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as.

ism
reader des
antisexismusbündnisses berlin
>>> antisexismus.tk

E
Zusammengestellt vom
Antisexismusbuendnis berlin
[A.G. gender-Killer || Antifa Hohenschoenhausen || Desperados.Berlin ||
Emanzipative und antifaschistische Gruppe || Graffiti hates germany ||
Gruppe q || Gruppe Subcutan || Subversive Philosophie und Kommunismus <

Antisexismus-reader || Seite 1
Geneigte_r Leser_in,

in den Händen hältst du die Broschüre


AS_ISM vom „Antisexismusbündnis
Berlin“.
Wir haben uns die Mühe gemacht, ein
paar Texte zum Thema Sexismus im
allgemeinen und im speziellen zusam-
menzustellen.
Darunter befinden sich grundsätzliche
Texte, die Begriffe wie Gender und De-
finitionsmacht versuchen zu klären und
Texte, die Bereiche wie antisexistische
Diskussionskultur und den Umgang
mit der „heterosexistischen Matrix“
beleuchten.

Um das Ganze ein bisschen praktisch


zu machen, gibt es im Heft mehrere

Eigentumsvorbehalt: Flyer für verschiedene Anlässe zum

Nach dem Eigentumsvorbehalt ist die Broschüre solange Ei- Ausschneiden und weiterverbreiten und

gentum des Absenders, bis sie dem/der Gefangenen persön- zusätzlich eine Veranstaltungsreihe, die

lich ausgehändigt ist. »Zur-Habe-Nahme« ist keine Aushän- wir im Folgenden kurz vorstellen.

digung im Sinne dieses Vorbehalts.


Wird sie nicht persönlich ausgehändigt, ist sie dem Absender Viel Spaß beim Lesen.

mit Angabe von Gründen zurückzusenden.

V.i.S.d.P.: Herta Schmitz, Allee der Kosmonautinnen 5, 12345 Berlin

Seite 2 || Antisexismus-reader
inhalt
Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist.
05
Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt!
>>Gruppe Q fuer das AsbB

Sexismus und Gender


08
>>graffiti.hates.germany fuer DAS AsbB

Über „Definitionsmacht“
09
>>Desperados.Berlin fuer DAS AsbB

Das Patriarchat ist tot, es lebe das Patriarchat!


15
Ein, zwei, drei Thesen aus feministischer Perspektive
>>SPUK fuer DAS AsbB

Kleine Geschichte des Feminismus


18
>>ag.gender-killer fuer das ASBB

Wie diskutieren?
20
Herrschaftsverhältnisse auf Diskussionsveranstaltungen
>>A.G.Gender-Killer

XXY...
23
...zwischen den Geschlechtern?
>>A.G. Gender-Killer

Antisexismus-reader || Seite 3
antisexistischer
veranstaltungskalender
Einführung in das Thema Sexismus
Referentin: Geschlecht ist Konstruiert [GiK]
Am: Dienstag, 6. September
Um: 19 Uhr
In der: Linse
(Parkaue 25 :: Nähe S-Bhf. Frankfurter Allee)

Konzert
„Cool Breeze“, „Radium 3000“, „BonBadaBong“, „Sowjetskaja“
Am: Freitag, 09. September
Um: 21 Uhr
In der: Garage Pankow
(Hadlichstraße 3 :: Nähe S+U-Bhf. Pankow)

Party >> „Kill the Matrix with a groove“


MIt: André Langenfeld (Fritz), Loop (Planet Earth)
Am: Dienstag, 23. September
Um: 22 Uhr
Im: JUP
(Florastraße 84 :: 5 Min. Fußweg vom U+S-Bhf. Pankow)

Das Patriarchat ist tot - es lebe das Patriarchat


Ein, zwei, drei Thesen aus feministischer Perspektive
Referent_in: Subversive Philosophie und Kommunismus [SPuK]
Am: Montag, 26. September
Um: 19 Uhr
Im: Café Morgenrot
(Kastanienalle 85 :: Tram M1 bis „Schwedter Str.“)

Begriffserklärung: Definitionsmacht
Referent_in: Gruppe MAMBA
Am: Freitag, 25. November
Um: 19 Uhr
Im: A6-Laden
(Adalbertstraße 6 :: Nähe U-Bhf. Kottbusser Tor)

Seite 4 || Antisexismus-reader
es ist nicht deine schuld,
dass die welt ist, wie sie ist.
es wär nur deine schuld,
uns die Gesellschaft be-
einflusst.

wenn sie so bleibt! Das gilt für unsere Erzie-


hung, Bildung oder auch
die Bilder von Männern
Alle Menschen Dabei tut jeder/jede, was von ihr/ihm und Frauen, die uns
sind gleichberechtigt! erwartet wird. Ganz klassisch ist das durch die Medien vermittelt werden.
Besonders uns Linken ist das schon lan- bei Typen: Laut und aggressiv zu dis- Geschlecht meint daher auch nicht nur
ge klar; ist sozusagen der Grundsatz kutieren, sich bei Demos mit Bullen zu deine biologische Zugehörigkeit
unseres Handelns. schubsen, wichtig zu telefonieren und
Aber wie sollte es anders sein - manche immer die neusten Infos zu haben,
sind eben doch gleicher als andere. Nazis zu hauen und es nachher
Wer sagt bei der Aktion wo´s lang- allen zu erzählen, auf Parties
geht? mit den Kumpels nen Dicken
Wer bestimmt in Deiner Gruppe worü- zu machen.
ber gesprochen wird?
Wer hat die aktuellsten Infos oder die Und bei Frauen: Wenn’s um
besten Kontakte? Politik geht nicht zu offensiv
diskutieren, immer die Freun-
Sogenannte informelle Hierarchien gibt din von... sein, die Männer
es überall, in deiner Familie, deiner bewundern, wenn sie wieder n
Klasse, deinem Freundeskreis. Dass in paar Nazis verhauen haben und
all diesen Gruppen oft Männer diejeni- anschließend die Verletzten versor-
gen sind, die den Ton angeben ist kein gen..
Zufall. Die Vorherrschaft der Männer Vielleicht habt Ihr ja auch schon mal
(Patriarchat) und die Unterdrückung überlegt, warum ihr Euch als Männer
von Frauen sind wichtige Teile des Sys- oder Frauen in einer bestimmten Art
tems. Klar, dass so was immer anders und Weise verhaltet. Das hat nix mit
aussieht, in deiner Familie oder deiner Schwanz-Haben oder Schwachem-
Clique. Geschlecht zu tun, sondern damit, wie

Antisexismus-reader || Seite 5
(engl.: „Sex“), sondern auch deine wie die Vorstellung von Ehe und das Sie empfinden es vielleicht als normal,
Kulturelle (engl.: „Gender“). Gerede vom „harten Mann“. genießen ihre Machtposition oder das
Diese Klischees, die uns vorgaukeln es Diese, wie alle anderen Herrschaftsver- Thema ist ihnen einfach unangenehm.
gäbe zwei Geschlechter und ein Ver- hältnisse, gilt es zu erkennen und sich Auch viele Linke haben sich noch nicht
haltensmuster nerven! Sie reproduzie- ihnen entgegenzustellen. Noch immer wirklich mit Sexismus auseinanderge-
ren Machtverhältnisse und wollen uns ist es nicht ganz einfach, Leute auf ihr setzt. Ständiges Mackerverhalten in der
glauben machen, sie seinen „normal“. Scheiß-Verhalten anzusprechen. Szene zeigt jedoch wie nötig diese Aus-
Dazu gehören Schwulenwitze genauso einandersetzung ist. Dumme Sprüche

patriarchat
Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Frauenbewegung aufgegriffen und in so‘) abzuwehren und gesellschaftliche
,Patriarchat‘ Herrschaft der Väter. Er der Weise neu interpretiert, als Männer- sowie historische Dimensionen der Aus-
wurde erstmals von Max Weber in sei- herrschaft, deren Kern die sexuelle Verfü- beutung und Unterdrückung von Frauen
nen Studien zur Herrschaftssoziologie gungsgewalt des Mannes über die Frau hervorzuheben.
wissenschaftlich verwendet. Weber kenn- ist. Damit wurde versucht, der Tatsache Das Patriarchat ist kein Nebenprodukt
zeichnet mit diesem Begriff den reinsten Rechnung zu tragen, dass die männliche des Kapitalismus, sondern ein selbstän-
Typ traditioneller Herrschaft. Herrschaft über die ,Herrschaft der Väter‘ dig wirkender Machtfaktor, der sich in
Diese Herrschaft beruht auf der persön- weit hinausgeht und auch von Ehemän- allen Gesellschaften wiederfindet und mit
lichen Abhängigkeit und Fügsamkeit nern, von männlichen Vorgesetzten, von diversen anderen Unterdrückungsmecha-
der Unterworfenen gegenüber durch Männern in Führungspositionen in Poli- nismen (z.B. Rassismus) verflochten ist.
Traditionen legitimierten Normen. Nach tik, den meisten gesellschaftlichen Insti- Aufgrund des Geschlechts, der Klassen-
Weber ist die ursprüngliche Form des Pa- tutionen und in der Wirtschaft ausgeübt zugehörigkeit, des Alters, der Nationali-
triarchats die durch Tradition legitimierte, wurde und wird. tät oder der ethnischen Herkunft haben
umfassende Herrschaft des Hausvaters Ende der 60er wurde der Patriarchats- Menschen ungleiche Position in der Ge-
über die Mitglieder einer häuslichen begriff erneut aufgegriffen. ,Patriarchat‘ sellschaft. Frauen sind keine Klasse und
Wirtschaftsgemeinschaft (Frauen, Kinder, wird seitdem zur Kennzeichnung der auch nicht einfach eine ‚diskriminierte‘
Sklaven, Mägde und Knechte). Weber Gesamtheit und des systemischen Cha- Minderheit.
verwendet den Patriarchatsbegriff nicht rakters der weltweiten Ausbeutung und Sie nehmen im Gefüge von Dominanz
spezifisch als Kennzeichnung der Unter- Unterdrückung von Frauen verwendet. und Diskriminierung unterschiedliche
drückung von Frauen. Im Gegensatz zum Begriff ,Männerherr- Orte ein und agieren daher von unter-
In den 20er Jahren unseres Jahrhunderts schaft‘ ist er besser geeignet, biologisti- schiedlichen Orten aus.
wurde der Patriarchatsbegriff von der sche Deutungen (,die Männer sind halt

