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Die russisch-orthodoxe Kathedralkirche in München

Die russisch-orthodoxe Gemeinde in München schaut auf eine lange Tradition zurück.
Das gilt nicht nur für die 1000-jährige Tradition seit der Taufe Russlands, die die
Gemeinde 1988 mit Vorträgen und einer Ausstellung feierte, sondern auch für die
Münchner Tradition.
Als im Jahre 1798 in der Ottostraße Münchens die Russische Gesandtschaft eröffnet
wurde, so sollten hier - dem Brauch entsprechend – auch in der Kapelle Gottesdienste
abgehalten worden sein. Wenn darüber nichts näheres bekannt ist, so ist doch
historisch gesichert, dass die Gesandtschaftsmitarbeiter und deren Verwandte ab 1832
die Salvatorkirche besuchten, die vom griechischen Klerus betreut wurde. Das gilt auch
und vorderhand für den Diplomat und Dichter F. I. Tjutschew (1803-1873), der in der
Salvatorkirche heiratete und dort alle seine fünf Kinder taufen ließ. Von 1867-1881 gab
es zusätzlich die Hauskirche des Grafen Adlerberg, die beim Umzug der Familie an den
Tegernsee dorthin verlegt wurde. Diese Hauskirche war dem Hl. Nikolaus, dem
Wundertäter von Myra in Lykien (Kleinasien), geweiht. Ihre Ikonostase1 war ein
Geschenk des mit der Familie Adlerberg befreundeten Zaren Alexander II. Er hatte sie
und die mit ihr den Adlerbergs geschenkten liturgischen Geräte seiner Datscha in
Finnland entnommen.
Die 1921 nach der Russischen Revolution von Emigranten gebildete Münchner
Gemeinde des Hl. Nikolaus erhielt die Ikonostase zunächst als Leihgabe. 1942 wurde
diese zusammen mit den liturgischen Geräten sowie den Priestergewändern der
Gemeinde von den (nicht mehr orthodoxen) Nachkommen des Grafen Adlerberg
geschenkt. Die erhaltenen Teile der Ikonostase befinden sich heute im Altarraum des
orthodoxen Frauenklosters in Buchendorf bei München.
Im Jahre 1922 wurde die zunächst provisorisch entstandene Hl.-Nikolaus-Gemeinde
offiziell gegründet, und es begannen regelmäßig 14-tägig Gottesdienste im Saal des
Mathildenstifts, Mathildenstr. 5. Die Priester kamen zum Teil aus Polen, um die
Gemeinde zu versorgen. Unter ihnen war der spätere Erzbischof von Berlin und
Deutschland Philotheos. Ab 1937 und bis 1971 kümmerte sich Vater Andrej Lowtschy,
der im Mönchsstand den Namen Alexander erhielt, um die Münchner Gemeinde. 1942
erhielt er den Titel „Abt“, 1943 wurde er zum Archimandriten erhoben.
Das Jahr 1943 ist ein bedeutendes Jahr: Gemeint ist die Verhaftung der Gruppe des
studentischen Widerstands „Weiße Rose“. Was hat diese mit der russischen Gemeinde
in München zu tun? Alexander Schmorell, war einer der beiden Gründer der „Weißen
Rose“. Er war ein Freund von Hans Scholl und wie dieser mit der deutschen Wehrmacht
in Russland. Schmorell, als Sohn einer russischen Priesterstochter und eines
deutschstämmigen Arztes 1917 in Orenburg (Russland) geboren, hatte eine lebendige
Beziehung zur Münchner Gemeinde, in der er aufwuchs. Bereits 1921 war er bald nach
dem Tod seiner Mutter mit dem Vater nach München gekommen. 1937 schloss er hier
das Abitur ab. Nach Russland kam er erstmals wieder im Jahre 1942 – als
Sanitätsfeldwebel. Die Protokolle der Gestapo-Verhöre und seine Briefe aus der
Todeszelle zeugen davon, dass er als Russe und als fest im Auferstehungsglauben

1
Die Wand, die den Altar – das Allerheiligste – vom Kirchenraum, in dem die Gläubigen stehen trennt,
enthält große Ikonen. In der Mitte ist die „Königspforte“ für die Priesterschaft, rechts und links sind
Seitentüren für Diakone und Ministranten.
