Вы находитесь на странице: 1из 16

:antifaschistische Nr.

14
nachrichten g 3336 13.7.2006 22. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Die Welt zu Gast – aber nur,


wenn die Brieftasche gefüllt ist Keine Entwarnung!
Berlin. Da waren’s nur noch 22: Nazi-Aufmarsch in München am 1. Juli abgesagt –
Zwei von den 24 Mannschaften, die der nächste ist bereits für den 19. August angemeldet
an der ersten Straßenfußball-Weltmeister-
schaft in Berlin teilnehmen wollten, er- München. Für den 1. Juli gaben verfolgt werden, die den Nazis entgegen-
hielten kein Visum. „Die Jugendlichen aus die Nazis ihren Demonstrations- treten.
Ghana und Nigeria müssen draußen blei- plan auf, mit staatsmännischer So hat die politische Abteilung der
ben, weil ihnen eine fehlende „Rückkehr- Geste – man wolle die Sicherheitskräf- Staatsanwaltschaft München I die Auffas-
bereitschaft“ unterstellt wird, so Ulla Jelp- te in den Tagen der WM nicht überbe- sung vertreten, dass ein Transparent mit
ke, innenpolitische Sprecherin der Frakti- anspruchen. Gleichzeitig wurde für der Aufschrift „Nationalsozialismus“ kein
on DIE LINKE. im Deutschen Bundestag. den 19. August, den Todestag des Nazi- Problem darstellt.
„Die Verweigerung der Visa für die ju- und Kriegsverbrechers Hess, ein neuer- So hat die Staatsanwaltschaft München I
gendlichen Straßenfußballer aus Ghana licher Aufzug angemeldet. nach der Festnahme von Martin Wiese die
und Nigeria ist peinlich für die Bundesre- Auffassung vertreten, dass hier keinerlei
gierung und schädlich für die beteiligten Die Nazis glorifizieren Hess, der vor dem Strukturen einer rechtsradikalen Vereini-
Projekte des Netzwerks ,Streetfootball- Nürnberger Kriegsverbrechertribunal ver- gung zu erkennen sind. Wiese, der Leiter
world‘. Die Welt zu Gast bei Freunden – urteilt worden war, als „Märtyrer für der Kameradschaft Süd wurde inzwischen
dieser Slogan muss wohl korrigiert wer- Deutschland“. Die rechtliche Be-
den: Willkommen ist hier nur die reiche und Verurteilung der Nazis durch ein
Welt. Denn nicht nur den Jugendfußbal- Gericht mit weltweiter Legitimation
lern, auch vielen Fans aus afrikanischen hat wichtige Grenzen staatlichen
Staaten wurden die Visa verweigert. Die Handels bzw. der Zielsetzung von
so genannte Rückkehrbereitschaft wird Parteien gezogen. So z.B. die Äch-
schematisch nach der finanziellen Situati- tung der Vorbereitung des Angriffs-
on der Antragsteller entschieden. Und da kriegs als Verbrechen, die Illegalität
fallen eigentlich alle durch das Raster, die rassistischer Gesetzgebung und vie-
ledig sind und deren Einkommen nicht zu les andere mehr. In diesen Akten
mehr als zum Überleben reicht. steht eben nicht nur, dass der Fa-
Immer mehr Familien leiden unter die- schismus ein Verbrechen sei, sie hal-
ser restriktiven Praxis der Botschaften bei ten fest, um welche Verbrechen es
der Visa-Vergabe leiden. Großeltern wird sich im einzelnen gehandelt hat. Mit
die Einreise zur Taufe ihrer Enkelkinder der Glorifizierung Hess’ versuchen
verweigert; Eltern dürfen nicht zur ge- die Nazis aus der gesicherten Beur- Martin Löwenberg, VVN-BdA, sprach ebenfalls
meinsamen Weihnachtsfeier einreisen; teilung: Faschismus, keine Mei- am 1. Juli auf dem Marienplatz
selbst Menschen, die seit Jahren regelmä- nung, sondern ein Verbrechen – eine poli- wegen Rädelsführerschaft in einer terroris-
ßig ihre Verwandten besucht haben und tisch und vor allem rechtlich bedeutungslo- tischen Vereinigung zu 7 Jahren Haft verur-
pflichtgemäß wieder ausgereist sind, wird se Phrase zu machen, indem sie dem Leben teilt, nachdem die Bundesanwaltschaft die
plötzlich die Einreise verweigert. und Wirken des verurteilten Nazi- und Ermittlungen übernommen hat. ... Und hier
Dass die Bundesregierung erst Straßen- Kriegsverbrechers huldigen und sich dabei in München werden von der Staatsanwalt-
kinder einlädt und ihnen dann die Visa mit von den Behörden schützen lassen. Eine schaft München I diejenigen verfolgt, die
der Begründung verweigert, die Kinder Platzierung des Hess-Kultes in München sich wehren gegen das Wiedererstarken
seien zu arm, offenbart, wie heuchlerisch mit seiner Geschichte als Brut- und Haupt- des Nationalsozialismus, die sich dem
die offizielle Gastfreundschaft ist. Es kann stadt der Nazi-Bewegung würde zur Stabi- braunen Spuk entgegenstellen ... (Sie wer-
nicht sein, dass die Erlangung eines Vi- lisierung der Nazi-Tradition erheblich bei- den) mit Ermittlungsverfahren überzogen
sums einzig durch die soziale Herkunft der tragen. und zum Teil auch verurteilt, so wie z.B.
Antragsteller/innen entschieden wird. Die Auf der Kundgebung am 1. Juli, die der KZ-Überlebende Martin Löwenberg.
Fraktion DIE LINKE. wird sich im Bun- trotzdem stattfand sprach u.a. Angelika Sie werden verurteilt, dafür dass sie aufru-
destag für eine Abkehr von dieser restrikti- Lex von der Initiative Bayerischer Straf- fen, sich den Nazis friedlich in den Weg zu
ven Visa-Politik einsetzen.“ verteidigerinnen und Strafverteidiger: stellen, dafür dass sie den Nazis die Rote
Ulla Jelpke, MdB „...Viele tausend Münchnerinnen und Karte zeigen und dafür dass sie gegen Na-
ulla.jelpke@bundestag.de ■ Münchner haben es in den vergangenen ziaufmärsche protestieren. Diese Staats-
Jahren schon 2 mal geschafft, einen Nazi- anwaltschaft wird also keinen Beitrag dazu
Aus dem Inhalt: aufmarsch zu stoppen. ... Und das werden leisten, dass München auch in Zukunft
wir uns auch weiterhin nicht nehmen las- nicht zu einer „no go area“ verkommt und
Die zentralen Herausforderungen
für den Antifaschismus: sen, auch wenn in München ein Klima eine Stadt bleibt, in der Ausländer will-
Globalisierung, Neoliberalismus herrscht, in dem durch die politische Ab- kommen sind. Dafür braucht es das Enga-
und Rechtsextremismus . . . . . . . . . 7 teilung der Staatsanwaltschaft München I gement der Münchner Bürgerinnen und
regelmäßig nicht die Nazis sondern die Bürger. “ Lokalberichte München 14-2006 ■
: meldungen, aktionen
und ihrer „bundesdeutschen Kanzlerva-
sallin Angela Merkel“ halten.
Newsletter der AG Rechtsextremismus /
An Immobilien interessiert Grenzland hat die NPD in Mönchenglad- Antifaschismus der Linkspartei. PDS
Monschau. Die Anhänger des 1988 ex- bach Räume auf der Josef-Drauschke- Antifa aktuell 6/2006 ■
kommunizierten Traditionalisten-Bi- Straße im Stadtteil Holt angemietet. Die-
schofs Marcel Lefebvre sind offenbar an se sollen künftig als Büroraum und Treff- Rassistische Gewalt nimmt
einer Übernahme des früheren Klosters punkt genutzt werden. Die Renovierung
Gut Reichenstein, das zwischen Kalter- der Räume hat bereits begonnen. Mit ei- auch im Ausland zu
herberg und Mützenich liegt, interessiert. ner baldigen Eröffnung wird gerechnet. Nach Angaben des Moskauer For-
25 „Benediktiner“, der Name ist gesetz- In einem Schreiben an zahlreiche Orga- schungsinstituts SOWA kamen 2005 in
lich nicht geschützt, aus dem französi- nisationen und Parteien hat die VVN- Russland bei rassistischen Attacken 28
schen Kloster Bellaigue stünden für eine BdA zu Protesten gegen den geplanten Menschen ums Leben, 336 wurden ver-
Wiederbesiedlung des Gutes bereit, heißt Neonazitreff und zur Gründung eines letzt. Auch in der jüngsten Zeit wurden
es in der lokalen Presse. Die Stadt Mon- breiten Bündnisses aufgerufen. Die in russischen Städten dunkelhäutige Aus-
schau sprach bereits von einem „Glücks- Mönchengladbacher NPD ist seit der länder, aber auch Armenier und Tadshi-
fall“. Vielleicht würden die Verantwortli- letzten Kommunalwahl mit zwei Abge- ken Opfer rassistisch motivierter Schlä-
chen in der Stadt Monschau ein anderes ordneten im Rat der Stadt vertreten. Dort ger. Bei diesen handelt es sich zumeist
Urteil abgeben, wenn sie die Schriften glänzen sie überwiegend durch ihre Ab- um Mitläufer des rechtsextremen Skin-
der Lefebvre-Anhänger gelesen hätten. wesenheit. peb ■ head-Milieus, das mit neonazistischen
Dort ist die Rede von „vollends liberalen Splittergruppen verfilzt ist und dem etwa
und zerstörerischen Kräften“ die sich ei- NPD unterwandert 50.000 junge Russen zugerechnet wer-
nig seien „in ihrem Vorgehen zum Ver- den.
derben der Kirche“. Diese hätten ge- Kleinstadt In der kroatischen Hauptstadt Zagreb
plant, die Päpste künftig nicht mehr zu Wie Panorama vom 29. Juni berichtete, griffen zwei Skinheads den Ober-Rabbi
beseitigen, sondern sie „umzudrehen“, fand unbemerkt von vielen in den letzten von Zagreb nahe des Sitzes der jüdischen
damit diese als „Sprachrohre der Frei- Monaten eine Art „braune Siedlungsbe- Gemeinde an. Sie trugen T-Shirts mit
maurerei und Förderer der Revolution wegung“ statt: Aus ganz Deutschland zo- Hakenkreuzen, hoben die Hände zum
agieren“ können, heißt es in der Juli- gen NPD-Aktivisten in die Region um Nazigruß und schrieen „Juden raus!“
Ausgabe des „Mitteilungsblattes“ der Lübtheen, einer Kleinstadt in Mecklen- Newsletter der AG Rechtsextremismus /
Lefebvre-Anhänger von der „Priester- burg-Vorpommern. Viele von ihnen Antifaschismus der Linkspartei. PDS
bruderschaft St. Pius X.“. Handwerker und Kleinunternehmer - Antifa aktuell 6/2006 ■
Die „Freimaurer“ hätten die „Päpste vermeintlich respektable Bürger also.
nach ihren Bedürfnissen schließlich be- Jetzt hat der Landtagswahlkampf in Rechtsextreme treffen sich
kommen“. Aber nicht nur durch Liberale Mecklenburg-Vorpommern begonnen,
und Freimaurer sehen sich die Lefebvre- und viele der Zugezogenen entpuppen in Dresden-Pappritz
Anhänger bedrängt. „Bomben zu werfen sich als Organisatoren des NPD-Wahl- Dresden. Die „Deutsche Stimme“, das
auf die Herkunftsländer oder die Glau- kampfs. Und es könnte noch schlimmer Blatt der rechtsextremen NPD, will ihr
bensgenossen der nicht integrierten Aus- kommen: In Lübtheen soll, so der Plan Pressefest am 5. August in Dresden-Pap-
länder in Deutschland wird notwendiger- der NPD, eine Art Zentrale und Kader- pritz, wenige Hundert Meter neben dem
weise zu einer massiven Verschärfung schmiede der Partei aufgebaut werden. Wohnsitz von Sachsens Regierungschef
des Konflikts in Deutschland führen“, Inzwischen hat sich bei einigen Lübthee- Georg Milbradt (CDU) feiern. Das bestä-
heißt es in einem anderen Beitrag. „Un- ner Widerstand formiert, aber die unge- tigten Verlagsgeschäftsführer Jens Pühse
ter diesem Gesichtspunkt“ sei „Frau betenen Neubürger werden sich nicht so und das Ordnungsamt gegenüber der
Merkel ein weiterer Unsegen für das leicht aus der Stadt vertreiben lassen. Sächsischen Zeitung auf Anfrage. Man
Land“. Das „trojanische Pferd“ sei, Der Text der Sendung kann auf der Websei- rechne auf dem Gelände um die Tennis-
„dank fünfzig Jahre langer falscher Ein- te von „Panorama“ heruntergeladen werden: halle mit 4 000 Besuchern. Im ostsächsi-
wanderungspolitik“ bereits „innerhalb http://www.ndrtv.de/panorama/archiv/ schen Mücka gehörten die Veranstaltun-
der Mauern“. Dass Muslime keine „rich- 2006/0629/npdkleinstadt.html ■ gen in den letzten Jahren zu den größten
tigen Franzosen“ sein könnten, hatte Treffen von Rechtsextremisten. Sie ver-
schon der Begründer der „Priesterbru- Holger Apfel Wahlkampf- liefen weitgehend störungsfrei. Im Inter-
derschaft“, Marcel Lefebvre, behauptet. net werben die Veranstalter für das Tref-
Dafür wurde er 1991 rechtskräftig zu ei- leiter fen 2006 erneut mit rechtsextremen Poli-
ner Geldstrafe wegen „rassistischer Äu- Mecklenburg-Vorpommern. Die NPD tikern wie den NPD-Chefs Udo Voigt
ßerungen und Anstiftung zum Rassismus hat den stellvertretenden Parteivorsitzen- und Holger Apfel. Auch Szeneanwälte
verurteilt. den und Chef der sächsischen Landtags- wie Jürgen Rieger und Hajo Herrmann
Das Gut Reichenstein scheint nicht die fraktion Holger Apfel mit der Leitung ih- und Liedermacher Frank Rennicke sol-
einzige Immobilie zu sein, auf die die res Wahlkampfes in Mecklenburg-Vor- len zu Wort kommen.
„Priesterbruderschaft“ ein Auge gewor- pommern beauftragt. Da die Partei sich Quelle: Sächs. Zeitung 4. Juli 2006 ■
fen hat. Dem Vernehmen nach gibt es besondere Chancen in der Region Vor-
auch Kaufabsichten für die Theresienkir- pommern ausrechnet, liegt die Rassistischer Übergriff
che in Aachen. Bislang führen die Le- Wah1kampfzentrale in Anklam.
febvre-Anhänger ihre Gottesdienste in In die Wahlkampfstrategie der NPD Döllstädt. Am Montag, den 3. Juli
der Kapelle St. Petrus Canisius in der reihen sich auch ihre geplanten Aktionen 2006 wurde in Döllstädt/Landkreis Go-
Nähe des Ponttores durch. hma ■ gegen den Besuch von US-Präsident tha ein 17-jähriger Jugendlicher mit
Bush am 14. Juli in Stralsund ein. Auf ei- dunkler Hautfarbe bei einem rassisti-
Räume angemietet ner rechten Internetplattform heißt es, schen Angriff verletzt. Der Jugendliche
dass der Besuch für nationale Kreise eine befand sich in der Bahnhofstraße vor
Mönchengladbach. Nach Informatio- einzigartige Gelegenheit sei, zu zeigen, dem Haus seines Freundes. Plötzlich
nen der VVN-BdA Mönchengladbach- was sie von der Kriegspolitik der USA hielt ein PKW auf seiner Höhe. Der Bei-

2 : antifaschistische nachrichten 14/2006


Jugendorganisation „Schlesische Berlin. „Der Enthusiasmus und die Aus-
Jugend“ (SJ) wurde 2003 der ehe- strahlung der WM freuen uns und zei-
malige Pressesprecher der rechts- gen, welche Verantwortung wir inner-
extremen „Burschenschaft Nor- halb und außerhalb des Spiels haben,
mannia zu Jena“ in den Landes- Rassismus und Diskriminierung anzuge-
vorstand aufgenommen. In der hen und zu stoppen.“ Insbesondere in
Bad Salzunger Kreisgruppe der SJ Europa leide der Fußball unter Rassis-
arbeiten führende Vertreter der mus.
NPD und des Neonazinetzwerkes Vor den Viertelfinalspielen am Freitag
„Nationales und Soziales Aktions- und Samstag verlasen die Mannschafts-
bündnis Westthüringen“ (NSAW) kapitäne vorbereitete Texte, in denen es
mit. Wenn angesichts dessen Mi- heißt: „Ich erkläre, dass wir von ganzem
nister Zeh die „Vertriebenen“ in Herzen jede Art von Rassismus oder Dis-
seinem Grußwort zur Geschlos- kriminierung ablehnen, egal ob auf dem
fahrer und eine hinter ihm sitzende weib- senheit aufrufe, gebe er den Neonazis Rü- Spielfeld oder außerhalb. Mit der Kraft
liche Person stiegen aus. Beide be- ckendeckung. des Fußballs können wir dazu beitragen,
schimpften den 17-Jährigen als „Nigger“ infoladen@japs-jena.de ■ Rassismus aus dem Sport und aus dem
und „schwarzes Schwein“. Zudem Rest der Gesellschaft zu tilgen.“ Die Fifa
schlug der männliche Täter ihm mit der Rechtes „Fest der Völker“ erklärte die Runde der letzten acht zu
Faust ins Gesicht und zerriss sein T- Fifa-Antidiskriminierungstagen.
Shirt. Durch die Schläge wurde er an bei- verhindern! Der südafrikanische Menschenrechtler
den Augen und im Mundbereich verletzt. Jena. Am 10. Juni wollen Neonazis zum Tokyo Sexwale, 14 Jahre lang gemein-
Die Kripo Gotha konnte die Täter inzwi- zweiten Mal eine europaweite Großver- sam mit dem späteren Präsidenten Nel-
schen ermitteln und leitete Ermittlungs- anstaltung in Jena durchführen. Das darf son Mandela auf Robben Island inhaf-
verfahren ein. Quelle: MDR online ■ nicht geschehen! Beim sogenannten tiert und heute Mitglied des Organisati-
„Fest der Völker“ sollen Redner und onskomitees der Weltmeisterschaft 2010,
Protest gegen „Ostdeutsche Bands aus verschiedenen Ländern vor ih- forderte die Fifa auf, Südafrikas Kampf
ren Anhängern auftreten. Bei Bier und für Gleichberechtigung und Demokratie
Kulturtage“ Bratwurst, untermalt von Totschlagslyrik – den er mit der Vergabe der WM in das
Jena. Ein Dutzend vorwiegend junger und -prosa, wollen die Neonazis auf dem Land am Kap belohnt sieht – zum Bei-
Menschen protestierte am 30. Juni gegen Seidelplatz Stärke demonstrieren und ih- spiel zu nehmen. „Sport und Fußball
die Abschlussveranstaltung der „14. Ost- ren Zusammenhalt festigen. Hinter der spielen eine entscheidende Rolle für die
deutschen Kulturtage“ des Bundes der Anmeldung der Versammlung steht die Einheit“, sagte er und zitierte den Gene-
Vertriebenen (BdV) im Volkshaus in verbotene Organisation Blood & Honour ralsekretär der Vereinten Nationen, Kofi
Jena. Sie entfalteten vor dem Veranstal- (Blut und Ehre). Annan, mit dem Satz, die positive Wir-
tungsort ein Transparent „Deutsche Täter Dieses „Fest“ steht in einer Reihe von kung des Fußballs sei größer als die der
sind keine Opfer“ und stellten ein aus Veranstaltungen in Thüringen (2005 wa- UN selbst. „Die WM fördert den Welt-
Pappe konstruiertes Panzermodell der al- ren es mindestens 40). Vorausging be- frieden“, ergänzte Sexwale. Kinder
liierten Befreier auf den Vorplatz. reits der „5. Thüringentag der nationalen müssten ermutigt werden, Nein zu Ras-
Hunderttausende Euro verschwende Jugend“ am 20. Mai 2006 in Altenburg. sismus zu sagen.
die Landesregierung jährlich, so die Pro- Vor einem Jahr besetzten Hunderte Die Fifa hat im April unter Zustim-
testierenden, zur Förderung einer soge- Menschen den Gries, wo das erste „Fest mung ihrer 207 Mitgliedsverbände ihr
nannten ostdeutschen Kultur, während der Völker“ stattfinden sollte. Ihr Einsatz Reglement um Disziplinarstrafen für ras-
das Geld für aktuelle Kulturprojekte in erzwang die Verlegung der Veranstal- sistische Äußerungen und rassistisches
Ostdeutschland fehle. Entgegen der Be- tung. Anschließend zogen 6.000 Men- Verhalten ergänzt. Sie betreffen Spieler,
hauptung des Thüringer Sozialministers schen aus Protest zum „Braunen Haus“ Offizielle und Zuschauer und umfassen
Dr. Klaus Zeh existiere diese Kultur we- in Altlobeda. Knüpfen wir an diesen Er- Geldstrafen sowie Spiel- wie Stadion-
gen der Assimilation der nach Kriegsende folg an! Stellen wir unsere Überzeugung, sperren. Blatter sagte, das Exekutivkomi-
geflüchteten und umgesiedelten Deut- dass alle Menschen die gleichen Rechte tee der Fifa sei verpflichtet, darauf zu
schen in Wirklichkeit seit Jahrzehnten haben, dem Rassismus und Antisemitis- achten, dass alle Mitglieder diese Regeln
nicht mehr. mus der Neonazis entgegen! Stellen wir übernähmen und befolgten. Sei dies
Tatsächlich ginge es weniger um Kultur uns den Neonazis entgegen! Kommt alle nicht der Fall, drohe im schlimmsten Fall
als um ein neues Bild der deutschen Ge- am 10. Juni 2006! die Suspendierung des nationalen Ver-
schichte. „Der Minister verharmlost mit Antifaplenum Jena: Aktionsbündnis bandes. Der neue Artikel 55 beginnt mit
seinen Äußerungen über „das nach 1945 gegen Rechts Jena, ASJ, IG-Metall Jena, dem Satz: „Wer öffentlich die Men-
fortdauernde Unrecht“ die Verbrechen des Infoladen Jena, JAPS Jena, JG-Stadtmit- schenwürde einer anderen Person durch
Nationalsozialismus und leugnet die te, Kokont Jena, Studentenräte der FSU herabwürdigende, diskriminierende oder
Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Alli- und FH und Einzelpersonen ■ verunglimpfende Äußerungen in Bezug
ierten“, kritisiert Sprecher Johannes Schä- Den kompletten Aufruf als PDF gibt es als auf ihre Rasse, Hautfarbe, Sprache, Reli-
fer. Die Demonstrierenden erinnerten Download: http://www.nazis-stoppen.tk gion oder Herkunft verletzt, wird für
auch an die inakzeptablen Äußerungen mindestens fünf Spiele auf allen Ebenen
des ehemaligen Landesvorsitzenden Paul „Mit der Kraft des Fußballs gesperrt.“
Latussek und anderer Vorstandsmitglie- Quelle: F.A.Z vom 29. Juni 2006 ■
der, mit denen der Holocaust in Frage ge- gegen Rassismus“
stellt wurde. Berlin. Fußball bekämpft Rassismus. Innenminister verbietet
Weiter empörte die Protestierenden, „Wir kämpfen gegen diesen Teufel, der
dass es im Thüringer BdV und seinen Un- leider immer noch einen Platz hat in un- Neonazi-Verein
tergliederungen keine Abgrenzung von serem Sport“, versprach Joseph Blatter, Potsdam. Das Innenministerium Bran-
Rechtsextremisten gibt. Als Vertreter der der Präsident des internationalen Fuß- denburg hat jetzt den Verein „Schutz-
„Landsmannschaft Schlesien“ und ihrer ballverbandes (Fifa) am Mittwoch in bund Deutschland“ verboten, der bereits

: antifaschistische nachrichten 14/2006 3


seit einiger Zeit mit neonazistischen und Verbotsverfügung zugestellt wurde, le-
rassistischen Propagandaaktionen aufge- ben zwei in Pritzwalk. Gemietet hat das
fallen war. So erregte im Frühjahr ein Druckerei-Gebäude Mario Schulz, der
Flugblatt deutschlandweite Aufmerk- im nicht weit entfernten Kumlosen
samkeit, auf dem der in Ghana geborene wohnt. Drei weitere Vereinsmitglieder
deutsche Nationalspieler Gerald Asamo- stammen aus Wittstock, je einer aus Wit-
ah karikaturhaft porträtiert und verun- tenberge, Neustadt/Dosse, Neuruppin,
glimpft wurde: „Du bist nicht Deutsch- Belzig, Potsdam, Halle an der Saale. Ei-
land“. Nach einer Strafanzeige des Deut- ner ist inzwischen nach Berlin verzogen,
schen Fußballbundes hatte das Landge- wo ihm die Verbotsverfügung zugestellt
richt Berlin am 23. Mai dem „Schutz- wurde.
bund“ untersagt, das Plakat in Umlauf zu Quelle: Mut gegen rechte Gewalt ■
bringen. Die Staatsanwaltschaft Neurup-
pin ermittelt seither gegen acht der 13 Leyen und der „ACP“
namentlich bekannten Mitglieder des
braunen Vereins wegen Volksverhetzung Hannover. Ursula von der Leyen
und Beleidigung, darunter ist auch der (CDU), Bundesministerin für Familie,
Ex-NPD-Landeschef und parteilose Ab- Senioren, Frauen und Jugend, hat der
geordnete im Kreistag Prignitz, Mario Zeitschrift des rechtskonservativen „Ar- Ohne die Verhältnisse gleichsetzen zu wollen, aber
Schulz. Der 40-Jährige gilt als führender beitskreis Christlicher Publizisten“ als Warnung gegen Nationalismus und „Patriotis-
Kopf des „Schutzbundes“. (ACP) ein Interview gegeben. In der Ver- mus“ erschien zur Fußball WM ein Reprint der Son-
Brandenburgs Verfassungsschutz-Che- gangenheit waren bereits „Republika- dernummer der Arbeiter Illustrierten Zeitung (AIZ)
fin Winfriede Schreiber erklärte zu dem ner“-Chef Rolf Schlierer, der frühere vom Juli 1936 – ein Dokument zur Entlarvung der
Nazi-Olympiade 1936 in Berlin
Verbot, dass der Verein seine neonazisti- Waffen-SS-Mann Franz Schönhuber und
Die Kräfte des Widerstands gegen den Nazi-Fa-
schen und rassistischen Propaganda-Akti- Jörg Haider in der Zeitschrift zu Wort ge- schismus veröffentlichten und verbreiteten innerhalb
vitäten zur Fußball-WM deutlich gestei- kommen. Auch der Vater der Familien- und außerhalb Deutschlands 1935/1936 eine Rei-
gert habe. Dies sei ein Grund gewesen, ministerin, der ehemalige niedersächsi- he von Materialien, um die nazifaschistischen Ma-
dass man gerade jetzt „zugeschlagen“ sche Ministerpräsident Ernst Albrecht növer im Zusammenhang mit der Nazi-Olympiade
habe. Zum Beispiel habe der Verein im In- (CDU) hatte Verbindungen zum „ACP“. 1936 zu entlarven und zu bekämpfen. Herausra-
ternet für die Aufstellung von fremden- hma ■ gend ist die im Juli 1936 in Prag erschienene Son-
feindlichen Propaganda-Plakaten mit der dernummer der „Arbeiter Illustrierte Zeitung“ (AIZ).
Diese Nummer ist gestaltet als ein „Führer durchs
Aufschrift „Stop! No go Area“ geworben, „Revisionismus“ im FPÖ- Land der Olympiade“ für Besucherinnen aus ande-
die als Warnung für ausländische Gäste ren Ländern. Über sieben verschiedene „Reise-
benutzt werden sollten. Das Flugblatt sei Umfeld Routen“ nach Berlin deckt die AIZ die furchtbare
in Brandenburg weitflächig verbreitet Wien. Seit einiger Zeit ist im Internet eine Realität des Nazi-Terrors in Deutschland auf. Ge-
worden. Homepage österreichischer Provenienz zeigt wird, wo die KZs liegen, Pagenburg, Börger-
Parallel zur Übergabe der Verbotsverfü- abrufbar, auf der massiv für eine DVD- moor, Esterwegen, Dachau..., und welche Verbre-
gungen fand eine Großrazzia statt, bei der Dokumentation mit dem Titel „Geheim- chen dort begangen wurden.
Die AIZ enthüllt ebenso, wo welche Rüstungspro-
in 13 Wohnungen und Räumlichkeiten akte Heß“ geworben wird. Dabei handelt
duktion stattfand. Hamburg wird als ein Zentrum ei-
große Mengen Propagandamaterial ent- es sich um einen geschichtsrevisionisti- ner großen Giftgasproduktion genannt, wo „die
deckt wurden. Mehrere zehntausend schen Film, der auf dem Buch des briti- furchtbarsten Giftgase für den kommenden Krieg“
Flugblätter, Plakate und Aufkleber sowie schen Autors Martin Allen „Churchills produziert wurden.
eine komplette hochprofessionelle Dru- Friedensfalle“ basiert und den angebli- Die Sondernummer enthält auch eine „Übersichts-
ckerei seien sichergestellt worden, so In- chen „Friedensflug“ des ehemaligen Hit- karte über die Sehenswürdigkeiten für den Olym-
nenminister Schönbohm. Man habe auch lerstellvertreters Rudolf Heß 1941 nach piafahrer in Deutschland“: Das deutsche Staatsge-
nationalsozialistisches Propagandamateri- England zum Inhalt hat. Sowohl von biet in seinen damaligen Grenzen übersäht mit den
Symbolen für Orte des Nazi-Terrors: Konzentrati-
al, NSDAP-Aufkleber und einen Tot- Rechtsextremisten als auch von Neonazis
onslager, Zuchthäuser, Gefängnisse und Gerichts-
schläger beschlagnahmt. Das Vereinsver- wird der Propagandafilm als eine „sensa- gefängnisse.
mögen wurde eingezogen. Insgesamt wa- tionelle Dokumentation“ und als ein Bei-
ren 250 Beamte an der Razzia beteiligt. trag zur historischen „Wahrheitsfindung“
Nach Erkenntnissen des Verfassungs- gewürdigt. Der deutsche Neonazi Horst Aktivitäten haben im Jahr 2003 dazu ge-
schutzes besteht der Verein seit Anfang Mahler etwa begrüßt den Film, weil aus führt, dass er von der Stadt Herne in
2005. Er ist eine Nachfolgeorganisation ihm „die vielfältigen Friedensinitiativen Nordrhein-Westfalen als Stadtarchivar
der „Bewegung Neue Ordnung“, die sich des Deutschen Reiches und deren katego- gekündigt wurde.
2004 von der NPD abgespalten hat, weil rische Zurückweisung durch Großbritan- Betreiber der Homepage ist der Kul-
ihr diese „nicht rassistisch genug“ war. nien hervor[gehen]“. turring 3-4, eine Organisation, die der
Der jetzt verbotene „Schutzbund“ weist Nachdem der Versuch, das Machwerk FPÖ nahe steht und deren Adresse iden-
laut Verfassungsschutz „eine Wesensver- im Februar dieses Jahres in einem Wie- tisch ist mit jener der FPÖ-Bezirksorga-
wandtschaft mit dem Nationalsozialis- ner Kino einer breiteren Öffentlichkeit nisation im 3. Bezirk. Als Unterstützer
mus auf“. Forderungen aus NSDAP-Pro- zu präsentieren, scheiterte, wurde es im dieser Homepage werden Aula, aB! Go-
grammen seien teilweise wörtlich über- Heim der Wiener Burschenschaft Gothia thia, Wiener Nachrichten Online, Zur
nommen worden wie auch Bilder aus der aufgeführt. Einer der Mitautoren dieses Zeit sowie der in Oberösterreich aktive
Wahlwerbung der NSDAP. Das verbrei- Filmes, der Deutsche Olaf Rose, ist Vor- neonazistische Bund freier Jugend und
tete Schriftgut habe „auf die Ausweitung standsmitglied der deutschen rechtsex- der in München agierende Veritas-Ver-
des deutschen Lebensraums und auf Ex- tremen Gruppe „Gesellschaft für freie sand angeführt. Geschäftsführer dieses
zesse gegen Nichtdeutsche“ gezielt. Publizistik“ und schon öfters bei rechts- Versandes ist der ehemalige Funktionär
Die Druckerei befand sich im ehemali- extremen und neonazistischen Gruppen der bayrischen Jungen Nationaldemokra-
gen Dorfkonsum von Alt-Krüssow, ei- wie NPD, Hilfsorganisation für nationale ten, Carsten Beck.
nem Ortsteil von Pritzwalk. Von den ins- politische Gefangene und deren Angehö- Neues von ganz rechts - Juni 2006
gesamt 13 Vereinsmitgliedern, denen die rige usw. als Referent aufgetreten. Roses www.doew.at ■

