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Erläuterungen zu den von Erich Adickes, respektive Friedrich Berger


herausgegebenen Nachlassbänden (AA 14 - 19)

Der von Erich Adickes und seinem Assistenten Friedrich Berger


herausgegebene Teil des handschriftlichen Nachlasses ist in 8141
Einzelnotizen aufgeteilt. (Die Notizen sind von 1 bis 8112 durchnummeriert.
Der Unterschied zwischen der Anzahl der Notizen -- 8141 -- und der letzten
Notiznummer -- 8112 -- kommt dadurch zustande, dass einzelne
Notiznummern mehfach vergeben und durch einen kleinen Buchstaben
ergänzt wurden. Beispiele sind die Notizen 158 und 158a in AA 15.) Jede
Notiz ist mit einem Notizkopf versehen. In den Notizköpfen stehen erstens die
jeweilige Notiznummer, zweitens ein Code für mögliche Datierungen, wann die
Notiz verfasst wurde, drittens der Fundort und ggf. viertens weitere
Anmerkungen. Adickes schlüsselt im Vorwort von AA 14 die Datierungscodes
und die -- vor allem zur Angabe der Fundorte -- verwendeten Abkürzungen
auf. Der Schlüssel für Datierungscodes und das Abkürzungsverzeichnis sind
im Folgenden komprimiert wiedergegeben:

Datierung der Notizen

1
α : Etwa 1753 - 1754.
2
α : Etwa 1754 - 1755.
1
β : 1752 - W.S. 1755/56.
2
β : 1758 - 1759.
γ: 1760 - 1764.
δ: Um 1762 - 1763.
ε: Sicher vor ζ, Verhältnis zu δ nicht sicher bestimmbar.
ζ: Um 1764 - 1766.
η: 1764 - 1768.
θ: Etwa 1766 - 1768, sicher nach ζ, vor κ.
ι: Etwa 1766 - 1768, sicher nach ζ, vor κ.
κ: 1769.
λ: Ende 1769 - Herbst 1770.
μ: Etwa 1770 - 1771, sicher später als κ, λ, früher als ν, ξ, ο.
ν: Etwa 1771, sicher später als κ, λ, μ, früher als ξ, ο.
ξ: Etwa 1772, sicher später als κ - ν, früher als υ, φ.
ο: Sicher früher als υ und φ, später als κ - ν und in vielen Fällen auch als ξ;
anderswo mögen ξ und ο gleichzeitig sein.
π: Wahrscheinlich zwischen den Phasen ξ und ρ.
ρ: Um 1773 - 1775.
σ: Etwa 1775 - 1777. σ ist oftmals gegen χ nur schwer oder gar nicht
abzugrenzen, und auch nach rückwärts mag σ sich noch bis in das Jahr 1774
hinein erstrecken.
τ: Um 1775 - 1776, sicher nach κ, μ, vor υ, φ, ψ
υ und φ: um 1776 - 1778, sicher später als κ - τ, früher als ψ
χ: 1778 - 1779. Bei manchen Bemerkungen ist die Abgrenzung nach σ, bei

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anderen die nach ψ hin schwer oder gar unmöglich.


1
ψ : Etwa 1780 - 1783.
2
ψ : Etwa 1783 - 1784.
3
ψ : Etwa 1785 - 1788.
4
ψ : Etwa 1788 - 1789.
1
ω : 1790 - 1791.
2
ω : 1792 - 1794 (1. Drittel).
3
ω : 1794 - 1795.
4
ω : 1796 - 1798.
5
ω : Sommer 1798 - 1804.

Wenn zwei nicht unmittelbar aufeinander folgende griechische Buchstaben


durch einen Bindestrich verbunden sind (Bsp.: κ -- ξ), dann ist jede der durch
diese Buchstaben und die zwischen ihnen liegenden Buchstaben
bezeichneten Phasen eine mögliche Datierung der jeweiligen Notiz.

Wenn eine Datierung nicht zweifelsfrei möglich ist, dann werden die gleich
wahrscheinlichen Phasen hintereinander mit je einem Fragezeichen versehen
angeführt (Bsp.: μ ? ν ?). Mit zwei Fragezeichen versehene Datierungen
kommen weniger stark in Betracht (Bsp.: φ ??). Schließlich können
Datierungen nach ihrer Wahrscheinlichkeit angeordnet werden. Weniger
wahrscheinliche Datierungen werden rechts von den wahrscheinlicheren in
Klammern gesetzt (Bsp.: μ ? ν ? (κ ? ρ ?)).

Abkürzungen

A.M. = Altpreußische Monatsschrift.


B = Kants Handexemplar der "Beobachtungen über das Gefühl des Schönen
und Erhabenen".
E = B. Erdmann: "Reflexionen Kants zur kritischen Philosophie".
Hb. = Kants "Sämmtliche Werke", in chronologischer Reihenfolge hrsgg. von
G. Hartenstein, 1867 - 1868.
Hg. = Herausgeber.
J = Kants Handexemplar von Achenwalls "Juris naturalis" pars posterior.
Ki. = Kantausgabe der "Philosophischen Bibliothek", ursprünglich hrsgg. von
J.H. von Kirchmann; die beigesetzten lateinischen Ziffern bezeichnen die
Band-Zahlen der letzteren.
L = Kants Handexemplar von Meiers "Auszug aus der Vernunftlehre".
L Bl. = Loses Blatt.
M = Kants Handexemplar von Baumgartens "Metaphysica".
Ms. = Manuscript.
Pr = Kants Handexemplar von Baumgartens "Initia philosophiae practicae
primae".
R = R. Reike: "Lose Blätter aus Kants Nachlass".
R.-Sch. = Kants "Sämmtliche Werke" hrsgg. von K. Rosenkranz und F.W.
Schubert.

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R V = Kants Handexemplar seiner "Kritik der reinen Vernunft".


Th = Kants Handexemplar von Eberhards "Vorbereitungen zur natürlichen
Theologie".

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Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

I. Kant, AA XVIII : Handschriftlicher


Nachlaß

Metaphysik Zweiter Teil

Inhaltsverzeichnis

Vorwort V-VI

Inhaltsübersicht VII-IX

Verzeichniss der Nummern, welche Erdmanns


X-XXIII
Reflexionen in der Akademie-Ausgabe tragen

Reflexionen zur Metaphysik 3-725

Phase υ -- φ 5-217

Allgemeines. 5

Possibile. 101

Connexum. 112

Ens. 124

Ordo. 127

Verum. 129

Perfectum. 130

Necessarium et contingens. 131

Mutabile et immutabile. 137

Reale et negativum. 138

Singulare et universale. 138

1 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Totale et partiale. 140

Prima matheseos intensorum principia. 141

Substantia et accidens. 141

Simplex et compositum. 147

Monas. 149

Finitum et infinitum. 153

Idem et diversum. 156

Simultanea. 157

Successiva. 158

Utilitas. 159

Reliqua causarum genera. 159

Cosmologia. Prolegomena. 160

Notio mundi affirmativa. 160

Notio mundi negativa. 161

Partes universi simplices. 170

Prima corporum genesis. 173

Natura corporum. 174

Substantiarum mundanarum commercium. 177

Naturale. 180

Spontaneitas. 181

Libertas. 182

Natura animae humanae. 186

Origo animae humanae. 189

Immortalitas animae humanae. 190

2 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Status post mortem. 193

Anima brutorum. 195

Exsistentia Dei. 195

Intellectus Dei. 210

Voluntas Dei. 212

Creatio mundi. 213

Finis creationis. 216

Providentia. 216

Phase χ 218-266

Allgemeines (Lose Blätter: Duisburg 9, Reicke Xb l, C


218
11).

Ens. 232

Unum. Verum. Perfectum. 233

Ordo. 234

Necessarium et contingens. 235

Mutabile et immutabile. 237

Reale et negativum. 238

Prima matheseos intensorum principia. 239

Finitum et infinitum. 242

Causa et causatum. 243

Reliqua causarum genera. 244

Cosmologia. Prolegomena. 245

Partes universi simplices. 248

Prima corporum genesis. 248

Natura corporum. 248

3 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Mundus optimus. 251

Spontaneitas. 252

Arbitrium. 252

Liberias. 257

Natura animae humanae. 259

Immortalitas animae humanae. Status post mortem. 259

Theologia naturalis. Prolegomena. 259

Exsistentia Dei. 260

Voluntas Dei. 261

Providentia. 263

Revelatio. 265

Phase ψ 267-606

Allgemeines (Lose Blätter: E 67, C 8, M 21, E 65, B 2,


D 24, C 3, Berl. Staatsbibl. 19, 36, Essen-Königsberg
267
l, J 6, D 4, D 3, M 18, D 9, Opus postumum Conv. IV
Nr. 29, D 11, D 7, B 6, Kiesewetter l, 2, 7).

Possibile. 326

Connexum. 329

Ens. 330

Unum. 339

Ordo. 343

Perfectum. 343

Necessarium et contingens. 344

Mutabile et immutabile. 356

Reale et negativum. 361

Totale et partiale. 365

4 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Prima matheseos intensorum principia. 369

Substantia et accidens. 369

Status. 371

Simplex et compositum. 372

Monas. 373

Finitum et infiuitum. 377

Idem et diversum. 380

Successiva. 381

Causa et causatum. 382

Cosmologia. Prolegomena. 394

Notio mundi aftirmativa. 395

Notio mundi negativa. 397

Partes universi simplices. 414

Prima corporum genesis. 415

Mundus optimus. 415

Substantiaruin mundanarum commercium. 415

Naturale. 417

Natura animae humanae. 420

Systemata psychologica. 421

Immortalitas animae humanae. 422

Status post mortem. 423

Theologia naturalis. Prolegomena. 424

Exsistentia Dei. 426

Intellectus Dei. 431

5 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Voluntas Dei. 440

Operationes Dei. 460

Creatio mundi. 462

Finis creationis. 466

Providentia. 472

Decreta divina. 484

Revelatio. 485

Bemerkungen Kants in seinem Handexemplar von


489
Eberhards Vorbereitung zur natürlichen Theologie.

Einleitung. 489

Von der Bildung des Begriffes von Gott. 530

I. Abschnitt. Von der innern Realität des


Begriffes von Gott, oder von der Möglichkeit 530
eines vollkommensten Wesens.

II. Abschnitt. Von den Irrthümern, die der


579
wahren Religion entgegenstehen.
580
1. Abtheilung. Von der Atheisterei.

III. Abschnitt. 2. Abtheilung. Von der Vielgötterei. 585

IV. Abschnitt.3. Abtheilung. Von dem


589
Aberglauben.

V. Abschnitt. Natürliche Geschichte der


598
Religion.

II. Hauptstück. Von der Mittheilung der


601
Religionserkenntniss.

I. Abschnitt. Von der sinnlichen Mittheilungsart. 601

II. Abschnitt. Von der vernünftigen


605
Mittheilungsart.

Phase ω 607-725

Allgemeines (Lose Blätter: Kiesewetter 3, 8, D 8, D 2,


B 7, D 10, G 6, Borowski, E 8, E 74, E 43, E 50, E 35, 607

6 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

F 7, C 7, F 2, G 5, Berl. Staatsbibl. 6, C 15, F 19, C l,


A 11, E 41, B 4, Bonner Univ.-Bibl., F 4, E 75, Kuffner
4, Opus postumum Conv. IV Nr. 39/40, G 22, E 26, E
28, E 2, D 12, E 53, F 22, E 39, E 7, E 21, M 13,
Reicke Xb 9, Berl. Staatsbibl. 21, Opus postumum
Conv. IV Umschlag, Reicke Xb 12, Reicke Xb 6,
Reicke Xb 7, E 77, G 3, C 2, Essen-Königsberg 11,
Brode, L 17, Berl. Staatsbibl. 11, L 28, K 7, Kemke 2).

Possibile. 695

Connexum. 696

Ens. 697

Unum. Verum. Perfectum. 699

Ordo. 700

Necessarium et contingens. 700

Mutabile et immutabile. 704

Totale et partiale. 704

Prima matheseos intensorum principia. 705

Substantia et accidens. 706

Simplex et compositum. 707

Causa et causatum. 707

Cosmologia. Prolegomena. 709

Notio mundi affirmativa. 710

Notio mundi negativa. 710

Prima corporum genesis. 712

Natura corporum. 712

Immortalitas animae humanae. 712

Theologia naturalis. Prolegomena. 713

Exsistentia Dei. 713

Intellectus Dei. 717

7 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Inhaltsverzeichnis Band 18 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/

Voluntas Dei. 719

Creatio mundi. 721

Finis creationis. 724

Providentia. 725

Berichtigungen 726

[ Gesamtverzeichnis der Akademie-Ausgabe ]

8 von 8 31.03.2009 23:44 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 489 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/489.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 489

Zeile: Text: Verknüpfungen:

01
Nr. 6206—6310: [ Johann August
Eberhard:
Vorbereitung zur
02
Bemerkungen Kants in seinem natürlichen Theologie
zum Gebrauch
Handexemplar von Eberhards akademischer
Vorlesungen (1781) ]
03
Vorbereitung zur natürlichen Theologie.

04
Einleitung.
05
Th § 1—8.

2
6206. ψ . Th II. III.

07 Th II:
08
Die menschliche Vernunft hat die besondere Eigenschaft,
nicht allein
09
die Mo ausser dem, was dazu gehört, sich für eine gewisse
Absicht einen
10
Begrif von einem Dinge zu machen, noch nicht allein
diesen Begrif selbst
11
vermittelst alles dessen, was ihn ausmacht, sondern auch
den Gegenstand
12
des Begriffes in der Art der Dinge, wozu er gehört, zu
vollenden.
13
Wir begnügen uns nicht mit dem, was zum gemeinen
Gebrauche der
14
Worte hinreichend wäre, den Begrif eines Korpers, eines
Menschen, einer
15
Pflantze deutlich zu kennen; wir suchen ihn uns seiner in
allen seinen
16
Merkmalen bewust zu werden, und daraus wird, wenn das
Gesetz der

1 von 2 31.03.2009 23:55 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 489 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/489.html

17
Sparsamkeit dazu kommt, die Definition. Aber wir suchen
überdem,
18
wenn wir das obiect zu einer gewissen Art von Dingen
gezählt haben,

[ Seite 488 ] [ Seite 490 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:55 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 490 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/490.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 490

Zeile: Text:

01
es in Ansehung dieser Art vollstandig zu denken. Korper
gehört zur
02
Materie, und was in seiner Ausdehnung nicht Materie ist,
ist der leere
03
Raum; daher machen wir uns den Begrif von einem
vollkommen dichten
04
Korper. Er hat zusammenhang; wir denken uns einen
vollkommen harten,
05
ohne uns darum zu bekümmern, ob dergleichen wirklich
oder auch (g nur )
06
möglich sey. Also dient uns die Vollständigkeit eines
Dinges von einer
07
Gewissen Art nur zum Maastabe aller übrigen Begriffe
Dinge, die wir
08
uns davon machen k0nnten, so fern sie blos der Größe nach
von einander
09
unterschieden seyn. Die Größen sind Veränderlich; man
muß sie mit
10
einer solchen Vergleichen, die Unveranderlich ist, d.i. der
eines Dinges,
11
was alles enthält, was in dem Begriffe desselben in
Beziehung auf seine
12
Art enthalten seyn kan.

13
Einige dieser Begriffe der Vollendung können wir
bestimmen, indem
14
wir all einen bestimmten und in der Erfahrung wenigstens
negativ anzugebenden
15
Begrif von dem haben, was zu seiner Vollendung gehört
(z.E.
16
unter allen Sehnen im Cirkel den Diameter); andere sind so
beschaffen,
17
daß wir nur die Vollendung denken, selbst aber den Begrif
nicht Vollenden
18
können. Der Begrif des Wohlbefindens ist empirisch, es
kan aber noch
19
manches fehlen an der Zufriedenheit mit seinem Zustande
fehlen. Hier

1 von 2 31.03.2009 23:56 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 490 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/490.html

20
ist nun ein Begrif nothig, dem im Inhalte nichts fehlt, d.i.
das größeste
21
und best immerwährende Wohlbefinden, d.i. die
Glükseeligkeit (g Th I:
22
die wir uns doch nie bestimmt denken können ). Wenn
diese auch nicht
23
von zufalligen äußeren Ursachen abhangt, sondern aus uns
selbst entspringt:
24
Seeligkeit. Nun können wir diesen Begrif des
Wohlgefallens
25
eines Vernünftigen Wesens noch erweitern, indem wir zu
dem, was es
26
genießt, noch hinzu thun setzen, was es thut, d.i. die
Zufriedenheit mit
27
seiner Person und das moralisch gute. Das vollstandige
moralisch gute
28
ist die hochste Tugend. Wenn dasselbe selbst von aller
Neigung zum Bösen
29
frey ist: die Heiligkeit. Heiligkeit also des Willens und
Seeligkeit des Zustandes
30
zusammen macht die Idee des Himmels. Anderer Seits,
weil
31
das, was nicht dessen Begrif im Verhaltnisse der Ursache
und Wirkung besteht,
32
zweyerley Gegentheil hat: ein negatives = 0 und ein
privatives = -,
33
so kan man sich einen Zustand denken, der gar keine
Zufriedenheit übrig
34
läßt: Unglük, und so fern das Wesen in sich selbst die
Ursache enthält:
35
Elend, imgleichen auch einen Willen, der allen moralischen
Gesetzen mit

[ Seite 489 ] [ Seite 491 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:56 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 491 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/491.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 491

Zeile: Text:

01
Absicht zuwieder handelt, und so entspringt die Idee der
Hölle. Daher

02
himmlische Freuden und hollische Qvaalen

03
Ideen.
himmlische Tugend und hollische Laster

[ Seite 490 ] [ Seite 492 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 31.03.2009 23:56 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 492 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/492.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 492

Zeile: Text:

01 Th III:

02
Diese Ideen sind ganz nothwendig, wenn gleich der kein
Gegenstand

03
denselben correspondirte. Es kommt auch nicht darauf an,
ob dergleichen

04
sey, sondern nur: wie wir unsere Begriffe von dem, was ist,
unter

[ Seite 491 ] [ Seite 493 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 31.03.2009 23:57 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 493 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/493.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 493

Zeile: Text:

01
einander besser vergeichen können, indem wir sie mit
einem Dritten, ob
02
es zwar blos Idee ist, als gemeinschaftlichen Maaße
zusammen halten.
03
(Die iulianische periode geht 532 Jahr vor dem Anfange
der Welt vorher).

04
Gedenken wir uns nun ein Individuum nach diesen Ideen,
so ist es
05
das gute oder bose Urw en; denn es wird beydes nicht nach
dem, was
06
es in sich enthält, sondern wovon es die Ursache ist,
betrachtet. (Ob in
07
der Welt, so viel als Gutes auf der einen Seite ist, auch so
viel Boses auf
08
der andern Sey, so wie Bewegung nicht nach einer
direction ertheilt
09
werden kan, ohne eben so viel auf der Gegenseite
hervorzubringen
10
oder zu nehmen, ex isonomiae, so würde das Princip zwar
Gut seyn,
11
aber das Werk desselben nothwendig eben so viel Böses als
Gutes enthalten.)
12
Beyde würden alles, was zur Thatigkeit erfodert wird,
enthalten,
13
aber das eine immer den Grund der Reaction gegen die
Thätigk Wirkung
14
des andern. Ist das böse Wesen seinem Daseyn nach
abgeleitet, aber doch,
15
obzwar die eingeschränkte, Ursache alles Übels: so ists das
Übel oder
16
der Teufel, eine nicht praecise Idee, davon man nicht weiß,
wie weit der
17
Einflus und die Wirkung desselben gehe.

18
Gedenken wir uns ein vollendetes Wesen nicht nach
bestimmten Begriffen

1 von 2 31.03.2009 23:57 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 493 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/493.html

19
des Guten und Bösen, sondern als Ding überhaupt: so ist
dieses
20
die transscendentale Idee von einem hochsten Wesen,
welche auch nöthig
21
ist, um uns die Unterschiede aller moglichen Dinge in der
durchgängigen
22
Bestimmung in Ansehung des Etwas und Nichts überhaupt
zu denken.
23
Zuerst wird alles in Einem gedacht, um hernach in einem
Dinge mehr,
24
im andern weniger zu denken durch bloße Entschrankung
des Urbildes.
25
Ich behalte immer dasselbe Subiect: ein Ding überhaupt,
und durch verschiedene
26
Einschrankung des Wesens, was alles positive enthält,
bekomme
27
ich alle Dinge, so fern sie Etwas sind, heraus, und die
Verschiedenheiten
28
beruhen gleichsam auf der Zusammensetzung des Etwas
mit dem Nichts
29
in dem Unendlichen Raum. Das böse Urwesen wird auch
als unendliche
30
Realität gedacht, aber in der Wirkung wie das Wiederspiel
aller caussalitaet
31
des ersteren, da denn die Welt zwar keine Wiedersprüche,
aber doch
32
lauter wiederstreit der Absichten enthält.

33
Ausser der Nothwendigkeit der Idee eines Vollkommensten
Wesens zu

[ Seite 492 ] [ Seite 494 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:57 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 494 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/494.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 494

Zeile: Text:

01
den Begriffen aller andern zählt urtheilt ihn die Vernunft
auch als nothwendig
02
zum Daseyn der Dinge. Diese blos als Dinge betrachtet
können
03
sich nur durch reali negationen unterscheiden, also nur
durch Schranken
04
einer hochsten Realität. Nun scheint das Daseyn
eingeschränkter Dinge
05
eben so deriuativ zu seyn als ihr Begrif und dagegen das
Daseyn eines
06
wesens, das alle Realitaet hat, allein ursprünglich seyn zu
können. Alle
07
Schatten sind nur überbleibsel des unendlichen Nichts,
namlich der Nacht,
08
die ohne die allerleuchtende Sonne den Raum anfüllen
würde. Es scheint
09
also natürlich, daß nicht das Licht mit Schatten vermischt
zuerst dasey,
10
sondern nur durch größere oder kleinere Einschrankung des
Sonnenlichts
11
entspringe, welches vorausgehen muß. Die hochste realitaet
kan ihre eigene
12
Wirkung einschränken, dadurch sie ihr Daseyn äußerlich
offenbahrt; aber
13
eingeschränkte realitaet hat in ihr selbst kein hinreichend
princip ihrer
14
Moglichkeit; folglich ist auch die Wirklichkeit derselben
als abhängig anzusehn.
15
Ferner entspringt aus dem princip der Durchgängigen
Bestimmung
16
eine durchgängige Gemeinschaft der Abstammung, mithin
Verwandtschaft
17
alles möglichen, darum weil es nur möglich ist in einem
18
Begrif, weil alle negationen nur durch die Begrenzung der
höchsten Realität
19
moglich seyn.

1 von 2 31.03.2009 23:57 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 494 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/494.html

2
6207. ψ . Th III.

