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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 28.8.2003 19. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Schill out – Hamburgs linke


Rechtssenat bleibt Szene beging die
Entlassung Schills
Der Vorsitzende der Partei Rechts- als Feiertag. Am
staatliche Offensive, Ex-Innensenator Dienstagabend
Schill, hat seine Provokationen zu traf man sich vor
weit getrieben. Konfrontiert mit der dem Stadtteilkul-
Ankündigung von Bürgermeister Ole turzentrum Rote
von Beust (CDU), Innenstaatsrat Wel- Flora zu einer Par-
linghausen wegen unangemeldeter ty und einer aus-
Nebentätigkeit zu entlassen, konterte gelassenen De-
er mit einem Erpressungsversuch: Er monstration.
werde ein angebliches Verhältnis von Als die Party sich
Beusts mit Justizsenator Kusch öffent- gegen 1 Uhr be-
lich machen. reits ihrem Ende
Der Richter a.D., der sich seit sei- näherte, räumte
nem Amtsantritt unter anderem mit die Polizei die
der Diffamierung von Minderheiten, Straße. Sofort
einer brutalen Law-and-order-Politik nach der ersten
und der Unterdrückung öffentlichen Aufforderung folg-
Protests hervortat, wurde mit seinem te der Einsatz von
Erpressungsversuch ein Fall für den Wasserwerfern
Staatsanwalt. und Schlagstö-
CDU und FDP haben den Rechts- cken. Es gab Inge-
populisten regierungsfähig gemacht. wahrsamnahmen und wahrscheinlich auch Verletzte. Infos u. Bilder: indymedia
Sie wussten, auf wen sie sich da ein-
ließen, als sie Schill in den Senat hol-
ten. Sie nahmen es in Kauf, weil sie
die Schill-Partei programmatisch und BVG gibt den Weg frei:
zur Sicherung ihrer Bürgerschafts-
mehrheit benötigten. Sie benötigten
2600 Rechte zelebrierten in Wunsiedel Gedenken an
sie, um den Kurs der Zertrümmerung Hitlerstellvertreter Heß – 500 Gegendemonstranten
der sozialen Hilfesysteme, der Privati- Rund 2600 Alt- und Neonazis zo- durch die Kleinstadt. Aufgerufen hatte
sierung und Deregulierung, der Aus- gen am Samstag, 16.8. durch das ein „Bündnis Nationaler Sozialisten“.
grenzung und sozialen Polarisierung, oberfränkische Wunsiedel, um NPD und sogenannte Freie Kamerad-
der Ausmerzung abweichender Le- den in der Stadt beigesetzten Kriegsver- schaften mobilisierten bereits Wochen
bensstile, der Unterdrückung von Pro- brecher, Antisemiten und Hitlerstellver- zuvor für den Aufzug.
test und Widerstand, kurz der Ausrich- treter Rudolf Heß zu ehren. Wie in den beiden Jahren zuvor ver-
tung Hamburgs auf das Leitbild der An der Gegenkundgebung der „Bür- sammelten sich Hunderte Alt- und Jung-
imperialistischen Metropole durchzu- gerinitiative gegen Rechtsextremismus“ nazis am Grab von Heß, um Blumen
setzen. unter dem Motto „Wunsiedel ist bunt, und Kränze abzuwerfen. Am 17. August
Dass sie an der Koalition festhalten, nicht braun“ beteiligten sich nach Anga- 1987 hatte sich Heß im Kriegsverbre-
zeigt, dass es auch mit Schills Raus- ben der Veranstalter rund 500 Men- chergefängnis in Berlin-Spandau das
wurf keine Änderung dieses Kurses schen. Die Polizei, die mit 1000 Beam- Leben genommen. In der rechtsextre-
geben wird. ten im Einsatz war, sprach von 400 Ge- men und rechtskonservativen Szene sind
aus der Pressemitteilung der PDS gendemonstranten. 71 Personen wurden Verschwörungstheorien weit verbreitet,
Hamburg und dem nach Angaben der Polizei festgenom- die den Alliierten unterstellen, Heß getö-
Kommentar der Lokalberichte men, 67 von ihnen waren demnach tet zu haben.
Hamburg 17-2003 ■ Rechte, die gegen die Demonstrations- Wie in den Vorjahren waren nicht nur
auflagen verstoßen hatten. in Wunsiedel Neofaschisten aktiv, um
Das Bundesverfassungsgericht in ihres „Märtyrers“ zu gedenken. In der
Aus dem Inhalt: Karlsruhe hatte am Donnerstag in letzter gesamten Bundesrepublik tauchten in
Stellungnahmen zur Instanz den rechten Aufzug doch geneh- der Nacht zum Samstag Heß-verherrli-
Räumung des Grenzcamps . . . 4 migt, nachdem er zuvor vom Landrats- chende Plakate und Aufkleber auf, von
Wahl in Bremerhaven: amt Wunsiedel und vom Oberverwal- einigen Autobahnbrücken hingen Trans-
Rechtsparteien wollen’s tungsgericht Bayreuth verboten worden parente mit Sprüchen wie „Heß – Das
wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 war. So zogen die Massen von Neona- war Mord“. In den Abendstunden hiel-
„Sezession“: Krieg für den zis, angereist aus allen Teilen der BRD ten Neonazis in zahlreichen Städten Fei-
„Großraum“ Europa . . . . . . . . 8 und aus dem Ausland, unter dem Motto ern und Konzerte ab.
„Weder Recht noch Menschlichkeit“ aus junge Welt, 18.8.2003, gekürzt ■
: meldungen, aktionen
dem Veranstaltungssaal, einer Kantine in
der Bahnhofstraße 10, 13127 Berlin.
Erst nach Stunden und zahlreichen
Sudholt in Erfurt genüber „blick nach rechts“. Mit dem Anrufen, die, wie sich später herausstell-
Erfurt/Inning. Zu einem „Erlebniswo- Hinweis, Baugenehmigungen könnten te, teilweise gar nicht aufgenommen
chenende“ lädt die Zeitschrift „Deutsche nicht nach politischen Sympathien ver- wurden, zeigte die Polizei ab 0 Uhr in
Geschichte“ um den langjährigen Akti- teilt werden, wies er Kritik gleich prä- der Umgebung verstärkt Präsenz, und
visten der neofaschistischen „Gesell- ventiv zurück. fuhr mit ca. 15 Einsatzfahrzeugen um
schaft für freie Publizistik“, Gerd Sud- Geplant ist ein Schulungsraum für bis 0.10 Uhr vor das Veranstaltungsgelände.
holt, vom 26. bis 28. September nach Er- zu 60 Personen, die „Nationale Zentral- Beließ es jedoch bei einer „Gefährderan-
furt ein. Im Mittelpunkt der Tagung steht bibliothek“ der NPD sowie“ Zimmer mit sprache“.
diesmal die „USA – Die maßlose Welt- Doppelstockbetten zur kostengünstigen Besondere Brisanz erhält dieses Kon-
macht“. „Namhafte Autoren des In- und Unterbringung von Seminarteilneh- zert dadurch, dass es in der Nacht zum
Auslandes“ werden „das wahre Gesicht mern“. Das Gelände gewährleiste „we- 17. August, dem 16. Todestag der Nazi-
einer maßlosen Weltmacht USA zeich- gen seiner ausgezeichneten Bewachung ikone Rudolf Hess stattfinden sollte.
nen“, heißt es in einer Ankündigung in eine große Sicherheit für die Teilnehmer Schon in der Nacht zum 16.8. klebten
der „Deutschen National-Zeitung“ des von Veranstaltungen“. NPD-Schatzmeis- Pankower Rechtsextremisten am S-/ U-
DVU-Chefs Frey. Vorgestellt werden ter Erwin Kemna und Stefan Lux „Leiter Bahnhof Pankow, am S-Bahnhof Pan-
soll in Erfurt auch ein neues Buch des des Amtes Schulung“ hoffen auf 70000 kow-Heinersdorf, in der Niederschön-
britischen „Historikers“ Martin Allen, Euro Spenden für das Zentrum, das ins- hausener Schillerstraße und Grabbeallee
der in der Vergangenheit auch schon bei gesamt 180000 Euro kosten soll. Hunderte Plakate und Aufkleber zum
der NPD referierte und Interviewpartner Zum „Pressefest“ des NPD-Verlages Gedenken an den „Mord“ an Rudolf
der „Deutschen National-Zeitung“ war. „Deutsche Stimme“ in Meerane (Sach- Hess 1987.
hma ■ sen) kamen zwischen 2.500 und 3.500 „Wir verurteilen das Desinteresse der
Nazis aus allen möglichen Ländern. Die Berliner Polizei gegen derartige Veran-
Tradition verpflichtet Veranstaltung fand auf dem Gelände und staltungen vorzugehen, noch dazu, wenn
im Gebäude eines Hotels statt. Darauf der Veranstaltung durch das Datum, eine
Kaliningrad. Der „Förderverein Or- Bezug nehmend forderte der Bürger- noch größere Relevanz gegeben wird !“
densburg Schaaken e.V.“ hat es sich zum meister Meeranes die EinwohnerInnen so die Pankower Antifaschistische Of-
Ziel gesetzt, den „fortschreitenden Ver- auf, sich zu überlegen, wo sie noch essen fensive.
fall“ der 24 Kilometer von Kaliningrad gehen würden, berichtet GammaNews. „Solche Parties und Konzerte von
gelegenen Ordensburg Schaaken zu Mit Ständen anwesend seien gewesen: Rechtsextremisten sind in der Vergan-
stoppen und deren „historisches Erschei- „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“, genheit, wenn sie stattfinden konnten(!),
nungsbild zu rekonstruieren“. Nach den „Pommersche“ und „Fränkische Akti- immer ein stärkendes Moment für die
Plänen des Vereins könnte dort ein onsfront“, „Unabhängige Nachrichten“, Neonaziszene gewesen, sie fördern die
„deutsch-russisches Begegnungszen- „Kameradschaft Karlsruhe“, „Nationales Vernetzung (besonders bei bundesweiten
trum“ entstehen. Geworben wird für die Bündnis Dresden“, „Aktionsgemein- Veranstaltungen) und stärken den Zu-
Ziele des Vereins u.a. auf Veranstaltun- schaft der Deutschlandliebenden“, „Ra- sammenhalt. Außerdem stellen sie im-
gen der „Landsmannschaft Ostpreußen“. dio Freiheit“, „Deutsche Partei“, „Hilfs- mer eine Gefahr für potentielle Opfer
Immerhin gehe es darum, „das Erbe der gemeinschaft für Nationale Gefangene“, von rechtsextremen Übergriffen dar.“
Vorfahren dort für die Nachkommen zu „Gemeinschaft Deutscher Frauen“, Mike Kettler ■
erhalten“, heißt es im BDV-Blatt „Deut- „Bund freier Jugend“ aus Österreich, die Pankower Antifaschistische Offensive
sche Umschau“ (8/03). Entscheidend für Zeitschriften „Triskele“, „Herrlich Her- [PAO] c/o Schwarze Risse, Kastanien-
den Verein ist, „das notwendige Kapital mannsland“ und „Unsere Welt“. allee 85, 10435 Berlin,
mehrheitlich in der Bundesrepublik Quelle: blick nach rechts Nr. 16, www.pankow.antifa.de,
Deutschland aufzubringen“ um dadurch 7.8.2003, GammaNews 14/03 ■ pao.berlin@gmx.net, 0178/ 3 28 88 03
„die Gestaltung der Anlage und ihre spä-
tere Nutzung entscheidend zu bestim- Neonazikonzert in Berlin- Schändung des jüdischen
men“. Genutzt wurde die Burg einst auch
vom kriegerischen „Deutschen Orden“, Pankow Friedhofs in Bettenhausen
dessen Aufgabe es war, Land im Osten Berlin. Wie kurzfristig bekannt wurde, Kassel. In einem Schreiben an die jüdi-
zu okkupieren, dort deutsche Siedler ein- planten Rechtsextremisten, am Samstag sche Gemeinde Kassel hat Dr. Ulrich
zusetzen und eigene Städte zu gründen. den 16. August 2003, ein Konzert im Schneider für die Kasseler Vereinigung
hma ■ Berlin-Pankower Ortsteil Französisch der Verfolgten des Naziregimes -Bund
Buchholz durchzuführen. Auftreten soll- der Antifaschisten seine Betroffenheit
NPD baut Schulungszen- ten die Berliner Band „Spreegeschwa- über die Schändung des jüdischen Fried-
der“, sowie der „Landser“sänger Micha- hofs in Bettenhausen zum Ausdruck ge-
trum in Berlin el Regener als Liedermacher. Angemel- bracht. Man könne jedoch nicht überse-
Berlin. Wie der „blick nach rechts“ det wurde die Veranstaltung von Alexan- hen, heißt es in dem Schreiben, dass ak-
vom 7.8.2003 meldet, plant die NPD in der-Willibald Bahls, Schlagzeuger der tuelles staatliches Handeln solchen anti-
unmittelbarer Nähe ihrer Parteizentrale Berliner Neonaziband „Spreegeschwa- semitischen und neofaschistischen Ten-
an der Seelenbinderstraße im Berliner der“, der aus Blankenburg stammt. denzen zur Zeit Vorschub leistet. Fast
Bezirk Köpenick den Bau eines „natio- Das Konzert fand nicht statt, trotzdem wöchentlich können Neonazis und offe-
naldemokratischen Bildungszentrums in wurde rechtsextreme Musik abgespielt, ne Antisemiten in unserem Land mit be-
der Reichshauptstadt“ (NBZ). Dazu soll jedoch nichts „strafrechtlich Relevan- hördlicher Genehmigung aufmarschie-
ein Gebäude im Hinterhof umgebaut tes“, wie die Berliner Polizei zu betonen ren. Und diese Friedhofschändung fand
werden. Das Planungs- und Genehmi- nicht müde wurde. Die ganze Zeit über genau an jenem Wochenende statt, zu
gungsverfahren ist bereits abgeschlos- wurden Symbole, wie z.B. Fahnen, der dem das Bundesverfassungsgericht das
sen. Der zuständige Baustadtrat von rechtsextremen Szene gezeigt, und es Verbot des Hess-Gedenkmarsches in
Treptow-Köpenick bestätigte dies ge- standen ca. 50 - 60 Neonazis draußen vor Wunsiedel aufhob. Über 2500 Neonazis

