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nachrichten g 3336 13.7.2006 22. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
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Marktradikalismus, Wirtschaftsfun-
damentalismus und Wettbewerbs- schen Grenzland zwischen diesem und Staatsmacht durch Privatisierung bzw.
wahn als Merkmale einer Neuen dem Neoliberalismus zu bezeichnen, die Entbürokratisierung und die „Volks-“
Rechten Marktradikalismus mit Standortnationa- durch die „Standortgemeinschaft“ er-
Armin Pfahl-Traughber benutzt den Ter- lismus kombinieren. Zur „alten Rechten“ setzt. Die Neue Rechte ist heute nicht
minus „Neue Rechte“ als Sammelbe- würden nur Personen, Organisationen mehr einer völkischen Blut-und-Boden-
zeichnung für eine geistig-intellektuelle und Positionen zählen, die sich auf den Romantik verhaftet, sondern viel stärker
Strömung des Rechtsextremismus, die in völkischen Nationalismus stützen. markt-, wettbewerbs- und leistungsorien-
der Tradition der Konservativen Revolu- Die beiden Hauptflügel des Rechtsex- tiert. Pointiert formuliert: Statt fremder
tion steht. Unter dieser Bezeichnung fir- tremismus bieten unterschiedliche Inter- Länder will sie neue Absatzmärkte er-
mierten verstreute, in sich wenig homo- pretationsmuster zum Verständnis der obern.
gene Diskussionszirkel, Gruppen und Gesellschaftsentwicklung an, haben ge- Mit unterschiedlichen, wenn nicht ge-
Publikationen, die nach dem Ersten gensätzliche Haltungen zur Globalisie- gensätzlichen Positionen zu Marktwirt-
Weltkrieg entstanden und spätestens rung und werben um ganz andere (Wäh- schaft, Privatisierung und Deregulierung
1933 vom Nationalsozialismus aufgeso- ler-)Schichten: hat sich eine neue Scheidelinie zwischen
gen bzw. unterdrückt wurden. Ihre nam- Während sich die marktradikal-mo- den Fraktionen im ultrarechten Lager he-
haftesten Vertreter waren Ernst Jünger, dernistische Richtung an „Globalisie- rausgebildet. Insofern gibt die Zweitei-
Edgar Julius Jung, Arthur Moeller van rungsgewinner“ wendet, denen es zu- lung des Nationalismus, seine Ausdiffe-
den Bruck, Ernst Niekisch, Carl Schmitt mindest so lange relativ gut geht, wie renzierung in einen völkisch-traditiona-
und Oswald Spengler. Unklar bleibt je- deutsche (Groß-)Unternehmen hohe Ge- listischen und einen modernistischen
doch, warum gerade jene Ideologievari- winne erzielen, lenkt die traditionell-pro- bzw. Standortnationalismus ein geeigne-
ante des Rechtsextremismus als „neu“ tektionistische Fraktion des Rechtsextre- tes Klassifikationsraster zur Unterschei-
klassifiziert werden soll, die Gedanken mismus den wachsenden Unmut von der dung zwischen der Alten und der Neuen
aus längst vergangener Zeit – der Wei- Lage auf dem Arbeitsmarkt oder dem Rechten ab.
marer Republik – aufgreift und über- starken Konkurrenzdruck für Handwer- Ohne „den nach wie vor zentralen
nimmt, ohne dabei besonders kreativ zu ker, Einzelhändler/innen und Kleinge- Stellenwert des völkischen Nationalis-
sein und eigene Akzente zu setzen. werbetreibende frustrierter „Globalisie- mus für die Neue Rechte“ zu leugnen,
Plausibler wäre es, als „Neue Rechte“ rungsverlierer/innen“ auf ihre Mühlen. wie Friedemann Schmidt unterstellt, ist
jene Kräfte zu bezeichnen, die durch Be- Rechtspopulistische Parteien suchen zu berücksichtigen, dass sich die neoli-
nutzung der sog. Neuen Medien viele Ju- manchmal sogar beide Gruppen glei- berale Standortlogik damit amalgamiert
gendliche erreichen und nach Meinung chermaßen in einem politischen Spagat und heute vor allem bei Wirtschaftseliten
mancher Beobachter auch eine Gefahr für sich zu gewinnen, was allerdings auf viel größere Akzeptanz trifft als man-
eigener Qualität darstellen. Eine solche auch kontraproduktiv sein sowie zu che traditionelle Ideologieelemente.
Typologisierung bliebe freilich rein for- Glaubwürdigkeitsverlusten in der Öf- Standortnationalismus lädt sich jedoch
mal, denn politisch-ideologisch hätte fentlichkeit führen kann. im wiedervereinten Deutschland mit sei-
Frankreich: