin ich dann auch
wieder nicht.“
„Darf ich Dich morgen nach Amalfi und Ravello entführen“, schmiedete
Maldini Pläne für den nächsten Tag.
„Es tut mir Leid aber ich habe morgen eine Verabredung auf Capri. Ein
Geschäftspartner erwartet mich um 13.00 Uhr im Hotel Quisisana.“
„Warum kommt er nicht einfach her?“
„Es handelt sich um einen alten Herrn der außerdem Probleme beim Gehen hat.“
„Ich dachte Du machst hier Urlaub?“
„Schön wär’s. Wie ich schon gestern beim Mittagessen sagte, ein wenig Urlaub
ein wenig Arbeit. Ich vertrete einen Schwedischen Streichhölzererzeuger und
der alte Herr auf Capri ist unser italienischer Hauptvertreiber. Die Geschäfte
gehen im Moment nicht besonders gut. Auf Grund des Rauchverbotes in den
Lokalen will kaum mehr ein Restaurant oder ein Cafe Werbung mit
Streichhölzern machen. Ich überbringe morgen einige Muster und hoffe vom
Grafen Bentivoglio einige Aufträge zu bekommen.“
„Interessant,“ Maldini hörte aufmerksam zu. „Ich habe zeitweilig Streichhölzer
gesammelt und viele davon waren „Swedish Match“ hergestellt in einer Fabrik
in Malmö.“
Birgitta lächelte feinfühlig. „Der Herr Commissario kann es nicht lassen mich
auf die Probe zu stellen. Die ersten Streichhölzer wurden in Jönköping erfunden
und werden heute noch dort hergestellt. In dieser Stadt gibt es auch ein
Streichholz Museum. Zufrieden mit meiner Antwort?“
„Ich wollte Dich keineswegs auf die Probe stellen. Ich war wirklich der
Meinung, dass Malmö dafür zuständig ist. Ehrenwort.“
„Ich selbst komme aus Uppsala, falls dies Deine nächste Frage an mich sein
sollte.“ Birgitta schien ein wenig eingeschnappt zu sein.
Maldini nahm ihre rechte Hand und küsste sie.
„Darf ich Dich morgen begleiten? Ich war schon einige Zeit nicht mehr auf
Capri.“
„Wenn Du versprichst mich meine Geschäfte abwickeln zu lassen ohne weitere
Fangfragen zu stellen, gerne.“
„Mario Savastano kennt einen Bootsführer, ich werde ihn gleich anrufen und ihn
bitten uns für morgen Vormittag eine Überfahrt zu organisieren. Ist Dir Abfahrt
10.00 Uhr von der Marina recht? Wir können dann vor Deinem Treffen noch
gemeinsam zu Mittag essen.“
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Birgitta willigte ein und Maldini telefonierte.


Später kam Fernando und man machte noch eine Fahrt nach Sant Agata sui due
golfi. Von diesem malerischen kleinen Ort sieht man sowohl den Golf von
Salerno als auch jenen von Neapel und hat die Insel Capri vor sich.
Maldini legte seinen Arm um Birgittas Schulter und flüsterte ihr ins Ohr.
„Dort drüben werden wir morgen einen schönen Tag verbringen.“ Dann küsste
er ihre Stirne.

Abends telefonierte Maldini mit Mario Savastano. Dieser konnte ihm noch
immer keine Erfolge im Auffinden des dreisten Hoteldiebes melden.
Anschließend telefonierte er noch mit seinem Büro und mit einer weiteren
Nummer. Dieses letzte Gespräch dauerte ziemlich lange.

09. Baffo, benannt nach seinem dichten Schnurrbart, aus der Großfamilie der
Banfis steuerte sein Boot geschickt der Küste entlang in Richtung Capri. Birgitta
und Maldini waren seine einzigen Fahrgäste. Baffo sang einige der bekanntesten
neapolitanischen Lieder und begeisterte die beiden. Birgitte trug eine schmale,
schwarze Aktentasche und als Baffo eine Pause einlegte öffnete sie diese um
Maldini die vielen Streichholzschachtelhüllen zu zeigen die sich darin befanden.
Hotels, Restaurants, Cafehäuser, Bars und Geschäftshäuser aus halb Europa
waren als Werbeträger auf den Hüllen zu finden.
„Das ist meine Arbeit,“ meinte sie stolz „und hoffentlich hat der Graf Aufträge
für mich ohne mir nur schöne Augen zu machen.“