4 : antifaschistische nachrichten 14/2006


18. DGB-Bundeskongress:
„Rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische und
diskriminierende Positionen und Einstellungen bekämpfen!“
Vom 22. bis 26. Mai 2006 tagte einem Antrag und einem Initiativan-
der 18. Ordentliche Bundes- trag – ruft der DGB dazu auf, rechts-
kongress des Deutschen Ge- extreme, fremdenfeindliche und anti-
werkschaftsbundes in Berlin. Themen semitische sowie diskriminierende
waren auch Migrationspolitik und In- Positionen und Einstellungen zu be-
tegration sowie die Auseinanderset- kämpfen. Angesichts der Zunahme
zung mit dem Rechtsextremismus. von rechtextremen Propagandadelik-
ten müssen diese „endlich konsequen-
Da der DGB diese Themenfelder als ter strafrechtlich geahndet werden“.
Querschnittsaufgaben begreift, tauchen Das dürfe sich nicht auf Deutschland
sie in unterschiedlichen Zusammenhän- beschränken: „Der DGB fordert die
gen auf. In seinen „Arbeitsmaterialien Bundesregierung auf, sich nachdrück-
zur Migrationspolitik“ hat der DGB lich im Europäischen Rat für die Ver-
Bundesvorstand die Passagen aus dem abschiedung eines Rahmenbeschlus-
Geschäftsbericht und Beschlüsse des ses zur Bekämpfung von Fremden-
Kongresses dokumentiert, die Stellung feindlichkeit und Rassismus einzuset- Foto: Kongress-Saal, Quelle: DGB/Jürgen Seidel
beziehen und Handlungsempfehlungen zen.“ Neben der rechtlichen Ebene müs-
geben zu den Themen Migration, Inte- se aus Sicht des DGB in Bündnissen, Einstellungen wie Fremdenfeindlichkeit,
gration, Antidiskriminierung und Ausei- Projekten und Aktionen das Engagement Rassismus und Antisemitismus mit sozia-
nandersetzung mit Rechts. Im Einzelnen gegen rechts verstärkt werden. len und ökonomischen Themen wie Ar-
wurden folgende Anträge beschlossen: Der DGB verweist auch auf die Mög- beitsmarktlage, Globalisierung oder Ka-
◗ Initiativantrag „Aktionsplan für Inte- lichkeiten, die sich speziell für Mitglie- pitalismuskritik; sie setzen an Ängsten an,
gration und Chancengleichheit entwi- der ergeben: „Als GewerkschafterInnen, die in unserer Gesellschaft verbreitet sind:
ckeln“ als Betriebs- und PersonalrätInnen wol- Unter dem Deckmantel scheinbar sozial-
◗ Antrag „Integrationsförderung“ len wir insbesondere rechtsextreme Pa- politischer Argumentationen transportie-
◗ Initiativantrag „Kürzung des Etats für rolen und Propaganda aus Betrieben und ren sie antidemokratische und autoritäre
Integrationskurse“ Verwaltungen fern halten, zum Beispiel Positionen und Parolen. Die Angst vor
◗ Antrag „Staatsangehörigkeitsrecht“ über Betriebs- und Dienstvereinbarun- sozialem Abstieg, das Erleben von Unsi-
◗ Antrag „Bildungspolitik 2006 – 2010: gen.“ entnommen Forum Migration 7- cherheit, das Erfahren von sozialer Aus-
Das Recht auf Bildung für alle Men- 06, hrsg. v. DGB-Bildungswerk ■ grenzung und von Entwurzelung sowie
schen Wirklichkeit werden lassen“ Aus dem Antrag „Rechtsextreme, das Gefühl, gedemütigt und herabgesetzt
(Auszüge) fremdenfeindliche und antisemiti- zu werden oder der zunehmenden Kom-
◗ Antrag „Eine gute Schule für alle“ sche und diskriminierende Positio- plexität der modernen Welt nicht mehr ge-
(Auszüge) nen und Einstellungen bekämpfen!“ wachsen zu sein, können Menschen so
◗ Initiativantrag „Alle Mitnehmen – kei- In den vergangenen Jahren haben Gewalt- verunsichern, dass sie für rechtsextreme
nen zurücklassen – niemanden aus- taten mit rechtsextremem Hintergrund in Einstellungen ein offenes Ohr haben oder
grenzen“ beunruhigendem Maße zugenommen. darin gar eine Perspektive zu erkennen
◗ Leitantrag „Für eine soziale Europäi- Dort, wo rechtsextreme Parteien in Parla- glauben. Der DGB-Bundesvorstand / -
sche Union“ (Auszüge) menten vertreten sind, verhalten sie sich Bundeskongress ruft deshalb die Einzel-
◗ Initiativantrag „Rechtsextremismus zunehmend auffälliger und vertreten offen gewerkschaften, Gewerkschaftsmitglieder
nicht länger verdrängen und verharm- fremdenfeindliche, diskriminierende und und die Öffentlichkeit auf, verstärkt die
losen“ antisemitische Positionen. Offensichtlich Auseinandersetzung mit rechtspopulisti-
◗ Antrag „Rechtsextreme, fremdenfeind- fühlen sie sich durch den beunruhigenden schen und rechtsextremen Einstellungen
liche und antisemitische und diskrimi- Anstieg fremdenfeindlicher und antisemi- zu suchen und in Diskussionen und in der
nierende Positionen und Einstellungen tischer Positionen und Einstellungen in Bildungsarbeit alle Chancen zu nutzen,
bekämpfen!“ Deutschland ermutigt, auf den eine 2004 um Menschen den Rücken zu stärken für
Das DGB Bildungswerk bereitet zurzeit veröffentlichte Langzeitstudie hingewie- die Zurückweisung von rassistischen,
in der Schriftenreihe Migration & Quali- sen hat. Im Sommer 2005 hat eine Unter- fremdenfeindlichen, antisemitischen, dis-
fizierung eine Mitteilung zum 18. Or- suchung gezeigt, dass es auch Gewerk- kriminierenden und antidemokratischen
dentlichen DGB Bundeskongress mit al- schaftsmitglieder gibt, die latent bis offen Positionen und Parolen. Wer verhindern
len Beschlüssen, Diskussionsbeiträgen rechtspopulistisches Gedankengut vertre- will, dass Menschen rechtspopulistische
und Grußworten aus der Politik zum ten, ja, dass in manchen Alters- oder Be- Parolen und Einstellungen übernehmen,
Thema Migration, Integration und Chan- rufsgruppen diese Anfälligkeit für rechts- muss diese Ängste ernst nehmen und Ori-
cengleichheit vor. populistische Positionen sogar leicht über entierungen bieten. Dazu gehört Möglich-
Die bislang gesammelten Beschlüsse dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt. Der keiten aufzuzeigen, wie Beschäftigung
und die vom DGB erstellten „Arbeitsma- DGB-Bundesvorstand / -Bundeskongress geschaffen, wie Globalisierung sozial ein-
terialien zur Migrationspolitik: Be- sieht diese Entwicklung mit Sorge. Wir gebettet und wie Auswüchse des kapita-
schlüsse: Beschlüsse zu Migration, Inte- sehen darin eine Herausforderung auch listischen Wirtschaftssystems durch sozi-
gration und Rechtsextremismus des 18. und gerade für uns als Gewerkschaften: alstaatliches Handeln begrenzt werden
Ordentlichen DGB Bundeskongress vom Wir müssen uns verstärkt damit auseinan- können. Nicht zuletzt muss dies mit ei-
22.–26. Mai 2006“ finden sich im Dos- dersetzen, dass die Rechtsextremen von nem unbedingten Eintreten für Demokra-
sier zum Bundeskongress unter www.mi- heute nicht mehr allein mit plumpen The- tie, Menschenwürde und Toleranz verbun-
gration-online.de/ dgb-kongress-2006 In sen im Stil von „Ausländer raus“ arbeiten: den werden. Der DGB wird sich deshalb
zwei Beschlüssen – hervorgegangen aus Sie verbinden klassische rechtsextreme für eine Politik in diesem Sinne einsetzen.

: antifaschistische nachrichten 14/2006 5


Nazis planen am 16. Juli die Anregung zu Engagement und Zivil- bung. „Mit Hinweis auf § 15 des Ver-
Demonstration gegen das courage Raum haben. Das JUZ engagiert sammlungsgesetzes in Verbindung mit §
sich für außerschulische Jugendbildung 130 Abs. 4 des Strafgesetzbuches können
JUZ in diesem Bereich z.B. als Träger im Versammlungen, Kundgebungen und
Mannheim. Auf ihrer Website rufen die „Netzwerk für Demokratie und Courage Demonstrationen verboten werden,
„Nationalen Sozialisten aus der Rhein- Baden-Würt-temberg“ und leistet in die- wenn zu erwarten ist, dass die Würde der
Neckar-Region“ zu einer Demonstration sem Bereich wichtige und gute Jugend- Opfer des Faschismus verletzt wird oder
gegen das Jugendzentrum in Selbstver- arbeit. die Verbrechen des Faschismus gebilligt,
waltung JUZ in Mannheim und gegen Das JUZ ist in Mannheim seit vielen verherrlicht oder rechtfertigt werden.
seine Unterstützung durch öffentliche Jahren ein anerkannter und geschätzter Und genau das ist hier zu erwarten“, be-
Gelder auf. Es ist bisher nicht bekannt, Träger der offenen Jugendarbeit und gründet der DGB seine Forderung. Auch
wie die Mannheimer Stadtverwaltung wird das auch bleiben.“ scr ■ der geplante Nazi-Aufmarsch von Er-
darauf reagiert. Das Mannheimer Bünd- bach nach Michelstadt sowie die Nazi-
nis gegen Rechts wird sich noch treffen, DGB fordert: Kundgebung in Reichelsheim sollen ver-
um ein gemeinsames Vorgehen zu bera- boten werden, fordert der DGB. ■
ten. Das JUZ schreibt in seiner Stellung- Nazi-Aufmärsche verbieten!
nahme: „Für den 15. Juli 2006 wurde Odenwaldkreis. In einer gemeinsamen Nazi-Ehrenmal in Fretterode
von bekannten Aktivisten der hiesigen Erklärung fordern die DGB-Region Star-
Naziszene eine Demonstration unter dem kenburg, der DGB-Kreisverband Oden- Thüringen. Der ,Umzug‘ des SS-Ehren-
Motto „Stoppt die Kumpanei zwischen wald und die DGB-Ortsverbände im mals aus Marienfels nach Fretterode ist
Stadt und militanten Autonomen, keine Odenwaldkreis von Landrat Horst bestätigt. Das geht aus der Antwort des
öffentlichen Gelder für das JUZ Mann- Schnur (SPD) und den betroffenen Bür- Thüringer Innenministeriums auf eine
heim“ in der Mannheimer Neckarstadt germeistern ein Verbot der am 22. Juli Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernin-
mit einer geplanten Zwischenkundge- 2006 geplanten Nazi-Aufmärsche. Der ger (Die Linkspartei.PDS) hervor
bung am Neuen Messplatz, in unmittel- Landrat und die Bürgermeister werden Die Kleine Anfrage 719 vom 3. Februar
barer Nähe des Jugendzentrum in Selbst- aufgefordert, gegen die Aufmärsche der 2006 hatte folgenden Wortlaut:
verwaltung „Friedrich Dürr“, angemel- Nazis alle juristischen Mittel auszu- Nach einem Bericht des Mitteldeut-
det. Die rechtsextreme Gruppierung schöpfen. „Das Grundrecht der Mei- schen Rundfunks am 3. Februar 2005 be-
„Nationale Sozialisten aus der Rhein- nungsfreiheit wird von rechtsextremen absichtigt ein bekannter Neonazi, auf sei-
Neckar Region“ ruft zu dieser Demons- Gruppen regelmäßig missbraucht zur nem Grundstück in Fretterode das aus Ma-
tration auf. Verbreitung ihrer verbrecherischen, men- rienfels stammende so genannte „Ehren-
Offensichtlich wird damit eine Diffa- schenverachtenden, rassistischen und an- mal des I. Panzerkorps der Waffen-SS“ zu
mierung der jahrelangen, erfolgreichen tisemitischen Propaganda. Dem muss errichten. Ich frage die Landesregierung:
Jugendarbeit des JUZ in der öffentlichen endlich ein Riegel vorgeschoben wer- 1. Welche Informationen liegen der
Meinung bezweckt. Das Motto dieser den“, betont DGB-Organisationssekretär Landesregierung diesbezüglich vor?
Demonstration stellt eine Verleumdung Horst Raupp (Darmstadt). 2. Wie bewertet die Landesregierung
unserer Einrichtung dar, ist völlig haltlos Eine besondere Provokation sieht der dieses so genannte „Ehrenmal“?
und provokativ. DGB in der geplanten NPD-Kundge- 3. Wie ist es aus Sicht der Landesregie-
Das Konzept der Selbstverwaltung im bung auf dem Montmelianer Platz in rung rechtlich zu bewerten, dass augen-
JUZ ermöglicht jungen Menschen seit 33 Höchst. Der DGB erinnert daran, dass scheinlich ein Privatgrundstück zu einer
Jahren den direkten Erfahrungsraum ei- auf diesem Platz die frühere Synagoge Wallfahrtsstätte umfunktioniert werden
ner alters-und bedürfnisgerechten, akti- stand, die 1938 von den Nazis überfallen soll?
ven Mitgestaltung ihres Lebensumfeldes und zerstört wurde. Der DGB erinnert 4. Ist von Seiten der zuständigen kom-
und gesellschaftlichen Terrains auf ba- außerdem an die zahlreichen Opfer, die munalen Behörden gegenüber der Landes-
sisdemokratischer Grundlage. Konstitu- die faschistische Gewaltherrschaft auch regierung Unterstützungsbedarf signali-
ierendes Element der Selbstverwaltung im Odenwaldkreis forderte: an den siert worden? Wenn ja, welcher?
ist das ehrenamtliche Engagement junger Höchster SPD-Vorsitzenden und Ge- 5. Was gedenkt die Landesregierung zu
Menschen, die sich einmal wöchentlich werkschafter Wilhelm Fröhlich, der 1933 unternehmen?
zur Vollversammlung treffen, um Regeln von den Nazis erschossen wurde, an die Das Thüringer Innenministerium ant-
auszuhandeln, sich über gemeinsame In- von den Nazis in die Konzentrationslager wortete:
teressen oder Konflikte zu verständigen verschleppten Gegner des Nazi-Re- „... Die Informationen des MDR-Be-
und verbindliche Entscheidungen basis- gimes, die ermordeten Widerstands- richts vom 3. Februar 2006 werden durch
demokratisch im Konsens zu treffen. kämpfer, die Deportation und Vernich- die Landesregierung bestätigt.
Veranstaltungen im JUZ umfassen ein tung der jüdischen Gemeinden, die Er- Zu 2.: Die Landesregierung verurteilt
breites kulturelles Programm mit Partys, mordung von Kriegsgefangenen und die die Pläne zur Errichtung dieses so genann-
Konzerten, Ausstellungen und Lesungen fabrikmäßig organisierte Vernichtung ten „Ehrenmals“, da es in diesem Falle
sowie ein umfangreiches Bildungsange- von Millionen europäischer Juden in den nicht um die Erinnerung geht, sondern um
bot mit politischen Informationsveran- Vernichtungslagern der Nazis. politische Instrumentalisierung durch Ex-
staltungen, Vorträgen und Workshops zu „Eine Kundgebung der neofaschisti- tremisten.
verschiedenen Themen. Darüber hinaus schen NPD auf diesem Platz ist eine Ver- Zu 3.: Im Rahmen geltenden Rechts
wird der Offene Bereich vielfach durch höhnung der Opfer des Faschismus“, steht es jedem frei, nach Belieben über die
Initiativen und Gruppen von außen als stellt der Gewerkschaftssekretär fest. „Es Nutzung seines Eigentums zu bestimmen.
nicht-kommerzieller und ehrenamtlich kann nicht hingenommen werden, dass Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage
organisierter Treffpunkt und Veranstal- Neonazis auf dem Gelände am Gedenk- 5 verwiesen.
tungsort genutzt. stein zur Erinnerung an die Höchster Sy- Zu 4.: nein
Unsere Einrichtung wird zur Ziel- nagoge und die Opfer der faschistischen Zu 5.: Die Landesregierung erwartet
scheibe, da hier eine kritische Auseinan- Diktatur eine Kundgebung durchführen“. von den zuständigen Behörden, dass sie
dersetzung mit Themen wie Rassismus Der DGB fordert deshalb von Landrat alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöp-
und Neonazismus, die Vermittlung eines Horst Schnur und Bürgermeister Reiner fen, um die Errichtung des Ehrenmals zu
demokratischen Wertebewusstseins und Guth (KAH) ein Verbot der Kundge- verhindern. ■

