Академический Документы
Профессиональный Документы
Культура Документы
von
Le i pzi g 1919
G u s ta v F o ck G. m. b. H.
Inhaltsübersicht
Einleitung. Seite
Erläuterung des Titels und Disposition der A u fg a b e ................. 1
A. Die Vernunft ................................................................................................. 5
B. Die R e l i g i o n ......................................................................... 18
C. DieQuellen des J u d e n tu m s........................................... 27
Kapitel I
Die Einzigkeit G o ttes.........................................................
Kapitel II
Der Bilderdienst........................................................................................ 58
Kapitel 111
Die S c h ö p f u n g ..................................................................................... 68
Kapitel IV
Die Offenbarung.......................................................................... 82
Kapitel V
Die Schöpfung des Menschen inder V e r n u n f t ..................................99
Kapitel VI
Die Attribute der H a n d lu n g .................................................................109
Kapitel VH
Der heilige G eist.................................................................
Kapitel VIII
Die Entdeckung des Menschenals des M itmenschen........................131
Kapitel IX
Das Problem der religiösen L i e b e ....................................................168
Kapitel X
Das Individuum als I c h ..........................................................................193
VI
Kapitel XI
Die Versöhnung . . . . . . . . . . . , . . . . . 209
Kapitel XII
Der V ersöhnungstag ....................................................................................... 254
Kapitel XIII
Die Idee des Messias und die M e n sch h e it...................................... 278
Kapitel XIV
Die messianischen Stellen bei denPropheten .................................... 317
Kapitel XV
Unsterblichkeit und Auferstehung ................ 348
Kapitel XVI
Das Gesetz ............................................................................................... 398
Kapitel XVII
Das G e b e t ............................................................................................... 438
Kapitel XVIII
Die T u gen den.................................. 472
Kapitel XIX
Die G e r e c h tig k e it.................................. 506
Kapitel XX
Die Tapferkeit........................................................................................... 514
Kapitel XXI
Die Treue .................................. 520
Kapitel XXII.
Der F r ie d e ........................................................................................... 526
A nm erkungen..................... 545
Breite und Fülle, wie zugleich nach dem Maße ihrer Bestimmtheit
und Unzweideutigkeit. Der Begriff wird hier durchaus nur als das
Fazit der Entwicklung gedacht: während er vielmehr ihr Vorbild^
ihre Vorzeichnung sein müßte.
3. Der Titel, der diesem Buche übergeschrieben ist, enthält die
Vorschritt für das Buch.
Mehrere, offenbar grundlegende Begriffe sind in diesem Titel
des Buches vereinigt. Ist es aber auch eine Vereinigung, die jene
Begriffe eingehen? Sie schränken offenbar einander ein: führt die
Determination nun aber auch zu einer genauen Definition?
4. Die V ern u n ft soll offenbar die Religion unabhängig machen
von den Beschreibungen der Religionsgeschichte. Und wir scheuen
den Einwand nicht, daß ja überall in der Geschichte Vernunft walten
müsse. Indessen: nicht die Geschichte an sich bestimmt den Begriff
der Vernunft. Der Begriff der Vernunft soll erst den Begriff der
Religion erzeugen. Immer ist der Begriff das selbständige Problem,
das dem Problem der Entwicklung zur Voraussetzung dienen muß.
5. Ähnlich liegt die methodische Situation beim Begriffe des
Judentums. Der Widerstreit mit der Geschichte wird zwrar hier
gemäßigter. Denn die Frage nach dem Begriffe des Judentums
schwebt nicht gänzlich in der Luft, nicht ausschließlich in dem
Gegensatz von Induktion und Deduktion: das Judentum hat litera-
rische Quellen. Und wie sehr diese immerhin an sachlichem Wert
und an literarischer Deutlichkeit verschieden sein mögen, so hat
sich doch das geschichtliche Material in diesen Quellen verengt und
begrenzt, so daß die Induktion hier wenigstens nicht gänzlich aus-
sichtslos scheinen könnte. Indessen besteht auch hier unein-
geschränkt fort, was wir bereits als notwendige Voraussetzung aller
geistigen, daher auch aller literarischen Entwicklung erkannt haben.
