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Gesellschaft | Umgang mit der ehemaligen NS-Ordensburg Volgelsang

Von Günter Born

“In Stein gehauene Ideologie”


Der schwierige Umgang mit der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang

Das strahlende Wetter am Pfingst- von rotem Pöbel” gewesen sei, mit Beginn des Jahres zu bestätigen
wochenende verfehlte seine Wirkung ihrem Pfingstausflug zufrieden. Auf scheint. Andererseits rückte sechs
nicht. Der Nationalpark Eifel konnte ihrer Homepage verkündet die KAL: Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch
einen Besucherrekord vermelden. “Vogelsang hat uns nicht zum letzten des “Dritten Reichs” die Frage des
Mindestens 12.000 Menschen waren Mal gesehen.” künftigen Umgangs mit der ehemali-
auf den Wanderwegen rund um die gen NS-Ordensburg in das öffentliche
Burg Vogelsang unterwegs. Die ehe- Prora, Nürnberg, Vogelsang – Interesse. Als besonders problematisch
malige nationalsozialistische “Ordens- Orte nationalsozialistischer erweisen sich hierbei die riesigen
burg” selbst, die erst seit Januar 2006 Monumentalarchitektur Ausmaße des nationalsozialistischen
der Öffentlichkeit zugänglich ist, zog Propaganda-Baus, der in seinen
allein rund 3.000 Schaulustige an. Auf Diese Mitteilung scheint die schon Dimensionen lediglich mit dem Nürn-
dem weitläufigen Burgareal tummel- seit langem geäußerten Befürchtun- berger Reichsparteitagsgelände sowie
ten sich jedoch nicht nur harmlose gen, die ehemalige “Ordensburg” mit der ehemaligen KdF-Ferienanlage
Touristen. Unter die Besucherströme werde sich zu einem Anziehungspunkt Prora auf der Insel Rügen vergleichbar
hatten sich auch mindestens 25 Mit- für Rechtsextremisten und NS-Nos- ist. Vogelsang sei, so resümiert Pro-
glieder der Kameradschaft Aachener talgiker entwickeln, zu bestätigen. Als fessor Alfons Kenkmann, Vorsitzen-
Land (KAL), der KAL- Sektion Nordeifel die belgische Armee vor einigen der des Arbeitskreises der NS-Ge-
(KAL/SNE) sowie des Widerstandes Jahren ankündigte, die von ihr als Teil denkstätten in NRW, ein Monument
Mönchengladbach (WMG) gemischt. eines Truppenübungsplatzes genutzte “in Stein gehauener Ideologie”.
Von der Führung eines Referenten des Burg zum 1. Januar 2006 zu räumen
Besucherzentrums über das Gelände, und das Gelände wieder in die Verfü- “Wille zum Führen” – Die
der über die nationalsozialistische gungsgewalt der Bundesrepublik zu Ausbildung auf den
Vorgeschichte des Ortes aufklärte, überführen, hatte dies auf deutscher “Ordensburgen”
zeigten sich die “Kameraden” wenig Seite zwiespältige Reaktionen hervor-
angetan: “Man teilte uns diverse gerufen. Einerseits erhoffte sich vor Die Burg Vogelsang wurde in den
geschichtliche Fakten mit, welche allem der regionale Fremdenverkehr Jahren 1934 bis 1939 nach den Plänen
jedoch nur allzu oft von verachtungs- durch die Erschließung des Areals eine des Kölner Architekten Clemens
würdigen Thesen begleitet wurden.” touristische Aufwertung des 2004 Klotz im Auftrag des Reichsorgani-
Dennoch war die Neonazi-Truppe, gegründeten Nationalparks Eifel. Eine sationsleiters der NSDAP, Robert Ley,
nicht zuletzt aufgrund der Beobach- Erwartung, die sich angesichts stark errichtet. Ähnliche Bauten entstanden
tung, dass das Areal “vollkommen frei gestiegener Besucherzahlen seit im bayerischen Sonthofen und in

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Umgang mit der ehemaligen NS-Ordensburg Volgelsang | Gesellschaft