21
Das principium Der du exclusi medii, d.i. der Bestimmung,
enthält:
22
daß, wenn der Begrif mit einem zweyer oppositorum
verglichen
23
wird, ihm eines von beyden zukommen müsse. Das princip
der durchgängigen
24
Bestimmung sagt, daß der Begrif eines Dinges überhaupt,
um
25
die Vorstellung eines einzelnen auszumachen, mit allen
moglichen praedicatis
26
oppositis müsse verglichen werden, so daß, wenn es in
ansehung
27
eines bestimmt worden, es in dieser Bestimmung mit
andern praedicatis
28
oppositis verglichen werden müsse und es also als Ding
überhaupt durch
29
das Verhaltnis zum ente realissimo allein bestimmt gedacht
werden könne.
30
Dadurch geschieht, daß ein allgemeiner Begrif sich selbst
durchgängig bestimt
31
und ein Begrif eines einzelnen Wesens wird.

2
6208. ψ . Th IV.

33
Das princip der durchgängigen Bestimmung ist ein
synthetischer
34
Satz; denn er verlangt, daß der Begrif eines jeden Dinges
mit den Begriffen

[ Seite 493 ] [ Seite 495 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:57 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 495 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/495.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 495

Zeile: Text:

01
alles Möglichen in Gemeinschaft stehe und also zu jeder
Bestimmung
02
noch mehrere gehören, die nicht in dem Begriffe des
Dinges
03
analytisch gehören, mithin der allgemeine Begrif nur als
ein Theil von
04
dem Begriffe, der die praedicate zu allen moglichen
enthält, angesehen
05
werde.

2
6209. ψ . Th I.

07
Das principium exlusi medii sagt nur, daß von zweyen
oppositis
08
einem Dinge nicht alle beyde zukommen oder davon
removirt werden
09
können, aber nicht, daß es mit allen moglichen Prädicaten
nothwendig
10
verglichen werden müsse oder auch, d.i. nur in Verhaltnis
auf sie und
11
die Bestimmung nach dem principio exclusi medii existire.
Dies ist das
12
princip der durchgangigen Bestimmung. Das erste ist
logisch und bedeutet
13
nur die Natur disjunctiver Urtheile, welche die
oppositionem contradictionis
14
enthalten; das zweyte ist metaphysisch und bezeichnet die
ableitung
15
des Begrifs jedes Dinges aus dem Inbegrif aller
Möglichkeit,
16
nämlich der höchsten Realitaet.

17
Der menschliche Verstand erfodert zu einem bestimmten
Begriffe

1 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 495 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/495.html

18
eines Dinges (namlich nicht desjenigen, was vielen Dingen
gemein ist,
19
sondern eines einzelnen), daß es sich dadurch von allem
moglichen Unterscheiden
20
lasse, weil er nur durch allgemeine Begriffe urtheilt. Er
muß
21
ihn also mit allen moglichen Pradicaten in der Idee
vergleichen und
22
denkt die durchgangige Bestimmung, die doch keinem
Verstande auszuführen
23
moglich ist. Er setzt also voraus: um ein Ding ganz zu
erkennen,
24
muß man nicht allein wissen, was es enthalt, sondern
überdem alles, was
25
ihm fehlt, damit man es auch in relation erkenne.

26
Das principium der Bestimmung ist das exclusi medii. Das
princip
27
der durchgängigen Bestimmung heißt: ein jedes einzelne
Ding (d.i. so
28
fern es von allen andern unterschieden ist; denn das ein
Ding, allgemein
29
betrachtet als Gattung und Art, ist nur von denen, die nicht
unter
30
diesem Begriffe stehen, unterschieden) ist in Ansehung
alles moglichen
31
durch sein Verhaltnis zum Inbegrif aller moglichen
Prädicate zu unterscheiden.

[ Seite 494 ] [ Seite 496 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 496 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/496.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 496

Zeile: Text:

2
6210. ψ . Th I.

02
(g Theologie. Wir können diesen Gegenstand der Erkentnis
erschopfen;
03
denn er ist uns nicht an sich gegeben. )

04
Die Vernunft des Menschen bedarf einer dreyfachen
Vollstandigkeit.
05
1. Die Vollstandigkeit der Bestimmung eines Subiectes in
Ansehung
06
aller moglichen Pradicate. 2. Die Vollstandigkeit der
Ableitung seines
07
Daseyns von dem Daseyn anderer. 3. Die Vollstandigkeit
der Ableitung
08
des Daseyns aller von einem Daseyn. D. i. der
Gemeinschaft aller in
09
einer einigen Ursache. Drey Ideen.

10
1. Die Vollstandigkeit der Bestimmung eines Dinges relativ
auf
11
einen gewissen Begrif. e.g. den Begriff der Figur, als der
gradlinigten,
12
wenn sie regular sind (als gleichseitige triangel, Vierek)
oder der krummlinigten:
13
Cirkel. Die Bestimmung aus dem Princip des Zwecks in
Ansehung
14
aller Zweke: Moralitaet, oder auch eines Zwecks, der allen
Wiederstreitet.
15
Vollstandigkeit der Freundschaft.

16
2. Die Vollstandigkeit der Ableitung. Das unabhängige
Daseyn,
17
der erste Anfang, die Ursache, die weiter nicht caussatum
ist. Die Idee
18
der Freyheit als einer Art der Causalitaet, die nicht
äußerlich bedingt ist.

1 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 496 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/496.html

19
Der erste Mensch. Der Weltanfang oder des Chaos (Anfang
der Ordnung),
20
endlich das erste Daseyn überhaupt.

21
3. Vollstandigkeit der Gemeinschaft. D.i. durchgängige
Bestimmung
22
des Vielen unter einander durch die Abhängigkeit ihres
Daseyns von
23
Einem. z.B. Gemeines Wesen unter einem Gesetzgeber.
Einheit der
24
Kirche unter einem Oberhaupt. Die caussalitaet vieler
Ursachen, so fern
25
sie durchgängig bestimmt ist durch ihre Abhängigkeit von
einer. Die
26
Welt und Gott.

27
Wir haben 1. Nur einen Begrif von einem Dinge überhaupt,
durch
28
welchen dieses durchgängig bestimmt ist: ens realissimum;
2. Nur einen
29
Begrif welcher So fern dieser Begrif der Einzige ist, der
keines andern
30
zu seiner Bestimung bedarf, auch ein Daseyn, welches
keine Folge aus
31
anderm Daseyn ist, also eines Urwesens; 3. so fern alles
andere Daseyn

[ Seite 495 ] [ Seite 497 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 497 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/497.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 497

Zeile: Text:

01
abgeleitet und keines als jenes ein Ursprüngliches ist, aller
Dinge Gemeinschaft
02
des Ursprungs, folglich vollstandigen Begrif der
Verbindung
03
derselben unter einander. Beste Welt. — Das allgnugsame
Wesen: 1. als
04
das höchste Wesen als Subiect; 2. das Urwesen als
Ursache; 3. das Wesen
05
aller Wesen als Ursache von allem. Theologie.

2
6211. ψ . Th VI.

07
Wie kan das maximum ein Richtmaas unseres Urtheils
seyn, da die
08
Idee desselben alle unsere gegebenen Begriffe übersteigt?
Darum weil
09
die Einschränkungen positiv sind, die ich im maximo alle
Weglasse. Also
10
weil es die reine Idee ist, so wie der Begrif von der Allheit
aus Vielheit
11
ohne Einschränkung entsteht.

12
Eben so

13
So ist der Gottliche Verstand ein reiner Verstand, der
Gottliche
14
Wille ein reiner wille, die gottliche Gegenwart rein, die
Ewigkeit etc. etc.

15
Die Idee des maximi ist die, welche am meisten bestimmt
und daher
16
auch bestimmmend ist.

17
Die Idee des maximi ist allein praecisa, z.B. Vollkommene
Gerechtigkeit

1 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 497 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/497.html

18
und moralitaet.

3
6212. ψ . Th VI.

20
Die drey Aufgaben (g der Metaphysik ): Gott, Freyheit und
Unsterblichkeit
21
passen auf die drey letztere antinomien, wo (wenn man
diese Reihe
22
Umgekehrt nimmt) die Einfachheit, die (g absolute )
Caussalität, die Nothwendigkeit
23
insegesammt aufs Intelligibele angewandt werden können.
Die
24
der Weltgröße in Raum und Zeit kommt hiebey nicht in
Anschlag, weil
25
sie gäntzlich auf sinnliche Bedingungen eingeschränkt ist.
Doch kan sie
26
durch ihre Unzulanglichkeit zum Unbedingten überhaupt
aufs Intelligibele
27
führen (der erste Anfänger der Reihe).

2
6213. ψ . Th VII.

29
Aus obigen Gründen der der Vernunft natürlichen
Bedürfnis, in

[ Seite 496 ] [ Seite 498 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:58 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 498 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/498.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 498

Zeile: Text:

01
Ansehung der Begriffe, die aus ihr entspringen, bis zur
Vollstandigkeit
02
Idee hinauszusteigen, die jenen Begrif vollständig
bestimme,
03
entspringt nun der Begriff eines vollkommensten Wesens.
1. Als eines
04
Dinges überhaupt, 2. als eine Vollkommene Natur (s nach
psychologischen
05
Begriffen ), 3. als das Vollkommenste Princip des Systems
aller Zweke.
06
Die transscendentale, die Natur- und die Moralische
Vollkommenheit.
07
Das hochste Wesen als nun, als die Volkommenste Natur
und zugleich
08
als das hochste Gut betrachtet, ist Gott.

09
(g großte transscendentale, großte Naturvollkommenheit,
großte
10
practische. )

11
Das system unsere Erkentnis von Gott ist nun eine
Wissenschaft
12
und heißt Theologie.

13
Fragen. 1. Wie verhält sich die Theologie als mögliche
Wissenschaft
14
zu dem Vermögen unserer Vernunft? Kan man sie zur
Vollständigkeit
15
bringen, oder bleibt sie wie andere immer einer
Erweiterung fahig?
16
Antwort. Der Gegenstand übersteigt bei weitem den
Menschlichen Verstand,
17
und, was wir von ihm erkennen könten, wenn es ihm
gefiele, sich
18
uns zu offenbaren, reicht bis ins unendliche. Was wir aber
durch das Licht

1 von 2 31.03.2009 23:59 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 498 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/498.html

19
der Vernunft von ihm erkennen können, läßt sich
81vollstandig genau abmessen
20
und die dem Menschen mögliche Natürliche Theologie
vollständig
21
darstellen, ohne daß je eine Erweiterung dieser Einsicht
gehofft
22
werden kan.

23
2. Welcher Art werden die Erkentnisse seyn (g erweiternd
oder berichtigend ),
24
die uns eine solche Wissenschaft liefern kan. Als Erkentnis
25
des gemeinen Verstandes (s als Hypothesis, um die Nat
Kette der Naturursachen
26
zu vollenden. ) wird sie verschiedenes positive enthalten,
welches
27
aber auch ohne Wissenschaft jedermann vor Augen liegt.
Als Wissenschaft
28
aber ist ihr Geschafte blos negativ: a. Irrthümer abzuhalten,
mithin
29
zu verhüten, daß wir uns im Begriffe der hochsten
Vollkommenheit
30
nicht selbst wiedersprechen. b. indem eine Gesunde Critik
die Schranken
31
unserer Vernunft deutlich zeigt, den Frevel der
eingebildeten Klüglinge
32
zu mäßigen, welche durch grundlose Anmaßung in die
Natur der Dinge
33
so tief eindringen zu könen vorgeben, daß sie den
vernünftigen Glauben
34
als ei an ein solches Wesen wiederlegen zu können
meynen.

[ Seite 497 ] [ Seite 499 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:59 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 499 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/499.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 499

Zeile: Text:

01
3. welches Interesse hat die Vernunft an dieser
Wissenschaft? Kein
02
speculatives, sondern blos ein practisches Interesse, und
zwar von diesem
03
allein das moralische. Diese Erkentnis soll uns nicht zu
gelehrten, sondern
04
besseren Menschen machen oder unseren schon vorher
guten Gesinnungen
05
Nachdruk und Beharrlichkeit geben. Es soll aus der
Moralitaet entspringen
06
und darauf wieder zurük wirken. (s Sie gehört nicht zur
Physik,
07
sondern Moral. )

08
4. In dieser Absicht wird zur Erkentnis von Gott, die jeden
interessirt,
09
gemeiner Verstand hinreichen oder Gelehrsamkeit und tiefe
speculation
10
erfoderlich seyn? Gemeiner Verstand, denn die Erkentnis
soll von
11
jedem gefodert werden können.

12
5. Was ist das Minimum der Theologie? Daß es wenigstens
13
möglich sey, daß ein Gott ist, und daß keiner so viel wissen
könne, um uns
14
zu wiederlegen, wenn wir ihn glauben.

15
6. Wie weit geht das Wissen in diesem Puncte? Blos daß
unser
16
Begrif mit sich selbst zusammen stimme und nicht seiner
eignen Absicht
17
wiederstreite. Der Gegenstand ist eine bloße Idee, kan also
nicht nach
18
Erfahrungsbegriffen gegeben werden, und unsere positive
Erkenntnis kan
19
hier nicht wissen seyn.

1 von 2 31.03.2009 23:59 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 499 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/499.html

1 2
6214. ψ - . L Bl. R. Xc 5. S. I. II.

21 S. I:
22
(s theologia vel rationalis vel revelata. )

23
(s Physicotheologia a primo motore. )

24
Der Begrif muß a priori durchgängig bestimmt seyn.
Dieser ist
25
nur der vom ente realissimo. (g Daher diese theologie das
fundament
26
der übrigen. )

27
1. Ens originarium (s Cuius nec conceptus nec existentia
est derivata )
28
als ens summum: Theologia transscendentalis. (s Diese
begreift

[ Seite 498 ] [ Seite 500 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 31.03.2009 23:59 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 500 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/500.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 500

Zeile: Text:

01
Ontotheologie und Cosmotheologie. ) (s Nutzen der
transscendentalen
02
theologie. )

03
2. Ens originarium als summa intelligentia (s lebendig ):
Theologia
04
naturalis.

05
3. Ens originarium als summum bonum: Theologia moralis.

06
(s Der Begrif von Gott: 1. als* isolirter Begrif sibi sufficiens
07
conceptus, 2. als Grenzbegrif, 3. als architectonischer
Begrif. )

08
*(s Möglichkeit aus Begriffen, 2. Nothwendigkeit als
Grund der
09
Reihe, 3. des Systems. )

10
Der blos die erste theologie annimmt, behauptet blos
Weltursache.

11
(s Anselmus: Ontotheologie.
12
Wolff: Cosmotheologie. )

13
Der auch die zweyte theologie annimmt, behauptet sie als
Welturheber.
14

15
(s Physicotheologie. )

16
Der auch die dritte theologie annimmt, behauptet sie als
Weltherrscher
17
(s Gesetzgeber ).

1 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 500 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/500.html

18
(s Begrif — Natur — Wille Gottes )

19
(s speculation oder moraltheologie. Moraltheologie ist nicht
theologische
20
Moral. In der letzteren wird moral vom Daseyn Gottes
abgeleitet,
21
in der ersten das Daseyn und der Begrif von Gott durch
Moral
22
bestimmt. )

23
Deismus, Theismus. Relig. Theismus Moralis.

[ Seite 499 ] [ Seite 501 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 501 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/501.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 501

Zeile: Text:

01
Die Welt als ein Reich der Natur, 2. der Zwecke. 3. der
Gnaden.

02
Das princip, das Daseyn zu beweisen:

03
1. Aus bloßen Begriffen oder Erfahrung überhaupt;

04
2. Aus dem Gegenstande besonderer Erfahrung,
Weltkenntnis;

05
3. Aus unseren Zwecken.

06
(s Ens realissimum als Grund ist das princip aller Wesen
und
07
ihrer materialen realen Moglichkeit. )

08
Die Gewisheit ist apodictisch oder physisch (s hypothetisch
) oder
09
moralisch.

10
Wissen, vermuthen und glauben.

11
(s Nutze der transscendentalen theologie: negativer. )

12
Eigenschaften. 1. transscendentale theologie: Lauter
ontologische
13
praedicate.

14
1. Possibilitas (g omnimoda ). (g Essentia (g originaria ) )
(g Ens summum
15
(entium) als aggregat oder als Grund. Ich schränke nur die
Folgen
16
ein. ) (s contra Atheistas dogmaticos ) 2. Xistentia (g
necessaria )

1 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 501 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/501.html

17
contra Atheistas. 3. Necessitas contra scepticos. 4.
Substantia (g non
18
unica ) contra Spinozam (g mundus non aliud ). 5.
Immaterialitas
19
contra Anthropomorphismum. 6. Vnicitas contra
Polytheismum (g Manichaeism. )
20
7. Extra Mundum contra Stoicorum Animam Mundi.
21
(s Omnisufficientia contra independentiam materiae. ) 8.
Infinitum
22
(s incommensurabile ) contra Anthropomorphismum
subtiliorem. (s Wir

[ Seite 500 ] [ Seite 502 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 502 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/502.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 502

Zeile: Text:

01
stellen uns die Moglichkeit aller finitorum als derivativ vor.
) 9. summa
02
perfectio (g formalis als consensus zu aller realitaet ausser
ihm, also nicht
03
als destructor, sondern conditor realitatis ) contra
Manichaeismum. 10.
04
Aeternitas, Omnipraesentia, Omnipotentia
(Omnisufficientia) (g non solum
05
formalis, sed materialis ). (s attributa operativa. ) (s Causa,
qvae
06
non habet concausam, e.g. Materiam causam mali. )
Immutabilitas.
07
Impassibilis.

08
(s Ob der Begrif von Gott ein physisch- oder moralisch
nothwendiger
09
Begrif sey, nothwendig um besser zu vernünfteln oder zu
10
handeln? Zuerst Bestimmung seiner Idee als obersten
Princips alles
11
Daseyns. Anthropomorphismus. Entweder aus dem Begrif
des
12
höchsten Wesens den Begrif des Urwesens oder umgekehrt.
Aus der
13
Ordnung der Natur wird Aufalligkeit geschlossen. Der
Verstand des
14
Urhebers beweist nicht seine Nothwendigkeit. )

15
(s transscendentale Theologie um der Reinigkeit des
Begrifs von
16
Gott. )

17 S.II:
18
(g Moralischer Beweis des Daseyns Gottes. als einer
nothwendigen
19
Hypothese zum speculativen und practischen Interesse. )

1 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 502 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/502.html

20
Der sceptische Atheism ist die Ohngötterey, der
dogmatische: Gottesläugnung.
21
Der erste streitet nur die Moglichkeit, sich einen Begrif
davon
22
zu machen, der andere die moglichkeit des Wesens selbst.

23
(g Alle Begriffe ausser dem des entis realissimi sind in
Ansehung
24
der übrigen praedicate unbestimmt. )

25
Die Einigkeit folgt aus der omnitudo realitatis, weil im
Begriffe
26
des entis realissimi als Noumeni Raum und Zeit nicht
vorkommen; sonst
27
würden zwey Wesen mit denselben Eigenschaften in
verschiedenen Orten
28
seyn können.

29
(s Die subiective Nothwendigkeit der Vernunft, Gott
anzunehmen,
30
gilt für uns obiectiv. )

[ Seite 501 ] [ Seite 503 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 503 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/503.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 503

Zeile: Text:

01
(g aus Begriffen oder aus factis )

02
Der ontologische Beweis ist mit dem reinen
cosmologischen einerley,
03
nur daß dort aus dem Begrif des entis realissimi die
Nothwendigkeit,
04
hier aus der Nothwendigkeit irgend eines Wesens (als
unabhängiger
05
Existenz oder obersten Grundes zum Wirklichen) auf den
Begrif des realissimi
06
geschlossen wird. Der erste fehlt, daß er den Satz: ens
realissimum
07
existirt, vor analytisch ansieht, da er doch synthetisch ist
und als
08
solcher nicht kan bewiesen werden. Der Zweyte: daß er den
Begrif von
09
der relativen nothwendigkeit der Bestimmung (eines
Dinges
10
(g überhaupt ) in Ansehung der (g opponirten ) praedicate,
die einem
11
Dinge überhaupt zukommen können) vor einen Begrif der
absoluten
12
Nothwendigkeit des Dinges selbst* hält; daß nämlich ens
realissimum
13
in Ansehung aller seiner praedicate durchgängig bestimmt
ist und
14
diese ihm nothwendig zukommen, sey eben so viel als: es
existire nothwendig.
15
Die analytische nothwendigkeit wieder mit der
synthetischen verwechselt.
16

17
*(g Der Fehler ist eigentlich dieser, daß man glaubt, die
reale not
18
aus der logischen nothwendigkeit der praedicate eines entis
realissimi,

1 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 503 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/503.html

19
da namlich nur dieser Begrif durchgehends nothwendig
bestimmt ist,
20
auf die reale nothwendigkeit zu schließen. Wir sollen nur
sagen: wir
21
haben dadurch einen nothwendigen Begrif von einem
Wesen, nicht:
22
einen Begrif von einem nothwendigen Wesen. )

23
(g Zufällig ist das, was nur bedingter Weise existirt. Also ist
nur
24
das Unbedingte nothwendig. Wir können dieses nur
dadurch kennen,
25
daß es die Bedingung von allem übrigen ist. Zeit und Raum
sind
26
zufällige Formen unserer eignen Anschauung. )

27
(g Dem moralischen Beweise ist der anthropomorphism am
meisten
28
entgegen. )

29
Der theistische Begrif ist ein blos relativer oder regulativer,
nicht
30
absoluter und constitutiver anthropomorphism. Der Begrif
von Gott
31
als grenzbegrif der Naturerkentnis nach speculativen
Gesetzen der gesammten
32
Vernunft.

3
6215. ψ . Th 2'. 3'.

[ Seite 502 ] [ Seite 504 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:00 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 504 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/504.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 504

Zeile: Text:

01 Th 2':
02
Wir leben in einem Zeitalter, welches seines gleichen in der
Geschichte
03
des Menschlichen Verstandes noch nicht gehabt hat. Zwar
hat
04
das Menschliche Gemüth zwar vielleicht alle Mogliche
Thorheit und
05
Wahn einer irregehenden Vernunft schon erschöpft, und
man wird zu
06
jedem neuen Unsinn in der alten Zeit wohl immer ein
Beyspiel auffinden;
07
aber daß sich alle Arten von Ungereimtheiten und wahn
zugleich und zwar
08
öffentlich zeigen, indessen die wahre Nachforschung ihr
Vernunft ihre Geschäfte
09
offentlich und ruhig treibt: das ist der als ein
unvermeidlicher
10
Misbrauch der nun allererst aufkeimenden Freyheit zu
denken anzusehen,
11
welche so wie in Staaten, die den Despotism abgeworfen
haben, zuerst
12
anarchie und bürgerliche Zerrüttung, endlich aber doch
einen Gesetzmäßigen
13
bürgerlichen Zustand hervorbringen muß. Das bürgerliche
14
obrigkeitliche Ansehen mengt sich in keine Streitgkeiten,
die blos das
15
(g offentliche (Schriftliche )) Denken angehen, als lediglich
so fern dieses
16
Religion betrift, weil diese wirklich eine machtige Stütze
der Moralitaet
17
und vermittelst ihrer der bürgerlichen Ruhe Sicherheit und
Verbindung

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1 von 1 01.04.2009 0:01 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 505

Zeile: Text:

01
ist. Staaten, die eine innere Festigkeit haben, lassen zwar
diesen Streitigkeiten,
02
so fern sie bey Gelehrten bleiben, freyen Lauf; aber so wie
sich anfangen
03
abtrennungen und Rotten daraus zu erzeugen, welche in
religionsdingen
04
gemeiniglich entweder parteylichkeit gegen einige und Haß
gegen
05
andere hervorbringen: so werden sie auch um den Ausgang
bekümmert,
06
denn das Gleichgewicht ist schweer zu erhalten. Ließe Am
Besten ist doch:
07
sie lassen diese Dinge gehen und begünstigen Vernunft und
Wissenschaft;
08
denn auf diese Art kan allein Gesetzmäßige Denkfreyheit
(anstatt Anarchie)
09
und Obermacht der Vernunft (anstatt Despotism der
Orthodoxie) entspringen.