Es kann nimmermehr gelingen,. aus den literarischen Quellen einen^
einheitlichen Begriff des Judentums zu entwickeln, wenn dieser nicht
selbst, nach der methodischen Analogie des Organismus, als der
ideale Vorwurf vorweggenommen wird.
Hier lichtet sich nun aber auch die Schwierigkeit, welche noch
für das Recht der Induktion bestehen bleibt. Denn hier besteht das
Material nicht in einer schier unendlichen, auch etwa noch nicht ab-
geschlossenen Materialfülle, sondern ein bestimmtes und ein engeres
Stoffgebiet liegt hier als Qaellenmaterial vor. Und dieses Material
hat seine Geschichte. Es klärt sich daher der Zweifel auf, als ob
1* ’
4
A. Die Vernunft.
1. Man kann hier nicht sagen, daß das B ew ußtsein als diese
andere Quelle gedacht und gesucht werde. Denn das Bewußtsein
ist eigentlich nur ein anderer Ausdruck für die Geschichte. Wie
alle Kultur von der Geschichte aufgerollt wird, ebenso auch vom
Bewußtsein. Das Bewußtsein vollzieht nur die engere Geschichte
des Menschen. Wenn es daher nicht als die andere Quelle gedacht
werden kann, welche neben der Geschichte und über die Geschichte
hinaus das Recht und den Wert der Religion verbürgt, so kann
diese andere Quelle nur durch das Wort ausgedrückt sein, welches
in dem Titel unseres Buches die Vernunft bildet. Der B e g riff der
R eligion soll durch die R elig io n der V ern u n ft zur E n tdeckung
g e b rac h t w erden. Und die■ Quellen des Judentums sollen als das
Material aufgezeigt und nachgewiesen werden, in dessen geschichtlicher
Selbsterzeugung die problematische. Vernunft, die problematische
Religion der Vernunft sich erzeugen und bewahrheiten soll. So wird
die Geschichte selbst zwar hinwiederum zum literarischen Prüfstein
für das Schaffen der Vernunft, aber nicht das Leben und instink-
tive Hervorbringen ist es, welches das Recht der Vernunft, welches
die Eigenart der Vernunft zu bezeugen vermöchte, sondern sie selbst
ist das Problem, welches für jeden Begriff besteht, für jede Er-
kenntnis eines Begriffs, welches also auch für den Begriff der
Religion und für den Begriff des Judentums vorausgesetzt und zu
Grunde gelegt werden muß.
Wir führen daher das Problem der Religion in die allgemeine
Philosophie ein, indem wir es zu dem Problem der Vernunft in
diese notwendige Beziehung setzen.
2. Alle Bedenken, die sieh hiergegen erheben könnten, müssen
> ־vorerst zurücktreten. Es darf kein Anstoß an der Vernunft, als der
Quelle der Religion, genommen werden. Es darf nicht gefragt
Werden, ob sie die einzige sei, oder ob noch eine andere Quelle ihr
zur Seite gestellt, oder ihr übergeordnet werden müsse. Alle diese
־Fragen dürfen uns nicht beirren: sie würden uns nur von dem
, ?/methodischen Wege ablenken, an dessen Schwelle wir soeben
getreten waren. Die Vernunft ist die Quelle der Begriffe. Und der
Begriff muß die Quelle sein; er darf niemals als Mündung gedacht
werden für die induktiven Zuflüsse, die sich in ihm zusammenfänden.