2 : antifaschistische nachrichten 18-2003


Gegen 13:30 Uhr trafen sich die Teil-
nehmerInnen in selber Stärke wie zuvor
zu einer zweiten Kundgebung auf dem
KZ-Gedenkfriedhof, auf dem 1267 Op-
fer des KZs ihre letzte Ruhestätte fanden.
Dort wurde ein Redebeitrag über die Ge-
schichte des KZ „Wiesengrund“ gehal-
ten, der das Schicksal und das Elend der
Insassen veranschaulichte. Die Veran-
staltung wurde mit einer gemeinsamen
Besichtigung des freizugänglichen Teils
der Gedenkstätte auf den Grundmauern
der ehemaligen Dusch- und Entlausungs-
baracke beendet.
Infos: http://home.arcor.de/aimkreis
http://www.infoladenludwigsburg.de
Der „Tag der Erinnerung, Mahnung und Begegnung“ ist die größte antifa vaihingen/Enz ■
regelmäßige Veranstaltung in Berlin und findet dieses Jahr am 14. Sep-
tember 2003 zwischen 13 und 18 Uhr auf dem Marx-Engels-Forum in Schulprojekt des NS-Doku-
Berlin-Mittestatt. Seit 1990 haben sich weit über 500 Organisationen,
Initiativen und Gruppierungen an er Mitgestaltung des Tages beteiligt.
mentationszentrums
Historisch knüpft der „Tag der Mahnung“ an die Tradition des „Tag der Köln. Der Verein EL-DE-Haus hat in Zu-
Opfer des Faschismus“ (OdF) an, der bereits 1945 von Überlebenden sammenarbeit mit dem NS-Dokumenta-
der Konzentrationslager und Zuchthäuser initiiert wurde. tionszentrum und fünf Schulen in Köln,
Bergisch Gladbach und Rotterdam ein
Jedes Jahr kommen tausende BesucherInnen, um sich an den über binationales Schülerprojekt organisiert.
100 Ständen zu informieren, dem kulturellen Programm zu folgen oder Es trägt den Namen „zwangsweise
um an den verschiedenen politischen Veranstaltungen teilzunehmen. kölsch – dwangarbeid in duitsland“ und
läuft im Rahmen der Sonderausstellung
Tag der Mahnung: 14.9.03, 13 – 18 Uhr, Marx-Engels-Forum
„Bilder einer fremden Stadt. Zwangsar-
(nahe Rotes Rathaus), www.tag-der-mahnung.de
beit in Köln“ im NS-Dokumentations-
zentrum. Deutsche und niederländische
und Antisemiten konnten dort ihre rassis- Doppelkundgebung Jugendliche haben ehemalige Zwangsar-
tischen und menschenverachtenden Pa- Vaihingen/Enz. Aus Anlass der antise-
rolen verbreiten. mitisch und rechtsextremistisch moti-
Die Friedhofsschändung in Kassel sei vierten Schmierereien, mit denen in der
das Werk gewaltbereiter Antisemiten, Nacht vom 22. auf den 23. Juli 2003 der
selbst wenn sie keiner politischen Orga- KZ-Gedenkfriedhof verunstaltet wurde,
nisation angehören sollten, so die VVN. riefen die Antifa Vaihingen/Enz und die
Sie hätten sich ihr Ziel bewusst ausge- autonome antifa ludwigsburg für den
sucht: 9.8. zu einer Kundgebung auf. Trotz Fe-
„Sie wollten damit jüdische Identität in rienzeit und sengender Hitze folgten ca.
unserer Stadt treffen. 40-50 Menschen dem Aufruf und ver-
Sie schändeten einen Platz, der alljähr- sammelten sich um 11 Uhr am Markt-
lich am 7. November Gedenkort an die platz vor dem Rathaus. Transparente und
faschistischen Verbrechen der Reichspo- Musik erregten das Interesse der Passan-
gromnacht in Kassel ist.“ tInnen und BesucherInnen des gleichzei-
Die VVN-BdA ruft dazu auf, gemein- tig stattfindenden Wochenmarktes. Ein
sam Zeichen gegen Antisemitismus und erster Redebeitrag berichtete zunächst beiter interviewt. Mit den Gesprächspro-
Rassismus, gegen Neofaschismus und von der Schändung des KZ-Gedenk- tokollen und weiteren Recherchen re-
Intoleranz zu setzen. friedhofes, um dann die ZuhörerInnen konstruierten sie gemeinsam Lebensge-
PM VVN-BdA Kassel, 19.8.2003 ■ über weitere Aktivitäten und regelmäßig schichten von niederländischen Zwangs-
stattfindende arbeitern, die während des Zweiten Welt-
Übergriffe – kriegs in Köln arbeiten mussten.
z.B. auf Volks- Die Ergebnisse des Projekts haben die
festen wie dem Schüler zu einem Beitrag der auf der In-
Vaihinger Mai- ternetseite des NS-Dokumentationszen-
entag – von trums (www.museenkoeln.de/ns-dok)
Neonazis zu in- verarbeitet. Dort sind die Lebensge-
formieren. schichten der Zwangsarbeiter, angerei-
Ein weiterer chert durch Fotografien und Dokumente,
Redebeitrag be- nachzulesen.
schäftigte sich Haupt-, Real- und Gesamtschulen
mit dem in können noch bis zum 7. November 2003
Deutschland im- Projekttage zum Thema Zwangsarbeit
mer noch weit im NS-Dokumentationszentrum gestal-
verbreiteten und ten. Dabei erhalten sie Unterstützung
wieder salonfä- von Fachkräften. Anmeldungen nimmt
hig gewordenen das NS-Dokumentationszentrum unter
Antisemitismus. 0221/221-2 63 31 entgegen. pal ■

: antifaschistische nachrichten 18-2003 3


Aus den Protesterklärun-
gen gegen die Räumung: Grenzcamp-
ROM e.V.
Der Rom e.V. dankt den TeilnehmerIn-
nen des internationalen antirassistischen
Solidaritätserklärung
Die im folgenden dokumentierte Solidaritätserklärung hat inzwischen breite
Grenzcamps in Köln-Poll für ihre energi- Unterstützung gefunden. Wir dokumentieren den Text und die Stellungnah-
schen und mutigen Demonstrationen ge- men verschiedener Organisationen aus dem Kölner Raum.
gen fremdenfeindliche Hetze und gegen
die brutale Abschiebepolitik, die sich in Wir verurteilen das brutale und unver- aller Grenzcamp-TeilnehmerInnen sowie
Köln vor allem gegen Romaflüchtlinge hältnismäßige Vorgehen der Polizei ge- den Einsatz von psychischer und physi-
richtet. Die Romafamilien auf dem gen das 6. Antirassistische Grenzcamp scher Gewalt gegen die antirassistischen
Schiff (es waren in diesen Tagen 45 -50 auf den Poller Wiesen. AktivistInnen.
Grad in den Containern) und in den Pol- Das Camp fand vom 31. Juli bis 10. Während der Einkesselung des Camps
ler Flüchtlingsheimen haben diese Soli- August statt und richtete sich gegen Ras- wurde die Wasser- und Stromversorgung
darität als große Ermutigung empfunden, sismus, Ausgrenzung, das repressive glo- für mehrere Stunden abgestellt. Bei nahe-
um in ihrer verzweifelten Lage durchzu- bale Migrationsregime, Kontroll- und zu 40 Grad Hitze erfüllte diese Aktion
halten und den Angriffen Rechtsradika- Überwachungstechniken und gegen Ab- den Straftatbestand der Körperverlet-
ler zu trotzen. schiebe- und Lagerpolitik. Für „Freedom zung. Es war so fast unmöglich, die durch
of Movement“ und eine „Globalisierung den Einsatz der chemischen Reizstoffe
der Rechte“. Weit über 1000 Personen Verletzten im Sanitätszelt zu behandeln.
aus der Bundesrepublik und ganz Europa Fast zeitgleich beschützte die Polizei
beteiligten sich am Camp. einen Aufmarsch von 50 militanten Neo-
Am Samstag, den 9. August, wurde das nazis in Köln-Poll, und erlaubte diesen,
Camp-Gelände von mehreren Hundert-

Kind auf dem Flüchtlingsschiff in Poll

Umso empörender empfinden wir es,


dass die Kölner Polizei die Demonstrati-
on der Faschisten schützte, indem sie das
Poller Grenzcamp einkesselte und später
sogar an die 300 Teilnehmer abführte Polizei umstellt das Camp
und in Brühl über Nacht gefangen hielt.
Die Kölner Medien haben einmal mehr schaften Polizei über zwölf Stunden lang ihre menschen- und lebensverachtende
sklavisch und einseitig die Polizeidar- umstellt. Mehrere hundert CamperInnen Ideologie auf die Straße zu tragen.
stellung wiedergegeben, ohne auf deren waren bis in die Nacht eingeschlossen. Wir sind schockiert und entsetzt über
ständige Provokationen einzugehen. Als Insgesamt waren rund 2800 Polizisten im die Ereignisse vom Samstag. Ein schwar-
absolute Unverschämtheit empfinden Einsatz. Etliche CamperInnen wurden zer Tag für die Stadt Köln, die sich so
wir die kritiklos übernommene Verlaut- durch Schlagstock- und Tränengaseinsatz gerne ihrer Weltoffenheit und Fremden-
barung der Polizei, wonach unsere verletzt. freundlichkeit rühmt.
Freundinnen und Freunde im Grenzcamp Dabei zwang die Polizei nach eigenen Wir richten uns entschieden gegen die-
zu 70% Kriminelle gewesen wären. Angaben über 510 Menschen zur Perso- sen Kriminalisierungsversuch der anti-
Kleinkariert reagierte die Stadt Köln, in- nalienfeststellung, Fotos- bzw. Videoauf- rassistischen AktivistInnen und ihrer Ini-
dem sie die Campgenehmigung kündigte nahmen wurden von allen gemacht. Rund tiativen, insbesondere des Netzwerks
und damit die Räumung durch die Poli- 360 AktivistInnen, die sich dieser Perso- „kein mensch ist illegal“ und der Grenz-
zei ermöglichte. Vertreter des ROM e.V. nalienfeststellung widersetzten, wurden camp-Vorbereitung. Wir fordern, dass
überzeugten sich vor Ort über die Unver- in der Nacht ins Polizeigewahrsam nach alle von der Polizei erzwungenen perso-
hältnismäßigkeit des teilweise gewalttä- Brühl gebracht. Diese Massenerfassung nenbezogenen Daten unverzüglich wie-
tigen Polizei-Einsatzes, der sogar die von Personendaten ist ein unerträglicher der gelöscht werden! Zusätzlich müssen
Freizügigkeit zahlreicher Anwohner ein- Akt repressiver Willkür. Sie dient der die Verantwortlichen für den menschen-
schränkte. Kontrolle und Kriminalisierung einer unwürdigen und unverhältnismäßigen
wachsenden antirassistischen Bewegung. Polizeieinsatz zur Rechenschaft gezogen
Komitee für Grundrechte und Die Polizei begründete ihr Vorgehen werden! Wir – die UnterzeichnerInnen –
Demokratie: damit, dass innerhalb des 10-tägigen bekunden hiermit unsere Solidarität mit
... Die Bereitschaft vorwiegend junger Camps 84 Straftaten von Camp-Teilneh- dem 6. Antirassistischen Grenzcamp.
Menschen, die tagtäglichen Menschen- merInnen verübt worden seien. Selbst Wer die Resolution unterschreiben möchte,
rechtsverletzungen, die in diesem Land wenn dies zutreffen sollte, rechtfertigt es bitte umgehend mailen an:
passieren, weiter auf Seite 5 keinesfalls eine Pauschal-Verdächtigung camp_koeln_oeffentlichkeit@gmx.de

: antifaschistische nachrichten 18-2003


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zu thematisieren und auch mit drasti-
schen Mitteln und Aktionen zivilen Un-
gehorsams auf diese Missstände auf-
merksam zu machen, ist eine Bereiche-
rung für eine Gesellschaft, die sich als
demokratisch versteht. ... Leider hat die
Stadt und die Polizei der Stadt Köln die
Möglichkeit, einen entsprechenden Um-
gang mit den berechtigten Anliegen des
Grenzcamps zu etablieren, vertan. ...
Getreu den gesamtgesellschaftlichen
Entwicklungen im Bereich der Inneren
Sicherheit sind die Rechte einer ganzen
Gruppe auf Freizügigkeit, auf Versamm-
lungsfreiheit, auf informationelle Selbst-
bestimmung zumindest zeitweise auf-
grund vager Verdachtsmomente kollek-
tiv völlig außer Kraft gesetzt worden. ...
Es ist grundrechtlich nicht haltbar,dass
von Hunderten von Bürgern und Bürge-
rinnen die Daten erfasst und gespeichert Ein Polizeikordon schützt den Aufmarsch der Neonazis von der Kamerad-
werden, weil der Verdacht besteht, dass schaft Köln und dem Kampfbund Deutsche Sozialisten am 9.8. in Köln-Poll
auf diese Weise ein Straftäter erfasst
werden könnte. Wir fordern, die erfass- protestiert gegen das Vorgehen der Poli- die Rede war, richtet sich die geballte
ten Daten ... umgehend zu löschen. zei am Samstag, dem 9. August. Wäh- Macht des Staates gegen Menschen, die
rend einerseits eine Demonstration mili- gegen Rassismus in Staat und Gesell-
VVN-BdA NRW tanter Neonazis, die sich selbst als Nach- schaft protestieren.
Seit dem Karlsruher Quasi-Freispruch folgeorganisation der SA sehen, ermög- Die VVN/BdA fordert die Untersu-
für die NPD sind wir Zeugen eines alar- licht und durch die Kölner Polizei bei chung der Vorgänge vom 9. August
mierenden Aufschwungs der Nazi- und persönlicher Anwesenheit des Polizei- durch eine unabhängige Untersuchungs-
Neonaziszene. Die Versammlungs- und präsidenten gegen Proteste geschützt kommission und den Rücktritt der ver-
Meinungsfreiheit der Faschisten geht da- wurde, wurde zeitgleich das wenige hun- antwortlichen Politiker und Beamten. ■
bei den Behörden offenbar über alles – dert Meter entfernte „Antirassistische
Antifaschisten haben das Nachsehen. Grenzcamp“ von einem Großaufgebot
Wir verurteilen entschieden,was die Po- von Polizisten und Bundesgrenzschutz
lizei mit Euch gemacht hat. Antifaschis- abgeriegelt, zeitweise von der Wasserzu-
ten und Antirassisten sollen der Möglich- fuhr abgeschnitten und gewaltsam ge-
keit beraubt werden, sich zu artikulieren räumt. Bewusst oder unbewusst arbeitete
und zu diskutieren. Wir fordern: Freiheit die Polizei damit faschistischen Grup-
für das Grenzcamp jetzt und in Zukunft. pen, die wie z.B. „pro Köln“ die Räu-
mung des Camps gefordert hatten, in die
VVN-BdA Köln Hände.
Die Vereinigung der Verfolgten des Na- Während vor nicht einmal zwei Jahren
ziregimes - Bund der Antifaschistinnen allerorten vom „Aufstand der Anständi-
und Antifaschisten, Kreisverband Köln gen“ gegen neofaschistische Gruppen