11
(g Nichts ist schadlicher als dummdreuste Unwissenheit. )

12
Der Unsinn beruht mehrentheils auf dem Geschwätze von
Religion
13
ohne vorausgehende Bstimung von Theologie, und zwar
erstlich derjenigen,
14
welche aus der Vernunft allein ihren Ursprung hat und die
auch
15
jeder andern, sie sey auf Geschichte oder Unmittelbare
Eingebung gegründet,
16
als Criterium ihrer Richtigkeit zum Grunde gelegt werden
muß. — Es
17
ist also vornemlich in unseren Zeiten von der größten
Erheblichkeit, eine
18
wohl durchgedachte Theol und in ihrem ganzen Umfange
vollstandig ausgeführte
19
Theologie der bloßen Vernunft zu Stande zu vorzutragen,
welches

1 von 2 01.04.2009 0:01 Uhr


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20
letztere sich auch thun läßt, indem nicht verlangt wird alles
zu wissen, was
21
dem Obiecte zukomt, sondern was die menschliche
Vernunft von Gott erkennen
22
kan. Wenn Theologie und Religion zusammengemischt
werden,
23
entspringt eine Verwirrung der Begriffe, in welcher man die
Theologie
24
als eine nothwendige Folge und Pflicht der Religion ansieht
und daher
25
schon parteyisch verfährt. In Ansehung jener muß all die
speculative
26
Vernunft zuerst allein und frey gelassen werden.

27
Damit wir die Denkungsart und mithin die subiective
Ursachen des
28
Zwiespalts der menschlichen Meynungen hier vorher
ausmachen und,
29
wenn wir diese sichten und prüfen, zugleich den Qvell,
woraus die Ungereimtheiten
30
entspringen, entdeken und also die Geschichte der
Verirrungen
31
bestimmt eintheilen können, müssen wir zuforderst dem
ächten
32
Vernunftgebrauche den Mancherley Wahn in Ansehung des
Vernunftgebrauchs
33
überhaupt entgegen setzen und diesen Vorzüglich
betrachten.

34
Wahn ist die maxime Meynung einer Freyheit im Denken
ohne
35
die Ber Rüksicht auf die Gesetze der Vernunft. Also hat er
Einbildungskraft

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2 von 2 01.04.2009 0:01 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 506

Zeile: Text:

01
oder Schein der Sinne zum Grunde. Nachahmung.
Vermessene
02
Unwissenheit.

03
Dem Wahne ist der Erfahrungsgebrauch der Vernunft
entgegen gesetzt.
04
Nicht daß sie ihre Gründe eben aus der Erfahrung nehmen
müßte,
05
sondern auf sie müsse nicht weiter denken, als daß so weit
sie nach Gesetzen
06
des auf Erfahrung nach Gesetzen, nach denen diese selbst
moglich ist,
07
angewandt werden kan.

08 Th 3':
09
Was ist Erfahrungsgebrauch unserer Vernunft?

10
Wir können allen unseren Begriffen nur Bedeutung und
unseren
11
Urtheilen nur so fern realitaet geben, als daß wir sie so
ferne (g sie ) mit
12
den Principien einer darnach möglichen Erfahrung
zusammen stimmen
13
(sonst sind sie paraphysisch). Alle Grundsätze, die Dinge
der Erfahrung
14
zu erklären, die nicht den Regeln einer möglichen
Erfahrung gemäß sind,
15
sondern unab transscendent bricht ab.

3
6216. ψ . Th 3'.

17
Es nimmt jemand (g zum ) Grundsätze der Erfahrung das...
ein Erfahrungen

1 von 2 01.04.2009 0:01 Uhr


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18
an, wobey sich gar keine Vernunft brauchen läßt, und ist
abergläubisch;
19
oder zum Grundsatze der Vernunft, wobey alle
Zuverlaßigkeit
20
keine Verknüpfung der Erfahrung möglich ist, und ist
schwarmerisch.

21
Oder es verwirft jemand alles, was nicht entweder durch
Vernunft
22
oder Erfahrung erweislich ist, und der ist Ungläubig. Der
hingegen,
23
welcher auch etwas als nothwendige Hypothesis zu volle,
so fern sie zu
24
Vollendung des theoretischen oder practischen Gebrauchs
der Vernunft
25
unentbehrlich ist, einräumt, ist gläubig.

26
Der Gläubige nimmt zwar etwas an, was gar kein
Gegenstand der
27
Erfahrung seyn kan bricht ab.

3
6217. ψ . Th 3'.

29
Der also eine Idee (g der Vernunft ) annimmt, mit der keine
Erfahrungsgesetze
30
zusammen stimmen können, ist scharmerisch; der Erschei
31
Erfahrungsgesetze annimmt, mit denen kein Gebrauch der
Vernunft zusammenbestehen
32
kan, ist abergläubisch. Der, welcher zwar die
Wechselseitige
33
Zusammenstimmung der Vernunft und Erfahrung in einem
ob der
34
Beurtheilung de eines obiects als nothwendig erkennt, aber
zugleich kein

[ Seite 505 ] [ Seite 507 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:01 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 507

Zeile: Text:

01
anderes obiect, als dessen Existenz durch Vernunft oder
Erfahrung hinreichend
02
erweislich ist, einräumen will, ist ungläubig. (Baar.)

03
Vernunftglaube ist die Nothwend der Grundsatz (g Maxime
) der
04
Vernunft, dasjenige anzunehmen, was in der zur
Vollendung der Reihe
05
der Gründe einer zum Erfahrungsgebrauche vollig
zusammenstimmenden
06
Vernunft unvermeidlich nothwendig ist. Nun kan das erste
dieser Reihe
07
weder durch Vernunft noch auf dem Wege der
Erfahrungsschlüsse bewiesen
08
als bestimter gegenstand bewiesen werden. Also ist der
Vernunftglaube
09
zum Vollstandigen Erfahrungsgebrauch (worunter ich die
Ableitung der
10
an Gegenstanden der Erfahrung ausgeübten Maximen der
Vernunft verstehe)
11
unumganglich nothwendig. Schwarmerey ist Tollheit.
Aberglaube
12
Dummheit und Unglaube Thorheit, d.i. leichtsinnige
verlassung des
13
Hauptzweks (nämlich der Vollstandigkeit der Gründe zu
dem, was überhaupt
14
Zwek der speculation oder Praxis seyn kan). Forschender
Gebrauch
15
der Vernunft, also der se mit einem jenen vollendeten
Vernunftglauben
16
beschließt, ist Weisheit.

3
6218. ψ . Th 3'.

1 von 2 01.04.2009 0:02 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 507 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/507.html

18
Die Denkungsart nach Ideen, von denen man keinen
Erfahrungsgebrauch
19
machen kann, (g ist Schwärmerey ). Gott, Freyheit,
Unsterblichkeit
20
sind Ideen, von denen man einen Erfahrungsgebrauch
machen
21
kan. Aber Geheime Kräfte, die Natur zu verkehren,
Geistige Anschauungen
22
sind Ideen, von denen man eben darum, weil sie Erfahrung
unmoglich
23
machen, keinen Erfahrungsgebrauch machen kan.

24
Die Denkungsart der Grundsätze aus factis, von denen Man
keinen
25
Erfahrungsgebrauch machen kan, ist Aberglauben; z.B.
Ahndungen,
26
bedeutende Träume, Erscheinungen von Verstorbenen.

27
Unglaube ist der Grundsatz alles zu läugnen, was nicht
Erfahrungsgegenstand
28
seyn kan. Denn es giebt immer noch subiective Gründe des
29
Fürwahrhaltens, wenn es an obiectiv hinreichenden fehlt.
Der subiective
30
Grund aber in Ansehung des Übersinnlichen ist die sich
durchs sinnliche niemals
31
hinreichend gnugthuende Vernunft im theoretischen und
Moralischen.

3
6219. ψ . Th 1'.

33
Den speculativen Begrif von Gott ist (g es ) zuvor
höchstnöthig zu

[ Seite 506 ] [ Seite 508 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:02 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 508 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/508.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 508

Zeile: Text:

01
berichtigen; aber sein werth kan nicht so hoch
angeschlagen werden, daß
02
nicht der moralische ihm die vornehmste Bestimmung
geben müßte. Selbst
03
die Einheit dieses Wesens, wenn man ihm nicht zugleich
einen heiligen
04
Willen beylegt, kan keine sichere Religion abgeben.

05
Die Denkungsart der einer sich von dem
Erfahrungsgebrauche
06
ganzlich abtrennenden Vernunft ist Phantasterey.
(Grillenfängerey.)
07
(g Chimäre. Träumerey. )

08 Dieser Satz ist nachträglich durch übergeschriebene Worte bzw.


09 Buchstaben folgendermassen verändert, ohne dass die in den
neuen Zusammenhang
10 nicht mehr passenden Worte durchstrichen wären:
11
Die Denkungsart einer den Grundsatzen des
Erfahrungsgebrauchs
12
wiederstreitenden Vernunft ist der Wahn.

13
* Die Phantasterey ist: 1. Scharmerey, d.i. eine durch
Phantasterey,
14
die sich durch höhere Vernunft (g vermittelst der reinen
Anschauung )
15
über die dem Erfahrungsgebrauche allein anhangende
(darauf
16
beschränkte) Vernunft zu erheben sucht. 2. Aberglaube:
eine Phantasterey,
17
die vermittelst der (g empirischen Anschauung ) Erfahrung
(seine oder anderer
18
ihre) sich über (den Erfahrungsgebrauch der) Vernunft
erheben
19
will. (g Zu dieser Erfahrung werden Erzählungen
Wunderbarer Wirkungen

1 von 2 01.04.2009 0:02 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 508 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/508.html

20
(die allen Erfahrungsgesetzen wiederstreiten) gezählt oder
wundersame
21
durch Phantasie vereinigte Begebenheiten als Ursache und
Wirkung. )

22
Jene ist Wahnwitz (g Tollheit ), diese ist Dummheit. Der
erste ist
23
zweyerley: entweder des Wahns der unmittelbaren
Erleuchtung oder der
24
überschwenglichen Speculation, z.B. der astralischen
Naturgeister. Die
25
Vermeintliche Verrückung.

26
*(g Der transscendente Gebrauch der Vernunft ist der, so
ohne
27
alle moglichkeit Beziehung derselben auf mogliche
Erfahrung zu urtheilen
28
wagt. Diesem ist diametraliter die Verleugnung der
Vernunft
29
entgegengesetzt in dem, was gantz von der Erfahrung
abweicht. Folglich
30
Verläugnung des Erfahrungs- sowohl als transscendentalen
Gebrauchs
31
der Vernunft. )

32
Unglaube ist die Maxime, keinen andern
Erfahrungsgebrauch der
33
Vernunft (g mithin gar keinen Gebrauch der Vernunft )
einzuräumen als
34
in Ansehung eines Gegenstandes der Erfahrung. Also muß
er alles, was

[ Seite 507 ] [ Seite 509 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:02 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 509 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/509.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 509

Zeile: Text:

01
nicht gegenstand der Sinne ist, entweder für unmöglich
halten ( dies kan
02
er nur thun, wenn er die Sinne als die Erkentnisart ansieht,
wodurch
03
allein die Gegenstande unmittelbar vorgestellt werden, wie
sie sind) oder
04
dem Erfahrungsgebrauche der Vernunft und also den
Maximen ihres
05
Gebrauchs überhaupt zuwieder, wenigstens als entbehrlich
und gantz
06
Grundlos, solches anzunehmen, z.B. Gott als, der kein
Gegenstand der
07
Erfahrung ist, darum für nichts oder doch (seine
Voraussetzung) als der
08
Vernunft ganz entbehrlich und unothig ansehn. Der erstere
Unglaube ist
09
der empiristische, der Zweyte der sophistische oder
rationalistische, der alles
10
glaubt meynt erklären zu Können oder auch alle moral
practische Gesetze
11
mit gnugsamer bewegenden Kraft versehen zu können also
einen Einflus des
12
wenn und einen Erfahrungsgebrauch der Vernunft, namlich
ihre Kraft
13
gute Handlungen hervorzubringen, behauptet, ob er zwar
blos Gegenstände
14
der Erfahrung und keine andere wirkliche Dinge annimmt,
sondern
15
sich blos der Vernunft bedient.

16
Gläubig* ist derjenige, welcher seiner Vernunft einräumt (g
anzunehmen ),
17
was zu ihrer Vollstandigkeit, es sey im theoretischen oder
practischen
18
Erfahrungsgebrauch, unentbehrlich nothwendig ist, ob sie
es es
19
gleich nicht beweisen kan.

1 von 2 01.04.2009 0:03 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 509 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/509.html

20
*(g Die gringe Zahl der Gläubigen, die aus moralischem
Interesse
21
eines Vernunftglaubens fähig sind. Sie wollen baar haben:
entweder
22
an Erkentnisse oder den Vortheilen des Lebens. )

23
Der Glaube, ohne welchen es unmöglich ist, selbst den
Erfahrungsgebrauch
24
der Vernunft, es sey im theoretischen oder practischen,
vollstandig
25
sich selbst gnugthuend zu machen, ist ein reiner
Vernunftglaube.

26
Ohne einen reinen Vernunftglauben (g wird der
Vernunftgebrauch )
27
entweder Allwisserey (Pansophie) oder Misologie,
Selbstver Selbstmord
28
der Vernunft.

29
Abergläubisch zu werden: dazu haben die Menschen
einen* natürlichen
30
Hang; sie personificiren Naturursachen, kennen noch nicht
die Gesetzmaßigkeit
31
der Natur, noch die wichtigkeit des Gebrauchs der Vernunft
32
lediglich unter der Voraussetzung jener Gesetzmäßigkeit.
Sie werden also
33
leicht dahin gebracht, sich, wenn etwas ungewohnlich ist
oder sie heftig etwas

[ Seite 508 ] [ Seite 510 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:03 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 510 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/510.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 510

Zeile: Text:

01
begehren (oder wenn sie träumen) etwas, was sie nicht
sehen, einzubilden,
02
was ihre Wünsche wisse und durch sie bewogen oder
besänftigt
03
werden könne. Aberglaube ohne bestimte Vorstellungen
von ihren
04
Gegenständen.

05
*(g Schwärmerey ist Grossprechende (vermessene )
Unwissenheit
06
und ein convulsivischer Zustand, der ansteckend ist durch
Sympathie.)

07
Wir können keinen andern angewandten Gebrauch der
Vernunft, d.i.
08
einen solchen, dabey der Gegenstand gegeben wird (g
immanenter Gebrauch. ),
09
machen, als indem wir das, was wir denken, nach
Erfahrungsgesetzen
10
in Gedanken hervorbringen können.

3
6220. ψ . Th 1.

12
Der Wahn der Ehre wegen des Nachrufs nach dem Tode.

13
Der Wahn der Ehre wegen der Hochschätzung dessen, was
keinen
14
innern Werth hat.

15
Die sittliche Vollkommenheit, obgleich sie nicht ganz
erreicht werden
16
kan, ist doch kein wahn.

1 von 2 01.04.2009 0:03 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 510 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/510.html

17
Schwärmerischer und abergläubischer wahn. Gott ist doch
kein wahn.

18
Der Erfahrungsgebrauch der Vernunft ist der Gebrauch der
Vernunft,
19
der den Regeln nach (g seine Realität ) seine Warheit durch
Darstellung
20
ihrer (Begriffe und) Grundsätze in der Erfahrung beweisen
kan,
21
wenn man gleich etwas annimmt, was nicht ein Gegenstand
der Erfahrung
22
ist. e.g. Seele als unkorperliches Wesen oder reine
Sittlichkeit.
23
Wenn man dergleichen etwas auch nur annimmt, ohne es
beweisen zu
24
können, so ist doch selbst die Annehmung desselben dem
Erfahrungsgebrauche
25
der Vernunft in Ansehung der Form der Ver ihrer
Anwendung
26
und der Grundsatze gemäß, eben so als wir überhaupt in
Ansehung der
27
hypothesen verfahren.

28
Ein jeder Gebrauch der Vernunft, der nicht mit den
Principien des
29
Erfahrungsgebrauchs zusammenstimmt, ist Wahn; z.B.
himmlische Einflüße
30
zu Empfinden, auf das Geisterreich Einflus zu haben.

[ Seite 509 ] [ Seite 511 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:03 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 511 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/511.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 511

Zeile: Text:

01
Aller Gebrauch der reinen Vernunft ist entweder ein
Erfahrungsgebrauch,
02
dessen anwendung auf Erfahrung moglich ist, oder ein
übers
03
chimärischer Gebrauch derselben. Die maxime des
letzteren ist Wahn.

04
Dem Dem erstern wird entweder bloß ein Gegenstand der
05
Erfahrung zum Grunde gelegt oder auch ein Gegenstand
der bloßen Vernunft,
06
aber die Anwendung auf Gegenstande der Erfahrung nach
regeln
07
derselben. Das erste ist der physische, das Zweyte der reine
Erfahrungsgebrauch
08
der reinen Vernunft.

09
Der die moglichkeit des letzten läugnet, ist ungläubig.

3
6221. ψ . Th 5'. 5.

11 Th 5':
12
(g Das Bedürfnis der Vernunft, sich über die Dinge der
Erfahrung
13
noch mehr zu denken, was nicht erfahren werden kan und
14
wegen der Zweke Vernunft hat, ist die erste Ursache,
Götter anzunehmen. )
15

16
Wie sind die Menschen zuerst auf die Meynung von der
Existenz unsichtbarer
17
Kräfte, die ihnen der gewohnliche Gang der Erfahrung
nicht
18
lehren konnte, gekommen.

1 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 511 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/511.html

19
Entweder 1. durch den Weg der Vernunft, oder 2. der
Einbildung;
20
(g Denn obiecte, die Nicht Erfahrung noch Vernunft
gegeben hat, sind blos
21
durch Einbildung möglich; ) auf dem ersten: a. durch
Vernunftbeweis, b.
22
durch Vernunftglauben; auf dem zweyten: a. durch
Schwarmerey (g Vernunft
23
Anschauung ), oder b. Aberglauben.

24
Der erste Weg ist der nicht, welchen die Menschen zu
Anfangs genommen
25
haben.

26
Auf dem zweyten wege ist die Leitung durch Schwarmerey
auch nicht
27
die erste, denn die setzt Versuche, auch einige Anfänge von
Vernunftkenntnis
28
voraus, die aber der (g Vernunft ) Einbildung nicht gnüge
thun.
29
Also ist es Einbildung ohne den Leitfaden der Vernunft,
mithin unterstützt
30
durch scheinbare Erfahrung, ohne ihre (g beständige )
Gesetzmäßigkeit
31
zu kennen (g erfodern ) (als worinn der Erfahrungsgebrauch
der Vernunft
32
besteht), d.i. Aberglaube, der zuerst unsichtbare Krafte oder
auch Mächte
33
auf die Bahn brachte.

[ Seite 510 ] [ Seite 512 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 512 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/512.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 512

Zeile: Text:

01
(g Der Vernunftglaube ist eher als der Vernunftbeweis.
Beyde
02
gründen sich auf der Bestrebung der Vernunft zur
Vollstandigkeit. )

03
Diese konnten blos als Kräfte sichtbarer Dinge (g
Erfahrungsgegenstande ),
04
die aber nicht unter der Regel der Erfahrung standen,
gewesen
05
seyn: Fetisch, Manitou, Talisman oder Schatten der Todten
(g Obiecte
06
gewesener Erfahrungen ), oder gar unsichtbar regirende
Wesen. Letztere fanden nur im Stande der bürgerlichen
Verfassung unter Oberhäuptern
08
statt, und so entsprang der eigentliche Begrif von Göttern.
Ob sie solche
09
zuerst furchtbar vorgestellt, weil Unglük und Gefahren
abergläubisch
10
machen, dazu auch sehnsüchtige Hofnungen gehören, oder
die Vorsorge
11
der Natur als ihr Werk sie gütig vorstellete, kan nicht die
Frage seyn.

12
Daß diese Gotter sogar die Uheber der Natur wären, konnte
ihnen
13
nicht einfallen; sie hielten solche selbst für Naturdinge (g
oder gewesene
14
Menschen. ), die nur mehr Gewalt hätten, alle Naturdinge
aber für an
15
sich nothwendig.

16
Diese Gotter mußten Personen seyn, sonst konnten sie ihre
abergläubische
17
Wünsche an sie nicht richten, aber mächtig ohne
Moralitaet.
18
Allein konnten sie sich keinen Gott denken, eben darum,
weil allein seyn

1 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 512 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/512.html

19
ein unglük scheint, also Vielgötterey. Endlich kommts zu
moralischen
20
Begrifffen: einem Gesetz und einem Gesetzgeber. Einheit
Gottes, und
21
nun alle Vollkommenheit. — Bis hieher lauter Aberglaube
und nun
22
Vernunft. — Man begnügte sich nicht mit dem Einflusse
auf Moral. —
23
Nun entsprang Schwärmerey. Neuplatonische Secten
dauren so lange,
24
als Vernunftbeweise allein gelten sollen. — Nur
vernunftglaube mit Bewustseyn
25
seiner Unwissenheit kan Schwarmerey abhalten.

26 Th 5:
27
Vernunfterkentnis ist entweder subiectiv, d.i. Erkentnis
seiner
28
eignen Vernunft, oder obiectiv: Erkentnis eines (g von uns
unterschiedenen )
29
Gegenstandes durch die Vernunft. Die nothwendige
Voraussetzung

[ Seite 511 ] [ Seite 513 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 513 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/513.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 513

Zeile: Text:

01
eines ersten Grundes in der reihe der einander
untergeordneten
02
Dinge ist nicht eine Erkentnis der Nothwendigkeit dieses
ersten an sich
03
selbst. Diese würde Erkentnis der absoluten
Nothwendigkeit desselben seyn,
04
deren wir gänzlich unfähig sind. Es ist auch nicht die
erkannte hypothetische
05
Nothwendigkeit des Dinges, sondern die Erkenntnis der
subiectiven
06
Nothwendigkeit der Hypothesis nach Grundsatzen der
Vernunft
07
oder vielmehr der Annehmung eines absolut-nothwendigen
Dinges. Diese
08
Nothwendigkeit eines durch Begriffe, die nicht bloß in der
reinen Vernunft
09
liegen, bestimmten Dinges zur Erklärung der
Erscheinungen oder practischen
10
Regeln ist nicht wissen, nicht Meynen (hypothetisch),
sondern
11
Glauben.