Seite 6 || Antisexismus-reader
definitionsmacht
oder stundenlanges angestarrt werden kann frau als
ebenso ätzend empfinden, wie grölende Typen oder
die Hand auf dem Hintern. Der Begriff Definitionsmacht ist generell nicht auf den Bereich sexu-
Was einer Frau unangenehm ist oder sie in ihrem eller Gewalt beschränkt, sondern wird auch in anderen politischen
Freiraum einschränkt, kann nicht formal definiert Kontexten von Linken benutzt. Es geht dabei zuvorderst um die
werden. Frage, wer die Macht hat, etwas zu definieren. Die Linke skanda-
lisiert die Definitionsmacht herrschender Eliten, Begriffe oder Pro-
Die Grenze jeder Frau ist individuell und steht als
blemdeutungen festzulegen; umgekehrt wird Definitionsmacht als
solche nicht zur Debatte.
eine politische Maßnahme für diejenigen eingefordert, die direkt
Deshalb sind auch nie diejenigen Männer ein Op- von Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnissen betroffen sind.
fer, die diese Grenze bewusst oder leichtsinnig Die Definitionsmacht setzt der bürgerlichen Strafjustiz einen An-
überschreiten und dann mit Konsequenzen rechnen satz entgegen, der die Betroffene als politisches Subjekt anerkennt
müssen. Viel schwieriger wird es allerdings bei sexu- und ihr die Möglichkeit lässt, einen bestimmten Vorfall politisch,
alisierter Gewalt, Grenzüberschreitungen oder sogar das heißt öffentlich, in linken Zusammenhängen oder Räumen als
sexualisierte Gewalt so zu thematisieren, dass sie weiterhin diese
Vergewaltigung.
Räume nutzen kann, der gewalttätige Mann also nicht, ohne dass
Wenn es um solche Themen geht, ist es vor allem
sie wie vor Gericht die Beweislast trägt oder irgendwelche Ein-
wichtig der betroffenen Frau zu vertrauen. Sie allein zelheiten des Übergriffs beschreiben muss, was ihre Verletzung
hat das Recht zu sagen, „Das war eine Vergewalti- wiederholen würde.
gung/sexueller Übergriff“. Wenn ich die Definitionsmacht der betroffenen Frau anerkenne, so
Die generelle Anerkennung dieser Definitionsmacht erkenne ich an, dass die Frau selbst bestimmen kann, wann sie ei-
nen Vorfall als Vergewaltigung oder wann als sexuellen Übergriff
dient dem Schutz der Frauen in der patriarchalen
verhandelt wissen will.
Gesellschaft. Die Definitionsmacht schafft erstmal
Die Erkämpfung der Definitionsmacht bzw. die Einsicht der Not-
eine Basis, die ein selbstbewussteres Handeln, ohne wendigkeit dessen kann nur eine - wenn auch eine gewichtige- po-
zugeschriebene Schuld und Angst, ermöglichen soll. litische Maßnahme sein, die sich durch die gegebenen politischen
Egal ob auf Parties, Demos oder in unseren Beziehun- und gesellschaftlichen Verhältnisse legitimiert. Es handelt sich da-
gen müssen wir Grenzen aufzeigen und klar machen, bei um kein perfektes Konzept, da es historisch bedingt aus einer
dass das Thema Sexismus keine Frauensache ist. Defensive geboren und zudem eine »missbräuchliche« Verwen-
dung nicht auszuschließen ist. Letzteres als Argument gegen die
Auf zu neuen Ufern!
Definitionsmacht ins Feld zu führen, heißt jedoch auch sämtliche
gesellschaftlichen Verhältnisse auszublenden, zu denen diese poli-
[Gruppe Q für das ASBB] tische Forderung in enger Beziehung steht.

Antisexismus-reader || Seite 7
sexismus und gender
sollen, sondern uns meist als solche
auch tatsächlich empfinden, ent-
Geschlechtlichkeit und alles, was damit lich geprägten Blick wahrgenommen, springt einem Mechanismus, der das
zusammenhängt, wie beispielsweise die vorherrschend ist. Denn das Geschlech- Geschlecht von Menschen zur eigenen
sexuelle Ausrichtung von Menschen, ist ter existieren und für Jede und Jeden in Lebenswirklichkeit werden lässt. So wird
ein Bereich, der, wie die gesamte Ge- ihrem/seinen Alltag höchst relevant sind, es von anderen, aber auch von uns selbst
sellschaft von Herrschaftsverhältnissen bedeutet nicht, dass sie einen wesen- immer wieder neu konstruiert.
geprägt wird. Diese Verhältnisse än- haften Ursprung haben. Um den gesell- Das es Männer und Frauen gibt, ist also
dern sich fortwährend, aber einige ihrer schaftlichen Hintergrund bei der Herstel- der Effekt der körperlichen Unterschei-
Grundmerkmale sind höchst beständig: lung dieses Systems deutlich zu machen, dung von Individuen nach geschlecht-
Individuen werden anhand angeblich gebraucht man den Begriff Gender, der lichen Vorstellungen, gesellschaftlichen
biologischer Eindeutigkeiten in zwei Ge- Geschlecht sozial und nicht biologisch Machtstrukturen in denen wir leben und
schlechter eingeteilt. Diesen werden un- bestimmt. uns orientieren müssen und der darin ent-
terschiedlich privilegierte Orte in der Ge- Die Zurichtung auf Männlich- oder Weib- wickelten Persönlichkeit und Sexualität.
sellschaft zugewiesen. Sie befinden sich lichkeit ist jedoch nicht nur ein aufge-
also in einem hierarchischen Verhältnis zwungenes Ordnungsprinzip, sondern [graffiti.hates.germany für das ASBB]
zueinander, in dem Frauen in weniger das „eigene Geschlecht“ wird meist an-
machtvollen Positionen sind als Männer genommen, zum we-
und wo Heterosexualität als Norm erho- sentlichen Merkmal
ben und Homo- oder Bisexualität als wi- unserer Identität
dernatürlich stigmatisiert wird. Meistens und geht so in
wird dieses Verhältnis aber nicht als Un- das geschlecht-
gleichheit sondern als elementare Eigen- sentsprechende
heit der Geschlechter angesehen. Handeln über.
Dies hängt damit zusammen, dass die Das wir nicht
geschlechtliche Eindeutigkeit und Hetero- nur Männer
sexualität mit dem Rückgriff auf den Kör- und Frauen
per als Naturgesetz dargestellt wird, da sein und uns
die Vorstellung von dem Körper als na- demnach
türlich und nicht durch den gesellschaft- Ve r h a l t e n

Seite 8 || Antisexismus-reader
Über definitionsmacht1
überarbeiteter auszug aus dem text „antisexistische basisbanalitä- Frauen eingestehen
ten“ der desperados.berlin >> www.antisexismus.tk können.
Welche Bedeutung soll
Die sogenannten Vergewaltigungsde- ein ungeliebtes Schattendasein fristen. das Wort „Vergewaltigungen“ im Rah-
batten in linken Szenen ähneln sich Der sich in den sogenannten „Verge- men dieses Textes erhalten? Gewalt
meist: Eine Frau klagt mehr oder weni- waltigungsdebatten“ regelmäßig Bahn meint hier den Einsatz von Zwangsmit-
ger öffentlich einen Mann an, sie ver- brechende Bekenntniszwang, die ein- teln zur Brechung eines fremden Wil-
gewaltigt oder ihre körperlichen Gren- setzende Polarisierung und Verhär- lens.
zen anderweitig verletzt zu haben. tung von Fronten bis hin zu tätlichen Vergewaltigung stellt also ein Gewalt-
Daraufhin bilden sich zwei Lager, von Auseinandersetzungen schaffen ein für verhältnis dar, in welchem sexuelle
denen eines die Darstellung der Frau, ernsthafte Beschäftigung mit dem The- Handlungen gegen den Willen der
das andere die des Mannes verteidigt. ma denkbar ungünstiges Klima. Der Betroffenen vollzogen werden. Was je-
Meistens sind diese Lager deckungs- Appell, die Beschäftigung mit Sexismus doch als Gewalt, als sexuelle Handlung
gleich mit dem jeweiligen politischen und damit zusammenhängenden The- oder auch als Grenze des eigenen Wil-
und persönlichen Umfeld der beiden; men endlich in allen Zusammenhängen, lens empfunden wird, kann nach Per-
meistens überlagern sich die Auseinan- vor allem „Jugendgruppen“, ernst zu son und Situation ganz unterschiedlich
dersetzungen mit politischen Auseinan- nehmen und eine entsprechende Ausei- sein – noch völlig abgesehen von der
dersetzungen, die mit dem eigentlichen nandersetzung VOR dem tatsächlichen Frage, wie Vergewaltigung von ande-
Vorfall nicht viel zu tun haben. Auftreten von Vergewaltigungsvorwür- ren sexualisierten Übergriffen abzu-
Sowohl von Befürworter_innen wie fen zu führen, kann hier nur eindring- grenzen wäre.
Gegner_innen der Definitionsmacht ist lich wiederholt werden. Welches Ausmaß an subjektivem Leid
immer wieder richtiger Weise erklärt Fast alle Vergewaltigungen werden von durch ein Verletzen körperlicher Gren-
worden, daß „Vergewaltigungsdebat- Männern an Frauen, Kindern und - in zen bzw. Missachten von Bedürfnissen
ten“ an sich kein geeignetes Mittel sind, weit geringerem Ausmaß – an anderen mittels sexueller Handlungen verursacht
um die Kritik an herrschaftsförmigen Männern begangen2. Demzufolge ist wurde, ist schon gar nicht anhand all-
Geschlechterverhältnissen in Breite und die Angst vor Vergewaltigungen und gemeingültiger Maßstäbe zu ermitteln.
Tiefe voranzutreiben. Es scheint, als anderen sexualisierten, das heißt typi- Zu groß sind die Unterschiede von Per-
fühlte sich eine männerdominierte „lin- scher Weise von Männern an Frauen son zu Person, von Situation zu Situa-
ke“ Szene immer nur dann zur Beschäf- begangenen Übergriffen bei Frauen tion. Allgemein gesprochen, beginnt
tigung mit Sexismus genötigt, wenn viel stärker präsent als bei Männern sexualisierte Gewalt oder erzwungene
Frauen Vergewaltigungen öffentlich und prägt ihr alltägliches Verhalten in Sexualität, beginnt die Verletzung der
machen, während sonst Themen wie einem Maße, das sich die wenigsten eigenen Grenzen schon in dem Augen-
„Sexismus“ oder „Homophobie“ bloß Männer vorstellen und nicht sehr viele blick, wo Menschen sich überrumpelt,