An der Marina Grande von Capri verließen sie Baffo und sein Boot. „Wann soll
ich Sie abholen kommen?“ fragte er.
„Danke Baffo, aber zurück nehmen wir das Linienschiff.“ Maldini entlohnte
Baffo und dann machten sie sich auf den Weg zur Funicolare, dem
Schrägaufzug hinauf zur Piazzetta von Capri.
Nachdem sie oben angelangt waren führte Maldini Birgitta zu einer
Aussichtsstelle. Von dort konnte man auch die steilen Treppen hinauf nach Ana
Capri sehen. „Das ist die Scala Fenicia mit über 500 Stufen“, erklärte Maldini.
„Sie endet vor der Villa San Michele des ehemals berühmten schwedischen
Arztes Axel Munthe.“ Birgitta nickte.
„Wann warst Du zuletzt auf Capri?“ fragte er sie.
„Das ist schon lange her, leider. Es ist traumhaft schön hier,“ seufzte sie.
„Und es wird noch schöner“ versprach Maldini. „ Nach Deinem Treffen fahre
ich mit Dir auf den Monte Solaro, mit 589 Meter der höchsten Punkt der Insel.“
„Wird sich das auch einteilen lassen bis zur Abfahrt des letzten Schiffes?“ fragte
Birgitta besorgt.
„Wenn nicht lassen wir Baffo kommen oder nehmen uns für eine Nacht ein
Zimmer. Im Oktober sind längst nicht alle Hotels ausgebucht.“
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Birgitta bedankte sich und küsste ihn zärtlich auf den Mund.
Die beiden nahmen in einem der zahlreichen Cafes Platz und nachdem Birgitta
keinen großen Hunger verspürte, sie schien zunehmend nervös zu werden,
nahmen sie ein paar Tramezzini zu sich und tranken dazu ein kleines Bier.
Um 12.30 Uhr machten sie sich auf den Weg zum Hotel Quisisana. Dort
angelangt bat Birgitta den Commissario geduldig zu sein, denn sie würde sicher
eine Stunde mit dem Grafen Bentivoglio zu tun haben.
Sie küsste ihn hastig und machte sich auf den Weg über die breite Freitreppe
zum Hoteleingang.
„Ich sitze hier auf der Terrasse und trinke ein Glas Wein“, rief Gianni Maldini
ihr nach.
Um die Terrasse zu erreichen musste auch er die Treppen benützen. Bevor er
Platz nahm, konnte er noch sehen wie Birgitta sich der Rezeption des Hotels
näherte und mit dem Empfangsbeamten sprach. Als sie im Hintergrund der
Halle verschwand betrat auch Maldini die weitläufige, elegante Hotelhalle und
näherte sich dem ganz in weiß, mit Goldleisten versehenen Empfangspult.
„Il signore desidera?“ wandte sich der Empfangschef an Maldini.
„Entschuldigen Sie vielmals, aber die Dame die eben mit Ihnen sprach erinnert
mich an eine Bekannte aus Schweden. Kennen Sie die Dame?“
„Wir geben grundsätzlich keine Auskünfte über unsere Gäste,“ ließ ihn der im
eleganten Stresemann gekleidete Empfangschef abblitzen.
Maldini zückte seinen Dienstausweis.
„Bei der Dame handelt es sich um die Contessa Bentivoglio, Beatrice
Bentivoglio. Sie besucht Ihren kranken Vater, der wie auch die Contessa
Stammgast unseres Hauses ist.“
„Und Sie sind sich dabei ganz sicher?“
„Absolut. Die Contessa war im Mai dieses Jahres Gast unseres Hauses.
Zusammen mit Ihrem Herrn Vater.“
„War das nicht zu der Zeit als in Ihrem Hotel einige Hotelgäste beraubt worden
sind?“ Es war ein Schuss ins Blaue und Maldini hatte damit Glück.
„Jetzt wo Sie mich daran erinnern, ja. Auch der Graf zählte damals zu den
Opfern. Schrecklich. Wir schätzten uns glücklich, dass seine Grafschaft uns
diese Schande nicht nachgetragen hat.“
„Die Gräfin hat sich mit Ihnen auf Italienisch unterhalten?“
Der Empfangschef schaute den Commissario verwirrt an.
„Wie sonst sollte sich eine italienische Gräfin mit mir unterhalten, in
Esperanto?“
„Danke Ihnen und bitte, kein Wort von unserer Unterhaltung an die Contessa,
ich habe mich offensichtlich in der Person geirrt.“