3
6222. ψ . Th 5.

13
Gott bedeutet den rohen Menschen ein Wesen, das Vernunft
hat
14
und mehr Gewalt hat als alle in der Erfahrung bekannte
willkührlich
15
wirkende Krafte der Natur. Doch bisweilen sind leblose
Dinge als Fetisch
16
und Manitou dafür genommen worden. Verstorbene
Menschen.

1 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 513 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/513.html

3
6223. ψ . Th 5. In und neben, vielleicht auch zu
Th § 4:

18
Die Vernunft bedarf sehr viel, um ihr selbst im Begriffe
eines
19
obersten Grundes der Dinge gnug zu thun, vornehmlich
nicht blos im
20
reinen Gebrauch, sondern dem Angewandten auf alle
Erfahrung sowohl
21
als Sitten. Natur und Freyheit.

[ Seite 512 ] [ Seite 515 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:04 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 515 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/515.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 515

Zeile: Text:

01
Th § 2.
02
Unterschied der Theologie und der
Religion.

3
6224. ψ . Th 4'. Zu Th § 2:

04
Die Religion ist die Betrachtung Moralischer Gesetze als
gottlicher
05
Gebote.

06
Moral lehrt, wie wir gute Menschen, Theologie Religion:
wie wir
07
Gott wohlgefallige Menschen werden.

08
Moral lehrt, wie wir des hochsten Guts würdig, Religion
lehrt, wie
09
wir dessen theilhaftig werden können.

2 3
6225. ψ - . Th 4'. Zu Th § 2:

11
Theologie, so fern sie auf die Sitten Einflus hat, ist
(moralische)
12
Religion; so fern sie selbst ein einen besondern Gegenstand
der Sitten
13
enthält, ist cultus. Dieses würde die Religion voraussetzen.

24
Zur Religion ist Gnug zu Glauben; zum Cultus muß man
wissen,
15
sonst ist er Heucheley.

1 von 2 01.04.2009 0:05 Uhr


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2 3
6226. ψ - . Th 4'. Zu Th § 2:

17
Die moralische religion ist die, so bessere Menschen
macht.

18
Der cultus ist die Religion, die, wenn er ächt seyn soll,
schon gute
19
menschen Voraus setzt, weil sie die Pflicht gegen Gott
selbst zu Herzen
20
nehmen sollen.

21
Die bloße moglichkeit des Gottlichen Daseyns ist zur
moralischen
22
Religion schon zureichend, doch nicht so sehr als Glaube.

23
Der Glaube ist zum Cultus schlechterdings nothwendig, ja
kaum
24
hinreichend.

25
Zum eigentlichen Gottesdienst wird Wissen erfodert; sonst
betet man
26
nur an, um sich auf alle Fälle sicher zu halten, nicht aus
Überzeugung.

[ Seite 513 ] [ Seite 516 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:05 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 516

Zeile: Text:

2
6227. ψ . Th 4'. Zu Th § 2 Schluss:

02
Religion ist die moralische Gesinnung, so fern sie die
Erkentnis
03
Gottes zum Grunde hat (nciht die pragmatische). Es ist
zwar
04
keine Religion ohne Erkentnis von Gott; aber diese darf gar
05
nicht wissen seyn; sie kan blos eine reine Idee von Gott
seyn, die moralisch
06
richtig (obgleich als speculation voller Fehler) ist, und
zweytens
07
nur die Überzeugung enthalten, daß es doch moglich ist, es
sey ein
08
Gott, oder überdem einen festen Glauben. Zum ersteren
wird nicht
09
moralitaet erfodert; wenn sie aber da ist, so kan sie mit
jenem problematischen
10
Urtheile zus in Verbindung Religion geben. Zum letzten
wird
11
schon moralisch Gute Gesinnung erfodert.

12
Welches ist das minimum der theologie, das zur religion
erfoderlich
13
und hinreichend ist? (s I. In Ansehung des Daseyns: ) die
Moglichkeit
14
einen anzunehmen. 2. In Ansehung des Begrifs: der
moralische und
15
damit verbundene Metaphysische. (Die Alten hatten einen
Cultus ohne
16
Religion (g moral ), folglich auch ohne Theologie aus
Vernunft, sondern
17
tradition.) Die Philosophische Theologie kan in Ansehung
des positiven
18
Von Gott jenes minimum nicht erweitern, aber doch es Zur
Wissenschaft
19
durch das negative bringen, durch welches die Irrthümer,
die der gemeinen

1 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 516 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/516.html

20
Theologie unvermeidlich sind, abgehalten werden. — Die
Philosophische
21
(g rationale ) Theologie ist keine Gottesgelahrtheit; die
revelata,
22
als auf alte Urkunden und alte Sprachen gegründet, ist
allein Gottesgelahrtheit.)

[ Seite 515 ] [ Seite 517 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 517 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/517.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 517

Zeile: Text:

01
Th § 3.
02
Wahrheit der Erkenntniss Gottes.

2
6228. ψ . Th 5'. Zu Th § 3:

04
Hat unsere Erkentnis von Gott Würde und können wir uns
mit
05
nicht anderem würdig beschaftigen. Der Gegenstand hat
die hochste
06
Würde, aber unsere Kentnis desselben ist sehr armseelig:
sie besteht mehrentheils
07
nur aus Einschränkungen dessen, was wir kennen, nemlich
so fern es
08
nur Geschopf ist. Also ist unser Beruf nicht, hinter der
Gottlichen Natur
09
zu forschen, und diese Erkentnis ist von keinem Werth;
aber wohl: 1.
10
Unsere Erkentnis der Natur und der Sitten damit zu
beschliessen und zu
11
krönen, indem wir alles zur Unendlichen Ursache gehörig,
mithin im
12
hochsten Zusammenhange betrachten, imgleichen unsern
Willen als unter
13
der allgemeinen Gesetzgebung im reiche der Zweke
enthalten vorstellen.
14
2. Nicht zu forschen, was Gott sey, sondern: was wir im
Verhältnisse auf
15
ihn seyn sollen, d.i. was die Idee von ihm uns nutzen
könne.

2
6229. ψ . Th 5'. Zu Th § 3 Überschrift:

1 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


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17
Speculative warheit (logische) besteht hier blos in der
Moglichkeit
18
dieses Begrifs. practische in der Nothwendigkeit der
Voraussetzung dieses
19
Wesens in Ansehung aller moralischen Gesetze.

2
6230. ψ . Th 5. Zu Th § 3 „der eigentliche
Gottesgelehrte“:

21
Giebt es auch Gottesgelehrte der natürlichen Religion?
22
Was das wissen betrift, so weiß der philosoph hier blos
seine Unwissenheit,
23
d.i. er kennt die Grenzen seiner Vernunft; hiezu gehört aber
24
auch Wissenschaft. Die Begrenzung der Natur in aller
absicht macht uns
25
eben den Begrif Gottes nothwendig, aber, da er über die
Naturbegriffe
26
geht, auch unerreichbar als speculation.

2
6231. ψ . Th 5'. In Th § 3 Nr. 1 schiebt Kant nach
haben ein:

28
daß ich etwas dabey denke und sie in Beyspielen geben
kan.

[ Seite 516 ] [ Seite 518 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 518 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/518.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 518

Zeile: Text:

2
6232. ψ . Th 5. Unter Th § 3:

02
Unter den Griechen: Thales Physicus, Anaxagoras
theologus, Anaximander
03
(Physicus), Xenophanes (theologus).

04
Th § 4.
05
Irrthümer in der Erkenntniss Gottes.

2
6233. ψ . Th 5'. Zu „Irrthümer“ in der Überschrift
von Th § 4:

07
Die nicht practisch sind, sind so fern auch verzeihlich.

08
Th § 5.
09
Schwierigkeiten bei der Wahrheit der
Erkenntniss Gottes.

2
6234. ψ . Th 6'. Zu Th § 5 Anfang:

11
Die eigentliche Schwierigkeit besteht darin, daß der Begrif
transscendent
12
ist und gar keine Eigenschaft desselben in irgend einer
möglichen
13
Erfahrung kan gegeben werden, foglich den Begriffen kein
Beyspiel kan

1 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 518 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/518.html

14
beygegeben werden.

15
Wir müss sollen alles sinnliche davon weglassen; denn aber
bleibt
16
nichts als Begriff ohne correspondirende Anschauung, also
ohne Beyspiele
17
und anwendung in concreto, ausser nur nach analogie und
symbola.

[ Seite 517 ] [ Seite 519 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:06 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 519 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/519.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 519

Zeile: Text:

01 Zu Th § 5 Nr. 1:
02
Die Schranken hindern uns nicht so sehr, als die Neigung
sie zu überschreiten
03
und der Eigendünkel der Vernunft und vermessenheit,
falsche Urtheile
04
einzuführen und unbegreiflichkeit vor Unmoglichkeit
auszugeben.

2
6235. ψ . Th 6.

06
Die moraltheologie hat zum Grundsatze: Wenn die Gesetze
der Pflicht
07
a priori feststehn, folglich aus der practischen Vernunft
nothwendig fließen,
08
gleichwohl aber ohne Voraussetzung eines Vernünftigen
moralischen Vollkommenen
09
Wesens als Urheber der gantzen Natur keine Kraft haben,
den
10
Willen zu bewegen: so ist diese Voraussetzung von der
practischen Vernunft
11
unzertrennlich, und die Idee von Gott muß nicht der
Beobachtung
12
der Natur, sondern dem Bedürfnis der moralitaet gemäß
eingerichtet
13
werden: Dabey bin ich nun alles Umschweifs der
speculation überhoben.
14
Ich kan sie vor gantz unfähig zu diesem Zweke erklären
und verlange nur,
15
daß sie doch nicht beweisen könne, daß kein Gott sey, und
habe gnug am
16
Glauben. Der Satz hat keine Schwierigkeit, sondern die
speculative Erlangung
17
desselben.

1 von 2 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 519 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/519.html

2
6236. ψ . Th 6'.

19
In der moraltheologie kan ists gnug vorauszusetzen, daß es
doch
20
moglich sey, daß ein Gott sey, und daß keiner das
Nichtseyn desselben jemals
21
beweisen könne; daher wir denn befugt seyn, einer
practischen und
22
zwar zum Behuf nothwendiger Gesetze um dieses Daseyn
durch Hypothese
23
zum Grunde zu legen. Denn diese Gesetze sind
schlechterdings nothwendig,
24
können aber subiectiv nicht practisch werden ohne jene
voraussetzung.

[ Seite 518 ] [ Seite 520 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 520 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/520.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 520

Zeile: Text:

01
Der practische Indifferentismus der Theologie macht die
speculative
02
Theologie zur einzigen möglichen, und, wenn die Critik der
Vernunft ihr
03
nicht günstig ist, führt sie zum sceptischen Atheism. Die
Moraltheologie
04
aber verstattet einen Theism, der zugleich in Ansehung der
speculativen
05
theologie critisch seyn kan.

06
Theologie als Princip der Tugend dient nur dazu, der
Moralitaet
07
die Hindernisse, die aus dem Einwurfe einer leeren
Idealität hergenommen
08
werden könnten, zu benehmen. Als Princip der Religion ist
sie
09
durch Pflicht gegen ein höheres Wesen selbst ein
Bewegungsgrund zur
10
Tugend. Als Princip eines Gottesdienstes ist sie der Grund
von Handlungen,
11
deren Wirkung auf Gott unmittelbar gerichtet ist. — Eine
subiectiv
12
nothwendige Hypothesis ist, wenn ich keinen andern Grund
der Erklarung
13
sehe; eine obiectiv nothwendige, wenn ich einsehe, daß
keine
14
andere für die Menschliche Vernunft moglich sey.

2
6237. ψ . Th 6.

16
Der atheismus des Zweifels: sceptisch (g der alle Erkentnis
und Überzeugung
17
von Gott leugnet ).

1 von 2 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 520 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/520.html

18
Der dogmatische atheism der Behauptung (g der das
Daseyn Gottes
19
leugnet ).

20
Der Critische (in Ansehung des Vermögens der reinen und
speculativen
21
Vernunft) deismus ist moralisch.

22
Der physicotheologische theism ist an sich unbestimmt und
ein Qvell

[ Seite 519 ] [ Seite 521 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 521 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/521.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 521

Zeile: Text:

01
aller Religionswiedriger theologischer Irrthümer,
polytheisms und anthropomorphisms.

03
In der physicotheologie schließe ich aus dem zufalligen
Zusammenhange
04
der Zweke auf das Daseyn Gottes, und dieser Begrif kan
daher
05
nicht bestimt werden.

3
6238. ψ . Th 6.

07
Wenn gleich weder Vernunft noch Natur mir das Daseyn
des Vollkommensten
08
bewiesen, so würde doch die Vernunft einen Begrif davon
bedürfen,
09
um blos zu das Abgeleitete darnach zu schätzen.

3
6239. ψ . Th 6.

11
Der Oberste Begriff, (g der ) allen Dingen zum Grunde
liegt.

12
1. als Vollstandiger Begrif von einem Dinge überhaupt,

13
2. als Vollstandiger Begrif für die Natur als
Erklarungsgrund,

14
3. als Vollstandiger Begrif für die Zweke vernünftiger
Wesen.

15
1. Gott als das höchste Wesen.

1 von 3 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 521 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/521.html

16
2. Gott als die oberste allgemeine Ursache.

17
3. Gott als das hochste Gut.

18
a) Für die reine speculative Vernunft,

19
b) für den empirischen Gebrauch der Vernunft in Ansehung
der
20
Natur,

21
c. für den practischen.

22
Immer das Unbedingte und zugleich vollständige.

3
6240. ψ . Th 6'.

24
Der Glaube eines Dinges und seines eines Wesens ist vom
Glauben
25
an dieses Wesen unterschieden. Der letztere ist die
Voraussetzung seines
26
Daseyns als obersten practischen Grundes, also an
welchem ich ein moralisch
27
Interesse nehme.

3
6241. ψ . Th 6'.

29
Zuerst die Bedürfnis der (g reinen ) Vernunft in Ansehung
(g des
30
Begrifs ) eines vollstandigen Dinges überhaupt: um allen
anderen zur
31
Grundlage und Maaße zu dienen. Zweytens die Bedürfnis
der Vernunft
32
in Ansehung eines Daseyns: um allem übrigen Daseyn zum
Grunde
33
zu dienen. Drittens das Bedürfnis der Vernunft in
Ansehung eines

2 von 3 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 521 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/521.html

[ Seite 520 ] [ Seite 522 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

3 von 3 01.04.2009 0:07 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 522 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/522.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 522

Zeile: Text:

01
Daseyns, das nur nach Begriffen möglich ist, nemlich der
wirklich vorhandenen
02
Zweke (der Natur) oder der blos moglichen und als solcher
doch
03
zugleich nothwendigen Zwecke (der Freyheit).

04
Zu allem diesem bedarf die Vernunft Einheit. 1. der Besti
durchgangigen
05
Bestimung (g jedes Dinges für sich ), 2. der Verknüpfung
06
(g durchgängigen ) in einer Welt, 3. der Zwekmäßigkeit.

07
Die Refl. ist nachträglich vom 1. dienen an durch Zusätze und
08 Streichungen stark verändert, so dass sie jetzt folgendermaassen
lautet:
09
und in Ansehung eines Daseyns: um allem übrigen Daseyn
zum
10
Grunde zu dienen. Zweytens das Bedürfnis der Vernunft in
Ansehung
11
eines Daseyns, das nur nach Begriffen durch Natur möglich
ist,
12
nemlich der wirklich vorhandnen Zweke (der Natur).
Drittens: dessen,
13
was nur nach Begriffen durch Fr unsere Freyheit moglich
ist, zum princip
14
zu dienen* (nothwendigen Zwecke (der Freyheit)).

(g
15
* A. Bedürfnis eines (g ersten ) Dinges in Ansehung
derjenigen
16
(g des ersten der Dinge ), die nur als causata
17
möglich sind. Primus Motor.

18
B. Bedürfnis eines (g ersten ) Dinges in Ansehung (g des
19
ersten ) derjenigen, die nur (g als caussata ) durch nach
20
Begriffen möglich sind (Zwekmaßigkeit).

1 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 522 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/522.html

21
(g des ersten von der caussalität nach Begriffen )

22
C. Bedürfnis eines (g ersten ) Dinges in Ansehung
desjenigen,
23
was ausser der Natur, also der Freyheit nur
24
durch nach Begriffen, aber in Harmonie mit der Natur
25
moglich ist.
)

[ Seite 521 ] [ Seite 523 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 523 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/523.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 523

Zeile: Text:

3
6242. ψ . Th 6'.

02
Gott ist ein Begrif (idee) vom ersten aller Wesen, welches
die oberste
03
Ursache alles übrigen ist.

3
6243. ψ . Th 6'.

05
Der letzte Zwek ist moraltheologie. Also Begrif von Gott
muß
06
dazu hinlänglich (g bestimmt ) seyn.

3
6244. ψ . Th 6'.

08
Minimum der Vernunfttheologie zum Behuf der moral, da
sie
09
bessere Menschen macht.

10
Es ist moglich, daß ein Gott sey, ist hinreichend zur
Religion, aber
11
nicht zum Cultus; denn der setzt nicht blos Glauben,
sondern wissen voraus.
12
Der satz: man soll glauben, setzt voraus, daß, der es sagt, es
wisse,
13
was (g er ) geglaubt werden will.

14
(g Das Minimum der Vernunfttheologie ist ein wohl mit
sich selbst
15
und mit dem Bedürfnis der Vernunft in Principien,
vornemlich den
16
practischen, zusammenstimmender Begrif von Gott und die
Moglichkeit

1 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 523 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/523.html

17
seiner Existenz, folglich die Befugnis, sie anzunehmen (g
Meynen. )
18
Das Maximum ist das Wissen, d.i. das (g vollstandige )
Vorwarhalten,
19
so fern es sich auf Beweise Gründet. Das mittlere, der
mindesten
20
Fähigkeit angemessene und dem besten Willen
angemessene ist das
21
Glauben, welches die Anerkennung der Nothwendigkeit
einer solchen
22
Hypothesis entweder zum theoretischen oder practischen
eignen Gebrauche
23
ist (theoretischer und practischer Glaube). )

24
(g Zur Tugend gehört ist das minimum der Theologie (g
hinreichend
25
zur Tugend ), nämlich bloße Meynung; zur Gottesfurcht (g
Religion )
26
majus, nämlich Glauben; zum Cultus (Gottesdienst) das
maximum
27
der Erkenntnis, namlich das Wissen. )

[ Seite 522 ] [ Seite 524 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 524 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/524.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 524

Zeile: Text:

01
Th § 6.
02
Nähere Bestimmung der Erfordernisse zur
Berichtung der Erkenntniss
03
Gottes.

2
6245. ψ . Th 7'.

05
Weil der Begrif des Urwesens gantz negativ ist, nämlich
daß es seiner
06
Moglichkeit und Daseyn nach von keinem anderen
abstamme (und nicht
07
derivativ sey), dadurch man aber nicht weiß, was es sey, so
soll hier der
08
Begrif des Urspünglichen zu einem a priori durchgängig
bestimmten Begrif
09
führen.

10
Es ist aber der Begrif eines Urwesens gantz willkührlich,
wenn man
11
nicht voraussetzt, daß etwas existire; im letzteren Falle aber
ist es nothwendig,
12
ein solches anzunehmen. Weil aber alsdenn irgend ein
Daseyn
13
vorausgesetzt wird, so ist der Beweis nicht ontologisch,
sondern cosmologisch,
14
aber doch transscendental.

15
Soll das Daseyn des Urwesens durch ontologische
Beweisgründe
16
allein geführt werden, so muß das Daseyn aus lauter
Begriffen gefolgert

1 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 524 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/524.html

17
werden und nicht a posteriori voran gehen. In dem
ontologischen Wege
18
also muß aus bloßen Begriffen möglicher Wesen derjenige
Gefunden
19
werden, der das Daseyn in sich schließt, und dieser ist der
scheint der
20
Begrif des entis realissimi zu seyn.

[ Seite 523 ] [ Seite 525 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:08 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 525 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/525.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 525

Zeile: Text:

01
Dieser hat das Eigenthümliche an sich, daß durch einen
allgemeinen
02
Begrif das obiect zugleich durchgängig bestimmt ist und so
fern dem Begriffe
03
eines existirenden ähnlich. Allein da ausser dem Begriffe in
seiner
04
durchgängigen Bestimmung noch etwas anderes, namlich
keine neue Bestimmung,
05
sondern die position des Dinges an sich selbst ausser dem
Begriffe
06
dazu kommen muß, d.i. die Existenz, so kan die
durchgängige Bestimmung
07
die Existenz noch nicht einschließen, und der Satz: ens
realissimum
08
existirt, ist kein analytischer, sondern synthetischer Satz;
mithin kann
09
er durch die bloße analysis nicht gefunden werden.

2
6246. ψ . Th 8.

11
Warum aber, wenn das all der Realitaet den Begriffen aller
Dinge
12
zum Grunde gelegt werden soll, eben alle Realitaet in
einem Wesen und
13
nicht in vielen? Weil die Vielheit der Dinge als Dinge
überhaupt nur
14
durch die Verschiedene Limitation der Einheit, mithin des
alls der realitaet,
15
statt findet, folglich jedes dieser Wesen nur immer durch
ein
16
größeres allein möglich ist, das Größte also allein
Ursprüngliche (nicht
17
derivative) möglichkeit enthalten kan. So viel wesen, die
Schatten haben,

1 von 2 01.04.2009 0:09 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 525 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/525.html

18
setzen ein fremdes Licht voraus, wodurch sie erleuchtet
sind; nur das, was
19
kein Licht ist ohne allen moglichen Schatten, d.i. das
Ursprüngliche Licht,
20
setzt kein fremdes voraus.

2
6247. ψ . Th 8'.

22
Es ist die Frage, ob zum Begriff des entis originarii auch
die absolute

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2 von 2 01.04.2009 0:09 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 527 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/527.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 527

Zeile: Text:

01
Dinge dieser Welt (vornemlich aus dem Grunde ihrer
Zwekmäßigkeit),
02
um auf ein von der Welt unterschiedenes Wesen zu
schließen, verfolgt aber
03
hernach den transscendentalen Weg, um den Begrif und das
Daseyn des
04
vollkommensten Wesens daraus zu folgern; so fern hat sie
nichts vor der
05
transscendentalen Theologie voraus. Nun aber schließt sie
aus den besonderen
06
Eigenschaften dieser Welt auf die (g psychologischen )
Eigenschaften
07
des hochsten Wesens als einer hochsten Intelligenz und
verwandelt
08
den Deism in einen Theismus. Die Moraltheologie setzt zu
09
dem Reiche der Zwecke als einem reiche der Natur noch
hinzu den Begrif
10
eines Oberhaupts im Reiche der Sitten und macht aus dem
hochsten Wesen
11
das hochste Gut.