Krössinsee in Pommern (im heutigen Folgezeit als Truppenlager für den Aufgabe des Zentrums soll es sein,
Polen). In allen drei Einrichtungen, “Westfeldzug”. Später wurde in der durch Ausstellungen, Seminare und
deren elitärer Charakter durch die Be- Burg ein Lazarett eingerichtet und die Führungen über die Geschichte des
zeichnung als “Ordensburgen” unter- Adolf-Hitler-Schulen der Region auf Areals zu informieren und die Besu-
strichen wurde, sollte der “Führer- dem Gelände untergebracht. Am 4. cher für aktuelle Erscheinungsformen
nachwuchs” der NSDAP ausgebildet Februar 1945 nahmen Einheiten der des Rechtsextremismus zu sensibilisie-
werden. Die Auswahl der Lehrgangs- U S -Army Vogelsang ein. Seit 1946 ren.
teilnehmer wurde von Gauleitern oder wurde das Areal zunächst von den Bri-
sogar von Robert Ley persönlich vor- ten, ab 1950 von der belgischen Ar- “Brechung” oder Banalität? –
genommen. Die Curricula umfassten mee als Truppenübungsplatz genutzt. “Vogelsang ip”
Schulungen in “Rassenpolitik, Geopo- Die mitten im militärischen Sperrgebiet
litik und Geschichtspolitik”. Mehr Zeit gelegene Burg blieb der Öffentlichkeit Mit den konkreten Planungen für
war jedoch für Wehrsport, Boxen, unzugänglich. eine künftige Nutzung der ehemaligen
Schwimmen und Reiten vorgesehen. “Ordensburg” ist die im Mai 2005
Eine Festlegung, die Ley folgenderma- Golfplatz oder gegründete Standortentwicklungs-
ßen begründete: “Wir wollen wissen, Dokumentationszentrum? – Die gesellschaft Vogelsang (SEV) betraut,
ob diese Männer den Willen zum Zukunft von Burg Vogelsang deren Aufsichtsrat Vertreter sämtlicher
Führen in sich tragen, zum Herr-sein. Behörden und Institutionen des
So werden sie reiten lernen, nicht um Die Ankündigung des belgischen Bundes, des Landes, der Landkreise
einem gesellschaftlichen Vorteil zu Militärs, sich aus Vogelsang zurückzu- und der Kommunen versammelt, die
huldigen, sondern […] um das Gefühl ziehen, löste kontroverse Diskussionen mit der Neugestaltung des Burg -
zu haben, ein lebendes Wesen absolut über eine künftige Nutzung der Burg Areals befasst sind. Die geschichtspo-
zu beherrschen.” aus. Der damalige Vorsitzende des litische Brisanz des Geländes ist auch
Der erste Lehrgang auf Burg Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, der SEV bewusst, die sich in ihrer
Vogelsang begann im Juni 1937 und forderte, Vogelsang “bewusst verfal- Arbeit von vorwiegend ökonomischen
endete im Oktober 1938. Es folgte im len” zu lassen, da seiner Ansicht nach Erwägungen leiten lässt. So wolle
Dezember 1938 ein weiterer Lehr- “reine Täterorte […] nicht um jeden man, erklärt Aufsichtsratsvorsitzender
gang, der mit dem Beginn des Zweiten Preis erhalten” werden sollten. Eine Manfred Poth, den Standort Vogel-