Aktion vor der IOM-Zentrale


Im Rahmen des Grenzcamps fand
am 8. August eine Protestaktion vor
der IOM-Zentrale in Bonn statt. Die Inter-
nationale Organisation für Migration
(IOM) macht als zwischenstaatliche Orga-
nisation alles, was von ihren Mitgliedstaa-
ten in Auftrag gegeben und bezahlt wird:
Für die ukrainische Regierung organisiert
sie die Ausbildung von Grenztruppen und
koordiniert den Bau von Grenzanlagen.
Im Südpazifik betreibt die IOM eigene La-
ger, wo Flüchtlinge unter erbärmlichen Be-
dingungen inhaftiert werden, damit sie
nicht nach Australien gelangen. Der spani-
schen Regierung besorgt sie ecuadoriani-
sche Saisonarbeiterinnen und regelt deren
Rückführung nach abgeschlossenem Ar-
beitseinsatz. „Da Migration nicht aufzu-
halten ist, wollen die reicheren Staaten sie
wenigstens steuern, und dafür ist die IOM
ein zentrales Instrument“, heißt es in dem
Flugblatt, das bei dieser Aktion zur Infor-
mation verteilt wurde. ■

: antifaschistische nachrichten 18-2003 5


Ca. 200 Menschen versammel-
ten sich am 19.8. zu einer Kund-
gebung gegen die drohende Schlie-
Geschichte muss lebendig
ßung der Geschichtswerkstätten auf
dem Hansaplatz. Nach Michael Joho
bleiben!
von der Geschichtswerkstatt St. Für den Erhalt der Hamburger Geschichtswerkstätten!
Georg sprachen sich u.a. Peggy Par-
nass und Rolf Becker gegen die herr-
schende Kulturpolitik aus, Grußadres-
sen kamen von Tom Stromberg, Inten-
dant des Deutschen Schauspielhau-
ses, und vielen anderen. Der Stadtteil-
chor Drachengold unterstützte die
Kundgebung mit kulturellen Beiträ-
gen. Die Geschichtswerkstätten prä-
sentierten sich mit „dem längsten Bü-
chertisch der Stadt Hamburg“. Wir do-
kumentieren im Folgenden die Rede
von Elisabeth v. Dücker vom Stadtteil-
archiv Ottensen, eine der Mitbegrün- da, der 1. Bürgermeister und die Kultur-
derInnen der Hamburger Geschichts- senatorin erhalten Briefe sogar aus
werkstätten-Bewegung. Schottland und Japan.
Mittlerweile gibt es eine erste Zusage:
O Hammonia, o wie so herrlich stehst du Die Kultursenatorin sichert die Miet- und
da! So könnten wir eigentlich jubeln im Betriebskosten zu, das sind etwa 25% un-
Angesichte der Stadtpatronin Hamburgs seres Etats. Damit können wir aber nicht
hier auf dem Hansaplatz. Aber heute – sinnvoll weiterarbeiten: Denn ehrenamt-
zwar glücklich entschillt – müssen wir liche Arbeit benötigt Koordination durch
feststellen: Hammonia, wie bescheiden, bezahlte Profis. Und: Kontinuität ist das
ach wie so traurig stehst du da! Erfolgsrezept unserer Arbeit. Kein ein-
WARUM? Hammonia ist traurig, ja maliges Event, sondern ständiger Service
entsetzt, weil der Kulturhaushalt ihrer für ein ständig wachsendes Publikum.
Stadt so schütter ist – gerade mal 2% vom Die Politik sollte sich ihrer BürgerIn-
Gesamthaushalt billigt ihr der Senat zu. nen erinnern, ihr Engagement ernst neh-
Aber auch die Kürzungen und was und men. Bitte helfen Sie uns beim politi-
warum gekürzt wird, machen ihr Sorgen: schen Nachhilfeunterricht: Schreiben Sie
Das waren im letzten Jahr die FrauenKul- an den 1. Bürgermeister: Hamburg will
turprojekte: z.B. dem FrauenMusikzen- keine Gedächtnislücke, Hammonia
trum wurden sämtliche Mittel gestrichen. braucht ihre Geschichtswerkstätten!
Und in diesem Jahr, nachdem die Schlie-
ßung von Schauspielhaus und Museum Zum Beispiel das Stadtteilarchiv
der Arbeit abgewendet ist, sind die Ge- Ottensen
schichtswerkstätten dran. rationen, Schulklassen erleben hier Zeit-
Über diese politische Entscheidung ist zeugInnen, Zeitgeschichte wird lebendig, 1980 als erste Geschichtswerkstatt in
Hammonia richtig sauer: Denn die mitt- authentisch – wo gibt es so was denn? Hamburg gegründet, hat das Stadtteilar-
lerweile 14 Geschichtswerkstätten sind Eine einmalige Kulturlandschaft in chiv eine umfangreiche Sammlung zur
das Salz und bisweilen auch der Pfeffer Hamburgs Quartieren – in keiner Stadt Geschichte und zum Strukturwandel Al-
der Stadtgeschichte, der Geschichts- sonst eine solche Vielfalt zu finden! – wo tona und Ottensens aufgebaut. Sitz ist die
schreibung dieser Stadt. Profis und Laien zusammen am histori- ehemalige Drahtstiftefabrik Feldtmann
Was machen die Geschichtswerkstät- schen Profil ihrer Ortsgeschichte arbei- im Herzen Ottensens. Sie wurde vom
ten eigentlich? In Hamburgs Stadtteilen ten, Forschung in die eigene Hand neh- Verein mit öffentlichen Mitteln und viel
und Quartieren wird in enger Zusammen- men, 1000-faches ehrenamtliches Enga- Eigenarbeit denkmalschutzgerecht res-
arbeit mit den BewohnerInnen geforscht, gement in die Geschichtsschreibung und tauriert. Der Alltag der „kleinen Leute“
werden Rundgänge gemacht und Ausstel- -vermittlung fließt. wurde erforscht, vor Ort und in Inter-
lungen. Das sind Brückenschläge zwi- Seit 23 Jahren, seit 1980, als sich in Ot- views mit den ZeitzeugInnen selbst – ein
schen Vergangenheit und Gegenwart. Die tensen das erste Stadtteilarchiv gründete, Novum für die damalige universitäre Ge-
Themenpalette ist vielfältig: Erarbeitet ist diese Geschichtsschreibung von unten schichtsforschung. Um nur einige Bei-
wird das Alltagsleben, die Geschichte der aktiv beteiligt am kulturellen Gedächtnis spiele aus dem Oral History Archiv zu
NS- und Kriegszeit, Frauen- und Ge- der Stadt – ein Ergebnis dieser öffentli- nennen: Fischarbeiterinnnen, Glasbläser,
schlechtergeschichte, Umweltgeschichte, chen Arbeit ist heute hier zu sehen am Piependreher und Facharbeiter der alten
Einwanderungs- und Vertreibungsge- längsten Büchertisch Hamburgs. Ein an- Metallfabriken im Viertel erzählten ihre
schichte, jüdische Geschichte. Und das deres im Foyer des Rathauses (Ausstel- Geschichte, brachten Fotos und Doku-
Besondere daran, das, was uns unter- lung über Hamburg im Feuersturm). mente, Überlebende der Altonaer Jüdi-
scheidet von den meisten Museen und Der Etat für diese Arbeit beträgt schen Gemeinde in Israel wurden be-
Staatsarchiven: Hier können die Leute 500.000 Euro im Jahr. Er soll von 100 auf sucht und ließen die Erinnerung an ihre
sich einmischen, sich beteiligen, Partizi- Null Prozent gestrichen werden. Das er- große Gemeinde wieder lebendig wer-
pation, wenn’s um das eigene Viertel fuhren wir Geschichtswerkstättler aus der den, ukrainische ZwangsarbeiterInnen
geht, Teilhabe an kultureller Aktivität di- Bildzeitung, kurz vorm Sommerloch. berichteten über ihr Leiden in Ottensens
rekt vor der Haustür, Bewusstsein für Unterdessen wächst der öffentliche Rüstungsfabriken und Lagern, Aktive
Identität, Austausch zwischen den Gene- Unmut, eine große Solidaritätswelle ist aus der Bürgerinitiativbewegung der

6 : antifaschistische nachrichten 18-2003


Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung:

Rechtsparteien wollen’s wissen Von Thomas Klaus

Bremerhaven. Eine rekord- dat den Einzug in DVU-Fraktionschef fungiert


verdächtig hohe Zahl von Ar- ein Parlament pro- Siegfried Tittmann, seit 1999
beitslosen, Sozialhilfeempfän- biert. Damals fehl- auch Mitglied der Bremi-
gern und politisch Frustrierten ten nur wenige schen Bürgerschaft, also ein-
bedeutet stets Oberwasser für rechtsge- Stimmen und PRO ziger Landtagsabgeordneter
strickte Parteien. Eine Bestätigung für wäre in das Lan- der Frey-Getreuen im kleins-
diese These liefern auch die für den 28. desparlament ge- ten Bundesland.
September angesetzten Wahlen zur kommen: In Bre- Ein gutes Abschneiden der
Stadtverordnetenversammlung im rund merhaven hatten DVU bei der Wahl zur Stadt-
119.000 Einwohner zählenden Bremer- 2.215 Menschen verordnetenversammlung
haven. Denn dort geben sich gleich vier bei ihr das Kreuz dürfte – realistisch betrachtet
Parteien mit zugelassenen Wahlvor- gemacht, was 4,8 – schwer zu verhindern sein.
schlägen ein Stelldichein, die deutlich Prozent aller abge- Schließlich gelang ihr bei der
konservativer als die CDU einzuschät- gebenen Stimmen Bürgerschaftswahl ein
zen sind. Stimmberechtigt sind 88.500 entsprach. Stimmergebnis von 7,1 Pro-
Wahlberechtigte. Mit einem sol- zent im Vergleich zu 6 Pro-
Während die Partei Bibeltreuer Chris- chen zahlenmäßi- zent bei dem Urnengang
ten (PBC) keine politische Programma- gen Hintergrund 1999. Damit überrundeten
tik im klassischen Sinne entwickelt hat, dürfte die Schill- Tittmann und seine Mannen
versucht die auch als Partei Rechtsstaat- Partei die schärfste sogar die FDP; die DVU reih-
liche Offensive (PRO) bekannte Schill- Konkurrenz für die te sich als viertstärkste Partei
Partei mit einem umfassenden Bremer- rechtsextremistische Deutsche Volks- Bremerhavens ein.
haven-Konzept zu punkten. In ihm do- Union (DVU) darstellen. Die Partei des Weniger gut steht dagegen die Deut-
miniert – wenig überraschend – der Be- „National-Zeitungs“-Verlegers Dr. Ger- sche Partei (DP) da. Immerhin schaffte
reich der Verbrechensbekämpfung und hard Frey sitzt bereits seit 1991 in der sie es nun unter der Leitung des Kreis-
Inneren Sicherheit. Die PRO hat sieben Stadtverordnetenversammlung der See- vorsitzenden und Spitzenkandidaten
Kandidaten aufgestellt. An der Spitze stadt, in der eine Große Koalition aus Claus Cira genügend Unterstützungsun-
steht der 32 Jahre alte Versicherungs- SPD und CDU regiert; Oberbürgermeis- terschriften zusammen zu bekommen,
kaufmann Thomas Schulz. Der hatte ter ist der Sozialdemokrat Jörg Schulz. im Gegensatz zur Bürgerschaftswahl.
bereits bei der bremischen Bürger- Im städtischen Parlament bietet die Auf ihrer Kandidatenliste stehen sechs
schaftswahl Ende Mai als Spitzenkandi- DVU zurzeit drei Mitglieder auf. Als Personen. ■

