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Die NORDISCHE ZEITUNG ist
die Stimme des Artglaubens. Sie wird
von der Artgemeinschaft – Germani-
sche Glaubens-Gemeinschaft we-
sensgemäßer Lebensgestaltung e.V.,
Postfach 55709, 22567 Hamburg,
herausgegeben und verlegt und er-
scheint vierteljährlich.

Die Stimme des Artglaubens


Menschen unserer Art, die Beiträge
zur Entwicklung nordischer An-
schauungen auf religiösem, weltan-
schaulichem, kulturellem, erzieheri-
Im Einsatz für schem, gemeinschaftsbildendem,
künstlerischem und wissenschaftli-
䢇 Lebensschutz, insbesondere Überleben unserer Art chem Gebiet geben wollen, steht sie
zur Verfügung.
䢇 Erhaltung des nordischen Kulturerbes und Förderung einer wesens- Dabei müssen namentlich gekenn-
gemäßen Kultur zeichnete Beiträge nicht in jedem
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Lebendige Wandlungen deutscher Kunst gisterrechtlich geschützt und darf nur
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Unseren jungen Gefährten – Wir setzen an den Beginn unserer
Aus Deutschlands Vor- und Frühzeit: Volk ohne Raum – Teil 5 . . . . 89 Jahreszählung nicht die Geburt eines
Christus, von dem niemand weiß, ob
Unseren jüngsten Gefährten – und ggf. wann er geboren wurde, son-
Es geht eine Zipfelmütz – Die Dorfkinder fragen . . . . . . . . . . . . 94 dern die Hochblüte des Gestirnhei-
ligtums Stonehenge.
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Beilagenhinweis: Einer Teilauflage liegen Mitteilungen der Leitung und die Einladung zum Gemeinschaftstag bei.
Umschlagbild: Die Rhumequelle – ein altes germanisches Heiligtum – ist eine der größten Quellen Europas bei
Rhumspringe am Südwestrand des Harzes.
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as Jahr 1720 war ein Schicksalsjahr

D der Germanistik und jenes Segel-


boot war weißgott ein glückhaft
Versuc über
Schiff, das damals 50 Kisten vieler tau-
sender isländischer Handschriften aus
der Arnemagnäanischen Sammlung
nach Kopenhagen brachte, nachdem
Snorri Sturluson
schon andere Segelschiffe mit anderen
Handschriften früher eingetroffen wa- Snorri war ein großer Grundherr im Be-
ren. Eine Welt, die schon fast ausgerot- sitz von zeitweilig 16 Gütern, war
tet schien, konnte wieder erwachen. Staatsmann, Krieger, Dichter, Dicht-
Ach, der Latinität in allen Couleurs lehrer, Gelehrter, der uns verdeutlichen
wäre wohler gewesen, der deutsche kann, über welche zukunftverheißen-
Geist wäre billiger einzuordnen für sie, den hochkultivierten Kräfte Germanien
der Puls nordischen Bluts in Europa ganz aus sich selber verfügte wie nur
schlüge zaghafter, hätte jenes Boot einst die Antike; er war ein Freund von
Schiffbruch erlitten. Wenn die Antike Königen und von schönen Frauen, nor-
den einen Teil des abendländischen wegischer Hofskalde und dennoch
Geistes darstellt, nun so kehrte der ge- Freund alles Isländisch-Eddischen, er
schwisterlich andere, schier schon ver- war ein Mann, der fast allsommerlich
lorene jetzt wieder zurück. Jenes Segel- seine Thinghändel und bewaffneten
boot landete glücklich und die alten Fehden führte von 800 Gefolgsleuten
Götter kehrten heim aus dem Exil. begleitet, ein Mann, der uns zeigen
Auch Feuersbrünste der nordischen Bi- kann, wie wenig dazu gehört, um, wie
bliotheken haben sie nicht mehr ver- einst in der Antike auch, aus diesem
nichten können; aus dem scheinbar Becken von Macht und Geist sowohl die
kryptogamen Zustand war Germanien große geschichtliche Tat wie die große
mit einemmal glücklich erlöst. Geschichtsschreibung fließen zu lassen,
die verschiedensten Wissenschaften,
Denn es handelt sich um nichts Gerin- die große Hofdichtung, ja womöglich
geres als um das geistige Gut einer Ger- die Liebeslyrik. Sippen- und Königs-
manenkolonie ohne Urbevölkerung, überlieferung, d. h. Geschichtswissen-
daher ohne Substratmöglichkeit; damit schaft, ferner Rechtskunde, Geogra-
um jenen Beweis eigenständiger Höhe, Snorri Sturluson. Illustration des norwegischem
Malers Christian Krohg für die Heimskringla- phie, in all dem war Snorri Meister auf
der sonst immer verhindert wurde seit Urzeit gepflegtem Boden, und nun
Ausgabe von 1899.
durch den Verdacht von Substratmög- wurde er es auch in Mythologie, skaldi-
lichkeit oder durch den allzu frühen scher Metrik, Stilistik und Stoffkunde,
Einbruch der Fremde. Aber so wie erfüllter Aufgabe – die Kolonie ihrer in-
wir können gradezu sagen: in Philolo-
Griechenland zu früh erblühte für die- zwischen schon vielfach latinisierten
gie. Erwachte nicht auch bei den Grie-
sen Einbruch, so lag ihm Island zu fern. Heimat wieder zuzuführen bemüht war,
chen diese Wissenschaft erst sehr spät,
Und wie daher das griechische Schrift- war doch zugleich der Hauptvertreter
gleichfalls am äußersten Rande ihrer
tum den Stolz des klassischen Philolo- jenes alten Schrifttums: Snorri Sturlu-
Welt und aus der Beschäftigung mit der
gen begründet, so das isländische die ab- son. Zu diesem Widerspruch müssen
eigenen großen Dichtung, nämlich un-
gründige Sicherheit des Germanisten; wir Stellung nehmen. Gerade solche
ter den Alexandrinern aus dem Studium
wir bemerken mit Genugtuung, daß Polarität ist ja oft das Geheimnis des
des Homer?
man in beiden Fällen sogar von Schöpferischen im Leben; auch des
Hochmut sprach. – Geistes. Snorri stammte aus der reichen west-
isländischen Adelsfamilie der Stur-
Eine staatliche Gemeinschaft unter der Snorri war ein gelehrter Laie jener lunge, über deren Geschichte jüngere
Tonangabe einiger großer Sippenherrn, abendländischen Art, die wir aus der Sippenangehörige selbst eine Saga ver-
einiger principes, wie Tacitus sagen ungetauften Antike kennen und die faßten, aus der wir auch Snorris Leben
würde, war den neuen duces oder ebenso ungetauft in den germanischen sehr genau kennen. Es spielte sich auf
Großreges der norwegischen Heimat frödimenn, den Überlieferungs- und alten, überlieferungsreichen Gehöften
entwichen, um auf Island in geradezu Rechtskundigen, weiter geblüht hatte. ab, Herren- und Godensitzen, die, wie
altgermanischer Weise den stadtlosen, Zu karolingischer Zeit war diese Art im oft in Germanien, zugleich Sitze der Bil-
unbekehrten und noch ein Jahrhundert Taufkleide wieder erwacht in Laien wie dung, der Gelehrsamkeit und des Gei-
ungetauften, südlich kaum behauchten Einhard, Angilbert, Nithard, zu staufi- stes waren. Auf Hvamm 1179 n. übl. Ztr.
Zustand in Glaube, Sitte, Dichtung, Le- scher dann in Hartmann, Walther, geboren, ward der Knabe auf Oddi er-
bensführung fortzusetzen, ja zu retten, Wolfram, aber selbst wenn diese Leute zogen, dem Sitze einst Saemunds, dem
indem sie ihn schließlich der einzigen den Priestertitel getragen hätten (wie man in alten Zeiten die Liederedda zu-
und dankenswertesten südlichen Gabe Saemund etwa und Ari auf Island, wie schrieb, und vermutlich stammt ja der
überlieferte, die sie sich gleichwohl rei- beinahe Hartmann), so hätte das bei ih- Name Edda etymologisch vom Namen
chen ließ, der Schrift. Es war damals et- rer unklösterlichen, unklüniazensischen dieses Gehöftes Oddi. Jetzt lebte da als
was so geographisch wie geistig gradezu Art an ihrer ganzen Haltung wenig Hofherr und war sein Erzieher Jon
Außereuropäisches, weil nicht der al- geändert. Geistliche und weltliche Loptssohn, Saemunds Enkel, der mäch-
leinherrschenden Latinität Unterwor- Oberschicht waren ja sowieso bei uns tigste und gebildetste Isländer seiner
fenes, was dennoch aufgeschrieben wer- eins; der Priestertitel hätte nicht anders Zeit. Hier war der Knabe tatsächlich an
den konnte, gleichsam in einem frem- als einst der Godentitel nur angezeigt, der Quelle der besten alten Überliefe-
den Mittel damit eingefangen und be- daß ein Dualismus zunächst auf gar kei- rungen in Geschichte, Glauben und
wahrt wie die Fliege im Bernstein. Und nem Gebiete hier herrschte, so vor wie Recht. Nach Jons Tod, 18jährig, verließ
gerade der Mann, der später – wie nach nach der Bekehrung. er Oddi 1197 n. übl. Ztr. und lebte eine

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Zeit auch seiner beiden großen Meister- Tat versäumt. So ists, als umhauche
werke. Dann aber spitzten sich die Ver- auch ihn etwas von der Tragik Wallen-
hältnisse wieder zu, die Spaltungen grif- steins, der sich zuviel und zulange mit
fen nun tief in die Sturlungensippe seinen Sternen befaßte und darüber
selbst, Snorri mußte vor den eigenen ebenfalls statt der geschichtlichen Krö-
Gesippen aus Reykjaholt weichen. Das nung den Mord einernten mußte. So
Verhältnis zu König Hakon, durch die kommt es, daß wir nun auch bei Snorri
lange Pause unsicher geworden, wurde nichts von seiner Würde als eines ersten
durch eine zweite Norwegenreise 1237 königlichen Jarls auf Island berichten
n. übl. Ztr. nicht besser. Jedenfalls können, sondern nur von seinen beiden
führte sie unseren Mann nur zum Jarl Werken, denen er diente und denen al-
Snorri ließ in Reykjaholt ein Bad bauen, das Skuli, der seinerseits längst in gespann- lerdings nur die Resonanz eines ganz
von einer heißen Quelle gespeist wurde. Das
kreisrunde Becken gehört zu den wenigen noch
tem Verhältnis zum König lebte. Hakon großen Reiches fehlte, wie es doch z. B.
erhaltenen Bauwerken aus der Sagazeit. hielt daraufhin den Wiederabgereisten den Griechen mit der Resonanz des Rö-
für staatsgefährlich. Die Wogen der mischen Reiches vergönnt war, um als
Macht waren nun stärker geworden als Sterne erster Ordnung am Himmel des
Zeitlang jungverheiratet auf dem Snorris scheinbar zweideutige Staats- menschlichen Geistes zu stehen. Über
Gehöfte Borg, wo 300 Jahre zuvor der kunst; sie verschlangen ihn! Des Königs dem Schriftsteller war in Snorri der
große Skalde Egil das Licht der Welt er- Günstlinge überfielen ihn nach des Jarls Staatsmann gradezu eingeschlummert
blickt hatte, mit dessen Sippe Snorri von Tode in seinem Gehöft und erschlugen und so ward es zu spät für ihn, nun nicht
Mutters Seite verwandt war. Dann aber ihn in der Nacht zum 28. September wie Archimedes gleichsam über seinen
wurde Reykjaholt am Borgfjord sein 1241 n. übl. Ztr.. Zirkeln erschlagen zu werden. Uns hat
Sitz, ein befestigtes, mit Bädern ausge- er freilich damit den weitaus größeren
Island stand, wie schon angedeutet, zu
stattetes Herrengehöft. Damals lagen Dienst geleistet. Zwar war Snorri kei-
dieser Zeit vor der nicht ungewöhnli-
die Sippen der principes auf Island in nen Augenblick weltfremd; trotzdem
chen Schicksalsfrage: Fortführung des
heftigsten Fehden miteinander, jetzt nahm er fast die typische Haltung der
engen eigenen Partikularismus oder
hätte die Gemeinschaft, die fast keine Gelehrten unsers Geblüts vorweg mit
Teilnahme an der größeren Bedeutung
mehr war, eines dux oder rex bedurft, seinem Verhalten.
des wiedergefundenen heimatlichen
von innen oder von außen. Gab es ir-
Reichs. Wo dann in solcher Lage immer Snorris Prosaedda gilt mit Recht als
gendwo eine solche Figur, die dafür in die schöpferischen Geister Germaniens eines der merkwürdigsten Bücher der
Betracht kam? Vielleicht doch! 1218 bis stehen, ersehn wir aus den großen Dich- Weltliteratur. Als „Buch von Oddi“ ist
1220 n. übl. Ztr. erfolgte Snorris erste tern und Gelehrten der Schweiz oder es also das Denkmal für die dort ver-
Norwegenfahrt, da war er schon drei Flanderns, auch des neuem Nordens brachte Jugend, Dank für die dort ge-
Jahre Gesetzessprecher in der Heimat selbst. Die isländischen Skalden fühlten sammelte Belehrung. Sein nächster
gewesen, also ein Mann von politischer sich schon längst hingezogen zum nor- Zweck ist, ein Lehrbuch der Gold-
Bedeutung und ein bekannter Skalde. wegischen König. Wir brauchen an schmiedekunst des Skaldenstils zu sein,
König Hakon von Norwegen und sein Snorris ehrlicher Überzeugung, ohne ein Stück eigenständigster germani-
allmächtiger Jarl Skuli – aus Ibens Verrat und Gewalt den Anschluß be- scher Philologie eines allerersten Ger-
,Kronprätendenten‘ kennt man diese werkstelligen zu sollen, nicht zu zwei- manisten, ein Handbuch der Mytholo-
Figuren – überhäuften ihn mit Ehren, feln; aber offenbar zögerte er zu lange gie, der Poetik und Metrik, kurz all des-
mit Geschenken und Freundschaft, und griff nicht zu, oder – da doch nun sen, was der germanische Dichter
nachdem er sie in einer Preisliedgruppe erst die zehn Jahre seines großen braucht. Demnach gliedert sich das
aus 100 Strophen immer wechselnden Schriftstellertumes begannen – er ver- Werk in drei Teile: 1. die Gylfaginning,
Metrums gefeiert hatte. Es wird die griff sich im Mittel und glaubte irrtüm- einen Abriß germanischer Mythologie,
schönste Zeit seines Lebens gewesen lich, mit Büchern statt mit Taten den der, aus den alten Eddaliedern schöp-
sein, auch die verheißungsvollste. Je Schritt vollziehen zu können. Island fend, deren Kenntnis nicht im gering-
zersplitterter die Kolonie damals war, hatte ja nun, wie sich einem pragmati- sten verheimlicht; 2. die Bragaroedur
desto gespannter die Aufmerksamkeit schen Verstande leicht ergibt, seine oder Skaldskaparmal, ein Lehrbuch der
des königlichen Mutterlandes, endlich erste geschichtliche Aufgabe erfüllt, Kenninge, jener berühmten oder
hier eingreifen und auf der Insel Fuß nämlich sozusagen ein Germanien so- berüchtigten poetischen Umschreibun-
fassen zu können. Snorri schaltete sich weit fortzuleben, bis es in Buch und gen, die das eigenartigste Schmuckmit-
ein, bog eine gewaltsame Unterwerfung Schrift unverlierbar festgehalten wer- tel des Skaldenstils bilden; mit diesem
ab und versprach eine friedliche Über- den konnte. Islands zweite geschichtli- Teil ist die Prosaedda der unmittelbare
führung ins norwegische Reich. Aber che Aufgabe mußte nun darin bestehen, Vorläufer von Rudolf Meissners Ken-
die Heimat empfing 1220 n. übl. Ztr. den durch den Anschluß ans Mutterreich ningabok; 3. das Hattatal, Verslehre und
königlichen Lehnsmann, Kämmerer, sich selbst und seiner einzigartigen Be- Kommentar zu seiner vorhin erwähnten
Gefolgsmann und wohl präsumtiven deutung so etwas wie Nachruhm und Preisliedgruppe auf Hakon und Skuli,
Königsjarl bei seiner Heimkehr mit Geltung und ewige Dauer im Geiste zu die ja aus 100 verschiedenen Strophen
Mißtrauen und Hohnversen als Verrä- sichern fürs ganze Abendland. Es ist, als bestand, eine Musterstrophensamm-
ter. Dennoch gelang es ihm, die Gemü- ob Snorri diese beiden Aufgaben Is- lung also mit metrischer Interpretation,
ter umzustimmen, ja auf zehn Jahre wie- lands mit wunderbarster Klarheit be- einheimischen Fachausdrücken und al-
der Gesetzessprecher zu werden. Emp- griffen hätte und ihnen Ausdruck hätte lem, was zu feinster Philologie gehört.
fanden seine Landsleute vielleicht un- geben wollen in seinen beiden Prosa- Das ganze eine ,germanische Poeterey‘
bewußt mit Aristoteles, daß für den ge- werken: in seiner Prosaedda der einen, also, ungleich reicher als Opitzens
schichtsbildenden Genius das Gesetz der Bewahrung des germanischen Gei- ,deutsche‘, aber einflußloser, weil keine
nicht eigentlich gelte, sondern daß er stes, in seinem Buch der norwegischen politische Macht ersten Ranges jemals
selbst das Gesetz sei? Es liegt nahe ge- Könige, Heimskringla oder Konungs- den dazu nötigen Resonanzboden bil-
nug, so zu deuten. Jedenfalls, diese Zeit bok genannt, der andern, der Einmün- dete. Einige Parerga, ein grammatischer
des wiedergewonnenen Vertrauens war dung ins norwegische Reich. Und als Traktat über Ton und Laut, ein Skal-
wohl die friedlichste seines Lebens, die hätte er eben darüber die geschichtliche denverzeichnis, ein isländisches Gesetz-