verwurzelter orthodoxer Christ handelte.2 Vater Alexander Lowtschy war es, der ihm am
13. Juli 1943 in der Todeszelle die Beichte abnahm und die Kommunion spendete, und
tags darauf – nachdem Schmorell mit der Guillotine im Gefängnis Stadelheim
hingerichtet worden war – ihn im engsten Familienkreis auf dem Friedhof „Am Perlacher
Forst“ in der Nähe der Gräber von Scholl und Probst beerdigte.
Heute befindet sich die besagte Münchner Gemeinde in der Lincolnstrasse. Sie bildet
die Südgrenze dieses Friedhofes, an dessen Nordrand das Gefängnis Stadelheim liegt.
Diese Nachbarschaft zum Grab des Gemeindemitgliedes Alexander Schmorell, der
zusammen mit den Neumärtyrern Russlands als Märtyrer verehrt wird, kann als Gottes
Fügung bezeichnet werden. Aber davon später…
Vom Juli 1941 an wurden die Gottesdienste in der Denningerstraße 5 gefeiert, wo eine
Baracke der Evangelischen Kirche stand, die nicht mehr gebraucht wurde. Zunächst
gelang es nicht, alle Gottesdienste zu feiern, erst im August 1942 wurde Vater Alexander
Lowtschy ganz nach München versetzt, und von da an wurden alle Sonn- und Feiertage
gottesdienstlich begangen. Die Gemeinde hatte 636 eingetragene Mitglieder, was
bedeutet, dass es noch mehr Kirchgänger gab, denn bei weitem nicht alle lassen sich
eintragen.
Die Münchner Gemeinde war aktiv: es gab eine Gemeindeschule, eine Schwestern-
schaft, ein Missionskomitee, ein regelmäßig erscheinendes Gemeindeblatt (bis 1962).
Während des Krieges wurden Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter („Ostarbeiter“), so
weit dies möglich war, in Zusammenarbeit mit dem Berliner Missionskomitee geistlich
versorgt. Ikonen und Evangelien- sowie Gebetsbücher wurden gedruckt,
Aluminiumkreuzchen hergestellt. Groß waren die Schwierigkeiten dann mit Mehl und
Wein für den Gottesdienst.
Nach der Besetzung Griechenlands durch die deutschen Truppen war die Salvatorkirche
geschlossen worden. Das Bayerische Kultusministerium war wohl nicht einverstanden
damit, dass die Orthodoxen ihren Gebetsort verloren haben, und fand den Ausweg, das
Gotteshaus der 1936 als Körperschaft anerkannten Russischen Auslandskirche zur
Durchführung der Gottesdienste anzubieten. So wurde die Kirche wiedereröffnet am 22.
Mai 1943 (im Februar 1946 wurde sie den Griechen offiziell wieder zurückgegeben).
In der Kriegszeit gab es in München bereits drei Priester. Beide Gebetsorte waren
überfüllt, die Zahl der Gläubigen ging in die Tausende. Am Montag der orthodoxen
Karwoche, am 30. April 1945, wurde München befreit. Die Osternacht vom 5. Auf den 6.
Mai mit ihrer Prozession beeindruckte Kardinal Faulhaber außerordentlich. Er konnte
das Schauspiel aus seiner Residenz neben der Salvatorkirche aus seinem Fenster
beobachten und erfreute sich am Gesang des großen Chores.
Unmittelbar nach dem Krieg hatte diese in zwei Kirchen ansässige Gemeinde 8
Geistliche. Aber in München war sie nur eine von 15 Gemeinden, die weitgehend aus
Flüchtlingen (DPs, „displaced persons“) bestanden und meist in Lagern organisiert
wurden. Im August 1946 war gegenüber der Blutenburg in München-Obermenzing das
Männerkloster des Hl. Hiob von Pochaev entstanden. Auch die Bischofssynode der
Russischen Auslandskirche war von 1946 bis 1950 in München ansässig (Donaustr. 5 –
heute gehört das Gebäude der Vertretung Österreichs).