Antisexismus-reader || Seite 9
übergangen oder irgendwie komisch Realität in Szene und Gesellschaft an- „Vergewaltigung“ immer gemeinsam
fühlen und nicht erst dann, wenn ge- zugehen, müssen von sexualisierten ist, den Akt des Eindringens in einen
droht oder geschlagen oder sonst mit Übergriffen Betroffene gestärkt und fremden Körper mit Körperteilen oder
körperlichem Einsatz vorgegangen ermutigt werden. Ihre Handlungsopti- Gegenständen als Wesensmerkmal von
wird. onen sollen erweitert und nicht durch Vergewaltigung zu benennen.
Weil es diesem Text um eine politische, starre Definitionen noch mehr einge- Im Folgenden wird von den durch Ver-
antisexistische Intervention und nicht engt werden. Trotzdem verdient – wenn gewaltigung Betroffenen immer in der
um die angeblich „objektive“ Beschrei- auch nur zur Information der geneig- weiblichen Form geredet, weil es einer
bung und Einordnung von Sachverhal- ten Leser_innenschaft - festgehalten zu Lüge gleichkäme, durch geschlechts-
ten geht, wird hier auf eine eigentliche werden, daß allen linken, juristischen neutrale Sprache zu verdecken, wer
Definition des Wortes „Vergewalti- und auch den aus dem Alltagsdiskurs Vergewaltigungen in der Regel verübt
gung“ verzichtet3. Um die sexistische stammenden Definitionsversuchen von und wer sie erleidet. Nichtsdestowe-

 
V.i.S.d.P.: Herta Schmitz, Allee der Kosmonautinnen 5, 12345 Berlin

dear ladies and gentlemen,

>>> antisexismus.tk
Aufgrund von ekelhaften Vorkommnissen auf Achtet aufeinander und zögert herum auf den Vorfall
linken Veranstaltungen und Parties der letzten nicht, andere Leute anzusprechen, aufmerksam, lasst die
Zeit denken wir, dass es notwendig ist, einige wenn euch selbst eine Situation Musik ausmachen, etc.
Dinge klar zu stellen. unangenehm ist. Wenn ihr sexis- Wir verzichten gern auf
Wir haben keinen Bock drauf, das auf Par- tischen Anmachen und Vorfällen Idioten, die mit ihrem
ties und Veranstaltungen sexistische oder auch mitbekommt meldet euch am Ein- Verhalten andere Men-
„bloß“ unangenehme Anmachen laufen und laß oder an der Bar,wo die Leute schen verdrängen!
Leute sich deswegen unwohl fühlen. Deswegen euch helfen werden, und/oder wer- Viel Spaß hier und heute,

<<< PARTY-Flyer
an alle: det selbst aktiv! Macht die Leute um euch Eure Partycrew

Verbreitete Missverständnisse unter Männern: Verbreitete Missverständnisse unter Frauen:

- Ich kann anfassen, was mir gefällt, eigentlich ist das ja wohl ein - Er ist sicher nur unglücklich ausgerutscht oder geschubst worden
Kompliment... und ganz aus Versehen mit der Hand an meinem Arsch gelandet...
- Auf meine tiefschürfenden Einsichten über Politik, Musik und das - Freundlichkeit und Höflichkeit verpflichten mich dazu, stundenlang
Universum hat die Welt gewartet... geduldig den tiefschürfenden Einsichten meines Gegenübers über
- Unter „Männern“ muß man sich möglichst cool darbieten, denn Musik, Politik und das Universum zuzuhören...
das ist sexy... - Die verhalten sich nur unreif und ich muß Rücksicht walten lassen,
denn sie werden es schon noch lernen...
Antisexismus-reader || Seite 03
Seite 10 || Antisexismus-reader
** And always remember: No need to look good when you feel good! **

niger sollte klar sein, daß alles, was nicht von Vergewaltigung betroffenen gewehrt hat; sie muß nicht mehr ihre
jetzt noch gesagt wird, auch für etwa Leser_innen das brennende Gefühl der blauen Flecke vorzählen. Was oben als
von Vergewaltigung betroffene Männer Scham und der Selbstvorwürfe, wenn Definition von Gewalt eingeführt wur-
und Jungs bzw. Vergewaltigerinnen sie durch körperliche Gewalt gedemü- de: Das Brechen ihres Willens, muß
gelten kann. Da in dem Wortpaar „Tä- tigt wurden. Vielleicht kennen sie das nach der Definitionsmacht nur noch von
ter/Opfer“ die Festschreibung aktiver ewige Grübeln darüber, inwieweit es der Frau benannt werden.
und passiver Rollen mitschwingt, wird hätte von einem_einer selbst vermieden Vergewaltigungen und andere sexuelle
im Folgenden immer von „durch Verge- werden können, in eine solch nachteili- Übergriffe passieren in „unserer“ Sze-
waltigung Betroffenen“ und „Vergewal- ge Situation zu geraten. Noch Schlim- ne wahrscheinlich jede Nacht – aber
tigern“ gesprochen. meres erwartet Frauen häufig, wenn sie gibt es ein „Richtiges im Falschen“?
Entgegen der landläufigen Meinung, in dieser Gesellschaft auf dem Rechts- Sollen und können Leute eine Definiti-
die sich Vergewaltigungen meist nur weg Hilfe suchen: Oft genug werden sie onsmacht ausüben bzw. unterstützen,
in dunklen Parks und Hauseingängen mit der herrschenden Auffassung von um Möglichkeiten des Eingreifens und
vorstellen kann, geschehen Vergewalti- Sexualität konfrontiert, die den Frauen Dazwischengehens zu schaffen, oder
gungen sehr oft in Wohnungen, Betten die passive, den Männern die aktive machen sie die Sache damit nur noch
und ohne Zeugen. Häufig kennen sich Rolle und diesen darüber hinaus eine schlimmer?
Betroffene und Vergewaltiger nicht nur, „von Natur aus“ schwer zu bändigen- Das häufigste Argument gegen die
sondern hatten auch eine bis dahin auf de Sexualität zuschreibt. Meist werden Definitionsmacht ist, daß damit der
Freiwilligkeit beruhende sexuelle Bezie- Frauen verdächtigt, in irgendeiner Wei- Willkür von Frauen Tür und Tor geöff-
hung miteinander. Sucht eine vergewal- se an ihrer Vergewaltigung mitschuldig net würde. Das erzählen einer-_einem
tigte Frau Hilfe beim Staat, so muß sie zu sein und/oder es wird ihnen einfach Kommunist_innen wie Anarchist_innen,
sich glaubhaft machen: Durch ärztliche nicht geglaubt. Deswegen ist Verge- Antideutsche und Antiimps. Es stimmt
Atteste (Verletzungen und Spermafle- waltigung nach dem sexuellen Kindes- ja auch ein bißchen. Wie jede Macht
cken), detaillierte Schilderungen, am mißbrauch, der selbstverständlich auch kann die Definitionsmacht mißbraucht
besten durch Zeugen oder Geständnis- eine ihrer Formen darstellt, ein Verbre- werden. Aber was wäre die Alternative
se. Es gibt mannigfaltige Gründe, war- chen mit sehr hoher Dunkelziffer4. zur Definitionsmacht? Daß Szene-Frau-
um es Frauen schwer fällt, nach Verge- Darum haben die Feministinnen der en der Szene-Männergewalt ebenso
waltigungen vor Gericht ihre Interessen „Neuen“ oder „autonomen“ Frauen- ausgesetzt sind wie es auch sonst in
und ihre Version in der gleichen Weise bewegung die „Definitionsmacht der den Geschlechterverhältnissen der Ge-
zu vertreten wie zum Beispiel nach ei- Frau“ aufgerichtet. Im Besitz der Defini- sellschaft Norm ist. Wenn Sexismus für
nem Diebstahl. Aber vor allem ist Ver- tionsmacht muß eine vergewaltigte Frau Leute mit emanzipativem Anspruch et-
gewaltigung ein Übergriff, der viel tiefer nicht mehr nachweisen, daß sie sich mit was Bekämpfenswertes darstellt, dann
geht als andere: Vielleicht kennen die Händen und Füßen gegen den Mann brauchen diese die Definitionsmacht

Antisexismus-reader || Seite 11
als politisches Mittel, um Antisexismus Das heißt selbstverständlich nicht, daß achtet, ihre Grenzen verletzt wurden.
darzustellen, weil Vergewaltigung einer ein Mißbrauch der Definitionsmacht Solche Fragen und Vorgehensweisen
der wichtigsten, mächtigsten Bestand- ausgeschlossen ist. Auf diesem Argu- offenbaren bei denen, die sie fordern
teile sexistischer Machtausübung ist! ment herumzureiten, offenbart aber nur und anwenden, eine gründliche Igno-
„Recht“, „Gerechtigkeit“ und „Objekti- zu deutlich die Interessenlage potentiel- ranz sexistischer Machtverhältnisse:
vität“ können dabei allerdings tatsäch- ler Vergewaltiger oder allgemeiner ge- Das Problem sind nicht die Frauen,
lich auf der Strecke bleiben. sprochen sexistische Männerinteressen, die nicht „Nein!“ sagen können, son-
Die Frauen, die ihre Vergewaltigung weil jede Wahrscheinlichkeit dagegen dern die Männer, die nicht auf Signale
zu veröffentlich(t)en, zahl(t)en einen spricht. Das Urteil über die Definitions- des Gegenübers achten oder sie nicht
hohen Preis, wahrscheinlich einen macht - egal, ob dafür oder dagegen ernstnehmen, und die vor allem nicht
höheren als die Vergewaltiger: Total- - muß in dem Moment in sich falsch oder zu selten ihr verdammtes Maul
Rückzug aus der Szene, Verlust vieler werden, wo es moralisch oder rechtlich aufmachen, um einfach mal zu fragen,
Freund_innen und Genoss_innen. Vor gefällt wird, anstatt als politische Ent- was die Frau eigentlich will. Die ganze
diesem Hintergrund erscheinen die scheidung im Kampf gegen Sexismus in Konstruktion, daß eine Frau gleichsam
Ängste vor einem Mißbrauch der De- Szene und Gesellschaft. „Nein!“ schreien und um sich schlagen
finitionsmacht mehr als unbegründet. Hat eine Frau Vergewaltigungsvor- muß, um „glaubhaft“ Ablehnung zu
Jede Frau wird es sich nämlich zweimal würfe öffentlich erhoben, vollzieht sich bekunden, offenbart die Verrücktheit
überlegen, ob sie eine Vergewaltigung regelmäßig folgendes Spiel: In Gesprä- eines Geschlechterverhältnisses, in dem
öffentlich macht und sich so dem da- chen und Diskussionen wird die Paro- viele Männer anscheinend nach wie vor
mit verbundenen Rechtfertigungsdruck die eines bürgerlich-rechtsstaatlichen glauben, „erobern“ oder in die „Offen-
und den sozialen/emotionalen Bestra- Verfahrens aufgeführt, wobei Zeugen sive“ gehen zu müssen – die Herkunft
fungen der Vergewaltiger-Freund_in- und Vernehmungen durch Indiskretio- dieser häufig gebrauchten Metaphern
nen (Anrufe, Kontaktabbruch, Blicke, nen und Gerüchte ersetzt werden. Alles aus der Militärsprache ist kein Zufall.
SMS und Schlimmeres) aussetzt. Kurz kreist um die Frage: Konnte der Mann Das bis hier Gesagte gilt vor allem für
gesagt: Warum ein Vergewaltiger sei- sein Verhalten als Fehlverhalten erken- Vergewaltigungen, die nicht mit dem
ne Tat abstreiten wird, ist sonnenklar, nen? Bzw.: Hat die Frau deutlich genug Einsatz massiver körperlicher Gewalt
nämlich aus Selbstbehauptungswillen. zum Ausdruck gebracht, daß sie keinen verbunden sind, was aber gerade die
Warum aber eine Frau einen Vergewal- Sex wollte? Diese Fragerei kehrt die Be- gesellschaftlich normale Verlaufsform
tiger willkürlich outen sollte, ist nahezu weislast, welche die Definitionsmacht von Vergewaltigung ist.
unerklärlich, weil sie von einem Outing von den Frauen nehmen sollte, wieder Selbstverständlich gibt es auch Situa-
in der jetzigen Szene-Situation eigent- gegen diese. Wie bei einem Gerichts- tionen, in denen das Gegenüber, egal
lich weniger Vorteile als vielmehr Ärger verfahren müssen nun wieder die Frau- ob Mann oder Frau, angesprochen und
hat. en belegen, daß ihre Wünsche miss- umworben werden will oder wo beide