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sprecherverzeichnis, ein Stammbaum ist (G.)? Was geschieht dann aus der Auch der zweite Teil, kurz die Skalda
der Sturlunge scheinen Zutaten von Welt, zergeht sie ganz (L.)? Leben dann genannt, spielt unter Göttern. Kam
Snorris Neffen zu sein. noch irgendwelche Götter und gibt es doch der Dichtermet (und auch der Met
noch etwas von Himmel und Erde (G.)? der Dichterlinge) von den Göttern zu
Teil 1 und 2 sind in mythologische Rah- Wie kommt es um des Menschen Ende; den Menschen tiefsinnigerweise. Der
men gekleidet. Der mythische Schwe- wie steht es um das Gottesreich nach Mythos seiner Gewinnung wird nun
denkönig Gylfi – so beginnt Teil 1 – dem jüngsten Tag (L.)? Ähnlicher Be- hier erzählt. Dieser Dichtermet hat alle
bricht auf, das Volk der Asen kennen zu wegung voll sind bei der gleichen Frage Welten durchlaufen: Er war vorher von
lernen; in Asgard trifft der Wanderer auch die Jünger des altsächsischen Heli- den Zwergen zu den Riesen gelangt;
eine asische Dreifaltigkeit an, die ihm in and. Nur an den Namen und an Fragen Odin selbst gewann ihn dann von der
Frage und Antwort alles Wissen aus der wie diesen: „Gab es für diese Niederlage Riesentochter. Bragi, der vergöttlichte
mythischen Welt vermittelt, der Welt keine Rache? Hat denn der Gott sich Skalde, führt hier das Wort und belehrt
also, aus der die poetischen Umschrei- dafür nicht gerächt?“ äußert sich in seinen Bankgenossen in der Götter-
bungen zum größten Teil stammen und manchen Partien der Unterschied zwi- halle, den Gott Aegir, der die Fragen
die auch dem längst getauften Skalden schen dem getauften und dem ungetauf- stellt. Hier ist es, wo das Ganze in un-
geläufig bleiben muß. „Jungen Skal- ten Wissens-Traktat. mittelbare Dichterbelehrung übergeht.
den“, sagt Snorri, „die es verlangt, die Zwei Dinge müsse der junge Skalde
Dichtersprache zu verwenden oder auseinander halten, den Stil und das
dunkle Dichterwerke zu verstehen, de- Die wahrhafte Bildung Snorris bewährt
sich darin, daß die Volkssprache nicht Metrum. Solche Unterweisung vom
nen ist zu raten, dies Buch zu studieren. Dichter an den Dichter, denn durch
Die hier erzählten Mythen dürfen nicht zu gering vor ihm ist, – wie übrigens
auch vor Heinrich dem Löwen nicht, Bragi spricht hier Snorri ja selbst, hatte
vergessen oder verleugnet werden, in- es vorher natürlich mündlich gegeben
dem man aus der Dichtkunst die alten aber daß selbst die einfachste eddische
Mythe ihm nicht zu belanglos erscheint, seit je. Wir erinnern uns aus dem literar-
Kenninge verbannt, an denen unsre al- historisch so besonders wichtigen Kapi-
ten Hauptskalden Gefallen fanden.“ daß der Götterkundige, der godmalugr,
Mythen weiß, die wir ohne ihn nicht be- tel 78 der Egilssaga, wie mitten auf dem
Das Motiv, daß ein König oder sonst ein säßen, und daß er sie mit tiefstem Beha- sommerlichen Allthing der junge
Mensch sich Kunde bei den Göttern gen und reifster Kunst erzählt. So wurde Skalde Einar bei dem großen Egil selber
holt, begegnet auch sonst im Germani- der weitere Sinn des Buches erfüllt, Ur- Dichtunterricht nimmt; madr er mans
schen. Verschwindet zuletzt die Götter- väterhort zu bewahren, etwas das älter gaman, heißt es in diesem Sinn in der
burg mit der heidnischen Trinität über- und also adliger in Nordeuropa ist als al- Edda, „der Mann ist des Mannes
raschend vor Gylfi, der allein auf wei- les, was nachher noch kam. So erfährt Freude“. Und nun werden die Kenninge
tem Felde zurückbleibt, so erinnert dies denn Gylfi (und wir mit ihm) durch All- alle gesichtet, die die großen Skalden
an das Erlebnis und die Rolle Thors vater, den ältesten aller Götter, von den verwendet haben, ihre Gedichte liefern
beim Riesenkönig Utgardaloki, also an neun Weltheimen, vom Urriesen und jetzt reichlich die philologischen Belege
eine der Mythen, die Snorri hier selber der Erschaffung Midgards aus ihm, vom für den Traktat, Eddaverse begegnen
erzählt. Aus den alten eddischen Lie- ersten Menschenpaar Ask und Embla, hier kaum, – die Kenninge also für das
dern wird reichlich geschöpft, der heid- vom Bau der Götterburg, wie Sonne Gold, für die Dichtkunst, für Odin, für
nischen Trinität selbst werden nur und Mond ihre Aufgabe zugemessen er- alle andern Götter, für die Urdinge
Eddastrophen in den Mund gelegt, hielten, von der Regenbogenbrücke Himmel, Erde, Meer, Sonne, Wind,
keine Skaldenlieder bemerkenswerter- zwischen Himmel und Erde, von der Feuer, Winter, Sommer, Mann, Frau,
weise; auch der Dialog aus Frage und Weltesche und dem Nornenbrunnen, Schlacht, Waffen, Schiff usw. werden
Antwort als Form der Wissensvermitt- von den Göttern allen und ihren Gehöf- behandelt, eine Synonymen-, eine Ho-
lung ist schon eddisch. Es handelt sich ten, von Loki und seiner dämonischen monymenlehre und ähnliches folgt. Die
um die altererbte Form der Hergabe al- Brut, vom Verhängnis über der Welt Tore dieser Skaldik sind stofflich weit
ler Weltgeheimnisse durch seherhaft- und wie es die vertrauensseligen, allzu geöffnet in abendländischer Toleranz.
göttliche Wissende. Ein formal ähnli- leichtsinnigen Götter selbst her- Plötzlich heißt es: Wie umschreibt man
cher Strom fließt freilich auch aus der beiführen helfen, von der Götterdäm- Christ? Und die Antwort bringt Ken-
Antike ins Mittelalter; es mag sich damit merung, ihren Vorzeichen und ihrem ninge wie König der Himmel, der Engel,
im tiefsten Grunde um gemeinsames Verlauf, aber auch vom Evangelium ei- Jerusalems, Griechenlands, Fürst der
nordisches Stammgut handeln. Auch ner neuen Welt: „Die Sonne hat eine Apostel und der Heiligen, aber sie rügt
Heinrich der Löwe, annähernd Snorris Tochter geboren, schöner als sie selbst, auch zugleich, diese Kenninge seien
Zeitgenosse, ließ daher für seinen deut- und diese wird die Straße ihrer Mutter nicht immer eindeutig, und nur durch
schen Lucidarius, ein Volksbuch alles wandeln.“ Wir erfahren inmitten der den Zusammenhang zu erkennen; rich-
Glaubens und Wissens, die Gesprächs- Weltallbeschreibung und der göttlichen tiger würde man ja den Kaiser von
form wählen, zwischen Meister und Jün- Charakterbilder den ganzen Baldermy- Byzanz Griechenkönig nennen usw.
ger. So wird denn die Summe alles Wis- thos mit der vorläufigen Rache an Loki, Auch die Kenning König der Menschen
sens, hier des getauften, dort des unge- sowie eine Reihe der schönsten Thors- gälte ja für jeden König, nicht nur für
tauften, hier dem Schüler, dort dem Kö- mythen, darunter die verspeisten Böcke Christ.
nig wie einem Schüler dargereicht. und die verfrühte Begegnung mit der Mitten darin erzählt Snorri auch hier
Natürlich lauten manche Fragen fast Midgardschlange, dazu den nur hier einige Göttermythen, nun aber auch
gleich: Wovon kommen die Winde überlieferten tiefsinnigen Bericht von Heldensage, aus dein Nibelungenkreis,
(G. L.)? Wie stand es, ehe diese Welt Thors Besuch bei Utgardaloki, eine den Hildemythos, die Wundermühle
wurde (L.)? Was trieb der Gott da, ehe Gylfaginning im Kleinen, wie die Perle König Frodis usw., alles in Prosa klar,
Himmel und Erde gemacht wurden in der Muschel, ihr gleichgeformt, ihr knapp, gepflegt und genau, fesselnd,
(G.)? Was war der Anfang, wie fing es die Form vielmehr schenkend. Der ge- übrigens ganz um ihrer selbst willen
an und was gab es vorher (G.)? Was waltige Mythos von der Lospflügung zum Glück, weit über die philologischen
schuf Gott zu allererst (L.)? Und unge- der Insel Seeland aus der uppländischen Belegzwecke hinaus, voller Stolz über
mein ähnlich klingt die bange Bewegt- Ebene am Maelarsee eröffnet vorhal- die deutlich gefühlte Besonderheit in
heit aus den Fragen: Was geschieht da- lenartig das Ganze und zog den mythi- der Welt, gleichsam für Größeres sein
nach, wenn diese ganze Welt verbrannt schen Schwedenkönig herbei. Erzählertalent beweisend.

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Es ist sehr möglich, daß diese wahrhafte Skaldentums bilden den Inhalt seines nerseits auf lebendiger Tradition der
Acerra philologica, diese Mythen- und zweiten Lebenswerkes, er selbst trägt frödimenn beruht. „Seinen Bericht“,
Sagensammlung in Prosa, – in einem den Geist von beidem in sich, er will da- sagt Snorri, „halte ich alles in allem für
Dichterlehrbuch enthalten –, Anlaß mit der verworrenen Heimat den Weg zuverlässig, weil Ari klug war, stark von
wurde, jene Götter- und Heldenlieder, bereiten zum Zusammenschluß mit Gedächtnis und seinerseits sehr zuver-
die hier so vielfach benötigt wurden, dem Reich. lässige Gewährsmänner besaß“, – über
nunmehr gleichfalls in einem Buche zu Um rund 300 Jahre pragmatisch gesehe- die sich dann Snorri verbreitet. Er be-
sammeln, eben in jenem, das wir die äl- ner Geschichte, um die Reihe der nor- gründet sodann ausführlich den histori-
tere oder Liederedda nennen; viele ih- wegischen Großkönige von 860 bis 1177 schen Wert von solchen Skaldenversen,
rer Lieder sind ja nachweislich Snorris n. übl. Ztr., handelt es sich. Das ist ein deren Dichter wohlgemerkt Zeitgenos-
Quelle gewesen. Alles in Allem. so hat Geschenk für die norwegischen Könige sen der Handlungsträger und Teilneh-
dies Buch wirklich kaum seinesgleichen und für die isländischen Skalden zu- mer der Geschehnisse waren. Er spricht
in der weiten Weltliteratur; es steht in gleich, deren sozusagen letztes Paar aus eigener Praxis, wenn er sagt: „Ich
keiner literarhistorischen Kette, die Snorri selbst und König Hakon bilden. halte alles für wahr, was diese Verse
sichtbar aus der Antike kommt. Diese gewiß vorhandene innerliche über Kriegszüge und Schlachten berich-
Voraussetzung fällt natürlich längst ten. Preisen sie auch die Männer, vor de-
Indem Snorri so besonders mächtig mit nen die Dichter standen, wenn sie ihre
dem einen Werk zur Erfüllung der er- nicht mehr unter die Darstellung selbst.
Der erste Teil steigt aus der rein mythi- Gedichte vortrugen, so hätten sie doch
sten geschichtlichen Aufgabe Islands nicht wagen können, Dinge zu erzählen,
beitrug, der Sicherstellung des Alten schen Reihe der götterentstammten
schwedischen Ynglinge unter Harald die alle Zuhörer und die Gefeierten
wie in einem Museum, und die Latinität selbst als unwahr erkennen mußten.
zwang, ihr wichtigstes Mittel – die dem Schwarzen ins dämmernde Mor-
genrot der Geschichte, unter dessen Das wäre ja dann kein Preis, sondern
Schrift – selber in diesen Dienst zu stel- leerer Hohn gewesen“. Die Kenner die-
len, konnte er sich mit dem zweiten zum Sohn Harald Schönhaar dann ins volle
geschichtliche Licht und reicht alsdann ser Verhältnisse werden ihm beipflich-
Träger des anderen großen Anliegens ten. So sagt er später einmal vom Skal-
machen, gleichsam ein Laboratorium bis zum Tode Olaf Tryggvasons in der
Seeschlacht bei Svold im Jahre 1000 n. den Hallfred: „Aus seinen Gedichten
aufzubauen für die Wiederzusammen- können wir die wahrsten und zuverläs-
fügung der Kolonie mit dem Mutter- übl. Ztr. Der zweite Teil gilt der Haupt-
gestalt des ganzen Werks, König Olaf sigsten Berichte entnehmen, die über
land, – Ältestes mit Treue bewahrend Olaf Tryggvason auf uns gekommen
im Kult der Vergangenheit, freundlich Helgi. Und von Magnus dem Guten bis
zum Sieg des letzten Haraldsprößlings sind.“ Solch hohe geschichtliche Bewer-
das Neue auffassend im Dienste der Zu- tung der Dichter durch einen Historiker
kunft. Nur daß solch Goethesche Har- Magnus Erlingsohn in der Schlacht bei
Re 1177 n. übl. Ztr. handelt dann der ist sehr einzigartig, nicht nur in diesem
monie des eigenen Wesens sehr oft von Fall sehr berechtigt, sondern wäre auch
den Zeitgenossen beider Richtungen dritte Teil. Schon taucht am Schluß mit
seinen Birkebeinern König Sverrir auf, sonst manchmal am Platze, z. B. bei
verkannt wird und man dann leicht, wie Walthers Spruchdichtung, und der sei-
er, zwischen 2 Stühlen sitzt. der die neue Dynastie und Epoche ein-
leiten wird; sein Enkel wird dann König ner Schüler. Staat und Kirche, – das
Hatte er in seiner Edda dem Geiste des Hakon sein, der Herr und Freund unse- macht Norwegen aus und würde viel-
Skaldentums gedient, so folgen nun- res Snorri. leicht Diplomata und Urkunden liefern;
mehr in der Heimskringla die Taten der aber Skaldenverse und Frödimennbe-
Könige. Mit diesen Worten Skalde und Also auch diesmal hebt sich der Ein- richte, das ist isländisches Erbe! In der
König ist ein tiefer Urgrund seines We- gang aus dem Raum des schwedischen Interpretation der Skaldenverse, auf die
sens berührt. In Königen und Dichtern, Königsmythos empor, aus dem Bereich also seine Darstellung in weitem Um-
diesen seit Urzeit verbundenen adlig- der norwegisch-ynglischen Königsah- fang hinausläuft, legt Snorri eine Mei-
sten Ämtern der abendländischen nen zu Upsala, die von den Göttern sterschaft an den Tag, die er so genial
Menschheit, erfüllte sich ja dieser stammen. Snorris kritische Haltung ver- nur leisten konnte, weil er selber die
Menschheit Dasein, in den Tätern der trägt doch diesen mythischen Eingang, Skaldenkunst vollständig beherrschte.
Taten und in ihren Sängern, gleich nahe denn er trifft Weltanschauliches, weil Fielen etwa die grade bei einem großen
den Göttern sie alle beide. „Im Arme die edlen, besonders die königlichen historischen Ereignis anwesenden Skal-
der Götter ruhen sie gern.“ Der isländi- Sippen nun einmal von den Göttern den sämtlich, wie dies bei Stiklastad der
sche Freistaat hatte die Könige niemals stammen, diese Götter hier aber auch zu Fall war, so mußte unser Mann sich nach
aus seinem Geist und Geblüte verloren, christlicher Zeit keine leeren Schemen andern Berichten umtun, in diesem Fall
die Skalden wußten davon. Snorri selbst oder gar Teufel sind, sondern wie histo- nach dem Nachrufslied des Skalden
stand wieder so in der norwegischen rische Personen durch den Eingang Sighvat, um die Vorgänge zu rekonstru-
Königsgefolgschaft wie die früheren is- wandeln. Selbst der Heilige Olaf ver- ieren; Sighvat war in der Tat zufällig
ländischen Skalden 200 Jahre zuvor. trägt dann einen Gott in seinem Stamm- nicht dabeigewesen, aber als genauer
Wie König und Jarl im Guten und Bö- baum. Solcher Urzeit zeitgenössische Kenner der Persönlichkeiten doch so
sen zusammengehören, so König und Quellen lagen unserm Autor natürlich gut wie Augenzeuge.
Königsskalde. Die Skalden als solche nicht vor, so stützt er sich hier im we- Norwegen entwickelt sich zum Ein-
wuchsen schon früher gelegentlich in sentlichen auf das Ynglingatal des Skal- heitsstaat seit Harald Schönhaar. Alte
politische Rollen, Sighvat zum Beispiel, den Thjodolf von Hvin, mit einem ge- und neue Kräfte ringen miteinander bis
so ja auch Snorri jetzt selbst. Auf jeden wissen Vorbehalt allerdings. in die einzelne Person hinein. Das
Fall hielten sie die Ereignisse und Taten In einer Vorrede nämlich legt Snorri mußte also in Snorris Darstellung sicht-
im Liede fest. Snorri läßt es den König selbst die Grundsätze seiner Quellenbe- bar werden! Eben wegen dieses ersten
Olaf Helgi selber, vor der Schlacht bei nutzung dar und nennt seine Quellen. Großkönigtums hatte sich ja Island
Stiklastad, zu seinen Dichtern sagen: Es sind die mündliche Überlieferung einst abgezweigt, Widerstand und Aus-
„Kämpft hier mit in meiner Schildburg, der frödimenn, ferner die jeweils den wanderung „vieler vornehmer Männer“
denn ihr werdet ja die Künder dieser Ereignissen zeitgenössischen Skalden- hatten ja die Kolonie gegründet. Die
Vorgänge sein und später darüber be- verse sowie drittens sein Vorgänger in Zeitlage wird also zur Vorbedingung für
richten“. Das Heil und die Geschichte der isländischen Geschichtsschreibung, die Entfaltung des Königscharakters
der Könige, der Geist und die Macht des Ari (1067-1148 n. übl. Ztr.), der aber sei- und aus der Entfaltung der Persönlich-

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keit erklärt sich die Entwicklung ihres schichtswissenschaft der Jordanes, Pau- gen sind. Königssagas sind sie alle drei,
Staats. Auf Zeitlagen- und Charakter- lus Diaconus, Widukind, Beda, ist nicht langobardische, sächsische, norwegi-
bilder kommt also für Snorri alles an. vom Himmel gefallen. Auch in der la- sche; typische Einzelmotive und Perso-
Aus seinem Charakter schafft Harald teinischen Umhüllung erweist sich das nen sind ihnen in Menge gemeinsam.
den festgefügten Lehnsstaat, und da meiste auf den ersten Blick als heimi- Den Lebensbildern Plutarchs oder den
sich seine Leidenschaft – ähnlich wie bei sches, nicht antikes Quellgut: Herkunft Kaiserbiographien Suetons sind alle
Karl – auch auf Frauen je aus allen und Wanderung der Stämme, Königs- drei nicht verpflichtet, noch weniger der
Gauen seines Reichs erstreckt, so zer- kataloge, das ist allemal Weisheit ger- alten Annalistik oder den Weltchroni-
stören die Folgen seiner Leidenschaft manischer frödimenn, die oft die Könige ken der Kirchenväter. In den Ruod-
den Einheitsstaat wieder mit der ganz selber sind wie eben z. B. Rothari. liebroman haben anscheinend Sippen-
archaischen Teilung unter die zahlrei- Adam von Bremen beruft sich auf den saga wie Königssaga germanischer Art
chen Söhne aus allen Gauen. Schon un- dänischen König Svend Eskidsohn als- grade noch hineinmünden können und
ter den nächsten Nachfolgern, Hakon Quelle, – ,,der alle Taten der Barbaren erklären einen Teil seiner Einzigartig-
dem Guten und Harald Grafeld, droht im Gedächtnis habe, als ob sie geschrie- keit.
dem glücklich wiederhergestellten Staat ben wären“. Besonders die großen Sip-
der zweite neue Schritt, die Kirche. Die pen haben ihre Sagas; Egilssaga und Zuerst Seekönig ohne Land, zuletzt
zwanzigjährige Zwischenherrschaft des Vatnsdoela sind richtige Sippenchroni- christlicher Heiliger, so erscheint die
zielbewußten Hakon Jarl, eines germa- ken; Snorris eigenes Geschlecht verfügt Hauptfigur des ganzen Werks, Olaf
nischen Julian Apostata, sammelt noch über die Sturlungensaga. Eben aus der Helgi, im 2. Teil, der ihm allein gilt. Wie-
einmal alle Energien der alten Kräfte, – Familiengeschichte entspringt die klas- derherstellung der staatlichen Einheit
vergebens schließlich, es erscheint der sisch-isländische Saga, mögen auch ein- und Vollendung der Bekehrung sind
erste Bekehrerkönig, Olaf Tryggvason. zelne Sagas diesen Gesichtspunkt ver- seine Ziele. Die Bekehrung, zunächst
Bauern und Dichter leisten den Wider- leugnen. Gewiß nicht selten fanden sich für ihn nur ein Faktor politischer Macht:
stand im Glauben. Aber mit einer ganz in der Sippe selbst solche frödimenn – aber zuletzt ist sie ihm tiefinnerlichste
unköniglichen, ja ungermanischen oder unter ihren familiares, die sich die Angelegenheit; Drontheim, Nidaros,
Grausamkeit, so zelotisch wie brutal, er- Saga einprägten und erzählten, sie zunächst der Mittelpunkt des Wider-
reicht der Bekehrerkönig sein Ziel; formten. Wie unter der Hand können stands gegen ihn: – aber zuletzt ist es die
doch auch ihm wird grade diese Unbe- sich dann große Einzelporträts ergeben, Hauptstadt seines Reichs und die Kult-
herrschtheit zur Ursache von Sturz und so bei Grettir, bei Gisli; Stammbäume stadt seiner Heiligkeit. Weltlicher und
Untergang. stellen sie dennoch heraus, das Gerippe kirchlicher Olaf gleichen sich aus, erst
könnte jederzeit aufgefüllt werden. Nir- mit der Verinnerlichung erblühen die
Dies kurz der Gang des ersten Teils. heiligen Zeichen, Wunder, Weissagun-
Norwegische Königsdramen in Prosa? gendhin ist es dann weit, weder zurück
zur Merkversgruppe noch vorwärts zum gen, Träume; aber lediglich die durch
Eines norwegischen Shakespeare? die Skalden Sighvat und Einar beglau-
Aber dazu ist Snorri viel zu unpartei- Einzelporträt nach der Art von Ein-
hards Karl oder der Sverrissaga oder bigten dienen dem Snorri als Quelle.
isch, ganz ohne Schwarzweißmalerei, Olafs unbestechliche Gerechtigkeit
um hierin ein Dramatiker zu sein. Viel- von Snorris Olaf Helgi als zweitem Teil
seines Königsbuchs, zu dem wir uns so- wird die Ursache seines Sturzes und Un-
mehr handelt es sich gattungsmäßig um tergangs. Mag der versonnene Heilige
eine Familiensaga im Großen, eines ho- gleich wenden. Möglicherweise rührt ja
das Einzelporträt der Eigla von Snorri zuletzt schon wirken wie aus der ande-
hen Geschlechts, seiner Gaben, Ziele, ren Welt: der Krieger- und Skaldenkö-
Geschicke. Das Mutterland stellte die selber her, es war Felix Niedners Lieb-
lingsidee, die freilich nicht unwider- nig in der von Kriegern und Skalden um
Könige, das Tochterland deren Skal- ihn gebildeten Schildburg bei Stiklastad
den, und nun hatte es auch ihren Saga- sprochen blieb.
(1030 n. übl. Ztr.) überdauert bildmäßig
mann großen Stiles gestellt, der jetzt Geriet die Saga in die Schrift, so war die den Untergang in der Schlacht und es
schrieb oder diktierte, und der so die Geschichtsschreibung fertig. Im Römi- wird der heilige Gottesstreiter begreif-
Krone der isländischen Geschicht- schen Reich geschah es auf lateinisch; lich, der himmlische König in Ver-
schreibung schuf. auf Island, das nicht dazugehörte, in der schmelzung von Petrus und Thor, als
Volkssprache. Dort nahm sie literari- der er in seinem Volke bis heute weiter-
Germanien, sich selbst überlassen, war schen Stil dabei an, hier behielt sie den
ganz allein zu den Wissenschaften ge- lebt, der Thor christianissimus, um im
klassisch-mündlichen Stil, in dem sie Stile von Leibniz zu sprechen.
langt, in seiner Weise, besonders zur bisher gelebt hatte. Nichts berechtigt
Geschichtswissenschaft. Es besaß dazu uns, etwa anzunehmen, nur die isländi- Des dritten Teils Hauptfigur unter den
seine frödimenn, sein historisches Be- schen principes hätten Sippensagas be- Königen ist Harald Hardradi. Einheits-
wußtsein in Merkversgruppen von Na- sessen, nicht auch die principes der übri- staat und Kirche bilden nun keine
men und in Sippenberichten. Wir dür- gen germanischen Welt. Sippensaga grundsätzliche Frage mehr. Neue Ziele
fen zwischen Sippensaga und Königs- gehört zu Adel, Herrschaft, Burg und tauchen auf, neue Aufgaben. Aber die
saga keinen grundsätzichen Unter- Königtum wie Reichtum, Vornehmheit Könige dieses Geschlechts werden in
schied machen, er liegt nur im ge- oder Stolz. Aber auf dem bewegteren tragischer Weise schwächer und müder,
schichtlichen Ausmaß. König Rothari Festland locken ganz andere musische besitzen nicht mehr so ganz den starken
bezeugt langobardische frödimenn, Erscheinungen viel eher die Aufzeich- Persönlichkeitswert. Wikingfahrt wird
wenn er die Namen seiner Vorgänger nung an als auf der abgelegenen Insel. Kreuzzug; Mittelmeer, Byzanz und
verzeichnet, „soweit wir sie von alten Nur Spuren könnten bei uns vorhanden Morgenland tun sich auf für Harald
Männern erfahren haben“. Eben das sein. Sind wir nicht längst bereit, den Hardradi und Sigurd Jerusalemfahrer.
war auch Aris Prinzip gewesen. Diese Armen Heinrich als ein Stück Sippen- Der eine organisiert die berühmte
frödimenn bildeten natürlich keine saga der Freiherrn von Aue zu betrach- Warägergarde von Byzanz, der andre
zünftige Druidenschaft, aber ihr Ge- ten? An den Königen war das lateinisch hilft auf dem ersten Kreuzzug Sidon er-
dächtnis sammelte, sichtete kritisch und schreibende Reich interessiert, so obern. Zu erobern vor allen Dingen
fügte zusammen. kommt es, daß die Königsgeschichten wäre doch der abendländische Nordwe-
Die alsdann im Römischen Reich latei- des Paulus Diaconus und des Widukind sten gewesen: aber Harald Hardradi
nischer oder deutscher Nation rasch existieren, aber unschwer mit Snorris fällt 1066 n. übl. Ztr. in England auf der
aufgeblühte eigengermanische Ge- Königsbuch auf einen Nenner zu brin- Stamfordbridge, und kurz danach wird