70er und 80er Jahre brachten Fotos, nen zur Nagelproduktion, Drahtzieherei, – ein Ort der Dokumentation und Ana-
Flugblätter und Stadtteilzeitungen ins Schlosserei und Transmission lyse des aktuellen Stadtteilstrukturwan-
Archiv. Ein Schatz an Materialien und – das „Kesselhaus“ – Ausstellungsort, dels
Wissen entstand und wächst immer Veranstaltungsraum und Galerie – zwei lauschige Fabrikhinterhöfe für
noch. – die Außenstelle „Menckmal“: ein Veranstaltungen und Feste
Vermittelt werden diese Sammlungs- historischer Hochlöffelbagger am ehema- Darum wollen wir kämpfen. Und wir
und Forschungsergebnisse auf außerge- ligen Standort der Maschinenfabrik gehen davon aus, dass die Kultursenato-
wöhnliche und alle Sinne ansprechende Menck und Hambrock rin weitere Schritte unternimmt, wenn ihr
Art und Weise. – die Bibliothek und das umfangreiche die Bedeutung der Geschichtswerkstätten
Seit 1980 haben wir Stadtteilrundgän- Archiv zur Industrie und Alltags- eindringlich präsentiert wird.
ge entwickelt – ein Wandern, das bewan- geschichte (u. a. mit der Sammlung zur Dazu sammeln wir Stimmen von Men-
dert macht und die Verbindung mit dem Geschichte der jüdischen Gemeinde Al- schen aus Wissenschaft und Forschung,
Stadtteil stärkt. Geschichte wird sichtbar tonas und dem Bilderspeicher Altona/ Kunst und Kultur, Denkmalschutz und
und erlebbar gemacht in wechselnden Ottensen) - bis auf Freitag tägl. geöffnet, Stadtplanung, Schulen und Hochschulen,
Ausstellungen, auch mit internationalen Donnerstags sogar bis 19 Uhr aus dem Stadtteil und über die Stadtgren-
Partnern, durch Theater und andere Ak- – ein außerschulischer Lernort für zen hinaus, die das Stadtteilarchiv Otten-
tionen im Stadtteil, durch Installationen Schulklassen aus dem ganzen Hamburger sen genutzt haben. Wir rufen alle Men-
von Schautafeln, in Veranstaltungen aller Stadtgebiet schen, die uns schätzen und nicht auf uns
Art. Zeitzeugen und Zeitzeuginnen be- – ein Forschungsort für StudentInnen verzichten wollen, auf: Sagen Sie der
richten und tauschen sich aus in Erzähl- und Wissenschaftlich Arbeitende Kultursenatorin und dem Bürgermeister
cafes und in Austauschprojekten Auch – eine Fundgrube für Stadtteilbewoh- Ihre Meinung (und schicken Sie eine Ko-
auf internationaler Ebene finden Aus- nerInnen und eine stete Sammelstelle ih- pie an uns) – ihre Stimme zählt!
tausch und Kooperation statt mit Projek- rer Geschichte(n) sowie Dokumente und
ten in London, Valencia und Tokio. Objekte aller Art Stadtteilarchiv Ottensen e.V. , Zeiß-
Was in 23 Jahren mit sehr viel ehren- – in Ort professioneller Dienstleistung straße 28, 22765 Hamburg, Mo. - Do.
amtlichem Engagement und mit enormer für Bezirksverwaltung und Behörden 9.30 - 13 Uhr , Mo. - Mi. 14 - 16.30 Uhr
öffentlicher Förderung aufgebaut wurde, – eine „Geschichtswerkstatt“ mit lau- , Do. 14 - 19 Uhr , Tel. 040/ 390 36 66
steht nun zur Disposition: fender Produktion von Büchern, Bro- Fax. 040/ 39 61 74, e-mail: Stadtteil-
– ein kleines aber feines denkmalge- schüren, Faltblättern, Postkarten, Unter- archiv.Ottensen@t-online.de
schütztes Industriemuseum: die Draht- richtsmaterialien sowie Ausstellungen Weitere Adressen unter www.ham-
stiftefabrik Feldtmann mitsamt Maschi- und Rundgängen burger-geschichtswerkstaetten.de/

: antifaschistische nachrichten 18-2003 7


SCHNELLRODA. (Eigener Be-
richt) – Politisch zwischen Kon-
servatismus und Rechtsextre-
Krieg für den
mismus angesiedelte Kreise, die mit
der grundsätzlichen Ausrichtung der
Berliner Außenpolitik übereinstim-
„Großraum“ Europa
men, sehen diese von zu vielen in- „Ostforschung“ betrieb. Die politisch im „Geopolitik“...
nenpolitischen und diplomatischen Übergangsfeld zwischen Konservatis- In ihrer außenpolitischen Ausrichtung
Rücksichten bestimmt. Dagegen gelte mus und Neofaschismus angesiedelte geht die neurechte „Kaderschmiede“ IfS
es, unter Rückgriff auf berüchtigte DG besetzte Positionen sowohl inner- grundsätzlich mit der aktuellen deut-
Konzepte wie „Geopolitik“ und den halb und im Umkreis der neofaschisti- schen Außenpolitik konform. In der
„Großraum“ nach dem „Gesetz der schen NPD als auch in den Unionspar- Zeitschrift „Sezession“ wird die „militä-
Stärke“ zu handeln, das über das teien; in der CDU-geführten hessischen rische und außenpolitische Uneinigkeit
Staatsleben herrsche, heißt es. Eine Landesregierung etwa hatten Mitglieder und Konzeptionslosigkeit der Europäer“
neue Zeitschrift – „Sezession“ – soll der DG zahlreiche einflussreiche Posi- beklagt und daraus der Schluss gezogen,
diese Strategie befördern, sie findet tionen inne. Bei den deutschen „Vertrie- es gebe „auf kurze und auch auf mittlere
Unterstützung von deutschen Militärs benen“-Verbänden ist die DG ebenfalls Sicht keine Alternative zur Anlehnung
und außenpolitischen Beratern. fest verankert: Gildenschafter nehmen Deutschlands an die USA“.
Führungspositionen in der „Sudeten- Die deutsche „Mittellage“ (die „geo-
Der Herausgeber der Zeitschrift „Sezes- deutschen Landsmannschaft“ und im politische Konstellation als die des
sion“, das im Jahr 2000 gegründete „In- rechtsextremen „Witikobund“ ein. Auch Herzlandes“ ) mache es aber nötig, das
stitut für Staatspolitik“ (IfS), gilt deut- der bis ins Jahr 2000 amtierende Präsi- Augenmerk nach Westen und nach Os-
schen Verfassungsschutzbehörden als dent der Bundes-
Teil des Zeitungsprojekts „Junge Frei- zentrale für Politi-
heit“ und damit als Teil der „Neuen sche Bildung war
Rechten“ in Deutschland, die nicht nur Mitglied der DG.
als „Ideologieschmiede des Rechtsextre- Laut dem
mismus“ fungiert, sondern auch als „Handbuch des
„Brücke zur gesellschaftlichen Mitte“. deutschen Rechts-
Mit der als rechtsextrem bekannten Wo- extremismus“ ver-
chenzeitung „Junge Freiheit“ ist das sucht die DG „eine
neurechte Institut eng verwoben: Zwei geopolitisch und
der drei IfS-Gründer zählen seit Jahren völkisch begrün-
zu deren Stammautoren, den Auftakt ei- dete Führungsrolle
ner Vortragsreihe im September 2000 Deutschlands (...)
veranstalteten „Junge Freiheit“ und IfS offenzuhalten. Sie
gemeinsam. Das IfS firmiert als „Kader- flankiert diese
schmiede“ für die Bildung „geistiger Thesen mit der
Eliten“, die Deutschland zur Wiederer- Historisierung und
langung der ihm angeblich zustehenden Relativierung des
Position als Weltmacht verhelfen sollen. Nationalsozialis-
Tradition... mus.“ In ihrer pro-
grammatischen Er-
Maßgeblich bestimmt wird die politi- klärung von 1992
sche Ausrichtung dieser Kreise von Mit- verlangt die DG
gliedern der „Deutschen Gildenschaft“ die „Wahrung na-
(DG), der sowohl der Chefredakteur der tionaler Identität“,
„Jungen Freiheit“ wie zwei von drei kämpft gegen ei-
Mitgliedern des IfS-“Gründerkollegi- nen „Mangel an
ums“ angehören. Die in den 1920er Jah- nationalem Emp-
ren gegründete DG vertrat den An- finden“ und for-
Anzeige für die Zeitschrift „Sezession“
spruch, „der Volks- und Staatsgemein- dert eine „tatkräftige Unterstützung des
in der „Jungen Freiheit“ vom 22.8.03
schaft volkspolitisch vorgebildete, zum deutschen Volkstums“ . Anklang finden
Einsatz in Staat, Politik, Wirtschaft und diese Positionen nicht nur am rechten
Kultur befähigte und bereite Hochschul- Rand, sondern auch bei den deutschen ten zu richten, daher sei die Annäherung
absolventen als künftige Führungskräfte Eliten. Der Historiker Arnulf Baring an Russland zu suchen – zum beidersei-
zur Verfügung zu stellen“, aus ihr gin- etwa, ein in Deutschland prominenter tigen Vorteil: „Europa kann nur zusam-
gen eine Reihe führender „Volkstums- konservativer Publizist, verkündete im men mit Rußland zu einem neuen
forscher“ und „Rasse“-Politiker der NS- Dezember 2002 auf einer Veranstaltung Selbstbewußtsein finden, zu einer Groß-
Zeit hervor. des IfS, angesichts der Feigheit amtie- macht werden, die den Mut hat, eine sol-
... und Kontinuitäten render Politiker vor den aktuellen He- che zu sein. (...) Für die Europäer (...)
rausforderungen und der Unausweich- eröffnet Rußland wieder Räume, von
Als die DG 1958 wiedergegründet wur- lichkeit drastischer Lösungen sei eine denen sie zeitweise abgeschnitten wa-
de, waren personelle und ideelle Konti- Revision des „negativen Nationalismus“ ren, und die mit Europa zusammen ei-
nuitäten unverkennbar: Nach dem Krieg unabdingbar: Opfer seien nur zumutbar, nem Großraum bilden (...) Zusammen
war es vor allem der schwerer Kriegs- das Land erst mobilisierbar, wenn man mit Europa kann die wichtigste Atom-
verbrechen beschuldigte Theodor Ober- positiv ans „Gemeinschaftsgefühl appel- macht nach den USA wieder ihrer Funk-
länder, der zum Bundesvertriebenenmi- lieren“ könne, sich das kollektive „Wir“ tion als Weltmacht gerecht werden, ge-
nister avancierte und mit Gildenbrüdern im Zweifel auch als „Notgemeinschaft“ rade zum Vorteil Europas bei Konflikten
die Neuorganisation der berüchigten bewähre. im eurasischen Raum“.

8 : antifaschistische nachrichten 18-2003


... und Krieg... Schmitts Ende der 1930er Jahre ent-
Das neurechte Blatt teilt daher zwar wickeltes Konzept des „Großraums“ Nur wer sich aufgibt,
die grundlegende Ausrichtung der und des Interventionsverbots für ist verloren !
Berliner Außenpolitik, sieht diese „raumfremde Mächte“ sei keineswegs
aber von zu vielen innenpolitischen überholt, erläutert Vad. Nach wie vor Zum Tod von Alfred Hausser,
und diplomatischen Rücksichten be- könnten Staaten, denen es ihr politi- 27. August 1912 – 12. August 2003
stimmt. Außenminister Fischer be- sches, militärisches und wirtschaftli- Am Dienstag, den 12. August 2003, verstarb kurz
kenne sich zwar zu der Einsicht, dass ches Potential ermögliche, eigene vor seinem 91. Geburtstag der Stuttgarter Wider-
in den Staatenbeziehungen alles von Einflusssphären aufbauen und sie standskämpfer und Ehrenpräsident der Vereini-
„Interessen“ abhänge, sei aber nicht durch „angemessene geopolitische gung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
konsequent genug. Dagegen setzt das und geostrategische Maßnahmen“ Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
IfS eine „härtere und kältere, aber schützen. Dass das deutsche Projekt Alfred Hausser. Alfred Hausser, seit seiner Jugend
auch ehrlichere Lehre von der Poli- eines „europäischen Großraums“ im- in den Organisationen der Arbeiterbewegung ak-
tik“ (die Auffassung, das „Gesetz der mer wieder gescheitert sei, spreche tiv, stellte sich schon Ende der Weimarer Zeit dem
Stärke“ herrsche über das Staatsle- nicht gegen seine Notwendigkeit, so aufkommenden Faschismus entgegen. Nach der
ben) und orientiert auf Krieg, eine der militärpolitische Berater: „Europa Machtübertragung setzte er seine politische Arbeit
„anthropologische Konstante“. Für bildet wie andere geopolitische Räu- als Kommunist in der Illegalität im Ruhrgebiet und in
diese Position findet die neurechte me eine Einheit auf Grund von Welt- Sachsen fort, bevor er am 20. Dezember 1934
„Kaderschmiede“ offensichtlich An- bild und Lebensbedingungen, Tradi- verhaftet wurde. Es folgten zehn Jahre Haft in ver-
hänger unter den deutschen Militärs. tionen, Überlieferungen, Gewohnhei- schiedenen Gefängnissen und Zuchthäusern. Da-
In der ersten Ausgabe seiner Zeit- ten und Religionen (...) und es muß bei musste er unter anderem für die Firma Bosch
schrift, die unter dem Motto „Krieg“ deshalb, um auf Dauer zu bestehen, Zwangsarbeit leisten. Das Kriegsende erlebte er in
steht, veröffentlichen gleich zwei einen adäquaten Machtanspruch erhe- Wolfenbüttel ganz direkt als Befreiung.
ehemals führende Offiziere der Bun- ben und weltanschaulich begründen.“ Von da an engagierte er sich von seiner Heimat-
deswehr. „Offensiv-Krieg“ stadt Stuttgart aus für die Belange der ehemaligen
Oberst a.D. Klaus Hammel, zuvor Verfolgten – in der Organisation der VVN auf Lan-
Chef des Stabes eines Wehrbereichs- Der Ex-Offizier verweist auf ein wei- des- und Bundesebene, im Kampf um die Entschädi-
kommandos, führt den israelischen teres zentrales Konzept des NS-Ideo- gung für deutsche NS-Verfolgte und später in der
Militärtheoretiker van Creveld als logen Schmitt, das ebenfalls heute „Interessensgemeinschaft der ehemaligen Zwangs-
Kronzeugen dafür an, dass Krieg ein noch Gültigkeit beanspruchen könne: arbeiter“. Für ihn war das Vermächtnis des 8. Mai
Kulturgut sei: „Er ist das perfekte Die „Bestimmung des Politischen 1945 „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“
Abenteuer, die höchste Form der durch die Unterscheidung von Freund Leitmotiv für sein weiteres Leben. So fand man ihn
Selbsterprobung und Selbstentde- und Feind“. Zu klären sei nur noch bei Aktionen gegen alte und neue Nazis ebenso
ckung und deshalb auch die höchste die Frage, wer die Macht und damit wie auf internationalen Konferenzen mit israeli-
Form der Freiheit.“ Die heutige Bun- das Recht habe, den „Feind“ zu be- schen Widerstandskämpfern. Er sprach bei Ge-
deswehr jedoch (eine „bürokratische stimmen – und zu vernichten: „Wer denkkundgebungen für die Opfer des Nazire-
Maschine ohne Zweck und ohne hat jetzt das Recht, den Feind zu defi- gimes und bei Massenaktionen der Friedensbewe-
Geist“) sei für dieses Abenteuer noch nieren und gegen ihn mit allen Mit- gung gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluss
nicht ausreichend gerüstet. Zudem sei teln – das heißt unter den gegebenen und deutsche Kriegspolitik.
es ihr verboten, eine „deutsche Ar- Umständen auch mit Massenvernich- Alfred Hausser erwarb sich durch seine Standfes-
mee“ zu sein; sie dürfe keine Traditi- tungswaffen – vorzugehen? Wer darf tigkeit und Überzeugungstreue hohes Ansehen
on haben, heißt es weiter. Daher sei Strafen gegen den definierten Feind auch bei politischen Gegnern. Die Stuttgarter
sie von einem wichtigen Vorbild ab- verhängen und sie – notfalls präven- Oberbürgermeister jeglicher politischen Orientie-
geschnitten - der deutschen Wehr- tiv – durchsetzen?“ rung ehrten ihn, Ministerpräsident Teufel (CDU)
macht: „Das deutsche Heer war eine Die neurechte „Kaderschmiede“ gratulierte mit anerkennenden Worten dem Jubilar
vorzügliche Kampforganisation. Im IfS findet für diese Positionen auch zum 90. Geburtstag und vor wenigen Monaten
Hinblick auf Moral, Elan, Truppenzu- Unterstützung aus Kreisen der als zu wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Band ver-
sammenhalt und Elastizität war ihr weich kritisierten offiziellen Berliner liehen. In den letzten Jahren trug Alfred Hausser mit
wahrscheinlich unter den Armeen des Außenpolitik. In der dem Krieg ge- persönlichem Engagement dazu bei, dass die
zwanzigsten Jahrhunderts keine eben- widmeten Erstausgabe ihrer Zeit- VVN-BdA die Umbrüche der Jahre 1989/90 über-
bürtig.“ schrift schreibt auch Gebhard Geiger, winden und neue Mitstreiter aus den nachgebore-
... für den „europäischen Groß- ein Mitarbeiter der Forschungsgruppe nen Generationen gewinnen konnte. Im Oktober
raum“ Sicherheitspolitik des bedeutendsten 2002 erlebte er die von ihm unterstützte Verschmel-
außenpolitischen ,think tanks‘ Ber- zung der antifaschistischen Verbände in den alten
Der zweite Autor der neurechten Zeit- lins, der Stiftung Wissenschaft und und neuen Bundesländern, deren gemeinsamer Eh-
schrift ist der Oberstleutnant Erich Politik (SWP) – über den „Offensiven renpräsident er wurde. Mit berechtigtem Stolz bi-
Vad, ehemaliger Generalstabsoffizier Informationskrieg“. Auf einer „Win- lanzierte er, „dass wir die einzige generationsüber-
im Verteidigungsministerium und nun terakademie“ des IfS gewannen die greifende und bundesweit wirkende Organisation
sicherheitspolitischer Berater der Teilnehmer entlang der Analysen und von Antifaschisten sind.“ Die Bewahrung seines po-
CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Vad Schlussfolgerungen von Geiger die litischen Vermächtnisses bleibt das Anliegen der
beklagt die „Handlungsunfähigkeit“ Überzeugung, dass – nach dem Vor- VVN-BdA.
der deutschen „nachbürgerlichen po- bild der USA – „die einzige Verteidi- Dr. Ulrich Schneider
litischen Klasse“ und präsentiert als gung in der Prävention liege“: „Neue (Bundessprecher der VVN-BdA)
Gegenmittel die politische Philoso- Militärdoktrinen der USA sprechen
phie Carl Schmitts, eines Ideologen die Notwendigkeit des Präventiv- Eine Würdigung seines Lebens findet sich in
des Nationalsozialismus, der die Be- kriegs in den Bereichen Proliferation, der Dokumentation „Nur wer sich selbst auf-
gründung für den deutschen An- Terrorismus und vor allem des com- gibt, ist verloren!“, Alfred Hausser zum 90.
spruch auf ausschließliche Verfü- putergestützten Informationskriegs Geburtstag, hrsg. VVN-BdA, 2002, 116 S.
gungsgewalt über den europäischen offen aus.“ (Großformat), ISBN 3-00-010201-9, 12 Euro
Kontinent („Großraum“) lieferte. www.german-foreign-policy.com ■

