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Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Im
Rahmen
des
Maizirkels
möchte
ich
mich
einem
Themengebiet
widmen,
um
das
man
herum
wahrscheinlich
eine
Dissertation
schreiben
könnte.
Nun
ja,
ich
habe
dafür
20
Minuten
Zeit
und
kann
somit
das
Thema
nur
anreissen
und
hoffe
auf
eine
inspirierende
Diskussion
am
Ende.
Titel
meines
Beitrags:
Nutzen
Zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Der
diesjährige
Maizirkel
steht
unter
dem
Leitmotiv
des
Nutzens.
Nun
haben
wir
ja
in
den
vergangenen
Referaten
schon
einiges
über
Nutzen
gehört
und
diskutiert.
Dennoch
möchte
ich
nochmals
mit
einer
Definition
anfangen:
Schlägt
man
bei
Wikipedia
unter
„Nutzen“
nach,
findet
man
folgende
Erklärung:
„In
der
ökonomischen
Theorie
versteht
man
unter
dem
Nutzen
das
Maß
für
die
Fähigkeit
eines
Gutes
oder
einer
Gütergruppe,
die
Bedürfnisse
eines
wirtschaftlichen
Akteurs
(...)
zu
befriedigen.
Allgemein
ist
Nutzen
eine
Vergrößerung
des
Wertevorrats
oder
eine
Minderung
des
Werteverlustes.“
Und
weiter:
„Der
Nutzen
oder
die
Nützlichkeit
einer
Handlung
wird
subjektiv
von
einer
Person
für
sich
selbst
bewertet“
Bringt
man
diese
Definition
zusammen
mit
der
Hochschuldidaktik,
stellen
sich
verschiedene
Fragen:
Betrachtet
man
den
Nutzen
als
Maß
der
Zufriedenheit,
ein
Bedürfnis
zu
befriedigen,
lautet
die
Frage:
Inwieweit
trägt
die
Hochschuldidaktik
eigentlich
zum
Maß
der
Zufriedenheit
bei?
Was
ist
eigentlich
„das
Bedürfnis“
der
Teilnehmenden
an
hochschuldidaktischer
Aus‐
und
Weiterbildung?
Und:
zu
welcher
Vergrößerung
trägt
die
Hochschuldidaktik
bei?
Illustrieren
möchte
ich
die
Nützlichkeitsfrage
anhand
eines
Gespräches
mit
einer
unserer
Kursleiterinnen,
das
den
Anstoß
für
dieses
Referat
gab:
nämlich
die
Klage
vieler
Teilnehmender
in
NoviceKursen
ob
der
vielen
Theorie.
Diese
Klage
gab
und
gibt
es
immer
mal
wieder
in
Programmen
unserer
Arbeitsstelle.
Und
blickt
man
über
den
Tellerrand,
so
sieht
man
das
„Problem“
der
Theoriemüdigkeit
auch
in
der
Lehrerbildung.
Verbindet
man
dies
mit
der
Nutzenthematik,
ist
zu
fragen:
Tragen
also,
ökonomisch
gesprochen,
Theorien
weniger
zur
Vergrößerung
des
(individuellen)
Wertevorrats?
Oder
anders
gefragt:
wie
nützlich
ist
die
Theorie
in
hochschuldidaktischen
Kursen?
Um
diese
Fragen
zu
beantworten,
muss
ich
noch
ein
wenig
weiter
ausholen
und
mich
der
Frage
widmen,
was
eigentlich
„die“
Hochschuldidaktik
so
genau
ist.
Schon
bei
Ludwig
Huber
findet
man
im
Artikel
„Hochschuldidaktik
als
Theorie
der
Bildung
und
Ausbildung“
eine
Vielfalt
von
Begriffs‐
und
Verständnisbestimmung
der
Hochschuldidaktik
(woran
sich
bis
heute
kaum
etwas
verändert
hat,
außer
dass
vielleicht
Anforderungen
von
außen
mit
Bologna
klarer
herangetragen
werden
und
eine
Selbstverortung
sich
immer
auch
mit
den
Ansprüchen
anderer
auseinandersetzen
muss).
Ein
Punkt,
den
alle
Hochschuldidaktiker
betonen,
ist
die
enge
Verknüpfung
der
Hochschuldidaktik
mit
Fragen
der
Lehrerbildung.