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England von den Vettern aus der Nor- durchzogen wie die „Neun Bücher Ge-
mandie erobert; auf Irland fällt König schichte“ des Halikarnassers ist die
Magnus Barfuß, doch hinterließ er das Heimskringla nicht. Snorri ist nicht der
schöne Königswort: „Einen König hält nordische Herodot, auch nicht der nor-
man sich um des Ruhmes willen, nicht dische Thukydides. Viel eher vereinigt
dazu, daß er lang lebe“. Unausgespro- er beide in sich zugleich. So ist er erzäh-
chen erhebt sich hier also die dringliche lerisch, kindlich-mythisch, vorwissen-
Frage, ob nicht vielleicht das neue schaftlich wie der eine, pragmatisch,
Königsgeschlecht wenigstens an den wissenschaftlich, gedanklich wie der an-
äußersten Nordwesten, an Island denkt. dere. Bekanntlich ist sich Thukydides
– Snorris Frage, die Frage von Snorris sehr bewußt seines Mangels an erzähle-
Zeit. rischem Gut und also des geringeren
Reizes im Vergleich mit Herodot, das
Da neben den Königen immer die Skal- Verständnis der genauen Verlaufsart
den einhergehen, wird das Königsbuch schien ihm wichtiger. Die genaueVer-
zugleich zum Skaldenbuch. Wie gesagt laufsart gestaltet Snorri auch, aber jenes
sind ihre Verse kein bloßer Schmuck, Mangels an erzählerischen Reizen
sondern Belege, Urkunden von Quel- brauchte er sich nicht anzuklagen. Er
lenwert. Höhere Gesichtspunkte wer- verknüpft das Ahnungsvolle mit dem
den oft grade aus der Interpretation ih- Objektiven, das Innerliche mit dem
rer Verse gewonnen. Ganze Dichter- Wirklichen ruhig, kühl und abgeklärt.
kreise umgeben die Könige, die oft ge- Den bunten Reichtum zahlloser, aber
nug selber dichten; man bezeichnet völlig beherrschter Gestalten, bezeich-
Harald Hardradi gern als Skalden auf nender Begebenheiten, Episoden und
dem Thron. Mehrfach spielen die Dich- Statue von Snorri Sturluson in Erscheinungen, vieler Träume, Zei-
ter Erzieherrollen beim Thronfolger, ja Reykjaholt – heute Reykholt/Island. chen, Warnungen, Gespräche und Ge-
beim Herrscher selbst, den Vogelwei- bärden, kurz einer ganzen Welt, die
der gradezu vorwegnehmend um 200 Solches Verfahren mit solchen Mitteln räumlich und zeitlich unendlich weit
Jahre; so Sighvat bei Magnus dem möchte uns als herodoteisch erschei- über das eigene Land und Leben hin-
Guten, dessen Versöhnung mit den nen, und doch wurde unser Snorri weit ausreicht, die wahrhafte Fülle des Le-
freien Bauern er durch seine hochpoliti- öfter mit Thukydides verglichen. Die bens, den kulturgeschichtlichen Wert:
schen Freimutsstrophen bewirkt und dazu nötige große pragmatische Per- das teilt er mit Herodot. Aber die den-
dessen Sinnesänderung er herbeiführt, spektive wird nirgends ausdrücklich noch erreichte künstlerische Durch-
die dem König den Beinamen „der verkündet, aber sie ergibt sich unge- komponiertheit, die Nichtschwarzweiß-
Gute“ verschafft. Hatte dieser Skalde sucht, weil Snorri den geschichtlichen malerei in recht eigentlich heidnischer
doch einst dem Kinde in einer Nottaufe Ablauf klar begriff: unter dem Wider- Gerechtigkeit, die Einheitlichkeit,
den Namen Magnus gegeben, ausdrück- stand des breiten Volkes, abgelehnt von Übersichtlichkeit, psychologische Be-
lich nach Carolus Magnus, ohne Vor- Adel, Dichtern und Bauern, aber ge- gründung auch in den Reden der Perso-
wissen des zunächst darüber betroffe- führt von den Königen erfolgt der Über- nen, die gut überliefert, nicht immer fin-
nen königlichen Vaters, Olaf Helgi. Das gang vom Altertum in die Daseinsfor- giert zu sein brauchen: das sind Dinge,
Heidentum ihrer Dichter mußten die men des Mittelalters mit Staat und Kir- die Snorri mit Thukydides teilt.
Olafe erst streng unterbinden, mit der che, geregelter Thronfolge, neuem Hof- Über die eigne Darstellungskraft hatte
Wahl des Namens Magnus war der zeremoniell, Städtegründung, Bürger- Snorri in jenem Vorwort zurückhaltend
Dichter dem König um eine Nasenlänge tum, Dombauten und Gildehäusern. geschwiegen, aber wir erkennen leicht
in der Gesamtintention voraus. Solch Gesichtspunkt an sich mag thuky- den Glanz einer bedeutenden, fesseln-
dideisch sein, Kausalkette des Zusam- den, geistvollen, wissens- und ideenrei-
Die Verklammerung des Ganzen wird menhangs mit geordneter Zeitrech- chen Persönlichkeit über seinem Werk.
nicht nur durch Stoff und Königs- nung, genauer Genealogie, wissen- Die aufgeschlossene vorkirchlich-an-
stammbaum gewährleistet. Immer in schaftlichem Sammeln und Sichten, kri- tike Weite des Blicks und das Verständ-
der Geschichte des einen Herrschers tisch nüchterner Enthüllung der Bestre- nis eines nicht nur geographisch Weit-
wird schon die Persönlichkeit des näch- bungen, unbildlich und unsymbolisch. gereisten begleiten es treu. Dieser
sten vorbereitet, in verschiedenartigster Snorri hat das nicht von Thukydides, Mann verstand das Königtum in all sei-
Weise, sodaß das Ganze einem lebendi- den er auch mittelbar nicht kannte; es ist nen Formen, Heer-, See-, Volks- und
gen Organismus gleicht. Auf Harald vielmehr der gleiche echt geschichtliche Staatskönigtum, verstand das Skalden-
Schönhaar wies schon der Traum seiner Sinn eigentümlich nordischen Geistes tum auch, wo es getauft war, das Bau-
Mutter Ragnhild voraus, auf Olaf Helgi bei beiden am Werke. Daß Thukydides erntum wie das Kriegertum, verstand so
bereits der Traum ihres Gatten einerseits aus attischem Adel, ander- Heroismus wie List, Ehrgeiz wie See-
Halfdan, Olaf Helgi wird in zwei Träu- seits aus viel nördlicherem barbarischen lengröße, weil er all dies in sich selber
men von Olaf Tryggvason berufen, Blute stammte, ist ja bekannt. Mit Hero- trug. Er kannte ja genau so Königshof
Sigurd Jerusalemfahrers Traum wird dot teilt Snorri die merkwürdige Stel- wie Bauernhof, das häusliche Leben in
am Ende noch auf die neue Königssippe lung zwischen zwei Welten: so stand beiden, das alte Heidentum, die skaldi-
hinweisen. Olaf Helgis Tod und seine Herodot im Übergang der geistigen sche Freiheitsliebe, die kulturellen und
Wundertaten wirken aus dem zweiten Vorherrschaft von Jonien ans Mutter- politischen Verhältnisse. Das kam sei-
in den dritten Teil fort. Der zehnjährige land Athen, wie unser Snorri zwischen nem Werk zugute. Sein christallklarer,
Harald Schönhaar erweist sich bereits der isländischen Kolonie, deren Glanz knapp zugespitzter, schmucklos keu-
bei Halfdan als der, der er sein wird; mit ihm selber erlosch, und dem norwe- scher klassischer Sagastil ist Erbe der
Harald Hardradi wird schon unter Olaf gischen Mutterland stand. Mit Thukydi- mündlichen schriftlosen Zeit. Eben mit
Helgi durch eine reizende Kinder- des teilt unser Mann die äußere Diessei- diesem Formgefühl der Saga hat er das
szene und durch seine Teilnahme bei tigkeit des Erzählstils, so fromm vom strenge geschichtliche Urteil verbun-
Stiklastad vorbereitet. sichtbarlichen Walten der Götter den. Er hat den geschichtlichen Sinn der

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großen Geschlechter ins Große gestei- ning c. 6): „Und darauf vertrau ich, daß ästhetisch begründet; Snorris Odin je-
gert und in die naturgemäße ererbte dieser Odin und seine Brüder die Len- denfalls tiefer. Gibt aber Schillers Ge-
Form gegossen. Bodenständiger kann ker von Himmel und Erde sein werden. dicht doch vielleicht das Bekenntnis je-
niemand sein. So, denken wir, daß er heißen wird. des guten Graecisten wieder, dann dür-
Denn so heißt ja der Mann, den wir als fen wir mindestens sagen, Snorri prägte
Stellen wir rasch noch die Gretchen- Größten und Herrlichsten kennen, und mit seinen Worten so etwas wie die gute
frage nach Snorris persönlicher Reli- wohl mögt auch ihr ihn so heißen las- Germanistenreligion.
gion; beantworten läßt sie sich gut. sen.“ Schillers Gedicht. „Die Götter
Auch hier ergibt sich eine Parallele zu Griechenlands“ war vielleicht nur Prof. Dr. Hans Naumann
den großen Denkern der heidnischen
Antike, obwohl Snorri doch schon ge-
tauft war. Auch seine innerste Überzeu-
gung wird jener höchste Eingottglaube
gewesen sein, der die großen antiken
Denker im Stillen kennzeichnet und
den für Germanien so Tacitus wie die
Völuspa bezeugen. Dieser Gott, den
Snorri Allvater nennt und der weder der
christliche Gottvater noch unmittelbar
Die germaniscen Waffen
der alte Odin selbst ist, ist gewiß der un-
ter den frödimenn fortgeerbte regnator
omnium deus des Semnonenhains und
„der Starke von oben“ aus der Hauks-
bokfassung der Völuspa, sa er öllo
raedr, der über alles regiert, der all-
mächtige Ase oder der, der die Sonne
geschaffen hat, nach andren Quellen.
Allvater nennt Snorri ihn, der über alle
Zeitalter hinlebt, alle seine Reiche lenkt
und über alles waltet, Großes und Klei-
nes, der Himmel und Erde zimmerte
und die Luft und all ihr Zubehör, dessen
größtes Werk die Schaffung des Men-
schen ist und der vor der Erschaffung
von Himmel und Erde bei den Reif-
riesen war, womit er sich als nichtchrist-
lich erweist. Es gibt manche Stelle in der
Antike, die auch Zeus in diese große
Eingottrolle rückt. acitus und Caesar weisen auf die Das Fundverhältnis ist örtlich stark
Aber es ist ebenso bester abendländi-
scher, germanischer, isländischer Geist
T Seltenheit und schlechte Qualität
germanischer und gallischer
Schwerter hin. Das Eisen sei weich und
schwankend und weist ein Verhältnis
von Speerspitzen zu Schwertern zwi-
schen 2:1 und 8:1 auf. Die statistische
in Snorri, wenn er die alten Götter ins- habe sich bei jedem Hieb so verbogen, Mitte dieser Zufallsfunde liegt bei 3:1,
gemein nicht etwa mit der Kirche, mit daß der Krieger die Waffe in den Boden ähnlich wie auch in einem Gefolg-
der er doch den Glauben an ihre Exi- stecken mußte, um sie gerade zu biegen schaftsgrab in Nordthüringen aus dem
stenz, wie alle Welt, teilt, als Unholde (und das mitten in der Schlacht!) Diese 5. Jahrhundertn. übl. Ztr..
und dämonische Teufel betrachtet, son- Angabe ist schon daher unrichtig, da die
dern wenn er sie aus innerster Seele ver- gallische Verhüttungstechnik das Vor- Die Qualität der Schwerter wird in ei-
ehrt und liebt, sie freundlich behandelt, bild für die römische lieferte. nem Brief König Theoderichs aus Ra-
man lese nur das reizvolle Stück über venna an den König der Wariner (War-
Auch die Funde sprechen eine andere
den Besuch Odins bei Olaf Tryggvason, nen) in Mecklenburg beschrieben:
Sprache: Kossinna beschreibt die Ent-
wo das Wort Teufel geflissentlich un- „…als auch die Spathen (zweischnei-
deckung einer germanischen Eisen-
terblieb. Mag auch er stellenweise – wie- dige Schwerter), die sogar Rüstungen
hütte aus dem ersten Jahrhundert bei
derum in Übereinstimmung, wurzelhaft durchhauen, übersandt. Schwerter die
Potsdam. Hier waren Schmelzherd und
und parallel mit der Antike, mit dem an Wert durch ihr Eisen reicher sind als
Feuerung voneinander getrennt. Von
Euhemerismus – diese Götter für das Gold. Ein heller Schliff erstrahlt da-
der Feuerkammer führte ein Kanal in
frühere Menschen halten, sie sind ihm her aus ihnen, so daß er das Antlitz des
die Schmelzkammer, der mit einem Ge-
dennoch weit mehr als nur dichterisches darauf Schauenden treu wiederspiegelt.
bläse versehen war, welches die Heiz-
Requisit, mehr als für Schiller und Höl- Ihre Schneiden gehen so gleichmäßig in
gase in den eigentlichen Schmelzofen
derlin die antiken, für Klopstock die die Spitze (das Ort) über, daß sie augen-
leitete. Derartige „Flammöfen“ kamen
germanischen Götter waren, sie sind scheinlich nicht aus Streifen (Damasze-
erst wieder im 18. Jh. n. übl. Ztr. auf.
ihm die geheim fortlebenden tiefsten ner) zusammengeschweißt, sondern aus
Brunnquellmächte seines Volkstums, Die germanischen Schwertfunde sind Feuerofen erflossen sein könnten. Ihre
denn auch sein Sturlungenstammbaum reichlich, hinzu kommt, daß nicht alle schöngebauschte mittlere Aushöhlung
führt bis zu Odin hinauf nach der älte- Stämme ihre Toten mit allen Waffen be- (Hohlkehle) kann mit einem Gekräusel
sten Handschrift der Snorraedda (Dipl. statteten. Insbesondere die Ostgerma- von Würmlein verglichen werden, wo-
Isl. I, 501). Ja Snorri ist sogar bereit, je- nen taten dies nur selten. Im ersten bei ein so farbiges Schattenspiel ent-
ner höchsten Gottheit trotz allem den Jahrhundert n. übl. Ztr. findet man be- steht, daß das ineinanderverwobene
geliebten Namen Odins beizulegen, reits reichlich damaszenierte Schwerter. Metall noch in abgestuften Farben er-
wenn er in seiner Prosaedda gleichsam Der Stahl war besser als der keltische scheint. Diese Reinheit schafft in Fleiß
glaubensbekenntnishaft sagt (Gylfagin- und auch als der römische. euer Schleifstein, das bringt euer Glanz-