6 : antifaschistische nachrichten 12/2006


Christoph Butterwegge: Auszüge aus einem Vortrag bei der VVN – Bund der Antifaschisten Baden-Württemberg

Die zentralen Herausforderungen für den Antifaschismus:


Globalisierung, Neoliberalismus und Rechtsextremismus
Bei der Landeskonferenz der gungen des Rechtsextremismus. Durch
VVN – Bund der Antifaschis- die ökonomische Globalisierung und die
ten Baden-Württemberg am damit einhergehenden sozialen Verwer-
20./21. Mai hielt Prof. Dr. Christoph fungen gewinnen rechtsextreme Organi-
Butterwege von der Universität Köln sationen bzw. Parteien viele neue Anhän-
einen Vortrag, aus dem wir hier Aus- ger, Mitglieder und Wähler, verbessern
züge dokumentieren. Vollständig sich aber auch ihre politischen Hand-
unter: www.vvn-bda-bawue.de. lungsmöglichkeiten.
2. Der organisierte Rechtsextremis-
Antifaschist(inn)en haben heute eine mus „globalisiert“ sich, indem er trans-
doppelte Aufgabe, die manchmal einem nationale Netzwerke schafft und die Bar-
Spagat gleicht: Sie müssen sowohl die rieren der Kooperation mit ausländischen
Erinnerung an die (deutsche) NS-Ver- Gesinnungsgenossen niederreißt. Prof.
gangenheit wach halten und dafür sor- 3. „Globalisierung“ wird selbst zum Dr. Chris-
toph
gen, dass die Verbrechen des Faschismus Gegenstand der rechtsextremen Agitati- Butter-
und der Widerstand dagegen nicht in Ver- on und Propaganda, was sich einerseits wegge
gessenheit geraten, als auch bemüht sein, in Kampfparolen des traditionellen
in die Zukunft zu blicken und zu analy- Rechtsextremismus gegen die Willkür
sieren, welche Rahmenbedingungen des globalisierten Kapitals und für „deut- Leistungen vorenthalten und/oder sie
künftig im Kampf gegen Rechtsextre- sche Arbeit“ niederschlägt, andererseits durch Zwangsmaßnahmen disziplinie-
mismus und Neofaschismus von Bedeu- Markt, Leistung und Konkurrenz für ren. Es geht also nicht um eine Negation,
tung sind. Ein hierfür entscheidendes Neurechte zur politisch-ideologischen sondern gerade um die – bis zur letzten
Bindeglied zwischen Vergangenheit und Trennlinie macht, an der sich Freund und Konsequenz getriebene – Realisation
Zukunft, das die Gegenwart wesentlich Feind scheiden. herrschender Normen (Beurteilung einer
bestimmt, ist die Globalisierung samt ih- Rechtsextremismus ist – wie alle poli- Person nach der ökonomischen Verwert-
ren Konsequenzen für Wirtschaft, Staat tischen Phänomene – von den jeweiligen barkeit, Leistungsfähigkeit bzw. System-
und Gesellschaft. gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasstheit) und gesellschaftlicher
„Globalisierung“ avanciert immer nicht abzulösen, sondern nur im Kontext Funktionsmechanismen wie der Konkur-
mehr zu einer Schlüsselkategorie bzw. zu der aktuellen Weltmarktdynamik zu ver- renz.
einer Kernideologie unserer Zeit. Ob- stehen. Um die richtigen, Erfolg verspre- Hier wird ein Erklärungsmodell präfe-
wohl oder richtiger: gerade weil dieser chenden Strategien gegen den Rechtsex- riert, das die Konkurrenz als Triebkraft
Terminus vage und vieldeutig ist, liefert tremismus entwickeln zu können, des kapitalistischen Wirtschaftssystems,
er Politik und Publizistik, aber auch den braucht man deshalb Kenntnisse seiner Erblasten der politischen Kultur in
Wissenschaften ein interdisziplinäres Pa- Rolle im bzw. für den gegenwärtigen Ka- Deutschland und aktuell die Globalisie-
radigma, das die epochale Wende nach pitalismus. In letzter Zeit werden die Zu- rung bzw. neoliberale Modernisierung
Ende der Systemauseinandersetzung sammenhänge zwischen der Globalisie- nicht nur des Wohlfahrtsstaates, sondern
zwischen Plan- und Marktwirtschaft rung, neoliberaler Ideologie und rechts- fast aller Bereiche der Gesellschaft für
bzw. (Staats-)Sozialismus und Kapitalis- extremer Mobilisierung in der Fachdis- (Standort-)Nationalismus, Rassismus
mus widerspiegelt. Selbst wenn die Glo- kussion häufiger thematisiert, nachdem und rechte Gewalt verantwortlich macht.
balisierung einen medial erzeugten und sie im Rahmen wissenschaftlicher Ana- Der modernisierte Rechtsextremismus
massenhaft reproduzierten Mythos dar- lysen zum organisierten Rechtsextremis- verklammert Nationalismus und Wirt-
stellt, wie Kai Hafez mit Blick auf die mus lange höchstens eine Nebenrolle ge- schaftsliberalismus in einer Weise mitei-
neuen Medien mutmaßt, erlangt sie spielt hatten. Während uns die organisa- nander, die populistische Anrufungen er-
schon dadurch gesellschaftliche Wir- torische Ebene hier weniger interessiert, möglicht bzw. erleichtert: „Konstruktio-
kungsmächtigkeit, dass subjektive Über- obwohl dort momentan für den Rechts- nen des Nationalen werden (…) als ideo-
zeugungen, die Millionen Menschen extremismus gleichfalls wichtige Verän- logisches Bindemittel genutzt, um sozia-
überall auf der Welt teilen, einen objekti- derungen stattfinden, stehen die inhaltli- le Frustration in autoritäre, obrigkeits-
ven Machtfaktor bilden (Thomas-Theo- che und die Wirkungsebene im Mittel- staatliche Orientierungen zu überfüh-
rem). punkt der folgenden Betrachtungen, weil ren.“
Versteht man unter Globalisierung ei- sie das Fundament einer Ursachenanaly- Neben den ökonomischen Macht- und
nen Prozess, der nationalstaatliche Gren- se bilden. Herrschaftsverhältnissen, die im Zuge
zen überschreitet und der Tendenz nach Faktoren zur Erklärung des zeit- der Globalisierung eine neue Gestalt an-
überwindet, zur Ausweitung wie zur In- genössischen Rechtsextremismus: nehmen, prägt die politische Kultur eines
tensivierung wissenschaftlich-techni- Konkurrenz im Wirtschaftsleben jeden Landes seine extreme Rechte, de-
scher, ökonomischer, politischer, sozialer und politische (Un-)Kultur ren Ideologie, Organisationsstrukturen
bzw. kultureller Beziehungen zwischen Falsch wäre es, Rechtsextremismus als und Führerpersönlichkeiten, aber auch
den Kontinenten führt und zum Schluss Desintegrationsphänomen oder Jugend- die Art und Weise, wie ihnen demokrati-
den ganzen Erdball umspannt, bleibt problem zu begreifen. Sein organisierter sche Kräfte begegnen. Erblasten der po-
auch der moderne Rechtsextremismus Kern ist auch keine Protestbewegung, die litischen Kultur in Deutschland waren
davon nicht unberührt, sondern wird auf sich für sozial benachteiligte Deutsche und sind zum Teil noch immer: ein aus-
drei Ebenen erfasst: einsetzt. Vielmehr grenzt er die Men- geprägtes Freund-Feind-Denken, die Fi-
1. Aufgrund der Globalisierung verän- schen mit Behinderungen, Obdachlose, xierung auf Staat (Etatismus) und Obrig-
dern sich die gesellschaftlichen Rahmen- Homosexuelle und Asylbewerber/innen keit (Untertanenmentalität), politischer
, Entstehungs- und Entwicklungsbedin- gleichermaßen aus, will ihnen staatliche Konformismus und übertriebene Harmo-

: antifaschistische nachrichten 14/2006 7


niesucht, Autoritarismus und Antiplura- Sofern ausgrenzend-aggressive Momen- mehr Opferbereitschaft die Überlegen-
lismus, Antiintellektualismus und Irra- te in der politischen Kultur eines Landes heit des „eigenen“ Wirtschaftsstandortes
tionalismus, ein Hang zum (rechtlichen) dominieren, werden die gesellschaftli- unter Beweis stellen zu müssen, kann
Formalismus, die preußische Ordnungs- chen Verteilungskämpfe zu Abwehrge- „Standortnationalismus“ genannt wer-
liebe sowie eine Schwäche vieler Män- fechten der Einheimischen gegen „Frem- den.
ner für militärische Disziplin. Sie gipfel- de“ und zu interkulturellen Konflikten Konkurrenzfähigkeit wird im Zeichen
ten in einem aggressiv-militanten Natio- hochstilisiert. Die 1991/92 extrem zuge- der Globalisierung zum Dreh- und An-
nalismus, weil Deutschland als „verspä- spitzte Asyldebatte hat nicht nur dem gelpunkt individueller Lebensgestaltung
tete Nation“ (Helmuth Plessner), von der Grundrecht selbst geschadet, sondern und gesellschaftlicher Entwicklung, was
Ungleichzeitigkeit zwischen Industriali- auch die Verfassung und die demokrati- nicht ohne Konsequenzen für das soziale
sierung und Demokratisierung geprägt, sche Kultur der Bundesrepublik lädiert. Klima bzw. die politische Kultur bleibt:
wenn nötig auch mit Waffengewalt einen Gudrun Hentges erklärt die Brisanz „Die Betonung des ökonomischen Nut-
„Platz an der Sonne“ – das meinte: Welt- und Resonanz der im Oktober 2000 ent- zenkalküls sieht nicht nur von schlichten
machtstatus – zu erlangen suchte. brannten „Leitkultur“-Diskussion mit mitmenschlichen Verpflichtungen ab, sie
Trotz verheerender Niederlagen in dem Zeitpunkt, zu welchem sie geführt grenzt auch all jene aus, die uns tatsäch-
zwei Weltkriegen wurzelt der Glaube, wurde: „Ein Jahrzehnt nach der Auflö- lich oder vermeintlich nur zur Last fal-
dass „wir Deutsche“ ein besonders flei- sung des sozialistischen Staatensystems len.“ Für die Nichtdeutschen in Deutsch-
ßiges, tüchtiges und begnadetes Volk sei- und der Wiedervereinigung der beiden land ergaben sich automatisch ungünsti-
en, noch immer tief im Massenbewusst- deutschen Staaten stellt sich die Frage gere Aufenthaltsbedingungen: „In einer
sein. nach der ‚selbstbewussten Nation‘ neu – Situation, in der das ‚ganze Volk‘ ange-
Deutschnationalismus, Kulturrassis- nicht nur in der sog. Sicherheits- und halten wird, ‚den Gürtel enger zu schnal-
mus und Wohlstandschauvinismus Verteidigungspolitik, sondern auch im len‘, liegt es auf den Stammtischen, dass
nach der Wiedervereinigung Bereich der Ausländer- und Asylpolitik.“ ‚Fremde‘, seien es Arbeitsmigranten,
Gegenwärtig avancieren Themen der Asylbewerber oder Flüchtlinge, nicht
Die deutsche Vereinigung hat den Natio- Rechten zu Themen der Mitte: Zuwande- auch noch von den ohnehin knappen
nalismus wieder zu einer relevanten Grö- rung, Nationalbewusstsein und demogra- Mitteln bedient werden können.
ße gemacht. Nun bekamen Kräfte spür- fischer Wandel sind Beispiele dafür, wie ‚Deutsch sein‘ heißt unter den Bedingun-
bar Auftrieb, denen „das Nationale“ im- die Ethnisierung und Kulturalisierung gen des modernen Wohlfahrtsstaates, den
mer schon mehr als „das Soziale“ am sozialer, politischer sowie ökonomischer eigenen Wohlstand zu verteidigen und
Herzen gelegen hatte. Prozesse voranschreiten. „Offenbar be- Ansprüche anderer Gruppen zu delegiti-
Zwar konnten REPublikaner, DVU dienen alle etablierten Parteien in unter- mieren und abzuwehren.“
und NPD von dem „Jahrhundertereignis“ schiedlichem Maße Themen, die ideolo- Dadurch eröffnen sich dem Rechtsex-
nicht profitieren, sondern eher die Uni- gische Schnittmengen zwischen sich und tremismus ideologische Anknüpfungs-
onsparteien, als eigentliche Sieger fühl- rechtsextremen Ideologien erzeugen.“ punkte, die es vorher nicht oder nur be-
ten sich aber jene, die nach „Mittel- Dabei übernimmt der Wohlstandschauvi- grenzt gab. Je enger die Verteilungsspiel-
deutschland“ nun auch die ehemaligen nismus zunehmend jene Rolle, die der räume einer Gesellschaft (gemacht) wer-
Ostgebiete des sog. Dritten bzw. Groß- Antisemitismus für NS-Agitatoren spiel- den, desto mehr wächst die Versuchung,
deutschen Reiches „heimholen“ wollten. te: „Er steht im Zentrum des öffentlichen sog. Randgruppen von bestimmten Res-
Wiewohl es nach der Vereinigung von rechten Diskurses und stellt die wichtigs- sourcen auszuschließen. Ethnisierung ist
DDR und Bundesrepublik weder hüben te Schnittstelle zum Alltagsdenken der ein dafür geeigneter Exklusionsmecha-
noch drüben einen „Nationalrausch“ Bevölkerung dar.“ Gleichzeitig hat der nismus, der Minderheiten konstruiert,
(Wolfgang Herles) gab, hat eine partielle Antisemitismus wieder Hochkonjunktur, diese negativ („Sozialschmarotzer“) eti-
Renationalisierung der Politik und der was nicht zuletzt auf die ökonomische kettiert und damit Privilegien zementiert.
politischen Kultur stattgefunden. Die am Globalisierung zurückzuführen ist. Vordergründig geht es bei der Ethnisie-
20. Juni 1991 getroffene Entscheidung Beschleunigung der Rechtsentwick- rung um die „kulturelle Identität“; dahin-
des Parlaments, in das Reichstagsgebäu- lung im Diskurs über Zuwanderung ter stecken aber meist handfeste Interes-
de nach Berlin überzusiedeln, wurde zu- am „Wirtschaftsstandort“ sen und Konflikte, knappe bzw. ver-
mindest in Teilen der Öffentlichkeit als knappte gesellschaftliche Ressourcen be-
Distanzierung von der „Bonner Repu- Von der „Leitkultur“-Diskussion, in die treffend. Zuerst werden „die Anderen“
blik“, als definitive Abkehr von der sich auch rechtsextreme Medien ein- stigmatisiert und ausgegrenzt; mit der
Westorientierung und „Rückbesinnung mischten, führte ein gerader Weg zur Konstituierung bzw. Konturierung einer
auf die Nation“ interpretiert. Seit nicht „Nationalstolz“-Debatte, wie schon von nationalen oder einer „Volksgemein-
mehr zwei Teilstaaten existieren, er- der Asyldiskussion zur Standortdebatte, schaft“ sind allerdings in der Regel wei-
scheint Deutschland wieder als politi- die Mitte der 1990er-Jahre das Einfalls- ter reichende politische und ökonomi-
sches Kollektivsubjekt, das „selbstbe- tor für eine neue Spielart des Nationalis- sche Ziele verbunden. Mit der Ethnisie-
wusst“ handeln soll und seinen mus darstellte. War zuerst die Angst ge- rung sozialer Beziehungen korrespon-
Bürger(inne)n mehr Leistungs- bzw. Lei- schürt worden, Ausländer nähmen „den diert eine „Kulturalisierung“ der Politik,
densfähigkeit abverlangen muss. Nach Deutschen die Arbeitsplätze“ weg, so die nicht mehr – wie früher allgemein
der neoliberalen Standortlogik geführt, entstand nunmehr der Eindruck, das üblich – auf materielle Interessen zu-
ist dieser Deutschland-Diskurs nicht frei deutsche Kapital entschwinde ins Aus- rückgeführt, sondern auf die Wahrung
von apokalyptischen Untertönen. Ge- land. Massenmedien spielten bei dieser kollektiver Identitäten reduziert wird.
nannt seien nur die Bestseller von Mein- Panikmache eine Schlüsselrolle. Typisch Globalisierung, als neoliberale Moder-
hard Miegel, Hans-Werner Sinn und Ga- war die Titelzeile „Hochsteuerland nisierung ins Werk gesetzt, führt zu di-
bor Steingart. Deutschland: Haut Daimler ab in die versen Spaltungen: Die soziale Polarisie-
Politisch-kulturelle Traditionen ent- USA?“ auf Seite 1 der Bild-Zeitung am rung innerhalb der wie auch zwischen
scheiden mit darüber, auf welche Art 6. Oktober 1999. den einzelnen Gesellschaften (Zentren
eine Wirtschaftskrise oder eine gesell- Das verbreitete Bewusstsein, auf den und Peripherie); Dualisierung transnatio-
schaftliche Umbruchsituation, etwa Weltmärkten einer feindlichen Front ge- naler Wanderungen in Experten- bzw.
DDR-„Wende“ und deutsche Wiederver- genüber zu stehen und durch „deutschen Elitenmigration einerseits und Elendsmi-
einigung, kollektiv „verarbeitet“ werden. Erfindungsgeist“, größeren Fleiß und gration andererseits; eine Krise bzw. ein