Maldini verließ das Hotel und nahm auf der Terrasse, unweit vom
Stiegenaufgang, Platz. Kaum saß er, wieselte Alberto Stark, in einer Hand
seinen schwarzen Aktenkoffer, über die Treppen hinein ins Hotel.
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„Der ist scheinbar immer etwas zu spät dran“, sinnierte Maldini. „Gut so, sonst
wären wir in der Halle zusammengetroffen.
Jetzt wurde es Zeit für einige Telefonate. Zuerst rief er Fernando an.
„Commissario, ich habe Ihren Anruf schon gestern Abend erwartet.“
„Gestern Abend wusste ich noch nicht sicher was ich heute weiß“, antwortete
dieser.
„Sie wollen sicher wissen ob ich Ihre Begleitung von gestern kenne? Ja ich
kenne sie und habe sie oft gefahren.“
„Warum haben Sie so getan als ob Ihnen die Dame fremd wäre?“
„Sie hat mir gedeutet ich soll still sein, haben Sie das nicht bemerkt?“
„Nein. Ich will von Ihnen zwei Sachen wissen. Saß sie am Montag im Wagen
als Sie Alberto Stark vom Eden Roc abgeholt haben und spricht sie Italienisch?“
„Zweimal ja, Commissario. Bevor der Junge einstieg fragte sie mich wer der
gutaussehende Mann neben Massimo sei. Ich erwiderte wahrheitsgemäß
Commissario Maldini, Polizeichef von Salerno. Hätte ich lügen sollen?“
„Nein, nein, aber erzählen Sie weiter.“
„Nachdem der Junge eingestiegen war fuhren wir gemeinsam bis zur Chiesa
Nuova, dort übergab sie dem Jungen einen schwarzen, scheinbar schweren
Aktenkoffer und er stieg aus. Danach fuhr ich die Dame ins Hotel Le Siranuse
zurück.“
„Danke Ihnen Fernando.“
Maldinis nächste Anruf ging an sein Büro In Salerno.
„Haben Sie schon Antwort von Interpol“, wollte er wissen.
„Ja Chef. Wir haben das Foto, dass Sie uns gestern zukommen ließen
weitergeleitet. Die Dame wird international wegen Scheckbetruges, Diebstahls
und Kreditkartenbetruges gesucht. Sie verwendet dabei nachfolgende Namen,
Gräfin Beatrice Bentivoglio, Sandra Wilander oder auch Astrid Waltin. Birgitta
Sjöblom ist scheinbar ihr richtiger Name. Alberto Stark ist ebenso Schwede,
heißt Mats Sjöblom und ist offensichtlich ihr Bruder.“
„Danke, habt Ihr gut gemacht“, lobte Maldini und unterbrach das Gespräch.
Sein nächster Gesprächspartner war Capitano Franco Faiella, Polizeichef von
Capri.
„Ciao Franco, Maldini sono.” Wie ich schon gestern am Telefon vermutet
habe, sind mir die Hoteldiebe der letzten beiden Jahre ins Netz gegangen.
Im Hotel Quisisana werdet Ihr bei einem Conte Bentivoglio Goldschmuck,
Uhren und Kreditkartenabdrucke finden. Wahrscheinlich auch Bargeld. Er ist
der Hehler der Bande. Bei Interpol wird man seinen richtigen Namen kennen.
Alberto Stark, alias Mats Sjöblom, er verlässt soeben das Hotel Quisisana mit
einem schmalen, schwarzen Aktenkoffer, solltet Ihr an der Ausstiegstelle der
Funicolare verhaften. Er ist einer der Mittäter und Bruder der
Hauptverdächtigen.
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„Gebt mir eine halbe Stunde bis Ihr im Hotel Quisisana zugreift. Ich möchte mit
der Hauptverdächtigen, Birgitta Sjöblom einen Ausflug auf den Monte Solaro
machen. Ich übergebe sie Euch dann an der Piazza Vittoria. Wir kommen zu
Fuß vom Gipfel über die Cetrella herunter. Einverstanden?“
„Sicher, Du hast ja den Fall im Alleingang gelöst. Dafür darfst Du mit ihr sogar
noch auf Capri übernachten.“ Faiella lachte schallend.
„Ich möchte nur herausfinden wieso sie Harakiri betrieben hat indem sie mich
unbedingt kennen lernen musste. Wäre sie mir fern geblieben, könnte sie
wahrscheinlich noch Jahre so weitermachen.“
Birgitta erschien am Hoteleingang und hielt Ausschau nach Maldini.
„Franco ich muss auflegen, sie kommt gerade auf mich zu. Ciao, danke und bis
später.“