Maizirkel
2010
2
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Fokussiert
man
Hochschuldidaktik
als
Lehrerbildung1
mit
der
Ausbildungsanstalt
Hochschule
als
Untersuchungsgegenstand,
kann
man
sich
zum
Thema
Nutzen
und
Theorien
Ergebnisse
der
Lehrerbildungsforschung
anschauen:
Auch
Lehrerbildung
hat
die
Verknüpfung
von
Theorie
und
Praxis
und
damit
die
Nutzenfrage
von
Theorien
immer
wieder
bearbeite.
1994
veröffentlichte
Terhart
eine
Untersuchung,
die
sich
mit
Wissensquellen
praktizierender
Lehrer
beschäftigte.
Gefragt
danach,
wie
sie
pädagogische
Entscheidungen
treffen,
wenn
sie
nicht
unter
Zeitdruck
stehen,
antworteten
die
Lehrenden
folgendermaßen:
Pädagogische
Theorien
stehen
hier
an
vorletzter
Stelle.
Also
in
Augen
der
Lehrenden
hat
die
Theorie
„keinen
Nutzen“,
um
aktuelle
Bedürfnisse
zu
befriedigen.
Oder
wie
es
Oelkers
(2009,
S.
54)
zusammenfasst:
"Angehende
wie
amtierende
Lehrkräfte
sind
vielleicht
nicht
aufgrund
ihrer
Philosophie,
wohl
aber
aufgrund
der
Anforderungen
ihrer
Praxis
Utilitaristen.
Sie
gehen
vom
Nutzen
für
ihren
Unterricht
aus
und
erwarten
eine
Ausbildung,
die
diesem
Test
standhält.
Und
das
ist
mehr
als
nur
Reflexionswissen.
Bereits
die
Erstsemester
nehmen
das
Lehramtsstudium
vom
Berufsziel
und
so
von
der
Praxis
her
wahr
(Cramer/Horn/Schweizer
2009)"
Bei
Lehrpersonen
steht
also
der
Nutzen
der
Ausbildung
direkt
im
Vordergrund.
Theorien
und
Modelle
erreichen
also
den
Alltag
der
Lehrpersonen
nicht
oder
nur
unzureichend.
In
einer
weiteren
Studie
ergeben
die
Befragungen
relativ
niedrige
Werte
in
Hinsicht
auf
die
Reflexion
eigener
Praxis
vor
dem
Hintergrund
von
Modellen
und
Theorien.
Reflektiert
wird
die
eigene
Erfahrung
und
die
Frage
ist
nicht,
welche
Theorie
dazu
passt.
1
Klammerbemerkung:
Praktisch
80%
der
Angebote
im
Rahmen
der
Hochschuldidaktik
beschäftigen
sich
mit
diesem
Aspekt
der
Lehre,
genauer
gesagt
mit
didaktischen
Hinweisen
für
die
45
Minuten
Lehrveranstaltung.
Maizirkel
2010
3
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
„Die
von
Goodlad
gut
belegte
Hypothese
besagt,
dass
angehende
Lehrkräfte
das
Ausbildungswissen
danach
sortieren
und
bewerten,
was
ihnen
am
meisten
für
den
späteren
Unterricht
verspricht
und
was
persönlich
am
besten
verwendbar
erscheint.
Daher
sind
Methodenkurse
mehr
nachgefragt
als
Vorlesungen,
und
Praktika
erhalten
ein
höheres
Gewicht
als
das
Studium
der
wissenschaftlichen
Literatur.“
Diese
Bild
kann
man
auch
aus
hochschuldidaktischen
Erfahrungen
gut
nachvollziehen.
Gefragt
in
einer
hochschuldidaktischen
Weiterbildung
ist
meist
Methodenwissen,
Rezepte,
wie
es
geht.
Wie
geht
man
nun
in
der
Lehrerbildung
damit
um?
Oelkers
referenziert
auf
eine
Studie
von
Stadelmann
(2006),
die
zeigt,
dass
die
Verknüpfung
von
Theorie
und
Praxis
nur
dann
ohne
Verlust
für
die
übrige
Ausbildung
vonstatten
geht,
wenn
die
theoretischen
und
die
praktischen
Teile
der
Ausbildung
aufeinander
abgestimmt
sind
und
in
ihnen
nicht
zwei
verschiedene
Sprachen
gesprochen
werden.