Seite 12 || Antisexismus-reader
Seiten Liebesspiele wünschen, bei de- senschaftliche Haarspalterei darüber diesem oder jenem Fall erfüllen nur die
nen in aktive und passive Rollen ge- anzufangen, was Vergewaltigung, was Funktion, die Auseinandersetzung zu ei-
schlüpft wird. Letztlich kann es durch „Grenzverletzung“, „persönlicher Feh- ner theoretischen um Wörter anstatt zu
noch so viel Texte und Sexismusdebat- ler“ oder gar „Verführung“ gewesen einer politischen um Machtverhältnisse
ten niemandem abgenommen werden, sei und was dies alles voneinander zu machen; sie lenken davon ab, daß
eine Sensibilität und Kommunikations- unterscheide. In den meisten Köpfen es um die Frage geht, wie das „Sze-
fähigkeit zu entwickeln, die es erlaubt, spukt Vergewaltigung so herum, daß neklima“ geprägt ist: Eher ermutigend
unter gegebenen Umständen das „Rich- ein Mann eine ihm wildfremde Frau in für Frauen, sich gegen Übergriffe zu
tige“ – also das Gewünschte – zu tun. einer dunklen, einsamen Ecke überfällt. wehren bzw. diese zu veröffentlichen,
Es bleibt nur eine Schlußfolgerung: Lie- Das geht an der gesellschaftlichen Re- oder eher ermutigend für Männer, zu
ber einmal eine Chance auf Sex verpas- alität meilenweit vorbei! Sehr oft wird vergewaltigen?
sen, als die Grenzen eines Menschen bei Vergewaltigungen verfeinerter Ähnlich verhält es sich mit dem oft unter
zu verletzen. Wer_welche eine solche Zwang eingesetzt und sie geschehen in großem akademisch-theoretischen The-
Zurückhaltung im Zweifelsfall fordert, Beziehungen. Wir Außenstehende kön- aternebel ins Spiel gebrachten Argu-
dem_der wird von den Gegner_innen nen Vergewaltigungen so nennen, wie ment, die Definitionsmacht zementiere
der Definitionsmacht schnell „Lustfeind- wir wollen: Die Tiefe der Verletzung, ein traditionell-klischeehaftes Bild von
lichkeit“ vorgeworfen. Dieser Vorwurf die eine Frau durch sexuelle Handlun- „den Frauen“ als unschuldigen, pas-
wäre lächerlich, wenn das Thema nicht gen gegen ihren Willen erfahren kann, siven Opfern und „den Männern“ als
so ernsthaft wäre. Er offenbart wie ist vollkommen unabhängig vom ange- aktiven, mächtigen Tätern. Das so for-
wenige, aus welch mackerhafter Per- wandten Ausmaß körperlicher und see- mulierte Bedenken an sich muß in jeder
spektive er kommt: Nämlich aus der, lischer Gewalt, und letztendlich nur von ernsthaften Reflexion über Antisexismus
die an offensives Anmachen gewöhnt der Betroffenen – zu definieren! Platz haben.
ist, den regelmäßigen Erfolg desselben Dies ist die individuelle Seite des Be- Schließlich ist es der grundlegende, in-
erwartet und keine Einschränkung oder griffs „Vergewaltigung“, doch es gibt newohnende Widerspruch jeder antise-
auch nur Kritik dieser Praxis hinnehmen noch eine andere, politische – nämlich xistischen Positionierung, daß sie durch
will. Die jenen Vorwurf der „Lustfeind- daß sich gar nichts bewegt, niemand die Benennung und Kritik geschlechts-
lichkeit“ erheben, haben offensichtlich reagiert, wenn der stattgefundene se- spezifischer Herrschaftsverhältnisse
nie darüber nachgedacht, wieviel Lust xuelle Übergriff nicht mit der kräftigsten diese immer auch wiederherstellt bzw.
getötet wurde durch unerwünschte An- Vokabel belegt würde, die zur Verfü- Gefahr läuft, sie zu verfestigen. Diese
näherung5. gung steht und die schlimmsten Assozi- Problematik findet sich in allen politi-
Eine weitere häufige Verteidigungsstra- ationen wachruft. schen Debatten auf dem Feld der Ge-
tegie gegen Vergewaltigungsvorwürfe Die Wortklaubereien um die Rechtferti- schlechterverhältnisse, zum Beispiel
besteht darin, eine pseudo-rechtswis- gung des Begriffs „Vergewaltigung“ in in der Auseinandersetzung zwischen

Antisexismus-reader || Seite 13
identitätsfeministischen und (post-) fe- Eine Lehre bleibt wohl aus den Berliner gegen die Definitionsmacht und deren
ministisch-dekonstruktivistischen An- Vergewaltigungsfällen der letzten Jah- Verfechter_innen trägt alle Züge eines
sätzen. Nur sind die ohnehin schon re: Die Definitionsmacht ist nicht durch- inszenierten Tabubruchs, wie er in an-
kaum erträglichen „Vergewaltigungs- setzbar, weil nicht breit akzeptiert. So- derem, geschichtsrevisionistischen Kon-
debatten“ der denkbar ungeeignetste wohl Florian Jürgensen (AAB, 1999) als text so typisch für Deutschland ist. Er ist
Ort, um diese theoretische Schlacht zu auch der „Nordostberliner Antifa-Akti- eine konformistische Rebellion gegen
schlagen. Denn alle Theorie kann den vist und linke Publizist“ (2004) mach- ein Gebot, das nur eine kleine Minder-
grundlegenden Fakt nicht wegwischen, ten keinerlei Reflexion bzw. Selbstkritik heit achtet, ein billiges Aufbegehren
daß die immer wieder in der Szene nachvollziehbar. Die linken Szenen gegen eine Regel, die nur Wenige ernst
vorkommenden Vergewaltigungen fast waren in ihrer Mehrheit nicht interes- nehmen.
nur von Männern an Frauen begangen siert – nicht an den konkreten Fällen,
werden. Überdies: Wie schon oben und an einer grundlegenden, folgenrei- [Desperados.Berlin für des ASBB]
klargestellt wurde, gilt die Definitions- chen Auseinandersetzung mit Sexismus
macht selbstverständlich auch für Män- schon gar nicht.
ner oder Jungs, die von Männern ver- Der im politisch-persönlichen Umfeld
gewaltigt wurden. der Vergewaltiger vorhandene Haß

Wer wissen will, was nach Vergewaltigungsvorwürfen geschehen sollte, was „Täterschutz“ ist und warum die Definitions-
macht nichts, aber auch gar nichts mit Recht, Rache und Gerechtigkeit zu tun hat, möge sich den vollständigen Text „Antise-
xistische Basisbanalitäten“ auf www.antisexismus.tk durchlesen!!

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das patriarchat ist tot
es lebe das patriarchat allerlei verschiedenen Pro-
ein, zwei, drei thesen aus feministischer sicht blematiken gegenüber. So
muß z.B. überlegt werden,
ob und wie kapitalistische
Endlich! Noch Frauen-Fußballnationalteam Produktion sich auf die ökonomische
die letzte muß im Sommer zum x-ten Mal in Ungleichheit zwischen Frauen und
es jetzt verstanden Folge Europameisterin wurde. Männern auswirken. Anderseits sollte
haben! Angela Mensch möge sich vorstellen, auch geklärt werden, wie Menschen im
Merkel wird Bundes- was in Deutschland schon los gewe- Alltag mit Geschlecht umgehen, z. B.
kanzlerin und niemand sen wäre, hätten die Männer bloß die im Zusammenleben innerhalb von Fa-
kann mehr daran zwei- Vorrunde überstanden, was 2004 ja milien. Und: wie sprechen wir eigent-
feln, daß Ungleichheit mal wieder nicht gelang. Ähm..., wie lich darüber? Was tragen medizinische
zwischen den Geschlechtern war das mit der Leistungssache? Und Kategorien zu unser Vorstellung von
von mindestens vorgestern ist. Mit aus- was meinte Theo Zwanziger, Präsi- Geschlechtern bei? Warum werden im-
reichend Leistungsbereitschaft und or- dent des DFB, eigentlich damit, als er mer noch 10% aller Neugeborenen zu
dentlich selbstbewußten Auftreten, blei- nach dem EM-Titel erklärte, die Da- Mann oder Frau zurechtgeschnippelt?
ben keine Türen verschlossen! Es liegt men müßten ihre spezifisch weiblichen Solche und ähnliche Fragen sind von
also bloß an den Frauen selbst, wenn Qualitäten besser vermarkten? Engere, Feministinnen mit Hilfe materialistischer
sie nicht Vorstandsvorsitzende von VW bauchfreie Trikots? Gleich ganz ohne? und postmoderner Theorien immer wie-
oder Siemens werden. Peanuts daher, Werbung für Haushaltswaren? Und wa- der formuliert worden. Die Postmoder-
daß jede vierte Frau Opfer häuslicher rum mag der durchschnittliche deutsche ne fragt dabei eher danach, wie durch
Gewalt wird oder Frauen nur über 1% Fußballfan gedacht haben: „Recht hat Sprache, „wissenschaftliche“ Definitio-
des gesamten Eigentums weltweit ver- er, der Zwanziger! Aber zum Fußball- nen und im täglichen Umgang mitein-
fügen, daß Angestellte 33% und Ar- spielen sind die Weiber trotzdem nicht ander Geschlechter konstruiert werden.
beiterinnen 25% weniger verdienen gemacht.“? Materialistische Ansätze suchen dage-
als ihre männlichen Kollegen1 oder als gen vor allem im Kontext von kapita-
Hausfrauen gleich gar nicht bezahlt Warum also? listischen Produktions- und Reproduk-
werden. Der Versuch, Geschlechterverhältnisse tionsverhältnissen nach funktional und
Merkwürdig dann doch, daß es kaum zu erklären und zu kritisieren, sieht sich historisch herleitenden Erklärungen.
jemanden interessierte, als das einem komplexen Zusammenhang mit Wir denken, daß es am Sinnvollsten