: antifaschistische nachrichten 18-2003 9


Nazikriegsverbrecher Veranstaltung mit Werner Schmitz,
„Stern“, Journalist Jack Koistra,
Friesische Dagblat, Leuwarden
Bikker vor Gericht! (angefragt) am Anti-Kriegstag
1. September, 19.00 Uhr in Hagen
Lutherkirche (nähe Hbf)
Am 8. September soll der Pro- derstandskämpfer, schließen sich dem
zess gegen den holländischen schweigenden Zug an, der sie in die VeranstalterInnen: Aktion Friedens-
SS-Mann Herbertus Bikker vor Hagener Dickenbruchstraße führt. Vor zeichen, VVN-BDA, Verdi, DGB Kreis
dem Landgericht in Hagen eröffnet dem Haus mit der Nummer 77 wird es Südmark, Antifaschismus-Referat
werden. Ihm wird die Ermordung des plötzlich laut: „Herbertus Bikker ist ein Bergische Universität Wuppertal,
holländischen Widerstandskämpfers Mörder“ hallt es dort durch die Nacht. Antifa Hagen, DJU u.a.
Jan Hotmann vorgeworfen. Scheinwerfer gehen an, ein holländi-
schen Fernsehteam taucht die Demons-
Zur Anklage kam es erst durch die jour- tranten in grelles Licht. Farbbeutel flie- men mit sechs anderen verurteilten
nalistische Arbeit der Stern-Redakteure gen in Richtung Bikker´s Haus. Nach Kriegsverbrechern, die alle zur holländi-
Werner Schmitz und Albert Eikenaar. Sie mehr als fünfzig Jahren kehrt die Ge- schen Waffen-SS oder zur Sicherheitspo-
stießen 1997 auf den Fall Bikker, weil schichte zurück vor die Haustür des lizei gehörten, gelang Bikker die Flucht
deutsche und holländische Antifaschis- „Henkers von Ommen.“ aus dem Gefängnis in Breda. Am glei-
tInnen bereits 1995 vor dem Haus von Herbertus Bikker musste aus keinem chen Tag meldeten sich die Verbrecher
Bikker in Hagen demonstrierten und von Versteck gezerrt werden. Sein Name bei einem Polizeirevier in einer kleinen
der Justiz wegen „nicht angemeldeter stand in jedem Telefonbuch, seine Ver- deutsch-holländischen Grenzstadt. Dort
Demonstration“ zu Geldstrafen verurteilt brechen sind in den Niederlanden einer wurden sie von einem Polizisten, selbst
wurden. Sie machten sich auf die Suche breiten Öffentlichkeit bekannt. Bikker ehemaliges Mitglied der Waffen-SS
nach Überlebenden der holländischen musste sich 1949 vor einem holländi- freundlich aufgenommen und durften so-
Widerstandsbewegung, sprachen mit schen Gericht wegen zweifachen Mordes gar in der Polizeiwache übernachten.
Zeitzeugen und Angehörigen und recher- und unzähligen Misshandlungen verant- Unter Zahlung von 10 DM Bußgeld we-
chierten die Geschichte von Herbertus worten. Er wurde damals zum Tode, gen illegalem Grenzübertritts konnten sie
Bikker. nach Begnadigung zu lebenslänglicher ungehindert ihre Flucht fortsetzen. Hilfe
Schließlich konfrontierte Werner Haft verurteilt. Bikker war Mitglied der fanden die Flüchtigen bei ehemaligen
Schmitz den „Schlächter von Ommen“ Waffen-SS und Wächter des Lagers Eri- SS-Angehörigen, die damals schon wie-
in einem Gespräch mit seiner Vergangen- ka in Ommen in den Niederlanden. Das der in einflussreichen Positionen saßen
heit. Als es um Jan Houtmann ging, Lager war von September 1944 bis April und durch die Organisation „die schwar-
rutschte dem 87 jährigen Waffen-SSler 1945 unter der Ordnungspolizei, zu de- ze Tulpe“, dem Interessenverband der
ein Satz heraus, der die Staatsanwalt- ren Mitgliedern auch Bikker zählte, ein vertriebenen Holland-Deutschen.
schaft Dortmund auf den Plan rief: Straflager. Hier wurden laut Augenzeu- Herbertus Bikker betrat am letzten Tag
„Und dann hab ik ihm de Gnadenschuss genberichten ungefähr 450 Menschen des Jahres 1952 das Sozialamt in Hagen.
gegeben“. eingesperrt. Z.T. hatten die Menschen Er wollte dreisterweise Sozialfürsorge
Oberstaatsanwalt Maaß nahm die Er- sich dem Arbeitseinsatz in Deutschland beantragen, was ihm eine kurzzeitige
mittlungen wieder auf, hörte Zeugen und wiedersetzt, z.T. waren es Menschen, die Verhaftung einbrachte. Aber er war bald
ermittelte sechs lange Jahre, bis er end- im Verdacht standen illegal zu arbeiten, wieder frei. Auf höchster Ebene wurde
lich Anklage gegen Bikker erhob. Die jüdische Menschen zu verstecken u.a.m. verfügt, dass die Gruppe von holländi-
Frau von Jan Houtmann, Aaltje Hout- Im Lager gab es eine sogenannte Schlä- schen Angehörigen der Waffen-SS nicht
mann konnte den Prozess gegen den gertruppe, die aus ca. 15, besonders aus- an Holland ausgeliefert werden dürfe. In
Mörder ihres Mannes nicht mehr erle- gesuchten Wächtern des Lagers bestand. den Aachener Nachrichten hieß es da-
ben, sie starb vor drei Jahren. Wenn die Hierzu gehörte Bikker. Tag und Nacht mals: „Die sieben Niederländer fühlen
deutsche Justiz weiter in diesem langsa- war die Truppe in der Umgebung von sich nicht schuldig. (..) Sie sind allein aus
men Tempo gegen noch lebende Kriegs- Ommen unterwegs, machte Razzien in politischen Gründen verurteilt. Sie haben
verbrecher ermittelt, wird der Hagener den Wohnhäusern, nahm die Verdächti- während des Krieges ihre niederländische
Prozess der letzte NS-Kriegsverbrecher- gen mit, bedrohte deren Verwandte mit Nationalität verloren und die deutsche
Prozess in Deutschland sein. dem Tod, plünderte die Wohnhäuser und Staatsangehörigkeit erworben, da sie Mit-
Vorgeschichte: misshandelte und tötete die Gefangenen. glied der Waffen-SS waren“. Deutsche
Der „Henker von Ommen“, so nann- Bürger dürfen nicht ausgeliefert werden,
Vor knapp 10 Jahren spürte der holländi- ten ihn die Häftlinge des Lagers, tat sich hieß es ein Jahr später in einem höchst-
sche Simon Wiesenthal, der Gerichtsre- bei der Jagd nach „Onderduikers“, in den richterlichen Urteil. Um zumindest einen
porter Jack Koistra, Herbertus Bikker in Untergrund abgetauchten Menschen mit Schein von Rechtsstaatlichkeit aufrecht-
der Dickenbruchstraße in Hagen auf. Die besonderer Brutalität hervor. Zwei Mor- zuerhalten, „strengte“ die zuständige
Fernsehanstalten in den Niederlanden de konnten ihm direkt angelastet werden: Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfah-
berichteten ausführlich, das Justizminis- „Auf der Flucht“ erschoss er den Wider- ren wegen des „Verdachts von Kriegsver-
terium in Den Haag verlangte die soforti- standskämpfer Houtmann und tötete den brechen“ an, dass jedoch nur wenige
ge Auslieferung Bikkers. Ohne Erfolg. untergetauchten Meijer. Monate später wegen „Mangels an Be-
4. November 1995. Ein klappriger Was den verurteilten Mörder bis heute weisen“ eingestellt wurde.
Reisebus mit holländischen Kennzeichen vor der Strafe bewahrt hat, ist seine deut- Das könnte sich im Jahre 2003 ändern.
stoppt an einer Bundesstraße in der west- sche Staatsangehörigkeit, die er automa- Es gibt Tatzeugen, die den Mord an Jan
fälischen Stadt Hagen. Ihm entsteigen tisch aufgrund des Führer-Erlasses vom Houtmann gesehen haben, es existiert
junge AntifaschistInnen aus Nijmwegen, Mai 1943 als Mitglied der Waffen-SS be- das Geständnis von Bikker, jetzt kann
Rotterdam und Amsterdam. Um die kam und dass er gute und einflussreiche den agilen Kleingärtner von Hagen-Has-
Ecke wartet bereits eine andere Gruppe. Freunde besaß. Die Geschichte des Hen- pe nur noch die Haftunfähigkeit vor dem
Vor allem jüngere AntifaschistInnen, kers von Ommen findet ihre Fortsetzung Prozess retten.
aber auch einige wenige ehemalige Wi- am zweiten Weihnachtstag 1952. Zusam- Ulrich Sander ■