Doch
was
heisst
dies
nun
für
die
Hochschuldidaktik?
Haben
wir
ein
Übersetzungsproblem?
Spricht
man
also
übertragen
auf
die
Hochschuldidaktik
wie
im
Bereich
der
Lehrerbildung
zwei
verschiedene
Sprachen?
Gelingt
es
uns
nicht,
Theorie
und
Praxis
gut
miteinander
zu
verzahnen,
so
dass
es
als
„nützlich“
erlebt
wird?
Und:
wie
müsste
denn
eine
„einheitliche“
Sprache
zwischen
Theorie
und
Praxis
aussehen?
Oelkers
schlägt
für
die
Lehrerbildung
folgendes
Vorgehen
vor:
„Schweizerische
und
amerikanische
Studien
zeigen
deutlich,
dass
fern
dem
deutschen
Bildungsideal
diese
Nützlichkeitserwartungen
bestehen
und
die
Ausbildungsgänge
auch
danach
beurteilt
werden.
Die
Studierenden
müssen
daher
Kundenmacht
erhalten,
wenn
mir
der
Ausdruck
gestattet
ist;
das
vor
allem
entspricht
den
Intentionen
der
Bologna
Reform,
die
nicht
von
der
Verwaltung
der
Ausbildung
ausgeht,
sondern
von
dem,
was
die
Studierenden
davon
haben.“
Ich
denke
nicht,
dass
es
einfach
an
der
Sprache
und
der
Anpassung
an
die
Wünsche
der
Studierenden
liegt.
Und:
Im
Gegensatz
zur
Lehrerbildung
haben
Teilnehmende
in
der
Hochschuldidaktik
diese
von
Oelkers
geforderte
„Kundenmacht“
–
dies
kann
also
kaum
unser
Problem
lösen.
Die
Frage
ist
für
mich,
inwieweit
Konzeptionen
und
Modelle
der
Lehrerbildung
auch
auf
die
Hochschuldidaktik
übertragbar
sind
–
wo
zeigen
sich
Gemeinsamkeiten,
und
wo
Unterschiede?
Denn
zeigen
sich
viele
Gemeinsamkeiten,
so
meine
Vermutung,
wird
auch
die
Nutzen‐Frage
(von
Hochschuldidaktik
und
darin
impliziert
von
Theorien)
einfacher
beantwortet
werden,
indem
man
sich
einfach
den
Lösungen
und
Konzepten
der
Lehrerbildung
anschließt
und
sich
an
diesen
ausrichtet.
Doch
so
einfach
ist
es
meines
Erachtens
nicht,
denn
Hochschuldidaktik
ist
mehr
als
eine
„Berufsbildung“
für
Hochschullehrer
und
sollte
meines
Erachtens
nach
auch
Lehren
und
Lernen
an
der
Organisation
Hochschule
in
den
Blick
nehmen.
Festmachen
möchte
ich
die
Komplexität
an
einem
Konzept,
das
eng
zusammenhängt
mit
theoretischen
und
wissenschaftlichen
Fragestellungen
und
in
der
Lehrerbildung
diskutiert
wird:
die
Profession.
Maizirkel
2010
4
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Profession
kennzeichnet
(im
Gegensatz
zu
Berufen)
nach
Stichweh,
dass
die
Angehörigen
einer
Profession
die
Berufsidee
refkexiv
handhaben,
also
das
Wissen
und
den
Ethos
eines
Berufs
bewusst
kultivieren,
kodifizieren,
verstehen
und
damit
in
die
Form
einer
akademischen
Lehrbarkeit
überführen.
Professionen
sind
also
akademische
Berufe
mit
einem
verwissenschaftlichten
Berufswissen,
einer
auf
die
Erfüllung
beruflicher
Augaben
bezogenen
Berufsethik
und
sie
sind
Berufe
mit
spezifschen
gesellschaftlichen
Erwartungen
an
die
Berufsrolle.