12
Wenn die ontotheologie nicht gelingt, so gelingt auch nicht
die
13
cosmotheologie; wenn beyde, d.i. die transscendentale
Theologie, nicht
14
gelingt, so auch nicht die physicotheologie, folglich überall
nicht das Wissen.
15
So bleibt dann noch das Glauben. Die Cosmotheologie
Giebt Gott als
16
erste Ursache des Zufalligen an und hat darin einen vorzug
vor der ontotheologie,
17
weil sie Anzeige auf freyen Willen Giebt (summa
intelligentia).
18
Die physicotheologie giebt anzeige auf einen die Welt
regirenden Willen:
19
summus imperans.

1 von 2 01.04.2009 0:10 Uhr


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2 von 2 01.04.2009 0:10 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 528 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/528.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 528

Zeile: Text:

3
6248. ψ . Th 8'.

02
Der transscendentale Begrif von Gott ist kein Erkenntnis,
weil man
03
ihm kein obiect correspondirend setzen kan, e.g. Es existirt
ein allerrealstes
04
Wesen, durch lauter logische Begriffe, aber nicht
categorien, weil
05
diese Anschauungen, worauf jene bezogen werden können,
erfodern.

06
Die omnitudo in dem Begriffe des realissimi ist mit der
logischen
07
Vniversalitaet (eines in allem) nicht einerley; denn diese ist
distributiv,
08
jene aber collectiv (vieles, was eines ausmacht), namlich
synthetische
09
Einheit. Ob nun diesem Begrif obiective Realität
zukomme, kan ich aus
10
einen Gedanken nicht errathen; ich muß Anschauung
anführen, e.g.
11
Cirkel. Aber diese ist immer sinnlich und soll nicht auf das
ens realissimum
12
angewandt werden, und andere Anschauung habe ich nicht;
also
13
kan ich ihm nicht obiective Realität Verschaffen, d.i. meine
Gedanken
14
können nicht Erkentnisse vom Obiect heissen. Realitaet ist,
dessen Vorstellung
15
an sich ein seyn enthält; ob dergle was das sagen solle,
verstehe
16
ich nicht einmal recht, ob ich gleich das logische seyn in
dem Verhaltnisse
17
der Begriffe verstehe. Ich will ein Beyspiel, das ist
Empfindung (der
18
Sinne); diese aber kan für Gott nicht zum Beyspiel dienen;
folglich kan
19
ich ihm nicht obiective realität geben.

1 von 2 01.04.2009 0:12 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 528 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/528.html

3
6249. ψ . Th 7'.

21
Die Existenz des unbedingten ist anzunehmen, hat Vernunft
einen
22
obiectiven ErkentnisGrund. Es ist diese Erkentnis obiectiv
gewiß. Aber

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2 von 2 01.04.2009 0:12 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 529 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/529.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 529

Zeile: Text:

01
wie soll es bestimmt werden. Alle Begriffe der Moglichkeit
ausser dem
02
Realissimo sind bedingt; denn es ist alles entweder
realissimum oder
03
limitatum und bey uns der Begriff des limitati jederzeit
derivativ in Ansehung
04
des realissimi. Dieses ist allein conceptus originarius,
namlich
05
ein principium cognoscendi non derivativum, und, was
merkwürdig ist,
06
es muß die Vernunft, um eine Moglichkeit nach der
durchgängigen determination,
07
also sich als vollstandig vorzustellen, sich das princip aller
Moglichkeit
08
im realissimo concipiren; aber darum ist das ens
originarium
09
nicht so fort principium essendi aller Dinge.

10
Vom ente originario soll b wird gedacht, daß es nicht blos
kein
11
derivativum, sondern selbst principium (non principatum)
sey. Das ist
12
sein negativer allgemeiner Begrif als des Unbedingten
Princips. Um
13
ihn zu bestimmen, muß ich es als realissimum denken, d.i.
ein Subiectiver
14
Grund, d.i. Bedürfnis der Menschlichen Vernunft und
nothwendige
15
Hypothese, um nur die Moglichkeit der Dinge denklich zu
machen. Aber
16
wenn die practische Bedürfnis, dadurch ich genöthigt
werde (g es ) zu
17
denken, dazu kommt, so wird ein Glaube daraus, da
theoretische und
18
practische Vernunft übereinstimmt und gleichwohl keine
Einsicht ist.

1 von 2 01.04.2009 0:13 Uhr


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19
Also 1. ist die subiective Bedingung, sich die
Moglichkeiten zu denken,
20
für die obiective Bedingung der Moglichkeit der Sachen
selbst als abhangig
21
von einem ente realissimo genommen.

22
2. Der Begrif des realissimi als allgenugsamen Grundes
oder als
23
alle realität be in sich enthaltnenden Wesens.

24
3. Die Bestimmung dieses Begrifs durch praedicate der
Anschauung
25
(weil diese sinnlich ist und nicht ihm angemessen) ist
unmöglich. Also
26
kan ich ein ens realissimum denken durch logische
Functionen, aber durch
27
theoretische Vernunft nicht unter categorien bringen, weil
diese sich blos
28
auf Anschauung beziehen.

29
Der Satz, daß das Unbedingte nicht allein die Bedingung
von einer

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2 von 2 01.04.2009 0:13 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 530 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/530.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 530

Zeile: Text:

01
art der Erkentnis, sondern zugleich von aller seyn müsse,
folgt daraus,
02
weil es sonst selbst limitirt und also seine Moglichkeit
wieder bedingt
03
seyn würde.

04
1. Hauptstück.
05
Von der Bildung des Begriffes von Gott.

06
1. Abschnitt.
07
Von der inneren Realität des Begriffes von
Gott, oder von der Möglichkeit
08
eines vollkommenen Wesens.

09
§ 9.
10
Erfordernisse des Beweises von der
Möglichkeit eines vollkommenen
11
Wesens.

2
6250. ψ . Th 13'. Zu Th § 9:

13
Ob es eine Erfindung sey, zu dem Begriffe eines
vollkommensten
14
Wesens hinaufzusteigen.

1 von 2 01.04.2009 0:13 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 530 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/530.html

15
Ob eine Bestimmung zum Begrif des realesten Wesens
gehöre, kan
16
man niemals mit Zuverläßigkeit wissen. Ist es ausgedehnt
oder nicht?
17
Da können wir nur sagen, daß Ausdehnung dazu nicht
gehöre, weil sie
18
Einschränkungen, Seyn und Nichtseyn, in sich fasset,
folglich gehört Nichtseyn
19
zu seiner Re Bestimmung. An dieser aber kennen wir nichts
Reales.
20
Wo wir etwas blos Reales zu erkennen glauben, z.E.
Erkentnis, da ist

[ Seite 529 ] [ Seite 531 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:13 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 531 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/531.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 531

Zeile: Text:

01
es ungewiß, ob es nicht mit anderem Realem, welches noch
fruchtbarer
02
ist, im realen Wiederstreite stehe, d.i. die Gründe davon
einander in demselben
03
Subiect nicht aufheben oder die Folgen wechselseitig
zernichten.

2
6251. ψ . Th 13. Zu Th § 9 Überschrift:

05
(g unabhängig: ) Das Urwesen,

06
(g vollkommen: ) hochste Wesen,*

07
(g allgnugsam: ) Wesen aller Wesen.

08
Das Wort unendlich kan allererst folgen.

(g
09
* Dieser Begrif ist von der Art, daß er sein obiect
durchgängig
10
bestimt, und zwar in Ansehung dessen, was in allen
praedicatis oppositis
11
zum Grunde liegt, nämlich des realen.

12
Ens summum est igitur ens entium, denn alle
Mannigfaltigkeit
13
ist die der Schranken.

14
ideoque ens summum non est derivativum, sed originarium.
15
Eine Idee als prototypon.
)

1 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 531 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/531.html

2 3
6252. ψ - . Th 13. Über Th § 9:

17
Entweder wir fangen von dem realissimo oder necessario
an und
18
schliessen von jenem Begrif auf diesen oder umgekehrt.

3
6253. ψ . Th 13'.

20
Der Begrif einer Negation ist ein abgeleiteter Begrif, denn
er setzt
21
den der Realität voraus. Er ist aber auch nicht für sich der
Begrif eines
22
Dinges (weil jedes ens etwas Reales seyn muß und die
Negation also
23
nur die Bestimung eines Realen). Er ist also nur die
Limitation, und,
24
da die eines so schon partim negativen Dinges eben
dergleichen Limitation
25
voraussetzt, so ist der Urbegrif, auf dem alle durchgängige
Bestimmung

[ Seite 530 ] [ Seite 532 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 532 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/532.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 532

Zeile: Text:

01
(g eines Dinges als Dinges überhaupt ) beruht, der eines
entis realissimi.
02
die durchgangige Bestimmung ist eine idee, die sich in
concreto (g als
03
limitati ) nicht ausführen laßt, aber von einem Dinge als
Dinge überhaupt
04
würde es die eines Dinges als realissimi seyn. Denn das
Vollstandige
05
ist der Grund der Moglichkeit, alles unvollstandige als
Ding zu
06
bestimmen.

3
6254. ψ . Th 13'.

08
Der Begrif eines entis perfectissimi enthält nicht so viel (g
und ist
09
auch nicht so bestimmt ) als der Begriff des allgnugsamen
Wesens (omnisufficientis);
10
denn wenn auch kein wesen für alles Mogliche gnugsam
11
wäre, so konnte eines doch für das meiste mögliche ein
Gnugsamer Grund
12
seyn. Einige moralische Begriffe enthalten schon die
Beziehung auf diese
13
omnitudinem, ohne einen superlativum zu enthalten. Diese
sind der
14
allein Weise, Heilige und Seelige, weil alle drey das hochs
Beziehung
15
aufs hochste Gut dem Erkentnis, dem Gefüh Willen als
gesetzgebendem
16
und demselbigen als Gutem enthalten.

3
6255. ψ . Th 13'.

1 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 532 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/532.html

18
Ein vollkommenstes Wesen, von welcher Art es sey, ist
durch diesen
19
Begrif durchgängig bestimmt*, und wird es nur nach der
Metaphysischen
20
Vollkomenheit gedacht, so ist es durch diesen Begrif auch
durchgangig bestimmt
21
(obgleich die Begriffe von Ort und Zeit darinn nicht
angetroffen
22
werden können). Nun nennen wir etwas, so fern es durch
seinen Begrif
23
in ansehung vieler Prädicate noch unbestimmt ist, so fern
blos möglich;
24
denn das wirkliche ist durchgangig bestimmt, obgleich
darum nicht wirklich.
25
Denn ob ich gleich sagen kan: alles wirkliche ist
durchgängig bestimmt, so
26
kan ich doch nicht sagen: alles durchgängig Bestimmte ist
wirklich.

(g
27
* Daher Platons Ideen als eintzelne Wesen vorgestellt
werden,
28
die, unveranderlich und ewig, die selbstandige Urbilder der
Dinge sind.

29
Als Ding überhaupt (metaphysice) ist nur ein Wesen
durchgängig

[ Seite 531 ] [ Seite 533 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 533 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/533.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 533

Zeile: Text:

01
besti durch seinen Begrif bestimmt. Alle andern Dinge
können betrachtet
02
werden, als ob sie durch die weglassung einiger
Bestimmungen
03
alle möglichkeiten geben.
)

3
6256. ψ . Th 13'.

05
Es ist unmöglich, einen Begrif durchgängig zu bestimmen;
es ist
06
aber subiectiv nothwendig, sich die durchgängige
Bestimmung desselben
07
als die Idee der Vollstandigkeit des Begrifs vorzustellen, d.i.
das obiect
08
ohne diese subiective Einschränkung sich vorzustellen, und
so denken wir
09
uns jedes obiect, so fern es an sich gesetzt wird, nämlich in
der Vollstandigkeit
10
der Bestimmung des Begrifs eines obiects überhaupt. Ist
11
dieser Begrif zugleich der eines realen obiects, d.i. eines
Dinges (g folglich
12
der Begrif eines Obiects so fern schon näher bestimmt ), so
ist die
13
Vollstandige Bestimmung desselben der Begrif des entis
realissimi. Kein
14
anderer Begrif giebt eine Regel an die Hand, in Ansehung
jedes gegebenen
15
Pradicats das obiect zu bestimmen. Also ist er die
Bedingung der Anwendung
16
des princips der durchgängigen Bestimmung auf ein a
priori
17
gedachtes obiect.

1 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 533 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/533.html

18
Th § 10.
19
Reine Realitäten.

2
6257. ψ . Th 14'. Zu Th § 10:

21
Ob man sich wirklich obiectiv viele realitaeten denken kan
oder eine
22
ohne Schranken?

23
Die Größte Realitaet als Grund ist zugleich mit aller andern
verbunden.
24
Wer eine Eigenschaft Gottes setzt, setzt alle.

[ Seite 532 ] [ Seite 534 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:14 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 534 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/534.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 534

Zeile: Text:

3
6258. ψ . Th 14'. Zu Th § 10:

02
Wir suchen wahre Realität (g nicht phaenomenale ) nur
daran zu
03
erkennen, daß wir versuchen, ob sie Gott zukommen
könne.

3
6259. ψ . Th 14'. Zu Th § 10:

05
realitas phaenomenon ist (g nicht ) reine Realität und
kommt dem
06
enti realissimo nicht zu.

07
Das prototypon ideale alle als logicum. Bedarf alles
positive der
08
Verstandesbestimungen der Dinge. Wir nehmen namlich
blos das aus
09
dem realen unserer (g moglichen ) Erfahrung, was zu dem
Begriffe
10
des Verstandes gehort.

11
Die Abhängigkeit allein macht das sichere Kenzeichen
einer realitatis
12
phaenomeni aus. Nun frägt sich, ob wir auch nur eine
einzige
13
ausser den transscendentalen, welche eigentlich nur die titel
zu Begriffen
14
sind, ihm beylegen können oder alle, die wir in concreto
geben können,
15
nur per analogiam.

2
6260. ψ . Th 15'. Zu Th § 10 Anmerkung, Satz 3:

1 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 534 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/534.html

„Ein endlicher — Grössen“:

18
wäre das, so würden wir den Begrif von unserem Verstande
nicht
19
durch die Erhebung zur Vollstandigkeit brauchen können,
um den Göttlichen
20
uns Vorzustellen.

[ Seite 533 ] [ Seite 535 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 535 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/535.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 535

Zeile: Text:

01
Th § 11.
02
Vermischte Realitäten.

2
6261. ψ . Th 15. Zu Th § 11, Satz 2:
„Widerspreche“:

04
aber wohl: daß es mit ihm nicht in einem Subiect bestehen
könne,
05
ohne nämlich aus einem gemeinschaftlichen Grunde folgen
könne.

3
6262. ψ . Th 15'. Zu Th § 11:

07
Alle Prädicate von Gott werden entweder von seinem
Begrif als
08
entis originarii (g seiner Unabhangigkeit ) oder realissimi
abgeleitet. Die
09
erste, welche zugleich die der absoluten Nothwendigkeit
sind, sind die
10
sichersten.* (g e.g. Simplex — immaterial. ) Einheit aus
dem Begriffe
11
des realissimi.

12
*(g denn, daß das ens originarium ein realissimum sey, ist
selbst
13
nur eine Hypothesis, aus subiectiven Bedingungen der
Vernunft auf
14
obiective zu schließen. )

15
Einigkeit sagt, daß alle R die hochste Realitaet nicht in viel

1 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 535 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/535.html

16
Dingen vertheilt, auch nicht vielen Dingen ganz zukommen
könne. Das
17
erste ist folgt aus der Simplicitaet des originarii.

18
Wir können zwar die Möglichkeit Gotte des Begrifs von
Gottes als
19
Inbegrifs aller Realität nicht einsehen aber (denn die
Möglichkeit des
20
Begrifs, da realitäten einander nicht wiedersprechen, ist
nicht gnug); denn
21
aber doch können wir sicher seyn, daß keiner das
Gegentheil auch nur begreiflich
22
machen könne; denn Realitäten, die sich in einem Wesen
wiederstreiten,
23
müssen durchaus realitates phaenomena seyn, und die sind
nicht
24
in Gott.

[ Seite 534 ] [ Seite 536 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 536 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/536.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 536

Zeile: Text:

3
6263. ψ . Th 15'. Zu Th § 11? Zu Th § 12?

02
Es ist ein großer Unterschied, ob man das ens realissimum
in Ansehung
03
aller Realitaet als ihr Subiect oder als Grund ansehe. Nach
der
04
letzteren Idee könnten von ihm verstandige Wesen
herkommen, ohne daß
05
es selbst Verstand hätte. Denn die Ursache bedarf nicht die
Qvalität der
06
Wirkung zu haben. Der Ausdruck: „Gott ist die höchste
Realität“ ist
07
das genus, worunter jene zwey Begriffe als species stehen.

08
Th § 12.
09
Begriff des metaphysisch unendlichen
Wesens.

3
6264. ψ . Th 15. Zu Th § 12 Anfang:

11
Die hochste realitaet: 1. als Inhalt des Dinges, 2. als Grund.
12
Alle Realitaet und das All der Realitaet In ei als ein einiges
13
Wesen.

14
Das All ist der Maastab der bloßen Vernunft, welche keine
beschrankte
15
Einheit anders erkennt.

3
6265. ψ . Th 15. Zu Th § 12 Anfang:

1 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 536 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/536.html

17
Ob ich nicht lieber sagen soll: eine Realität in ihrem
hochsten
18
Grade?

2
6266. ψ . Th 16. Zu Th § 12, Anmerkung 1, Satz
3:

20
Das Unendlichkeit ist ein mathematischer Begrif.

[ Seite 535 ] [ Seite 537 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:15 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 537 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/537.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 537

Zeile: Text:

01
Des gegebenen mathematisch unendlichen Große ist auch
durch diesen
02
Begriff, aber nur relativ auf den Menschlichen Verstand
bestimmt. Es ist
03
das, was in Verhältnis auf die Einheit als Maas größer ist als
alle Zahl.

04
Das metaphysisch unendliche ist, was alles, mithin die
gantze mogliche
05
Größe einer gewissen realitaet, enthält.

2
6267. ψ . Th 17. Zu Th § 12, Anmerkung 3,
Schlusssatz: „bestimmbar — finitam“:

08
definitam

09
Th § 13.
10
Nähere Bestimmung des Begriffs der
Unendlichkeit.

2
6268. ψ . Th 17. Zu Th § 13:

12
innere Unendlichkeit: extensive, intensive unendlichkeit.

13
Unendlichkeit im realen Verhältnisse: eben so wie vorher.

[ Seite 536 ] [ Seite 538 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:19 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 538 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/538.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 538

Zeile: Text:

2
6269. ψ . Th 18'. Zu Th § 13:

02
Gott als ens summum. Deismus.

03
Der Begrif des entis realissimi als entis summi bestimmt
sich selbst
04
durchgängig (g in Ansehung der (g ontologischen )
praedicate ), aber nicht
05
des infiniti.

06
Weil alle negationen hier als Schranken angesehen werden,
so ist
07
ens realissimum ens illimitatum.

08
Ob nicht jede realität, so fern sie (in Beziehung auf alle
mogliche
09
Realität) absolut-vollstandig vorgestellt wird, einen
Centralbegrif des
10
entis realissimi abgeben könne und der hochste Verstand,
die hochste
11
Macht, der Ewige, der Allseelige nicht jedes besonders die
Go den vollstandigen
12
Begrif von Gott ausmache.

13
Wenn sein Daseyn a priori eingesehen werden kan, so ist
das ens
14
summum ein nothwendig wesen.

15
Wenn von der absoluten Nothwendigkeit eines Wesens ein
bestimmter
16
Begrif moglich ist, so ist dadurch auch das Daseyn
desselben bewiesen.

2
6270. ψ . Th 18'. Wahrscheinlich mit Bezug auf

1 von 2 01.04.2009 0:20 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 538 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/538.html

Th § 13 Anmerkung 2 Nr. 4:

19
Moglichkeit und Wirklichkeit sind nicht in den Dingen an
sich selbst
20
unterschieden; sondern durch in Verhaltnis auf den Begrif
ist das Ding
21
blos moglich, in Verhaltnis auf vollständig bestimmte
Anschauung wirklich.
22
— Wenn ich sage: ein Ding ist möglich, so heißts: es kan
seyn (aber
23
nicht: weil es seyn kan, so ists). (g Unser Begrif der
Moglichkeit geht

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 539

Zeile: Text:

01
blos auf Verhaltnisse; das absolute verstattet keinen Begrif
der Moglichkeit,
02
der von der Wirklichkeit unterschieden wäre. )

03
Wir können von jedem Dinge fragen, warum es sey, weil
wir sein
04
Daseyn aus keinem Begriffe ableiten können; aber darum
ist es nicht zufallig.

06
Moglichkeit Nothwendigkeit und Zufalligkeit sind also nur
Verheltnisse
07
der Dinge zum Begriffe. An sich selbst sind Dinge weder
nothwendig
08
noch Zufällig; sie sind existieren, und ihr Nichtseyn laßt
sich mit
09
ihrem Begriffe allein sehr wohl vereinigen; aber unter der
Bedingung
10
der Verknüpfung mit einer anderen Existenz ist sie das
Nichtseyn derselben
11
unmoglich, d.i. sie können als bedingter Weise nothwendig
angesehen
12
werden und dabey als innerlich nach Begriffen zufallig. An
sich
13
selbst aber findet doch keine solche Trennung von den
Bedingungen statt,
14
also weder bedingte noch unbedingte Nothwendigkeit.
Denn die Moglichkeit
15
ist von der Wirklichkeit nur im Verhaltnisse zu Begriffen
unterschieden.

17
Nur in Ansehung der Ideee von Freyheit ist Moglichkeit
von Wirklichkeit
18
unterschieden. Handlungen als Erscheinungen sind in
Raum und
19
Zeit bestimmt (dem Bestimmungsgrunde der Wirklichkeit),
und da ist
20
Wirklichkeit mit Moglichkeit einerley, d.i. Nothwendigkeit.
Dagegen eben

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21
dieselbe Handlungen sind respectiv auf das intellectuelle
Subiect, das sich
22
blos nach Begriffen bestimmt, frey, weil sie an sich nichts
sind und nur
23
respectiv auf die Thatigkeit nach Begriffen moglich sind
als Arten, diese
24
Thatigkeit sinnlich vorzustellen; also sind die Handlungen
als Erscheinun
25
Bestimmung des intellectuellen subiects weder nothwend
sinnlich nothwendig

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2 von 2 01.04.2009 0:20 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 540

Zeile: Text:

01
noch zufällig, sondern gar nicht sinnlich und so fern frey
von
02
Naturnothwendigkeit.

03
Die Absolute Moglichkeit eines Dinges können wir nicht
begreifen,
04
d.i. a priori erkennen und einsehen, denn das ist schon
selbst die Einsicht
05
der Moglichkeit, ohne daß etwas gegeben sey; die
Moglichkeit soll aber
06
ohne Wirklichkeit und vor ihr erkannt werden, und dieselbe
soll synthetisch
07
seyn. Die synthetische Unmoglichkeit läßt sich niemals
begreifen, z.E. einer
08
Figur, wo nicht synthesis in unserer Sinnlichen Anschauung
d. i. ein vorher
09
zum Grunde gelegt wird, dadurch das obiect a priori
respective auf
10
unsere Sinnlichkeit gegeben wird. Die hypothetische
Moglichkeit läßt sich
11
begreifen, wenn etwas schon als wirklich gegeben worden
und das Gesetz
12
der Wirkungen und Ursachen. Die absolute Nothwendigkeit
eines Dinges
13
ist aber ganzlich über unseren Begrif; doch sehen wir ein,
daß Moglichkeit
14
vor der Wirklichkeit nur respectiv auf unseren Begrif
vorher gehe, und
15
daß an sich eines nicht von dem anderen getrennt sey.

