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5 bis 7 2008-4-155
Sammelrez: W. Benz u.a. (Hrsg.): Der Ort Lager im Frühjahr 1942 dem SS-Wirtschafts-
des Terrors, Bd. 5 bis 7 Verwaltungshauptamt (WVHA) unterstellte.
Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Damit wies die SS Hinzert zunehmend die
Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialisti- Aufgaben eines Konzentrationslagers zu. Al-
schen Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Ausch- lerdings blieben der Unterhalt und die Ver-
witz, Neuengamme. München: C.H. Beck Ver- sorgung des KZ weiterhin in den Händen
lag 2007. ISBN: 978-3-406-52965-8; 591 S. der Stapo-Stelle Trier, weswegen Hinzert eine
Sonderform eines Konzentrationslagers blieb.
Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Am 21. November 1944 endete die Zeit Hin-
Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialisti- zerts als selbständiges Lager, und es wurde
schen Konzentrationslager. Bd. 6: Stutthof, Groß- offiziell zu einem Außenlager des KZ Buchen-
Rosen, Natzweiler. München: C.H. Beck Verlag wald. Von Mitte Januar bis Anfang März 1945
2007. ISBN: 978-3-406-52966-5; 840 S. erfolgte schließlich die Evakuierung des La-
gers. Insgesamt wurden von 1939 bis 1945 et-
Benz, Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der wa 13.600 männliche Häftlinge eingeliefert.
Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialisti- Obwohl das WVHA die Übernahme des La-
schen Konzentrationslagers. Bd. 7: Wewelsburg, gers bei Himmler mit der bisher zu geringen
Majdanek, Arbeitsdorf, Herzogenbusch/Vught, Nutzung für wirtschaftliche Zwecke begrün-
Bergen-Belsen, Dora-Mittelbau. München: C.H. det hatte, blieb der wirtschaftliche Ertrag des
Beck Verlag 2008. ISBN: 978-3-406-52967-2; Lagers und seiner Außenlager bis Kriegsen-
656 S. de gering. Von den 29 Außenlagern umfass-
ten nur zwei kurzzeitig mehr als 200 Häftlin-
Rezensiert von: Marc Buggeln, Universität ge. In den meisten Außenlagern wurde auch
Bremen nicht für die Rüstungsindustrie produziert,
sondern wurden Bauarbeiten für die SS oder
Mit den Bänden 5-7 beendet die Reihe „Der die Wehrmacht verrichtet.
Ort des Terrors“ zumindest die lexikalische Das Konzentrationslager Auschwitz wird
Erschließung der KZ-Hauptlager und ihrer als einziges Hauptlager der bisherigen Bän-
Außenlager im Reichsgebiet sowie in den be- de nicht von einem Autor in einem durch-
setzten Westgebieten. Im Band 8 folgen noch gängigen Text beschrieben, sondern von ver-
Beiträge zu einigen Konzentrationslagern im schiedenen Autorinnen und Autoren in kur-
besetzten Osteuropa, und enden wird die Rei- zen Blöcken, die nach Lagerbereichen und
he mit Band 9, in dem verschiedene KZ- Thematiken geordnet sind. Ob dies von vor-
ähnliche Lager erfasst werden sollen. neherein so geplant war oder durch die kurz-
Band 5 umfasst die Konzentrationslager fristige Absage des Beitrages durch die vorge-
Hinzert, Auschwitz und Neuengamme. Da sehenen Wissenschaftler bedingt ist, entzieht
der Rezensent eine Reihe von Beiträgen zu sich der Kenntnis des Rezensenten. Die dar-
Außenlagern des KZ Neuengamme verfasst aus entstandene Aufteilung in Textblöcke, die
hat, soll der Band hier nur kurz annotiert wer- vor allem von Mitarbeiterinnen und Mitar-
den. Das Lager Hinzert entstand 1938 zur Un- beitern des Zentrums für Antisemitismusfor-
terbringung dienstverpflichteter Arbeiter für schung unter Zeitdruck erstellt wurden, sorgt
den Bau des Westwalls. Seit dem Frühsom- dafür, dass der Zusammenhang zwischen den
mer 1938 nutzte die SS das Lager zuneh- Textteilen mitunter schwerer zu finden ist als
mend zur Disziplinierung von Arbeitern, die in den anderen Hauptlager-Texten. Der Groß-
den Firmen nicht fleißig oder folgsam genug teil der Texte besteht in der Wiedergabe der
erschienen. Hinzert wurde in der Zeit sei- Forschungsliteratur, wobei vor allem auf das
nes Bestehens als „Polizeihaftlager“ bzw. „SS- fünfbändige Werk „Auschwitz 1940-1945“ zu-
Sonderlager“ geführt, weswegen es in der rückgegriffen wurde.1 In einzelnen Abschnit-
Historiografie lange als Arbeitserziehungsla- ten berücksichtigen die Autoren jedoch nur
ger, aber nicht als KZ-Hauptlager geführt bedingt neuere Forschungsaufsätze, und ins-
wurde. Uwe Bader und Beate Welter weisen
jedoch überzeugend nach, dass Himmler das 1 Waclaw Dlugoborski / Franciszek Piper (Hrsg.),
Auschwitz 1940-1945, 5 Bände, Oswiecim 1999.