Weltkriegs im September 1939 sein andere Idee präsentierte der seinerzeit sang nicht zu einem “Rückzugsort für
Ende fand. Hinsichtlich der Lernbereit- amtierende Kultusminister Michael Ewiggestrige” machen, sondern in
schaft und Aufnahmefähigkeit des Vesper (Grüne). Er schlug vor, die einen “Leuchtturm für die Region”
“Parteinachwuchses” klafften Realität Wehrmachtsausstellung des Hambur- verwandeln. Im Herbst 2005 wurde
und ideologischer Anspruch weit aus- ger Instituts für Sozialforschung dau- das Münchner Ausstellungsbüro Mül-
einander. Ernüchtert über die Ergeb- erhaft in den Räumen der ehemaligen ler-Rieger beauftragt, ein Konzept für
nisse der ersten Lehrgänge auf Burg “Ordensburg” unterzubringen. die “Dachmarke Vogelsang” zu entwi-
Vogelsang, konstatierte etwa Julius Daneben kursierten weitere ckeln, das neben Entwürfen zur muse-
Kölker, Gauschulungsleiter der Vorschläge, die eine rein kommerzielle alen Präsentation der Geschichte des
NSDAP im Gau Köln-Aachen: “Einen bzw. touristische Nutzung des Gelän- Geländes auch Vorschläge zur touristi-
von Geist und Wissen getragenen des vorsahen. Vom Bau eines Well- schen Nutzung der Burg enthalten
Vortrag können viele Junker nicht ver- ness-Hotels war ebenso die Rede, wie sollte. Die Ende 2005 präsentierten
arbeiten. […] Die oftmals mangelhafte von der Ansiedlung eines Technolo- Zwischenergebnisse verdeutlichen je-
Vorbildung lässt sie keine Beziehung giezentrums oder der Anlage eines doch das nicht nur im Hinblick auf
zu dem Gehörten finden.” Ebenso Golfplatz. Gegen diese Pläne erhob Vogelsang prekäre Verhältnis zwi-
unzufrieden zeigte sich Kölker mit den sich jedoch entschiedener Wider- schen kommerziellen Erwägungen und
sportlichen Leistungen der “Junker”. spruch. Während Paul Spiegel daran dem Anspruch, mit den Relikten
Das Konzept einer mit der Aura eines erinnerte, dass “die historischen Orte nationalsozialistischer Monumentalar-
elitären Ordens versehenen “Führer- der NS-Verbrechen kein Tourismus- chitektur einen angemessenen Um-
auslese” war demnach weit hinter den magnet” sein dürften, legte der gang zu finden.
hochgesteckten Erwartungen der Par- Arbeitskreis Vogelsang des Förderver- Die Grundüberlegung Müller-
tei zurückgeblieben. Mit dem deut- eins Nationalpark Eifel in Zusammen- Riegers besteht darin, die propagan-
schen Überfall auf Polen am 1. Sep- arbeit mit dem Verein Gegen distische Aura der ehemaligen
tember 1939 wurden die Lehrgänge Vergessen – Für Demokratie im Feb- “Ordensburg” durch architektonische
auf den “Ordensburgen” eingestellt ruar 2003 ein Konzept für die Einrich- Inszenierungen, aber auch durch die
und die Einrichtungen der Wehrmacht tung eines Lern- und Begegnungs- bewusste Umwidmung der Räume zu
überlassen. Die Burg fungierte in der zentrums auf Burg Vogelsang vor. brechen. Zwar spricht wenig gegen