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Schwert mit halbrunder Klinge aus diese Kunst sei dort ent- mit Mittelgrat ausgeführt, der oft zudem
dem 10. Jahrundert n. übl. Ztr. standen. Vielmehr wurde damaszeniert ist.
(auch im Querschnitt, vergrößert).
das Wissen zur Norman-
Das stumpfe Ende zeigt, daß das Die gallischen Langschilde waren 120
Schwert eine Hiebwaffe war. nenzeit „exportiert“, da in-
cm hoch und etwa 60 cm breit, ähnlich
zwischen verbesserte
dem zusätzlich gewölbten Scutum der
Schmelzverfahren höhere
römischen Triarier. Die leichten
pulver in so fachmännischer Erträge härtbaren Eisens
Schilde, das halbnackte Auftreten und
Weise zum Ausdruck, daß es lieferten und damit diese
die fehlende Panzerung waren nicht nur
einen für Männer würdigen aufwendige Technik un-
Zeichen eines weniger ausgeprägten
Spiegel aus Eisenglanz rentabel machten. Hieraus
Schutzbedürfnisses, sondern dienten
schafft; dieses Pulver ist in wird ersichtlich, warum in
vor allem der Schnelligkeit und der Be-
eurem Heimatlande von der früher Zeit Eisen hochge-
weglichkeit. Der Schildarm ermüdete
freigiebigen Natur in solcher schätzter war als Gold. Ne-
nicht unter dem geringen Gewicht und
vortrefflichen Beschaffen- benher wird deutlich, daß
so konnte man schnell reagieren, Hiebe
heit geschenkt, daß ihr in die- solche Briefe kaum von
mit dem Buckel abfangen und blitz-
ser Hinsicht einen einzig da- „wilden, blutrünstigen Bar-
schnell mit der Spitze zustoßen.
stehenden Ruf gewinnt: baren“ herrühren können.
Schwerter, die ihrer Schön- Zudem bekamen etliche Ergänzend trugen viele für den Nah-
heit wegen für Erzeugnisse Schwerter auch Namen kampf ein Dolchmesser, einem Vorläu-
Vulkans (römischer Gott der und damit Persönlichkeit fer des Sax, der mitunter zwei Drittel ei-
Schmiedekunst) mögen ge- wie die Sagenschwerter Mi- ner Schwertlänge erreichte. Für spätere
halten werden, der ja wie mung oder Balmung oder Epochen ist der Schwertsax bezeugt, ein
man früher einmal sah, die Nothung. zweihändiger Reitersax, der jede Rü-
Feinheit der Schmiedearbeit stung spaltete. Ein Beispiel dafür findet
so hoch ausgebildet hatte, Die besten Krieger, Ausbil- man in der Majakowski-Bibel.
daß man des Glaubens war, der und Veteranen fochten
in der ersten Reihe, ge- Nach den Fundbereichten von Wege-
das Gebilde seiner Hände witz waren einschneidige und zwei-
nicht als der Sterblichen deckt von den Framenträ-
gern und unterstützt von schneidige Schwerter in den Grabfun-
Werk, sondern als ein solches den relativ gleichmäßig verteilt.
der Götter betrachten zu den hinteren Reihen der
müssen. Gerschleuderer, die ihre In fränkischer Zeit – und es hatte sich an
mit doppeltem Widerha- der Wirtschaft ja wenig geändert –
Und daher um seinetwillen ken versehenen Gere sehr
und jenen uns so wohl anmu- kostete die Ausrüstung eines Kriegers
weit und zielsicher werfen zwei Solidi, entsprechend dem Wert von
tenden Eindruck pflicht- konnten.
schuldiger Begrüßung, deren zwei Kühen. Ein Schwert hingegen ko-
eure Gesandten wir hiermit Die Frame war die Haupt- stete fünf Solidi, also fünf Kühe. Das
als erledigt erklären, bestäti- waffe und war bedeutend konnte sich beileibe nicht jeder leisten.
gen wir gerne die Empfeh- gefährlicher als das Heute kostet eine Milchkuh etwa 1.400
lung eurer Waffen, die den Schwert. „Von seinen Waf- Euro, ein Schwert also etwa 7.000 Euro
eifrigen Wunsch für einen fen weiche niemand im oder mehr. Nahm man fein gemahlene
guten Frieden übermittelt Feld; Du weißt nicht, wann Holzkohle von Hartholz, so wurde für
haben, da wir auch in Anbe- Du des Speeres im Felde ein Schwert ein Baum gebraucht, bei
tracht eurer Auslagen euch bedarfst“ mahnt die Edda. Nadelhölzern deutlich mehr. Man muß
ein Gegengeschenk übereig- (Havamal, Sittengedicht). allein für die Verhüttung und den Ab-
nen, das an euch als ebenso Die einzige Schutzwaffe brand des Stahls einige Zentner Holz-
willkommene Gabe gelangen war der Schild. Einer der kohle für eine Klinge rechnen. Ein tra-
möge, wie uns eure so über- seltenen Grabfunde, ein ditionell geschmiedetes Schwert ohne
aus angenehm gewesen ist. Rundschild von einem Hilfe moderner Werkzeuge kostet
Möge der Himmel Eintracht Durchmesser von 56 cm heute eher mehr. Dazu muß man wis-
verleihen, damit wir dankba- und einer Stärke von 1,6 sen, daß bis ins Hochmittelalter in Mit-
ren Sinnes unsere Völker cm im Zentrum bis 0,4 cm teleuropa jährlich nur wenige Tonnen
verbünden und beiderseits an den Rändern, die mit Ei- härtbaren Stahls hergestellt werden
Sorge tragen können, uns sen, Bronze oder Silber konnten. Und das ist der Grund für die
durch gegenseitigen Nutzen oder auch gehärtetem Le- feuerverschweißten Schneidleisten und
zu verpflichten.“ der beschlagen waren, be- die Damszenierungstechnik, die bereits
zeugt dies. Der geschmiedete Schild- im 2. Jahrhundert in Germanien eine
Hier wird neben der Würdigung
buckel war oft zu einer dolchartigen hohe Blüte erreicht hatte. Legt man zwi-
der handwerklich-künstlerisch-ästheti-
Spitze ausgeschmiedet. Das Holz war schen die gehärteten Lagen des Stahls
schen Arbeit der hohe Repräsentations-
Verbrauchsgut, Beschläge und Schild- ungehärtete Lagen, so spart man nicht
wert guter Schwerter bezeugt. Ein
fessel wurden wiederverwendet. Taci- nur wertvolles Material, sondern be-
„wurmbuntes Schwert“ hatte damals
tus’ Ansicht ist also irrig, „die Speerspit- kommt eine besonders zähe und schnitt-
den Preis und Schaueffekt eines heuti-
zen hätten aus im Feuer gehärteten haltige Qualität, die sich zudem noch
gen Spitzensportwagens. In diesem Fall
Holz und die Schilde lediglich aus Korb- besser nachschleifen lässt. Man verglei-
besiegelten sie das Bündnis zweier
geflecht oder leichten Planken bestan- che damit heutigen Dreilagenstahl.
Stämme als Geschenk und Anerken-
nung des Hochschätzung für den Frie- den“. Letztere mag es für Sonder- Da nach den ersten Kriegen genügend
den, der über allem stand. Deutlich wird zwecke gegeben haben, da sie Hiebe römische Waffen, Panzer, Helme,
hier der hohe Stand des Damaszenie- sehr gut abfederten, aber gegen Spitzen Schilde usw. zur Verfügung standen,
rens bereits im 5. Jahrhundert, dessen keinerlei Schutz boten. Wir kennen sollte man meinen, daß eine allgemeine
Name aus Damaskus herrührt infolge ganze Hortfunde von germanischen Umbewaffnung erfolgte. Dies ist jedoch
des Mißverständnisses der Kreuzritter, Speerspitzen, sehr sorgfältig flach oder nicht geschehnen, also hielt man die tra-

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dierte Bewaffnung offensichtlich für chen hatte. Im Gedränge kann man Schwedischer Wikingerspeer
zweckmäßiger. Einzig die Einführung keine Hiebe führen, weil man in zu na- aus Bronze mit Silbergriff.
des Kurzschwertes als Massenwaffe ist her Mensur steht. Dolch, Gladius und
durch Bodenfunde bezeugt, da nach Sax und Knüffe mit dem Gehilz waren Dieser wird oft als Parierstange
dem Jahre 9 fast nur noch römische hier gefragt. bezeichnet, konnte im schnellen
Waffen gefunden wurden. Bereits zur Die Römer beherrschten hingegen die Anritt aufgrund seiner Kürze und
Zeit des Drusus wurden fast alle germa- Kunst, notfalls alle paar Kampfminuten der ungünstigen Hebelwirkung
nischen Langschwerter zu Kurzschwer- ihre vordere Linie gegen die zweite diese Funktion nicht erfüllen. Er
tern umgeschmiedet, selbst für Born- Reihe auszutauschen. Das ist aller- war als Sperre gegen ein zu tiefes
holm ist dies bezeugt, wohin nie ein Rö- dings nur in einer Kampfpause mög- Eindringen in den Körper des
mer kam. (vergl. Pastanaci, Sprockhoff, lich, denn im Zusammenprall hat je- Gegners gedacht, damit man die
Helbok). Dies brauchte kein Wider- der genug mit sich selbst zu tun. Diese Lanze schnell zurückziehen
spruch zur bereits festgestellten Zweck- Taktik ist von den Germanen nicht konnte, bevor sie unter dem
mäßigkeit der germanischen Waffen bekannt. Gewicht des Feindes abbrach
sein; man kann den Gladius genau wie oder einem entrissen wurde.
Das in der Bronzezeit sehr populäre
das einheimische Schwert zum Hieb Zur Sicherung diente eine
Beil tauchte jetzt kaum noch auf.
und zum Stoß verwenden, die germani- Handschlaufe. Äußerst wich-
Die Gründe hierfür sind nicht be-
sche Mentalität gab dem Hieb den Vor- tig ist beim Einsatz jeder
kannt. Da in fränkischer und der
zug. Auch ein Speer ist eben ein Speer Schneidwaffe der Stich mit
Wikingerzeit Streit- und Wurfäxte
und wird gleich verwendet. Nur das ge- waagerecht gehaltenem
sowie Langäxte sehr häufig waren,
wiß praktische Pilum wurde von den Blatt. Ein senkrecht gehalte-
muß dies mit der inzwischen stär-
Germanen wohl nicht verwendet. Wenn nes verklemmt sich zwischen
ker gewordenen Körperpan-
wir den Brief Theoderichs bezüglich den Rippen des Gegners
zerung zusammenhängen. Zu der
der einheimischen Schwerter lesen, hat und kann zum Verlust der
Zeit wurden die Heere wieder
man den Eindruck, daß das römische Waffe führen. Und dann
deutlich kleiner und daher trat
Schwert als Massenbewaffnung geführt haben sie ein Problem.
der Einzelkämpfer stärker her-
wurde und das individuellere germani-
vor. Ein prominentes Beispiel
sche einen hohen Kunst- und Repräsen-
Die Franken entwickelten ab für eine Flügellanze ist die
tationswert besaß. Die es sich leisten
dem 5. Jahrhundert die Fran- sogenannte Heilige Lanze
konnten, trugen es sicher auch aus pa-
ziska, eine geschwungene des Deutschen Reiches,
triotischen Gründen und als Vorbild-
Wurfaxt mit gekrümmtem mit welcher der Legionär
funktion; auch heute geben Manager
Schaft. Die Kunst war, die rich- Longinus dem gekreuzigten
einheimischen Luxusautos unabhängig
tige Wurfentfernung zu schätzen, Jesus die Seite aufgestochen
vom Gebrauchswert den Vorzug. Auch
da die Axt sich in der Luft über- haben soll. Sie stammt aus dem
Mäzenatentum für die Schmiede und
schlug und unbedingt mit der 5. Jahrhundert n. übl. Ztr. und
sonstigen Künstler dürfte dabei eine
Schneide auftreffen mußte. ist vermutlich eine langobardi-
Rolle gespielt haben. Nach der Erobe-
sche Arbeit.
rung fester Orte wurden bis ins Spätmit- Die Zweihand- oder Dänenaxt ist
telalter niemals die Schmiede und ihre erst in spätsächsischer Zeit bezeugt. Der Spezialist für germanische
Gesellen getötet, sondern entführt. In Sie war zum Sprengen des Schild- Kultur, Otto Höfler, bezeichnete
der Wielandsage nahm man gar zwei walls durch hünenhafte Krieger ge- auf dem Historikertag 1937 n.
Schmiede als Geiseln für den rugischen dacht. Diese mußten dabei von ande- übl. Ztr. in Erfurt die Lanze als
Prinzen Friedrich. ren Waffenträgern gedeckt „heiligen Speer Wotans“.
Außerdem war die Ober- werden, da die Hiebfolge Die Brünne, also der Ketten-
schicht beritten und benötigte langsamer ausfiel als bei schutz am Helm oder als Haube
wegen der Reichweite ein leichten Waffen. Eine ver- für den Schutz des Halses kam
Langschwert. Die römische wandte Taktik wurde von erst im 3. – 4. Jahrhundert auf.
Reiterei kämpfte ebenso den Landsknechten aus- Die Römer verwendeten zum
mit der langen Spatha. geübt, wo der Rottenfüh- Schutz gegen Halsstiche einen
rer mit dem Bidenhän- verknoteten Schal.
Hier muß auch nochmals
der (Zweihandschwert) In nur wenigen Gräbern wur-
darauf hingewiesen werden,
von zwei Rottenknechten den Pfeilspitzen aus einheimi-
daß der heldenhafte Zwei-
mit Katzbalgern (Kurz- scher Herstellung gefunden.
kampf, wie ihn die Gallier und
schwerter mit einer Scheide aus Man war also sehr wohl in der Lage, Bö-
später die Wikinger liebten oder
Katzenfell) gedeckt wurden. gen herzustellen, verzichtete aber be-
wie in der spätgotischen
Schwertkunst, in einer antiken Für die Reiterei wurde aus wußt darauf. Einerseits waren Ger-
Massenschlacht nichts zu su- der Frame der Ango geschaf- würfe weit wirksamer auf Einbruchs-
fen, ein Stoßspeer mit lan- entfernung, zum anderen war die ger-
gem Schaft mit Gegenbe- manische Spezialität der schnelle An-
Eisenaxt mit Silberdrahtverzierung schlag und langer Spitze griff. Wir haben Berichte, daß sie die rö-
aus Mammen, Jütland. Das 16,5
cm lange, schmale Beil weist eine
mit weit ausgezogener mischen Pfeil- und Pilensalven regel-
leicht verlängerte Klinge auf, Tülle. Als Weiterent- recht unterliefen. Zur langen Entwick-
was vermuten läßt, daß sie im wicklung tauchte die lungszeit von Speeren soll hier nur auf
Nahkampf gegen Ketten- Flügellanze ab dem 5. die berühmten Jagdspeere von Helm-
hemden eingesetzt wurde. Jahrhundert n. übl. stedt hingewiesen werden, die vor zehn
Größere Äxte waren für Ztr. auf, die zwischen Jahren dort im Tagebau geborgen wur-
den Nahkampf
ungeeignet, da die
Ort (Spitze) und den. Sie können selbst von heutigen
Krieger viel Platz zum Tülle einen mitun- olympischen Speeren nicht übertroffen
Schwingen der Axt ter geschärften werden und sind 400.000 (!) Jahre alt da-
benötigten. Querriegel aufweist. tiert.

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Glast der Mittagssonne auf blumigem


Hügel sitzt und im ruhevollen Frieden
der Landschaft seine Flöte bläst. Unser
Naturerlebnis ist Wodan, der in der Fin-
sternis der Rauhnacht mit den wilden
Reitern stampfend und lärmend über
die erstarrte Erde braust.
Sollen wir die anderen Völkern benei-
den um den heiteren Frieden ihrer
Landschaft? Gewiß: es lebt sich leichter
in der Lust des Südens, und tief im In-
nern des nordischen Menschen wirkt
eine Sehnsucht nach dieser südlichen
Bläue, die auch dem unerbittlichsten
Gesetze der Natur, dem Wechsel der
Jahreszeiten, Schärfe und Härte nimmt.
Und immer wieder hat der nordische
Mensch versucht, aus dem Kreis dieses
seines Gesetzes auszubrechen, um sich
den Süden zu erobern.
Vier Schwerter aus der Wikingerzeit, die alle einen großen Knauf als Gegengewicht beim Aber so oft er es versucht hat, ist er
ermüdenden Hauen (statt stechen) haben. daran gescheitert: nicht weil die Kräfte
des Südens stärker gewesen wären als
Man denke hier auch an spätere Jahr- daher auch Manöver durchgeführt wur- die seinen, sondern weil die Weichheit
hunderte, wenn die Artillerie Reiter- den. Jungmannschaften wurden oft bei des Südens seine eigenen Kräfte zer-
attacken bekämpfte oder später die längeren Kriegen für eine Saison zu be- störte, weil er im Süden die Verbindung
Flak Flugzeuge mit Sperrfeuer belegte. freundeten Stämmen zu Ausbildungs- verlor mit den natürlichen Grundlagen
zwecken geschickt. Damit dürfte es re- seines Lebens und mit der natürlichen
Daher auch der Durchbruch der germa- Bestimmung seines Wirkens, weil – mit
nischen Reiterei bei Idistaviso durch die gelrechte „Schlachtenbummler“ gege-
ben haben. Dieses Prinzip wurde übri- anderen Worten – die Natur es niemand
römischen Bogner. Auf Einbruchsent- erlaubt, sich außerhalb des Kreises, in
fernung waren Bogner nahezu wehrlos. gens in ähnlicher Form im 100.000-
Mann-Heer der Reichswehr übernom- den sie selbst einen gesetzt hat, sein Le-
Interessanterweise erweist sich bei kriti- men. Nach dem Beförderungsstau bei ben und seine Zukunft zu suchen.
scher Quellenbetrachtung, daß die Rö- den „Zwölfendern“ stand bei Bedarf Man feiert Weihnachten unter so vielen
mer Schlachten gegen die Germanen genügend Offiziersnachwuchs zur Ver- Zeichen: Es scheint uns gut, es auch ein-
meistens nur gewannen, wenn sie zah- fügung. mal unter dieses Zeichen zu stellen. Der
lenmäßig deutlich überlegen waren. nordische Mensch braucht, wenn er sich
Infolge des Ausbildungssystems durch Für den Feldzug weniger Tage führte je- behaupten und sein Leben mit natürli-
die Veteranen, der Gefolgschaftsoffi- der Krieger in einem Beutel einen Vor- chem Sinn ausfüllen will, die Härte nicht
ziere und der nachbarschaftlichen Auf- rat an Leinölbrot mit sich, das mehrere nur der Landschaft, sondern des Schick-
sicht durch die Kameraden herrschte Wochen frisch schmeckte, sowie Speck sals, die Kälte nicht nur des Winters,
eine hohe Disziplin. Niemand wollte oder Pökelfleisch. Dazu kommen, wie sondern der Not, die Sehnsucht nicht
sich schließlich vor den Verwandten durch Grabfunde bezeugt, mehrere nur nach dem Lichte der Sonne, son-
blamieren. Die Edelinge dürften die Hörner für Getränke oder Fett, ein klei- dern das ewige Bangen um den Sinn und
Funktion heutiger Stabsoffiziere gehabt ner Kochkessel, Feuerzeug und später Zweck seiner Bestimmung. Soll der nor-
haben. Hier herrschte anstelle von Drill auch Spaten und Schanzzeug, welches dische Mensch sich im Leben bewähren,
die Ausbildung. Die römische Disziplin wohl den Römern abgeguckt wurde und so darf dieses Leben sich nicht leicht er-
hingegen konnte nur durch Zwang auf- erstmals in den Chattenkriegen erwähnt schließen. Soll er nicht seine Kräfte ver-
recht erhalten werden. wird. lieren, so muß er gezwungen sein, sie im-
Heerschauen sind zu Frühjahrsbeginn mer einzusetzen: gegen die Natur, ge-
überliefert. Wir dürfen vermuten, daß Harry Radegeis gen das Schicksal, gegen seine Umwelt.
Der nordische Mensch ist der Mensch
des Kampfes. Immer wach, immer be-
reit, sich zu wehren, darf er die lässige
Weichheit des Südens nur in seinen
Träumen kennen. Er muß in Wahrheit
immer kämpfen um seine Sonne, sich
Nordixe Weihnact ihrer freuen darf er sich nur in seiner
Sehnsucht.
Das ist der tiefe, tragische, aber zugleich
eihnachten ist ein Fest der nor- mit der sie den Wiederaufstieg am Fir- belebende Zwiespalt im Wesen des nor-

W dischen Völker. Weil nur sie in


der Kälte und im Nebel ihrer
Heimat ein Gefühl für die Abhängigkeit
mament begrüßten.
Den Völkern des Südens, denen schlu-
gen wohl einmal Hagel und Schnee,
dischen Menschen, in den die Natur ihn
selbst gestellt, damit er in seiner Lösung
sich immer von neuem bewähre: zu-
ihres Lebens vom Lichte der Sonne ha- Wind und Regen ins Gesicht, aber für gleich dem Norden verhaftet sein zu
ben. Weil nur aus der Angst und dem sie stand die Sonne immer so hoch, daß müssen, wenn er leben bleiben will, und
Grausen heraus, mit dem unsere Vor- die Angst, sie möchte versinken, nie den seine Sehnsucht nach dem Süden tragen
fahren die Sonne schwinden sahen, sich Menschen bedrängen konnte. Des Süd- zu müssen, wenn er will, daß dieser Nor-
die ursprüngliche Freude erklären läßt, länders Naturerlebnis ist der Pan, der im den hell und licht und wohnlich scheine.