Die Hl. Nikolaus-Gemeinde, erhielt auf Antrag im Februar 1946 die ehemalige
Markthalle (heute: Literaturhaus) neben der Salvatorkirche. Diese hatte den
2
Näheres: „Bote der deutschen Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland“, Nr. 4, 1993;
Alexander Schmorell, Gestapo-Verhörprotokolle, Februar-März 1943, RGWA 1361K-I-8808 [Hrsg. Igor
Chramov], Orenburg 2005.
Amerikanern vor dem Krieg als Kirchenraum und Bibliothek gedient, war dann im Krieg
geschlossen worden und durch Bombenangriffe beschädigt. Ein umfänglicher Umbau
begann. Am 22. Mai 1947 – wiederum dem Fest der Übertragung der Reliquien des Hl.
Nikolaus von Myra nach Bari (1187) – fand eine feierliche Weihe durch den
Ersthierarchen der Russischen Auslandskirche, Metropolit Anastasij (Gribanovskij)
sowie den Metropoliten Seraphim (Lade), das Haupt der deutschen Diözese, und den
zum Bischof geweihten Alexander (Lowtschy) in Konzelebration mit 12 Geistlichen statt.
Und doch sah die Gemeinde dies lediglich als Provisorium an: Sie hatte bereits im Jahre
1943 den Bau eines eigenen Gebäudes ins Auge gefasst. Die Währungsreform
zerschlug diese Pläne. Danach hatte die Versorgung der Gläubigen durch Geistliche
Vorrang.
Die Barackenkirche in der Denningerstr. musste im Oktober 1949 zurückgegeben
werden. In den nachfolgenden 1950-er Jahren zogen viele der Flüchtlinge in die
Auswanderungsländer (Süd- und Nordamerika, Australien) weiter. In dem Maße, wie der
Bestand stetig zurückging, gewann die Hl.-Nikolaus-Gemeinde am Salvatorplatz im
Zentrum Münchens an Bedeutung: Im Mai 1952 wurde Bischof Alexander zum Leiter der
deutschen Diözese. Alsbald darauf, am 22. Mai d. J., wurde er zum Erzbischof von
Berlin und Deutschland erhoben, und die Kirche – zur Kathedralkirche.
Schon 1957 war klar, dass die Stadt den Mietvertrag kündigen will. Aber man kam
überein, dass zuvor gemeinsam eine Alternative gefunden werden sollte, und die Stadt
verpflichtete sich, die Kosten des Umzugs zu übernehmen. Die Suche gestaltete sich
schwierig. Für die Absicht der Stadt, aus der Kirche ein Modemuseum zu machen,
konnten sich die Russen, die das gottlose Regime in der UdSSR kannten und die
Umwandlung von Kirchen in Museen in der UdSSR gesehen haben, allerdings auch
nicht gerade erwärmen. Immer wieder gab es neue Pläne, die aus verschiedensten
Gründen scheiterten. Kein Umzug in die zerbombte Kirche in der Damenstiftstr.; kein
Umzug in die Altkatholische Kirche in der Blumenstraße (heute beherbergt sie die
rumänische Gemeinde); bis in den Anfang der 1980-er Jahre verhandelte man unter
Leitung des neuen Bischofs Paul (Pavloff), dann des Bischofs Mark (Dr. Arndt) über das
Grundstück gegenüber dem Nordfriedhof in der Ungererstraße (heute: Griechische
Kirche); schließlich scheiterte auch das Projekt eines Ausbaus der
denkmalsgeschützten „Interimskirche“ in Laim (Agnes-Bernauer-Str.) – der im Jahre
1988 verhandelte und unterzeichnungsreife Vertrag war kurz vor den Wahlen in der
Schublade eines Abgeordneten verschwunden, während in der Zeitung davon die Rede
war, dass die Laimer Bürger keine „wesensfremde Gemeinschaft“ an dem Ort haben
wollten. Bald darauf verwandelten Wahlen in München die politische Landschaft und von
diesem Projekt war keine Rede mehr. Die “Interimskirche” fungiert heute als Bürgertreff-
Kulturzentrum.