10 : antifaschistische nachrichten 18-2003


: ausländer- und asylpolitik

Ausländerförderprogramm ausweisen können und so nicht Gefahr


der IG Metall laufen, gleich abgeschoben zu werden. In
Ausländische Arbeitnehmerinnen und Friesland wird geplant, ein eigenes Auf-
Arbeitnehmer sollen in der IG Metall nahmezentrum für abgewiesene Asylbe-
mehr Gewicht bekommen. Das ist Ziel werber einzurichten, unter Aufsicht der
des Ausländerförderprogramms, das der Region und damit unabhängig von der
IG Metall-Vorstand am 9. April 2003 ver- Asylbürokratie in Den Haag. Zwar hat
abschiedet hat und das im Juli als Bro- die Regierung verfügt, dass die kommu-
schüre erschienen ist. Ausländische Mit- nale Unterbringung abgelehnter Asylbe-
glieder sollen bei Wahlen – etwa zur werber beendet werden muss. Aber der
Ortsverwaltung, zur Delegierten-Ver- Termin ist längst abgelaufen und viele
sammlung, zum Ortsvorstand oder in Gemeinden sperren sich weiter.
Kommissionen – entsprechend ihrem Quelle: FR 3.8.2003 - u.b. ■
Mitgliederanteil vertreten sein. Auch bei
den Betriebs-und Aufsichtsratswahlen Internationales Festival am
sollen Ausländer/innen auf den Kandida-
tenlisten besonders berücksichtigt wer- 13. September 2003
den. Ausländer sollen häufiger als bisher Gelsenkirchen. Auch in diesem Jahr
zur Kandidatur ermuntert – und wo es feiern die Kurdischen Vereine aus ganz
nötig ist – qualifiziert werden. Die Bro- Europa ihr Friedensfestival, zu dem wohl
schüre „Ausländerförderprogramm“ vom wieder weit über 100000 Menschen kom-
Juli 2003 kann als pdf-Datei bei der IG men werden. Auch der Kulturverein Soli-
Metall unter der Webadresse: darität wird eine Busfahrt dorthin organi-
www.igmetall.de/auslaendischearbeit- sieren. Wir dokumentieren den Aufruf.
nehmer/foerderprogramm.pdf herunter- Für einen Demokratische
geladen werden. Mittleren Osten, Freies Kurdistan
Rolf Düber, Sekretär für Wirtschafts- 11. Internationales Festival in
und Strukturpolitik,rolf.dueber@dgb.de, Gelsenkirchen
DGB Thüringen Als Kurden in Europa wollen wir mit un- nung der kurdischen Identität ist der
www.dgb-thueringen.de ■ serem internationalen Festival ein Zei- Grundstein für Demokratie und Frieden
chen für den Frieden setzen zwischen den Wir fordern ein Ende der Ungerechtig-
Niederländische Gemein- Völkern der Welt mit ihren verschiede- keit: Wir sehnen uns nach Frieden,
nen Kulturen, Sprachen und Traditionen Gleichberechtigung und der Anerken-
den machen Front gegen und ein Zeichen für gegenseitigen Res- nung unserer Identität.
Den Haags Asylpolitik pekt und Toleranz. Nach so vielen Jahren Wir fordern Demokratie und Freiheit
Niederlande. Unter der Regierung Jan des Krieges und den jüngsten Entwick- für den Mittleren Osten, damit die Men-
Peter Balkenende sind die Niederlande lungen im Mittleren Osten brauchen wir schen der Region in Frieden leben kön-
von einem der liberalsten zu einem der Kurden Demokratie und Freiheit, um un- nen.
restriktivsten Länder in Sachen Asylpoli- sere Dörfer wieder aufbauen zu können, Wir hoffen, dass unser Kulturfestival
tik geworden, berichtet die FR vom 3. unser Land wieder produktiv zu machen auch in Europa etwas verändert. Da die
August 2003. Allein zwischen Mai und und unsere Wälder wieder aufzuforsten. Türkei ein Beitrittskandidat für die EU
August fiel die Zahl der Asylanfragen um Noch schwieriger wird es aber sein, die ist, sollte Europa auch, glauben wir, die
40 Prozent im Vergleich zum Vorjahres- Wunden zu heilen, die in den Herzen der Demokratisierung in der Türkei gewähr-
zeitraum, die Zahl der Ablehnungen Kurden der Türken zurückgeblieben leisten. Im Rahmen der Demokratie soll-
nahm um 50 Prozent zu. Immer mehr sind. Versöhnung zwischen kurdischem ten wir Kurden auch die selben Rechte in
Flüchtlinge werden abgeschoben. Als und türkischem Volk kann es nur geben, Europa haben können. Wir wollen helfen,
Grundregel gilt: Asylanträge werden in- wenn es Demokratie gibt und einen Frie- zur Anerkennung unserer Rechte als Na-
nerhalb von 48 Stunden in den Aufnah- den, der zu vorbehaltsloser gegenseitiger tion in Europa beizutragen, da die Türkei
mezentren beschieden – 40 bis 60 Pro- Anerkennung führt. der Europäischen Union beitreten soll.
zent negativ. Demokratie können wir nur gemein- Für einen dauerhaften Frieden und De-
Neu ist auch die Kriminalisierung ille- sam erreichen. mokratie müssen die Identität und die po-
galer Einwanderer. Wer bislang ohne litischen Rechte der Kurden anerkannt
Aufenthaltsgenehmigung in den Nieder- Wir möchten eine Brücke bauen aus kur- werden.
landen war, konnte bestimmte staatliche discher Kunst und Kultur, Sprache, Lite- Wir fordern deshalb von Europa, die
Leistungen in Anspruch nehmen. Doch ratur und Geschichte um uns der kulturel- Kurden als Volk anzuerkennen und die
inzwischen ist Aufenthalt ohne Papiere len Reichtum der anderen Völker der Türkei aufzufordern volle Demokratie
ein Straftatbestand und selbst Sozialar- Welt anzuschließen. Wie würden gerne umzusetzen. Europa muss einen politi-
beiter dürfen sich nicht mehr um Illegale unsere Sehnsucht nach Frieden und Frei- schen und demokratischen Beitrag zu Lö-
kümmern. heit stillen können, während gleichzeitig sung der kurdischen Frage leisten, und
Diese harte Gangart hat Protest bei unsere Geschichte beispielhaft dasteht für wir müssen unsere Standpunkte auf dem
Menschenrechtsorganisationen und Bür- den Schmerz und die Verleugnung, die Wege des Dialogs vermitteln.
gerrechtlern ausgelöst und dazu geführt, Erniedrigung und die Verachtung der Dies ist unser Ziel und daher laden wir
dass still und leise die offizielle Asylpoli- Identität, die kein anderes Volk jemals er- Sie herzlich ein, an unserem Kulturfesti-
tik unterlaufen wird. Die Gemeinde Den leiden sollte. Voraussetzung für einen sta- val teilzunehmen und sich unserer Arbeit
Bosch z.B. hat ihren abgelehnten Asylbe- bilen und gerechten Frieden ist das Ent- anzuschließen.
werbern einen eigenen Pass ausgestellt, stehen und die Bewahrung von Respekt Veranstalter: YEK-KOM, Föderation
mit dem sie sich der Polizei gegenüber zwischen beiden Seiten. Die Anerken- kurdischer Vereine in Deutschland ■

: antifaschistische nachrichten 18-2003 11


Vor drei Jahren fand in Jena Und wieder ein Residenzpflicht-Prozess!
der Flüchtlingskongress „Ge-
gen Abschiebung und soziale
Ausgrenzung“ statt, organisiert von
Straftaten, die Deutsche
The Voice Refugee Forum, einer
Selbstorganisation von Flüchtlingen
nie begehen können...
in Deutschland (21.4-1.5. 2000). Vor Kundgebung und Demonstration zum nunmehr 3. Prozesstermin gegen
fast drei Jahren stand Cornelius Yufa- Cornelius Yufanyi, Donnerstag, 4. September 03, 10.00 Uhr, Amtsgericht Worbis.
nyi zum ersten Mal vor dem Amtge-
richt in Worbis (12.10.2000): ange- kämpft er, wie auch andere Flüchtlinge, Prozess läuft Cornelius Gefahr, zu Ge-
klagt wegen des Verlassens seines für die Abschaffung dieses deutschen fängnis oder „Zwangsarbeit“ verurteilt
Landkreises, um an jenem Kongress Gesetzes, dass allzu sehr einem Apart- zu werden, wogegen er aber schon Ein-
in Jena teilzunehmen, dessen Mitor- heidgesetz gleicht. spruch angekündigt hat. Für andere
ganisator er war. Vor nun drei Jah- Drei Mal wurde die Verhandlung sei- Flüchtlinge kann eine Verurteilung we-
ren riefen die Mitglieder von The Voi- nes Falles nun verschoben, mangels Be- gen Verstoßes gegen die Residenzpflicht
ce und andere engagierte Flüchtlinge weisen durch Zeugenaussagen. zur Abschiebung führen. Cornelius: „Ich
öffentlich ihren zivilen Ungehorsam Am 4. September dieses Jahres nun werde niemals Rassismus und Apartheid
gegenüber der Residenzpflicht aus wird der Prozess gegen Cornelius erneut akzeptieren, nirgendwo in der Welt und
(1.5.2000). Seitdem hat Cornelius Yu- in Worbis aufgerollt. Der Aktivist und auch nicht in Deutschland. Bewegungs-
fanyi geschworen, niemals eine auch seine Anwälte verfolgen immer noch die freiheit ist mein grundlegendstes Recht
noch so geringe Strafe für die Verlet- selbe Strategie: Sie wollen den Richter und ich werde gegen alle Widerstände
zung dieses Gesetzes zu bezahlen, dazu bringen, den Fall dem Deutschen ankämpfen, um dieses Recht voll wahr-
schließlich betrachtet er die Bewe- Verfassungsgericht zu übertragen um nehmen zu können.“
gungsfreiheit als ein grundlegendes mit einem Grundsatzurteil zu beweisen, Für mehr Infos zu Cornelius Fall und
Recht. dass das Residenzpflichtgesetz sowohl das Residenzpflichtgesetz:
der deutschen Verfassung entgegensteht http://www.umbruch-bildarchiv.de/
Ihm wurde eine Strafe von 600 DM (300 sowie die Genfer Flüchtlingskonvention video/portrait/corneliusyufanyi.html
€) auferlegt, die er verweigerte. Zwei und die Europäische Menschenrechts- http://www.humanrights.de/doc_de
Mal gab es schon gerichtliche Anhörun- Charta verletzt. /archiv/caravan/residenzpflicht/wor
gen zu Cornelius Fall und zwei Mal gab Wir hoffen, dass dies die letzte Anhö- bis.html oder suche auf www.goo-
es Angebote von Seiten des Richters, rung vor dem Amtsgericht in Worbis gle.de nach Cornelius Yufanyi.
das Verfahren aufgrund geringfügiger sein wird. Wir beabsichtigen, in Massen Wir sind auch erreichbar unter:
Schuld einzustellen. Der Flüchtling, der vor dem Gericht zu erscheinen, um das The VOICE Göttingen, Lange Geismar Straße
jetzt an der Göttinger Universität stu- Gericht unter Druck zu setzen, Corneli- 73, 37073 Göttingen, Tel. 0551- 58892, Fax:
diert, hat diese Angebote aber ausge- us endlich freizusprechen und damit 0551-58898, the_voice_goettingen@gmx.de
schlagen. Er will für seinen Fall einen eine Entscheidung gegen die Residenz- Bitte senden Sie Faxe, rufen Sie an oder
Freispruch erreichen und generell pflicht zu treffen. Bei dem anstehenden schreiben Sie einen Brief an das Amts-
gericht Worbis, in dem Sie Ihre Unter-
Anzeige stützung für Herrn Cornelius Yufanyi
Neue CD erschienen: in seiner Entscheidung, keine Geldstra-
fe in Verbindung mit der Residenz-
Rotes Haus pflicht zu bezahlen, bekunden. Bitte
machen Sie auch Ihre Unterstützung
„73,29 für die Kampagne des zivilen Unge-
horsams gegen dieses Flüchtlings-Son-
minutes to dergesetz deutlich. Fordern Sie bitte
auch die Abschaffung dieses Apart-
heidgesetzes, das die Bewegungsfrei-
save the heit von Flüchtlingen auf bestimmte
Areale beschränkt. Eine Kopie Ihres
world“ Protestfaxes/-briefes senden Sie bitte
an The VOICE Africa Forum, Göttin-
Verlag „pläne“ GmbH gen
PF 104151, 44041 Dortmund, Gerichtsadresse: Amtsgericht Worbis,
www.plaene-records.de, Ohmbergstraße 48, 37339 Worbis .
email: info@plaene-records.de Tel: 036074-76 20 oder 762 64,
Tel. 0231-913 02 50 Telefax: 036074-762 10
Aktenzeichen : 403 Js 51861/00 (1 Cs)
Rotes Haus wurde Ende 2000 in Hamburg gegründet, Anfang 2001 erschien
die erste CD „Allemal“ (inzwischen vergriffen, wird bei „pläne“ wieder auf- Desweiteren wird noch ein Mitglied
gelegt). Es folgten diverse Auftritte und Tourneen und Beiträge auf diversen der Flüchtlingsorganisation The Voice
Samplern (z.B. Mumia Abu-Jamal Sampler). am 24.8.2003 vor Gericht stehen. Auch
Die diesjährige Tour zur neuen CD „73,29 minutes to save the world“ beginnt Sunny Omwenyeke ist angeklagt, sei-
im Oktober. Tour-Daten unter www.roteshaus-musik.de. nen Landkreis ohne Erlaubnis verlas-
sen zu haben. Er hat angekündigt, das
Rotes Haus ist eine Band, die in keine Schubladen wie Folk, Rap, Punk oder Residenzpflichtgesetz herauszufor-
Weltmusik passt, eine Band, bei der man zuhören muss. Oder wie Knarf dern, bis es abgeschafft ist. Seine Ver-
Rellöm es beschreibt: „Musik abseits von Kategorien. Ein junge Band aus handlung beginnt um 14 Uhr im Amts-
Hamburg, die die Trennung von Musik und Politik nicht akzeptiert.“ gericht Bremen, Ostertor Str. 25-31,
Raum 551. ■