Die Vernunft ist der Felsen, aus dem der Begriff entspringt und
aus dem er erst entsprungen sein muß für die methodische Einsicht,
wenn der Lauf übersichtlich werden soll, den er im Stromgebiet der
Geschichte nimmt. Diesen Begriff der Vernunft gilt es jetzt erst
genau zu bestimmen, wenn anders von einem Begriffe der Religion,
von einem Begriffe des Judentums ausgegangen werden muß, um
die literarischen Quellen benutzbar werden zu lassen.
Ein gerader Weg führt uns von dem geschichtlichen Begriffe
des Judentums zur P h ilo so p h ie der R eligion.
Die Philosophie ist die Wissenschaft der Vernunft. Und wenn
anders der Begriff das eminente Zeugnis aller Wissenschaft ist, sa
hat alle Wissenschaft und alle Erkenntnis, wie im Begriffe ihren
Gesamtinhalt, so in der Vernunft ihre gemeinschaftliche Quelle. Die
Vernunft ist das Organ der Begriffe.
Was von aller Wissenschaft gilt, gilt nicht minder auch von
der Religion. Sofern auch sie in Begriffen besteht und auf Begriffen
beruht, kann ihre letzte Quelle auch nur die Vernunft sein. Und
dieser ihr Zusammenhang mit der Vernunft bestimmt und bedingt
ihren Zusammenhang mit der Philosophie, als der allgemeinen
Vernunft der menschlichen Erkenntnis.
Machen wir uns zunächst negativ klar, welche Ansprüche durch
diesen Rückgang auf die Vernunft ferngehalten werden.
n 3. Den unmittelbaren Gegensatz der Vernunft bildet die Sinn-
/ lic h k e it, die in den Grundzügen dem Menschen mit dem Tiere ge-
I meinsam ist. Wenn die Quelle der Religion die Vernunft ist, so wird
| zunächst der I n s tin k t abgewiesen, der eine Intelligenz bedeutet, die
ןTier und Menschen gemeinsam ist. Die Religion aber dürfte ein
7
B. Die Religion.
1. Haben wir bisher von der Bedeutung der Vernunft, die sich
in der Philosophie vollzieht, eine vorläufige Kenntnis genommen, so
müssen wir jetzt eine solche auch von der Religion zu gewinnen
suchen. Es genügt nicht zu wissen, daß sie den Begriff voraussetzt,
der sich, nicht sowohl in der Religionsgeschichte als genauer in den
Quellen des Judentums zur Erzeugung bringe: es muß nun auch eine
Überlegung eingreifen, die vom Inhalte dieses Begriffs der Religion
eine vorläufige Kenntnis anstrebt. Dieser Inhalt erstreckt seine Be-
deutung auch auf den Umfang des Begriffs. Wir würden außerstande
sein die Quellen zu befragen, wenn wir nicht zunächst den Umfang
dieses Begriffs der Religion zur Bestimmung gebracht hätten. Der
Umfang fallt hier nicht in das Gebiet der Induktion hinein, sondern
er gehört durchaus der Grundlegung an, welche für alle Induktion
die Voraussetzung bildet. Der Umfang erst gibt die Weisung auf
den Inhalt.
Da die Religion als die Religion der Vernunft definiert ist, so ist
für ihren Umfang, wie für ihren Inhalt, der M ensch gesetzt. Ob
sie vom Menschen ausgeht, das bildet zunächt keine Frage, da viel-
mehr der Ausgang in der Gesetzlichkeit festgenommen wird. Aber
daß sie sich auf den Meusehen erstreckt, und daß alle Fragen des
Menschen daher zu Fragen der Religion werden, das ist durch die
Verbindung zwischen Religion und Vernunft festgestellt. Und der
Zusammenhang zwischen Religion und Philosophie kann nicht mehr
fraglich erscheinen, wenn anders durch die Vernunft die Religion
ihren Anteil an der Erkenntnis des Menschen hat. Es kann nur
noch die Frage entstehen, welchen Inhalt vom Begriffe des Menschen
der Anteil der Religion an dieser Erkenntnis vom Menschen aus-
bilden mag.