Nachdem in der Kirche des Hl. Nikolaus am Salvatorplatz in den 1970-er Jahren die
Ikonen der bereits erneuerten Ikonostase sowie andere Ikonen ausgewechselt worden
waren, herrschte im Gotteshaus echte altrussische Ikonographie statt der Ölfarbe im
Nachkriegsstil. Was die Zukunftspläne betraf, so wurde eine Baukommission gegründet
und eine neue Spendensammlung für den künftigen Bau begonnen.
Im November 1981 sprach die Russische Auslandskirche die Neumärtyrer Russlands
heilig, die in der Zeit der gottlosen Herrschaft ihr Leben für Christus hingaben (das
Moskauer Patriarchat vollzog eine analoge Verherrlichung im Jahr 2000). Daraufhin
beschloss man, die neue Kirche den russischen Neumärtyrern zu weihen. Nach dem
Scheitern der Pläne mit der „Interimskirche“ ordnete Bischof Mark regelmäßige
Bittgottesdienste an die Gottesmutter und die Neumärtyrer an. Außerdem besuchte die
Gemeinde das Grab von Alexander Schmorell. Nach der Vereinigung Deutschlands war
seine Akte nicht mit den anderen Akten der „Weißen Rose“ in den geöffneten Stasi-
Archiven gefunden worden. Wo sie sein könnte, und warum sie fehlte, blieb zunächst
ein Rätsel.
Inzwischen wurde klar, dass die Amerikaner ihre Truppenstärke in Deutschland radikal
kürzen würden. Die orthodoxen Russen hatten bereits ihr Augenmerk auf die
amerikanische Kirche in der Lincolnstraße gerichtet, die in der amerikanischen
exterritorialen Siedlung stand und allen in der US-Armee vertretenen anerkannten
Religionen als Gebetsort diente. Noch wurde die Kirche verwendet, als die Hl.-Nikolaus-
Gemeinde die Möglichkeit erhielt, dort auch hin- und wieder einen Gottesdienst zu
feiern... Aber die an diese Aktivitäten geknüpften Hoffnungen einer Übernahme wurden
enttäuscht. Aller US-Besitz ging in die Hände des Bundes über (Finanzministerium,
Bundesvermögensamt, BVA). Wieder neue Verhandlungen; wieder neue
Gesprächspartner. Der Innenraum der Kirche wurde zwischenzeitlich sogar für
Filmaufnahmen genutzt. Und auch die Stadt hatte neue Pläne für die Räumlichkeiten
am Salvatorplatz. Sie berief sich jetzt darauf, dass der Mietvertrag nach 50 Jahren
endgültig auslaufen könne. Die Zeit drängte.
Im Jahre 1993 traf ein deutscher Historiker auf seine Akte in einem bislang
geschlossenen Moskauer Archiv. In der neuentdeckten Gestapo-Akte eröffneten sich
unzählige bislang unbekannte Details der Verhöre und der von Alexander Schmorell
eingenommenen Haltung. Das ereignete sich kurz vor dem 50. Jahrestag der
Hinrichtung Alexander Schmorells.
Und nun bekamen die Gespräche mit dem Bundesvermögensamt eine neue Wende. Im
Dezember 1993 schließlich war der Kaufvertrag für das Grundstück und die Kirche
unterzeichnet. Alsbald stellte sich heraus, dass es neben dem Grab von A. Schmorell
sogar noch näher an der Kirche im Friedhof „Am Perlacher Forst“ aus der Zeit des
Zweiten Weltkriegs auch ein Massengrab mit nahezu 500 Menschen aus der UdSSR
gibt. Die Gemeinde, die jahrzehntelang vergeblich nach einem geeigneten Ort gesucht
hatte, sieht dieses Geschehen und diese Nachbarschaft als Gottes Fügung.
Die Kirche kostete mit Grundstück rund eine Million DM. Sie hatte romanische Fenster,
innen aber einen Altarbogen, den man wohl amerikanisierte Gotik nennen könnte.
Insgesamt war sie eine Mischung aus Basilika und Fabrikhalle. Ein Umbau war
notwendig.