12 : antifaschistische nachrichten 18-2003


1. Einführung Dokumentiert: Auszüge aus der Kurzexpertise:
Im Rahmen der Agenda 2010
sind zahlreiche Reformvorhaben
Der mögliche Einfluss der Agenda 2010 auf die Be-
in den Sozialleistungssystem geplant, die völkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland
vielfältige Konsequenzen für Empfänger
und Sozialversicherungen sowie für die Sabine Kriechhammer-Yaómur/Dr. Rudolf Martens
staatliche Seite haben. Im folgenden geht Der Paritätische Wohlfahrtsverband - Gesamtverband
es um Menschen mit Migrationshinter- Frankfurt am Main, 23. Juli 2003
grund. Insbesondere wird beleuchtet,
welche besonderen Befürchtungen sie 3.2 Künftiges Arbeitslosengeld II und Arbeitnehmer beschäftigt wird. Für die
angesichts der Agenda 2010 haben. In Aufenthaltserlaubnis erstmalige Beschäftigung kann die Ertei-
der bisherigen politischen Diskussion hat Bei der geplanten Zusammenführung von lung der Arbeitserlaubnis für einzelne
dies bislang noch keine Rolle gespielt. Arbeitlosenhilfe und Sozialhilfe ist zu Personengruppe von einer Wartefrist ab-
Die vorliegende Kurzexpertise möchte klären, ob die neue Sozialleistung Ar- hängig gemacht werden. Die Arbeitser-
dazu einen ersten Beitrag leisten. beitslosengeld II von der Bundesanstalt laubnis kann befristet auf bestimmte Be-
2. Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe für Arbeit ausgezahlt werden soll. Ist dies triebe, Berufsgruppen, Wirtschaftszweige
bei Ausländern der Fall und beruht dieses Arbeitslosen- oder Bezirke beschränkt werden. Eine Ar-
geld II auf einer Beitragsleistung, wäre beitsberechtigung wird erteilt, wenn der
a) Sozialhilfe nach § 7 AuslG der Bezug unschädlich für Ausländer
Am Jahresende 2002 erhielten 2.805 Mil- die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ● eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufent-
lionen Personen in 1.472 Millionen Haus- bzw. unbefristeten Aufenthaltserlaubnis haltsbefugnis besitzt und a) fünf Jahre
halten Sozialhilfe im engeren Sinne (= oder Aufenthaltsberechtigung. rechtmäßig eine versicherungspflichtige
laufende Hilfe zum Lebensunterhalt au- Handelt es sich beim Arbeitslosengeld Tätigkeit ausgeübt hat oder b) sich seit
ßerhalb von Einrichtungen, HLU). Unter II aber um eine Leistung, die nicht auf ei- sechs Jahren im Bundesgebiet ununter-
den 2.805 Millionen waren 625 Tausend ner Beitragsleistung beruht, hat dies ge- brochen aufhält und nicht zu ungünstige-
Ausländer, die damit 22,3 % der Sozial- mäß § 24 Ausländergesetz möglicherwei- ren Arbeitsbedingungen als vergleichbare
hilfebezieher stellten. Ausländer haben se Aufenthaltsrechtliche Konsequenzen. deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird.
mit 8,6 % eine deutlich höhere Sozialhil- Denn die unbefristete Aufenthaltserlaub- Die Arbeitsberechtigung wird unbefristet
fequote (Anteil von Sozialhilfebeziehern nis wird nur dann erteilt, wenn der Le- und ohne betriebliche, berufliche oder re-
am jeweiligen Bevölkerungsteil) gegen- bensunterhalt des Ausländers aus eigenem gionale Beschränkung erteilt, soweit
über 2,9 % bei der deutschen Bevölke- Vermögen oder sonstigen eigenen Mitteln durch Rechtsverordnung nichts anderes
rung (Deutschland insgesamt 3,4 %). oder durch einen Anspruch auf Arbeitlo- bestimmt ist. Damit sind zumindestens
Zum Teil resultiert diese vergleichsweise sengeld oder noch für 6 Monate durch ei- diejenigen Menschen mit Migrationshin-
hohe Zahl von Sozialhilfebeziehenden nen Anspruch auf Arbeitlosenhilfe gesi- tergrund benachteiligt, die nicht über eine
unter den Migranten aus Arbeitsverboten chert ist. Für die Erteilung einer Aufent- Arbeitsberechtigung verfügen (d. h. seit 5
bzw. Wartefristen, die das Ausländer- und haltsberechtigung nach § 27 Ausländerge- Jahren rechtmäßig eine versicherungs-
Asylrecht vorsehen. setz ist es erforderlich, dass der Lebens- pflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet
unterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit, ei- ausgeübt haben oder sich seit 6 Jahren im
b) Arbeitslosigkeit genem Vermögen oder sonstigen eigenen Bundesgebiet ununterbrochen aufgehal-
Die Arbeitslosenquote von Ausländern Mittel gesichert ist. Für Ausländerinnen ten haben) oder generell arbeitserlaubnis-
liegt deutlich über der der Bevölkerung und Ausländer, die sich in einer Ausbil- frei sind.
insgesamt. Für den Jahresdurchschnitt dung befinden, die zu einem anerkannten
2002 gelten folgende Zahlen: 4,060 Mil- schulischen oder beruflichen Bildungsab- 6. Einbürgerung
lionen Personen waren arbeitslos gemel- schluss führt, steht der Erteilung der Auf- Für die Einbürgerung ist unabdingbare
det, entsprechend einer Arbeitslosenquote enthaltsberechtigung nicht die Inan- Voraussetzung, dass der Lebensunterhalt
von 10,8 %, unter den Arbeitslosen befan- spruchnahme von Stipendien und Ausbil- für den Antragstellenden und seine unter-
den sich 505 Tausend Ausländer mit einer dungsbeihilfen sowie von solchen öffent- haltsberechtigten Familienangehörigen
Arbeitslosenquote von 19,1 %, d. h. die lichen Mitteln entgegen, die auf einer Bei- ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe
Arbeitslosenquote war fast doppelt so tragsleistung beruhen. oder Arbeitlosenhilfe bestritten werden
hoch wie der Durchschnitt. ... kann.
3.3 Arbeitsgenehmigung für Migranten
3. Arbeitsmarktreformen aus Drittstaaten 7. Anmerkungen
3.1 Arbeitslosengeld Migranten aus Drittstaaten benötigen in Die oben geschilderten Tendenzen tref-
Migrantinnen und Migranten werden der Regel eine Arbeitsgenehmigung. Die- fen in gleicher Weise auch auf die Grup-
auch von der Verkürzung der Bezugsdau- se wird in Form der Arbeitserlaubnis oder pe der Spätaussiedler zu. Zwar besitzt
er von Arbeitlosengeld für ältere Arbeitlo- der Arbeitsberechtigung erteilt. Die Ar- diese Gruppe einen deutschen Pass, viele
se betroffen sein. ... Geändert werden soll beitserlaubnis kann erteilt werden, wenn Familienangehörige sind jedoch auslän-
die Dauer des Anspruchs auf Arbeitlosen- ● sich durch die Beschäftigung von Aus- dische StaatsbürgerInnen. Die Struktur
geld, das grundsätzlich auf 12 Monate be- ländern negative Auswirkungen auf den der Probleme ähnelt damit denen der
grenzt ist. Arbeitnehmerinnen und Arbeit- Arbeitsmarkt nicht ergeben, insbesondere ausländischen Bevölkerung. Im Falle der
nehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet in Bezug auf die Beschäftigungsstruktur, Arbeitsmarktpolitik können die projek-
haben, können Arbeitlosengeld bis zu ei- der Regionen und der Wirtschaftszweige; tierten Reformen allerdings nur greifen,
ner Dauer von höchstens 18 Monaten be- ● für die Beschäftigung deutsche Arbeit- wenn die Chance auf einem Arbeitsplatz
anspruchen. Da ausländische Arbeitneh- nehmer sowie Ausländer, die diesen be- noch besteht. In Regionen, in denen die
mer über 50 überproportional von Ar- züglich der Arbeitsaufnahme rechtlich Arbeitslosenquote deutlich über 10 %
beitslosigkeit betroffen sind, werden Mig- gleichgestellt sind (Asylberechtigte, EU- steigt, sind wohl kaum größere Erfolge
ranten von der Verkürzung der Bezugs- Bürger, Ehegatten von EU-Bürgern) nicht zu erwarten. Dies gilt insbesondere für
dauer von Arbeitlosengeld für ältere Ar- zur Verfügung stehen und Personenkreise mit Vermittlungshemm-
beitlose ebenfalls überproportional be- ● der Ausländer nicht zu ungünstigeren nissen, zu denen viele MigrantInnen zu
troffen sein. Bedingungen als vergleichbare deutsche rechnen sind. ■

: antifaschistische nachrichten 18-2003 13


: ankündigungen

Zweiter friedens-
Bundeskanzler Gerhard
politischer Kongress Schröder, der den Krieg
in Hannover: 29. bis als angeblichen Friedens-
30. August 2003 dienst mit deutschen
Kriegseinsätzen auf dem
Krieg oder Frieden? Balkan wie in Afghanis-
Auf- oder Abrüstung? tan rehabilitiert hat, be-
Als die US-Regierung treibt trotz seiner Absage
Anfang dieses Jahres zum an den Irak-Krieg weiter
Feldzug gegen den Irak rief, die „Enttabuisierung“ mi-
protestierten Millionen von litärischer Gewalt.
europäischen Bürgerinnen Müssen wir hinneh-
und Bürgern auf den Straßen. men, dass sich mit einem 9.15 bis 9.30 Uhr. Literari- AG 3: Friedensdienste im in-
Auf der Ebene der Regierun- deutsch-französischen „Kern- scher Auftakt mit Rolf Be- ternationalen Einsatz - Kristi-
gen aber zeigte sich Europa europa“ womöglich eine neue cker ne Schweitzer
gespalten: Großbritannien, Militärmacht formiert? Und 9.30 bis 10.00 Uhr. Impulsre- AG 4: Wie bündnisfähig ist
Spanien, Italien, Dänemark, was bedeutet das für das ferat: Atommacht Europa - die Friedensbewegung? -
die Niederlande und Polen künftige Verhältnis der EU Regina Hagen Uwe Reinecke
reihten sich in die „Koalition zur Weltsupermacht USA, 10.00 bis 12.00 Uhr. Arbeits- AG 5: Militarisierung der
der Willigen“ ein, insbeson- das bereits heute immer stär- gruppen: Hilfe - Katja Maurer
dere Frankreich, Deutsch- ker von Konkurrenz geprägt AG 1: Deutschland, Füh- AG 6: (Irak-)Krieg als Me-
land, Belgien, Luxemburg, wird? rungsmacht in Europa? - dienereignis - Hintergründe
Österreich und Griechenland Beim II. Friedenspoliti- Prof. Dr. Arno Klönne und Strukturen - Prof. Dr.
machten frühzeitig deutlich, schen Kongress in Hannover AG 2: Umrüstung der Bun- Martin Löffelholz
dass sie sich nicht an diesem wollen wir auch beraten, wie deswehr und die europäische AG 7: Ausgleich zwischen
Krieg beteiligen wollten. und wo die Friedensbewe- Einsatztruppen - Lühr Hen- Nord und Süd als Grundlage
Was sind die Hintergründe gung eingreifen kann. ken eines dauerhaften Friedens -
dieser politischen Spaltung? Schließlich hat sie in den ver- AG 3: Machtpolitische Kon- Sahral Sarka
Welche unterschiedlichen In- gangenen Jahrzehnten alter- kurrenz zwischen Europa und AG 8: Militärs für Abrüstung
teressen werden hier wirk- native Konzepte und zahlrei- den USA - Heiner Möller und soziale Veränderung? -
sam? Wie weit bestimmt die che gewaltfreie Aktionsfor- (angefragt) Helmuth Prieß
Kriegslogik auch die europäi- men erarbeitet und ange- AG 4: Festung Europa - 18.00 bis 19.30 Uhr.
sche Politik? Und wie sehen wandt. Über den Protest, die Schutz nicht einkalkuliert. -
friedenspolitische Alternati- Verweigerung und den Wi- Helmut Dietrich Abschlussdiskussion
ven aus? Kann ein gerechte- derstand hinaus gibt es Wege AG 5: Die Zeche bezahlen Möglichkeiten und Gren-
res Nord-Süd-Verhältnis zu der zivilen Konfliktregelung wir - Krieg und Sozialabbau - zen der Konfliktlösung
dauerhaftem Frieden führen? und des friedlichen Interes- Prof. Dr. Heinz Bontrup Kristine Schweitzer und
Diese Fragen wollen wir senausgleichs, die wir dar- AG 6: Ist die Friedensbewe- Katja Mauerer
auf dem II. Friedenspoliti- stellen und kritisch diskutie- gung antiamerikanisch? - An- 19.30 bis 20.00 Uhr. Pause
schen Kongress in Hannover ren wollen. Unsere Aufmerk- drea Woeldike
beraten. Dabei wollen wir samkeit richtet sich auch auf AG 7: Europa im Krieg - Das 20.00 Uhr. Kulturveranstal-
auch die beunruhigende Auf- die ökonomischen und politi- Beispiel Jugoslawien. - Rolf tung
rüstung der EU zur (atoma- schen Ursachen von Kriegen Becker
ren) Militärmacht analysie- und den Ausweg aus Militari- AUSSTELLUNGEN:
ren: Mit sehr starker deut- sierung und Krieg. Wir wis- 12.30 bis 14.00 Uhr. Ab- ● Truck „Clandestino Ille-
scher Beteiligung werden sen: Eine andere Welt ist schlussdiskussion gal“
mobile Einsatztruppen für möglich - eine Welt ohne Sozialabbau und Rüstung ● Weltraum ohne Waffen
globale Interventionen aufge- Hunger, Ausbeutung, Unter- Horst Schmitthenner, Prof. ● Kriege im 20. Jahrhundert
stellt. Auch die EU strebt da- drückung und Krieg. Machen Dr. Heinz Bontrup u.a.
nach, sich militärische Optio- Sie mit! Alle Interessierten Kongressbeitrag 10 Euro; er-
nen zu eröffnen, um ihre sind herzlich eingeladen. 14.00 bis 15.00 Uhr. Pause mäßigt 5 Euro
wirtschaftlichen und politi-
schen Interessen im Zweifel Programm Alternativen zum Krieg – Anmeldung:
mit Gewalt durchzusetzen. ziviler Ungehorsam Friedenspolitischer Kon-
Nicht die Freiheit wird ver- Freitag, 29. August 2003 15.00 bis 15.30 Uhr. Impuls- gress c/o VHS Hannover
teidigt, sondern ein Krieg ge- Eröffnung durch den DGB - referat: Wie pazifistisch ist Theodor-Lessing-Platz 1
gen den Süden um Ressour- Fred Schulz die Friedensbewegung? - 30159 Hannover
cen und Märkte geführt. Ver- 19.30 Uhr. Podiumsdiskus- Prof. Dr. Andreas Buro oder als FAX an 0511-168
teidigung, behauptet der sion: OLD EUROPE 15.30 bis 18.00 Uhr. Arbeits- 415 27,
deutsche Militärminister Pe- AGAINST NEW AMERICA? gruppen: oder per E-Mail an
ter Struck, finde heute „am Ellen Diederich, Dr. Detlef AG 1: Ziviler Ungehorsam gerd.kurbjuhn@hannover-
Hindukusch“ statt. Das Völ- Hensche, John LaForge und und Verweigerungsmöglich- stadt.de
kerrecht wird dabei nur von Prof. Dr. Mohssen Massarrat keiten - John LaForge und
Fall zu Fall respektiert, wie Jochen Stay Mehr Infos unter:
der ohne UN-Mandat geführ- Samstag, 30. August 2003 AG 2: Neue Wege der Kon- www.friedenskongress-
te „Kosovo-Krieg“ gegen EUROPA MACHT ERNST fliktlösung nach Marshel Ro- hannover.de
Serbien 1999 gelehrt hat. 9.00 Uhr. Begrüßung senberg - Peter Spaas