Es könnte scheinen, als ob alle Beiträge schon erschöpft wären
welche die wissenschaftliche Erkenntnis vom Menschen zusammen-
fassen. Wenn wir von der leiblichen Seite des Organismus füglich ab-
sehen, wenn wir sogar auch von dem weit verzweigten und tief ver-
wurzelten Gebiete der geschichtlichen Anthropologie absehen, so tritt uns,
als Glied im System der Philosophie, die E th ik mit dem Anspruch ent-
gegen, daß sie alle Angelegenheiten des Menschen verwalte, und daß sie
demzufolge jeder anderen Erkenntnisweise und also auch der Religion,
sofern sie eine solche zu sein beansprucht, einen gleichartigen Anteil
H
jajich nur gemäß dieser Allheit. Es bleibt daher immer noch die
Frage, ob die Mehrheit der Menschen nicht dennoch Fragen auf-
werfe, welche nicht schlechthin aus dem Grundbegriffe der Allheit
lösbar werden. Und diese Frage wird dringlich gegenüber dem
Problem des Du, wenn sie noch bei dem des Er verschleiert bleiben
mochte.
Welchen Unterschied aber macht es von dem Gesichtspunkte
der Menschheit aus, daß ich ein anderes Beispiel derselben nicht
lediglich als Er, sondern ausdrücklich und vornehmlich als Du an-
zusprechen hätte? Welche Bedeutung hätte dieser Anspruch über-
haupt für die Ethik, die gleichsam kein Ansehen der Person kennt,
für die Jeder nur dasselbe Symbol der Menschheit darstellt? Sollte
nun aber die Frage entstehen, welcher besondere Wert dieser An-
rede, dieser Auszeichnung des. Du zukommt, durch welche die Iden-
tität der Menschheit bedroht scheinen könnte, so gilt es nunmehr,
diesen eigenen Beitrag für den Begriff des menschlichen Individuums
zu erforschen, den die Entdeckung des Du zur Enthüllung bringt.
Und hierbei gilt es, den A n teil zu bestimmen, den die R elig io n
an der V e rn u n ft gew innt.
6. Da das Du innerhalb der Menschheit zur Gliederung kommt,
wenngleich die Menschheit selbst diese Gliederung nicht zu voll-
ziehen vermag, so schwinden alle methodischen Bedenken, die gegen
die Anteilnahme der Religion an der Aufgabe der Vernunft sich
erheben könnten. Die Befugnisse der Ethik bleiben unversehrt.
Aber ihre Ergänzung ist kein Widerspruch gegen die Einheitlichkeit
ihrer Methode: da diese Methode vor dem neuen Problem des Du
versagt, versagen muß, während der Begriff des Individuums
andererseits dieses Du fordert. Das Du gehört jedoch der unend-
liehen Gliedreihe der Menschheit an: die Methode, welche daher
gefordert wird, ist eine neue, aber keine fremde. Sie ergänzt die
einheitliche Methode der Ethik, aber es muß ihr E ig e n a rt zu-
gesprochen werden, da ihrem Problem, dem Du, die Eigenart nicht
abgesprochen werden kann, wenngleich diese, wie das Glied selbst,
der Einheit der Menschheit zugehört. Aber diese Einheit kann durch
die Ethik nur als Allheit zu Stande kommen. So wird die einheit-
liehe Ergänzung der Methode berechtigt, welche innerhalb der All-
heit, als eine Neuheit, das allgemeine Glied des Du zur Entdeckung
bringt. Das Du bringt ein neues Problem in den Begriff des
Menschen, der jedoch in dem Begriffe der Menschen seine Vollendung
19
aus diesem Punkte .verständlich. ״Ach an der Erde Brust sind wir
zum Leide da.“ Diese Einsicht fehlt dem Psalm, der dem Menschen
״nur wenig fehlen läßt zur Gottheit“. Der Psalm atmet nur Opti-
mismus, weil sein höchstes Gut in der ״Nähe Gottes“ ihm gesichert
ist. Der Prophet hingegen sieht nicht gleichmütig von dieser Höhe
auf das Menschengeschlecht herab: er hofft, daß einstmals Gott ״die
Träne tilgen wird von jeglichem Angesicht“. ״Die Träne quillt, die
Erde hat mich wieder.“ So bezeichnet auch Faust• durch das
Zeugnis der Träne den Menschen in seinem Erdendasein. Und was-
wäre der sittliche Beruf des Menschen anders als die Verklärung׳
und Erhöhung seines Erdendaseins?