Und
ein
weiteres
Merkmal
tritt
hinzu:
Professionen
sind
Berufe,
die
durch
ein
Technologiedefiizit
in
ihren
beruflichen
Handlungsvollzügen
gekennzeichnet
sind,
d.h.
für
pädagogische
Berufe,
dass
alles
berufliche
Handeln
durch
Kontingenz
gekennzeichet
ist.
In
der
Lehrerbildung
gibt
es
schon
länger
die
Diskussionen,
die
der
Frage
nachgeht,
ob
der
Lehrerberuf
eine
Profession
ist
(eine
Nachzeichnung
des
Diskurses
findet
man
sehr
schön
bei
Blömeke,
2003),
die
meisten
Autorinnen
und
Autoren
würden
aber
dem
Lehrerberuf
schon
als
Profession
sehen.
Für
die
Hochschuldidaktik
ist
diese
Frage
meines
Erachtens
nicht
so
einfach
zu
beantworten.
Abgesehen
von
der
Frage,
wie
man
eigentlich
Hochschuldidaktiker
wird
,
liegt
die
Schwierigkeit
vor
allem
darin,
dass
die
Teilnehmenden
an
hochschuldidaktischen
Weiterbildung
in
ihrem
Selbstverständnis
meist
wohl
kein
hochschuldidaktisches
Professionsverständnis
haben.
Die
lehrende
Tätigkeit
ist
für
Hochschullehrende
nur
eine
(kleine,
mehr
oder
minder
wichtige
oder
unwichtige)
Facette
ihrer
gesamten
Tätigkeit.
Eine
Ausbildung
bekommen
Wissenschaftlerinnen
und
Wissenschaftler
in
einer
Art
Meisterlehre
im
Bereich
der
Forschung,
nicht
aber
in
der
Lehre.
Somit
verfügt
der
Hochschullehrer
über
keine
reflexive
Profession,
wie
schon
Ludwig
Huber
anmerkt,
denn
„explizit
wird
ihm,
anders
als
dem
Studienreferendar
ein
anerkannter
Satz
didaktischer
Regeln
nicht
tradiert.
Implizit
übernimmt
er
aus
der
eigenen
Lernerfahrung
Bilder
des
Hochschulunterrichts,
eine
kollegiale
Kommunikation
über
Lehrprobleme
nennenswerten
Umgangs
besteht
nicht.
Vielmehr
werden
(...)
bestimmte
Teile
der
professionellen
Praxis,
der
Interaktionen,
nicht
thematisiert.“
Diese
„Privatisierung“,
d.h.
eine
Reflexion
und
Kommunikation
über
Lehrsituationen
jedes
einzelnen,
aber
nicht
der
gesamten
Hochschule,
findet
meist
auch
in
der
Hochschuldidaktik
statt.
Die
Hochschuldidaktik
schafft
es
an
vielen
Stellen
zu
wenig,
diese
Privatisierung
des
Lehr‐Lerngeschehens
aufzubrechen.2
Während
bisher
vor
allem
der
individuelle
persönliche
Nutzen
im
Vordergrund
steht,
kommt
mit
der
Kritik
an
der
Privatisierung
von
Lehren
und
Lernen
vor
allem
die
Frage
nach
dem
kollektiven
Nutzen
in
den
Vordergrund.
2
Auch
der
Leistungsnachweis
bevorzugt
die
Forschungstätigkeit
einer
akademischen
Schwierigkeit
(obwohl
nach
Huber
nicht
geklärt
ist,
ob
dies
nun
mit
dem
Primat
der
Forschung
zusammenhängt
oder
mit
der
Schwierigkeit,
die
anderen
Leistungen
auch
transparent
zu
machen).
Maizirkel
2010
5
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Diese
beiden
Professionshindernisse
werden
noch
erschwert,
denn
für
Hochschullehrer
gilt
laut
Enders
(1998,
S.
74)
"Normative
Leitbilder
und
tradierte
Ideale
haben
in
der
beruflichen
Wirklichkeit
dieser
Gruppe
einen
hohen
Stellenwert"
D.h.
als
Vorbilder
und
Sozialisationsinstanzen
haben
Hochschullehrende
meist
auch
andere,
die
Lehre
machen,
wenn
überhaupt,
dann
meist
aus
dem
Bauch
heraus.