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wäre, das Plausibelste aus beidem zu ner doppelten Belastung unterliegen: in anderen Komplex hin, der bezüglich
verbinden und die Ansätze miteinander minder entlohnten Arbeitsverhältnissen einer Theorie und Kritik des modernen
zu kritisieren. In diesem Sinne möchten und im Haushalt zugleich beschäftigt. Patriarchats zu beachten ist.
wir hier einige Thesen vorstellen, die Aber hey, es gibt ja ansonsten noch die Wurden in der Zeit vor der Aufklärung
hoffentlich zu manchen Fragen Erklä- „Karrierefrau“! die ungleichen Positionen von Män-
rungsansätze bieten können. Sie sollen Das Zusammenspiel aus unbezahlter nern und Frauen noch als Teil einer
bei unserer Veranstaltung am 26.9.05 Arbeit in der Familie und billiger Ar- göttlichen Ordnung begründet, sieht
im Café Morgenrot untermauert, disku- beitskraft ist für kapitalistische Produk- es seitdem anders aus. Warum Frauen
tiert und um weitere Aspekte ergänzt tion kostengünstig und effektiv: ohne besonders gut Kinder erziehen können,
werden. dafür bezahlt zu werden, sorgen Frau- Männer hingegen das Kriegshandwerk
I) Ob in der Mitte der Gesellschaft oder en dafür, daß der Mann am nächsten oder Mathe besser beherrschen sollen,
in Teilen der Linken: daß es das Patriar- Tag gut gestärkt wieder produzieren wird nun durch das „natürliche“ Wesen
chat, die Männerherrschaft, nicht mehr gehen kann, oder sie kümmern sich um von Männern und Frauen begründet.
gibt, ist klar. Sicher, es kann, wird heute die Erziehung der Kinder – künftige Ar- Frauen seien von Natur aus emotional,
den Begriff Patriarchat gebraucht, na- beitnehmerInnen oder Hausfrauen. Die Männer hingegen rational, ihr Körper
türlich nicht mehr um die direkte Herr- Reproduktion der Arbeitskraft ist so in eigne sich weniger gut zum Fußball
schaft eines männlichen Oberhaupts die häusliche, mit Frauen verbundene spielen als seiner usw..: geschlechtliche
(‚pater familias’) gehen. Trotzdem gibt Sphäre verlagert. Ungleichheit der Ge- Ungleichheit wird naturalisiert. Auch
es aber neben den oben genannten schlechter scheint also ein Grundzug das ist eine Besonderheit moderner Ge-
Fakten auch strukturelle Gründe, wes- kapitalistischer Gesellschaft zu sein2 sellschaften. Durch Natur begründete
halb es an einem veränderten Begriff und in Teilen der Linken kursierende geschlechtliche Ungleichheit wird vor
des Patriarchats festzuhalten gilt. Theorien, nach denen sich alle Un- allem durch wissenschaftliche, kulturel-
So hat sich Hausarbeit inkl. Kinderbe- gleichheit zwischen den Geschlechtern le und institutionelle Bestimmungen und
treuung erst mit der Durchsetzung kapi- auflöse, weil auf dem Markte jedeR deren ökonomische Rahmenbedingun-
talistischer Gesellschaft herausgebildet gleich sei, erscheinen unplausibel. Wir gen hervorgebracht - und schließlich
und wird in erster Linie von Frauen ver- schlagen deshalb vor, vom modernen von den Individuen verinnerlicht. Kurz
richtet, die für diese Arbeit nicht bezahlt Patriarchat zu sprechen. gesagt, die Frau übernimmt z.B. die
werden. Das hat zur Folge, daß Frauen II) Die Idee, daß Frauen nicht Fußball Idee, daß sie emotionaler sei als der
entweder von ihrem lohnarbeitenden spielen können, aber für Hausarbeit be- Mann - à la: ‚Wir Frauen sind doch
Ehemann abhängig sind oder aber ei- sonders geeignet sind, weist auf einen gefühlvoller’. So akzeptieren Menschen

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geschlechtliche Ungleichheit und Herr- identität (d.h. die Zuschreibung von letzterem zu vereinbaren ist, aber groß-
schaft, indem sie diese rationalisieren, Eigenschaften auf einen Körper und artig dabei hilft, Frauen auf den Herd
d.h. sie sich vernünftig zurechterklären deren Verinnerlichung durch das In- oder qua Emotionalität auf die Kinder-
und legitimieren. dividuum) einer Frau, eines Mannes erziehung festzulegen. Und nicht zuletzt
ausmacht, variieren quer durch die ist die Stabilität einer Geschlechtidenti-
III) Geschlechter, Körper und Ge- Geschichte. Sie sind z.B. davon abhän- tät natürlich auch daran gebunden, wie
schlechterverhält- gig, ob eine Gesellschaftsordnung sich wir mit ihr umgehen: affirmieren oder
nisse sind aber religiös oder wissenschaftlich-rational hinterfragen wir sie in unseren Worten
sozialisiert. legitimiert. Und ebenso davon, wel- und Praktiken? Oder treiben wir gar
Vo r s t e l l u n - che Stellung Frauen und Männer im Subversion mit unsere(r/n) Geschlecht
gen darüber, Arbeitsprozeß einnehmen sollen. sidentität(en)?3
was die Ge- Ob sie mit vor allem sog. körper- ... und beim Hinterfragen hülfe dann
schlechts- lich leichter Arbeit im Haushalt vielleicht auch schon ein wenig, wenn
identifiziert werden oder ob Birgit Prinz, Teamführerin des deut-
sie, wie im Mittelalter, mit schen Frauen-Fußballnationalteams,
den Männern zusammen Theo Zwanziger samt Oliver Kahn ein-
auf dem Feld arbeiten. Es mal ordentlich umgrätschen würde.
ist einleuchtend, daß die
Idee des ‚schwachen [SPuK in Pankow – Subversive Philoso-
Geschlechts’ kaum mit phie und Kommunismus für das ASBB]

Anmerkung: duktion wurde während aller Phasen des Wirtschaft und Universität) bleiben vorwie-
(1)Vgl.: http://www.bmfsfj.de/Politik- Kapitalismus immer wieder unterhöhlt gend Männern vorbehalten.
bereiche/gleichstellung,did=1495 2.html und durchlöchert, z.B. durch gesteigerte (3) Im Hinblick auf Sexualität, das sei hier
(Bundesministerium für Familie, Senioren, Erwerbstätigkeit von Frauen. Dass dies noch angemerkt, gilt übrigens Ähnliches.
Frauen und Jugend, 17.02.2004); New- jedoch an den modern-patriarchalen Ver- Sexualität kann nicht als Ausleben irgend-
sletter des „Bundeswirtschaftsministerium hältnissen nichts Grundlegendes ändert, welcher, scheinbar im Menschen angeleg-
für wirtschaftliche Entwicklung und Zu- ist an drei Aspekten zu erkennen: konstant ter Triebe verstanden werden, sondern als
sammenarbeit“ (April 2005); Statistisches niedrigerer Bezahlung von Frauen; Bildung sozial bedingtes Verhältnis, als wechselsei-
Bundesamt (Hrsg.): Frauen in Deutschland. typischer, in der Regel mit Reproduktion tige und intersubjektive Praxis, in der es
Wiesbaden 2004, 49 – 53. verbundener Frauenberufe (Pflegerin etc.) genauso um die Wahrnehmung der eige-
(2)Die strikte, geschlechtsspezifische Ar- und Ausschluß aus sog. „Männerdomä- nen Bedürfnisse wie der des/der Anderen
beitsteilung in Produktion und Repro- nen“; Führungspositionen (vor allem in geht.