8 : antifaschistische nachrichten 14/2006


Zerfall der Städte, durch Marginalisie- balisierungsprozesse – als zur Sicherung des Wohlfahrtsstaates nach Marktgeset-
rung und sozialräumliche Segregation des „eigenen Wirtschaftsstandortes“ un- zen forcieren und die soziale Ausgren-
bedingt, gehören zu den Folgen, auf die bedingt erforderlich – legitimiert wird, zung der weniger Leistungsfähigen in-
Rechtsextremisten eine demagogische, entsteht ein gesellschaftliches Klima, das tensivieren möchten.
aber keineswegs überzeugende Antwort (ethnische) Ab- und Ausgrenzungsbemü- Rechtsextremismus, Rassismus und
geben. hungen stützt. In einer Zeit verschärfter Gewalt sind keineswegs bloß „hinter-
Ein „nationaler Wettbewerbsstaat“ Konkurrenz eine ideologische Rechtfer- wäldlerisch“ anmutende Reaktionswei-
(Joachim Hirsch), der kein herkömmli- tigung der Missachtung ethischer Grund- sen direkt betroffener oder benachteilig-
cher Wohlfahrtsstaat mit einer umfassen- werte und größerer sozialer Ungleichheit ter Gruppen auf Globalisierungs-, neoli-
den Verantwortung für soziale Sicherheit (im Sinne von Ungleichwertigkeit) zu of- berale Modernisierungs- und soziale
und Gerechtigkeit mehr sein möchte, ferieren, bildet laut Franz Josef Krafeld Marginalisierungsprozesse. Vielmehr
verschärft durch seine marktradikale einen Hauptgrund für die wachsende At- verursachen diese auch in der gesell-
Wirtschaftspolitik die soziale Ungleich- traktivität der rechtsextremen Orientie- schaftlichen Mitte bzw. genauer: auf den
heit und bereitet damit den Resonanzbo- rungen. „höheren Etagen“ bedrohliche Erosions-
tendenzen. „Gefahren der Entwicklung –
auch solche der sozialen Desintegration
und rechtsextremer Potentiale – gehen
nicht von der ‚Masse‘ der Bevölkerung
aus. In der politischen Qualifikation der
alten und neuen Eliten liegt das Pro-
blem.“
Die neoliberale Modernisierung be-
wirkt auch eine Umstrukturierung, poli-
tisch-organisatorische wie geistig-ideo-
logische Ausdifferenzierung und Duali-
sierung des Rechtsextremismus, der seit-
her in einen traditionalistischen und ei-
nen modernistischen Flügel zerfällt. So-
zialstrukturell zieht ersterer primär die
Globalisierungs- bzw. Modernisierungs-
verlierer, letzterer besonders die Globali-
sierungs- bzw. Modernisierungsgewin-
ner in seinen Bann. Über einen längeren
Zeitraum hinweg dominieren Mischfor-
men in Gestalt rechtspopulistischer Par-
teien, die soziale Aufsteiger ebenso an-
den für gesellschaftliche Ausgrenzungs- In der „Berliner Republik“ weht ein zusprechen suchen wie sozial Benachtei-
und Ethnisierungsprozesse. Je mehr die neokonservativer Zeitgeist durch Minis- ligte.
Konkurrenz gegenwärtig in den Mittel- terien, Gerichtssäle und Redaktionsstu- Wenn die Kritik an einem angeblich
punkt zwischenstaatlicher und -mensch- ben. Da ihm die rot-grüne Bundesregie- überbordenden, die Wirtschaft lähmen-
licher Beziehungen rückt, umso leichter rung wenig entgegenzusetzen hatte, son- den und den „eigenen“ Standort gefähr-
lässt sich die ethnische bzw. Kulturdiffe- dern sich am Ende noch stärker als zu denden Wohlfahrtsstaat im Zentrum der
renz politisch aufladen. Gegenwärtig Beginn ihrer Amtszeit in „Neoliberalis- Wahlkampfpropaganda einer Rechtspar-
greift verstärkt ein Trend zum „hedonis- mus light“ und einem prinzipienlosen tei steht, spricht Frank Decker von „öko-
tisch-konsumistischen Sozialdarwinis- Pragmatismus erging, gewannen christ- nomischem Populismus“, den er gegen-
mus“ um sich: „Nach dem globalen Sieg lich-abendländische Werte und Traditio- über einer „politischen“ (bzw. „institu-
der Marktwirtschaft hat jenes Prinzip, nen wieder an Bedeutung. Durch die Bil- tionellen“) sowie einer „kulturellen“ Va-
demzufolge der Stärkere sich durchsetzt dung der Großen Koalition von riante des Phänomens abhebt. Zwischen
und das Schwache auf der Strecke bleibt, CDU/CSU und SPD erhielten nationale dem Neoliberalismus und der Neuen
noch an Plausibilität gewonnen. Der ak- Stimmungen weiteren Auftrieb, wie das Rechten, die sich fast überall extrem
tuelle Rechtsextremismus und Rechtspo- Motto „Gemeinsam für Deutschland – marktradikal gebärdete, bevor sie – of-
pulismus beruhen auf einer Brutalisie- mit Mut und Menschlichkeit“ des am 18. fenbar aus wahltaktischen Gründen –
rung, Ethnisierung und Ästhetisierung November 2005 unterzeichneten Koaliti- Konzessionen an breitere Schichten (Ar-
alltäglicher Konkurrenzprinzipien.“ onsvertrages zumindest ahnen lässt. beitermilieu, sozial Benachteiligte)
Sozialdarwinismus fällt nicht vom Ausdifferenzierung des Nationalis- machte, besteht ein politisch-ideologi-
Himmel, wurzelt vielmehr in der Erfah- mus und Dualisierung des Rechts- sches Interdependenzverhältnis. „Selbst
rungswelt einer Jugend, die durch das extremismus dort, wo neue rechtsradikale Parteien
kapitalistische Leistungsprinzip, die All- ihre wirtschaftsliberale Rhetorik ein-
gegenwart des Marktmechanismus und Kernideologien, organisatorische For- schränken, bedeuten die Konsequenzen
den Konkurrenzkampf jeder gegen jeden men, politische Strategien und soziale ihres Aufstiegs Wasser auf die Mühlen
geprägt wird. Rivalität fungiert als Wählerpotenziale des Rechtsextremis- neoliberaler Sozialstaatskritik.“ Man
Haupttriebkraft einer zerklüfteten, zu- mus differenzieren sich im Rahmen der kann beim Rechtsextremismus deshalb
nehmend in Arm und Reich gespaltenen Globalisierung aus: Neben den völki- keinen „Schwenk weg vom Neoliberalis-
Gesellschaft. „Die sozialdarwinistische schen Nationalismus in Bevölkerungs- mus“ diagnostizieren, sondern höchstens
Alltagsphilosophie, die damit einher- schichten, die Angst vor einem „Turbo- ein zeitweiliges Schwanken im Hinblick
geht, erzeugt eine unauffällige, sich von Kapitalismus“ (Edward N. Luttwak) ha- darauf, wie bestimmte Wählerschichten
direkter Gewalt fernhaltende und als ben, tritt ein Standortnationalismus, den am besten erreicht werden.
‚Sachzwang‘ der Ökonomie erscheinen- in erster Linie solche Schichten unter- Krisen- und Auflösungserscheinungen
de Brutalität.“ Wo die Umverteilung von stützen, die von einer neoliberalen Mo- innerhalb des politischen Systems führen
unten nach oben unter Hinweis auf Glo- dernisierung profitieren, den „Umbau“ selbst dann, wenn sich – wie in der Bun-

: antifaschistische nachrichten 14/2006 9


desrepublik bisher – keine rechtspopulis- sich wenig geändert. Da sich innerhalb Während die Alte Rechte auf Traditi-
tische Partei fest etablieren oder auf Dau- des Rechtsextremismus wie an seinen onsbewusstsein, überkommenen Werten
er halten kann, zu tektonischen Verschie- Rändern gegenwärtig Differenzierungs-, und dem Mythos des Reiches basiert,
bungen zwischen seinem Zentrum und Umorientierungs- und Neuformierungs- setzt die Neue Rechte eher auf Innovati-
der Peripherie, die sich quasi „nach in- prozesse abspielen, aber bisher kein Kri- onsbereitschaft, geistige Mobilität und
nen“ bewegt, was Ursula Birsl und Peter terium existiert, nach dem man zwischen den Mythos des Marktes. Nicht bloß ihre
Lösche mit folgenden Worten kommen- Alter und Neuer Rechter unterscheiden „antiliberale Grundhaltung“ à la Carl
tieren: „Die äußerste Rechte befindet kann, sollte die Stellung einer Partei, Or- Schmitt, sondern mehr noch ihre wirt-
sich nicht mehr am Rand des politischen ganisation oder Person zur Globalisie- schaftsliberale Grundhaltung à la Adam
Spektrums, sondern in dessen Mitte.“ rung, zur Liberalisierung der Märkte Smith ist für die Neue Rechte kennzeich-
Wilhelm Heitmeyer vertritt sogar die oder zur neoliberalen Standortlogik bzw. nend. Typisch für den besagten Um-
weiter gehende These, „daß sich ein au- -politik einen inhaltlichen Differenz- schwung war ein wirtschafts- und sozial-
toritärer Kapitalismus herausbildet, der punkt bilden. Als „neurechts“ wären politischer Paradigmawechsel, der Pro-
vielfältige Kontrollverluste erzeugt, die Strömungen im Rechtsextremismus tektionismus durch Marktradikalismus
auch zu Demokratieentleerungen beitra- selbst wie auch im politisch-ideologi- bzw. Freihandel, die Zentralisierung der
gen, so daß neue autoritäre Versuchun-
gen durch staatliche Kontroll- und Re-
pressionspolitik wie auch rabiater
Rechtspopulismus befördert werden.“
Noch in anderer Hinsicht bereitet die
neoliberale Hegemonie, die außer der
„sozialen Symmetrie“ auch die Demo-
kratie gefährdet, den Nährboden für
Rechtsextremismus und Neofaschismus.
Die scheinbare Übermacht der Ökono-
mie der Politik gegenüber bzw. transna-
tionaler Konzerne dem einzelnen Natio-
nalstaat gegenüber zerstört den Glauben
vor allem vieler junger Menschen an die
Entwicklungsfähigkeit und Gestaltbar-
keit der Gesellschaft, treibt sie früh in die
Resignation und verhindert so demokra-
tisches Engagement, das im oft beschwo-
renen „Zeitalter der Globalisierung“ nö-
tiger denn je wäre. Proteste gegen Sozialabbau, Köln Foto: www.arbeiterfotografie.com

Marktradikalismus, Wirtschaftsfun-
damentalismus und Wettbewerbs- schen Grenzland zwischen diesem und Staatsmacht durch Privatisierung bzw.
wahn als Merkmale einer Neuen dem Neoliberalismus zu bezeichnen, die Entbürokratisierung und die „Volks-“
Rechten Marktradikalismus mit Standortnationa- durch die „Standortgemeinschaft“ er-
Armin Pfahl-Traughber benutzt den Ter- lismus kombinieren. Zur „alten Rechten“ setzt. Die Neue Rechte ist heute nicht
minus „Neue Rechte“ als Sammelbe- würden nur Personen, Organisationen mehr einer völkischen Blut-und-Boden-
zeichnung für eine geistig-intellektuelle und Positionen zählen, die sich auf den Romantik verhaftet, sondern viel stärker
Strömung des Rechtsextremismus, die in völkischen Nationalismus stützen. markt-, wettbewerbs- und leistungsorien-
der Tradition der Konservativen Revolu- Die beiden Hauptflügel des Rechtsex- tiert. Pointiert formuliert: Statt fremder
tion steht. Unter dieser Bezeichnung fir- tremismus bieten unterschiedliche Inter- Länder will sie neue Absatzmärkte er-
mierten verstreute, in sich wenig homo- pretationsmuster zum Verständnis der obern.
gene Diskussionszirkel, Gruppen und Gesellschaftsentwicklung an, haben ge- Mit unterschiedlichen, wenn nicht ge-
Publikationen, die nach dem Ersten gensätzliche Haltungen zur Globalisie- gensätzlichen Positionen zu Marktwirt-
Weltkrieg entstanden und spätestens rung und werben um ganz andere (Wäh- schaft, Privatisierung und Deregulierung
1933 vom Nationalsozialismus aufgeso- ler-)Schichten: hat sich eine neue Scheidelinie zwischen
gen bzw. unterdrückt wurden. Ihre nam- Während sich die marktradikal-mo- den Fraktionen im ultrarechten Lager he-
haftesten Vertreter waren Ernst Jünger, dernistische Richtung an „Globalisie- rausgebildet. Insofern gibt die Zweitei-
Edgar Julius Jung, Arthur Moeller van rungsgewinner“ wendet, denen es zu- lung des Nationalismus, seine Ausdiffe-
den Bruck, Ernst Niekisch, Carl Schmitt mindest so lange relativ gut geht, wie renzierung in einen völkisch-traditiona-
und Oswald Spengler. Unklar bleibt je- deutsche (Groß-)Unternehmen hohe Ge- listischen und einen modernistischen
doch, warum gerade jene Ideologievari- winne erzielen, lenkt die traditionell-pro- bzw. Standortnationalismus ein geeigne-
ante des Rechtsextremismus als „neu“ tektionistische Fraktion des Rechtsextre- tes Klassifikationsraster zur Unterschei-
klassifiziert werden soll, die Gedanken mismus den wachsenden Unmut von der dung zwischen der Alten und der Neuen
aus längst vergangener Zeit – der Wei- Lage auf dem Arbeitsmarkt oder dem Rechten ab.
marer Republik – aufgreift und über- starken Konkurrenzdruck für Handwer- Ohne „den nach wie vor zentralen
nimmt, ohne dabei besonders kreativ zu ker, Einzelhändler/innen und Kleinge- Stellenwert des völkischen Nationalis-
sein und eigene Akzente zu setzen. werbetreibende frustrierter „Globalisie- mus für die Neue Rechte“ zu leugnen,
Plausibler wäre es, als „Neue Rechte“ rungsverlierer/innen“ auf ihre Mühlen. wie Friedemann Schmidt unterstellt, ist
jene Kräfte zu bezeichnen, die durch Be- Rechtspopulistische Parteien suchen zu berücksichtigen, dass sich die neoli-
nutzung der sog. Neuen Medien viele Ju- manchmal sogar beide Gruppen glei- berale Standortlogik damit amalgamiert
gendliche erreichen und nach Meinung chermaßen in einem politischen Spagat und heute vor allem bei Wirtschaftseliten
mancher Beobachter auch eine Gefahr für sich zu gewinnen, was allerdings auf viel größere Akzeptanz trifft als man-
eigener Qualität darstellen. Eine solche auch kontraproduktiv sein sowie zu che traditionelle Ideologieelemente.
Typologisierung bliebe freilich rein for- Glaubwürdigkeitsverlusten in der Öf- Standortnationalismus lädt sich jedoch
mal, denn politisch-ideologisch hätte fentlichkeit führen kann. im wiedervereinten Deutschland mit sei-