Bis hierher könnte man, im Gegensätze zur Stoa, immerhin noch,
innerhalb der Ethik das Mitleid zulassen. Man könnte dieses Moment
aufnehmen, um dadurch die anthropologische Ethik zu rechtfertigen.
Wenn nun aber die Frage entsteht: was geschehen soll, was inner״
halb der Ethik geschehen kann, nicht sowohl um das Leiden zu
beseitigen, als vielmehr um das Mitleid zu befriedigen, so wird sie-
keine Auskunft geben körnen, die mehr als nur pädagogisch und
praktisch wirken könnte: die Lösung der Frage kann sie nicht durch
die Aufstellung eines prinzipiellen Begriffs erteilen. Sie muß dann
eben, wie man heute sagen würde, zum Pragmatismus werden. Das Mit״
leid wird eine förderliche Illusion, durch die das Leiden in der Teilung
geringer wird. Über diese Illusion hinaus gibt es keine Hilfe. Des-
halb verwirft die Metaphysik diesen Affekt, weil er eben nur eine
Illusion voraussetzt. Ich bilde mir ein, mit einem Anderen zu.
leiden, aber dieser Andere ist kein Anderer, sondern ich selbst bin
und bleibe es, der ich durch die Illusion meines Intellekts als ein
Anderer mir erscheine. Diesen Tiefsinn lehrt S chopenhauer.
Und S pinoza hinwiederum muß ebenfalls diesen Affekt verwerfen,
weil er mit der Stoa alle sinnlichen Affekte verwirft. Für ihn gibt es
nur Erkenntnis, und zwar die der Einen Substanz. Die Menschen aber
sind allesamt nur Modi, nur Einzeldinge dieser Einen Substanz.
Da ist einer, wie der Andere, keiner hat Eigenwert, sondern ein
jeder ist nur der Ausdruck der einen Substanz. Und was nicht Er-
kenntnis ist, das ist alles gleicherweise vom Übel: das Mitleid ist
desselben Blutes,, wie der Neid. Und es macht •keinen Unterschied,,
ob ich von dem Mitleid auf den Andren hingelenkt werde, oder
durch den Neid von dem Anderen auf mich selbst zurückgelenkt
werde. Diese Seelenkunde ist die Konsequenz des stoischen Grund-
21
gedankens von der Gleichgültigkeit des Leides. Sie macht das Mit-
leid zu einer wertlosen Illusion.
Aber auch vom P essim ism u s unterscheidet sich die Ethik an
diesem Kreuzwege der Religion. Denn der Unterschied zwischen
Pessimismus und Optimismus liegt nur in der praktischen Eeform
der irdischen Lage. Der Optimismus ist keineswegs die ״ruchlose
Denkungsart“, als die sie Schopenhauer verleumdet, sondern seine
Weisheit hat den praktischen Sinn, den ^allezeit die Theodizee be-
stätigt hat: die Weltlage der sittlichen Bestimmung gemäß zu ver-
bessern, und demzufolge das Menschenleid zu verringern. Wenn da-
gegen nun aber der Pessimismus einwendet, daß alle diese Be-
Strebungen eitel und verlorene Liebesmühe seien, so widerspricht
ihm zwar der immerhin unverkennbare Fortschritt der Weltgeschichte, j
aber er wird dennoch dadurch nicht in seiner These widerlegt;
denn seine These entspringt einer Metaphysik, die von der Erfahrung
unabhängig sein will. Der metaphysische Sinn des Leidens macht
das Leiden zur eigentlichen, zur einzigen Bealität des menschlichen
Daseins. Und die Konsequenz dieser Metaphysik ist daher auch für
die Praxis die Durchfürung und Bewährung dieses Prinzips: die
Verneinung, dje Aufhebung des Daseins. Wenn jedoch diese Wei3heit
schon Metaphysik sein sollte, so kann sie jedenfalls nicht Ethik
,sein; denn diese ist .durchgängig Bejahung, Entwicklung und Er-
höhung des menschlichen Daseins. Wenn sie nun das Dasein be-
haftet sieht mit dem Leide, so ist ihr das Mitleid auch nur ein
Wegweiser zu der Frage: wie kann das Leid überwunden werden?