16
Th § 14.
17
In Ansehung besonderer Realitäten.

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2
6271. ψ . Th 19'. Zu Th § 14:

19
Alles, was zu seinen Bestimmungen gehört, gehört zu
seinem Wesen,
20
denn es ist durch seinen Begrif durchgangig determinirt.

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2 von 2 01.04.2009 0:20 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 541

Zeile: Text:

01
Seine Moglichkeit ist von der wirklichkeit nicht
unterschieden, also
02
auch das Wesen nicht von seiner Natur.

03
Doch hier ist noch nicht vom Daseyn, sondern nur vom
Begriffe des
04
entis realissimi die Rede.

2
6272. ψ . Th 19'. Zu Th § 14 Satz 3—5:

06
Die transscendentalen Begriffe sind nur denn rein, wenn
man die Bedingungen
07
ihres empirischen Gebrauchs und überhaupt alle
Bedingungen
08
der sinnlichkeit wegläßt, e.g. Gegenwart oder Ursache,
worauf etwas folgt.

2
6273. ψ . Th 19. Zu Th § 14 Satz 3: „ohne
Bedenken beilegen“:

10
Denn dadurch bestimmen wir nur ein Ding überhaupt, ohne
es besonders
11
einzuschränken und von dem allerrealesten zu
unterscheiden.

3
6274. ψ . Th 19'. Zu Th § 14:

13
Zuerst kommts darauf an zu zeigen, was in dem Begriffe
des entis

1 von 2 01.04.2009 0:21 Uhr


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14
realissimi in Ansehung der ontologischen praedicate liegt,
als so fern es
15
nach dem Inhalt oder als Grund betrachtet wird. Hernach
die Existenz.

16
1, Analytische Pradicate. Ontologische ausser die Existenz.

17
2. Synthetische: erstlich* die absoluten, 2tens relativen als
Ursache
18
einer gegebenen Welt.

19
*(g seiner absoluten oder relativen Existenz des in
Beziehung
20
auf eine welt. Beym Spinosism hat Gott gar keine relative
Existenz. )

3
6275. ψ . Th 19'. Zu Th § 14:

22
(g Atheist statuirt keine Existentz: der dogmatische
(Gottesleugner)
23
verneint die Moglichkeit, der sceptische (Ohngötter) allen
Beweis der
24
Wirklichkeit. Jener den Begrif, dieser den Beweisgrund. )

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2 von 2 01.04.2009 0:21 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 542

Zeile: Text:

01
Der Atheist muß doch die analytische praedicate Gottes
zugestehen
02
(g denn die Möglichkeit eines solchen Wesens kan man
nicht bestreiten ).

04
Der Deist gesteht auch die synthetische, aber lauter
transscendentale,
05
nicht die physiologische, aus Furcht für den
anthropomorphism.
06
Er hat also auch keinen moralischen Gebrauch des
Erkentnisses von Gott.

07
Spinoza war kein atheist im transscendentalen Verstande,
auch kein
08
Deist, denn er leugnete nur die Cosmotheologie.

09
Er Sein Irrthum entstand aber aus einer falschen Ontologie,
indem
10
er den Begrif einer Substanz so stellete, daß nur eine
einzige wäre.

11
(g Man könte mit vielem Schein für den Spinozism sagen:
wenn
12
alle Kräfte und Vermögen einer von Gott geschaffenen und
erhaltenen
13
Substanz blos Gottliche Handlungen sind, wenn außer
diesen sich von
14
uns an ihnen nichts denken läßt, so könne man gar nicht
einsehen, wie
15
das Subiect derselben denn ausser Gott zu setzen sey.
Dagegen aber,
16
wenn wir an uns selbst wirkung und in ansehung anderer
Dinge Gegenwirkung
17
warnehmen, so ist wiederum nicht einzusehen, wie wir
accidentia
18
seyn sollten, welche niemals Subiecte des Handelns und
Leidens

1 von 2 01.04.2009 0:22 Uhr


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19
sein können. )

20
Der ist Deist ist es oft aus Bescheidenheit, der Theist ist es
(g oft )
21
aus arrogantz.

22
Die Realitat relative Existenz Gottes als der Weltschopfer,
nicht als
23
die Weltseele.

24
Das synthetische Prädicat der absoluten Existenz,
25
der relativen Existenz.

26
Einigkeit. conceptus singularis.

27
Viel Götter würden als nothwendige Wesen nicht in
commercio
28
stehen. Manichäer.

29
Cosmologisches Argument. Wir können aus der
Veranderung nicht

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2 von 2 01.04.2009 0:22 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 543 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/543.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 543

Zeile: Text:

01
auf die Zufalligkeit, sondern, wenn man die unendliche
Reihe nicht zulaßt,
02
nur auf die Nothwendigkeit eines ersten Schließen, aber die
erste Handlung
03
desselben auch nicht begreiflich machen.

04
Ontologisch Argument. Aus dem Begrif des realissimi die
Nothwendigkeit
05
des Daseyns,

06
Cosmologisch Argument. Aus dem Begriffe eines
Nothwendigen
07
wesens seine Qvalitaet als hochste realitaet zu schließen.

08
Ich schließe im cosmologischen Beweise entweder aus dem
Begriffe
09
der Abhängigkeit alles dessen, was Veränderung ist, auf ein
erstes, was
10
ohne Veranderung ist (primus motor), oder aus dem der
Zufälligkeit auf
11
ein Nothwendiges, und denn frage ich: welche
Eigenschaften hat ein nothwendig
12
wesen. Die Nothwendigkeit des Daseyns aber läßt sich aus
gar
13
keinen Eigenschaften herleiten und ist absolut
Unbegreiflich.

3
6276. ψ . Th 19.

15
Durch das Prädicat des Daseyns thue ich nichts zum Dinge
hinzu,
16
sondern das Ding selbst zum Begriffe. Ich gehe also in
einem existentialsatz
17
über den Begrif hinaus, nicht zu einem anderen Pradicat,
als was

1 von 2 01.04.2009 0:24 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 543 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/543.html

18
im Begriffe gedacht war, sondern zu dem Dinge selbst zu
gerade mit
19
denselben, nicht mehr, nicht weniger praedicaten, nur daß
es als hinzu
20
die absolute Position über die relative nich dazu gedacht
wird (complementum
21
possibilitatis). Der Grund des Scheins liegt darin, daß der
22
Begrif des entis realissimi die omnomodam
determinationem enthalt,
23
alle andere aber das obiect vielfaltig undeterminirt lassen.

3
6277. ψ . Th 20. Am untern Rand unter Th § 15,
aber doch wohl noch zu Th § 14:

26
Die gantze Schwierigkeit der transscendentalen Theologie
beruht darauf,
27
daß es nicht moglich ist, den Begrif der absoluten
Nothwendigkeit eines
28
Dinges zu bestimmen, d.i. zu sagen, worauf seine
Denkbarkeit beruhe.

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2 von 2 01.04.2009 0:24 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 544 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/544.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 544

Zeile: Text:

01
Nothwendigkeit der Satze ist absolut, nur wenn sie
analytisch ist; aber der
02
Dinge absolute nothwendigkeit ist ein synthetischer Satz.*

03
Die Deduction dieses Begrifs giebt: daß er eine
nothwendige Hypothese
04
ist.

05
*(g man kann keinen Fall davon anführen, alles ist logische
Nothwendigkeit.
06
Das Gegentheil von keinem Dinge wiederspricht sich. )

3
6278. ψ . Th 20'.

08
Nach Mendelssohn erkennt doch Gott die Zufalligkeit aller
Dinge
09
ausser ihm selbst auch so gar in Verhaltnis auf seine Natur,
also die durchgangige
10
Natur- oder theoretische Nothwendigkeit Zufalligkeit.
Allein zugleich
11
die practische Nothwendigkeit derselben durch seinen
willen als das
12
Beste, und so ist die Zufalligkeit existirender Dinge ein
Beweis des Daseyns
13
einer Verstandigen Ursache, ohne die sie nicht existiren
könnten.
14
Seine eigene Nothwendigkeit erkennt er schlechthin (ohne
daß wir es begreifen
15
können). Aber da wir von der Art, wie mogliche Dinge
anders
16
als durch Natur wirklich werden können, keinen andern
Begrif haben als
17
durch einen willen, so legen wir diesen Begrif, der aus der
Erfahrung

1 von 2 01.04.2009 0:24 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 544 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/544.html

18
hergenommen und nur subiective Gültigkeit hat, den
Dingen an sich selbst
19
zum Grunde. Substituiren wir dem Begriffe der Zufelligkeit
den Begrif,
20
daß wir das Gegentheil, nicht das bedingte, sondern das
unbedingte denken
21
können, so schließt das Argument so: was wir nicht anders
als so denken
22
können, nicht etwa um des wiederspruchs willen, sondern
weil uns sonst
23
keine Regel des denkens Gegeben ist, das ist so
nothwendig, so sehen wir,
24
daß alles blos subiective Voraussetzungen sind.

25
Im cosmologischen argumento (a contingentia mundi*)
hätte man
26
nicht aus den Veränderungen, sondern aus den
Einschrankungen der Dinge
27
der Welt auf die Zufalligkeit derselben schließen müssen;
aber denn hätte
28
man das, was zu beweisen war, namlich daß ens
realissimum allein nothwendig
29
existire, beweis voraus setzen müssen.

[ Seite 543 ] [ Seite 545 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:24 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 545 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/545.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 545

Zeile: Text:

01
Wenn aber jemand annimmt, daß die Zeit und alle
Veranderung
02
nicht eine Bestimung der Sachen, sondern nur eine
besondere Form ihrer
03
sinnlichen Anschauung sey, so könte doch die Welt
nothwendig seyn.

(g
04
* Dieses Argument kan nur, wenn es aus den
Veranderungen
05
der Welt geführt wird, nur dazu dienen darzuthun, daß die
Welt nicht
06
das ens necessarium seyn könne. Sonst kan es so geführt
werden:
07
Wenn etwas existirt, so existirt ein nothwendig Wesen.
Atqvi. E.
08
Das No Es kan aber kein eingeschranktes Wesen
nothwendig seyn (weil
09
es durch seinen allgemeinen Begrif nicht durchgangig
bestimmt ist, folglich
10
es zufallig ist, ob es so weit und nicht weniger oder mehr
eingeschrankt
11
sey); also ist das Nothwendige Wesen uneingeschränkt.

12
Die Veränderungen in der Welt führen doch am Ende nur
auf
13
die Zufalligkeit und ein erstes als nothwendiges Wesen.
Also kommts
14
nur darauf an: was für Eigenschaften Gehören dazu, um aus
dem Begriffe
15
eines solchen Wesens zugleich sein nothwendiges Daseyn
zu erkennen.
16
Oder ist die Moglichkeit eines absolutnothwendigen
Wesens
17
aus irgend einem andern Begriffe abzuleiten? (Es ist ein
synthetischer

1 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 545 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/545.html

18
Satz und kan also gar nicht aus bloßen Begriffen abgeleitet
werden).
19
Die absolute Nothwendigkeit ist ein Grenzbegrif, darauf
wir wie allerwerts
20
aufs erste nothqendig hinauskommen müssen, ohne und das
nur
21
angenommen kan werden kan zum Behuf der Folgen, für
sich aber
22
nicht eingesehen oder begriffen wird.

23
Aus Wirkungen auf das Daseyn des entis realissimi als
Ursache
24
zu schließen, beweiset dieses nur als realissimum tanqvam
caussa; aber
25
aus moglichkeiten der Dinge, die nur als Bestimmungen
einer einigen
26
allgemeinen Moglichkeit, nämlich des Höchsten wesens,
angesehen werden,
27
beweiset das Daseyn des realissimi als Inbegrif, folglich
auch,
28
wenn Verstand ist realitaet ist, daß es verstendig sey.

[ Seite 544 ] [ Seite 546 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 546 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/546.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 546

Zeile: Text:

01
Aller Irrthum besteht darinn, daß wir unsere Art, Begriffe
zu bestimmen
02
oder abzuleiten oder einzutheilen, für Bedingungen der
Sachen
03
an sich selbst halten. — Man kan den spinozism brauchen,
um den Dogmatism
04
zu stürzen. Der Critische und practische Philosoph fürchtet
05
nichts von solchen schwarmereyen.
)

3
6279. ψ . Th 21'.

07
Wenn wir ein Ding, welches es auch sey, nach einem
gewissen Begriffe
08
uns vorstellen und diesen Begrif vollstandig so mit allem,
was
09
dem Dinge auch ausser dem Verstande zukomt, uns
vorstellen wollen, so
10
legen wir die durchgangige Bestimmung als das Schema
jedes Vollstandigen
11
Begrifs zum Grunde. Der Begrif von einem Dinge
überhaupt als
12
darnach bestimbar oder als das bloße Subiect der
Bestimung ist blos
13
möglich, als mit diesem Schema congruent ausser dem
Verstande ist wirklich,
14
und, könnte es durch den bloßen Begrif auch als außer dem
Verstande
15
durch gesetzt betrachtet werden, nothwendig. Zufallig heißt
an
16
einem Dinge alles, in Ansehung dessen dieses durch seinen
Begrif unbestimmt
17
ist. Daher heißen die Bestim nennen wir scheint uns das
nothwendig,
18
was durch seinen Begrif durchgängig bestimmt ist.

1 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 546 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/546.html

19
Th § 15.
20
Reine Absonderung ihrer Begriffe.

3
6280. ψ . Th 21'. 22'. Zu Th § 15?

22 Th 21':
23
Der Schluß per metabasin εισ αλλο γενοσ ist in der Logik
unerlaubt,
24
da ich, was von einer Art der Dinge oder der Erkenntnis
gilt, als ein

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2 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 547 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/547.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 547

Zeile: Text:

01
princip zu einer andern Art der Dinge oder Erkentnisse
brauche; aber der
02
überschritt zu einer andern art zu schließen kan doch
erlaubt, ja nothwendig
03
seyn, namlich von obiectiven principien der Vernunft zu
subiectiven: 1. um
04
der Vollendung der Vernunftgründe willen in ihrer
Ableitung; 2. Um der
05
Absonderung der Vernunftgründe von allen Bestimmenden
Gründen der
06
Sinnlichkeit willen und ihrer Selbstandigkeit wegen zu
einem Verfahren,
07
was vollig a priori Begriffe bestimmen soll, wie im
moralischen. In einer
08
solchen metabasis gilt keine Warscheinlichkeit, aber auch
kein wissen, sondern
09
anstatt der ersteren ist Nothwendigkeit der Idee, anstatt des
Zweyten:
10
Hypothesis, welche zwar Analogie mit theoretischen
Voraussetzungen hat,
11
da ich etwas, was ich nicht weder noch dergleichen
ähnliches ich kenne
12
noch mir bestimmt vorstellen kan, doch nothwendig, um
für meinen Vernunftgebrauch
13
vollstandigkeit oder auch nur Sicherheit des empirischen
14
gebrauchs zu bekommen, voraussetzen muß. Ich schreite
eigentlich nicht zu
15
einem andern Dinge, sondern einer andern Art des
Vernunftgebrauchs
16
über, und die Nothwendigkeit desselben, so fern sie
practisch seyn soll, rechtfertigt
17
den theoretischen. Ohne Moralität würde die Hypothesis
immer ungegründet
18
seyn und ein die Zwekmaßigkeit im Universum
allerhochstens
19
auf einen Spinozism oder emanation führen. Aber die
Moralitaet hat

1 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 547 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/547.html

20
ohne eine solche Voraussetzung keine Aussicht der
Verknüpfung des obiectiven
21
Princips des Willens (guten) mit dem subiectiven (der
Glükseeligkeit).
22
Dem System der Vernunft (g und Freyheit ) correspondirt
kein
23
System der Natur, und so würde der moralische Begrif ein
blosses ens
24
rationis betreffen, das in Nichts zerginge.

25
Die Existenz eines blos glükseeligen Wesens ohne
moralitaet hat wohl
26
für dieses Wesen, aber nicht für einen bloßen Zuschauer
einigen Werth.
27
Die Existenz eines blos sittlichen Wesens ohne
Glükseeligkeit hat zwar
28
für einen Zuschauer den größten Werth, aber für das
Subiect selbst nicht.
29
Der Werth der Existenz aber muß obiectiv so wohl als
subiectiv bestimmt

[ Seite 546 ] [ Seite 548 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 548 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/548.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 548

Zeile: Text:

01
und gewiß seyn. Denn ich kan wohl sagen: ich muß
warhaft seyn, und
02
solte mir das Glük alle Gunst versagen; dieses aber gilt nur,
so fern
03
ich da bin und lebe, existire ich wie ein gutes Wesen. Aber
ich weis nicht,
04
warum ich blos zum handeln da seyn soll. Eben derselbe
Wille (in der
05
Idee), der mir dies gebietet, warum hat er mein Daseyn
geboten. Ich
06
kan dazu nicht einstimmen. Also ist moralitaet bedingter
Weise nothwendig,
07
aber die Bedingung (meine Existenz) ist alsdenn nicht blos
zu- Th 22': fällig,
08
sondern für meinen Wunsch unmöglich. Der Wille also
09
stimmt der Materie nach mit dem in Ansehung der Form
nicht zusammen.
10
— Eine nothwendige Hypothesis der Vernunft, die aber in
der transscendentalen
11
Theologie nur selbst hypothetisch nothwendig ist, nämlich
unter
12
der subiectiven Bedingung, daß ich erklären will. Die
Moral giebt obiective
13
Bedingung.

3
6281. ψ . Th 23'.

15
Die moralitaet ist für sich klar, wenn das Vernünftige
Wesen existirt;
16
aber seine Existenz selber hat für ihn keinen Werth, wenn
das Wohlverhalten
17
nicht belohnt wird.

1 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 548 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/548.html

3
6282. ψ . Th 22.

19
Der Begrif des unbedingt nothwendigen Wesens ist der
unvermeidlichste
20
und doch unerreichbarste Begrif der menschlichen
speculativen Vernunft.

[ Seite 547 ] [ Seite 549 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:25 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 549 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/549.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 549

Zeile: Text:

01
Der Begrif des realissimi war nur subiectiv nothwendig,
der des Unbedingten
02
Daseyns ist obiectiv. Dieses durch Vernunft erkennen heißt:
03
es sich als nothwendig vorst denken. — Die
Nothwendigkeit der Hypothesis
04
ist von der Nothwendigkeit der Einsicht unterschieden.

05
Man kan die Nothwendigkeit der Sache so unterscheiden:
1. da das
06
Gegentheil des Seyns*, oder 2. da aller anderen Dinge
Moglichkeit dadurch
07
aufgehoben würde.

08
*(g Die Moglichkeit desselben Dinges; die Moglichkeit
eines entis
09
necessarii einsehen heißt: seine Wirklichkeit beweisen. )

3
6283. ψ . Th 22'.

11
Die Exi Der Begrif eines absolut Nothwendigen Wesens ist
nothwendige
12
Hypothesis unserer Vernunft: erstlich in der Reihe des
abhängigen
13
zum Unabhangigen (negativer Begrif), zweytens in der
Reihe der
14
Theile zu dem Vollstandigen (ens realissimum), um alles
eingeschrankte
15
vom Uneingeschrankten abzuleiten. Das Letztere ist nur
eine großere
16
Leichtigkeit, aber nicht subiective Nothwendigkeit.
Dagegen in der Moral
17
ist diese Hypothesis zu Einstimung der Natur mit Freyheit
nothwendig,
18
weil sonst diese ein transscendenter Begrif ist und also die
Gesetze derselben

1 von 2 01.04.2009 0:26 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 549 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/549.html

19
auch transscendent, also subiectiv nicht practisch seyn
könnten.

20
Die Schwierigkeit, das absolut nothwendige zu begreifen,
und dennoch
21
die (g subiective ) nothwendigkeit, es anzunehmen, ist dem
theologen

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 550

Zeile: Text:

01
mit dem atheisten gemein; daher ist doch der Begrif des
entis realissimi
02
als der, so am wenigsten ihm entgegen ist, eine erlaubte
Hypothesis. —
03
Hieraus folgt die Unveranderlichkeit, nicht so wohl im
Ganzen der Zeit
04
(weil er denn derselbe bleibt), als daß er nicht in der Zeit
ist: Ewigkeit.
05
(Dauer) ohne Zeit. impsassibilitas. Solitudo. Lauter
Begriffe aus der absoluten
06
nothwendigkeit. Nun folgen die aus der hochsten realität. In
07
der transscendentalen theologie giebts keinen
anthropomorphismus, und
08
es ist also nicht nothig, etwas secund per analogiam Gott
beyzulegen.

09
(g Die Befugnis, ja gar die subiective
Vernunftnothwendigkeit,
10
ein ens realissimum anzunehmen, beruht auf die selbst dem
atheisten
11
unvermeidliche Voraussetzung eines entis necessarii als
unabhängigen
12
Grundes dessen, was existirt. Nun muß ein solches Wesen
doch gewisse
13
Eingenschaften haben, und zwar solche, die mit der
volligen Unabh ängigkeit
14
desselben und zugleich mit der Zulanglichkeit desselben
zum oberst en
15
Grunde des Zufalligen zusammenhängen. Wir können zwar
obiectivgültig
16
diesen Begrif nicht angeben. Aber in unserer Vernunft ist
ein
17
einziger Begrif, der allein für sie in ansehung der
durchgängige n Bestimmung
18
eines Dinges origninar ist und nicht abgeleitet werden kan.
19
Dieses ist der Begrif des realissimi. Er ist überdem
conceptus singularis

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20
und schikt sich zur vollstandigen Ableitung und zugleich
dadurch
21
der Verwandtschaft aller Möglichkeiten. Also haben wir
subi einen
22
subiectiv hinreichenden Grund, ein solches Daseyn
anzunehmen. Dies
23
ist ein Vernunftglaube, der obiectiv weder Gewisheit noch
Warsch einlichkeit
24
ist. Der Vernunftunglaube hat gegen diese Annehmung als
25
Hypothesis nichts zu sagen. Selbst der Vortheil der
Vernunftein heit
26
verdammt seine Maxime. )

27
Th § 16.
28
Bestimmungen des Einfachen.

3
6284. ψ . Th 22'.