10 : antifaschistische nachrichten 14/2006


ner historischen Belastung durch die NS- Politikfeld geworden, auf das sich pro- Bundesarbeitsgemeinschaft
Vergangenheit immer noch völkisch auf. grammatische Bemühungen und Agitati- zur Demokratieentwicklung
Der traditionelle Rechtsextremismus onskampagnen fast der gesamten rechts-
war ein Befürworter der ökonomischen extremen Szene konzentrieren.“ Die gegründet
Staatsintervention und sozialer Prozess- Neue Rechte verbindet unter Bezugnah- Als ein Zweckbündnis für Demokratie-
steuerung. Paternalismus, Protektionis- me auf negative Folgewirkungen der entwicklung entstand am 8. Juni 2006 in
mus und (Sozial-)Patriotismus prägten Globalisierung die soziale mit der „Aus- Berlin eine Bundesarbeitsgemeinschaft
seine Wirtschafts- bzw. Gesellschaftspo- länderfrage“. Dadurch gewinnt sie leich- (BAGD). Mehrere nichtstaatliche und
litik. Gefahr droht allerdings weniger ter Anschluss an die neoliberale Sozial- parteiunabhängige Organisationen, Initia-
von einer Wiederbelebung völkischer staatskritik und hegemoniale Diskurse, tiven und Vereine schlossen sich zusam-
Mystik durch Neonazis, die sich auf dem was eine historisch bedeutsame Verände- men, um für eine Politik der partizipativen
Obersalzberg treffen, zum Kyffhäuser rung im rechten Lager darstellt. Demokratie mit menschenrechtlichen
pilgern oder alljährlich ins oberfränki- Die politisch-ideologischen Übergän- Standards, die Antisemitismus, Rassismus
sche Wunsiedel wallfahrten, wo der Hit- ge zwischen Neoliberalismus und Neuer und Rechtsextremismus als erhebliche
ler-Stellvertreter Rudolf Heß begraben Rechter sind fließend, etwa im Hinblick Gefährdung von Demokratie versteht, zu
liegt, als von einer modernistischen auf die Wohlfahrtsstaatskritik. Das be- werben. Sie sprechen sich dafür aus,
Fraktion, die das Konzept der „Standort- weisen Buchautoren wie Roland Baader Maßnahmen gegen Rechtsextremismus
sicherung“ zuspitzt und dafür die Unter- oder Alfred Zänker, die als Grenzgänger als Investition in die demokratische Kul-
stützung mächtiger Wirtschaftskreise er- fungieren, zumal ihnen neurechte Publi- tur Deutschlands zu verstehen. Ein zentra-
wartet. kationsorgane offen stehen. „Neurechte les Anliegen ist es daher, dem befürchte-
Rechtsextremismus, Rechtspopulis- Autoren nehmen das neoliberale Frei- ten Kompetenzverlust im Rahmen des ab
mus und Neue Rechte – eine Gefahr heitsverständnis auf, um es in Anlehnung 2007 neu geplanten Bundesförderpro-
für die Demokratie? an die neoliberale Kritik am Sozialstaat gramms entgegenzuwirken, indem die
polarisierend gegen das Gleichheitsprin- Opferberatungsstellen, die Mobilen Bera-
Der modernisierte Rechtsextremismus/- zip auszuspielen.“ Gerd Wiegel sieht die tungsstellen und die Netzwerkstellen als
populismus hat mit dem „alten“ Faschis- Geistesverwandtschaft zwischen der dauerhafte Instrumente für Demokratie-
mus zwar viele Grundprinzipien gemein, Neuen Rechten sowie den politischen entwicklung verankert werden.
ist jedoch ohne Bezug auf die Parolen Machthabern und den etablierten Partei- Zu den Gründerorganisationen gehören
des Neoliberalismus schwerlich vorstell- en in einer Relativierung bzw. Auflösung Opferperspektive Brandenburg e.V., RAA
bar. Die rechte Wertetrias, so scheint es, des Sozialen. Er weist darauf hin, „dass Berlin e.V., Verein für demokratische Kul-
bilden nicht mehr „Führer, Volk und Va- auch in der Mitte die Antworten auf die tur e.V., Kulturbüro Sachsen e.V., Amadeu
terland“, sondern Markt, Leistung und soziale Frage nur noch aus Elementen Antonio Stiftung, Mobiles Beratungsteam
Konkurrenzfähigkeit (des Industrie- rechter Ideologie bestehen, dass also die Thüringen (MOBIT) und die Opferbera-
standortes): Privatisierung sozialer Risi- Vorstellung der prinzipiellen und anthro- tung der RAA Sachsen e.V. Die BAGD
ken, öffentlicher Unternehmen und pologisch begründeten Ungleichheit an wird durch einen SprecherInnenrat vertre-
Dienstleistungen, Deregulierung des Ar- die Stelle von Solidarität, Emanzipation ten, dem Grit Hanneforth, Roman Ronne-
beitsmarktes und Flexibilisierung der und Gleichheit getreten ist.“ berg, Britta Kollberg, Anetta Kahane, Grit
Beschäftigungsverhältnisse bilden jene Die parlamentarische Demokratie ist Armonies, Andreas Stäbe, Matthias Mül-
Zauberformel, mit der man die Zukunft keineswegs, wie oft behauptet, ein politi- ler, Brigitte Moritz, Dominique John und
des „Standortes D“ sichern will. Das alt- scher Verwandter der kapitalistischen Bianca Klose angehören.
backen klingende Wort „Volk“ braucht Marktwirtschaft, vielmehr akut bedroht, In die gleiche Richtung zielt ein weite-
die Neue Rechte gar nicht mehr, um ihre wenn sie mächtigen Wirtschaftsinteres- res Projekt, das ebenfalls und nicht zufäl-
Politik, Programmatik und Praxis zu be- sen im Wege steht. Neokonservative und lig in Schwerin auf die Reise geschickt
gründen, zumal es immer schon eine Le- Standortnationalisten träumen von einem wurde. Nach längerer Vorbereitungszeit
gitimationsbasis für die Machtansprüche „schlanken“, aber nichtsdestoweniger fiel der Startschuss für „mehr Unterneh-
elitärer, sich überlegen dünkender Min- schlagkräftigen Staat. Während man die merengagement gegen rechte Alltagskul-
derheiten bildete. Sozialfunktionen des Staates stutzen und tur“. Dazu hat sich der Leipziger Gas-
Obwohl ihr weiterhin das Image der Wohlfahrtsleistungen für Bedürftige Großhändler Verbundnetz AG verpflich-
„Ewiggestrigen“ und der „Unbelehrba- stornieren will, sollen seine Repressions- tet. Das neue „Verbundnetz für Demokra-
ren“ anhaftet, versucht die Neue Rechte, apparate (Polizei, Justiz und Geheim- tie und Toleranz“ beginnt die Arbeit in
sich „an die Spitze des Fortschritts“ zu dienste) gestärkt werden. Mecklenburg-Vorpommern und soll 2007
setzen, was deshalb möglich erscheint, Wer die Ökonomie verabsolutiert, ne- auch über die anderen neuen Bundeslän-
weil sie im Unterschied zu den etablier- giert im Grunde die Politik und die re- der gespannt werden. Die Federführung
ten Parteien selbst die verheerendsten präsentative Demokratie, weil sie Mehr- liegt beim Zentrum für Demokratische
„Kollateralschäden“ von Marktradikalis- heitsentscheidungen zum Fixpunkt ge- Kultur Berlin (ZDK). Die Gasverbund-
mus und Wettbewerbswahn nicht scheut, sellschaftlicher Entwicklungsprozesse netz AG schießt eine fünfstellige Summe
sondern die Devise „Noch mehr Markt, macht und nicht das Privateigentum an zu. Wichtig ist vor allem, dass die Ver-
aber weniger Demokratie wagen!“ aus- Produktionsmitteln. bundnetz AG helfen will, ihre „Kunden“
gibt. Selbst das Grundgesetz der Bundesre- mit ins Boot zu nehmen, d.h. also kom-
Zwar verfügt die Neue Rechte nicht publik ist Neoliberalen ein Dorn im munale Stadtwerke und viele Bürgermeis-
über die Staatsmacht, aber sie beeinflusst Auge, gilt es doch, sein Sozialstaatsge- ter. Mit ihnen soll lokale, praxisbezogene
die politische Kultur der Bundesrepu- bot außer Kraft zu setzen und dem Markt Demokratiebewusstseinsförderung in
blik, indem sie den öffentlichen Diskurs nicht nur Vor-, sondern auch Verfas- Gang gesetzt werden. Verbundnetz AG
zu dominieren, Themen zu bestimmen sungsrang einzuräumen. Dabei stören hofft auf entsprechende Nachahmer in der
und Begriffe umzudeuten sucht. Wie die demokratische Willensbildungs- und Wirtschaft. Geschaltet wurde inzwischen
„alte“ wendet sich die Neue Rechte so- Entscheidungsprozesse, die meistens eine neue Website der AG mit dem Titel
zioökonomischen Fragen zu, die im Zei- (zu) lange dauern, Prinzipien wie die Ge- „verbundnetz-fuer-demokratie-und-tole-
chen der Globalisierung tendenziell an waltenteilung und föderale Strukturen, ranz.de“.
Bedeutung gewinnen. „Wirtschaft und weil sie Macht beschränken, sowie der Newsletter AG Rechtsextremismus/
Soziales sind inzwischen das zentrale Konsenszwang eines Parteienstaates. ■ Antifaschismus der Linkspartei. PDS ■

: antifaschistische nachrichten 14/2006 11


: ausländer- und asylpolitik
gezahlt werden dürfe. Ein entsprechen-
der Hinweis ist zudem auf jedem Gut-
schein abgedruckt. Eine Kontrolle darü-
ber, wie diese Vorgabe von den Unter-
Internationale Koalition FIFA-WM keine Massenabschiebungen nehmen umgesetzt wird, gäbe es nicht,
gegen die Inhaftierung von ab Düsseldorf oder Baden-Airport in den so Kerstin Oehl. „Zudem liegen uns kei-
Flüchtlingen gegründet Kosovo durch. Leider ist zu befürchten, ne Beschwerden von Asylbewerbern
dass anschließend alle Hebel in Bewe- vor.“
Berlin. Auch weltweit verstärkt der Je- gung gesetzt werden, um diese Ausfälle Angesichts der geringen Finanzmittel,
suiten-Flüchtlingsdienst jetzt seinen Ein- zu „kompensieren“. mit denen Flüchtlinge auskommen müs-
satz für Menschen in der Abschiebehaft. Was Rückführungen in den Kosovo sen, schlagen nicht ausbezahlte Restbe-
Zum heutigen Weltflüchtlingstag hat der betrifft, wird vermutlich auch ein neues träge von nur wenigen Cent schnell ne-
JRS eine „Internationale Koalition ge- Papier des UNHCR, wonach ethnische gativ zu Buche: Der Regelsatz für einen
gen die Inhaftierung von Flüchtlingen“ Minderheiten im Kosovo weiterhin unter erwachsenen Flüchtling liegt derzeit bei
gegründet. Ihr gehören über 100 Mitglie- Gewalttaten zu leiden hätten, die Regie- 158,50 Euro in Wertgutscheinen, hinzu
der in 36 Ländern weltweit an. Mit dieser renden nicht sonderlich beeindrucken. kommt ein Taschengeld von 40,90 Euro
Koalition will der JRS auf die Situation Nicht viel besser ergeht es Roma, die in bar. „Natürlich wäre es weniger um-
von Flüchtlingen, Asylsuchenden und nach Serbien abgeschoben werden, wie ständlich, den Flüchtlingen das Geld
Migranten und nicht zuletzt von Men- aus einem Papier aus Konstanz hervor- vollständig in bar auszubezahlen“, sagt
schen in der Abschiebehaft verstärkt auf- geht. Umso erfreulicher ist auf der ande- Kerstin Oehl. Allerdings ließen die ge-
merksam machen. Regierungspolitiker ren Seite, dass bereits mindestens zwei setzlichen Vorgaben des Landes Nieder-
werden aufgefordert, sich für einen bes- Städte in Baden-Württemberg Resolutio- sachsen der Stadt in dieser Hinsicht kei-
seren Schutz der Inhaftierten und einen nen für ein Bleiberecht von Minderhei- nen Handlungsspielraum. Dieses Verfah-
größeren Respekt vor den Menschen- ten aus dem Kosovo, die seit vielen Jah- ren zu ändern, fordern die Grünen schon
rechten einzusetzen. Abschiebehaft dürfe ren hier leben, verabschiedet haben bzw. lange: So hat die Celler Landtagsabge-
nur als letztes Mittel angeordnet, statt- in Kürze verabschieden werden. ordnete Georgia Langhans sich bereits
dessen müsse immer zuerst nach Alter- aus dem E-Mail-Rundbrief des Flücht- im Jahr 2003 dafür eingesetzt, dass
nativen zur Haft gesucht werden. lingsrats Baden-Württemberg ■ Kommunen selbst entscheiden dürfen,
Die Koalition bringt eine Vielzahl füh- ob sie Asylbewerbern Gutscheine oder
render internationaler NGOs mit dem Fragwürdiger Umgang mit Bargeld aushändigen. Im jetzt formulier-
Ziel einer Verbesserung der Situation ten Antrag fordert die Stadtratsfraktion
von Abschiebehäftlingen zusammen: Wertgutscheinen der Partei die Verwaltung zum wieder-
von Amnesty International, Human Celle. Geschäfte zahlen Restbeträge holten Mal auf, Unternehmen wie Wal-
Rights First, Human Rights Watch über nicht an Asylbewerber aus, die Lebens- Mart zur Änderung ihrer Geschäftspraxis
den Jesuiten-Flüchtlingsdienst, dem Lu- mittel nur auf Gutschein kaufen können. anzuhalten.
therischen Immigrations- und Flücht- Eine Praxis, die von den Celler Grünen Quelle: arbeitskreis asyl goettingen
lingsservice, die Vereinigung der Frauen wiederholt kritisiert wurde. Jetzt will die /Nds. Flüchtlingsrat ■
für Flüchtlingsfrauen und -kinder bis hin Stadtrats-Fraktion der Partei einen neuen
zum Weltkirchenrat und eine Anzahl na- Antrag auf den Weg bringen, um zu er- Bundesregierung will
tionaler NGOs. reichen, dass die Unternehmen dieses
Erst im Mai 2006 hatte in Berlin der Geschäftsgebaren einstellen. Kopfrech- Flüchtlinge loswerden
Aktionskreis Abschiebungshaft, beste- nen muss man können, wenn man als Berlin. Die Bundesregierung entzieht
hend aus 12 namhaften Organisationen Asylbewerber bei Wal-Mart in Celle ein- Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisenge-
und kirchlichen Stellen, unter Federfüh- kaufen geht: Denn wer die Preise für Le- bieten ihren Status und plant weitere ge-
rung des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes bensmittel nicht punktgenau zusammen- setzliche Verschlechterungen des Flücht-
sein aktuelles Positionspapier zur Situa- addiert, so dass eine runde Summe he- lingsschutzes. Der Bundesregierung
tion in der Abschiebungshaft verabschie- rauskommt, hat das Nachsehen – Restbe- scheinen Flüchtlinge daher zunehmend
det. Darin setzt sich dieser kritisch mit träge werden nicht ausbezahlt. unerwünscht, kritisierten amnesty inter-
dem Instrument des Abschiebegewahr- Dies habe „systemtechnische Grün- national (ai) und PRO ASYL anlässlich
sams und den noch immer verbesse- de“, so die zuständige Mitarbeiterin der des Weltflüchtlingstags am 20.6. Vertre-
rungswürdigen Bedingungen in der Haft Celler Wal-Mart-Filiale, die sich auf eine ter beider Organisationen verwiesen bei
auseinander, fordert u.a. kürzere Ver- Absprache mit der Stadt Celle beruft. dem 6. Berliner Symposium zum Flücht-
weildauern, die Gewährleistung von ju- Danach sei vereinbart worden, dass lingsschutz darauf, dass die Bundesre-
ristischem Beistand einschließlich eines „bongenau“ mit den Asylbewerbern ab- gierung die – wegen der Umsetzung von
fairen und transparenten juristischen Ver- gerechnet werde: Wer also für acht Euro EU-Richtlinien notwendige – Änderung
fahrens, ferner einen besseren Schutz einkauft und mit einem Zehn-Euro-Gut- des Zuwanderungsgesetzes nutzt, um
von Minderjährigen, Schwangeren und schein bezahlt, macht einen Verlust in etwa das Alter für den Familiennachzug
psychisch oder physisch Kranken und Höhe von zwei Euro – eine Summe, die bei Flüchtlingen von 18 auf 21 Jahre he-
die Gewährleistung unabhängiger Ärzte nach Angaben der Wal-Mart-Mitarbeite- raufzusetzen. Außerdem sollen nachzie-
und Dolmetscher. rin der Stadt Celle gutgeschrieben wird. hende Ehepartner vor der Einreise
Quelle: Jesuiten-Flüchtlingsdienst / „Von solchen Sonderabsprachen weiß Deutsch lernen und entsprechende
stefan.kessler@jrs.net ■ ich nichts“, sagt Kerstin Oehl, zuständig Kenntnisse nachweisen müssen. „Dies
für die Rechnungsstelle des Fachbe- ist absurd“, sagte Julia Duchrow, ai-
Abschiebepause geht leider reichs Bildung, Jugend und Soziales der Flüchtlingsreferentin. „Wie soll die mit-
Stadt Celle. Es sei im Gegenteil eher so, tellose Ehefrau eines tschetschenischen
vorüber dass die Stadtverwaltung im vergange- Flüchtlings im zerstörten Grosny
Stuttgart. Die Welt ist noch bis 9. Juli nen Jahr sieben große Unternehmen an- Deutsch lernen? Hinzu kommt: Der Vor-
„zu Gast bei Freunden“. Deutschland geschrieben habe, um daran zu erinnern, schlag verstößt gegen Europarecht.“
zeigt sich von seiner besten Seite und dass Wechselgeld in Höhe von bis zu ai und PRO ASYL kritisieren ent-
führt anscheinend während der ganzen zehn Prozent des Gutscheinwertes aus- schieden die Praxis des Bundesamtes für