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Diesem Zwiespalt kann der nordische schwersten und düstersten lastet, die Sie geht zum runden Tisch, bleibt un-
Mensch, die eine Hälfte des Jahres un- gläubige und sichere Fröhlichkeit des schlüssig stehen, und ihre Augen wan-
ter die Kraft südlicher Sonne gestellt, Südens. dern prüfend im Zimmer umher. Ist al-
die andere Hälfte der Unerbittlichkeit les auch, wie es sein soll, wie es damals
des Winters ausgeliefert, sich nicht ent- Wir neiden es dem Süden nicht, daß war?
ziehen. Er muß sich zu ihm bekennen. diese Heiterkeit ihn das ganze Jahr be-
gleitet. Sie hat ihm damit eines ver- Ihre Finger ziehen in Gedanken die
Zwischen Wirklichkeit und Sehnsucht gehäkelte Decke gerade, rücken an der
wölbt sich so der Dom der Aufgabe für wehrt, was sie uns gegeben hat: die
Sehnsucht. Der südliche Mensch kennt alten Kristallschale, auf der Äpfel und
Volk und Mensch. Lebkuchen liegen.
keine Sehnsucht. Er will nicht hinaus
Wirklichkeit: das heißt, das Leben neh- aus den Breiten und aus den Räumen
men, wie es ist, nicht weich werden, „So ist es recht!“ spricht sie vor sich hin.
seiner Landschaft. Wenn er sie verläßt, „So war es immer, – und jetzt will ich
kämpferisch bleiben und in den Kampf dann hat das mit dem nordischen Drang
gegen Schwierigkeiten und Schicksals- den Baum schmücken.“
zur Weite nichts – aber mit dem Drang,
schläge nicht nur den Zwang, sondern sich in der Fremde die Mittel zu erwer- Sie geht mit kleinen Schritten zum al-
auch die Lust des Kampfes tragen. ben, um die ruhige Schönheit seines ten Mahagonisekretär. Das Schloß
Sehnsucht: das heißt, heiße Liebe zu Landes in Sicherheit zu genießen, alles schnappt auf. Dann holt sie aus einem
den großen und schönen Dingen und zu tun. braunen Pappkasten den alten Weih-
Wahrheiten des Lebens sich bewahren, nachtsflitter. Mit zitternden Händen,
– den Blick sich rein erhalten für die Uns nordische Menschen hält das Le- auf denen die Adern blau schimmern,
Weite und Schönheit der Welt, – das ben immer ein Stück von der Erfüllung hängt sie die bunten Glaskugeln an.
Wollen nicht verlieren, hinauszudrin- entfernt. Und das ist gut so. Denn diese Wieviel unausgesprochene Liebe und
gen über die Ordnung der eigenen Erfüllung würde den Sinn unseres Le- wieviel Seligkeit in den Augen gewesen
Gemeinschaft zur Harmonie des Uni- bens und die Kraft unseres Wesens aus- ist, die einmal sich in diesem bunten
versums … löschen. So aber stellen wir in unser Le- Glas gespiegelt haben!
ben, das hart ist wie der Winter der
Alles das ist dem nordischen Menschen Licht um Licht steckt sie in die verboge-
Weihnachtszeit, die Sehnsucht nach Er-
zu leisten bestimmt. Und in dem ge- nen Kerzenhalter, bunte, kleine Lich-
füllung als lichterschimmernden Baum.
heimnisvollen Wissen um diese Bestim- ter. „Bunt müssen Kerzen am Weih-
Und wärmen uns an ihm. Und träumen
mung trägt er in die dunkle Kälte des nachtsbaum sein, richtig bunt!“ hatte ihr
von ihm und werden vor ihm stark, das
Winters den Wunderbaum des wärmen- Junge immer gesagt. „Bunt …“ Sie läßt
Leben, das uns gestellt ist, zu meistern,
den Lichts, bricht in der Zeit, in der ihn die Hand sinken. „Bunt …“ Ihr Blick
und gläubig, es zu lieben. Wissend, daß
die Wirklichkeit am stärksten zu sich ruht auf einer blanken Kugel, und ir-
auf jedes Dunkel einmal das Licht der
zwingt, auch die Sehnsucht am groß- gendwie sehen sie auf einmal aus der
Sonne folgen wird.
artigsten und wundervollsten in ihm auf, Kugel ein paar blaue Knabenaugen an.
dringt in den Norden, wann er am Alwin Bauer Ihre Hand zittert. Eine Kerze fällt zu
Boden. Das Geräusch zerschlägt die le-
bendig-tote Stille.
Die alte Frau zuckt leicht zusammen.
Mühsam hebt sie die Kerze auf. Als sie
den Baum dann fertig hat, steht sie noch
kurze Zeit mit gefalteten Händen, aber

Weihnact einer Mu†er ihre Gedanken laufen weiter zu den


Dingen, die sie jetzt gleich holen will.
Ein weißes, feines Leinentuch kommt
auf den alten, geschnitzten Nußbaum-
ann wünsche ich auch eine „Ja, ja, – schon recht! Und feiern Sie tisch. Den Kasten mit der Kerbschnitze-
„D recht gute Weihnacht, der
Frau Professor!“
„Danke, Frau Gruber! Und ich Ihnen
recht froh …“, sie stockt einen Atemzug
lang, „mit den Kindern!“
Dann klappt die Tür zu. – –
rei, den ihr Junge ihr einmal zu Weih-
nachten geschenkt hatte und in dem sie
all’ die vielen, lieben Briefe von ihm und
auch!“ Eine sehr schmale, welke Hand Die alte Frau steht einen Augenblick ihrem Mann aufgehoben hat, holt sie
umschließt für Augenblicke die derbe, lauschend. Die Schritte der anderen sich und stellt ihn vor sich hin. Und dann
breite Arbeiterhand einer Putzfrau. Die tappen auf der Treppe. nimmt sie die Bilder – die beiden Bilder
beiden blicken sich für diese kurze – aus dem Sekretär und stellt sie neben
Und jetzt ist sie allein. Nun will sie ihr den Kasten.
Dauer in die Augen: Arbeiterfrau und
Weihnachten feiern, so feiern, wie sie es
Gelehrtenfrau. Ihr Leben läuft in ver- Draußen senkt sich der Tag, und die
alle, alle viele Jahre getan hat, – seit je-
schiedenen Bahnen, und doch ist da et- Nacht kommt geheimnisvoll und unfaß-
nem Weihnachten, an dem ihr Junge
was Gemeinsamens, Bindendes – ein bar tief. Die alte Frau tritt an das Fen-
zum letzten Mal hier gewesen.
Wissen des einen um das Schicksal des ster und blickt hinaus in den dunkel wer-
anderen. Sie dreht den Schlüssel im Schloß, und denden Himmel. Kein Stern ist noch zu
es ist, als ob sie mit dieser einen Bewe- sehen. Keine Schneeflocke tanzt. Der
„Soll ich nicht doch noch hier bleiben?“ gung die Außenwelt ganz ausgeschaltet
kommt es zögernd. „Sie sind doch …“ Wind fegt kalt und böse durch kahle
hätte … Dann geht die alte Frau mit Äste.
„Nein, nein, lassen Sie nur, Frau Gru- kurzen, etwas hastigen Schritten ins
ber! Sie wissen ja, – ich werde es mir Wohnzimmer. Es ist so still in dieser abgelegenen
schon gemütlich machen. Kohlen sind ja Wie etwas altbekanntes Liebes umfängt Straße. Ein Eisentor knarrt irgendwo.
heraufgebracht, und der Ofen brennt sie die wohnliche Wärme des Raumes. Fern ist ein Hupen …
gut.“ Es ist, als ob die Zeit, die Lust und alles Im Zimmer tickt die alte Uhr, langsam
„Na, denn auf Wiedersehen, Frau Pro- Leben – ja, ihr Leben in diesem Raume und unaufhaltsam, als ticke die Ewig-
fessor! Morgen komm’ ich dann …“ eingeschlossen wären. keit. Das Feuer knistert im weißen Ka-

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chelofen. Langsam wird das Dunkel ternd schaukelt Engelshaar* von Zweig schenkten. Gerade wir, die wir gar zu
schwerer, und langsam wird es Nacht. zu Zweig. Erinnerung um Erinnerung leicht dem Andringen fremder Kräfte
Leise ziehen die alten Hände die Gardi- wacht auf. Längst verklungene, verges- erlagen, nach langem Wachsen und
nen zu. Und dann kommt Weihnacht sene Laute – Worte, Stimmen kommen mühevollem Aufstieg uns immer vor
auch zu dieser einsamen Frau … wieder. neue Hindernisse gestellt sahen. Wohl
kaum ein anderes Kulturvolk hat im
Zitternd flammt ein Streichholz auf, Arme der Liebe umfassen eine schmale,
Laufe seiner Geschichte so viele Nie-
brennt Licht nach Licht an. Es duftet alte Frau, heben sie … heben sie …
dergänge erlebt, aber auch so viele wie-
nach Äpfeln, Tannen und brennenden
Draußen läuten die Glocken, dröhnen deraufbauende Kräfte entfaltet wie das
Kerzen.
und schwingen, rufen … rufen … deutsche. Es liegt in den Gegebenheiten
Im Ecksofa mit dem bunten Gobelin- von Klima, Landschaft und Wesensart
bezug sitzt die alte Frau im schwarzen Thor Goote beschlossen, daß wir so wurden, wie wir
Seidenkleid. In der Hand in die abendländische Geschichte einge-
hält sie das Bild eines gangen sind – wir Volk ständigen Wer-
Mannes in altmodischer dens und Ringens, faustischer Unrast
Kleidung, aber in ihrem und ewiger Jugend. Von Bergen einge-
Schoß liegt ein anderes schlossen, urigen Wäldern umdunkelt,
Bild, das Bild eines jun- in Einzelsiedlungen hausend, war der
gen Soldaten. Den Pelz- Germane ganz auf sich allein gestellt.
kragen aufgeschlagen, Nebelgraue, lichtarme Monde zwangen
die weiche Mütze etwas zur inneren Einkehr, begünstigten die
schief gerückt. So sah er Persönlichkeitsbildung, das Aufkom-
aus bei seinem letzten men von Mythen und zugleich die
Urlaub. Klärung im Geistigen. Und ins Unendli-
Es ist ein ganz gewöhnli- che schweifte sein schaffender, schau-
ches Bild. Aber ein paar ender Geist. Sehnsucht nach Unendli-
große, klare Tropfen chem ward ihm Religion, und mit der
sind darauf gefallen und Gestaltung dieser Sehnsucht betrat er
sind wie durchsichtige das Gefilde der reinen, erhabenen
Sterne auf dem Glas zer- Kunst.
spritzt.
Im Wesen deutscher Kunst lag es von
Wenn eine Hand unter jeher, sich mehr an Gemüt und Phanta-
den Papieren im braunen sie als an die Sinne zu wenden. Denn
Kasten sucht, findet sie diese Kunst entsprang einer durchaus
ganz obenauf einen Brief idealistischen Haltung ihrer Schöpfer.
liegen, der ein kleines ro- Ob es sich nun um altgermanische
tes Kreuz trägt und mit Bandornamente, um den kunstvollen
ungelenkten Buchstaben Faltenwurf eines gotischen Frauenge-
die Worte: „Zurück! Er wandes, um das Linienspiel der Dürer-
starb den Heldentod am schen Ritter, Tod und Teufel, um die
12. 2. 18.“ – Holzschnitte eines Tilmann Riemen-
Kerzen spiegeln sich in schneider, um die künstlerische Wie-
bunten Glaskugeln. Zit- Nach der Bescherung dergabe von Mensch, Tier und Pflanze
im frühen Mittelalter handelte, immer
* Warnung vor Engelshaar (auch Feenhaar) waren es in der Hauptsache seelische
Daß Engelshaar nicht um elektrische Kerzen oder in der Weihnachtsbeleuchtung verwendet werden soll, ist Werte, die aus der sinnlichen Wirklich-
eigentlich bekannt. Das Engelshaar ist elektrisch leitend und könnte versehentlich in die Fassung der keit gewonnen und gestaltet wurden.
Glühlampe kommen.
Neu ist allerdings, daß Engelshaar mittlerweile auch aus Glaswolle hergestellt wird. Dieses kann zu schweren
Augenverletzungen führen. Kleinkinder sollten deshalb nicht mit Engelshaar spielen.
Was immer auch an künstlerischen Ta-
ten von unseren Meistern vollbracht
wurde, war unverfälschtes Zeugnis
deutschen Volksgeistes, fand in ihm ge-
setzmäßige Bindung, wie denn über-
haupt alle begnadeten Künstler bei aller
Lebendige Wandlungen Freiheit ihres Schaffens der Stimme ih-
res Blutes folgen und sich damit dem
Gesetz ihres Gewissens, ihres Inneren

deutxer Kuny unterwerfen. Schon Goethe bekannte


in „Dichtung und Wahrheit“: „Denn
der innere Gehalt des bearbeitenden
Gegenstandes ist Anfang und Ende der
er den Weg zur Kunst geht, fühlt größer, allgemeingültiger dieses Werk Kunst. Man wird zwar nicht leugnen

W sich feierlich gestimmt, denn er


wandert zu Festen der Seele.
Nirgends offenbart sich die Seele des
geworden, desto nachhaltiger wirkt es
sich aus, erhaben über Raum und Zeit.
Wir Deutschen haben allen Grund, uns
können, daß das Genie, das ausgebil-
dete Kunsttalent durch Behandlung aus
allem alles machen könne. Genau bese-
einzelnen, ja, selbst ganzer Völker rei- der vielen Meisterwerke bildender, hen, entsteht aber alsdann immer mehr
ner und vollendeter als im Künstleri- dichterischer und musikalischer Kunst ein Kunststück als ein Kunstwerk, wel-
schen. Aus dem Lebensgefühl des ein- immer wieder zu erinnern, mit denen ches auf einem würdigen Gegenstand
zelnen wie der Gemeinschaft erwächst wir die Welt im Laufe unserer verhält- beruhen soll, damit uns zuletzt die Be-
das Kunstwerk zu seiner Zeit. Und je nismäßig noch jungen Geschichte be- handlung durch Geschick, Mühe und

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Fleiß die Würde des Stoffes nur desto


glücklicher und herrlicher entgegen-
bringe.“

Gleich dem Forscher, der im Naturge-


schehen die ewigen Gesetze des Welt-
alls zu erkennen sucht, spürt auch der
wahre Künstler nach verborgenen,
ewig-gültigen Richtformen. Zugege-
ben, daß mancher bedeutende Meister
aus seiner persönlichen Einstellung zum
Künstlerischen heraus sehr subjektiv
über die Werke anderer urteilt. Wer
aber vermöchte einen Goethe etwa des-
halb zu tadeln, weil er einen Kleist ab-
lehnte, einen Richard Wagner, weil er KAPITÄLE
kein rechtes Verhältnis zu Meister Links, romanisch, Mitte
Brahms gewann, einen Böcklin, der Gotisch, rechts Renaissance
seine Zeitgenossen nicht selten durch
äußerst abwegige Urteile befremdete?
Es hat zu allen Zeiten auch unter den
Künstlern große Grübler und Denker Es ist verständlich, daß in Zeichen be- Verlag, Berlin. Es enthält außer einer
gegeben, die um die Seele ihrer und deutsamer Wandlungen immer wieder lebendig und im besten Sinne volkstüm-
fremder Werke rangen, sie im Allge- die Frage nach dem eigentliche Wesen, lich gehaltenen Texteinführung insge-
meingültigen zu deuten versuchten. nach den Urgründen der deutschen samt 321 Abbildungen von Meisterwer-
Wie sich Polyklet als Vertreter der An- Kunst erhoben wird. Schon die Besin- ken frühmittelalterlicher bis barocker
tike abmühte, einen festen Kanon für nung auf unsere unvergänglichen Mei- Kunst und bringt sie – darauf beruht die
die plastische Darstellung des Men- sterwerke weckt in uns eine ungeahnte Eigenart dieses Buches – in vergleichen-
schen zu finden, so strebte der Deutsche Fülle sittlich-nationaler und sozialer den Bilderreihen, deren geschickte
Albrecht Dürer auf zeichnerisch-male- Kräfte, überliefert uns eins der festesten Auswahl und Zusammenstellung es
rischem Gebiet ähnliche Erkenntnisse Bindemittel völkischer Einheit. „Zer- dem Leser ermöglicht, sich an Hand die-
an, hinterließen die Italiener Leonardo ging wie Dunst das heilige römische ses ausgezeichneten Materials die
da Vinci und Leon Battista Alberti um- Reich, uns bliebe gleich die heilige großen Stilepochen der deutschen
fassende Theorien über die Kunst ihrer deutsche Kunst.“ Dieses Schlußwort Kunst zu veranschaulichen. Der kunst-
Zeit. Richard Wagners aus den Meistersin- erzieherische Wert des Werkes besteht
gern entspricht durchaus einer An- nicht zuletzt darin, daß es den Leser zu
In seinem Streben nach Unendlichkeit schauung, wie sie Jahrhunderte lang in freudigem Betrachten deutscher Kunst-
wußte sich der deutsche Geist nicht nur deutschen Landen vorherrschend war. werke anregt, ihn der Mühe enthebt,
im Reich der Töne und der Dichtkunst, sich das erforderliche Kunstverständnis
sondern auch in dem der bildenden Zurück zu den Quellen. Diese natür-
liche Forderung, die den Menschen der ausschließlich durch die Lektüre dick-
Künste beheimatet. Man vergleiche leibiger, meist streng sachlich gehalte-
einen griechischen Tempel mit einem Renaissance und des Humanismus be-
wog, vorurteilsfrei die Werke der Dich- ner Gesamtdarstellungen anzueignen.
gotischen oder romanischen oder ba-
rocken Dom, um das Arteigene zweier ter und Gelehrten des klassischen Al- „Durch Vergleichen, aber auch nur
Völker und Zeitalter zu erkennen! Die tertums im Urtext zu lesen, die überlie- durch Vergleichen kann man Zusam-
Sonne Homers, lachender Diesseits- ferten Kunstschöpfungen der Antike menhänge und Unterschiede feststel-
glaube offenbart im griechischen Tem- ohne Brille der Scholastik selbst mit len, die großen Epochen der Kunstge-
pel die klare, plastische Form, die feste freien Augen am Standort zu betrach- schichte als solche erkennen“, meint der
Umgrenzung, ein einheitliches Raum- ten, gilt in besonderem Maße auch für Verfasser in seiner Vorrede. Über die
gebilde – im romanischen, gotischen das zu neuem kulturellen Eigenleben apodiktische Richtigkeit dieser Ansicht
oder barocken Dom aber erscheint alles erwachte Deutschland. Wege der mag man geteilter Meinung sein. Über
in Bewegung, im dynamischen Verhält- Selbstbestimmung sind für jedes Volk in die grundsätzliche Bedeutung verglei-
nis von Kraft und Stoff, sehen wir die einer unruhvollen Zeit vonnöten, da chender kritischer Studien am „taugli-
Erdenschwere durch den Willen zur vieles Alte stürzt und neues Leben aus chen Objekt“ besteht jedenfalls nicht
Unendlichkeit oder Weltentrücktheit Ruinen blüht. In häufig gegensätzlichen der geringste Zweifel. Durch Sammeln,
aufgehoben. „Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr Auffassungen einzelner Meister und ih- Ordnen, Beschreiben und Erklären ein-
werdet’s nicht erjagen!“ Die Grenzen rer zeitlich bedingten Stilarten liegen zelner Werke und ihrer Stilepochen ent-
kühler Vernunft sind hier vom Jenseits- die Spannungen des Schöpferischen stand allmählich die Wissenschaft der
glauben eines sich stetig wandelnden schlechthin, und die sich daraus erge- Kunstgeschichte und der Kunstlehre.
Formwillens sichtbar durchbrochen! benden Vergleichsmöglichkeiten sind Aufgabe der Kunstgeschichte ist es, das
Der Gedanke des Werdens, der Ent- von erzieherischer Kraft und führen Kunstwerk lediglich als äußeren Gegen-
wicklung wird somit fast zwangsläufig nicht selten zu neuen bedeutsamen Ent- stand wie alle Erscheinungen der
bestimmt auf allen Gebieten der bilden- deckungen. Außenwelt zu betrachten, es in Grup-
den deutschen Kunst. Zusammen mit Einen gangbaren Weg in dieser Rich- pen zu sammeln, zu ordnen, es in seiner
der Sehnsucht nach dem Unendlichen tung weist uns Wilhelm Müseler mit sei- räumlich-zeitlichen Bedingtheit zu be-
beherrscht er alles Denken und Fühlen, nem verdienstvollen Werk „Deutsche schreiben – ohne Beachtung der beson-
Trachten und Gestalten unserer großen Kunst im Wandel der Zeiten“ (auch deren Eigenart dieses oder jenes Kunst-
Meister. Durch alles Wirkliche und Be- heute noch aufgrund der sehr hohen werkes. Erst die Kunstlehre beschäftigt
dingte leuchtet immer wieder der göttli- Auflagen in großer Zahl antiquarisch sich mit den besonderen Merkmalen
che Funke … erhältlich), herausgegeben vom Safari- und inneren „Gesichten“, durch die sich