zwei Großkomplexe als Besonderheit auf. Ers- der Zählung des Bandes hätte das Hauptla-
tens gingen 24 Außenlager aus der „Organi- ger Stutthof damit über das umfangreichste
sation Schmelt“ hervor. SS-Brigadeführer Al- Außenlagersystem im gesamten KZ-System
brecht Schmelt amtierte seit Oktober 1940 als verfügt. Allerdings kann die vorgenomme-
„Sonderbeauftragter des Reichsführers SS für ne Zählung insofern in Frage gestellt wer-
den fremdvölkischen Arbeitseinsatz in Ost- den, als dass eine große Zahl der genann-
oberschlesien“. In dieser Funktion leitete er ten Außenlager weit vor der Ernennung Stut-
170 Lager, in denen jüdische Zwangsarbeiter thofs zum KZ-Hauptlager im Januar 1942 be-
zum Autobahnbau oder in der Rüstungsin- reits wieder aufgelöst war und eine Bezeich-
dustrie eingesetzt wurden. Mitte 1943 wur- nung als KZ-Außenlager somit nur bedingt
den die Lager der Organisation aufgelöst oder als haltbar erscheint. Wie auch immer die zu-
aber als Außenlager von Groß-Rosen bzw. künftige Forschung diese Lager kategorisie-
Auschwitz weitergeführt. Zweitens existier- ren wird, ist ihre Aufführung im Werk mehr
ten im Eulengebirge in Niederschlesien zwölf als begrüßenswert. Es sollte jedoch nicht der
Außenlager des KZ Groß-Rosen, die für das falsche Eindruck entstehen, dass das KZ Stut-
Projekt „Riese“ errichtet wurden. Hinter die- thof aufgrund der Vielzahl an Außenlagern
sem Tarnnamen versteckte sich der geplan- ein Zentrum der Rüstungsproduktion durch
te Bau eines unterirdischen Führerhauptquar- KZ-Häftlinge war. In den meisten Außenla-
tiers sowie von Wohnungen für 20.000 NS- gern waren die Häftlinge zur Zwangsarbeit
Spitzenfunktionäre. Mehr als 13.000 Häftlinge in der Landwirtschaft, in der Waldwirtschaft
trieb die SS unter katastrophalsten Bedingun- oder bei Bau- und Straßenarbeiten eingesetzt.
gen für dieses Projekt zur Zwangsarbeit an. Viele der in den letzten Kriegsmonaten ein-
Im Herbst 1939 entstand kurz nach Kriegs- gerichteten Außenlager dienten zudem aus-
beginn in der Danziger Bucht beim Dorf Stut- schließlich als Auffanglager von Transporten
thof ein Internierungslager, das von der Dan- aus dem Osten, ohne dass die Häftlinge dort
ziger Gestapo geleitet wurde. Nach längeren noch systematisch zur Zwangsarbeit gezwun-
Verhandlungen unterstellte Himmler das La- gen wurden. Nur in einer kleinen Zahl von
ger im Januar 1942 der Inspektion der Kon- Außenlagern kooperierte die SS mit der Rüs-
zentrationslager, wodurch es zu einem KZ- tungsindustrie.
Hauptlager wurde. Bis zum Frühjahr 1944 Band 7 umfasst die KZ Niederha-
lag die Häftlingsstärke des Lagerkomplexes gen/Wewelsburg, Lublin-Majdanek,
in der Regel unter 10.000 Häftlingen. Durch Arbeitsdorf, Herzogenbusch (Vught),
den Beginn der Evakuierung der Lager und Bergen-Belsen und Mittelbau-Dora. Wewels-
Ghettos in den besetzten Gebieten der Sow- burg/Niederhagen firmierte vom September
jetunion stieg die Häftlingszahl dramatisch 1941 bis zum April 1943 als eigenständiges
an, und im Spätsommer befanden sich in Hauptlager. Das Lager bestand jedoch bis zur
Stutthof und seinen Außenlagern etwa 60.000 Ankunft alliierter Truppen als Außenlager
Menschen in Haft. Insgesamt registrierte die des KZ Buchenwald fort. Mit einer Höchst-
SS etwa 110.000 Menschen als Häftlinge des belegung von 1.500 Häftlingen gehörte
Lagers. Von diesen kamen zwischen 63.000 Niederhagen zu den kleinsten Hauptlagern.