Zunächst wurde ein orthodoxes Kreuz vorne auf das winzige Türmchen erhoben,
welches mit seinen gerippten Öffnungen zwar den Anschein hatte, ein Glöckchen zu
beinhalten, aber in Wahrheit kein solches enthielt.
Am 6. Februar 1994 wurde dann im Altarraum der Grundstein gesetzt, mit dem der
Umbau begann, der von den Ideen dreier mit der Gemeinde eng verbundener
Architekten getragen war. Für die Innenarbeiten wurden neben Bau- und Elektrofirma
auch Gemeindemitglieder herangezogen.
In der ersten Umbauphase wurde der Innenraum durch einen romanischen Altarbogen,
die Verkleidung der diagonalen Träger durch vertikale Säulen, die Errichtung einer
Ikonostase, die Erhöhung des Altarraums und einen dreistufigen Ambo sowie zahlreiche
andere Arbeiten einem russisch-orthodoxen Gotteshaus angeglichen. Auch der
Gemeindesaal mit Küche bedurfte des Umbaus – aber endlich hatte man einen! Es
entstanden auch dringend benötigte weitere Räumlichkeiten, u. a. für den
Religionsunterricht der Kinder, der bis dahin im Männerkloster stattfand.
Das äußere Aussehen der Kirche blieb vorerst so, wie es war; lediglich die lang
hinuntergezogenen Fenster wurden um ein Drittel verkürzt. Inzwischen wurden Pläne
gezeichnet und am Modell ausprobiert. Zügig wurde die Gesamtgestaltung der Kirche
geklärt.
Zum Pfingstfest am 12. Juni 1994 zog die Hl.-Nikolaus-Gemeinde um. Die Ikonen
wurden von der Gemeinde und der Altartisch von der Geistlichkeit feierlich mit einem
Bus des MVV transportiert, denn die Stadt München hielt sich an die Vereinbarung und
übernahm die Umzugskosten weitgehend. Nun nahm die Gemeinde den Namen der
„Kathedralkirche der Heiligen Neumärtyrer und Bekenner Russlands“ an.
Auf den ureigenen Patron, den Hl. Nikolaus, wollte man bei dieser Namensänderung
allerdings nicht verzichten. Der Nordanbau sollte also zum zweiten Altar ausgestaltet
und dem Hl. Nikolaus geweiht werden. Dieser kleinere Kirchenraum war für die
schwächer besuchten Gottesdienste unter der Woche, vor allem in der vorösterlichen
Fastenzeit geeignet. Es musste aber die Nordwand niedergerissen, die Kirche um 1,70
m verbreitert, eine Apsis für den Altarraum und ein Eingangsbereich im russischen
(Pskover) Stil angebaut werden.3 Dieser zweite Bauabschnitt begann am 4. Dezember
1995. Mit der Erweiterung der Kapelle wurden auf der Südseite der Kirche der
Eingangsbereich des Saales und die Küche ausgebaut.
Am „Versöhnungssonntag“ 1997, dem Tag vor Beginn der Großen Fastenzeit wurde die
kleine Weihe der Seitenkapelle vorgenommen. Zwei Tage zuvor war auch die aus
Eichenholz geschnitzte Ikonostase fertig gestellt worden, in die später große Ikonen
eingesetzt wurden. Am Mittwoch der Karwoche 1998 wurde eine Kuppel mit
vergoldetem Kreuz auf dem Dach der Kapelle befestigt. Alle Weihen besorgte das
Oberhaupt der deutschen Diözese, Erzbischof Mark. Im Jahre 2000 war die gesamte
Kapelle ausgemalt. Die Motive entstammen der Vita des Hl. Nikolaus und dem
Akathistos-Hymnos an die Allerheiligste Gottesmutter.