In
einer
hochschuldidaktischen
Weiterbildung
möchte
man
nun,
überspitzt
formuliert,
sich
noch
ein
paar
Tricks
und
Kniffe
holen,
um
es
ein
wenig
besser
zu
machen.
Auf
keinen
Fall
sieht
man
sich
aber
der
Profession
der
Hochschullehrer
zugehörig
–
und
schaut
über
die
eigene
Lehrtätigkeit
heraus,
bzw.
wird
dazu
ermutigt
oder
angehalten.
Somit,
so
denke
ich,
hat
die
hochschuldidaktische
Aus‐
und
Weiterbildung
andere
Ausgangspunkte
als
die
Lehrerbildung
und
somit
kann
die
Lehrerbildung
nicht
einziger
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
sein
und
bleiben,
der
Blick
muss
weiter
werden.
Fokussiert
man
die
Hochschuldidaktik
mit
dem
Wissenschaftsbetrieb
Hochschule
als
Untersuchungsgegenstand,
wird
die
Frage
nach
dem
Nutzen
aus
einer
anderen
Sichtweise
betrachtet,
und
auch
unser
illustrierendes
Beispiel
bekommt
eine
neue
Dimension.
Fokussieren
wir
uns
einzig
und
allein
als
Lehrerbildner,
kommt
es
sehr
auf
die
Verbesserung
der
konkreten
Lehrsituation
an,
für
die
Theorien
eine
Hintergrundfolie
sein
können
–
sarkastisch
gesagt:
können,
nicht
müssen.
Verstehen
wir
uns
allerdings
als
Teil
der
Wissenschaftsforschung
und
möchten
diesen
Ansatz
auch
in
unserer
täglichen
Arbeit
weiterführen,
braucht
es
Theorien
unterschiedlicher
Art:
zum
einen
für
die
eigene
Arbeit,
zum
anderen
als
Bestandteile
unserer
Angebote.
Doch
wie
nun
Theorie
und
Praxis
miteinander
verbinden?
Können,
ökonomisch
gesprochen,
Theorien
auch
„nützlich“
sein?
Und
was
heisst
das
für
uns
und
für
unsere
Zielgruppe
(Kunden,
würde
Herr
Oelkers
jetzt
sagen)?
Schaut
man
sich
einmal
genauer
das
Verhältnis
von
Theorie
und
Praxis
an,
ist
meist
die
Vorstellung
vorherrschend,
dass
der
Theorie
die
höchste
gesellschaftliche
Autorität
zukommt
und
sie
die
Praxis
unmittelbar
anzuleiten
hätte.
Diese
Vorstellung,
die
schon
Paul
Feyerabend
als
"idealistisches
Konzept"
der
Beziehung
zwischen
Theorie
und
Praxis
bezeichnet,
ist
historisch
gewachsen,
heute
aber
in
vielen
Bereichen
noch
tragend.
Feyerabend
unterscheidet
sie
von
einer
"naturalistischen"
Konzeption,
nach
der
die
Bedürfnisse
der
Praxis
sowohl
Inhalt
wie
auch
Autorität
der
wissenschaftlichen
Vernunft
steuern
und
legitimieren.
In
ihrer
rigiden
Form
kann
die
idealistische
Vorstellung
heute
als
anachronistisch
bezeichnet
werden.
Denn
die
Verbindung
von
Theorie
und
Praxis
ist
keine
Über‐
oder
Unterordnung,
so
wie
Praxis
nicht
nur
ein
bloßes
Anwenden
von
Theorie
ist
(denn
wäre
es
so,
dann
wäre
die
Theorie
ganz
sicher
nützlich
und
würde
direkte
Handlungsanweisungen
geben
...
und
somit
doch
auch
von
den
Teilnehmenden
als
Nützlich
erlebt
werden).
Maizirkel
2010
6
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Theorie
und
Praxis
stehen
nebeneinander
als
zwei
eigensinnige
Aktionsfelder
und
sind
nach
Altrichter
durch
Interpretation
und
Reinterpretation
gekennzeichnet
.
Um
es
mit
Altrichter
et
al.
zu
sagen:
„Das
induktive
Argument
von
Beck
und
Bonß
bricht
mit
dem
Bild
des
Anwendungsaktes
und
betont
die
Eigengesetzlichkeit
des
,Anwendungsprozesses‘
im
Sinn
einer
Transformation
oder
Reinterpretation.