12 : antifaschistische nachrichten 14/2006


Migration und Flucht (BAMF), Flücht- Duchrow. „Auch in den Kosovo dür-
lingen aus Afghanistan, dem Irak und fen Minderheitenangehörige oder
Angehörigen von Minderheiten aus dem traumatisierte Flüchtlinge nicht ab-
Kosovo den Flüchtlingsstatus zu entzie- geschoben werden.“ ai und PRO
hen, obwohl sie nicht abgeschoben wer- ASYL fordern ein Bleiberecht für
den können. „Damit verlieren diese langjährig Geduldete. In Deutsch-
Menschen soziale Sicherheiten wie etwa land leben fast 200.000 Menschen
ihren Arbeitsplatz“, sagte Bernd Meso- mit einer Duldung, 130.000 davon
vic, rechtspolitischer Referent von PRO seit mehr als fünf Jahren. „Diese
ASYL. „Mit dieser Desintegrationspoli- Menschen leben in ständiger Angst
tik signalisiert die Regierung: Ver- vor der Abschiebung und dem fol-
schwindet aus Deutschland – auch wenn genden Sturz ins Nichts“, sagte Me-
wir euch im Moment nicht abschieben sovic. „Duldung bedeutet ein Leben
können.“ ohne Perspektive. Wir fordern daher
Selbst wenn sich die politische Situati- eine Bleiberechtsregelung und einen
on in diesen Ländern geändert hat – die sert. „Daher sind Abschiebungen von Abschiebestopp, bis eine solche Rege-
Sicherheitslage für die betroffenen Flüchtlingen nach Afghanistan oder in lung in Kraft tritt.“
Flüchtlinge hat sich keineswegs verbes- den Irak nicht zu verantworten“, sagte Quelle: ai-Pressestelle /PRO ASYL ■

Frankreich:

Widerstände gegen Abschiebungen


und gegen das neue Ausländergesetz
Nicht alle Nachfahren von Mi- und christlich geprägte Kampagne gegen Ausreise der aufgespürten Familien ohne
granten sind so populär und be- die rigiden Ausländergesetze hält seit Mo- Papiere zu erzwingen, ohne großes Auf-
liebt wie die Torschützen der naten an. Es hat also nichts mit der kurz- sehen erreichen würde.
französischen Mannschaft (rote Karte fristigen Begeisterung für ,La France Doch die Proteste gegen die Abschie-
für Zinedine Zidane hin oder her). Die black-blanc-beur‘ (das Frankreich der bungen von Minderjährigen hielten an.
Pariser Regierung ist bestrebt, mög- Schwarzen, Weißen und Arabischstäm- In der ersten Juniwoche machte Innen-
lichst schnell viele Jugendliche und Kin- migen) wegen der Erfolge der Fußball- minister Sarkozy, der zugleich der (be-
der ohne gültige Aufenthaltspapiere mannschaft zu tun, wenn Lehrer, Eltern, reits seit November 2003 selbst ernann-
los zu werden. Allerdings stößt sie bei Mitschüler und unterschiedliche Organi- te) Präsidentschaftskandidat der franzö-
ihrem Versuch, dies während der sationen gegen die drohende Abschiebung sischen Konservativen ist, dann ein neu-
Sommerferien zu tun, auf großen ge- von Kindern und Jugendlichen protestie- es, äußerst begrenztes Zugeständnis, das
sellschaftlichen Widerstand. Und das ren. er am 6. Juni 2006 in der Nationalver-
nicht nur bei denjenigen, die sich seit Viele Aktivisten, darunter etliche Pro- sammlung verkündete: Nicht abgescho-
Jahren der Solidarität mit den Sans Pa- minente, unterschrieben Petitionen, mit ben werden sollen Kinder und Jugendli-
piers (Papierlosen) und anderen denen sie sich verpflichten, im Notfall che mit ausländischer Staatsangehörig-
Rechtlosen der Gesellschaft verpflich- Kinder zu verstecken, einige Minderjäh- keit, die in Frankreich geboren sind (mit
tet fühlen. Zu unangenehm ist für viele rige sind bereits bei Helfern unterge- 18 also automatisch französische Staats-
Französinnen und Franzosen die Vor- taucht. bürger werden würden) und keine andere
stellung, dass die Ferien für Schüler, Das Netzwerk Bildung ohne Grenzen Sprache als Französisch beherrschen
die dieselbe Klasse wie die eigenen oder RESF (Réseau éducation sans fron- bzw. zu Hause praktizieren. Wie das nun
Sprösslinge besuchen und die man tières), das es seit ungefähr zwei Jahren überprüft werden soll, blieb reichlich un-
persönlich kennt, zu einer Zeit des Ver- gibt, hat von Anfang an dabei geholfen, klar. Sarkozy behauptete, nach seinen In-
steckens und Abtauchens werden. Kinder und Jugendliche, die von der Ab- formationen betreffe der gewährte Ab-
schiebung bedroht sind, zu verstecken. schiebeschutz 720 Familien.
In Frankreich gilt das allgemeine, laizis- Oftmals kamen sie bei ihren eigenen Gesicherte französische Sprachkennt-
tische und kostenlose Schulsystem als Lehrern zu Hause unter, die von den Mit- nisse gelten als Garantie für die Integrati-
ein Grundpfeiler der Republik. Allen gliedern des Netzwerkes Rechtsberatung on, gleichzeitig entspricht diese Vorge-
Minderjährigen ist das Recht auf Bil- und Unterstützung erhielten. hensweise der Logik des Untersuchungs-
dung garantiert, deswegen dürfen Krite- Innenminister Nicolas Sarkozy hatte berichts über „Kriminalitätsrisiken“, den
rien wie ein legaler Aufenthaltsstatus für im Oktober infolge der öffentlichkeits- der Abgeordnete Jacques-Alain Benisti
unter 18-Jährige auch nicht zur Bedin- wirksamen Proteste den Illegalisierten im November 2004 Sarkozy vorlegte.
gung eines Schulbesuchs gemacht wer- einen Aufschub gewährt: Eingeschulte Demnach steigt das Risiko von »abwei-
den. Die Zahl der Schüler an öffentlichen Kinder und Jugendliche sollten noch bis chendem Verhalten« und Straffälligkeit,
Schulen, die meist zusammen mit ihren Ende des Schuljahres 2005/06 dem Un- wenn die Jugendlichen im Elternhaus ne-
Eltern illegal in Frankreich leben, wird terricht beiwohnen dürfen und erst dann ben Französisch noch eine weitere Spra-
derzeit auf 10 000 bis 50 000 geschätzt. abgeschoben werden. Durch den Auf- che sprechen – könnten sie doch dann
Ihnen gilt die Anteilnahme eines bedeu- schub konnte er kurzfristig den öffentli- auf dem Schulhof in einem Geheimcode
tenden Teils der Öffentlichkeit. Sicher- chen Druck in der Frage der drohenden untereinander kommunizieren, nämlich
lich wäre das Mitgefühl nicht ganz so Abschiebungen mindern. Zudem hatte er in ihrer Muttersprache, und so ungestraft
weit verbreitet, handelte es sich bei den wohl gehofft, dass während der Sommer- Schandtaten gegen ihre Lehrer oder Mit-
Betroffenen nicht um bedrohte Kinder. ferien mit erheblich geringerem Wider- schüler verabreden... (Die rechtsextreme
Die teils politisch, teils eher humanitär stand zu rechnen sei und er sein Ziel, die Wochenzeitung ,National Hebdo‘, die zu

: antifaschistische nachrichten 14/2006 13


40 % im Eigenbesitz des Front National Unterstützergruppen, am 5. Juli durchge- Damit kann der Entwurf nunmehr als-
steht, zollte diesem „Rapport Benisti“ in führt. Dabei wurden in der Hauptstadt bald Gesetz werden und, im Laufe des
ihrer Ausgabe vom 16. Februar 2005 un- nach amtlichen Angaben bisher 2.300 Juli, in Kraft treten.
zweideutigen Applaus.) Anträge verzeichnet. „Erlitten“, das bedeutet, dass Frank-
Am 13. Juni 2006 gab Sarkozy dann reich die Anwesenheit unerwünschter
schließlich eine Dienstanweisung an die Neues Einwanderungsge- oder „unnützer“ Ausländer hinnehmen
Ausländer- und Polizeibehörden heraus, muss. „Ausgewählt“ dagegen darf sich
die die Kriterien zur Abschiebung etwas setz definitiv verabschiedet. nennen, wer Frankreich in Zeiten des Ar-
großzügiger fasst, als eine Woche vorher Aber die Protestbewegung beitskräftemangels in bestimmten Sekto-
angekündigt. Statt ausschließlich für lässt nicht locker... ren – wie dem Pflegebereich oder den
Kinder und Jugendliche, die in Frank- extremen Niedriglohnbereichen – und
reich geboren worden sind, soll der Ab- Unerwünschte Einwanderer haben an- der Neuzusammensetzung des Arbeits-
schiebeschutz jetzt auch zusätzlich für sonsten unter Innenminister Sarkozy ge- kräftereservoirs eine besondere Kapazi-
solche Minderjährige gelten, die vor dem nerell nicht viel zu lachen. Neu an seiner tät anzubieten hat. Die zugrunde liegen-
13. Lebensjahr eingereist sind. Voraus- Politik gegenüber jener seiner konserva- de Philosophie ist exakt dieselbe wie
setzung dafür soll aber sein, dass ihre El- tiven Amtsvorgänger ist unterdessen, jene des Entwurfs für ein eidgenössi-
tern seit mindestens zwei Jahren in dass Nicolas Sarkozy erstmals positiv sches „Bundesgesetz über die Auslände-
Frankreich leben, dass die Kinder seit definiert, wer erwünscht ist – und wer rinnen und Ausländer“, über den am 24.
mindestens einem Schuljahr eingeschult nicht. Der frühere nationalkonservative September dieses Jahres in der Schweiz
sind und die französische Sprache be- Innenminister Charles Pasqua etwa hatte abgestimmt wird, und in dessen Artikel
herrschen. Hinzu kommt das schwam- in einer martialischen Rhetorik von Zéro 23 es heißt: „(...) Aufenthaltsbewilligun-
mig formulierte Kriterium vom „Willen immigration (Null Zuwanderung) ge- gen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit
der Familie zur Integration“ und von der können nur Füh-
„starken Verbundenheit“ mit Frankreich. rungskräften, Spezia-
Über die Einhaltung dieses Kriteriums listinnen und Spezia-
soll der Rechtsanwalt Arno Klarsfeld, listen und anderen
der Sohn von Beate und Serge Klarsfeld, qualifizierten Ar-
als von Sarkozy eingesetzter Vermittler beitskräften erteilt
wachen. werden“. In Nicolas
Deutliche Worte fand Klarsfeld, der Sarkozys Gesetz, das
sich bereits dazu bekannt hat, bei der mutmaßlich im Juli
nächsten Wahl für Sarkozy stimmen zu in Kraft treten kann,
wollen, als er eine Äußerung der Schrift- lautet die Zauberfor-
stellerin Marie Desplechin zurückwies, mel dafür ,Compé-
in der sie indirekt einen Vergleich zwi- tences et talents‘.
schen den geplanten Abschiebungen von Dem französischen
Minderjährigen aus Frankreich mit der Wahlvolk bietet Ni-
Demonstration in Paris am 1. Juli, Foto Lutte Ouvriere
Deportation jüdischer Kinder gezogen colas Sarkozy vor
hatte. (Die Autorin hatte geäußert, dass diesem Hintergrund
man aus der Geschichte gelernt haben sprochen. Aber zugleich konnte er nicht einen Deal an. Dessen Geschäftsgrundla-
sollte, zu protestieren, wenn die eigenen verhindern, dass Menschen das durch ge lautet: Im oberen Bereich öffnen wir
Nachbarn abgeholt werden. Dahinter Gesetze und internationale Abkommen den Arbeitsmarkt – dafür machen wir ihn
stand zweifellos eine gute Absicht, den- garantierte Recht auf Familienzusam- im unteren Feld, wo die Qualifikationen
noch ist es tatsächlich kritikwürdig, auf menführung wahrnehmen, das es Famili- und Löhne gering ausfallen, noch dichter
diese Weise den Unterschied zwischen enangehörigen legal in Frankreich leben- als bisher für ausländische Personen. Na-
einer Abschiebung in ein anderes Land der Zuwanderer erlaubte, sich im Land mentlich, indem wir die Zuwanderung
und der Deportation in ein Vernichtungs- niederzulassen. Die extreme Rechte ver- von Familienangehörigen erschweren
lager zu verwischen.) Die linksliberale stand es, diesen Widerspruch zwischen und Asylbewerber abschrecken.
Wochen- und Satirezeitung ,Charlie dem offiziellen Anspruch und einer Pra- Die Bedingungen für ein Asylgesuch
Hebdo‘ schrieb dazu, die Solidaritätsbe- xis, die unter rechtsstaatlichen Bedin- wurden schon vor einem halben Jahr
wegung brauche „keine zweifelhaften gungen kaum eingeschränkt werden drastisch verschärft: Untersucht werden
Vergleiche, um festzustellen, dass sich konnte, auszubeuten. nur noch Anträge, die binnen drei Wo-
Arno Klarsfeld, der sich hoch moralisch Anders das Herangehen Sarkozys. chen nach Einreise mit einer ausführli-
gibt, die Logik der Institutionalisierung L’immigration subie und l’immigration chen Begründung in Französisch formu-
einer willkürlichen Auswahl“ zwischen choisie („erlittene“ und „ausgewählte liert werden. Die Fristen für den Famili-
Menschen zu eigen mache. Zuwanderung“) lauten die beiden ennachzug werden verlängert, von einem
Weitaus weniger deutlich äußerte sich Schlüsselbegriffe seines neuen Gesetzes auf anderthalb Jahre nach Begründung
Arno Klarsfeld, als es darum ging, die über die Einreise und den Aufenthalt von des legalen Aufenthalts eines Angehöri-
Kriterien zum Schutz vor einer Abschie- Ausländern, das am 17. Mai in der Na- gen. Vor allem wird die Familienzusam-
bung auszulegen. „Es wird Abschiebun- tionalversammlung und in der Nacht menführung unter zusätzliche verschärf-
gen geben“, stellte er aber vorsorglich vom 16. auf den 17. Juni auch im Senat – te Bedingungen – Wohnraum, Wohnort
klar. Die Familien von Kindern und Ju- also der zweiten Kammer des französi- (Innenstadt oder Banlieue bzw. ‚Ghet-
gendlichen ohne gültige Aufenthaltspa- schen Parlaments – angenommen wor- to‘), und damit zusammenhängend die
piere haben nunmehr noch bis zum 13. den ist. Am Mittwoch, 21. Juni hat nun- „Integration“ in die Gesellschaft – ge-
August hin Zeit, einen Antrag auf „Lega- mehr auch der Vermittlungsausschuss stellt, die durch den jeweiligen Bürger-
lisierung“ ihres Status zu stellen. In Paris beider Kammern dem Gesetzentwurf zu- meister ausgelegt werden können. Selbst
war der Andrang in den allerersten Tagen gestimmt, nachdem es noch kleinere in- mit französischen StaatsbürgerInnen ver-
am größten, und der Gang zur Auslän- haltliche Unterschiede zwischen den von heirateten AusländerInnen wollte Minis-
derbehörde (Polizeipräfektur) wurde der ersten und der zweiten Kammer an- ter Sarkozy kein Aufenthaltsrecht in
zum Teil kollektiv, zusammen mit den genommenen Entwürfen gegeben hatte. Frankreich mehr garantieren: Nach Ab-