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und – vielleicht Jahrhunderte später – in


der des nacherlebenden Beschauers er-
fährt, kommt es letzten Endes an. Dann
erst sprechen die unsterblichen Werke
der großen Meister noch zu spätesten
Geschlechtern „herrlich wie am ersten
Tag“. In diesem Nacherleben erkennen
wir die geheimsten Schönheiten eines
Werkes und spüren, weshalb es so und
nicht anders der Welt aus dem Geist sei-
ner Zeit heraus überliefert werden
mußte. Es gibt ungeschriebene Gesetze
der Kunst, die sich dem Auserwählten
und Begnadeten in immer neuer Form
offenbaren. Das Genie des Künstlers
prägt ihren Ausdruck, seine Umwelt
versucht ihn zu begreifen, seine Zeit ihn
nachzuempfinden, wie es spätere Gene-
rationen unternehmen.
Mit Recht tritt der Künstler hinter das
Werk. Die Schöpfung muß für sich spre-
chen, um in ihrer Seele verstanden zu
werden. Verstanden vom Beschauer,
von der Nachwelt. Ohne liebevolle Ein-
fühlung in die „Kunstseele“ erscheint
Abb. 1: Romanisch – um 1100 n. übl. Ztr. keine wahre Erkenntnis des Wesentli-
Burg Chillon am Genfer See chen möglich, kein Maßstab richtig und
gerecht. Und wenn wir heute zurück-
blicken auf ein Jahrtausend deutscher
ein Kunstwerk art- und gattungsmäßig jedes Kunstwerk die Gestaltung eines Kunst, so wissen wir: alle unsere großen
von anderen Erscheinungen der Gefühles, so kann es nicht nur von Meisterwerke sind wohl Gnade und
Außenwelt unterscheidet. Und natür- außen her – stilistisch – erfaßt werden, Himmelsgabe für den einzelnen Schöp-
lich gehört auch in Erweiterung dieser sondern muß von innen her – seelisch – fer, aber darüber hinaus Ausdruck des
Aufgabe das Vergleichen von Kunst- erlebt werden. Gewiß ist Romanik ihrer Willens und der Selbstzucht unseres
werken und ganzer Stilepochen unter- äußeren Form nach Betonung des Volkes. In einem im Kern gesunden
einander dazu. Rundbogens und Gotik die des Spitzbo- Volke ist nach Ansicht eines zeitgenös-
gens, ohne daß damit etwas über das ei- sischen deutschen Künstlers volkstümli-
Man kann – und es ist fraglos ebenso be- gentliche Wesen eines mittelalterlichen
lehrend wie unterhaltsam – die Chillon- che Kunst nicht das Geringste, sondern
Kunstwerkes ausgesagt wäre. das Höchste, was die Bildung vermag,
Burg am Genfer See mit der Burg Eltz
an der Mosel, mit dem Schloß Aschaf- Auf die lebendige Wandlung, die das wenn sie sich selber im höchsten Sinne –
fenburg am Main und mit dem Schloß Werk erst in der Seele seines Schöpfers als Bildwerdung des Wesens – versteht.
Werneck in Unterfranken vergleichen
(siehe Abb. 1 bis 4), um charakteristi-
sche Stileigenheiten des Romanischen
und Gotischen, der Renaissance und
des Barock kennen zu lernen, oder etwa
das nördliche Westportal des Straßbur-
ger Münsters mit der Nordseite des
Fürstenportals vom Bamberger Dom,
um das Unterschiedliche zweier Stile
zu betonen (Abb. 5 und 6), daran an-
schließend das Portal des Staatsarchivs
in Breslau und das des Augustiner-
klosters Johann Sebastian Pfaff zu
Mainz betrachten (Abb. 7 und 8). Das
Entscheidende aber, nämlich das per-
sönliche Nacherleben eines großen
Kunstwerkes, wird durch fleißiges Zu-
sammentragen und Abwerten dieser
und jener Stileigentümlichkeiten im Be-
schauer noch nicht herbeigeführt.
Es liegt hinter der äußeren Form im gei-
stigen Wesensgehalt einer Schöpfung
verborgen. Denn jedes wahre Kunst-
werk verdankt seine Entstehung seeli-
schen Vorgängen, die seine Gestaltung
bedingen, und zwar handelt es sich hier-
bei um gefühlsmäßige Abläufe in der Abb. 2: Gotisch – um 1350 n. übl. Ztr.
Seele des schaffenden Künstlers. Ist also Burg Eltz an der Mosel

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Abb. 3: Renaissance – 1605-1614 n. übl. Ztr.


Schloß Aschaffenburg am Main

Abb. 5: Romanisch – um 1200 n. übl. Ztr.


Denn alles, was vor der Menschheit gilt, waltiger Geister Wandlungen liegt zwi- Bamberg, Dom, Fürstenportal
gilt kraft seines Volkes! schen diesen hier nüchtern aufgezählten
Nach unserer landläufigen Stil-Eintei- Stilepochen! Abb. 9). Erst gegen Ende der Epoche
lung, der teilweise etwas Schematisches „Innerhalb eines jeden Stils wird man überwand deutsches Formgefühl den
anhaftet, spielt sich die Entwicklung der Perioden unterscheiden“ – sagt Wil- fremden Einfluß.
romanischen und gotischen Kunst etwa helm Müseler in seinem hier erwähnten Es gibt Völker, die fremden Einflüssen
im Zeitraum von fünfhundert Jahren Werk –, „die verschiedene Strömungen leichter zugänglich sind, und solche, die
ab, von 1000 bis 1500 n. übl. Ztr., wobei spiegeln: Aufstieg und Abstieg, Blüte- bewußt und herrisch ihre Eigenart wah-
das Jahr 1200 den ungefähren Wende- zeit und Verfall. Der Stil eines Volkes
punkt von der Romanik zur Gotik bil- und einer Epoche zeigt sich gleichmäßig
det. Die italienische Renaissance ver- auf allen Gebieten der Kunst: Literatur,
läuft von 1400 bis 1600 n. übl. Ztr., die an Musik, Baukunst, Plastik und Malerei
die Spätgotik angeschlossene nordische müssen naturgemäß immer im Einklang
Renaissance von 1500 bis 1600 n. übl. stehen. Dieser Einklang zwischen den
Ztr. Ihr folgt das Barock von 1600 bis Künsten kann aber auch durch Ein-
1700 n. übl. Ztr., das Rokoko von 1700 flüsse und Strömungen von außen ge-
bis 1775 n. übl. Ztr., der Klassizismus stört werden. Einzelne Schulen und
von 1775 bis 1825 n. übl. Ztr. In einem Sekten richten oft Verwirrung an. So
Turnus von je fünfundzwanzig Jahren hat unter dem Einfluß der byzantini-
beschließen den Reigen der Stile bis schen Elfenbeinplastik die romanische
zum Beginn des 20. Jahrhundert n. übl. Skulptur in Deutschland einen dem
Ztr.: die Romantik (bis 1850 n. übl. deutschen Wesen artfremden Charak-
Ztr.), der Naturalismus (bis 1875 n. übl. ter angenommen, der mit der Literatur,
Ztr.) und der Impressionismus (bis 1900 Musik und Baukunst der gleichen Zeit
n. übl. Ztr.). Aber welch eine Welt ge- nicht zusammenklingen will (vergleiche

Abb. 4: Barock – 1733/1737 n. übl. Ztr. Abb. 6: Gotisch – 1276/1300 n. übl. Ztr.
Schloß Werneck, Unterfranken Straßburg, Münster, Westportal

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immer gleich geblieben, weil durch Völ-


kerwanderungen und Aufnahme frem-
der Völkerteile Rassenmischungen ent-
standen. So bildete das Reich Karls des
,Großen‘ dank der herrschenden Ober-
schicht trotz seiner verschiedenartigen
Zusammensetzung noch einen einheitli-
chen Kulturkreis. Die Einheit ging aber
bald nach der Spaltung des Reiches ver-
loren, das westfränkische Reich ent-
wickelte sich selbständig zum heutigen
Frankreich, das ostfränkische Reich
zum heutigen Deutschland. Der Unter-
schied in Rasse und Lebensart und da-
mit auch in der Kunst ist von Jahrhun-
dert zu Jahrhundert stärker geworden.
Solche Gegensätze hindern naturgemäß
nicht, daß Völker, deren Entwicklung
oder Schicksal miteinander verbunden
ist, unter der Wirkung der gleichen Er-
eignisse und gleichen Strömungen ihre
Stile in gleicher Weise fortentwickeln.
Je unterschiedlicher aber Rasse und
Abb. 7: Renaissance – 1528 n. übl. Ztr. Veranlagung der Völker sind, desto
Breslau, Portal des Staatsarchivs stärker treten die Unterschiede hervor.
Die Gotik kam vom westfränkischen
ren. Je enger die Verbindung von einem Reich – man sollte nicht sagen, von
Volk zum anderen ist, desto eher ist Frankreich –, nahm auf deutschem Bo-
fremde Beeinflussung möglich. Politi- den und in England ein eigenes Gesicht
sche Verbindungen und wirtschaftliche an, drang auch nach Italien, ohne aber
Beziehungen können manchen Gegen- dort je recht heimisch zu werden. Die Abb. 8: Barock – 1770 n. übl. Ztr.
satz überbrücken, aber auf die Dauer Renaissance und auch das Barock ka- Mainz, Augustinerkloster
entwickelt jedes Volk, wenn es nicht un- men aus Italien und entwickelten sich in
tergeht und sich selbst aufgibt, seine ei- Deutschland ähnlich, aber doch zu aus- italienischen Barock sehr verschieden
gene Kunst und seinen ihm eigentümli- gesprochen deutschen Stilen, die von sind. Umgekehrt ist es aber selbstver-
chen Stil. Aber nicht jedes Volk ist sich der italienischen Renaissance und dem ständlich, daß die gleichen Ereignisse

Abb. 9: Romanisch – Abb. 10: Gotisch – Abb. 11: Renaissance – Abb. 12: Barock –
um 1250 n. übl. Ztr. um 1390 n. übl. Ztr. 1513 n. übl. Ztr. 1740 n. übl. Ztr.
Naumburg, Dom, Westchor Berlin, Deutsches Museum Innsbruck, Hofkirche Rottenbuch in Bayern
(Eckehard) (König Artus) (König Artus) (Kaiser Heinrich)

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auch fast entgegengesetzte Wirkung auf ken mit in seine deutsche Heimat nahm. Erfolg hin un her. Die Goten werden bei
die Völker ausüben können.“ – Nicht nur Meister Erwin, der geniale Nisch, die Alemannen am Metaurus
Es wurde hier absichtlich den Aus- Erbauer des Straßburger Münsters, und am Ticinus (271 n. übl. Ztr.) ge-
führungen Müselers ein verhältnis- sondern auch mancher andere Künstler, schlagen und zurückgedrängt. Auch die
mäßig breiter Raum zugestanden, um der am Naumburger und Bamberger Franken müssen wieder über den Rhein
die Tatsache zu unterstreichen, welche Dom mitschuf, war früher nachweislich zurück. Noch gelingt es den Römern,
Wechselwirkungen jahrhundertelang in Reims und Chartes. Sie alle beein- die mit größerer Wucht geführten Stöße
zwischen dem Kunstschaffen der flußten mit den Erfahrungen und Beob- gegen das Römerreich abzuwehren.
großen Kulturnationen bestanden. achtungen, die sie in der Fremde ge- Das änderte sich nun bald. Unser Bild
Mächtig strömte die Flut hinüber und wonnen, das künstlerische Schaffen ih- (Abb. 27) versetzt uns in das Jahr 340 n.
herüber. Nicht nur Dürer weilte zwei- rer Epoche und wurden am sausenden übl. Ztr., in dem die Franken Trier be-
mal in Italien und hinterließ dort nach- Webstuhl der Zeit Anreger zu den le- setzen. Eine Szene aus diesen Kämpfen,
haltige Eindrücke, wie er selbst neue bendigen Wandlungen unserer Kunst. die Erstürmung der Porta Nigra (des
schöpferische Anregungen und Gedan- Dr. Werner Freytag Schwarzen Tors) hält das Bild fest. Der
Name Franken besteht um jene Zeit seit
rund 100 Jahren. Hier haben wir es mit
der südliches Gruppe des fränkischen
Volkes zu tun, den Oberfranken, die
von den Tälern der Sieg, Lahn und Wied
Unseren jungen Gefährten aus den Rhein überschritten hatten und
sich in der Gegend von Koblenz bis
Trier und Metz ausbreiteten, wobei sie
gelegentlich sowohl gegen die Römer
kämpften als auch, mit ihnen verbündet,
gegen andere germanische Stämme.
Au+ Deutxland+ Wir sehen, daß nun auch die Rheinlinie
ins Wanken geraten ist und wenden den
Blick wieder nach Südosten, wo wir die

Vor- und Frühzeit: Goten treffen.


Damit kommen wir in den zweiten Teil
der Völkerwanderung, in dem bereits

Volk ohne Raum germanische Reiche auf römischem Bo-


den gegründet wurden. Der erste An-
stoß dazu geschah in der zweiten Hälfte
Teil 5 des 4. Jahrhunderts. Es waren die Hun-
nen, die, von Osten kommend, die Be-
wegung einleiteten.
Die Völkerwanderung bliebenen Spannungen alter Landnot in
Das Ostgotenreich hatte um diese Zeit
zeitlich und räumlich ausgeprägterer
(Fortsetzung) Form und deshalb als „Völkerwande- eine bedeutende Ausdehnung. Es er-
Man pflegt die Völkerwanderung auf rung“ besonders auffallend eine Neu- streckte sich vom Schwarzen Meer bis
die Zeit etwa vom 2. bis ins 6. Jahrhun- ordnung Europas. Nachdem die Ale- zur Ostsee, nachdem es den Goten ge-
dert n. übl. Ztr. anzusetzen; wir haben mannen den Limes durchbrochen hat- lungen war, zahlreiche sarmatische
gesehen, daß ihre Ursprünge viel weiter ten, stießen sie bis nach Rätien, sogar bis Stämme, ferner die Heruler, die Wen-
zurückliegen. Im 2. Jahrhundert n. übl. nach Oberitalien vor, Ostgermanen er- den und andere in ihr Reich einzuglie-
Ztr. aber entwickelt sich unter dem schienen auf dem Balkan, in Griechen- dern. Dieser große Machtbereich stand
Druck der nördlichen Bewohner Euro- land und Kleinasien, die Franken drän- aber in einem schroffen Gegensatz zur
pas, der unvermindert all die Jahrhun- gen am Niederrhein gegen Gallien vor. Zahl der Ostgoten, die über dieses weite
derte angehalten hat, und aus zurückge- Die Kämpfe gehen mit wechselndem Gebiet verteilt waren. So kam es, daß
das große Ostgotenreich dem Ansturm
der Hunnen nicht standhalten konnte.
Die Ostgoten wurden geschlagen, und
auch die Westgoten vermochten ihnen
nicht zu widerstehen, sie zogen sich
nach Siebenbürgen hinter die Karpaten
zurück. Ein Teil dieses Volkes, der in-
zwischen zum Christentum übergetre-
ten war, überschritt bei Silistria die Do-
nau. Da die von den Römern gemachten
Zusagen nicht eingehalten wurden,
mußten sie zu den Waffen greifen. Sie
schlugen das oströmische Heer bei
Adrianopel und beherrschten damit
den größten Teil der Balkanhalbinsel.
Inzwischen war der Rest der Westgoten
unter Athanarich gefolgt. Sie traten,
wieder vereinigt, 382 n. übl. Ztr. in der
Form in oströmische Dienste, daß sie
die Sicherung der Donaugrenze gegen
entspechende Landabgabe übernah-
Abb. 27: Kampf um die Porta Nigra. men.

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hörten die Eroberungszüge auf, es fand


sich kein zweiter Führer von derselben
Tatkraft und Begabung mehr. Und da-
mit begann auch schon der Niedergang
des Reiches. Bürgerkriege gegen die
Ureinwohner des Landes schwächten
die Kraft des Reiches nach außen, dazu
kam mit der Zeit die Wirkung des afri-
kanischen Klimas auf die Germanen,
die dadurch verweichlichten. Der letzte
König der Wandalen, Gelimer, wurde
von Belisar, dem Feldherrn des oströ-
mischen Kaisers Justinian, als Gefange-
ner nach Konstantinopel gebracht. Das
war das Ende des Wandalenreiches.

Diese Vergänglichkeit, die hier in einem


besonders schlagenden Beispiel vor Au-
gen tritt, ist aber, wie wir sahen, ein
Merkmal der meisten Staatsgründun-
Abb. 28: Alarich in Rom. gen in der Völkerwanderungszeit. Um
sie zu verstehen, muß man bedenken,
Etwa um 400 n. übl. Ztr. herum kam es Ztr.) bei Mainz den Rheinübergang, daß die wandernden Stämme, die da die
römischer Bedrückung wegen wieder überschritten 409 n. übl. Ztr. die Py- Länder rund um das Mittelmeer erober-
zum Streit. Unter Alarich stießen die renäen und siedelten sich in Spanien an. ten, zunächst einmal keineswegs sehr
Westgoten bis nach Griechenland vor 429 n. übl. Ztr. führte Geiserich sie nach zahlreich waren. Gegenüber der Urbe-
und schlossen mit dem oströmischen Nordafrika (Abb. 30), wo sie auf dem völkerung waren sie überall nur eine
Reich Frieden, weil sie von dem weströ- Gebiet des unter römischer Herrschaft Minderheit, im günstigsten Fall – wie
mischen Heermeister Stilicho, einem stehenden Karthago ein mächtiges man, natürlich sehr ungefähr, geschätzt
Wandalen, der zu der Zeit der eigentli- Reich schufen. Die Flotte Geiserichs hat – bis zu 10 Prozent der Gesamtbe-
che Herr des weströmischen Reiches war der Schrecken Roms. Mit ihr be- völkerung. So standen sie den früheren
war, bedroht wurden Sie erhielten von herrschte er das Mittelmeer. 455 n. übl. Bewohnern, die sie unterworfen hatten,
den Oströmern Illyrien. 408 n. übl. Ztr., Ztr. eroberte er Rom und führte die als die zahlenmäßig bei weitem unterle-
nach dem Tode Stilichos, stieß Alarich Witwe des Kaisers und ihre Töchter ge- gene Kriegerkaste gegenüber, die aber
gegen Westrom vor. Dreimal wurde fangen nach Karthago. alle Macht in Händen hatte. Eine Ver-
Rom belagert, und nachdem es sich schmelzung mit der Urbevölkerung
Das Mittelmeer war um jene Zeit sozu-
zweimal losgekauft hatte, beim dritten fand offenbar nirgends statt; dem wider-
sagen ein germanisches Meer, wie die
Male gestürmt. Alarichs Einzug in die sprach der Stolz auf die eigene Art, das
Karte zeigt: im Süden die seebeherr-
„Ewige Stadt“ veranschaulicht Bild 28. Rassebewußtsein, das gerade die Ger-
schenden Wandalen, im Westen und
Der Plan Alarichs, nach Afrika überzu- manen kennzeichnete. Das Verfahren
Norden die West- und Ostgoten. Ledig-
setzen, scheiterte. Er starb 410 oder An- der Kolonisation war also das Gegenteil
lich die griechischen Inseln und die
fang 411 n. übl. Ztr. von dem, das die Römer bei der Aus-
kleinasiatische Küste waren in der
Allgemein bekannt ist, daß Alarich bei breitung ihrer Herrschaft anzuwenden
Hand Ostroms (Abb. 31).
Cosenza im Bett des Flusses Busento pflegten, die überall die unterworfene
begraben worden ist (Abb. 29). Die Go- Ein rundes Jahrhundert, von 429 bis 534 Urbevölkerung in den Verband des
ten leiteten den Fluß um, begruben Ala- n. übl. Ztr., währte das Reich der Wan- Reiches einbezogen und ihm allmählich
rich im Flußbett und ließen dann das dalen in Nordafrika. Als Geiserich im anglichen, was oft so weit ging, daß die
Wasser wieder seinen alten Lauf neh- Jahre 477 n. übl. Ztr. gestorben war, Unterworfenen das eigene Volkstum
men. So schläft ein germanischer Held
unter den Wassern des Busento seinen
ewigen Schlaf!
Unter Athaulf zogen die Westgoten im
Jahre 412 n. übl. Ztr. nach Gallien, spä-
ter nach Spanien, und erhielten von den
Weströmern schließlich Aquitanien als
Wohngebiet.
Unter dem Druck der Goten und Hun-
nen kamen auch die wandalischen
Hauptstämme der Hasingen und Silin-
gen, die an der Theiß saßen, in Bewe-
gung. Mit ihnen zog auch ein Großteil
Alanen, ein nichtgermanischer Volks-
stamm, aber der indogermanischen
Sprache angehörend, und Sweben. Ein
Versuch, sich nach Süden zu wenden,
wurde von Stilicho verhindert. Darauf
zogen Wandalen und Alanen nach We-
sten zum Rhein, erzwangen gegen den
Widerstand der Franken (406 n. übl. Abb. 29: Alerichs Begräbnis.