Der
Austausch
zwischen
den
Systemen
der
Wissenschaft
und
der
Praxis
wird
nicht
als
unmittelbar
beschrieben,
nicht
durch
einfache
Ab
und
Anleitungen
oder
durch
direkte
Intervention
von
einem
System
ins
andere,
sondern
als
,echter‘
Prozess
betrachtet,
in
dem
aktiv
Übersetzungsarbeit
geleistet
wird.“
Und
auch
unser
Fachgebiet
spielt
in
die
Theorie‐Praxis‐Frage
und
damit
die
Frage
nach
der
Nützlichkeit
eine
Rolle,
denn
Theorien
in
den
Sozialwissenschaften
verhalten
sich
anders
als
in
den
Naturwissenschaften.
Die
Objekte
der
Sozialwissenschaft
sind
nicht
statisch,
sondern
selbst
wissend,
reflexiv
und
verändern
sich
kontinuierlich
unter
dem
Einfluss
von
Wissen:
„Aus
diesem
Grund
kann
die
Anwendung
von
sozialwissenschaftlichem
Wissen
auf
praktische
Handlungskontexte
in
der
sozialen
Welt
nicht
in
einer
technologischen
Anwendungslogik
erfolgen.
Die
Anwendung
des
Wissens
kann
nicht
extern,
sondern
muss
letztlich
intern
gesteuert
werden.
Theorien
können
von
außen
an
die
handelnden
Akteure
herangetragen
werden.
Ihre
Wirksamkeit
ergibt
sich
aber
gerade
nicht
automatisch
und
deterministisch
aus
dem
externen
Impuls,
sondern
eben
erst
vermittelt
über
Aktivitäten
der
Akteure
der
sozialen
Praxis,
über
das
Aneignen,
Lernen
und
Handeln
dieser
Akteure,
die
einer
eigenen
inneren
Logik
folgen.
Ein
Modell
technologischer
Anwendung
von
Wissen
mag
dort
passen,
wo
dieses
Wissen
als
Mittel
zur
Manipulation
von
davon
unabhängigen
Objekten
verstanden
wird.
Der
praktischen
Wirkung
von
sozialwissenschaftlichem
Wissen
auf
die
soziale
Welt
ist
dieses
Modell
aber
nicht
angemessen.“
Doch
was
heisst
dies
nun
für
den
Nutzen
von
Theorien,
für
den
Nutzen
von
Theorien
für
die
Hochschuldidaktik
(und
überspitzt
formuliert
für
den
Nutzen
der
Hochschuldidaktik)?
Bezogen
auf
den
Nutzen
von
Theorien
braucht
es
meines
Erachtens
genau
diese
Interpretation
und
Re‐Interpretation
von
Theorien
in
die
eigene
Tätigkeit,
auch
in
der
hochschuldidaktischen
Weiterbildung,
und
zwar
zusammen
mit
und
im
Fokus
auf
unsere
Teilnehmenden
in
den
hochschuldidaktischen
Weiterbildungen.
Somit
kommt
es
auch
darauf
an,
wie
wir
es
schaffen,
fakultätsspezifische
Aspekte
in
unsere
Weiterbildung
zu
integrieren
und
darüber
hinaus
die
Hochschuldidaktik
als
Gelegenheit
wahrnehmen,
den
interdisziplinären
Blick
unserer
Teilnehmenden
zu
öffnen.
Für
die
Hochschuldidaktik
kommt
es
vor
allem
darauf
an,
welche
Brille
wir
wann
aufhaben,
und
wie
wir
kommunizieren.
Überspitzt
formuliert:
Treten
wir
mit
einem
pädagogischen
Missionarsauftrag
innerhalb
der
Universität
auf,
indem
wir
vor
allem
Theorien
verbreiten
oder
versuchen
wir,
konkrete
(hochschuldidaktische)
Probleme
zu
lösen?
Maizirkel
2010
7
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
Bewusst
überzeichne
ich
an
dieser
Stelle
und
male
die
Handlungsbereiche
schwarz‐
weiss,
obwohl
die
Realität
wohl
eher
aus
Grautönen
geprägt
ist.