14 : antifaschistische nachrichten 18-2003


Wir können auch anders! Die verzerrte Interpretation des Nah-
ostkonflikts in den deutschen Debatten
hat Wortführer, ob Deutsche oder Isla-
Antirassistischer / Antifaschistischer Ratschlag, misten, die ihren Antisemitismus hinter
7./8. November 2003 in Meiningen der vermeintlichen Kritik an Sharon,
dem Zionismus oder Israel verstecken.
Der jährliche antirassistische / antifa- von Arbeitslosengeld und -hilfe, neue Ausländer raus durch Agenda 2010?
schistische Ratschlag Thüringen 2003 Zumutungen bei der Vermittlung, Zwang
findet diesmal in Meiningen statt: im zu Billigjobs. Als ob die trüben Aussichten für das Zu-
Stadtteil Jerusalem, wo die weniger Die zwei Gesichter der Geschichte wanderungsgesetz nicht reichten, wird
wohlhabenden Menschen, Spätaussied- mit der Agenda 2010 nicht „nur“ die
lerInnen, AusländerInnen wohnen und Paul Österreicher, der als Jude in der Lage der Erwerbslosen und Menschen
wo das Asylheim sich in der Nähe befin- Nazi-Zeit aus Meiningen floh und später mit geringem und mittlerem Einkommen
det. Manche Leute gehen weg aus Jeru- amnesty international mitbegründete, ist verschlechtert, sondern sie bedroht auch
salem: Wir gehen hin! Ehrenbürger der Stadt. Gedenktafeln er- ca. 200.000 nicht-EU-BürgerInnen in ih-
Meiningen ist kein Neonazizentrum innern auch an das ehemalige Ghetto- rem Aufenthalt. Wer zukünftig keine Ar-
und auch keine „National befreite Zone“, haus, an das Wohnhaus von Elisabeth beitslosenhilfe mehr erhält, sondern zum
sondern eine gewöhnliche Kleinstadt. Schumacher, Mitglied der Widerstands- Sozialamt muss und nicht EU-Bürger ist,
Gewöhnlich heißt, dass Menschen we- gruppe Schulze-Boysen/Harnack, die im kann weder einen unbefristeten Aufent-
gen ihrer sozialen Lage, ihrer Herkunft Dezember 1942 hingerichtet wurde und halt bekommen noch wird er eingebür-
oder auch ihrer Haltung ausgegrenzt an die am 8. November 1939 niederge- gert. Sogar zur Ausweisung kann die So-
werden, dass Politiker von einer „Homo- brannte Synagoge. Eine Gedenktafel er- zialhilfe-Abhängigkeit führen.
genisierung der Wohngebiete“ sprechen. innert auch an den Wohnort der Jüdin Zeichen setzen!
Der alltägliche Rassismus gedeiht fast und Kommunalpolitikerin Bella Aul, die
ungestört. Allerdings versuchen Rechts- in einem nationalsozialistischen Vernich- Der 13. antirassistische /antifaschistische
extreme auch in Meiningen, Fuß zu fas- tungslager ermordet wurde. Aber warum Ratschlag wird sich mit Rassismus, Anti-
sen: Am 26. Juli 2003 fand die erste De- wurde Anfang der 1990er Jahre die Bel- semitismus und der Demontage des So-
monstration aus dem Umfeld des „Natio- la-Aul-Straße in Kasernenstraße umbe- zialsystems in Deutschland auseinander-
nalen und Sozialen Aktionsbündnisses nannt ? setzen und Alternativen entwickeln.
Westthüringen“ in Meiningen statt. Im Der alltägliche Rassismus und Antise-
Raum Südthüringen fanden in den letz- mitismus „Setz dich nicht neben den Zi- Infos unter:
ten Monaten drei größere Saalveranstal- geuner, der hat Läuse!“ „Judenschwei- LAG Antirassismus/AntiFa Thüringen
tungen und zwei Nazikonzerte statt. Eine ne!“ „Brikett!“ „Nigger!“ „Lasst uns Warsbergstraße 1, 99084 Erfurt
Funktionärin aus Meiningen tritt überre- nicht mehr Coca Cola trinken, weil Coca Tel: 0361- 6599830 oder 0361-
gional bei rechtsextremen Kundgebun- Cola gehört den Juden und hat so viele 2172711, Fax: 0361 - 6599899 oder
gen auf. schädliche Sachen. Das wird von den Ju- 0361-2172727
Asylsuchende in Meiningen sollten in den absichtlich gemacht, um die Welt zu www. lag-antifa.de
einem ehemaligen Schweinestall unter- verseuchen.“ „Die Flüchtlinge leben auf
gebracht werden. Eine Nähe zu den ge- unsere Kosten.“ „Der Rassismus ist ein
wöhnlichen Wohngebieten sollte es nicht
geben.
Meister aus Israel“ Die Reihe solcher Zi-
tate ließe sich fortsetzen. Wer könnte an-
Auch ein 11.
Auch im Verhältnis zu den Spätaus-
siedlerInnen dominieren nicht die Versu-
gesichts dieser Beleidigungen und Be-
schimpfungen mit Sicherheit sagen, von
September
che der Integration, sondern die Aus- wem sie geäußert wurden? Von Rechts- Frankfurt/M. „Die Spur der Gewalt“ ist
grenzung. extremen oder von ganz „normalen“ der Titel einer Konferenz, die am 12.
Mehr als in anderen Stadtteilen sind Deutschen? und 13.September in Frankfurt/Main
die Bewohnerlinnen von Jerusalem mit Die Zitate stehen beispielhaft für das stattfindet. Erinnern soll sie an den 30
den Folgen des Sozialabbaus konfron- Klima in Deutschland. Rassismus und Jahrestag des Pinochet-Putsches gegen
tiert: Streichungen oder Reduzierungen Antisemitismus gehören zum Alltag. das sozialistische Chile am 11. Septem-
ber 1973. Referieren werden auf der
Veranstaltung, die auch vom DGB Hes-
sen unterstützt wird, u.a. der chilenische
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. Gewerkschafter Manuel Ahumada, die
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de Kubanerin Maria Rojas und Horst
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach Schmitthenner (IG Metall).
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25,
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, Anmeldungen zur Konferenz nimmt
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
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Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. zirk, Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77 in
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind 60320 Frankfurt (Fax.Nr.069-233387
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. / horst.gobrecht@ngg.net) entgegen.
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein-
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung Am Abend des 11. September findet
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. um 18 Uhr auf dem Opernplatz eine
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie Kundgebung mit anschließender
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., Demonstration statt. Dort werden der
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke; Jochen Koeniger (Arbeitsgrup- ehemalige DGB-Landesvorsitzende
pe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes der
Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereini-
Dieter Hooge und Bischof Helmut Frenz
gung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di (Chile) sprechen.
Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk.

: antifaschistische nachrichten 18-2003 15


: aus der faschistischen presse
beängstigende Vorstellung, die breiten
Protest auslösen sollte.
In welche Tradition sich Schüßlburner
Hoher Ministerialbeamter den 17. Juni 1953 äußert. Unter der Über- stellt, machen auch folgende Ausführun-
fordert Aufhebung von schrift „Ungeliebter Aufstand“ stellt er gen deutlich: „Der Tiefpunkt des Um-
fest: „BRD und DDR hatten den gemein- gangs mit dem ,Nationalfeiertag‘ durch
Verboten ,gegen rechts‘ samen besatzungspolitischen Ausgangs- die amtliche Bundesrepublik markiert die
Die Hochsommermonate sind für Zeit- punkt des ,Antifaschismus‘, der darin be- ,Feierstunde‘ von 1987, wo man einen
schriften eine Sauregurkenzeit. Normaler- steht, die deutsche politische Rechte aus Fritz Stern, Vertreter US-amerikanischer
weise passiert auf der politischen Bühne dem anerkannten politischen Spektrum zu Wirtschaftsinteressen, als Festredner hatte
wenig und die Redakteuer(innen) müssen eliminieren. Das Verbot, politisch rechts einfliegen lassen...“. Als Leser stutzt
zusehen, womit sie die Seiten füllen. Dem zu sein, war in der DDR entsprechend der man: Fritz scheint ein ungewöhnlicher
Juli-/Augustdoppelheft von „Nation & kommunistischen Salamitaktik Aus- Vorname für einen Vertreter der US-Wirt-
Europa“ ist das deutlich anzumerken. gangspunkt des Blockparteisystems einer schaft zu sein. Der Blick in ein Lexikon
Michael Brückner hat „Zweifel an der Linksdiktatur. In der Bundesrepublik ent- schafft Klarheit: „Prof. Dr. Fritz Stern, ge-
Selbstmord-These“ und fragt „Woran stand daraus ein Kartellparteisystem.... boren 1926 in Breslau, studierte Ge-
starb Möllemann?“. Die Frage ist recht Durch die offizielle Ausschaltung von schichte und Sozialwissenschaft an der
leicht zu beantworten: Nur die wenigstens Rechts wird die Bundesrepublik trotz ih- Columbia University in New York und
Menschen würden einen ungebremsten rer Mitte-Verortungen amtlich zum Links- lehrt dort seit 1953 Geschichte“. Profes-
Fall aus mehreren tausend Metern Höhe staat, und hier verbirgt sich vielleicht das sor Stern musste bereits als Kind Deutsch-
überleben. Aber darum geht es dem Auto- besondere Geheimnis der DDR-Existenz, land verlassen, weil er sonst vermutlich
ren nicht. Er will wissen, wer Möllemann nämlich ihre Einbettung in die Kontinui- der Vernichtung der jüdischen Menschen
ermordet habe. Sein Ergebnis, es könne tät linker Strömungen in Deutschland, die durch die Nazis zum Opfer gefallen wäre.
der israelische Geheimdienst Mossad in ihrer mit US-Interessen kompatibel ge- Ihn als einen Interessenvertreter der US-
oder vielleicht die CIA gewesen sein, ver- machten Version nunmehr zur wahrhaft Wirtschaft zu bezeichnen, ist nicht nur
mag vermutlich nicht einmal überzeugte herrschenden Position aufgestiegen falsch, sondern bedient bewusst auf raffi-
Verschwörungstheoretiker zu überzeugen. sind.... Der Kampf um die Freiheit... wird nierte Weise antisemitische Ressenti-
Diese Klientel will offensichtlich auch erst dann sein Ziel erreicht haben, wenn ments. tri ■
Karl Richter bedienen. Er fordert „Schluß die Verbote ,gegen rechts‘ in der Bundes-
mit dem Privatisierungswahn!“ und schil- republik überwunden sind. „Der Bock als Gärtner"
dert realistisch die negativen Auswirkun- „Wirklicher Pluralismus in Deutsch-
gen des Ausverkaufs staatlichen Vermö- land“ wäre nach Ansicht des Autoren „nur Junge Freiheit 35/03 vom 22.8.2003
gens. Verantwortlich ist für ihn aber nicht durch Aufhebung des Verbots, politisch Unter diesem Titel wettert das Blatt erneut
ein Wirtschaftssystem, dessen Triebfeder rechts zu sein“ zu verwirklichen. (wie bereits in Ausgabe 34-2003) gegen
der Drang nach Maximalprofit ist, schuld Interessant ist sein Beitrag in erster Li- den Verfassungsschutz NRW, der im
sind dunkle Mächte: „Das kann nur wol- nie deshalb, weil ein hoher Ministerialbe- Herbst eine Fachtagung zur Frage „Die
len, wer im Nationalstaat ohnehin ein amter, noch dazu ein Jurist, fordert, den Neue Rechte – eine Gefahr für die Demo-
Übel sieht, das beseitigt werden muß. Sol- antifaschistischen Grundkonsens des kratie?“ abhalten wird. Diesmal konzen-
che Kräfte gibt es, und sie lassen sich Grundgesetzes, der darin bestand, dass triert sich das Blatt vor allem auf den Re-
ohne viel detektivisches Feingespür in in- sich die Väter und Mütter der Verfassung ferenten Wolfgang Gessenharter (Politik-
ternationalen Hintergrundorganisationen darin einig waren, dass sich die Nazibar- Professor an der Bundeswehrakademie in
wie dem Council on Foreign Relations barei niemals wiederholen dürfe, aufzuge- Hamburg). In seiner Kritik beruft sich Au-
(CFR), der Trilateralen Kommission und ben. Das hieße die Streichung des Artikels tor Manuel Ochsenreiter auf NRW-CDU-
der Bilderberger Konferenz ausmachen“. 139 Grundgesetz, der u.a. das Verbot der Kreise: „Aus Kreisen der NRW-CDU ist
Josef Schüßlburner wird von der Re- Naziorganisationen durch die Besat- zu hören, es grenze an Ironie, daß ausge-
daktion als „Regierungsdirektor im Bun- zungsbehörden in das deutsche Recht rechnet Gessenharter, der wie kein ande-
desverkehrsministerium“ und Jurist vor- übernimmt. Formaljuristisch wäre dann rer Referent der Düsseldorfer Veranstal-
gestellt. Umso interessanter sind seine die Wiedergründung der verbotenen tung exemplarisch die Verquickung aus
Ideen zum Charakter der Bundesrepublik, NSDAP und aller anderen Naziorganisa- Verfassungsschutz und linksextremisti-
die er in einem Beitrag zum Gedenken an tionen, wie z.B. SA und SS, möglich. Eine scher Antifa-Ideologie repräsentiere, dort
mit seinen ,Scharnier- und Brückentheo-
rien‘ demokratische Konservative ,nach
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
Herzenslust‘ denunzieren darf.“ Das Blatt
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: meldet außerdem, Jurist Josef Schüßlbur-
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich ner (s.o., Autor in Nation & Europa) habe
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
im Wege einer Dienstaufsichtsbeschwer-
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
de bei der Personalabteilung des Bundes-
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
innenministeriums den Antrag gestellt,
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). den zwei Vertretern des Bundesamtes des
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
Verfassungsschutzes, Matthias Weber und
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) Armin Pfahl-Trauhgber, die ebenfalls als
Referenten vorgesehen sind, die Mitwir-
Name: Adresse: kung zu untersagen. „Allein die Themen-
stellung ordne sich in den linksextremisti-
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts chen ,Kampf gegen Rechts‘ ein.“ Auch
CDU-Rüttgers hat bereits einen Protest-
Unterschrift brief ans Innenministerium NRW ver-
fasst. Das Innenministerium scheint mit
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
seiner geplanten Tagung „ins Schwarze
getroffen“ zu haben. u.b. ■

16 : antifaschistische nachrichten 18-2003

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