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Gesellschaft | Umgang mit der ehemaligen NS-Ordensburg Volgelsang

den Ansatz, die baulichen und mate-


riellen Hinterlassenschaften national-
sozialistischer Ideologie mit gegenläu-
figen Bildern und Arrangements zu
konterkarieren, die für Vogelsang vor-
geschlagenen Strategien der “Bre-
chung” erscheinen jedoch, mit Aus-
nahme des Ausstellungskonzeptes,
äußerst fragwürdig. So lautet das
Logo unter dem die “Dachmarke
Vogelsang” künftig firmieren soll,
“Vogelsang ip”. Die Bedeutung der
englisch ausgesprochenen Buch-
stabenkombination “ip” wird bewusst
offen gelassen, um dem Besucher Zwar favorisiert die SEV die von entwickle. Auch wenn sich diese
eigene Assoziationen zu ermöglichen. Müller-Rieger entworfenen Pläne, Befürchtungen bislang nicht bewahr-
Laut Müller-Rieger könnte das Kürzel eine endgültige Entscheidung ist heitet haben, könnte Kenkmann mit
für “international place”, “interesting jedoch nicht in Sicht, da die Frage der seinen Warnungen langfristig recht
people” oder “innovative project” ste- Finanzierung bislang weitgehend behalten. Nicht nur der eingangs
hen. Ein tiefer gehender Sinn enthält ungeklärt ist. Das Münchner Ausstel- erwähnte Pfingstausflug von KAL und
das in Teilen der Öffentlichkeit heftig lungsbüro veranschlagt die Kosten auf WMG liefert einen Hinweis darauf,
kritisierte Logo offenkundig nicht; die ca. 28,7 Millionen Euro, wovon 4,8 dass extrem Rechte die ehemalige
“Dachmarke” scheint in ihrer Banalität Millionen auf die geplante Dokumen- “Ordensburg” allmählich für sich ent-
demnach wenig tauglich zu sein, den tation der NS-Geschichte entfallen. decken. Einige Wochen zuvor, am
vielfach postulierten Gegenpunkt zur Bereits seit längerem schieben sich das Ostersonntag, waren rund 40 Mitglie-
historischen Aura der Burg zu setzen. Land Nordrhein-Westfalen und der der der NPD-Ortsgruppe Düren sowie
Dies gilt in verstärktem Maße auch Bund als Eigentümer der Burg wech- Neonazis aus dem Spektrum der “Frei-
für weitere Vorschläge, mit der, dem selseitig die finanzielle Verantwortung en Kameradschaften” auf Burg Vogel-
Münchner Ausstellungsbüro zu Folge, für die Neugestaltung von Burg sang erschienen. Die feierliche Öff-
eine “witzige Brechung der Ge- Vogelsang zu. nung des Areals im Januar hatten sich
schichte” erreicht werden soll. Vorge- auch die alten SS-Kameraden der
sehen ist etwa, an den rund 50 Meter Zwischen Anspruch und Reali- HIAG nicht entgehen lassen. In einem
hohen Bergfried in knallig gelben tät – Die Burg Vogelsang heute Bericht für die Verbandszeitschrift Der
Leuchtbuchstaben den Schriftzug Freiwillige schwärmt der Autor von
“eifelturm” anzubringen. Die Indes ist die derzeitige museums- den “schönen” bzw. “gut erhaltenen”
Schwimmhalle der Burg, in der noch und gedenkstättenpädagogische Er- Mosaiken, Reliefen und Standbildern
heute ein Mosaik prangt, das natio- schließung der ehemaligen “Ordens- der ehemaligen “Ordensburg”.
nalsozialistische Männlichkeitsvorstel- burg”, trotz aller hochtrabenden Die Entwicklung von Burg Vogel-
lungen idealisiert, soll nach den Plänen Zukunftspläne, höchst unbefriedi- sang ist weiterhin eine offene
von Müller-Rieger in eine Hallen-Bar gend. Zwar werden nahezu täglich Geschichte. Ernsthafte Bemühungen
mit Eventgastronomie umgewandelt von ehrenamtlichen Referenten Füh- um eine kritische historische Er-
werden. Angesichts dieser Vorhaben rungen über das Gelände angeboten, schließung des Ortes gehen einher mit
hat Jürgen Roters, Vorsitzender des doch fehlen weiterhin kommentieren- eher fragwürdigen Konzepten für
Fördervereins Nationalpark, zurecht de Texttafeln, die den Besuchern die einen banalisierenden Eventtourismus
davor gewarnt, durch “triviale Gestal- notwendigen historischen Hinter- und einer wiederholt festzustellenden
tungselemente und modische De- grundinformationen über die Ge- Präsenz von extrem Rechten. Ange-
signs” den Gedenk- und Erinnerungs- schichte der Burg liefern. Bereits vor sichts der Tatsache, dass das gesamte
charakter des Ortes zu beschädigen. der Öffnung des Geländes hatten His- Areal eines der monumentalsten
Der Respekt vor den Opfern des Na- toriker wie Alfons Kenkmann wenig- architektonischen Relikte nationalso-
tionalsozialismus verbiete eine “bana- stens rudimentäre Erläuterungen auf zialistischer Herrenmenschenideologie
le Bespielung” des Geländes ebenso dem Burgareal gefordert, um zu ver- repräsentiert, erscheint eine ausführli-
wie die im Konzept vorgesehenen hindern, dass sich Vogelsang “zum che inhaltliche Kommentierung, flan-
Illuminationen, Event- und Happe- Zielort eines nostalgischen Ge- kiert von einem breiten gedenkstät-
ningveranstaltungen. schichtstourismus oder gar zum tenpädagogischen Angebot unver-
Kultort rechtsextremistischer Kreise” zichtbar.

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