Hochschuldidaktik
ist
meiner
Meinung
nach
keine
Lehrerbildung
auf
universitärer
Stufe.
Diese
Position
ist
deutlich
zu
eng
geschnitten
und
wird
der
Komplexität
von
Lehren
und
Lernen
an
der
Hochschule
nicht
gerecht.
Erst
aus
der
Zusammenführung,
so
mein
Verständnis,
von
Lehrerbildung
und
einer
wissenschaftlichen,
d.h.
theoriebasierten
Auseinandersetzung
von
Lehren
und
Lernen
an
Universitäten
kann
sich
die
Hochschuldidaktik
voll
entfalten.
Wir
sollten
uns
daher
zum
einen
klarer
verorten,
ob
und
wann
wir
uns
als
Lehrerbildner
oder
„Wissenschaftsforscher“
verstehen,
bzw.
wann
wir
welche
Roll
einnehmen.
Schlömerkemper
schlägt
in
der
Verbindung
zwischen
Allgemeiner
Didaktik
und
Lehr‐
Lernforschung
einen
„oszillierenden
Blick“
als
mögliche
Verbindung
vor.
Vielleicht
brauchen
auch
wir
einen
solch
oszillierenden
Blick
hinsichtlich
unterschiedlichen
Ausrichtungen
der
Hochschuldidaktik
zwischen
Lehrerbildung
und
Wissenschaftssoziologie,
zwischen
Fakultätspezifika
und
allgemeiner
Didaktik,
zwischen
Novizen
und
Experten.
Wichtig
ist
aber,
dass
wir
dieses
Oszillieren
auch
kommunizieren
–
und
dies
nicht
nur
aus
„unserer“
Perspektive
heraus,
sondern
auch
aus
der
Perspektive
unserer
Zielgruppe(n)
heraus
–
Interpretation
und
Re‐Interpretation
von
Theorien
muss
dann
zusammen
geschehen,
nicht
aus
dem
Blick
der
Hochschuldidaktik,
„die
weiss,
wie
es
geht“.
Nach
all
dem
Gesagten
bleibt
für
mich
nämlich
die
zentrale
Frage:
„Wie
sprechen
wir
unser
Klientel“
eigentlich
an?
Dieses
Ansprechen
sehe
ich
durchaus
aus
zwei
Richtungen:
‐ Wie
ist
unser
Selbstverständnis?
Was
können
Sie
von
der
Hochschuldidaktik
erwarten?“
‐ Was
können
wir
dazu
betragen,
dass
Lehrpersonen
auch
Ihre
Rolle
reflektieren
und
dadurch
evtl.
andere
Erwartungen
aufbauen
können“
Denn
wie
eingangs
gesehen:
Erwartungen
und
gegenseitige
Zuschreibungen
sind
zentral
für
die
Bewertung
des
Nutzens.
Meine
Vermutung
ist
nämlich:
eine
unklare
(und
nicht
deutlich
kommunizierte)
Positionierung
von
Hochschuldidaktik
führt
zu
falschen
Erwartungen
und
Ansprüchen.
Hier
würde
ich
auch
klar
von
einer
Ökonomisierung,
die
sich
bei
allzu
starken
Betonungen
von
Zielgruppen,
Kunden
oder
auch
Kommunikationsmassnahmen
unterscheidet,
trennen.
Es
geht
nicht
darum,
Waren
auf
einem
Markt
anzupreisen
oder
um
neoliberale
PR‐
Aktionen
für
die
Hochschuldidaktik,
sondern
sich
durchaus
auch
die
Frage
des
Nutzens
im
oszillierenden
Blick
zwischen
Lehrerbildung
und
Wissenschaftsforschung
zu
stellen.
Über
das
Verständnis
als
Wissenschaftsforscher
gelingt
es
uns
vielleicht
auch,
so
meine
Hoffnung,
Erwartungen
zu
schüren,
die
man
bisher
noch
nicht
an
die
Hochschuldidaktik
herangetragen
hat.
Maizirkel
2010
8
Nutzen
–
zentraler
Referenzpunkt
der
Hochschuldidaktik
oder
Ökonomisierung
eines
Handlungsfeldes?
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