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eine klitzekleine
geschichte durch
Dieses entspricht wiederum dem Stere-
otyp der defizitären Frau3.

den feminismus Simone de Beauvoir gilt als Vorläufe-


rin der Trennung von Geschlechtlichkeit
in sex und gender. An dieser Unter-
Der historische Verlauf der feministi- Die differenzfeministische Theoriebil- scheidung wird aufgezeigt, dass die
schen Theoriebildung war zunächst dung 2 verfolgt letztere Vorgehenswei- biologische Einteilung in Mann und
auf die Gleichheit der Geschlechter se. Der Gleichheitsansatz hingegen Frau zwar real existiert, das Rollenver-
ausgerichtet. Mit dem Gewinn von will Frauen, vor allem auch in ökono- halten jedoch ein rein soziokulturelles
Freiräumen, die von der Frauenbewe- mischer Hinsicht, den Männern gleich- Konstrukt darstellt. Sex stellt dabei das
gung erkämpft wurden, rückten zudem stellen und bezieht sich damit auf eine biologische und damit unvergängliche
„interne“ Fragestellungen immer weiter Umverteilung. Geschlecht dar, während sich gen-
in den Mittelpunkt, beispielsweise nach Ob es letztendlich durch Abgrenzung der an sozialisatorischen Einflüssen
der Homogenität der Frauen als solche der Identitäten Weiblich-Männlich zu fest macht4. Ausgehend von dieser
oder der differenten Vorstellung von einer Gleichheit der Geschlechter kom- Trennung hinterfragt Judith Butler, ob
Emanzipationsstrategien. Feministische men kann, ist dabei zweifelhaft. Nach es sinnvoll für die Auflösung der Ge-
Theorien orientierten sich meist an ei- der These von Poststrukturalistinnen schlechterungleichheit sei, wenn es
ner ausschließlich heterosexuellen Per- zieht Differenz immer Defizienz nach überhaupt zu einer identitären Bezug-
spektive, welche zudem weitere Felder sich. D.h. durch die Benennung einer nahme in punkto Geschlecht kommt.
von Unterdrückung wie beispielsweise Diskriminierung erfolgt auch immer ein Deswegen erweitert sie die Zweiteilung
die der „Class and Race“1 unberück- Moment der Reproduktion von Diffe- in sex und gender durch den Begriff
sichtigt ließ. Darüber hinaus wurde renz. So wird das Konzept von Norm des sexuellen Begehrens, im Englischen
die Frage aufgeworfen, ob es sinnvoll und Abweichung verfestigt. Zentrale desire. Bei ihren Überlegungen zur
sei, sich im Ziel einer Emanzipations- Kritik an Frauenförderungsprogrammen Herrschaftsbeziehung zwischen Mann
bewegung an den traditionell männlich wurde insofern laut, als dass ein Struk- und Frau kommt sie zu dem Ergebnis,
kodierten Werten, welchen im Kapita- turproblem der Geschlechterverhältnis- dass die Zwei-Geschlechtlichkeit der
lismus höhere Bewertung zukommt, zu se, das alle Ebenen des öffentlichen wie heterosexuellen Matrix5 die eigentli-
orientieren. Oder ob vielmehr traditio- privaten Lebens durchzieht, durch die che Grundlage für eine Hierarchisie-
nell weiblich kodierte Werte eine Auf- explizite Förderung von Frauen zu ei- rung bildet. Ihrer Ansicht nach in jeder
wertung erfahren sollten. nem Frauenproblem erklärt wurde. Bi-Polarität immer eine Kategorie als

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Norm gesetzt und die andere als defizi- entstanden8. Unserer Meinung nach, hinweg sind. Mit der Organisation von
tär dazu abgeleitet wird. Dabei entsteht kann in einer Gesellschaft, die bisher Frauen sollen keine neuen Hierarchien
der bislang „unvergängliche“ Aspekt patriarchal strukturiert ist, eine Um- erschaffen werden. Antipatriachal ar-
sex bei Butler ausschließlich durch den verteilung, die dem entgegen wirken beitende Zusammenhänge mit einem
Diskurs6. Demzufolge ist Geschlecht- will, nur dann wirksam werden, wenn dekonstruktivistischen Anspruch, wel-
lichkeit nichts, was man hat, sondern die bislang Benachteiligten kurzfristig che über die Theorie hinausgehen, be-
das, was man tut.2 Das natürliche bevorzugt werden. So ist, um die Dis- finden sich daher in dem interessanten
Geschlecht ist demnach erst durch die kriminierung von Frauen zu benennen, Spannungsverhältnis, einerseits nicht
Sozialisation des gender und die Auf- die Bildung eines Subjekts „Frau“ ele- mehr bestimmen zu wollen, was genau
teilung einer Zwangs-Heterosexualität mentar, um eine gemeinsame Identität eine Frau kennzeichnet, andererseits
entstanden. Der vorsoziale Moment zu entwickeln, an der sich die Benach- die gesellschaftlichen Ungleichverhält-
wird hierbei geleugnet. Das natürliche teiligung fest macht. Wir sind der Mei- nisse mit Hilfe des Begriffes der „Frau“
Geschlecht ist demnach erst durch die nung, dass wir über den Prozess des aufzeigen zu müssen.
Sozialisation des gender und die Auf- Sichtbarmachens der Strukturen pa-
teilung einer Zwangs-Heterosexualität triachaler Herrschaft leider noch nicht [A.G.GENDER-KILLER für das ASBB]

1:: Der Begriff Race, setzt sich in so fern von dem im deutschen mit der Politik der Nationalsozialisten verbundenen Begriff der Rasse ab, als
das er einen Prozess beschreibt, in dem soziale Gruppen rassistisch konstruiert und markiert werden.
2:: Der differenzfeministische Ansatz geht von der naturgegebenen Unterschiedlichkeit der Geschlechter aus, wertet diese jedoch positiv um,
so dass Frauen nicht mehr den Männern unterlegen sind, sondern mit ihnen mindestens gleichauf liegen. Zum Teil mündete der differenzfe-
ministische Ansatz jedoch im Gynozentrismus und somit in der Behauptung, Frauen besäßen eine angeborene Überlegenheit gegenüber den
Männern. Die Zuteilung von Geschlechterrollen und – Attributen selber geht unseres Erachtens nach beim Differenzansatz konform mit der
gängigen patriachalen Kategorisierung, allein die Bewertung erfolgt entgegen gesetzt.
3:: Aus diesem Grund kam es unter anderem zu einer Umstrukturierung in Folge derer „alle Bereiche der Politikformulierung einer Ge-
schlechtsbezogenen Bewertung unterzogen w[u]rden, um Chancengleichheit zu erreichen.“ Mit dem Konzept des Gender Mainstreaming
wurde versucht „Chancenungleichheit nicht durch geschlechtspezifische Ungleichheit von Frauen zu erklären, sondern durch patriachale,
strukturelle Bedingungen oder politische Maßnahmen. Ähnlich einem riesigen Netz, das über die Berufswelt gespannt wird um alle ge-
schlechtsspezifischen Ungleichheiten herauszufiltern.“
4:: Weder der Gleichheits- noch der Differenztheoretische Ansatz hinterfragen die Kategorie Sex. Der Gleichheitsansatz entlarvt lediglich
das Gender als soziokulturelles Konstrukt, der differenztheoretische Ansatz hinterfragt auch diese Kategorie nicht, sondern übernimmt hierbei
traditionell geprägte Zuschreibungen.
5:: Die heterosexuelle Matrix beschreibt ein System gesellschaftlicher Strukturen und Mächte, das komplementäre Zweigeschlechtlichkeit und
heterosexuelles Begehren als zentrale Norm voraussetzt und diese Norm wiederum reproduziert und zu erzwingen sucht.
6:: Nach Michel Foucault, ist der Diskurs die Summe aller möglichen Aussagen über ein Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Ge-
schichte, die sich nach bestimmten Regeln formiert und sowohl Produzent als auch Produkt gesellschaftlicher Macht- Wissens- Systeme ist.
7:: Im englischen als „Doing Gender“ betitelt.
8:: Es gibt kaum Menschen, die in letzter Konsequenz dem Anspruch Mann oder Frau gerecht werden, vielmehr verkörpern alle Menschen
Zwischenstufen inmitten der beiden Pole, die lediglich zur Bildung einer heterosexuellen Matrix und somit der Legitimation von Herrschaft
dienen.

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wie diskutieren?
herrschaftsverhältnisse auf haben. Mit aggressiven Ton werden

diskussionsveranstaltungen unliebsame Stimmen zum Schwei-


gen gebracht und darüber hinaus
Räume für diejenigen geschlossen,
die nicht die Souveränität besitzen,
dem selbstbewusst entgegen zu tre-
Diskussionsveranstal- oft, davon nicht angesprochen fühlen. ten.
tungen sind einer Im folgenden geht es uns daher darum,
der Orte an dem noch einmal zu informieren und auf- Leise Praktiken
sich traditionell zuklären, damit niemand sagen kann,
Männlichkeit „er“ wisse nicht bescheid. Unter „leisen Praktiken“ verstehen wir
herstellt und eine Art des Sprechens, die andere
zeigt. Struk- Laute Praktiken nicht direkt angreift und einschränkt,
turelle Ungleichheitsver- aber der eigenen männlichen Selbst-
hältnisse zwischen Män- Unter „lauten Praktiken“ verstehen wir darstellung dient. Diese Praktiken sind
nern und Frauen werden Handlungen durch die andere Men- anders als „laute Praktiken“ schwieriger
hier (re)produziert und verwaltet. schen – zumeist Frauen oder andere zu fassen und explizit zu machen - sie
Das betrifft nicht allein die Auswahl von nicht männliche Geschlechter - ange- bilden daher das bevorzugte Mittle zur
Referent_innen, sondern auch das Ge- griffen und in ihren Freiräumen be- Demonstration männlicher Dominanz.
sprächsverhalten von allen anwesenden grenzt werden. Rein formell gehört zu diesem Stil der
Männern. Wir haben bisher versucht Beim Sprechen anderer Teilnehmer_in- dozierende Ton und die ausufernde
diesem Umstand dadurch gerecht zu nen gehört dazu vor allem das Un- Länge.
werden, dass wir vor Diskussionsveran- terbrechen oder Disqualifizieren von Diese selbstbewusste Art sich Raum zu
staltungen explizit darauf hingewiesen Redebeiträgen durch Kommentare, nehmen, zeichnet sich zumeist durch
haben, dass aggressives Redeverhalten, Grinsen, Augenverdrehen und ähnli- die Unfähigkeit aus, Stimmungen im
sexistische Ausfälle oder selbstgefälli- ches. Beim eigenen Sprechen gehört Raum wahrzunehmen und anderen Teil-
ges Dozieren von uns nicht akzeptiert dazu vor allem, das explizite Beleidi- nehmer_innen Platz für ihre Beiträge
werden. Wir haben leider die Erfah- gen oder Herabsetzen anderer. einzuräumen. Eigene Interessen wer-
rung, dass diese Praxis nicht ausreicht, Sexismen und Ironie sind dabei Mittel, den hier unreflektiert und unsensibel
da sich viel Typen, wie allzu die „Lacher“ auf der eigenen Seite zu vor diejenigen anderer gestellt.