Mehr noch als beim Ausbau der Kapelle kamen bei dem Ende April 2000 begonnenen
Anbau des Glockenturmes mit Eingangsbereich die eigenen Kräfte der
Gemeindemitglieder zum Zuge. In das scheinbare Glockentürmchen wurde eine
Wendeltreppe hineingebaut, und so verwandelte es sich in den Ausgang zur
Glockenebene. Im Herbst war schließlich der mit Kreuz über 25 m hohe Turm fertig und
wurde verputzt. Im Frühjahr 2001 wurde dann die gesamte Kirche außen mit
Bogennischen versehen. Liebevoll verputzten Gemeindemitglieder die bisher noch gelb
gestrichene Kirche rundum weiß. Am Osterfest 2001 stand sie wie eine Braut inmitten
des Grüns der sie umgebenden Birken. Nun bildete die umgebaute Kirche, zusammen
mit der Seitenkapelle und den Saaleingängen, eine architektonische Einheit, ähnlich wie
die neuerbauten russischen Kirchen in Hamburg und Frankfurt – im Pskover Stil.
Abgesehen von den bis heute noch ausstehenden zwei Kuppeln – einer über dem
Hauptschiff und einer über dem Saal – fehlten nur noch die Glocken. Ein Wunder war
die Spende, die hierfür bereits eingegangen ist, als gerade erst der unverputzte Rohbau
des Turmes vollendet war. 13 Glocken konnten in Russland bestellt werden. Sie wurden
in der Glockengießerei der Gebrüder Schuwalow in Romano-Borisoglebsk bei Jaroslavl
gegossen. Die größte, nach dem Neumärtyrer-Patriarchen Tichon benannte Glocke,
wiegt 100 Pud (1760 kg) und hat einen Durchmesser von 174 cm. Am 1. Dezember
2001 wurden die Glocken auf dem Platz vor der Kirche eingeweiht und mit einem Kran

3
Näheres s. „Die Hl.-Nikolaus-Kapelle an der Kathedralkirche der Hll. Neumärtyrer und Bekenner
Russlands in München“, Verlag: Kloster des Hl. Hiob von Pochaev, München 2005.
an ihren Platz zwischen den Säulen der obersten zwei Stockwerke des Turms befestigt.
Nach russischer Tradition werden die Glocken von Hand gespielt, gemäß den Fasten-
oder Festmelodien, die jeweils vorgeschrieben sind.
Am 22. Mai 2005 erfolgte dann die die große Weihe des Altars und der gesamten
Seitenkapelle durch den Ersthierarchen der Russischen Auslandskirche, Metropolit Lavr
(+ 2008), in Konzelebration mit fünf Bischöfen und zwanzig Priestern. In den
kommenden Jahren sollen die Innenausmalung und die Einweihung der großen Kirche
folgen.
Am 29. Oktober 2007 besuchte der Patriarch von Moskau und ganz Russland, Alexij II.,
die Münchner Kathedrale. Wegen der Christenverfolgung und Unterdrückung der Kirche
im Heimatland sowie der Probleme die sich daraus ergaben, lebte die russische
kirchliche Diaspora in der ganzen Welt fast neun Jahrzehnte ohne offizielle Verbindung
zum Moskauer Patriarchat. Dieser von grausamen Umständen und deren Folgen
aufgenötigte Zustand nahm ein Ende, als der „Akt über die kanonische Einheit der
Russischen Orthodoxen Kirche“ am 17. Mai 2007 in Moskau durch Patriarch Alexij II.
und Metropolit Lavr unterzeichnet wurde. Die Münchner Kathedrale war das erste
Gotteshaus der Russischen Auslandskirche, in dem der Patriarch von Moskau
Gottesdienst feierte.
Erzbischof Mark ist der Vorsteher der Kathedralkirche. Zwei Priester und zwei Diakone
besorgen in der Kathedrale den Dienst. Allerdings müssen sie sich auch um andere
Gemeinden in der Umgebung kümmern, und Gläubige aus den kleineren Gemeinden
besuchen gelegentlich Gottesdienste in der Kathedrale. Die Münchner russisch-
orthodoxe Kathedralkirche ist ein Zentrum für das nähere Umland. Ihr Einzugsgebiet
reicht bis nach Augsburg, Garmisch-Partenkirchen, Altötting, Pfaffenhofen, und sogar
darüber hinaus.
