Mäzenatentum Kolloquium zur Philanthropie in Luxemburg in der Philharmonie
oder Wohltätigkeit
Juncker: „Die Chancen nutzen“
Man dürfe das Mäzenatentum der Unternehmen nicht mit der Philanthropie von Privatpersonen gleichsetzen, meinte Virginie Seghers, Beraterin für Mäzena- tentum und soziale Verantwor- Bei der Modernisierung des Rechtsrahmens sollen Erfahrungen der Nachbarländer genutzt werden tung von Betrieben. Beide Grup- pen hätten verschiedene Bedürf- VON JAKUB ADAMOWICZ am Mittwoch die Vorteile des eng- nisse und stellten demnach un- lischen Stiftungsrechts hervor: terschiedliche Anforderungen an Das Stiftungs- und Spendenwesen „Der Zweck steht im Vorder- die Philanthropie-Politik. Zudem in Luxemburg erhält einen moder- grund, die Vorschriften sind kein forderte die französische Exper- nisierten Rechtsrahmen, um den Selbstzweck, sondern dienen le- tin, dass bei der Ausbildung der heutigen philanthropischen Anfor- diglich der Absicherung, dass die künftigen Unternehmensleiter derungen gerecht zu werden. Lu- Stiftungsaktivitäten dem Allge- das Mäzenatentum und die so- xemburg soll so Kompetenzzentrum meinwohl dienen.“ Xavier Delsol ziale Verantwortung stärker be- für grenzüberschreitende Spenden von „Delsol&Associés“ warnte da- rücksichtigt werden. (DS) werden. Staatsminister Jean-Claude vor, die im französischen Stif- Juncker will bis 22. Mai dem Parla- tungsrecht bestehenden Genehmi- Bewertung ment entsprechende Vorschläge gungs- und Aufsichtsprozeduren vorlegen. bei der Modernisierung des lu- bleibt problematisch xemburgischen Stiftungsrechts zu Bei dem Kolloquium ging es auch „Wir müssen gut überlegen, aber übernehmen. „Das französische immer wieder um die Bewertung auch schnell handeln“, sagte Jun- Stiftungsrecht betrachtet gemein- der Organisationen und der Pro- cker am Mittwoch während seiner nützige Vereinigungen (,utilité pu- jekte, die unterstützt werden sol- Eröffnungsrede des Philanthropie- blique‘) zu restriktiv“, so Delsol. len. Um möglichst viele poten- Kolloquiums in der Philharmonie. Richtungsvorgabe: Premierminister Jean-Claude Juncker will das Stiftungs- Ludwig Forrest von der belgischen zielle Spender anzuziehen, halten Der Regierungschef unterstrich und Spendenwesen in Luxemburg weiterentwickeln. (FOTO: VIC FISCHBACH) Dachstiftung „Roi Baudouin“ die Experten eine Bewertung für seine Unterstützung für das mo- machte auf die Reform des belgi- unerlässlich. Sie sei nötig, um derne Stiftungswesen: „Der Staat sierten Kolloquium wurde gestern von Stiftungen. Außerdem man- schen Stiftungsrechts von 2002 den Impakt der Arbeit zu chif- darf und wird sich nicht aus der erneut deutlich, dass Luxemburg gelt es an Beratungsstellen, um aufmerksam, mit der mehrere Stif- frieren. Gestaltung öffentlicher Politiken beim Stiftungs- und Spendenwe- Fördermittel – etwa auf EU-Ebene tungsformen geschaffen wurden. Gleichzeitig waren sich die meis- zurückziehen, aber er kann nicht sen beträchtlichen Handlungsbe- – auszuschöpfen. André Prüm, Dekan der Fakul- ten Redner aber einig, dass eine alleine alle Funktionen erfüllen.