10. Birgitta kam lächelnd auf ihn zu, umarmte ihn und fragte, „habe ich Dich
zu lange alleine gelassen?“
„Nein meine Liebe, ich habe inzwischen einige interessante Telefongespräche
geführt. Aber nun vorwärts, wir wollen auf die höchste Erhebung der Insel.“

Von der Piazza Vittoria fuhren sie mit einem Sessellift mit Einzelsitzen den
Berg hinauf. Über Gärten, Weinberge und Wiesen erreichten sie den Gipfel des
Monte Solaro. Es gab nur zwei Möglichkeiten heraufzukommen: Sessellift oder
Fußweg.
Sie bewunderten den herrlichen Ausblick nach Ischia über Neapel, der
Amalfitanischen Küste bis hinüber nach Salerno. Im Vordergrund die
Faraglioni, Felstürme im Meer an der Südspitze von Capri.
„Der höchste mit 109 m heißt „Stella“, der in der Mitte mit dem Tunnel
darunter heißt „di Mezzo“ und ist nur 81 m hoch. Ganz rechts steht „Scopolo“
mit 104 m. Beeindruckend nicht wahr?“
Birgitta lehnte sich ganz fest an ihn und flüsterte ihm „Jag älskar dig“ ins Ohr.
Maldini erschauerte. Wie gerne hätte er sie umarmt und ihr die gleichen Worte
auf Italienisch gesagt.
„Ich habe mich in sie verliebt“, dachte er „warum habe ich es nicht dabei
belassen? Warum konnte mein alter ego, dieser Schnüffler nicht Ruhe geben
und ließ mich nicht einfach die Zweisamkeit mit dieser schönen Frau
genießen?“
„Komm, wir gehen zu Fuß nach Ana Capri zurück. Es wird Dir gefallen.“
Nach etwa einer halben Stunde erreichten sie einen Aussichtsbalkon, die
sogenannten Cetrella. Die Aussicht war ähnlich schön wie von ganz oben.
Dieses Mal sah man jedoch mehr von den beiden Ortschaften Ana Capri und
Capri mit der Marina grande.
Maldinis Handy läutete.
Es war Faiella und dieser hatte einiges zu berichten.
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„Warte Franco, ich schalte auf Lautsprecher, ich möchte dass meine Begleiterin
mithört“
„Also gut, wie Du willst. Wir haben Conte Bentivoglio in seinem Zimmer
verhaftet. Wie Du uns schon vorausgesagt hast wurden Goldschmuck, Uhren
und Kreditkartenabdrucke vom Diebstahl in Sorrent und Positano bei ihm
gefunden.“
Birgitta die auf einer der Bänke Platz genommen hatte erstarrte und wurde
kreidebleich.
„Wahrscheinlich ist er der von Interpol gesuchte italienische Schweizer
Umberto di Lugano. Alberto Stark, alias Mats Sjöblom haben wir am Hafen
festgenommen.“ Birgitta stieß einen Schrei des Entsetzen aus.
„Hatte er etwas bei sich?“ fragte Maldini.
„Ja, in seinem Aktenkoffer befanden sich etwa 50.000 Euro. Die
Gewinnbeteiligung an den Diebstählen wahrscheinlich.“
„Danke Franco – und bis bald.“
„Seit wann weißt Du Bescheid,“ fragte eine am Boden zerstörte Birgitta in
akzentfreiem Italienisch.
„Vermutet habe ich es schon sehr bald, bestätigt wurde es mir vom Empfang im
Hotel Quisisana. Dort kannte man Dich nur unter dem Namen Contessa Beatrice
Bentivoglio die zuletzt im Mai auf Capri war und nicht, wie Du mir sagtest, vor
langer Zeit.
„Aber jetzt habe ich eine Frage an Dich. Warum musstest Du meine
Bekanntschaft suchen und damit meine Spürnase auf Dich aufmerksam machen.
Warum und wozu? Wolltest Du mich etwa gar herausfordern? Hat Dir denn
niemand gesagt wer ich wirklich bin?“
„Doch, hat man. Aber Du hast mir gefallen und ich wollte den Mann Gianni
Maldini und nicht den Commissario Maldini für mich gewinnen. Vielleicht hatte
ich aber auch genug von meinem bisherigen Leben.
Aber jetzt erzähle mir von Anfang an wie Du auf mich als Täterin gekommen
bist.“
„Als Du am Montag mit Fernando Deinen Bruder, damals noch Alberto Stark
abgeholt hast habe ich nur kurz im Fond eine Frau erblickt. Kappe und große
Brille haben Dein Gesicht bedeckt, aber als Du Deinem Bruder die Hand
gereicht hast fiel mir ein breites goldenes Armband auf. Kappe und Brille hast
Du in der Folge nicht mehr benutzt aber beim Mittagessen fiel mir das Armband
auf.“
„Davon gibt es doch eine Menge solcher und ähnliche“, meldete sich Birgitta.
„Das Armband machte Dich ja auch nicht verdächtig, aber der Umstand, dass
Du die Dame aus dem Taxi sein konntest machte Dich geheimnisvoll und ich
löse für mein Leben gerne Geheimnisse. Heute weiß ich, dass ich es lieber hätte
bleiben lassen sollen.“
„Ehrlich?“
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„Ja, denn ich habe mich vom ersten Moment an in Dich verliebt.“
Birgittas Augen füllten sich langsam mit Tränen.
„Übrigens,“ Birgitta konnte vor lauter Tränen kaum sprechen, „was ich da oben
zu Dir gesagt habe würde ich auch jetzt, obwohl Du mich demnächst den
Behörden übergeben wirst, noch einmal wiederholen.“
„Birgitta, warum haben wir uns nicht unter anderen Umständen kennen gelernt.“
Maldini umarmte sie fest und innig um sie dann leidenschaftlich zu küssen.