30
Die relative Pradicate Gottes (g in Ansehung der Existenz
anderer

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 551

Zeile: Text:

01
Dinge ) sind garnicht im spinozism, wenn unter Relation
äußeres Verhältnis
02
Verstanden wird. Wird aber darunter auch innerer respectus
03
gemeynt, und zwar der accidentzen zu einer Substanz und
umgekehrt, so
04
werden Gott auch daselbst relative praedicate beygelegt.
Also relative
05
Prädicate Gottes mit der Welt: entweder 1. Der Inhaerentz:
spinosism.
06
2. Der dependentz oder caussalitaet nach dem
creationssystem. 6 3. Des
07
commercii nach der theorie der Weltseele. Das System der
Caussalität
08
(g der Substanz nach ) ist entweder der emanation oder der
creation nach.
09
Das der caussalitaet der Form nach entweder des Ursp der
Entstehung
10
derselben oder bloßen Modification derselben (also
gemischte Ursache:
11
Materie und Gott. fatum).

12
Die relative Pradicate Gottes in Ansehung des Zustandes
anderer
13
Dinge. 1. Die Erhaltung. 2. Die Allgegenwart. 3. Die Mitw
irkung.

[ Seite 550 ] [ Seite 552 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:26 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 552

Zeile: Text:

01
Th § 17.

02
Rämlichkeit.

3
6285. ψ . Th 23. Zu Th § 17 Schluss:

04
Die Dinge im Raum sind alle an die Bedingung des Raums
a
05
priori gebunden. Wäre dieser etwas an sich selbst, so ware
er auch nothwendig
06
und Gott auch an das Daseyn in demselben Gebunden. Gott
muß

[ Seite 551 ] [ Seite 553 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:28 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 553

Zeile: Text:

01
den Dingen an sich selbst gegenwartig seyn und so auch
den denkenden

02
Wesen und in ihnen dadurch die Idee des Raums zur
nothwendigen Bedingung

03
ihrer äußeren Anschauung machen.

[ Seite 552 ] [ Seite 554 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:28 Uhr


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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 554

Zeile: Text:

01
Th § 19.
02
Drei Arten der Bestimmungen in Gott.

2
6286. ψ . Th 26'. Zu Th § 19:

04
Der deist legt dem enti summo nur alle realitaet in
abstracto bey,
05
aber keine in concreto. wie soll nun der theist verfahren,
um sie in concreto
06
gott beyzulegen?

07
Wir verfahren mit der Wahl der realitaeten via (g tam )
negationis
08
quam eminentiae, aber in der Art, wie wir dem hochsten
Wesen die realitaeten
09
in concreto beylegen, secundum analogiam.

10
per analogiam.

11
Realitäten lassen sich nicht in concreto durch bloßen
Verstand denken,
12
sondern sie sind immer mit Bedingungen der Sinnlichkeit
afficirt; zuerst
13
also werde ich via reductionis die realitaet von dem, was
ihr als phaenomenon
14
zukommt (adhaerentibus sensitivis), nach Moglichkeit
befreyen,
15
denn sonst kommen anthropomorphismen heraus. Darauf
aber das sie
16
als realitas noumenon (solten auch alle besondere
Bestimmungen in

1 von 2 01.04.2009 0:28 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 554 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/554.html

[ Seite 553 ] [ Seite 555 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 555

Zeile: Text:

01
concreto wegfallen) per eminentiam unendlich erhöhen.
(Vor der reduction
02
muß der Weg der eminentia nicht genommen werden; denn
auch
03
menschliche Vollkommenheit könnte ins Unendliche
wachsen, ohne der
04
Species nach verschieden zu seyn.) Weil aber die
Aufhebung alles sensitiven
05
auch den Begrif in concreto aufhebt, welches allen Theism
in einen
06
bloßen Deism verwandeln würde, so bleibt der Weg der
Anwendung nach
07
der Analogie übrig, nach welcher ich gestehe nicht zu
wissen, wie die Gottliche
08
Eigenschaften an sich beschaffen sind, sondern nur, daß sie
eben so im
09
Verhaltnisse zur Welt gedacht werden, wie menschliche
Eigenschaften zu
10
ihren producten.

11
Th § 20.
12
Beweise der äussern Realität oder der
Wirklichkeit Gottes.

2
6287. ψ . Th 28'. Zu Th § 20:

14
1. Moglichkeit (g gegen den dogmatischen atheismus ) des
entis realissimi:

[ Seite 554 ] [ Seite 556 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:29 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 556 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/556.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 556

Zeile: Text:

01
daß alle Relität in einem Gemeinschaftlichen Grunde
könne enthalten
02
seyn, d.i. die reale Moglichkeit sehen wir nicht ein, sondern
blos
03
die logische.*

04
Gegen den sceptischen atheism ist dieses nicht gerichtet,
denn er zweifelt
05
nur an Beweisen der Wirklichkeit.

(g
06
* ob alle Vollkommenheiten sich auf einen Stamm propfen
lassen
07
und aus einem inneren princip eben desselben Dinges
entspringen
08
können, sehen wir nicht ein (wiewohl auch nicht das
Gegentheil), lassen
09
sich doch in Menschen verschiedene Vollkommenheiten
schwerlich vereinigen,
10
e.g. Große Thätigkeit, Eifer mit behutsamer Prüfung und
11
untersuchung etc. etc.

12
Gegen den dogmatischen Atheism ist hinreichend, daß wir
zeigen,
13
die Unmoglichkeit eines hochsten Wesens lasse sich nicht
beweisen, weil
14
das durch den Wiederspruch dieses Begrifs mit sich selbst
entstehen
15
müsste; aber die Moglichkeit desselben sehen wir
deswegen doch nicht ein.

16
Wieder den sceptischen atheism ist gnug zu zeigen, daß
darum
17
noch nicht aller Weg, zu Überzeugung zu gelangen,
abgeschnitten ist,

1 von 2 01.04.2009 0:30 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 556 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/556.html

[ Seite 555 ] [ Seite 557 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:30 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 557 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/557.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 557

Zeile: Text:

01
weil er durch speculation sie nicht erschafft (den so schließt
der sceptische
02
atheist) (Ohngötter). Weil, wenn auch speculative
Überzeugung
03
nicht statt findet, doch moralische moglich ist.

04
Der speculative Zweifler ist der, welcher behauptet, daß
darum
05
eine Sache nicht angenommen werden dürfe, weil ihr
Daseyn nicht bewiesen
06
werden kan. Dieses gilt allerdings in allem speculativen
Erkentnis.
07
Aber eben derselbe, wenn er in aller Absicht ein Zweifler in
08
Absicht auf das Daseyn Gottes ist, ist sceptischer Atheist;
dazu aber ist
09
er keineswegs berechtigt, ausser er muß alle sittliche
Gesetze für leere
10
Einbildung halten, denn alsden bedarf er auch nicht einen
Gott in
11
practischer absicht anzunehmen. Der, so behauptet, daß
Tugend sich
12
selbst belohne, hat nicht nöthig, einen Gott anzunehmen.
)

13
Th § 21.

14
Beweis selbst.

[ Seite 556 ] [ Seite 558 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:30 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 558 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/558.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 558

Zeile: Text:

2
6288. ψ . Th 30. Zu Th § 21:

01
Ens realissimum est ens originarium, wenn bewiesen
werden ka,
02
daß alle Moglichkeit nur in und durch dasselbe statt finde.

03
Das Daseyn aus bloßen Begriffen.

2
6289. ψ . Th 30'. Zu Th § 21:

05
Man könnte auf dieselbe Art schließen, daß das
Volkommenste eines
06
jeden Wesens in seiner Art existire, weil es nothwendig
existenz auch
07
Vollkommenheit ist.

2
6290. ψ . Th 30'. 30. Zu Th § 21:

09 Th 30':
10
Daß etwas darum möglich wirklich sey, weil es nach einem
allgemeinen
11
Begriffe möglich ist, folgt nicht. Daß aber etwas darum
wirklich
12
sey, weil es durch seinen Begrif unter allem möglichen
durchgängig bestimmt
13
und von allem moglichen als eines unterschieden wird,
bedeutet so
14
viel als: es ist nicht mehr blos ein allgemeiner Begrif,
sondern der Begrif
15
die Vorstellung eines einzelnen Dinges durch Begriffe
durchgängig bestimmt

1 von 2 01.04.2009 0:30 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 558 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/558.html

16
in Relation auf alles Mogliche. Diese Relation auf alles
Mogliche
17
nach dem princip der durchgangigen Bestimmung ist eben
dasselbe
18
nach Vernunftbegriffen, was das Irgendwo oder
Irgendwenn nach Bedingungen
19
der sinnlichen Anschauung ist.* Denn Raum und Zeit
bestimmen
20
nicht blos die Anschauung einer Sache, sondern zugleich
ihre
21
Individualität durch das Verhaltnis des Orts und des
Zeitpuncts, weil

[ Seite 557 ] [ Seite 559 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:30 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 559 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/559.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 559

Zeile: Text:

01
(g bey ) Raum und Zeit Möglichkeit von Wirklichkeit nicht
unterschieden
02
werden kan, darum weil beyde zusammen alle Moglichkeit
in der Erscheinung
03
mithin all in sich enthalten als Substrate, die zuvor gegeben
04
werden müssen.

05
Hieraus folgt nur, daß das ens realissimum zu dem realen
Begriffe
06
aller Moglichkeit vorher gegeben seyn müsse, mithin
gleich wie der Raum
07
nicht vorher als moglich gedacht werden könne, sondern
als gegeben; aber
08
nicht als etwas ein an sich wirkliches obiect, sondern eine
bloße sinnliche
09
Form, darin obiecte allein angeschauet werden können,
folglich auch ens
10
realissimum nicht als obiect, sondern als die bloße Form
der Vernunft,
11
in ihrer durchgangigen Bestimmung sich den Unterschied
alles moglichen
12
zu denken, folglich als Idee, die Wirklich ist (subiectiv),
ehe noch etwas
13
als moglich gedacht wird; woraus aber gar nicht folgt, daß
das obiect
14
dieser Idee an sich wirklich sey.

15
Gleichwohl siehet man, daß in Beziehung auf die Natur des
Menschlichen
16
Verstandes (g und seiner Begrifee ) ein hochstes Wesen
eben so nothwendig
17
sey, als Raum und Zeit in Beziehung auf die Natur unserer
Sinnlichkeit
18
und deren Anschauung.

19 Th 30:

1 von 2 01.04.2009 0:31 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 559 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/559.html

20
*(g Etwas, dessen Verhaltnis (g zu allem Moglichen ) im
Absoluten
21
Raum und Zeit bestimmt ist, ist wirklich. Eben so das,
dessen
22
Verhaltnis zu allem moglichen in der absoluten Vorstellung
eines
23
Dinges überhaupt bestimmt ist, ist wirklich. Beydes gehort
zur durchgangigen
24
äußeren Bestimmung in ansehung der Moglichkeit
überhaupt
25
und also macht dadurch auch die durchgangige innere
Bestimmung
26
eines individui. )

[ Seite 558 ] [ Seite 560 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:31 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 560 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/560.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 560

Zeile: Text:

3
6291. ψ . Th 30'.

02
Formaler Grund der Moglichkeit — principium
contradictionis.

03
Materialer Grund der Moglichkeit — principium
omnimodae determinationis.
04
Als Inbegrif.

05
Der erste Begrif der absoluten Nothwendigkeit eines
Wesens ist
06
(g logisch, d.i. ) der: daß seyn sein Nichtseyn sich
wiederspreche.

07
Der 2te Begrif der absoluten Nothwendigkeit eines Wesens
ist metaphysisch:
08
daß sein Nichtseyn aller Dinge moglichkeit aufheben
würde.

09
Beweis eines gemeinschaftlichen Grundes selbst der
Moglichkeiten
10
der Dinge aus der wesentlichen Zwekmaßigkeit.

3
6292. ψ . Th 30'. 30.

12 Th 30':
13
Die Zufällige Zusammenstimung zu Zweken läßt sich
vielleicht,
14
wie der atheist will, auch durch bloßen Zufall erklären.
Aber die Nothwendige
15
Zusammenstimung zu denselben läßt sich gar nicht denken,
wenn
16
ich die Wesen der Dinge als Unabhängig für sich gegeben
annehme; denn

1 von 2 01.04.2009 0:31 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 560 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/560.html

17
alsdenn ist es unmöglich, daß sie nothwendig zur Einheit
des Zweks (z.
18
B. geometrisch proportionen zu verzeichnen) zusammen
stimmen sollten.
19
Man muß hiezu nothwendig Einheit des Wesens, von dem
alle Moglichkeit
20
abgeleitet ist, an welchem Moglichkeit und Wirklichkeit
nicht unterschieden
21
ist, zum Grunde legen; denn nur alsdenn stimmen alle
nothwendig
22
unter einander zur Einheit, weil sie aus einer solchen
abstammen.*

[ Seite 559 ] [ Seite 561 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:31 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 561 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/561.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 561

Zeile: Text:

01 Th 30:
02
*(g Man muß also nicht vom Begriffe des entis realissimi
auf
03
dessen Nothwendigkeit (innere Unmoglichkeit des
Nichtseyns), sondern
04
von dem der absoluten nothwendigkeit (als Wesens, dessen
Aufhebung
05
alles mögliche aufhebt, mithin der Moglichkeit eines entis
summi als
06
hochsten Grundes, entis entium) auf die vollstandige realität
schließen. )

07
Th § 22.

08
Besonderer Beweis der notwendigen
Wirklichkeit

09
des vollkommensten Wesens.

2
6293. ψ . Th 32'. Zu Th § 22:

11
Wenn durch diesen Beweis gleich nicht die obiective
Nothwendigkeit
12
des hochsten Wesens eingesehen wird, so wird doch die
subiective Nothwendigkeit
13
einer Hypothese desselben als substrati aller Moglichkeit
(der

[ Seite 560 ] [ Seite 562 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:32 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 562 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/562.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 562

Zeile: Text:

01
durchgangigen Bestimung eines jeden Dinges überhaupt) in
unserer Vernunft
02
selbst bey dem speculativen Gebrauch eingesehen, obgleich
dieser Gebrauch
03
eben nicht an sich nöthig ist.

04
Th § 23.

05
Beweis a posteriori.

2
6294. ψ . Th 34. Zu Th § 23:

07
Wenn sich aus dem Begriffe eines nothwendigen Wesens
die hochste

[ Seite 561 ] [ Seite 563 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:32 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 563 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/563.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 563

Zeile: Text:

01
realitaet desselben herleiten ließe, so würde unter allen
moglichen wesen
02
eines als absolut nothwendig bestimmt seyn, und ich hatte
hier nicht nöthig,
03
Erfahrung zum Grunde zu legen.

2
6295. ψ . Th 34. Zu Th § 23 Überschrift:

05
Cosmologischer

2
6296. ψ . Th 34'.

07
Wenn es unmoglich ist, aus dem Begriffe des realissimi das
necessarium
08
zu beweisen, so ist es noch viel weniger moglich, aus dem
Begriffe
09
des necessarii seine Eigenschaften (realitäten) zu beweisen.

2
6297. ψ . Th 34'. 34. Zu Th § 23.

11 Th 34':
12
Beweis aus der Anzeige existirender Dinge auf ein ens
originarium
13
und von diesem der Schluß, daß ein ens originarium auch
ens realissimum
14
sey.

15
Dieser Beweis nimmt an, daß ein ens originarium ein ens
(g absolute )

1 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 563 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/563.html

16
necessarium sey, und schließt, daß das absolute
necessarium kein
17
anderes als realissimum seyn könne. Alles dieses geschieht
dadurch, daß
18
wir erstlich die Begriffe der Zufalligkeit und
Nothwendigkeit auf die
19
Existenz aller Dinge (nicht blos die bedingte) appliciren
und daher ein
20
ens originarium, dessen Begrif blos negativ ist, durch ein
positives Prädicat,
21
namlich der absoluten Nothwendigkeit seines Daseyns
denken.

[ Seite 562 ] [ Seite 564 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 564 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/564.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 564

Zeile: Text:

01
Wenn wir Moglichkeit von der Wirklichkeit absondern, so
ist dieses
02
ein Zeichen, daß wir unseren Begrif vom Dinge noch nicht
durchgängig
03
bestimmt haben; denn alsdenn wird das obiect nur als
etwas gedacht,
04
das auf eine oder andere Art unter allen mogl Pradicaten
bestimmt
05
werden kan, in Ansehung dessen deren es doch
durchgängig bestimmt seyn
06
muß, wenn es existiren soll. Der Unterschied von
Moglichkeit ist al und
07
Wirklichkeit ist also kein unterschied der Dinge, sondern
der Begriffe. so
08
fern, der in allerley absicht noch als unbestimmt angesehen
wird, den Begrif
09
eines blos moglichen, der aber obiectiv als bestimmt
angesehen wird,
10
eines wirklichen Dinges ausmacht. Das ens origin Bedingt
ist die existentz,
11
die a priori nicht anders als unter voraussetzung einer
Ursache erkannt
12
werden kan; unbedingt: die zwar entweder a priori, ohne
doch rationatum
13
(g zu ) seyn, erkannt werden kan oder, ob sie gleich gar
nicht a priori erkannt
14
werden mag, folglich auch nicht als caussatum alterius,
dennoch
15
selbst als Ursache vorausgesetzt werden muß.

16
Der cosmologische Beweis setzt den ontologischen voraus.
Denn wenn
17
daraus, daß etwas ein ens necessarium ist, folgt, es sey
auch realissimum
18
(weil dieses nur ein einziges Wesen seyn kan und der
Begrif des absolute
19
necessarii durchgangig bestimmend seyn muß, mithin nicht
vielerley wesen

1 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 564 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/564.html

20
darunter verstanden werden sollen), so muß auch
umgekehrt geschlossen
21
werden können, daß das absol. necessarium ens
realissimum ein ens
22
necessarium sey, denn es sind wechselbegriffe. Ich kann
den Satz: alle
23
triangel sind Figuren, nicht umkehren, weil das praedicat
für mehr Dinge
24
als triangel anpasst. Finde ich aber, daß das praedicat nur
einzig und
25
allein diesem subiecte Th 34: angemessen ist, z.E.: ist in
drey Seiten eingeschlossen,
26
so muß ich ihn umkehren können. Nun geht der Schlu und
da
27
der Satz a priori gewiß ist, so muß auch sein umgekehrter
für sich selbst
28
a priori gewiß seyn, d.i. in unserem Falle muß aus dem
Begriffe des

[ Seite 563 ] [ Seite 565 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 565 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/565.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 565

Zeile: Text:

01
abs. nec. realissimi die nothwendigkeit fließen.
Hauptsächlich aber geht
02
der Schlus vom necessario zum realissimo dadurch, daß
das necessarium
03
nicht mehr als auf eine Art determinabel sey, folglich nur
ein einziges,
04
und dieses einzige muß durch seinen Begrif schon von
allen zufalligen
05
Wesen unterschieden werden.

2
6298. ψ . Th 35'. Zu Th § 23:

07
Wir können fragen: warum überall etwas wirklich sey;
denn die
08
Moglichkeit setzen wir hiebey als unabhangig von der
existentz voraus.
09
Aber ist denn auch der Begrif der Moglichkeit von aller
Wirklichkeit und
10
Erfahrung unabhängig. Das Logische der Moglichkeit, der
Satz des
11
Wiederspruchs, ists, nämlich die Moglichkeit des Begrifs.
Aber die Moglichkeit
12
der Sachen selbst erfodert mehr, namlich Synthesis. Dieser
liegt
13
zum Grunde die wirkliche Natur unserer Sinnlichkeit und
unseres Verstandes
14
und geht nicht weiter als auf Gegenstände möglicher
Erfahrung.
15
Aber auch da ist die Moglichkeit, z.B. eines Gebäudes, wo
keines da ist,
16
nichts als die Bestimmung eines Begrifs durch allerley
praedicate, die
17
aber noch nicht bis zur durchgängigen Bestimmung, mithin
auch in Ansehung

1 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 565 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/565.html

18
der Verhaltnisse, erstreckt ist. Die Vollstandige Moglichkeit
können
19
wir niemals einsehen, aber weil wir einen Begrif nicht
durchgangig und
20
in concreto ausführlich bestimmen können. Denn könnten
wir dieses, so
21
würden dazu praedicate gehören, die nicht anders als aus
der Erfahrung
22
genommen werden können, und deren Bedeutung auch nur
im Verhältnisse
23
der Erkentniskrafte zu moglicher Erfahrung besteht.

3
6299. ψ . Th 35'. Zu Th § 23:

25
Der cosmologische Beweis: Wenn etwas existirt, so existirt
irgend

[ Seite 564 ] [ Seite 566 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:33 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 566 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/566.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 566

Zeile: Text:

01
etwas schlechterdings nothwendig, d. i. es muß unmoglich
seyn,
02
nicht existire, Wenn dieses so viel bedeutet: es muß sich
wieder sprechen
03
so ist kein wesen absolutnothwendig. Bedeutet es so viel:
ich muß sein
04
Daseyn nach Gesetzen der Vernunft nothwendig (nicht als
nothwend ig)
05
voraussetzen, so ist es Nothwendigkeit der Hypothesis.
Synthetis che Sätze
06
a priori, die sich auf keinen Gegenstand de möglicher
Erfahrung beziehen,
07
können niemals obiective Nothwendigkeit haben. Allein
Subiective der
08
Voraussetzung der Vernunft von einem realissimo als
substrato aller
09
Moglichkeit bey im Grundsatz der durchgangigen
Bestimmu ng können sie
10
wohl haben, und die ist uns hinreichend.

11
Die Vernunft knüpft immer eine Existenz an die andere und
kan
12
nichts für sich selbst setzen; sie ist also nur das Vermögen
der Verknüpfungen
13
a priori, nicht absolute Nothwendigkeit im Daseyn zu
erkennen.
14
Gleichwohl ist die absolute Nothwendigkeit eine
unvermeidliche Voraussetzung
15
der Vernunft zu ihrer Totalität. Also ist sie subiectiv, nicht
dogmatisch
16
nothwendig.

17
Th § 24.
18
Beweis aus den Endursachen in der Welt.

1 von 2 01.04.2009 0:34 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 566 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/566.html

3
6300. ψ . Th 36'. Zu Th § 24:

20
Theologia Naturalis: Gott als Ursache der Natur nach der
analogie
21
mit den Naturursachen, d. i. psychologischen Praedicaten,
gedacht.

[ Seite 565 ] [ Seite 567 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:34 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 567 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/567.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 567

Zeile: Text:

01
Physicotheologie. Spinoza nimmt zwey Eigenschaften der
Gottheit,
02
Ausdehnung und Denken: die Modification der ersteren ist
Beweg ung.
03
Er aber will nicht, daß die Bewegung vom Denken,
sondern unmitt elbar
04
aus der Natur des Wesens herkomme, und dann ist Gott
kein von der
05
Welt unterschiedenes Wesen.

06
Aus der cosmotheologie auf die intellectualitaet des
Urwesens schließen
07
würde so gehen. Die Welt ist eine Reihe von auf einander
folgenden Zuständen.
08
Den ersten Anfang kan ein Wesen nur durch freyheit
machen;
09
Freyheit aber setzt verstand voraus, folglich ist das ens
originarium summa
10
intelligentia. Primus Motor. Dieser Beweis ist besser als
der, daß intellectus
11
zur höchsten realitaet gehöre. — Verhütung der
anthropomorphism en
12
im Theism - secundum Analogiam und via reductionis.
Unbegreiflich.-
13
Von ihm kein Beyspiel, auch nicht etwas ähnliches.