“ darf hat. tät für Rechts-, Wirtschafts- und Bewertung immer auch ein Pro- Juncker setzt auf Komplementari- „Aus eigener Erfahrung kann Bewusstseinswandel fördern Finanzwissenschaft an der Uni- blem darstellt. Da die zur Verfü- tät: „Stiftungen stehen für schnelle ich sagen, dass Luxemburg bei der Zwei Faktoren sind für eine erfolg- versität Luxemburg, sprach sich gung stehenden finanziellen Mit- und unkomplizierte Lösungen und Modernisierung seines Rechtsrah- reiche Modernisierung des Stif- für eine Evolution des bestehen- tel begrenzt sind, herrscht unter können damit einen wichtigen er- mens für Philanthropie harte Ar- tungs- und Spendenrechts ent- des Rechtsrahmens aus. Luxem- den Organisationen natürlich ein gänzenden Beitrag zur Gesell- beit bevorsteht“, sagte Bertram scheidend: die Schaffung eines an- burgs Stiftungsrecht basiert auf harter Konkurrenzkampf. Wer- schaftspolitik des Staates leisten“. Pohl. Der Schweizer hat in Sennin- gemessenen Rechtsrahmens und einem Gesetz aus dem Jahre 1928. den die Bewertungen veröffent- gerberg eine Stiftung gegründet, ein Bewusstseinswandel bei den „Auf dieser Basis können Anpas- lich, kann dies für einige Organi- Dachstiftung schaffen um junge Musiker zu unterstüt- Akteuren (Privatpersonen, öffent- sungen vorgenommen werden sationen schwerwiegende Folgen Auch wenn der Staatsminister bei zen. Doch die Gründung einer Stif- liche Verwaltungen, Unterneh- und gleichzeitig Aufsichtsproze- nach sich ziehen. Deshalb sei nur der Modernisierung des luxem- tung im Großherzogtum war kom- men). duren berücksichtigt werden“, so eine Bewertung durch eine unab- burgischen Stiftungsrechts „keine pliziert: „Es waren zwei Jahre Bei der Modernisierung des be- Prüm. hängige Instanz ratsam, hieß es Tabus“ scheut, sprach sich Jun- harte Arbeit“, so Pohl, der meh- stehenden Rechtsrahmens hat Lu- seitens der Experten. (DS) cker für die Schaffung einer Dach- rere Problembereiche benannte: xemburg zwei Vorteile: Zum einen Schirmherrschaft stiftung aus, wie sie etwa in Bel- können die Anforderungen auf- Soll die Philanthropie in Luxem- gien mit der „Fondation Roi Bau- Handlungsbedarf grund der kurzen Entscheidungs- burg ihre Chancen nutzen, ist ein Potential für Stiftungen doin“ oder in Frankreich mit der Das bestehende Stiftungsrecht be- wege schnell und umfassend er- Bewusstseinswandel innerhalb und Unternehmen „Fondation de France“ bestehen. hindert die Gründung von Stiftun- fasst werden. Gleichzeitig hat Lu- der Gesellschaft unabdingbar. Bisher arbeiten Luxemburgs Stif- Mit seiner Eröffnungsrede hat Jun- gen, statt sie zu fördern. Steuerli- xemburg die Möglichkeit, aus den „Entscheidend für den Erfolg tungen bei Philanthropie-Projek- cker die Bedeutung der Moderni- che Anreize liegen unterhalb der Erfahrungen mehrerer europäi- vieler Stiftungsinitiativen ist die ten nur unzureichend mit den sierung des Stiftungs- und Spen- im EU-Vergleich verbreiteten scher Staaten zu lernen und die Schirmherrschaft durch bekannte Unternehmen des Landes zusam- denrechts unterstrichen. Am 22. Standards. Es gibt keine rechtliche besten Elemente der jeweiligen Personen wie Bill Gates oder Ri- men. Dadurch geht beiden Seiten Mai sollen im Rahmen der Rede Besserstellung von Stiftungen ge- Philanthropie-Vorschriften zu chard Branson. Dadurch steigt die wertvolles Aktions- und Ge- zur Lage der Nation konkrete Vor- genüber anderen Rechtsformen. übernehmen. Bereitschaft der Bevölkerung zu schäftspotential verloren. Ver- schläge folgen. Bei dem von der Besonders hemmend, so Pohl, ist Russel Prior von der britischen spenden“, so „The Economist“-Re- besserungsbedarf besteht sowohl Banque de Luxembourg organi- die Besteuerung der Aktivitäten „Charities Aid Foundation“ hob dakteur Matthew Bishop. innerhalb vieler Unternehmen (Einbeziehung von Mitarbeitern für Stiftungs- und