Seite 20 || Antisexismus-reader
Inhaltlich zeichnen sich solche Beiträge gültigen gemacht und vor Widersprüchen keit selbst Kommentare oder Tipps an-
meist dadurch aus, dass in ihnen immer oder Nachfragen geschützt. zunehmen und diese stattdessen mit der
wieder Sätze auftauchen, die die ei- Ebenso sind Belehrungen anderer ein Geste des „ja das habe ich auch schon
gene Kompetenz demonstrieren sollen beliebtes Mittel der Selbstinszenierung. gewusst“ abzutun.
(„Wie in aktuellen Debatten ja betont Hierzu zählt zum einen der Drang, an-
wird...“, Wie es bei Marx ja schon dere beständig zu ergän- Wie diskutieren?
heißt...“ etc.). zen, und zwar nicht mit Diese Punkte als Moderation zu verhin-
Informationen oder dern sehen wir als begrenzt. Vor allem
Männliche Wissenschaftlich- Tipps, sondern mit „stille Praktiken“ entziehen sich zumeist
keit und Checkertum wer- ausschweifenden dem Zugriff. Desweiteren laufen wir bei
den über solche aussagen selbstreferenti- der Beachtung dieser Punkte Gefahr,
immer wieder zur Schau ellen Monolo- die Diskussionen um den Vortrag zu-
gestellt. Vor diesem Hin- gen. gunsten einer Sexismusdiskussion ganz
tergrund wird die eigene Zugleich rech- abzuwürgen. Wir sehen eine Verant-
Meinung zur ob- nen wir dazu wortung daher bei allen Betei-
jektiven all- die Unfähig- ligten und vor allem bei den
gemein- Sprechern selbst.
Von Männern – und vor allem
von sich als links und emanzi-
piert verstehenden - erwarten
wir, dass sie sich mit ihrer eigenen
Männlichkeit und den dazugehörigen
Praktiken kritisch auseinandersetzen
und dass sie sich selbst in Diskussionen
zurückstellen
Von den Moderator_innen erwarten
wir strukturelle Herrschaftsverhältnisse
in Diskussionen vorab zu benennen
und bei entsprechenden Vorfällen zu
reagieren. Außerdem halten wir es für

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wünschenswert, quotierte Redelisten tiger Kommunikation vor. Dafür ist es Fragenden zeigt sich dabei zumeist als
zugunsten von Frauen und Transgen- essentiell Redebeiträge kurz und knapp hinderlich.
dern zu führen. zu halten.
Eine sinnvolle und angenehme Diskus- Ausuferndes Dozieren auf Seite der
sion stellen wir uns als eine gegensei- Vortragenden als auch auf Seite der [A.G.GENDER-KILLER]

 

Demo-Flyer >>> Ausschneiden>Kopieren>Verteielen


die antifa, scooter und die dritte halbzeit
Auf so mancher Antifa-Demo der vergan- wer schubst und drängelt hier und da am Selbstbestätigung von Männern und passi-
genen Monate kam mensch sich vor wie im öftesten. So ist es eben eine ganz klassi- ves Verhalten von Frauen sollte nicht auch
Fußballstadion. Neben „Parolen“ wie: „na sche Geschichte, das Typen gewalttätig noch bei linken Aktionen dominieren, des-
wat denn, na wat denn,...“ oder „Auf die (re-)agieren. wegen ist es wichtig die jeweilige Situation
Fresse!“ gab es Einpeitschmusik von Scoo- Es ist zu beobachten, das nicht nur bei be- und das eigene Verhalten zu reflektieren,
ter und Cops wurden immer mal wieder schriebenen Ereignissen, sondern in der abzuchecken, ob und warum Mann_Frau
wahlweise als „Schwuchteln“ oder „Fot- Konsequenz auch allgemein, Frauen sich sich gerade in den Vordergrund spielt oder
zen“ beschimpft. aus bestimmten politischen Zusammen- sich nicht traut aktiv dabei zu sein.
Nun geht es uns nicht darum offensives hängen zurück ziehen oder halt nur dabei
Auftreten, Militanz gegen die Bullen oder sind, um über die Sprüche der Typen an-
den Spaß bei der Sache zu kritisieren. erkennend zu lachen oder deren Helden-
Aber was da als „kämpferisch“ daher geschichten zuzuhören. Frauen müßten
V.i.S.d.P.: Herta Schmitz, Allee der Kosmonautinnen 5, 12345 Berlin

kommen will, ist meist nur peinliches Rum- nämlich erst mal ihre gesamte Sozialisati-
gemacker. on über Bord werfen, um ähnlich aggressiv
Es ist wohl kaum ein Zufall, dass bei sol- aufwarten zu können.
chen Geschichten fast ausnahmslos Typen Ein Klima zu schaffen, in dem militantes
anzutreffen sind. agieren für Frauen noch schwerer möglich
Der zur Zeit so beliebte Hooligan-Style bei ist, kann nicht Sinn eines emanzipatorischen
politischen Aktionen ist nur exzessiv zele- Anliegens sein. Bei solchen Situationen,
brierte Männlichkeit. Wer grölt am lautes- wie sie sich im Moment etablieren, werden
ten, wer bringt die krassesten, wenn auch die gesellschaftlichen Geschlechterstereo-
unsinnigen, Aktionen, hat den coolsten, type nicht nur reproduziert, sondern zum


wenn auch unpolitischen, Spruch am Start, Teil sogar noch zuspitzt. Aktionismus und
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xxy... ze ist ungefähr so, als würde man
...zwischen den geschlechtern? „Ausländer Raus!“ fordern, damit
es keine rassistischen Übergriffe
mehr gibt.
Es wird sich den diskriminierenden
Frauen haben das Chromosomenpaar Weil es biologisch betrachtet neben `Tatsachen´ unterworfen, sie werden
XX und Männer XY. So einfach ist das, dem genetischen Geschlecht noch min- Grundlage der eigenen Argumentati-
lernen wir schon in der Schule. destens vier weitere gibt. Und zwar das on. Warum ist das so? Warum wird nun
Vielleicht hören einige von uns irgend- hormonelle, das morphologische (äu- trotz der Tatsache, das viele Menschen
wann noch, das es da auch was „da- ßere Geschlechtsmerkmale), das go- den eng gesetzten Grenzen der biolo-
zwischen“ gibt. nadale (Keimdrüsen) und das genitale gischen Geschlechter nicht entsprechen
So z.B. Menschen mit dem so genann- (innere Genitalien) Geschlecht. und selbst die, die es tun sich alles an-
ten „Klinefelter-Syndrom“, also dem Die XXY-Menschen sind nach diesen dere als gleich sind, an diesem System
Geschlechterchromosomensatz XXY. Kategorien überwiegend männlich, festgehalten?
Dabei verweist der pathologisierende also muß in diese Richtung `nachgehol- Warum gibt es dieses Konstrukt der
Begriff „Syndrom“ schon auf die Sicht- fen´ werden. Ein richtiger Mann bzw. zwei Seiten, Mann und Frau, wenn
weise. Diese Menschen sind krank, so eine richtige Frau ist nur, wer/welche doch eher von vielen verschiedenen
die vorherrschende Meinung. in allen fünf Kategorien der Norm ent- Geschlechtern ausgegangen werden
Normale Menschen haben Mann oder spricht. Das tut aber mindestens eins muß. Warum hat sich dieses Bild der
Frau zu sein, und zwar richtig. Ist dies von 2000 neugeborenen Kindern nicht. zwei Geschlechter so durchgesetzt?
nicht der Fall muß eingegriffen und er- Doch da es das Dogma der bipolaren
klärt werden. Doch selbst dann wird in Zweigeschlechtlichkeit gibt, und nicht Vom Eingeschlechter-
die zwei einzig denkbaren Geschlech- sein kann was nicht sein darf, wird me- zum Zweigeschlechtermodell
ter kategorisiert. dizinisch `eingegriffen´.
So gelten Menschen mit XXY-Chro- Mit dem `Argument´ diese Kinder hät- Die vermeintlich natürliche Annahme,
mosom als unnormale Männer, denen ten es im späteren Leben viel zu schwer, es gäbe zwei biologische Geschlechter
medizinisch `geholfen´ werden muß. wenn sie nicht eindeutig als männlich ist noch gar nicht so alt. Sie entwickel-
Warum sie obwohl nach herrschen- oder weiblich erkennbar sind, wird te sich erst im 18. Jahrhundert mit dem
der Norm mit eindeutig zweideutigem diesen Eingriffen noch der Anstrich des Aufstieg des Bürgertums. Bis dahin hat-
Chromosomensatz als Männer gelten? Humanismus verpasst. Doch das gan- te es über Jahrhunderte hinweg als Al-

Antisexismus-reader || Seite 23
lerweltsweisheit gegolten, dass Frauen von zwei grundsätzlich verschiedenen Alles was da keinen Platz hat wird an-
und Männer über die gleichen Genita- Wesen, die sich konträr gegenüber gepasst, muß angepasst werden, um
lien verfügen, nur einmal nach außen stehen. Fortan galt die biologische das System nicht in Frage zu stellen.
und einmal nach innen gestülpt. Differenz als natürlich Grundlage der Oder es bestätigt als krankhafte Aus-
Es galt als möglich, das Menschen sozialen(1) und das ganze als Abbild nahme die Regel.
ihr Geschlecht wechseln könnten, z.B. der angeblich ebenso natürlichen Ord- So konstruiert die Rede vom „zwischen
durch das Tragen der spezifischen Klei- nung. Denn in unserer Gesellschaft wird den Geschlechtern“ auch immer die
dung des anderen Geschlechts. Die- immer in Gegensätzen gedacht: Gegensätze Mann und Frau. Doch die
ser Verweis auf geschlechtsspezifische normal - unnormal, öffentlich - privat, Anpassung findet nicht nur medizinisch
Kleidung deutet schon darauf hin, das aktiv - passiv und eben Mann - Frau. bei `Abweichungen´, sondern auch im-
es Trotz des `Wissens´ über nur mer sozial bei jedem_jeder(2) Einzel-
einen Geschlechtskörper durch- nen statt, denn zwei Geschlechter sind
aus entscheidende Unterschie- eben nicht natürlich.
de gab, und zwar auf sozialer
Ebene.
Männer galten als Höhepunkt
der menschlichen Schöpfung,
als universeller Maßstab an
dem alles gemessen wurde.
Von dem aus betrachtet galt
die Frau als unvollkommen und
minderwertig. Mit dem Sieges-
zug der modernen Medizin und
Wissenschaft konnte nun nicht
länger am Eingeschlechtermo-
dell festgehalten werden . Doch
die neuen Erkenntnisse wurden
durch die Brille der sozialen
Zweigeschlechtlichkeit gesehen.
So entstand das unverrückbare Bild