Das Leid ist subjektiv ein Schmerz: verharrt das Mitleid auf dem
Niveau des Schmerzes, oder aber birgt es ein Mittel zu seiner Auf-
lösung in sich? Ist es etwa die Wunde, die die Heilung mit sich
bringt? . .(
10.: Zu dieser Wendung kommt es an dem Grenzpunkte, an dem
die ׳יReligion■־1׳־gleichsam, aus der Ethik hervortritt. Es ist kein träger
Affekt, dem ich mich hingebe, wenn ich das Leid des Anderen
beobachte, und zwar nicht als vein natürliches und empirisches
Faktum, sondern wenn ich es zum Fragezeichen mache für meine
gesamte Orientierung in der sittlichen ׳Welt. Es ist nur Einseitigkeit,
welche mich gleichgültig machen könnte gegen dieses Leid. Und es
ist nur von einer falschen Metaphysik dirigierte Unkenntnis von dem
Eigentümlichen des Menschenwertes, welche das Mitleid zu einer
Reflexbewegung herabwürdigt. Im Leiden geht mir plötzlich und
22
unaufhaltsam ein grelles Licht auf über die Flecken an der Sonne
des Lehens. Möchte die Einsicht über den Grund des Leidens mir
immerdar verborgen bleiben: es ist gar kein theoretisches Interesse,
welches durch diese Beobachtung in mir erregt wird. Es ist der
ganze Sinn der Ethik, als der Lehre vom Menschen und vom
Menschenwerte, an dem ich verzweifeln muß, wenn dieser Menschen-
wert sich vorzugsweise im Leiden ausmünzt. Der Sinn der Mensch-
heit wird mir hinfällig, geschweige daß ich überhaupt noch ein
Interesse an meiner Selbstexistenz nehmen könnte.
So stellt uns diese Einsicht vom Leiden vor die schwerste Alter-
native der Ethik, und daher auch das Mitleid auf die Anhöhe, welche
die Aussicht eröffnet für deren Behauptung. Aber wenn das Interesse
am Leiden und am Milleid nunmehr als ein ethisches im Unterschiede
von der theoretischen Welterklärung erkannt ist, daher auch im
Unterschiede von aller angeblichen Metaphysik, so ergibt sich hieraus
die Frage: welchen Gewinn hat die ethische Praxis, und welcher
Methodik kann sie sich bemächtigen, um jenes ethische Grundrätsel
zu entschleiern? Der Begriff des Menschen scheint hier seine Endsehaft־
erreicht zu haben, außer sofern sie durch einen anderen Begriff zurück-
geschoben und dem Begriffe des Menschen-*eine neue Erweiterung
zugeführt wird. So berühren wir hier den ־G re n z p u n k t, an dem
die B elig io n e n ts te h t, an dem sie mit dem Leiden den Hori-
zont des Menschen lichtet.