Spendenpro- jekte) als auch bei der gemeinsa- men Ausarbeitung von Philan- Welches Philanthropie-Modell für Luxemburg? thropie-Vorhaben, so Laurent Marc Pfitzer plädiert für einen nationalen Ansatz Probst von PWC Luxemburg. (ja) Wenn Luxemburg sich die nötigen zu schaffen, dass mögliche Spen- Strukturen geben will, um eine der auch ein Interesse darin sehen, zeitgemäße Philanthropie-Politik ihr Geld in wohltätige Projekte zu Zum Nachdenken auf die Beine zu stellen, kann sich investieren. So stammt das luxem- das Land zwar an erfolgreichen burgische Stiftungsrecht bei- Der Vermesser des Reichtums Modellen im Ausland inspirieren, spielsweise noch aus dem Jahr doch letztendlich muss das Kon- 1928 und wird den heutigen Anfor- Ihm wurde klar, dass es einen zept auf nationaler Ebene fest ver- derungen folglich kaum noch ge- gravierenden Unterschied zwi- ankert werden und den lokalen recht. Die allgemeinen Regeln schen Reichtum und Vermögen Gegebenheiten Rechnung tragen. sollten möglich einfach und gibt, zwischen Reichen und Ver- Zu diesem Schluss kam Marc Pfit- unkompliziert sein, meinte Marc mögenden. Die Spezies der Rei- zer, Managing Director von FSG Pfitzer weiter. chen ist demnach daran zu erken- Social Impact Advisors beim Phi- Eine nationale Stiftung sollte nen, dass sie sich gerne als luxus- lanthropie-Symposium. schließlich nur solche Fonds auf- fixierte Exzentriker aufführt, we- Pfitzer sprach sich für eine „Na- legen, die wirklich gebraucht wer- niger soziologisch ausgedrückt: tional Community Foundation“ als den und auch erfolgversprechend Bei ihr wird die Kreditkarte nicht eine Art Dachorganisation aus. sind. Dabei sollte man sich zu- kalt. Aber das ist es denn auch. Für Eine ähnliche Rolle kommt in Bel- nächst auf rein nationale Projekte den Vermögenden dagegen ist ty- gien der Fondation Roi Baudouin Aller Anfang ist schwer: Bei der Entwicklung seiner Philanthropie-Politik konzentrieren und versuchen, auf pisch, dass er in einem Gemeinwe- zu. Damit die nationale Stiftung sollte Luxemburg zunächst das eigene Terrain fest im Visier behalten. Erst in diesem Gebiet möglichst eine Vor- sen Verantwortung übernimmt, wirkungsvoll funktionieren kann, einem zweiten Schritt sollte man globaler denken. (FOTO: SHUTTERSTOCK) reiterrolle zu erreichen. Erst dann gerade dann, wenn der Sozialstaat soll sie Konzepte nach Maß anbie- sollte man sich auch über die an seine Grenzen gelange. Der ten, sie muss transparent sein und meln, müsse die Stiftung schließ- Für den Experten ist es aller- Grenzen hinaus orientieren. Als Vermögende gibt sich durch sein sie muss wirtschaftlich nachhaltig lich die Spender nicht nur infor- dings unerlässlich, dass die Rah- letzten Schritt könnte man sich philanthropisches Handeln zu er- wirken. Dadurch hätten poten- mieren, sondern auch motivieren. menbedingungen in Luxemburg dann auf die europäische Bühne kennen, pathologisches Konsu- zielle Spender eine Garantie, dass Zu diesem Zweck sollte man auf angepasst werden. Dazu müssten wagen, betonte der Experte. Auf mieren ist seine Sache nicht. ihre Gelder sinnvoll und effektiv breit angelegte Werbe- und Infor- sowohl legale als auch steuerliche alle Fälle müsste man aber von Hanns-Bruno Kammertöns, angelegt werden, so Pfitzer. Um mationskampagnen zurückgreifen Veränderungen vorgenommen dem Know-how des Finanzplatzes Die Zeit, 4. 4. 2007 möglichst viele Gelder zu sam- können. werden, um die nötigen Anreize Luxemburg profitieren. (DS)