14
Lebendiger Gott. Summa intelligentia. summa
sibisufficientia
15
(g Seeligkeit ). summum Numen (g Wil le ). Zuerst nur vom
physicotheologischen
16
Begriffe, dann vom Daseyn.

3
6301. ψ . Th 36'. Zu Th § 24:

1 von 2 01.04.2009 0:34 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 567 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/567.html

18
Die Nothhülfe, beym hochsten und an sich nothwendigen
Wesen, das
19
durch nichts in der Erfahdung (als Erkentnis durch
Erscheinungen) gegebenes
20
erkannt werden kan, sich doch einige Naturbegriffe, die
ihre Beys piele
21
in concreto haben können, zu machen, beruht nicht auf
seiner Unvergründlichkeit,
22
sondern seiner Unbegreiflichkeit. Das erste hat jenes mit
23
allen Dingen überein, das letztere ist allen seinen
Eigenschaften eigen.
24
Wir betrachten seine Verhaltniseigenschaften nur nach der
analogie, aber
25
tragen auf ihn das absolute nicht über. Diese Verhaltnisse
werden durch

[ Seite 566 ] [ Seite 568 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:34 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 568 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/568.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 568

Zeile: Text:

01
reine categrorien gedacht; aber man kan nicht sagen: es
kommt ihm das

02
Analogon dieser Welteigenschaften zu, denn dieses würde
in der Sache

03
Beschaffenheit eine Ahnlichkeit beweisen; wir wollen aber
nur sa gen, daß

04
wir nach unserer Art, uns die Moglichkeit der Dinge
vorzustellen, seine

05
Eigenschaften nach denselben Verhältnissen denken
müssen, als wir uns

06
die in der Welt vorstellen.

[ Seite 567 ] [ Seite 574 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:34 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 574 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/574.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 574

Zeile: Text:

01
Th § 35.

02
Erhaltung und Fortsetzung des Lebens.

2
6302. ψ . Th 51'. Zu Th § 35:

04
Die Erhaltung der Arten kan entweder als gantz natürlich
angese hen
05
werden oder bedarf eines übernatürlichen Einflusses. Im
ersten Fall
06
möchte auch wohl der Ursprung der Arten als natürlich
angesehen werden
07
müssen: denn jede generation ist als neuer Ursprung so fern
anzu sehen,
08
daß so viel fremde Ursachen seyn, welche die bildende
Kraft modi ficiren
09
und abändern können, daß, wenn nicht ein gegenwirkendes
princip nach
10
allgemeinen Gesetzen wäre, aus einer einmal geschafnen
Anlage die regelmäßigkeit
11
in der fortpflantzung nicht erklärt werden könnte.
Vornehmlich
12
wenn man Epigenesis annimmt.

[ Seite 568 ] [ Seite 579 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:35 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 579 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/579.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 579

Zeile: Text:

2
6303. ψ . Th 61'.

02
Von der Moraltheologie. Hier wird die Moral aller
Theologie
03
zum Grunde gelegt.

04
Gewissen ist 1. das Vermögen, sich der Rechmäßigkeit
oder Unrechtmäßigkeit
05
seiner eigenen Handlungen bewust zu werden. 2. Das
innere
06
Ansehen dieses beurtheilenden Vermögens als eines
Richters, uns wegen
07
der Befugnis unserer Handlungen zur Rechenschaft zu
ziehen.

08
Der oberste Grundsatz des Gewissens ist: daß nichts erlaubt
sey zu
09
thun, wovon der Handlende nicht ganz gewiß ist, daß es
(überhaupt) zu
10
thun erlaubt sey. Wir können nichts auf die Gefahr unrecht
zu handeln
11
unterfangen.

12
Eine Hypothese, deren Bestreitung Gefahr bey sich führt
unrecht zu
13
thun, (g durch ) deren Anschauung (g wir ) aber niemals
unrecht thun
14
können, ist moralisch gewiß, und ein Geg die
Voraussetzung derselben in
15
Absicht auf die Bevestigung der moralitaet der moralische
Glaube. Der
16
moralische Glaube also ist nicht von der Übereinstimung
unseres Urtheils
17
mit dem obiect, sondern mit unserem Gewissen
hergenommen.

1 von 2 01.04.2009 0:36 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 579 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/579.html

[ Seite 574 ] [ Seite 580 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:36 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 580 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/580.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 580

Zeile: Text:

01
Glaubenssachen sind, in denen die Moralität des
Vorwarhaltens
02
das Wesentliche ist. Die Existentz Gottes und der künftigen
Welt sind
03
glaubenssachen der bloßen Vernunft. In Ansehung der
Speculation
04
sind sie von keiner großen Wichtigkeit, können auch nicht
apodictisch bewiesen
05
werden. Wenn aber moralitaet zum Grunde gelegt wird,
sind sie
06
unentbehrliche Hypothesen, sie ins Werk zu richten.

07
Die Richtschnur des Gewissens ist hier bey moralisch guter
Absicht,
08
nicht mehr Überzeugung zu erkünsteln, als wir deren fähig
seyn, damit
09
wir sicher sind, bey diesem Erkentnis nicht unrecht zu
thun.

[ Seite 579 ] [ Seite 583 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:36 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 583 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/583.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 583

Zeile: Text:

01
Th § 49.

02
Feinere Gottesleugnung.

3
6304. ψ . Th 69'. Zu Th § 49 Anm. 2 „Spinoza“:

04
εν και παν.

[ Seite 580 ] [ Seite 597 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:36 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 597 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/597.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 597

Zeile: Text:

01
Th § 71.

02
Güte, Heiligkeit, Gerechtigkeit.

3
6305. ψ . Th 101'. Zu Th § 71:

[ Seite 583 ] [ Seite 598 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:37 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 598 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/598.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 598

Zeile: Text:

01
Von dem Menschenänlichen in den Ausdrüken, die doch
Θεοπρεπωσ
02
verstanden werden müssen.

03
Von dem Gottähnlichen in der Idee eines vollkommenen
Menschen.

3
6306. ψ . Th 102. Zu Th § 71 Anm. 1, Satz 2 „als
Mittel“:

05
niemals blos

3
6307. ψ . Th 102'. Zu Th § 71:

07
Von Gott als der Weltursache. Das Ideal der Menschheit in
ihrer
08
gantzen Vollkomenheit ist sein erstgebohrner Sohn, der
abglanz seiner
09
Herrlichkeit, in ihm und durch ihn sind alle Dinge gemacht
er selbst ist von

[ Seite 597 ] [ Seite 599 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

1 von 1 01.04.2009 0:37 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 599 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/599.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 599

Zeile: Text:

01
Ewigkeit. Daher heißt er auch das selbständige oder
Ursprüngliche Wort*
02
(der Grund des Werdens). In ihm blos liebt er (g allein ) die
Welt, und
03
verhaltnisweise auf ihn heißt der Weltschopfer auch Vater
der Menschen
04
in seinem Sohn, d.i. als seinem ectypo. Zu dieser
übereinstimung mit
05
dem Ideal des Sohnes den Menschen zu bringen, ist der
heiligende Geist
06
von Ewigkeit in ihm, der das Mangelhafte Geschopf mit
dem heiligsten
07
Willen durch die Bestrebung, dem Ideal des Sohnes ähnlich
zu werden,
08
und durch Ergänzung des Mangelhaften der Gerechtigkeit
vereinigt.**
09
Er ist der Richter in Uns, der uns das heilige Gesetz
vorhält, darnach
10
richtet, aber auch das, was uns an Gerechtigkeit abgeht,
durch das Ideal
11
der Menschheit, wenn wir auf dem Wege sind ihm immer
näher zu kommen,
12
ergänzt und uns im Unendlichen, ununterbrochenen
Fortgange demselben
13
und zugleich der Seeligkeit näher bringt.

14
Im Bilde Bewustseyn des ersten Adams, in welchem wir
alle gesündigt
15
haben, und mit dem demüthigen Bewustseyn der
Gebrechlichkeit
16
jeder (g menschlichen ) Tugend, die durch Zufallige
versuchende Umstände,
17
so groß sie auch sey, gestürtzt werden kan, und im Glauben
an einen zweyten
18
Adam, d.i. einen Menschen, der allen solchen
Versuchungen, selbst den

1 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 599 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/599.html

19
hartesten durch Schmach und Leiden, wiedersteht und
dadurch die Thunlichkeit
20
dessen, was das heilige Gesetz fodert, beweiset, mithin daß
es nicht
21
ein leeres, sondern practisches Ideal sey: in der jederzeit
fortschreitenden
22
Besse Annäherung zu diesem Beyspiele der
Vollkommenheit in diesem
23
Geiste der Demuth und zugleich der Hofnung können wir
die Gegenstande
24
der Liebe Gottes in seinem Sohne dadurch werden, daß wir
ihm ähnlich
25
und mit ihm gerechtfertigt werden. Hier sind keine Gefühle
und übernatürliche

[ Seite 598 ] [ Seite 600 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 600 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/600.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 600

Zeile: Text:

01
Einflüsse noch historische Erkentnisqvellen, sondern bloße
02
Menschenvernunft.

03
*(g Er ist der Unerschaffene, aber doch das Urbild des
Herrlichsten,
04
was in der Schopfung angetroffen werden kan; der Mensch,
der ihm,
05
so viel als die Einschrankungen, welchen er als Geschopf
unvermeidlich
06
unterworfen ist, zulassen, ähnlich ist, ist mit ihm in einer
Person vereinigt. )

08
**(g Er geht vom Vater aus und ist vom Sohne gesandt.
Denn
09
weil kein Geschopf dem Ideale der Menschheit gleich ist,
indem es nicht
10
durch Anerschaffung, sondern durch Freyheit allein heilig
seyn kan: so
11
hat das heilige Gsetz den Einflus dieses Gesetzes (g an sich
) selbst auf
12
den Willen der Geschöpfe zur Absicht, die Gütigkeit des
Vaters in ansehung
13
des Sohnes aber den Willen, das Geschopf durch diesen in
seine
14
Kindschaft aufzunehmen. Also ist eine moralisch erh
belebende und
15
erhaltende Kraft Gottes nothig, den Menschen mit dem
Ideal der
16
Menschheit näher zu bringen, ihn innerlich danach zu
richten und den
17
Glauben an dasselbe zur Bestrebung einer immer
fortgehenden Annäherung
18
zu diesem zu Gründen und zu bevestigen. Dieser Geist ist
19
also das Mittel, das obiect der Schopfung, die Menschheit,
in der Gott
20
wohlgefällig zur Wirklichkeit zu bringen, namlich die
Gründung der

1 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 600 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/600.html

21
Gemeinschaft eines Reichs Gottes unter Gesetzen, einer
Gütigen Verwaltung
22
und einem gerechten Gericht, und zwar unter der einzig
moglichen
23
Vaterlichen durch Kindschaft der Unterthanen. )

[ Seite 599 ] [ Seite 601 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 601 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/601.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 601

Zeile: Text:

01
Zweites Hauptstück.
02
Von der Mitteilung der
Religionserkenntniss.

03
Erster Abschnitt.
04
Von der sinnlichen Mittheilungsart.

05
§ 73.
06
Beschaffenheit und Schicklichkeit
derselben.

3
6308. ψ . Th 105'. Zu Th § 73:

08
In der Religion ist obiectiv Rechtgläubigkeit (g orthodoxie
), subiectiv
09
aber Gewissenhaftigkeit, d.i. reine geprüfte Aufrichtigkeit
im Bekentnisse
10
dessen, was als orthodox gelehrt wird, das Erfodernis.

11
Wenn jemand nach seinem besten Vermögen das als, was
ihm jetzt
12
rechtgläubig dünkt, zu wählt, so kan er mit volliger
Gewissenhaftigkeit
13
Religion haben, und in der That ist nur bey reiner
Gewissenhaftigkeit
14
Religion. Wo nun keine Freyheit der Wahl ist offentlichen
Untersuchung
15
ist, wo entweder das Zuvorkommen mit eingedrükten
Vorurtheilen oder

1 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 601 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/601.html

16
der Zwang die Untersuchung hindert, da ist
ungewissenhafte Religion,
17
d.i. Pfaffenthum oder die Unterwürfigkeit Macht de,
sclavische Gottes oder
18
heuchlerische Unterwürfigkeit unter dem Drucke frommer
Observanzen.
19
Man solte daß nicht Religion nennen: es ist Pfaffenthum.
Denn Religion

[ Seite 600 ] [ Seite 602 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:38 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 602 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/602.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 602

Zeile: Text:

01
muß gewissenhaft seyn, und zum Gewissen gehört freyheit.
Man
02
kan nicht sagen, daß der, so welcher so gar eine wahre
Religion zwangsmäßig
03
annimmt, gewissenhaft verfänhrt; denn er muß wissen und
selbst
04
einsehen, daß etwas seine Pflicht sey, und kan sich nicht
auf anderer
05
Versicherung verlassen. Was er hierin nach moralischen
Vernunftgesetzen
06
thut: die Bemühung, sich in rechtschaffenheit fest zu setzen
etc. etc., das kan
04
ihm allein zum Guten angerechnet werden; das übrige ist
verlohren werk
08
und noch oben ein gewagt, mithin unlauter und bloße
Gunstbewerbung.
09
Pfaffenthum ist allenthalben einerley: Catholicism und
Protestantism sind
10
wesentlich unterschieden. So giebt es erzcatholische
protestanten und wohl
11
auch protestantische Catholiken. Wenn man den Gringsten
einmal annimmt,
12
daß unter dem, was wir thun können, Gott zu gefallen,
etwas
13
mehr sey als der gute Lebenswandel, so sind keine
Grenzen.

14
Wenn in einem Stück der Character des Volks verderbt
wird, so erstrekt
15
sich das auch auf mehrere. Gewisse observanzen scheinen
noch zur
16
Religions übung no -Bildung nöthig zu seyn, und in dieser
muß ein nicht
17
leicht abzuandernder Mechanism seyn; aber daß er mit
demjenigen was sie
18
müßen so beschaffen seyn, daß, wenn sie auch unnothig
oder auf falsche

1 von 2 01.04.2009 0:39 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 602 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/602.html

19
Geschichten oder vorgebliche offenbarung gegründet
wären, sie doch wenigstens
20
sittlich gleichgültig wäre sind. Aber Glaubensbekentnisse
von
21
ihrer Wahrheit sind den eine Last für das gewissen. Was ich
blos
22
Glaube, brauche kan ich nicht zu (g als wahr ) beschwören,
und als von
23
mir geglaubt zu beschwören, ist zwar für das jetzt eine
Gewahrleistung,
24
aber ich kan nicht schwören, daß ich es immer glauben
werde, wei folglich
25
mich nicht dazu anheischig machen, und ein Landesherr,
der seinen Dienern

[ Seite 601 ] [ Seite 603 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:39 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 603 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/603.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 603

Zeile: Text:

01
doch nicht darum, weil sie nicht wieder Gewissen handeln
wollen, das Amt
02
nimmt es sey denn das eines Lehrers, thut jederzeit unrecht.

3
6309. ψ . Th 106'. Zu Th § 73:

04
Von der Aufrichtigkeit,
05
der Redlichkeit und Rechtschaffenheit.

06
(g Das Gegentheil der Aufrichtigkeit ist Unlauterkeit, in
hoherem
07
Grade Falschheit, im hochsten Gewissenlosigkeit, welche
von der Ruchlosigkeit
08
unterschieden ist. )

09
(g Die außere Aufrichtigkeit (g in äußerungen gegen andere
) ist
10
Warhaftigkeit, die innere ist Redlichkeit, beyde zusammen,
so fern sie
11
auf geprüft sind, sicher sind, rechtschaffenheit. )

12
Integer vitae scelerisqve purus. Dies scheint das leichteste
und dasjenige
13
zu seyn, was in jedes Menschen Gewalt Macht Vermögen
ist. Denn
14
es bedeutet nichts anders als: niemals mit Bewustseyn, daß
es Unrecht
15
sey, oder mit (g dem Bewustseyn ) einer überwindlic hen
Unwissenheit, ob
16
es recht sey, etwas zu thun. Gleichwohl ist das die
eigentliche in unserer
17
Natur gewurtzelte Unlauterkeit, die am spätesten abgelegt
wird, und jedermann

1 von 2 01.04.2009 0:39 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 603 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/603.html

18
sucht sich selbst und andere zu hintergehen. Warhaftigkeit
ist das,
19
was zuerst erfodert wird. Was wahr sey, ist oft schwer
auszumachen;
20
aber warhaft kan man in allen Fellen seyn, wenn man nur
ernstlich will.
21
Der Hang zum Schein, den die formdiener nähren, ist die
Wirkung und
22
wiederum die Ursache dieser Verderbung des Characters.
Formlich keit
23
ist bey ernsthaften Handlungen sehr nöthig, der Zwek aber
(g und Gesinnung )
24
muß warhaft seyn. Hochstens kan es (g alsdenn )
Pedanterey
25
werden. Aber Förmlichkeiten als ein Surrogat der
Gesinungen setzen,
26
verdirbt die Gemüther in bürgerlichen Verhandlungen, in
Religi on, selbst

[ Seite 602 ] [ Seite 604 ] [ Inhaltsverzeichnis ]

2 von 2 01.04.2009 0:39 Uhr


Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 604 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/604.html

Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 604

Zeile: Text:

01
im Umgange. Ehrlich kan jemand seyn, aber darum ist er
nicht auch
02
redlich, d. i. Ehrlichkeit aus Grundsatzen (gegen andere);
Rech tschaffenheit
03
ist noch mehr, nämlich Aufrichtigkeit in Ansehung seiner
selbst bey der
04
scharfften selbstprüfung. Hiob. Der Schade, der daraus den
Wissenschaften
05
entspringt, wenn man nicht redlich ist, der Religion, wenn
man
06
nicht rechtschaffen ist. Was ist warheit?, ist eine logische
Frage in der
07
Religion, und da ist die Orthodoxie verschieden. Was ist
Warhaf tigkeit
08
und Rechtschaffenheit?, ist eine practische (moralische)
Frage, und da
09
kan man leicht einsehen, daß jeder seiner Vernunft und
Gewissen folgen
10
müsse. Das Materiale der Religion ist: ein besserer Mensch
zu seyn,
11
das Formale: die Manier und Weise einer Gott ergebenen
Gesinu ng anzunehmen
12
durch Handlungen, in denen an sich kein Moralischer
Gehalt
13
ist. Also Formalien als Endzwek oder als Wesen der
Religion.

14
Eide sind Förmlichkeiten, das Gewissen aufzuwecken;
sonst sind sie
15
als Betheurungen, wie Christus anzeigt, ungereimt. Aber
sie haben
16
Großen Schaden, wie die Unterschrifften der englischen
Geistli chen unter
17
die 39 Artikel. Sie machen die Lüge erlaubt, wenn nur
nicht geschworen
18
ist. Das erste Stück der Erziehung.

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 604 http://virt052.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa18/604.html

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Die argumenta a tuto (nichts ist sicher, als was
gewissenhaft ist),
20
ab vtili, als Warheitsbeweise gebraucht, corrumpiren den
Character. Wie
21
mancher verbirgt die eigne Ungewisheit und redet laut als
entschie den,
22
darum weil er zu nutzen meynt. In die Schrift einen Sinn
legen, davon
23
man nicht gewis ist, daß er darin sey, wenn dieser sinn nur
morali sch ist,
24
heißt: ihr eine gute Absicht beymessen, welches wir immer
verbun den sind
25
so lange das Gegentheil nicht bewiesen ist und welches
auch das Vornehmste
26
ist. Die immer fragen: was Gott thue, um sie seelig zu
machen,
27
nicht: was sie thun müssen, um der Seeligkeit theilhaftig zu
werden,
28
glauben immer dadurch, daß sie jenes bekennen und hoch
preisen, alles
29
ihrer Seits zu thun, um es theilhaftig zu werden, ohne
desselben würdig
30
zu seyn, also durch Einschmeicheley himmlische Gunst zu
erwerben, und
31
corrumpiren den Character.

32
(g Feyerlichkeiten in Religionssachen sind sehr misliche
Mittel. Es
33
sind Formalien als Geschäfte. Formalien als Methode sind
in der

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 605

Zeile: Text:

01
Rechtspflege und Religion Gut. Sie müssen aber die
Realien nicht
02
verdrängen, sind ehrlich gemeynt. )

03
Blik eines Menschen, der nicht aufrichtig ist (er schielt,
stierer Blik).

04
Freyheit im Denken allein kan aufrichtige Menschen
Achen, Reli gionszwang
05
macht entweder Heuchler oder wenigstens solche, die,
indem
06
sie nichts untersuchen, dieweil (g es ) ihnen doch zu nichts
hilft, indem sie
07
keine Wahl haben. Ungewissenhaft sind. Eben die freyheit
macht zwar
08
auch Windbeutel und Leichtsinnige.

09
Zweiter Abschnitt.
10
Von der vernünftigen Mittheilungsart.

11
§ 74.
12
Gewissheit und Beschaffenheit derselben.

3
6310. ψ . Th 107'.

14
Von dem Sohn Gottes. Ein jedes Geschopf hat Pflichten. Zu
allen
15
diesen Muß es ein Muster haben.

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16
Dieses kan es in keinem Geschopfe finden (g denn das ist
keiner Pflicht
17
ganz adaeqvat, weil vor ihm noch eine Versuchung zu
finden ist, die seinen
18
Guten Willen stürtzt ), auch nicht im Schöpfer, denn der hat
keine Pflicht,

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Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 606

Zeile: Text:

01
also nur in dem, was aus Gott ausgeht, der Menschheit zum
Urbilde dient,
02
so fern also Mensch ist, aber doch nur in Gott existiren kan,
also zu mit
03
seinem Wesen verbunden ist als der Sohn Gottes, d. i. in
der Idee der
04
Menschheit im Gottlichen Verstande. (Niemand ist gut als
der einige
05
Gott.) das ist also der Gottmensch, und wer im Fortschritt
zu diesem Urbilde
06
ist, ist ist von ihm aufgenommen.

07
Aber wenn das Geschöpf auch dieses Muster hat: woher
nimmt es
08
das Vermögen, ihm adäqvat zu seyn? aus sich selbst muß er
es nehmen,
09
denn sonst könte es ihm nicht zugerechnet werden; aber da
kein Geschopf in
10
irgend einem Zeitpunct ihm vollig adäqvat seyn kan, so
muß etwas seyn,
11
was ihm in Ansehung dieses Fortschritts ins Unendliche
zur Leit ung dienen
12
und Muth geben kan d. i. der Gottmensch. Dieses Zutrauen
kan das Geschöpf
13
auch nicht aus sich selbst fassen. Also nur, indem er sich
der heiligen,
14
zugleich aber auch gütigen Vorsorge getröstet, in dem
Maaße, als er sich
15
seiner Krafte bedient, auch im Fortgange mit neuem (g gr0
serem ) Vermögen
16
für die Zukunft ausgerüstet oder auch wiedrigensfals davon
verla ssen
17
zu werden. Das ist der heiligende Geist, der Qvell des
Moralisc hen
18
Lebens, der Zugleich richtet.

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