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Als Friedensbürge kam der achtjährige


Sohn des Ostgotenfürsten Thiudimer,
Theoderich, an den oströmischen Hof
nach Byzanz, wo er zehn Jahre blieb.
469 n. übl. Ztr. kehrte er zurück. Trotz
des langjährigen Aufenthaltes in By-
zanz hatte er sich alle gotischen Tugen-
den bewahrt. Mit einer von ihm gesam-
melten Mannschaft junger, tatenfroher
Goten schlug er die nichtgermanischen
Sarmaten und bewies damit seine Füh-
rereigenschaften. Nach dem Tode sei-
nes Vaters ging die Führung der Ostgo-
ten an ihn über.
In Italien (Westrom) herrschte damals
der germanische Heerkönig Odowakar
aus dem Stamme der Skiren. Es würde
zu weit führen und ein Buch für sich fül-
len, wollten wir den Wanderzug der
Ostgoten genau verfolgen. Mit Kämp-
Abb. 30: Wandalen in Nordafrika. fen für und gegen Ostrom vergehen die
Jahre und wir finden 489 n. übl. Ztr. die
und die eigene Sprache gänzlich aufga- Burgunden zusammen mit Franken und Ostgoten unter Theoderich auf dem
ben. Die Germanen legten Wert darauf, Westgoten gegen die Hunnen, als deren Marsche nach Italien. Odowakar ver-
für sich zu bleiben. Verbündete die Ostgoten mit in den mochte sie nicht aufzuhalten. Er wurde
Kampf gezogen waren. Auch hier, wie am Isonzo und an der Adda geschlagen,
Die Schlacht auf den katalaunischen
so oft in der Geschichte, kämpften Ger- und nach dreijährigem Widerstand fiel
Feldern, die unser Bild (Abb. 32) zeigt,
manen gegen Germanen. Die Nieder- auch seine Hauptstadt Ravenna. Theo-
spielte sich im Jahre 451 n. übl. Ztr. in
lage, die Attila erlitt, war der Wende- derich ließ sich 493 n. übl. Ztr. zum Kö-
der Gegend des heutigen Châlons-sur-
punkt im Andrang der Hunnen gegen nig ausrufen und wurde vom oströmi-
Marne ab. Sie galt der Abwehr der Hun-
Westeuropa. Attila zog sich mit seinem schen Kaiser als sein Stellvertreter in
nen, deren Vordringen nach West-
Heer zurück. Im nächsten Jahr fiel er in Italien anerkannt.
europa sie beendete. Das Hunnenreich
Italien ein; er kam aber zu keinem dau- Diese Unterstellung unter die Oströmer
war damals auf dem Höhepunkt seiner
ernden Erfolg mehr, zumal in seinem war ein Notbehelf. Zahlenmäßig waren
Macht; es nahm etwa das Gebiet des
Heer die Pest ausbrach. So trat er den die Goten die Schwächeren. Wenn auch
heutigen Ungarn ein. An seiner Spitze
Rückmarsch in die Heimat an, wo er als Angriffsheer von unwiderstehlicher
stand Attila, der in der Sage unter dem
dann plötzlich und unerwartet starb. Wucht, so waren sie als Besatzungsheer
Namen Etzel bekannt ist. Er hatte die
Mit seinem Tode zerfiel auch sein Reich eines großen Gebietes zu stark ausein-
Alleinherrschaft über die Hunnen-
ebenso schnell, wie es erstanden war. andergezogen, um dem oströmischen
stämme an sich gerissen, hatte die be-
Damit war die Hunnengefahr gebannt. Kaiser das Gebiet auf die Dauer vorent-
nachbarten Germanen unterworfen
und hatte es sogar fertiggebracht, dem Nach dem Tode Attilas befreiten sich halten zu können, denn noch war By-
oströmischen Kaiser Tribute aufzuerle- die Ostgoten von der hunnischen Herr- zanz eine gewaltige Macht. Ravenna
gen. Nun richtete sich sein Blick nach schaft und eroberten bald Slawonien. war die Hauptstadt des neuen Ostgo-
Westen, wo er auch bald darauf mit Der oströmische Kaiser gebot ihrem tenreiches, in dem sie selbst nur eine
Burgundern, Franken und Westgoten weiteren Vordringen Einhalt durch verschwindende Minderheit bildeten.
zusammenstieß. Die Kämpfe, zu denen Zahlung von jährlich 300 Pfund Gold. Daß eine solche Lage für die Goten
es hier kam, sind dann später mit ande-
ren Gegenstand der großen deutschen
Heldendichtung geworden; das Nibe-
lungenlied, die Sage von Dietrich von
Bern, das Waltharilied berichten von ih-
nen.
Die Burgunden, von denen im Nibelun-
genlied im besonderen die Rede ist,
saßen seit dem 4. Jahrhundert n. übl.
Ztr. am Main, seit dem Beginn des 5.
Jahrhunderts n. übl. Ztr. am Mittel-
rhein, wo nun um Mainz und Worms ein
burgundisches Reich erstand. Unser
Bild (Abb. 34) zeigt sie vor Worms, dem
nachherigen Wohnsitz ihres Königs
Gunther. Von hier wanderten sie nun,
dem Druck der Hunnen nachgebend,
weiter an die Rhone, in das heutige
Burgund in Frankreich, wo sie dann
endgültig blieben. Und hier kam es auch
zur Entscheidungsschlacht gegen die
Hunnen. Unter der Führung des weströ-
mischen Feldherrn Aëtius kämpften die Abb. 31: Die germanischen Reiche am Mittelmeer um 500 n. übl. Ztr.

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So endete das ostgermanische Reich


nach einem heldenhaften Ringen um
Lebensraum.
Die westgermanischen Völker, mit
Ausnahme der Langobarden, blieben in
all der Zeit seßhafter. Sie vollführten
mehr eine schiebende Bewegung nach
Westen, indem sie weniger andere Völ-
ker überlagerten, als vielmehr vor sich
herschoben. Auch hier zeigt sich unver-
kennbar der Druck aus dem Norden. Er
wirkt sich aber mehr in südwestlicher als
in südlicher Richtung aus, geht zum Teil
sogar nordwestlich nach England, um
erst später wieder unter den Franken
auf die Südrichtung zu kommen.
Die Sachsen, wohl weniger durch Krieg,
als durch freiwillige Vereinigung mit
den Chauken, Angrivariern und Che-
ruskern im 3. Jahrhundert n. übl. Ztr. als
Abb. 32: Schlacht auf den katalaunischen Feldern. Stammbund auftretend, entwickelten
im 5. Jahrhundert n. übl. Ztr. einen sehr
ständige Kampfbereitschaft bedeutete, vorher das Ostgotenreich nach helden- starken Ausdehnungsdrang, weil offen-
leuchtet ein. Straffste Manneszucht und mütigem Kampfe zusammengebro- bar ihr Lebensraum zu eng geworden
Gerechtigkeit den Unterlegenen ge- chen. Sie fanden wenig Widerstand; le- war. Sie übten so einen Druck auf die sa-
genüber werden von ihnen gerühmt. diglich Pavia mußte drei Jahre belagert lischen Franken aus, verdrängten sie
So war auch das Reich Theoderichs werden. Es wurde dann die Hauptstadt vom Zuidersee, setzten sich an der
nicht von Bestand. Er starb im Jahre 526 des langobardischen Reiches in Italien. Loiremündung fest, gingen von der
n. übl. Ztr., ohne daß es ihm gelungen Bis 672 n. übl. Ztr. hielten sie das Land holländischen Küste sowohl als auch
war, sein Ziel zu erreichen, nämlich das trotz mehrfacher Angriffe des oströmi- zwischen Weser und Elbe mit Angeln
sinkende weströmische Reich und seine schen Reiches. Aber auch sie waren und Jüten nach England und besetzten
Kultur unter germanischer Herrschaft zahlenmäßig zu schwach, um den das Gebiet südlich und nördlich der
zu erhalten. Sein Plan, die verschiede- Kampf – der insbesondere auch mit Themse etwa um 450 n. übl. Ztr., nach-
nen germanischen Reiche der Westgo- den römischen Päpsten durchge- dem die letzten römischen Legionen
ten, Wandalen, Burgunden und Fran- führt werden mußte – auf die Britannien etwa 50 Jahre früher
ken unter seiner Führung zu vereinigen, Dauer zu bestehen. Von Papst verlassen hatten. Davon, daß trotz
scheiterte an der mangelnden staats- Hadrian I. gerufen, unterwarf dieser Abwanderung das Sach-
männischen Einsicht der anderen Für- Karl „der Große“ (der Sach- senvolk noch oder bald wieder
sten, die die vom oströmischen Reiche senschlächter) 781 n. übl. sehr stark war, zeugen die
drohende Gefahr nicht sehen wollten Ztr. die Langobarden und Kämpfe mit den Franken
oder konnten. So geschah es denn, daß gliederte sie in das Fran- durch Jahrhunderte hin-
das ostgotische Reich seinen Schöpfer kenreich ein. durch. Wenn sie auch spä-
nicht lange überlebte; im Jahre 555 n. ter, 804 n. übl. Ztr., der
Am längsten von den Übermacht der Franken
übl. Ztr. wurden die letzten Gotenkö-
aus der Völkerwande- und der mit diesen ge-
nige Totila und Teja nach heldenmüti-
rung auf fremdem wissermaßen verbün-
gem Widerstand von dem oströmischen
Boden gegründeten deten Kirche erlagen,
Feldherrn Narses geschlagen. Damit
germanischen Rei- so endete damit keines-
kam Italien wieder unter oströmische
chen hielt sich das wegs ihre Art und ihr
Herrschaft, die aber nicht mehr von
Reich der Westgoten Volkstum. Hundert
Dauer war.
in Spanien. Toledo Jahre später steht
Das Grabmal Theoderichs in Ravenna war ihre Hauptstadt.
ist erhalten geblieben. Unser Bild (Abb. Deutschland unter der
In wechselvollem Führung ihres Herzogs
37) zeigt es. Die Decke ist ein einziger Schicksal, im Kampf
Stein von 300 Tonnen Gewicht. Sie er- Heinrich.
mit Ostrom und den
innert an die Decksteine der Riesen- Päpsten in Rom, de- Den Alemannen, die
steingräber. Theoderich lebt in der Sage ren weltliche Macht ebenfalls immer wieder
unter dem Namen Dietrich von Bern sich damals zu ent- versuchten, durch eine
(= Verona, wo er sich öfter aufhielt) falten begann, ver- Ausbreitung ihren Le-
weiter. läuft ihre Ge- bensraum zu ver-
Um die Zeit, als Theoderich gegen Ita- schichte. Auch ihr Übertritt größern, gelang es nach dem
lien aufbrach, kamen auch die Lango- zum katholischen Glauben Tode des römischen Feldherrn
barden, die zuletzt an der Elbe saßen, in (vorher waren sie, wie alle Go- Aëtius (454 n. übl. Ztr.) das El-
Bewegung. Sie überrannten die Rugier ten, Arianer) hält ihren Unter- saß, die Rheinpfalz und das südli-
(488 n. übl. Ztr.) in Mähren und Nie- gang nicht auf. Blutmäßig und che Rheinhessen zu besetzen,
derösterreich, eroberten das zwischen auch sonst unterhöhlt, fallen sie ebenso sich über die Ostschweiz
Donau und Theiß gelegene Herulerge- den mohammedanischen Mau- und über Bayrisch-Schwaben bis
biet (505 n. übl. Ztr.), besiegten 567 n. ren 711 n. übl. Ztr. in der nach Regensburg auszudehnen.
übl. Ztr. die Gepiden und stießen 568 Schlacht von Xeres de la Fron- Abb. 33: Krone des westgotischen
nach Italien vor. Dort war wenige Jahre tera zum Opfer. Königs Recceswinth.

92 Nordische Zeitung 4, 76. Jg. / 3808 n. St.


umbruch_4_08:umbruch_4_08 13.11.2008 0:42 Uhr Seite 93

Warthe, Netze und


Oder. Ein Teil dieser
Dagebliebenen bildete
einen neuen Stamm, die
Widiwasier. Nur zö-
gernd rückten die Sla-
wen in die gering be-
wohnten Gebiete ein,
hauptsächlich im Zu-
sammenhang mit den
Einbrüchen der asiati-
schen Awaren. –
Einen ersten bekannten
Staat bildete ein Teil
der Slawen, die heuti-
gen Tschechen, in Böh-
men und Mähren, wo-
bei aber hervorgehoben
werden muß, daß der
Franke Samo der
Abb. 34: Burgunden vor Worms. Schöpfer dieses Staates
war. Weitere Einwan-
Durch die Erstarkung des fränkischen hin ausweichen. Im 6. Jahrhundert n. derungen fanden im 7.
Reiches wurde die weitere Ausdehnung übl. Ztr. besiedelten sie die Alpentäler, und 8. Jahrhundert n.
verhindert. Die nördlichen Gaue ka- Niederösterreich, Ober- und Nieder- übl. Ztr. statt. Im 8.
men unter fränkische Herrschaft, wäh- bayern und Tirol. 788 n. übl. Ztr. kamen Jahrhundert n. übl. Ztr.
rend über die südlichen Theoderich der sie zum Frankenreich. scheint ein stärkerer
Große, der Ostgotenkönig, eine Art Durch den Wegzug der Goten, Gepi- Zustrom gewesen zu
Schutzherrschaft ausübte. Im 8. Jahr- den, Wandalen, Burgunden usw. aus sein, der zu einem un-
hundert n. übl. Ztr. werden sie dann auf- dem Osten des heutigen deutschen Le- mittelbaren Druck auf
grund des Massenmordes an ihren Füh- bensraumes war das Land, wenn auch die östlichen Germa-
rern in Cannstadt ins Frankenreich ein- nicht menschenleer geworden, so doch nenstämme, so insbe-
gegliedert. nur dünn besiedelt, und man kann dem sondere auf die Sach-
Von den übrigen germanischen Völ- Bericht, daß die wieder in ihre alte Hei- sen, führte und dem
kern jener Zeit im Bereich des deut- mat wandernden Heruler ein weithin diese sowohl als auch Abb. 36:
Schwert des
schen Lebensraumes sind noch die leeres Land fanden, schon Glauben später Karl „der fränkischen
Thüringer und die Bayern zu erwähnen. schenken. Andererseits aber saßen Große“ und Heinrich I. Königs
Von beiden Stämmen ist wenig be- doch noch Reste der verschiedener entgegentraten. Die Childerich.
kannt. Die Thüringer, die sich aus Her- Stämme in diesen Gebieten, was schon Tatsache, daß viele Sla-
munduren, einem Teil der Angeln und dadurch bezeugt ist, daß die zurückge- wenfürsten germanische Namen trugen,
der Warnen bildeten, gründeten etwa bliebenen Wandalen Geiserich, bevor läßt annehmen, daß die im Gebiet ver-
um 400 n. übl. Ztr. ein eigenes Reich. Sie er mit seinem Volk nach Afrika ging, bliebenen germanischen Sippen als
leisteten Attila Waffenhilfe. Unter Her- darum baten, ihnen – den in der Heimat Führergeschlechter anerkannt worden
manifried waren sie gebliebenen – das Land der Ausgezoge- sind. So unterzeichnet der erste polni-
immerhin so bedeu- nen als Eigentum zu geben. So waren sche Reichsgründer im Jahre 922 einen
tend, daß Theode- Goten noch in der Krim, Wandalen in Vertrag mit dem Papst mit dem germa-
rich der Große mit Schlesien und Ungarn, Gepiden an der nischen (wikingischen) Namen Dagon.
ihnen ein Bündnis Weichsel und burgundische Sippen an (Fortsetzung im nächsten Heft)
schloß. Sie konnten
jedoch gemeinsa-
men Angriff von
Franken und Sach-
sen nicht standhal-
ten. Um die Mitte
des 6. Jahrhunderts
n. übl. Ztr. wurden
sie dem Franken-
reich einverleibt.
Die Bayern, wahr-
scheinlich die Nachkom-
men der Markomannen,
wohnten bis etwa 500 n.
übl. Ztr. in Böhmen, sie
mußten dann vor den
mongolischen Awaren
über den Böhmerwald

Abb. 35: Langobardisches


Schwert aus Italien. Abb. 37: Theoderichs Grab.

Nordische Zeitung 4, 76. Jg. / 3808 n. St. 93


umbruch_4_08:umbruch_4_08 13.11.2008 0:42 Uhr Seite 94

Die Dorfkinder fragen:


Mich mengt und knetet die Mama.
Unseren jüngyen Gefährten Bei allen Festen bin ich da.
Doch vorher steckt man mich ins Loch.
Da werd’ ich heiß, als ob ich koch.
Und bin ich kalt, dann bin ich schön,
mit Zuckerguß fein anzusehn?
Der Kuchen

Welche Leser können im Winter nicht


lesen? Die Ährenleser

Heidenspaß

New York vor dem Ersten Weltkrieg.


Finkelstein macht an der Lower East
Side, dem Einfallstor für ostjüdische
Immigranten, ein koscheres Restaurant
auf, doch obgleich er sehr gut kocht und
bescheidene Preise fordert, kommen
wenig Gäste. Man macht ihn darauf auf-
merksam, daß sich das kaum ändern
wird, solange er keinen Maschgiach
(Aufseher für Koscherfragen) anstellt.
Also stellt Finkelstein einen Masch-
giach an, und es hilft tatsächlich, das Re-
staurant läuft täglich besser, woraufhin
der Maschgiach eine Lohnaufbesserung
verlangt. Er bekommt sie, es kommen
immer mehr Gäste, der Maschgiach for-
dert eine zweite Gehaltserhöhung.
Als er aber zum dritten Mal mehr Geld
haben will, sagt Finkelstein ärgerlich:
„Ich bessere Ihr Gehalt jetzt zum aller-
letzten Mal noch weiter auf! Allmählich
fängt es aber an, mir eher zu lohnen, ko-
scheres Fleisch einzukaufen!“
*
S chääl geht in Köln an St. Severin vor-
über und bleibt erstaunt stehen. Da hat
doch sein Freund Tünnes eine Schaukel
im Portal aufgehängt und schaukelt
vergnügt zur Kirche hinein und wieder
hinaus, immer hin und her.
„Ja, wat es denn dat?“ ruft Schääl aus,
und Tünnes ruft herunter: „Ich gewinn
nur dä Toties-quoties-Ablaß.“ (Diesen
Ablaß kann man nämlich gewinnen, so-
oft man eine Kirche an einem bestimm-
ten Tage betritt.)

