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Jahrgang i 02Z030312M
ISSN 1992-6146 iAusgabe 1/2008
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Wir leben in einer Zeit beschleunigter Transformationen. Analog zur industriellen Revolution, die
damals neue Ausprägungen der Volkssouveränität hervorbrachte, sind auch heute die technolo-
gischen, sozialen und ökonomischen Wandlungen mit einer Evolution der Demokratie verbunden
– vom strikt hierarchischen, monolithischen Staat des industriellen Zeitalters hin zur pluralistischen
Vernetzung mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Dabei zählt das Internet zu den wichtigsten „Flach-
machern“ (Thomas Friedman: The world is flat) und ermöglicht neue Formen globaler Kooperation.
Die Technologie beflügelt Visionen moderner Demokratie-Modelle, führt aber nicht per se zur Good
Governance; entscheidend ist vielmehr: Wie werden die neuen Möglichkeiten genutzt?
Derzeit sind auch demokratische Regierungen weltweit bestrebt, die technologisch vermittelte
Information und Kommunikation zu kontrollieren. Meist diffus begründet mit dem Kampf gegen den
Terrorismus, zieht sich das Netz der Überwachung enger zusammen – in der EU bis zur Vorrats-
datenspeicherung. Doch neben Unsicherheiten und Missbrauchsrisiken (wie Auswertung von
Bewegungsdaten) eröffnet die IKT bisher ungeahnte Chancen der Zusammenarbeit: Blogs, Wikis
und soziale Netze fördern die Demokratisierung innerhalb staatlicher, privatwirtschaftlicher und
zivilgesellschaftlicher Institutionen. Gemeinsam können digital unterstützte Kooperationsnetze
öffentliche Services erbringen und Politik gestalten. So reklamiert der sich selbst organisierende
„Dritte Sektor“ eine neue Rolle in der (inter)nationalen Governance.
Bei Angeboten wie MySpace, flickr und YouTube ist der Produktions- und Bewertungsprozess bei-
nahe gänzlich an die User ausgelagert; Community-Plattformen leben de facto von deren Content.
Unabhängige Internetforen ermöglichen die Beteiligung „von unten“ und machen „den Kunden
zum König“, dessen Bedürfnisse zählen. Brauchte es zuvor gute Verbindungen zu Gatekeepern
wie Zeitungen oder gar aufwändige, riskante Gerichtsverfahren, um auf wahrgenommene Mängel
aufmerksam zu machen, so kann heute ein Eintrag im persönlichen Blog ausreichen, um Missstän-
de und Defizite aufzudecken und in Internetzeit aller Welt mitzuteilen. Individuen und NGO
können die mächtigsten Organisationen und Konzerne direkt adressieren und attackieren, etwa
durch Proteste, Satire, Boykottaufrufe und andere Druckmittel. Diese Entwicklung bedeutet ein
vormals ungeahntes Empowerment: Früher rein passive VerbraucherInnen und Leistungsempfän-
gerInnen werden zu „ProsumentInnen“ (Tapscott/Williams: Wikinomics), zu Ko-ProduzentInnen
mit beachtlichem Handlungspotenzial. i
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iChange Governance – zum E-Government 2.0 eingeführt. Die Bearbeitungszeiten konnten inzwischen halbiert
werden, die Effektivität und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert. Auch
Österreich bietet den BürgerInnen ein reichhaltiges Informations- bei fehlenden Angeboten durch die Verwaltung können von unten
angebot mit bürgerfreundlichen One-Stop-Lösungen, zielgruppen- Graswurzel-Initiativen wachsen, wie beispielsweise die Wiener
orientierten Websites und Anwendungen für individuelle Lebens- NGO-Initiative www.rassismusstreichen.at, deren User rasch ver-
situationen. Die anstehende Herausforderung liegt nun darin, die fügbare Handykameras nutzen, um rassistische Straftaten aufzu-
mündigen BürgerInnen am Erreichten partizipieren zu lassen: Wie zeigen und damit Druck zur Beseitigung durch die Stadtverwaltung
von der Privatwirtschaft verlangen User auch hier optimalen Service auszuüben.