bis 65.000 Menschen ums Leben, wovon ca. Das Konzentrationslager Lublin-Majdanek
21.500 in den letzten Kriegswochen bei der stellte aus verschiedenen Gründen eine Be-
Evakuierung des Lagers starben. Der Arti- sonderheit unter den KZ-Hauptlagern dar. Es
kel zum Hauptlager von der Mitarbeiterin entstand ursprünglich als Lager für sowje-
der KZ-Gedenkstätte, Danuta Drywa, bietet tische Kriegsgefangene, die im Zusammen-
einen guten Überblick und beeindruckt auch hang mit den Germanisierungs-Planungen
durch das exakte Datenmaterial, das von der für den SS-Siedlungsbau eingesetzt werden
Gedenkstätte ausgewertet wurde. Noch hö- sollten. Nachdem dieser Plan hinfällig war,
her ist allerdings das Verdienst von Marek wurde Lublin wie Auschwitz zu einem
Orski zu bewerten, der es übernommen hat, KZ-Hauptlager, welches gleichzeitig auch
alle Artikel zu den bisher bekannten 210 Au- Vernichtungslager war. Tomasz Kranz gelingt
ßenlagern von Stutthof zu verfassen. Gemäß in seinem Beitrag im Wesentlichen eine über-
dass die Verwaltungszentrale für die nahege- HistLit 2008-4-155 / Marc Buggeln über Benz,
legenen Außenlager bildete. Die Geschichte Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort
des Lagers wird von Jens-Christian Wagner des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen
souverän und überzeugend dargestellt. Im Konzentrationslager. Bd. 5: Hinzert, Auschwitz,
Gegensatz zu den gut dokumentierten Vor- Neuengamme. München 2007, in: H-Soz-u-Kult
gängen im Hauptlager konstatiert der Autor 20.11.2008.
für viele der 39 Außenlager jedoch erhebliche HistLit 2008-4-155 / Marc Buggeln über Benz,
Forschungslücken. Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort
Insgesamt können das Projekt und seine des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen
Leistung kaum genug gelobt werden. Für die Konzentrationslager. Bd. 6: Stutthof, Groß-Rosen,
Herausgeber, das Redaktionsteam und den Natzweiler. München 2007, in: H-Soz-u-Kult
Verlag dürften die Bände nun seit Jahren dau- 20.11.2008.
erhafte Schwerarbeit bedeutet haben. Dank HistLit 2008-4-155 / Marc Buggeln über Benz,
dieser liegen den Historikern zur Mehrzahl Wolfgang; Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort
aller KZ-Hauptlager und ihren Außenlagern des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen
Beiträge vor, die auf dem Stand der For- Konzentrationslagers. Bd. 7: Wewelsburg, Majda-
schung sind und bisherige Kenntnisse enorm nek, Arbeitsdorf, Herzogenbusch/Vught, Bergen-
erweitern. Insbesondere für die zukünftige Belsen, Dora-Mittelbau. München 2008, in: H-
Erforschung der KZ-Sklavenarbeit bieten die Soz-u-Kult 20.11.2008.
Bände eine reiche Fundgrube noch zu inter-
pretierender Fakten. So dürfte nun eine deut-
lich exaktere Bestimmung des Anteils der
Rüstungsproduktion möglich sein oder auch
eine Feststellung, welche Konzerne an wie
vielen Außenlagern beteiligt waren.
Dieser Leistung gegenüber können die
möglichen Kritikpunkte kaum ins Gewicht
fallen, sie seien hier aber trotzdem genannt.
Etwas unverständlich ist, dass sich die Her-
ausgeber bei den KZ-Hauptlagern für die
Bezeichnung „Stammlager“ entschieden ha-
ben, wo doch der originäre Quellenbegriff
„Hauptlager“ lautet und der Begriff Stamm-
lager dort für die Kriegsgefangenenlager der
Wehrmacht genutzt wurde. Schade ist, dass
auf den Karten der Bände zwar Flussläufe
verzeichnet sind, aber die für die Geschichte
der Lager wesentlich bedeutsameren damali-
gen Verwaltungsgrenzen nicht berücksichtigt
wurden. Bedauerlich ist auch, dass die Län-
ge der Beiträge nur bedingt mit der jewei-
ligen Bedeutung der Lager korrespondiert.
So ist kaum nachvollziehbar, warum der Bei-
trag zum nur wenige Monate existierenden
und mit wenigen Häftlingen belegten KZ Ar-
beitsdorf die gleiche Länge hat, wie der Ar-
tikel zum KZ Natzweiler. Des Weiteren blie-
ben mitunter, beispielsweise bei der Darstel-
lung des KZ Natzweiler, zentrale Aspekte der
Lagergeschichte ausgespart. Doch wie gesagt:
Diese Einwände schmälern die große Gesamt-
leistung der Beteiligten kaum.