Alle Sonn- und Feiertage werden Gottesdienste gehalten. Im Schnitt gibt es an der
Kathedrale jährlich 100 Taufen, 15-20 Hochzeiten und ebenso viele Beerdigungen. Zu
den sonntäglichen Gottesdiensten versammeln sich ca. 250 Gläubige, während an
Ostern die Besucherzahl über 1000 liegt. Die Hauptsprache bleibt das altehrwürdige
Kirchenslawische, aber der Apostel und das Evangelium werden jeweils auch in
Deutsch gelesen. Je Mittwochs findet ein Abendgottesdienst in Deutsch statt. Auch
eucharistische Liturgien werden in deutscher Sprache gefeiert. Dazu singt der deutsche
Chor. In der Gemeindeschule werden das Russische und das Kirchenslawische gelehrt.
Auch die russische Geschichte und Literatur gehören zum Programm. Der
Religionsunterricht wird von der ersten Klasse an und gymnasial bis zum Abitur gemäß
dem vom bayerischen Kultusministerium genehmigten Lehrplan erteilt. Daher können
die Religionsnoten in die Zeugnisse eingetragen werden. Im Jahre 2008 nehmen 134
Kinder an den Lehrveranstaltungen teil. Ein Kinderchor wurde aufgebaut, der
gelegentlich den gesamten Gottesdienst singt. Auch eine Schwesternschaft ist an der
Kirche tätig. Nach den größeren Gottesdiensten gibt es einen Mittagstisch im Saal.
Mittwochabends finden Gespräche zu Glaubensfragen statt. Gelegentlich werden
Vorträge gehalten. Alljährlich versammeln sich Ende Dezember, meist 26.-28., ca. 100
Teilnehmer aus verschiedenen Städten Deutschlands zu einem dreitägigen „Orthodoxen
Treffen“. Dieses Treffen ist bereits Tradition. Das erste fand 1981 statt. Bis zur Eröffnung
der Kathedralkirche war das Orthodoxe Männerkloster in München-Obermenzing der
Veranstaltungsort. In Zusammenarbeit mit dem Kloster wird die Diözesanzeitschrift
„Bote der deutschen Diözese“4 (ebenfalls seit 1981) in beiden Sprachen, Russisch und
Deutsch, herausgegeben und vertrieben.
Nach dem Zuzug neuer Gläubiger in den 1990-er Jahren hat die Kathedralkirche ihre
Monopolstellung der 1970-1980-er Jahre wieder verloren. Aber selbst wenn es nunmehr
in und um München mehrere russisch-orthodoxe Gemeinden und, wie gesagt, zwei
Klöster gibt, ist doch die Gemeinde an der Kathedralkirche nach wie vor die größte.
Insgesamt gibt es in München wieder 14 orthodoxe Gemeinden – wenn man nämlich
die griechischen und rumänischen, die serbische, bulgarische und georgische
dazuzählt, dann kommt man in München auf die Anzahl der russisch-orthodoxen
Gemeinden, die hier einst, gleich nach dem 2. Weltkrieg bestanden. Zum Fest der
Orthodoxie im Februar 2007 gab es in der Münchner russisch-orthodoxen
Kathedralkirche ein Gesangstreffen, an dem 11 orthodoxe Münchner Kirchenchöre
teilnahmen. Im Mai 2008 beteiligt sich die Gemeinde der Kathedralkirche an der
orthodoxen Veranstaltung zur 850-Jahrfeier der Stadt München. Auch die
Zusammenarbeit mit dem Institut für Orthodoxe Theologie an der Ludwig-Maximilans-
Universität funktioniert gut.
Die russisch-orthodoxe Kathedralkirche der Hll. Neumärtyrer und Bekenner Russlands
und des Hl. Nikolaus ist heute ein integraler Teil des russischen und des orthodoxen
Lebens in München, und wohl des Münchner Lebens überhaupt.

Erzpriester Nikolai Artemoff

4
Der Artikel wurde unter Verwendung der im „Boten“ publizierten Materialien geschrieben. Der historische
Teil gründet auf der Forschung von G. Seide (s. „Bote“, Nr. 3, 4, 5, 1991).

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