und einfachen Informationszugang; anspruchsvolle „Netizens“
wollen darüber hinaus mitreden bei Entscheidungen, von denen sie iE-Policy als politische Mitgestaltung
sich unmittelbar betroffen fühlen. Die sich verbreitenden Web-2.0-
Technologien wie Videokonferenzen, moderierte Foren und Wikis Das stellt auch in Österreich die Verantwortlichen in Politik und Ver-
unterstützen Wissensmanagement, Informationsgewinnung und waltung vor die Frage: Wie lässt sich die Online-Meinungsbildung
Vernetzung und fördern damit die Einbindung von BürgerInnen und fördern, lenken und organisieren? Der Mehrwert für die Öffentlich-
Zivilgesellschaft. Eine erfolgreiche Modernisierung von Staat und keit: Kritische User-Beiträge können auf wahrgenommene Probleme
Verwaltung erfordert konsequenterweise auch die elektronisch un- hinweisen – und solche Meinungsäußerungen in Blogs oder Foren
terstützte Zusammenarbeit mit BürgerInnen und unterschiedlichen lassen sich schwerer ignorieren als Briefe oder Anrufe. Im Idealfall
gesellschaftlichen Institutionen. In Zukunft werden solch koopera- bringt die gesteigerte Transparenz somit demokratiepolitischen
tiven Governance-Netze sowohl öffentliche Services erbringen als Nutzen für die Allgemeinheit.
auch politische Prozesse mitgestalten. Umstritten ist, wie die breite Öffentlichkeit konkret in den politischen
Prozess eingebunden werden sollte. Derzeit ist die Erarbeitung von
iE-Services als gemeinsame öffentliche Dienstleistungen Gesetzesvorschlägen, die dann oft rasch vom Nationalrat „abge-
segnet“ werden, faktisch ein Top-down-Prozess von Verwaltung
So wie Amazon, eBay und andere Plattformen ihren Mehrwert durch bzw. Ministerien, in den nur ausgewählte Gruppen involviert sind.
Einbeziehung von Kundenmeinungen schaffen, kann auch öffent- Doch komplexe Herausforderungen erfordern vernetzte, innovative
licher Content interaktiv generiert, Dienste gemeinsam erbracht Lösungswege. Oft verfügen Betroffene und ihre Interessenvertre-
und im Bedarfsfall rasch effektive Hilfe geleistet werden. Mittels tungen (z.B. Behindertenverbände) selbst über spezielle Kompe-
Web-2.0-Technologien und bereits mehrfach im E-Government tenzen und Alltagswissen, um ihre eigenen Probleme zu identifizieren,
eingesetzten Methoden wie Meinungsumfragen oder Beschwer- zu artikulieren und in Kooperation mit anderen Sektoren zu lösen.
demanagement werden qualitätvolle, standardisierte Angebote für Freilich lassen sich nicht alle erwünschten Handlungsweisen der
die spezifischen Bedürfnisse von Individuen und Gemeinschaften BürgerInnen per Gesetz erzwingen. In vielen gesellschaftlichen Be-
maßgeschneidert. reichen ist offizielles, beamtetes Fachwissen „von oben“ erst durch-
Dies veranschaulicht auch das vom Zentrum für E-Government setzungsfähig, wenn es von der Bevölkerung auch aufgenommen
mitgetragene Projekt Jugend2Help (siehe Seite 9). Die Jugend in und umgesetzt wird. So ist auch der drängende Problemkomplex
die Verwaltung und den politischen Diskurs zu involvieren eröff- Klimawandel, Umweltverschmutzung und Energieverschwendung
net zukunftsweisende Ideen und Potenziale. Auch internationale nicht allein durch Normen und Verwaltungsmaßnahmen zu regeln,
Initiativen wie www.peertopatent.org nutzen das „Crowdsourcing“, sondern erfordert breite Kooperation, basierend auf grundlegender
die kollektive Intelligenz, und generieren Verwaltungsdienstleis- breiter Information. Von praktischem Nutzen wäre hier etwa die Ein-
tungen gemeinsam mit den BürgerInnen. Aufgrund der hohen Zahl richtung von Online-Brainstormings, Wettbewerben, Citizen Panels
unaufgearbeiteter Patentanträge wurde ein Peer-Review-Prinzip zur etc., um originelle, innovative Ideen anzusammeln, wie man konkret
Qualitätssicherung und Beschleunigung des Verwaltungsprozesses im eigenen Alltag die Umwelt schonen kann.
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fentlichen Bereich zu beteiligen. Auch innerhalb des „Dritten Sektors“ muss Öffentlichkeitsbeteiligung keinesfalls sämtliche Individuen
schlummert noch demokratisches Veränderungspotenzial durch die umfassen, um legitimiert und effektiv zu sein. Bei der E-Democracy
IKT, bei der Binnen-Kommunikation von Interessenvertretungen etwa wird sich die Masse der Personen auch weiterhin bevorzugt auf ihre
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