Als sie sich voneinander lösten fragte Birgitta: „Was habe ich falsch gemacht?“
„Wie ich schon sagte: Hättest Du Dich nicht an mich herangemacht, Du, Dein
Bruder und auch der falsche Graf – weit und breit keine Spur von Euch.“
Als ich am ersten Abend ins Hotel zurückkam übernahm Dein Bruder gerade
einen schwarzen Aktenkoffer, den er an der Rezeption tagsüber deponiert hatte.
Woher kam dieser Aktenkoffer? Der Portier erzählte mir am nächsten Morgen
Dein Bruder sei am Montag, etwa eine halbe Stunde nachdem Du ihn abgeholt
hattest mit dem Koffer zurückgekommen und habe ihn bei ihm deponiert.
„Übrigens heute Morgen wieder,“ erzählte er und zeigte ihn mir. Ich vermutete,
dass die Beute darin versteckt war.
Am Abend nach unserem Ausflug habe ich Dein Bild nach Salerno übermittelt
und heute Mittag die Nachricht bekommen, dass nach Dir und Deinem Bruder
gefahndet wird.
Als Fernando mir heute berichtete wie Du den Koffer im Taxi Deinem Bruder
übergeben hast war mir alles klar. Du bestiehlst die Gäste und übergiebst ihm
danach die Beute. Mehr war leider nicht zu tun.“
Birgitta weinte weiter leise vor sich hin.
„Sag mir eines noch. Wieso sprichst Du so ein akzentfreies Italienisch?“ fragte
Maldini .
„Ich lebe seit etwa 12 Jahren jedes Jahr ein paar Monate in Italien. Ich war nicht
immer ein schlimmer Finger und arbeite wirklich auch für eine Firma die
Streichhölzer erzeugt.“
Maldini nickte. Dann nahm er sie bei einem Arm und sprach:
„Mein Liebling komm, wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen. Meine
Kollegen warten schon auf Dich. Wenn Du willst werde ich Dir einen
erstklassigen Anwalt besorgen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein danke, ich komme schon zurecht. Wirst Du mir
schreiben?“
Maldini nahm sie in den Arm und versprach es.

Als sie wenig später die Talstation des Sesselliftes erreichten wurden sie von
Capitano Faiella und einem Kollegen erwartet.
„Bitte keine Handschellen,“ wandte sich Maldini an seinen Freund Faielle.
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Man kam seiner Bitte nach und bat Birgitta in den Polizeiwagen einzusteigen.
Nach einem stummen Händedruck mit Maldini stieg Faiella in den Wagen und
fuhr davon. Maldini sah zu Boden um Birgittas Blick nicht mehr begegnen zu
müssen.

11. Sehr viel später rief Maldini seinen Freund Savastano an.
„Leider nichts Neues“ sagte dieser betrübt. „Leider schon,“ erwiderte Maldini,
„der Fall ist geklärt. Ich komme heute Abend vorbei und werde Dir alles
erzählen.“
„Du meine Güte, etwa Birgitta?“
„Warte es ab. Ich bin noch auf Capri und in wenigen Stunden bei Dir. Ciao.“
Danach rief Maldini Baffo an und bat abgeholt zu werden. Langsam machte er
sich auf den weiten Weg hinab zu Marina grande von Capri.

ENDE

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