14 : antifaschistische nachrichten 12-2005


: ostritt
lauf ihres Aufenthaltstitels sollten die Anwesenheit ausländischer Lohnemp-
verheirateten Personen wieder in ihr fänger sei das Problem, sondern das Ver-
Herkunftsland zurückgehen und dort ein halten der Unternehmen. Letztere müss-
Langzeitvisum beantragen, welches das ten deshalb zur Einhaltung allgemeiner ereits am 31. Mai lud das österrei-
französische Konsulat ebenso gut ver-
weigern wie gewähren kann. Das war
dann aber dem Senat zu viel, wo ein Teil
Mindestbedingungen für alle Arbeiten-
den, etwa bei den Löhnen, gezwungen
werden.
B chische Parlament zu einem gro-
ßen Festakt zu Ehren der so ge-
nannten Heimatvertriebenen ein. Der
der Bürgerlichen – vor allem die christ- Proteste gibt es auch gegen das neue Festakt fungierte als Abschlussveranstal-
demokratische UDF – sich mit den Ausländergesetz von Nicolas Sarkozy. tung einer Serie von Reisen, die eine De-
Linksparteien verbündete, um dies zu Dem „Bündnis gegen eine Wegwerf-Zu- legation des Parlaments im Jahr 2005 ab-
entschärfen. Nun wird von den Betroffe- wanderung“ (Unis contre une immigrati- solviert hatte. Der Delegation gehörten
nen „nur noch“ verlangt, dass sie ur- on jetable) gehören über 600 Vereinigun- Abgeordnete aller Parlamentsparteien an:
sprünglich einmal legal nach Frankreich gen an. Am 13. Mai demonstrierten Norbert Kapeller (ÖVP), Werner Kum-
eingereist sind, und dass sie sechs Mona- 20.000 bis 30.000 Menschen in Paris ge- merer (SPÖ), Anton Wattaul (BZÖ), Bar-
te nach Eheschließung warten, bevor sie gen den Entwurf. Das war die größte bara Rosenkranz (FPÖ) und Terezija
eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Protest- und Solidaritätsdemonstration Stoistis (Grüne). Reiseziele waren ehe-
Nach nunmehr drei Jahren – früher wa- zu einem Thema der „Ausländerpolitik“ malige Kronländer der eigentlich schon
ren es einmal sechs Monate, danach hat- seit 1997 in Frankreich. Am zweiten Ju- lange verblichenen Donaumonarchie, in
ten die Konservativen die Frist auf zu- niwochenende demonstrierten am Sams- denen heute noch deutschsprachige Min-
letzt zwei Jahre angehoben – sollen sie tag (10. Juni) erneut rund 5.000 Men- derheiten leben: Ungarn, Kroatien, Ser-
die französische Staatsbürgerschaft be- schen in der französischen Hauptstadt, bien, die Slowakei, Rumänien, Slowenien
antragen können. Gewährt wird ihnen und am Sonntag nahmen mehrere hun- und Tschechien.
die aber nur, wenn sie wiederum den fa- dert an einem „Protest-Picknick“ in brü- Die Eröffnungsrede des Festakts hielt
mosen Integrationsnachweis erbringen. tender Hitze teil. Am 1. Juli fand eine er- kein Geringerer als der Nationalratspräsi-
Früher war ihr Erwerb einmal automa- neute starke Mobilisierung zum Thema dent persönlich, Andreas Khol, der von
tisch gewesen. statt, rund 20.000 Personen demonstrier- einer „historischen Verantwortung“ Ös-
Selbstredend wird sich die Situation ten in Paris. terreichs gegenüber den deutschsprachi-
für Lohnempfänger auf dem Arbeits- Zwei Petitionen, die eine gegen das gen Minderheiten in Ost- und Südosteu-
markt nicht dadurch verbessern, dass neue Ausländergesetz von Sarkozy (der- ropa sprach. Dies war ganz im Sinne Ru-
dessen „unterer“ Bereich noch mehr als zeit 90.500 Unterschriften) und das an- dolf Reimanns, des Bundesvorsitzenden
bisher vor Zuwanderern abgeschirmt dere zur Unterstützung des Netzwerks des Verbandes der Volksdeutschen Lands-
werden soll. Die meisten französischen „Erziehung ohne Grenzen“ (über 87.000 mannschaften Österreichs (VLÖ), der
Gewerkschaften – von denen einige noch Unterschriften), verleihen dem Protest Entsprechung zum deutschen Bund der
in den 80er Jahren selbst die Abschot- ebenfalls Ausdruck und fanden breite Vertriebenen (BdV). Reimann hielt bei
tung des nationalen Arbeitsmarktes for- Unterstützung. dem Festakt ebenfalls eine Rede und be-
derten – haben das längst begriffen. Als Die größte Oppositionspartei, die fran- kräftigte alte Forderungen seiner Organi-
die konservative Regierung im März be- zösischen Sozialisten, möchte sich hin- sation. „Im österreichischen Parlament
schloss, ab dem 1. Mai 2006 den franzö- gegen nur ungern festlegen, um nicht un- haben wir klar und deutlich gesagt: ,Es
sischen Arbeitsmarkt nur selektiv für die ter Druck von rechts geraten zu können. sollte in der Verfassung verankert sein,
Bürger der acht osteuropäischen EU- Ihre Parlamentsfraktion stimmte zwar dass Österreich eine Verantwortung für
Beitrittsländer zu öffnen – nur in Sekto- gegen die Verschärfungen in Sarkozys die deutschsprachigen Minderheiten hat,
ren, wo Arbeitskräftemangel herrscht – Entwurf. Aber ihre mutmaßliche Präsi- die heute noch im Raume der ehemaligen
und ansonsten die „Ausnahmebedingun- dentschaftskandidatin im kommenden Donaumonarchie leben‘“, gab Reimann
gen“ gegen die EU-Freizügigkeitsregel Jahr, Ségolène Royal, ließ sich mit einem zu Protokoll: „Österreich muss hier eine
aufrecht zu erhalten, protestierten fast dringenden Termin entschuldigen und Art ,Schutzmachtfunktion‘ ausüben.“
alle Gewerkschaften. Allein die christli- blieb der Abstimmung fern. 14 weitere Auf dem Festakt, den Personen aus
che und eher rechte CFTC befürwortete Parteikollegen fehlten, zwei stimmten Kroatien, Tschechien, Rumänien, Slowe-
die Haltung der Regierung. Alle anderen gar zusammen mit der Rechten. nien und der Slowakei besuchten, wurde
Organisationen stellten klar, nicht die Bernhard Schmid, Paris ■ schließlich noch eine Grundsatzerklärung
veröffentlicht, zu der sich ausnahmslos
alle österreichischen Parlamentsparteien
bekennen. Darin werden – ganz im Sinne
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. einer österreichischen „Schutzmacht-
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de funktion“ – „Minderheitenrechte autoch-
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach thoner Volksgruppen“ gefordert, es wird
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, die „Installierung eines Fachreferats für
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, die deutschsprachigen Minderheiten in
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. den ehemaligen Kronländern“ verlangt.
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. Der erste und wichtigste Punkt der
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind Grundsatzerklärung ist aber derjenige,
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. der sich auf die unmittelbaren Wünsche
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- auch der deutschen Umgesiedeltenver-
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung bände bezieht: Angemahnt wird darin die
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. „Einrichtung einer internationalen Ar-
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
beitsgruppe aus Abgeordneten der Parla-
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., mente von Tschechien, Slowakei, Un-
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke (MdB); Jochen Koeniger (Ar- garn, Slowenien, Kroatien, Serbien, Ru-
beitsgruppe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vor-
standes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten);
mänien, Deutschland und Österreich zur
Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter Aufarbeitung offener Fragen“.
hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. jk ■

: antifaschistische nachrichten 14/2006 15


: aus der faschistischen Presse
SZ-Redakteur Jens Bisky
gibt ein Interview
Junge Freiheit träumt vom WM 2006 wird mehr sein als das neu- Junge Freiheit Nr. 27/06, 30. Juni 2006
deutsche Woodstock-Erlebnis der heuti- Die wunderlichsten Personen haben der
nationalen Patriotismus gen Generation. Lehrer werden sich auf Jungen Freiheit schon ein Interview ge-
Junge Freiheit Nr. 28/06, 7. Juli 2006 ganz veränderte Weise den Fragen von geben. Redakteure von großen bürgerli-
Unter der Überschrift „Der Traum ist Schülern stellen müssen, die sich mit ei- chen Zeitungen waren darunter kaum
nicht zu Ende“ schreibt der Chefredak- ner antinational-depressiven Geschichts- vertreten. Dass Jens Bisky, Sohn des Par-
teur Dieter Stein, kurz vor dem Ende der erzählung nicht weiter abspeisen lassen teivorsitzenden, der mit der PDS nichts
WM: „Mittlerweile sind sich alle Kom- wollen. Dem patriotischen Gefühl wird zu tun haben will, beim Süddeutschen
mentatoren einig darüber, daß der patrio- die nationale Erkenntnis folgen müssen.“ Verlag und eventuell dem Chefredakteur
tische Taumel, der überall im Land Am liebsten hätte man wohl gesehen, der Südddeutschen Zeitung, Heribert
herrscht, nicht nur reiner Partylaune ent- wenn das ein oder andere mal auch die Prantl, nicht Rücksprache gehalten hat,
sprungen ist. Es gibt unübersehbare Indi- Reichskriegsflagge geschwenkt worden ist da eher unwahrscheinlich. Gehört die
zien, die diese nationale Begeisterung zu wäre. Dem war aber nicht so. Junge Freiheit für den Süddeutschen Ver-
einem Politikum machen.“ Es wird dann immer blöder, wenn das lag zu einer akzeptablen Zeitung?
Allein in der Sonntagsausgabe des Blatt einen Artikel von Dr. Karheinz Das Gegenteil zu beweisen, hat Jens
Kölner Express, am 9. Juli unter der Weißmann, unter der Überschrift „Viel Bisky auf jeden Fall nicht versucht. Er
Überschrift „Die ganz Welt umarmt mehr als nur ein Logo“ veröffentlicht: hat dem Blatt zwar nicht nach dem Mun-
uns“, werden ganz unterschiedliche Mei- „Am 6. Juni hat Claudia Schiffer in de geredet, aber den alten DDR-Patrio-
nungen zitiert, z.B. der Telegraaf aus den der Deutschen Botschaft in London eine tismus wieder aus der Schublade gezo-
Niederlanden: „Gründlichkeit und Or- neue Werbekampagne präsentiert. Sie gen:
dentlichkeit wanderte in den Kühl- zeigt ein Plakat, darauf sie selbst, lang „Ich weiß nicht, ob der alte Patrioti-
schrank. Deutschland wurde eine feiern- hingestreckt, nur verhüllt durch eine mus nicht eine Chance hat. Die Nation
de Nation.“ Günter Grass meinte: „Diese Fahne in den Farben Schwarz-Rot-Gold, des 19. Jahrhunderts wird gewiß nicht
völlig unorganisierte spontane Art, mit im Hintergrund der Slogan ,Invest in wiederkehren. Die Deutschen des 21.
den Nationalfarben umzugehen, finde Germany, boys‘. Das passt zur neupatrio- Jahrhunderts stehen vor der Aufgabe,
ich sehr überzeugend. Das Fahnen- tischen Tendenz, die man gegenwärtig sich jenes Europa wieder zu erschließen,
schwenken ist absolut unverkrampft.“ beobachten kann, und verknüpft Vater- das ihren Vorfahren noch selbstverständ-
Die Junge Freiheit verschließt auch landsliebe lässig mit wirtschaftlichen In- lich war, das Europa etwa Casanovas
ihre Augen davor, dass ja sehr viele an- teressen.“ oder Goethes: von Moskau bis London,
dere Fahnen geschwungen werden, z.B. Die schöne Claudia Schiffer muss jetzt von Stockholm bis Neapel. Patriotisch ist
die italienische, spanische, portugiesi- auch schon für die Junge Freiheit herhal- es, den Menschen dies zu ermöglichen,
sche, ja sogar die türkische, obwohl die ten... indem man sie wieder mit ihrer geistigen
Türkei gar nicht im Tunier mitspielt. Die Tradition vertraut macht ...
WM ist ein internationales Fest und da Junge Freiheit am Kiosk Dank dieser Erfahrung, ist mir heute
kämpft man auch gemeinsam gegen den auch klar, dass ein guter Teil des-
Rassimus auf der Welt. Zinédine Zidane Junge Freiheit Nr. 28/06, 7. Juli 2006 sen, was wir ,Rechtsextre-
hat dies zu Beginn des Viertelfinalspieles Das Blatt wirbt damit, dass es mismus‘ nennen, viel eher
im Stadion vor zehntausenden Menschen „mittlerweile in etwa 300 Bahn- ein Verwahrlosungs- als
und vor einem Millionen Publikum vor hofsbuchhandlungen, sowie über ein Ideologieproblem ist.
den Leinwänden deutlich gemacht. 1000 weiteren Verkaufsstellen in In diesem Sinne habe ich
Die Hoffnung ist der Vater des Gedan- Deutschland, Österreich und der mich immer deutscher
kens, wenn Dieter Stein dann schreibt: Schweiz zu erhalten“ ist. gefühlt, als Skinhead-
„Folgenlos wird diese einmal ausge- Das Blatt wurde inzwischen Schlägerbanden oder
lebte und von der überwältigenden auch außerhalb des deutschsprachi- manche Herren von der
Mehrheit des Volkes getragene nationale gen Raums in Touristengebieten gese- NPD, die die Nation für ein
Begeisterung aber nicht bleiben. Die hen. Gestüt halten.“
Da kann man ja gerade noch schmun-
zeln. Aber warum Jens Bisky dann wie-
der den ideologischen Schulterschluss
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
mit der rechtsextremen Jungen Freiheit
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: sucht, bleibt ein Rätsel:
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro
14-täglich „Weil man in Westdeutschland bis
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
heute nicht verstanden hat, daß man auch
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
in Köln oder München 1989 – wenn
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
auch auf andere Weise – befreit worden
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). ist: befreit aus der absurden provisori-
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten schen Existenz der rheinischen Repu-
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) blik. Auch im Westen sind die Besat-
zungsmächte abgezogen, die staatliche
Name: Adresse: Souveränität kam zurück, der geistige
Horizont änderte sich fundamental, weil
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts ein ganzer Erdteil, der vierzig Jahre hin-
ter einer Mauer verborgen war, ins Ge-
Unterschrift
sichtsfeld zurückkehrte.“
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Dass die DDR einverleibt wurde, wür-
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507 de Jens Bisky bestreiten.
jöd ■

16 : antifaschistische nachrichten 14/2006

Вам также может понравиться