Gib Obacht!
Nach allen Ausgängen
halt Ausschau,
Spielanleitung:
Die Kinder bilden einen Kreis, der nach links herumgeht. Ein Kind ist die „Zip-
eh du eintrittst,
felmütz“ und geht in die Kreismitte, geht nach rechts herum. (Zipfelmütze wird sieh dich sorgsam um.
durch Hände über dem Kopf halten angedeutet.) Bei * bleibt es vor einem Kind Wer weiß,
stehen und stützt die Hände in die Hüften. Dann macht es die gesagten Bewe- wo ein Feind
gungen „wirft die Beine hinter sich“ usw. Dann gibt es dem andern Kind die
Hände und beide tanzen im Galopp am Platz herum. Beide gehen dann in den auf der Lauer liegt.
Kreis und singen: „Es gehen zwei Zipfelmütz“, usw. Havamal

94 Nordische Zeitung 4, 76. Jg. / 3808 n. St.


umbruch_4_08:umbruch_4_08 13.11.2008 0:42 Uhr Seite 95

Polizei-Razzia im
weltberühmten Kloster
Neue+ vom alten Feind Eklat im deutschen Kloster Maria
Laach. Ein deutscher Benediktiner-Pa-
ter aus dem Kloster Maria Laach wurde
kurz vor Weihnachten beim Stehlen von
Meist lange Jahre 1998: Ein 67 Jahre alter Pfarrer aus dem Porno-DVDs in einem Würzburger
oberschwäbischen Bergatreute wird
unbemerkt – wegen sexuellen Mißbrauchs zu neun
Sex-Shop erwischt. Dies berichtet die
Sexueller Mißbrauch bringt „Abendzeitung“. Der Pater verübte
Monaten Gefängnis auf Bewährung den Diebstahl von Schwulen-Pornos in
Priester nicht selten verurteilt und muß zudem eine Geld- dezenter Straßenkleidung und wurde
vor Gericht strafe in Höhe von 5000 Mark zahlen. Er nach einer Verfolgungsjagd durch die
hatte im Religionsunterricht an einer Innenstadt von der Polizei festgenom-
Fälle sexuellen Mißbrauchs durch Prie- Schule mehrfach zehn bis zwölf Jahre men. Bei einer anschließenden Razzia
ster der katholischen Kirche werden alte Mädchen belästigt. im Kloster Maria Laach wurden 230 ein-
meistens erst dann bekannt, wenn sie 1999: Ein 39 Jahre alter Pfarrer aus dem schlägige Filme beschlagnahmt, darun-
bereits strafrechtliche Konsequenzen schwäbischen Ort Wald wird zu dreiein- ter auch 40 DVDs, die dem Würzburger
für den Täter haben. Die Deutsche halb Jahren Haft verurteilt. Ihm halten Sex-Shop-Besitzer schon vorher gestoh-
Presse-Agentur hat an einige Miß- die Ermittler sexuellen Mißbrauch in 59 len worden waren. Eine Stellungnahme
brauchsfälle aus den vergangenen Jah- Fällen vor. Opfer waren zwei Jungen des Klosters gab es nicht.
ren in Deutschland erinnert. Sie haben und ein Mädchen im Alter zwischen elf
allesamt überregional für erhebliches und 14 Jahren.
Aufsehen gesorgt.
2000: Ein katholischer Pfarrer aus dem
Domküster dealt mit Heroin
1993: Ein 44 Jahre alter Pfarrer aus dem Landkreis Coburg in Bayern wird we- aus Kirchen-Safe
hessischen Kreis Bergstraße wird wegen gen sexuellen Mißbrauchs von Kindern
sexueller Nötigung zweier Mädchen zu zu einer Bewährungsstrafe von zwei Der Domküster von Halberstadt (Sach-
zwei Jahren Haft mit Bewährung verur- Jahren verurteilt. Der 60 Jahre alte sen-Anhalt) ist wegen des Verdachts
teilt. Richter befinden ihn für schuldig, Mann soll sich an drei Jungen im Alter auf illegalen Drogenhandel festgenom-
zwei damals 14 und 16 Jahre alte Schwe- von neun und elf Jahren vergangen ha- men worden. Der 47jährige solle sich in
stern in vier Fällen mißbraucht zu ha- ben. Ein Vater hatte ihn während des großem Stil als Rauschgiftdealer
ben. Der Priester hatte die Taten vor Weihnachtsgottesdienst in der Kirche betätigt und den „Stoff“ im Dom St. Ste-
Gericht gestanden. des Mißbrauchs seines Sohnes bezich- phanus zwischengelagert haben, teilte
1994: Ein katholischer Pfarrer aus der tigt. die Polizei mit. Bei einer Durchsuchung
nordrhein-westfälischen Stadt Krefeld der Kirche seien in einem Wandsafe im
2000: Ein 45 Jahre alter Priester aus
wird wegen sexuellen Mißbrauchs an ei- Heizungsraum 27 Gramm Heroin si-
Südbaden wird wegen schweren sexuel-
nem neunjährigen Jungen zu vier Jah- chergestellt worden.
len Mißbrauchs von Kindern zu zwei
ren Haft verurteilt. Jahren Haft ohne Bewährung verur- Bei der Festnahme des Mannes in Mag-
teilt. Der Pater, der einer konservativen deburg wurden zudem drei Kilogramm
1995: Gegen einen 44 Jahre alten Pfar-
Bruderschaft angehörte, hatte sich an Marihuana gefunden, die er zuvor ei-
rer aus Gilching in der Nähe von Mün-
zwei Jungen im Alter von sechs und acht nem niederländischen Lastwagenfahrer
chen wird wegen des Besitzes von Kin-
Jahren sexuell vergangen und einen von abgekauft haben soll. Gegen den Mitar-
derpornos auf Videokassetten ermit-
ihnen zum Oralverkehr gezwungen. beiter des Evangelischen Kirchspiels
telt. Der Pfarrer wird daraufhin von sei-
April 2002: Ein 40jähriger Pfarrer aus wurde Haftbefehl wegen illegalen Han-
ner Landeskirche vom Dienst suspen-
dem bayerischen Ort Sandberg erstattet dels mit Betäubungsmitteln in nicht ge-
diert.
bei der Polizei Selbstanzeige, daß er ei- ringen Mengen erlassen.
1995: Ein 67 Jahre alter Pfarrer aus dem
nen Jungen sexuell mißbraucht hat. Die Die Evangelische Kirche zeigte sich be-
niedersächsischen Hildesheim wird in
Diözese Würzburg entbindet daraufhin stürzt und suspendierte den seit 18 Jah-
den Ruhestand versetzt. Er hatte zuvor
den Mann mit sofortiger Wirkung von ren beschäftigten Domküster mit sofor-
zugegeben, sich an mehreren minder-
seinen priesterlichen Pflichten und in- tiger Wirkung vom Dienst.
jährigen Jungen vergangen zu haben. Es
formiert die römischen Behörden der
gab in diesem Fall allerdings kein kirch-
katholischen Kirche – es ist das erste
liches Gerichtsverfahren, da die Taten
Mal, daß ein solcher Rapport an den Priester wollte 1/2 Mio €
des Pfarrers bereits verjährt waren.
Vatikan öffentlich bekannt wird ersicht- mit Kokaindeal verdienen
1996: Ein 47 Jahre alter Pfarrer in Wan- lich deswegen, weil der Mann zur Poli-
gen/Allgäu verzichtet nach Vorwürfen zei gegangen war. Sonst erfolgen bei sol- Ein italienisches Gericht hat einen Prie-
sexueller Verfehlungen auf sein Pfarr- chen Selbstanzeigen nur Versetzungen. ster wegen Kokainbesitzes zu dreiein-
amt. Das Ordinariat hatte ihn bereits Juli 2002: Das Bistum Mainz beurlaubt halb Jahren Haft verurteilt. Der 44-
beurlaubt. Ein Gerichtsverfahren wird einen Priester aus Rüsselsheim im süd- jährige Stefano Ciacca habe die Drogen
schließlich eingestellt. hessischen Kreis Groß-Gerau. Er steht im Schätzwert von einer halben Million
1996: Ein 65 Jahre alter katholischer im Verdacht des sexuellen Mißbrauchs Euro verkaufen wollen, meldete die
Priester aus Haren im Emsland wird zu eines Jugendlichen. Der Priester soll Nachrichtenagentur Ansa.
zwei Jahren Haft auf Bewährung und sein Unwesen über Jahre hinweg unbe- Ein Spürhund habe in einem an den
darüber hinaus zu einer Geldstrafe ver- merkt getrieben haben. Der Vorsit- Decknamen „Don Ziliotti“ in Perugia
urteilt. Der inzwischen pensionierte zende der Deutschen Bischofskonfe- adressierten Paket aus Südamerika die
und in einem Kloster lebende Pfarrer renz und Mainzer Bischof Kardinal Karl Droge erschnüffelt und die Ermittler so
soll sich acht Jahre lang in insgesamt 225 Lehmann kündigte in diesem Zusam- auf Ciaccas Spur gebracht. Der Geistli-
Fällen an 14 Meßdienern und Erstkom- menhang schließlich an, den Vorwürfen che wolle nichts vom Inhalt des
munikanten vergangen haben. rasch und intensiv nachgehen zu wollen. Päckchens gewußt haben. Bei einer

Nordische Zeitung 4, 76. Jg. / 3808 n. St. 95


umbruch_4_08:umbruch_4_08 13.11.2008 0:42 Uhr Seite 96

Hausdurchsuchung entdeckte die Poli- der Flucht. Insgesamt hatten 100 Perso-
zei Ansa zufolge aber eine kleine nen an der Zeremonie teilgenommen Bucbesprecungen
Buchbesprechungen
Waage, Substanzen zum Strecken des und von dem Trank gekostet. Auch an-
Kokains und Marihuana. dere Priester aus der Gegend hatten in
letzter Zeit derartige Zeremonien ange- Deutscher Jahrweiser – Geschichte.
Zusammen mit Ciacca wurde auch ein Heimat- und Volkstum 2009
Komplize verurteilt. Ansa zufolge wa- boten und durchgeführt – allerdings mit
ren die beiden Männer im vergangenen weniger dramatischem Ausgang. Germanische Welt 2009
Jahr nach Kolumbien gereist und hatten Anmut und Schönheit 2009
dort Ciaccas Ersparnisse in Kokain in- jeweils Kalender mit 12 meist farbigen
vestiert, das sie dann per Post nach Ita-
lilen schickten.
Gegen das Vergessen: Abbildungen. Orion-Heimreiter-Ver-
lag, Kiel, je 11,20 €
Schlacht am Kahlenberg Für volks- und artbewußte Menschen
Nonne stirbt qualvollen bei Wien sind die Kalender eine Freude. Der Ka-
Tod am Kreuz Vor 325 Jahren, am 12. 9. 1683 n. übl. Ztr.,
lender Germanische Welt zeigt Abbil-
dungen von Gemälden mit Motiven aus
wurde die türkisch-osmanische Belage-
Eine junge Nonne ist in Rumänien auf der Vorzeit, Wikingerzeit, auch einige
rungsarmee unter Großwesir Kara
brutale Weise getötet worden, weil sie Mustafa von einem Entsatzheer vernich-
Fotografien. Darunter auch Motive, die
angeblich vom Teufel besessen war. Ein tend geschlagen. Als höchstrangigem der ganz neu sind, beispielsweise ein
Priester und vier Mitschwestern hatten am Feldzug teilnehmenden Fürsten lag Gemälde von Eberhart Reimann, der
die 23jährige tagelang an ein Kreuz ge- der nominelle Oberbefehl beim polni- das Heiligtum in Goseck mit dem Son-
fesselt. Der Abt des Klosters nannte die schen König Johann Sobieski. Tatsächlich nenaufgang zur Wintersonnenwende
Kreuzigung „genau das Richtige“. wurden die Operationen von einem darstellt.
Von Gläubigen gerufene Sanitäter fan- Kriegsrat geleitet, dessen herausragender Im deutschen Jahrweiser finden wir
den die junge Frau im Kloster zur heili- Kopf ein deutscher Reichsfürst, Herzog Gemälde aus Geschichte und Gegen-
gen Dreifaltigkeit in Tanacu tot an ein Karl von Lothringen, war. wart, darunter ein eindrucksvolles Ni-
Kreuz gefesselt, teilte die Polizei in der Dem Entsatzheer gehörten 11.000 Bay- belungen-Aquarell von Prof. Petersen,
Provinzstadt Vaslui mit. Die Schwester ern, 10.000 Sachsen, 8000 Männer des aber auch beispielsweise eine Farbfoto-
habe seit drei Tagen geknebelt am schwäbischen und fränkischen Reichs- grafie von Königsberg.
Kreuz gehangen. Zuvor sei das Opfer kreises, 21.000 Mann aus den verschiede-
In Anmut und Schönheit sind Bilder aus
mehrere Tage an Händen und Füßen nen Ländern des Kaisers und 20.000 Po-
dem Anfang der Freikörperkultur, Na-
gefesselt ohne Wasser und Nahrung in len, insgesamt 70.000 Mann an. Zahlreiche
Niederländer schlossen sich dem Ersatz- turaufnahmen, teils farbig. Sie gehören
einem Anbau des Klosters gefangen ge- in die Reformbewegung, die mit dem
heer als Freiwillige an.
halten worden. Der Priester und die vier Wandervogel vor über 100 Jahren be-
Nonnen erklärten nach Polizeiangaben, Die Türkengefahr war zumindest vorläu- gann und die den Menschen zurück zur
die junge Frau sei vom Teufel besessen fig vom Reich abgewendet. Dennoch blieb
Natur und zur eigenen Art, dem eigenen
gewesen. es bei zahllosen „Buß- und Bettagen“, mit
Volk und der eigenen Heimat führen
denen überall in deutschen Landen dazu
Nach Aussage der Polizei lebte die beigetragen werden sollte, die „Türkenge- sollte.
Nonne erst seit drei Monaten in dem fahr“ auch künftig abzuwenden. Alle Kalender sind ein Schmuck für das
Kloster im Nordosten Rumäniens. deutsche Haus. J. R.
Nach einem Besuch bei einer Freundin
habe der Priester, der sie jetzt exor-
zierte, ihr geraten zu bleiben. „Sie war
krank und besessen. Wir haben mehrere
Messen gelesen, um den Bann zu lösen.
Deshalb haben wir vom religiösen
Standpunkt her genau das Richtige ge- Nacricten
tan“, sagte der Abt des Klosters von Ta-
canu, Bruder Daniel, der Nachrichten-
agentur Mediafax.
Der orthodoxe Patriarch in Bukarest, Freiwillige Kreuzigungen Ohrringe. Und war erstaunt: „Ich hoffe,
es handelt sich um einen blöden Zufall
Bogdan Teleanu, sagte der Nach- In San Pedro Cutud (Philippinen) ha- und die Hersteller-Firma hat das nicht
richtenagentur AFP, er könne den Fall ben sich auch in diesem Jahr mehrere beabsichtigt.“
nicht beurteilen, weil er nicht wisse, Männer zu Ostern ans Kreuz nageln las-
„was die junge Frau getan“ habe. Hannelore Ponterlitschek von der Im-
sen. Das blutige Schauspiel zieht jedes
port-Firma „Ponti“ war bestürzt. „Die
Jahr Tausende Touristen an. Wie der
Ohrringe haben wir in China einge-
Priester vergiftet 64 Dorfchef sagte, erwarte er auch künftig
kauft. Wir haben überhaupt nicht das
weitere Freiwillige, die sich mit zehn
Gläubige Zentimeter langen Nägeln kreuzigen
Hakenkreuz dort hinein interpretiert.
Wir sind von einem griechischen Mäan-
lassen wollen.
In der Republik Kongo starben 64 Be- dermuster ausgegangen. Und als diese
wohner eines Urwalddorfes, nachdem Mäander entwickelt wurden, gab es
sie einen „Zaubertrank“ eingenommen Hakenkreuz-Ohrringe noch keinen National-
hatten, den der katholische Dorfpfarrer im Supermarkt sozialismus.“
zusammengemischt hatte. Leser-Reporter Michael Schil- Die Handelskette
Das Getränk war Teil einer „Reini- ling (21) entdeckte beim Ein- Globus nahm diese
gungszeremonie“, bei der die Gläubi- kauf in einer Filiale der Han- Ohrringe für 5,95
gen von ihren Plagen und Sünden „er- delskette „Globus“ in St. Wen- Euro aus dem Sorti-
löst“ werden sollten. Der Priester ist auf del (Saarland) Hakenkreuz- ment.

96 Nordische Zeitung 4, 76. Jg. / 3808 n. St.


umbruch_4_08:umbruch_4_08 13.11.2008 0:42 Uhr Seite 97

Zentralrat der Juden nuierliche und partnerschaftliche Zu-


Die Sonne geht nict wirklic unter,
sammenarbeit der Vertragsparteien be-
erhält 5 Millionen währt“, so die Bundesregierung. Vor e+ iy die Erde, die ihre Bahn fortsetzt.
Der Innenausschuß hat in seiner Sit- dem Hintergrund wachsender Aufga- Wie die Sonne sceint die Seele
zung am Mittwochvormittag der Er- ben und neuer Anforderungen der jüdi- de+ geliebten Menxen
höhung der Staatsleistung für den Zen- schen Gemeinschaft in Deutschland in einer anderen Welt weiter.
tralrat der Juden auf 5 Millionen Euro hätten sich die Vertragsparteien auf
jährlich zugestimmt. Alle Fraktionen eine Erhöhung der Staatsleistung ver- Wir nehmen Abxied
billigten den Entwurf eines Gesetzes ständigt. von unserer geliebten Gefährtin
zum Vertrag vom 3. März
2008 zwischen der Bundes- Hildegard Scerer
republik Deutschland und Å 1. Hornung 3722 n. St.
dem Zentralrat der Juden ˇ 22. Gilbhart 3808 n. St.
in Deutschland (16/10296).
Damit wird die bestehende
Regelung vom 27. Januar
2003 geändert. Mit dieser
Vereinbarung seien die
H andle so, daß Du überzeugt
sein kanny, mit Deinem
Handeln auc Dein Beye+
Beziehungen zum Zentral-
rat der Juden in Deutsch-
und Äußerye+ dazu getan zu
land auf eine vertragliche haben, die Menxenart, au+
Grundlage gestellt wor- der Du hervorgegangen biy,
den, heißt es im Gesetzent- beyand+- und entwiqlung+-
wurf. „Der Vertrag hat fähig zu halten.
sich seither als tragfähige Unfaßbar: Werbeanzeige der Polizei Niedersachsen in der
Grundlage für eine konti- Braunschweiger Zeitung vom 1.11.08 Erwin Guido Kolbenhe¥er

Gemeingermanischer ergänzter Futhark:

ABCDEFGH I JKLMNOPQRSTUVWXYZ ÄÖÜ


A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z Ä Ö Ü

Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft we- FÖRDERER werden. Als Förderer bezahlen Sie einen Bei-
sensgemäßer Lebensgestaltung e.V. ist die größte heidnische Ge- trag nach Selbsteinschätzung, mindestens aber 55,– € im Jahr,
meinschaft Deutschlands (dazu noch Mitglieder in anderen ger- worin der kostenlose Bezug der Nordischen Zeitung, unseres
manischen Völkern) mit tiefreichenden Wurzeln. Sie wurde 1951 Gefährtschaftsbriefes und unserer Flugblätter, ferner der Neu-
gegründet und vereinigte sich 1965 mit der Nordischen Glaubens- erscheinungen der „Schriftenreihe der Artgemeinschaft“ ent-
gemeinschaft e.V., die 1928 gegründet worden war und sich 1954 halten ist.
in Nordisch-religiöse Gemeinschaft umbenannt hatte. Mit den be-
reits 1924 gegründeten Nordungen fand 1983 die Vereinigung 䡵 Wenn Sie keiner Bekenntnis- oder Religionsgemeinschaft an-
statt. In der Artgemeinschaft wird ferner das Gedankengut der gehören und sich neu binden wollen, das „Artbekenntnis“ und
1913 von Ludwig Fahrenkrog gegründeten Germanischen Glau- das „Sittengesetz unserer Art“ voll bejahen sowie überwiegend
bens-Gemeinschaft (GGG) fortgeführt und weiterentwickelt, nordisch-fälische Menschenart verkörpern, können Sie Antrag
nachdem diese 1957 ihre Tätigkeit eingestellt hatte, im Vereinsre- auf Aufnahme als MITGLIED in die Artgemeinschaft stellen.
gister gelöscht wurde, und die Reste ihrer aktiven Mitglieder zur Sie zahlen einen Monatsbeitrag (nach Selbsteinschätzung) in
Artgemeinschaft bzw. Nordisch-religiösen Gemeinschaft gekom- Höhe von mindestens 1 % des Nettoeinkommens. Mindestbei-
men waren. trag ist ein Betrag von 5,– € je Monat. Im Mitgliedsbeitrag ein-
geschlossen ist die kostenlose Lieferung der Nordischen Zei-
Wir können auf eine jahrzehntelange Erfahrung bei der Neuge- tung und des Gefährtschaftsbriefes, unserer Mitteilungen und
staltung eines uns gemäßen Glaubens verweisen, da wir die älteste Flugblätter, von Neuerscheinungen der „Schriftenreihe der
germanisch-heidnische Glaubensgemeinschaft mit durchgängigem Artgemeinschaft“ und der Reihe „Werden und Wesen der Ar-
Wirken sind. Bei uns finden Sie nicht nur ein reges Gemeinschafts- treligion“. Die Mitglieder der Artgemeinschaft sind gleichzei-
leben auf den regelmäßig wiederkehrenden Gemeinschaftstagen, tig Mitglied im Familienwerk, das einen Familienlastenaus-
sondern über die „Nordische Zeitung“, zwei Schriftenreihen, eine gleich erstrebt, Beitrag: gestaffelt (von € 0,– bei drei Kindern
Buchreihe sowie Einzelschriften auch eine geistige Auseinander- bis € 95,– bei kinderlos jährlich, Ermäßigung möglich). Ferner
setzung mit dem Christentum, Darstellung alter Bräuche und die haben Mitglieder einen Arbeitsdienst von 31/2 Tagen im Jahr in
Durchformung eines arteigenen Glaubens. Wegen der großen einem unserer Gemeinschaftsheime zu leisten, bei Nichterfül-
Nachfrage sind von zahlreichen Veröffentlichungen, die wir her- lung für jeden nicht geleisteten Tag 50 € zu zahlen. Mit Eingang
ausgebracht haben, viele bereits vergriffen. Nur wenn Sie laufend Ihres Antrages auf Aufnahme werden Sie zunächst im Regel-
mit uns Verbindung pflegen, können Sie mithin sicher sein, auch fall ein Jahr als Anwärter bis zur endgültigen Entscheidung
alle neuen Veröffentlichungen von uns zu bekommen. über Ihre Mitgliedschaft geführt und haben in dieser Zeit be-
Sie haben neben Abrufen unserer Darstellung aus dem Internet reits die Beiträge zu zahlen, erhalten andererseits die für Mit-
(www.asatru.de) drei Möglichkeiten, mit uns in Verbindung zu glieder bestimmten Leistungen mit Ausnahme der Mitteilun-
bleiben, wozu Sie bitte einen Vordruck von unserer Heimatseite gen. Die Entscheidung über Ihre Aufnahme fällt im Regelfall
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䡵 Wenn Sie auch zu Tagungen eingeladen und über die gemein- Sie eine einmalige Aufnahmegebühr in Höhe von 30,– € zu
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austreten oder sich noch nicht neu binden möchten, können Sie nen früheren Jahrgang der Nordischen Zeitung erhalten.

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