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Sie beginnt spätestens bei der Geburt licht und lesbische Frauen dem endspre- Ohne Geschlechter keine Heterosexu-
mit der Frage: „Was ist es denn, Junge chend als vermännlicht. Als Grundlage alität, keine Homosexualität und keine
oder Mädchen?“. Dann gibt es einen heterosexistischer Argumentationsmus- Bisexualität. Es gibt nur einen Grund
entsprechenden Namen, Spielzeug, Zu- ter dient in der Regel die Reduzierung an der Unterscheidung in zwei Ge-
wendung, ... und geht immer so weiter. der Sexualität auf das `Natürliche´, auf schlechter festzuhalten und der heißt
Wir ordnen immer ein und werden im- Fortpflanzung. Es bräuchte einen Mann Herrschaft. Herrschaft braucht `unter-
mer eingeordnet, quasi automatisiert. und eine Frau um Kinder in die Welt schiedliche´, oder besser unterscheid-
Wenn ein Mensch einen Raum betritt, zu setzen. bare Gruppen.
glauben wir sofort zu wissen ob es ein Ausgeblendet werden Menschen, die Das ist die Grundlage jeder Herrschaft,
Mann oder eine Frau ist. Denn wir ver- keine Kinder zeugen oder gebären kön- die Norm und die Abweichung.
fügen über ein lang trainiertes Reper- nen oder wollen. Ausgeblendet wird,
toire an ordnenden Kategorien: Aus- das in unserer Gesellschaft Sexualität Kein Geschlecht oder viele!
sehen, Gang, Auftreten, Stimme, usw.. in erster Linie einen sozialen Faktor hat
Alles ist geschlechtlich kodiert, alles soll und die Zeugung neuen Lebens eher Es ist klar, das dies nicht bedeutet, das
seinen/ihren Platz haben. nebensächlich ist. wir mal eben alle unsere Geschlecht-
Ausgeblendet werden Menschen, die sidentität abschütteln können. Denn
having sex - doing gender jenseits der heterosexistischen Klein- Geschlechter sind nicht nur Rollen die
familie mit Kindern leben wollen und wir spielen, sie sind Realität. Das sie ge-
Nicht zu letzt die als Norm gesetzte He- keinen Wert darauf legen das es `ihre´ macht wurden und werden heißt nicht,
terosexualität steht in einem wechselsei- Biokinder sind. Kurz, die Muster des zu das sie nicht da sind oder einfach so
tig sinnstiftenden Verhältnis mit der An- Rechtfertigen sind mit den Mustern der verändert werden können. Geschlech-
nahme von zwei und wirklich nur zwei Erklärung identisch. Wenn Sexualität ter sind verinnerlicht, verleiblicht. Das
klar voneinander unterschiedenen Ge- ausschließlich als Akt der biologischen meint, unser Geschlecht ist in unseren
schlechtern. Auch hier gilt es wieder als Reproduktion gefasst wird, ist es `na- Körper eingeschrieben, ist unser Kör-
`natürlich´ das eine Frau und ein Mann türlich´ möglich mit ihr Zweigeschlecht- per. Dieser Körper ist ein Bündel von
eine Beziehung eingehen. Und eben lichkeit zu erklären. Und andersherum verschiedenen Praxen und Techniken.
durch dieses wechselseitige Begehren sind zwei Geschlechter die Grundlage Wie wir unseren Körper wahrnehmen,
werden Männer und Frauen erst zu für heterosexuelles Begehren und die uns bewegen, sprechen, fühlen, ... all
richtigen Männern oder Frauen. Einteilung und damit Hierarchisierung dies ist nicht von unserer geschlechts-
So gelten schwule Männer als verweib- von verschiedenen Sexualitäten. spezifischen Sozialisation zu trennen.

Antisexismus-reader || Seite 25
Die meisten von uns fühlen sich also mehr oder weniger
Anmerkungen:
ungebrochen als Männer oder Frauen, begehren die ei- 1 So wird die Dominanz des männlichen Geschlechts in der Regel
auch mit der Gebärfähigkeit der Frau begründet. Da diese die
nen oder die anderen und kategorisieren dementsprechend
Kinder zur Welt bringt, sei sie viel stärker in den reproduktiven
ständig und unbewusst. Und genau darum geht es, sich und häuslichen Sektor eingebunden und dadurch vom Bereich der
Produktion und der gesellschaftlichen Einflußnahme ausgeschlos-
diesen Prozess, in dem sich Geschlecht immer wieder und
sen. Doch auch dies ist nicht `natürlich´. Wem_Welcher diese
wieder konstituiert, bewusst zu machen. Sich anzugucken Argumentation noch nicht absurd genug ist, dem_der mag ein
empirisches Beispiel auf die Sprünge helfen. So gibt es Kulturen in
wie Geschlecht geworden ist und damit auch, wie wir ge-
denen die Männer mehr Verantwortung für Kinder und Haushalt
worden sind, historisch und sozialisatorisch. tragen als die Frauen. Siehe dazu und weiter zum Thema, „Das
verqueere Begehren“ bei den Buchtips, Seite 27.
2 Mit dem „_“, dem Unterstrich versuchen wir diejenigen sichtbar
[A.G.GENDER-KILLER] zu machen, die sich in den Kategorien Mann oder Frau nicht
wiederfinden können oder wollen. Siehe dazu auch den Text „Per-
forming the Gap - Queere Gestalten und geschlechtliche Aneig-
nung“ von s_he in der arranca! Nr. 28. check: http://arranca.
nadir.org

 
willkommen auf diesem festival
Auf etlichen linken Festivals und Konzerten Frauen als „Schlampen“ zu bezeichnen oder

>>> antisexismus.tk
fühlte mensch sich in der Vergangenheit oft anzutatschen.

FESTIVAL-Flyer >>>
an die Atmosphäre in einem Bierzelt erin- Deshalb ist es nicht okay, andere als
nert. Immer wieder kam es zu sexistischen „Schwuchtel“ zu beschimpfen oder sich so
V.i.S.d.P.: Herta Schmitz, Allee der Kosmonautinnen 5, 12345 Berlin

und homophoben Sprüchen und Anmachen, krass zu besaufen, daß Mann als agressive
einige Male auch zu „Provokationen“ mit Bedrohung eine Gefahr für andere Besu-
rechten oder nationalsozialistischen Symbo- cher_innen darstellt.
len und Gesten.
Linke Festivals und Konzerte unterscheiden Da es nicht angeht, das der Schutz, der ei-
sich von „normalen“ Veranstaltungen; vor gentlich für die Abwendung äußerer Bedro-
allem durch den Anspruch, einen Raum zu hungen da ist, sich permanent um Vorfälle
schaffen, in dem andere Menschen nicht auf dem Fest kümmern muß, seid ihr alle
diskriminiert und möglichst wenig gesell- gefragt. Haltet die Augen offen und achtet
schaftliche Unterdrückungsverhältnisse aufeinander. Wenn ihr beschissene Situa-
reproduziert werden. Deshalb ist es nicht tionen mitbekommt, macht andere darauf


„lustig“, andere mit dem Hitlergruß zu „pro- aufmerksam, greift ein und holt euch, wenn
vozieren“. Deshalb ist es nicht in Ordnung, nötig, Unterstützung vom Schutz.

Seite 26 || Antisexismus-reader
buchtipps
„Braune Schwestern? - Feministische Analysen zu Frauen in der extremen Rechten“
Antifaschistisches Frauennetzwerk, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus (Hg.);
ISBN: 3-89771-809-X; Unrast-Verlag, Münster

Seit geraumer Zeit gibt es in der rechtsextre- belmädel“ in der Bundesrepublik sowie in der
men Szene vermehrt Frauen und Mädchen, französischen „Front National“.
die nicht nur als Freundinnen oder Mitläuferin- Die Autorinnen zeigen die neuesten Entwick-
nen auftreten oder akzeptiert werden wollen. lungen im Bereich ›Frauen im Rechtsextremim-
Die „braunen Schwestern“ legen Wert darauf, sus‹ auf: Aktivitäten von rechtsextremen Mäd-
„Kameradinnen“ zu sein. Auch zeichnet sich chen und Frauen, Organisationsstrukturen,
verstärkt eine Zunahme von Mädchen und Kontinuitäten, Strategien und die Palette rech-
Frauen ab, die (Führungs-)Positionen in rech- ter Frauen(selbst)bilder. Ziel ist es, verschiede-
ten Parteien und Organisationen bekleiden ne Aspekte einfließen zu lassen und mögliche
sowie eigene Frauen- und „Mädelgruppen“ Handlungsspielräume gegen rechte Ideologien
gründen. Das Buch »Braune Schwestern?« aufzuzeigen, unter anderem in der kritischen
widmet sich als Textsammlung Protagonistin- Beleuchtung bisheriger feministischer und anti-
nen, Organisationen, „Bücherfrauen und La- faschistischer Debatten.

„Das verqueere Begehren - Sind zwei Geschlechter genug?“


Christa Spannbauer, ISBN 3-9805677-5-3, DIAMETRIC VERLAG, Würzburg

Die neue Geschlechterforschung stellt alles in chanismen und Strategien, deren sich Männer
Frage, was wir bisher über Männer und Frau- zur Sicherung der Macht bedienen und zeigt
en zu wissen glaubten. auf, welche massiven Ängste der männerdo-
Nicht der Unterschied der Geschlechter, son- minierten Kultur zugrundeliegen.
dern vielmehr wie dieser erzeugt wird, steht Mit der Auflösung der Geschlechter durch an-
im Mittelpunkt. Erstaunliche Erkenntnisse über dere Lebensentwürfe und -formen erschüttert
die Vielfalt der Geschlechter und wie sie ge- die Queer Theory als eine der innovativsten
macht werden liefert die ethnologische und und gesellschafts-kritischsten Denkströmun-
historische Forschung. gen der Gegenwart unser kulturelles Selbst-
Kritische Männerforschung untersucht die Me- verständnis.

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beteiligte gruppen:
A.G.GENDER.KILLER www.gender-killer.de A.G.GENDER-KILLER@gmx.de
Antifa Hohenschönhausen [AH] www.ah.antifa.de antifah@web.de
desperados.berlin desperados@berlin.de
Emanzipative und Antifaschistische Gruppe [EAG] eag-berlin@systemli.org
Graffiti hates Germany [GHG] www.graffiti-hates-germany.tk ghg-crew@gmx.net
Gruppe Q gruppeq@berlin.com
Gruppe Subcutan subcutan@so36.net
Subversive Philosophie und Kommunismus [SPUK] spukmail@web.de

interessante links:
http://www.transgender-net.de Für alle, die ihr zugewiesenes Geschlecht nicht als bindend empfinden
http://www.gik-on.de.vu Frauengruppe „Geschlecht ist konstruiert“
http://www.etuxx.com Homo-Diskussionsforum – surfing the queer underground
http://www.ladyfest.net Ladyfest in Berlin
http://www.ladyfesteurope.org Ladyfest-Übersicht
http://www.sexismandthemedia.tk Internetseite zu einer antisexistischen Vortragsreihe

Seite 28 || Antisexismus-reader

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