11. Ist nun aber jetzt durch Leid und Mitleid das Du im Menschen
entdeckt, so kann auch das Ich, von dem Schatten der Selbstsucht
befreit, wieder hervortreten. Und auch das eigene Leiden braucht jetzt
nicht schlechterdings als gleichgültig hingenommen zu werden. Es muß
nicht träge und unfruchtbare Sentimentalität nur sein, des eigenen
Leides sich zu erbarmen. Die Leiblichkeit gehört nun einmal zur
Seele des Individuums, und die Seele wird vernachlässigt, wenn die
Mühsal des Leibes vernachlässigt wird. Die Humanität erfordert
auch die Beachtung des eigenen Leides.
Mit dem Leiden des Ich treten nun aber auch andere Schäden
ans Licht, außer den sinnlichen Unvollkommenheiten. Die sittliche Ge-
breehlichkeit bedarf jetzt erneuter Prüfung, und es ist oberflächlich
und die Sittlichkeit schädigend, wenn eine Korrespondenz angenommen
wird zwischen der Schlechtigkeit und dem Ü bel, wie etwa gar zwischen
der Tugend und der Wohlfahrt. Wenngleich es für die Ethik
keine theoretische Frage sein darf, worin das Übel seinen Grund
23
habe, so darf erst recht nicht die Frage nach dem Ursprung des
Bösen zu einem theoretischen Problem werden. Denn das theoretische
Interesse würde ja diese Frage unmittelbar auf den Mitmenschen
richten, den ich zum Träger des Bösen machen müßte, und das
kaum gewonnene Du ginge sofort wieder verloren. Es ist aber un-
umgänglich, daß das Studium des Bösen die Mehrheit der Menscheft
aufsuchen und sie prüfen müßte.
Wenn ich nun hingegen das eigene Ich an dem Du gewonnen
habe, so darf ich an mir selbst diese heikele Frage studieren, die Mit-
menschen aber mit meiner etwaigen Selbstgerechtigkeit verschonen.
Und wenn nun anders die Religion in der S e lb s te rk e n n tn is des
Menschen ihren tiefsten Grund hat, so steht J e c h e s k e l unvermittelt
neben S o k rates. Wie dieser theoretisch in der Selbsterkenntnis den
Menschen und mit ihm die Ethik begründete, so Jecheskel die
Religion in der Selbsterkenntnis des Menschen von seiner Sünde.
Diese Entdeckung des Menschen durch die S ünde ist der Quellj
auf den alle Entwicklung der Religion zurückgeht. Diese Erkenntnis
wird als Selbsterkenntnis erdacht. So sc h e id e t sich die R elig io n
von der M ythologie, uls in welcher der Mensch noch nicht der
Urheber seiner Sünde, sondern vielmehr nur der Erbe seiner Ahnen
und deren Schuld ist. Mit dem Satze: ״die Seele sündigt“ wird in
dieser Seele die Person gegründet, die in ihrer Selbsterkenntnis von
ihrer Sünde de^, Grund legt zur Selbsterzeugung ihrer Sittlichkeit.
Aber es ist ein weiter Weg von der Sünde zur Tugend, und dieser
weite Weg liegt zwischen der Religion und der Ethik. Der Seelen-
leiter auf diesem Wege des Menschen wird der an d ere B e g riff,
der neben dem M enschen der R elig io n e ig e n tü m lic h ist.
12. Ist denn in der Tat G ott der Religion eigentümlich? Hat
ihn nicht vielmehr alle Ethik, die neuere, wie die der Antike, bald
mehr, bald weniger offen bei ihrem Aufbau mitverwendet? Und
wenn nun gar unsere eigene Ethik des reinen Willens die Gottesidee
zum Schlußstein erhoben hat, wie könnte immer noch Gott als das
Eigengut dei1 Religion gedacht bleiben?
Bleiben wir bei unserer eigenen Ethik, welche bestimmter als
jede frühere die Gottesidee in den Lehrgehalt der Ethik aufnimmt,
so entspricht ihre Bedeutung doch durchaus dem Begriffe' des Menschen
überhaupt innerhalb der Ethik. Wie der Mensch hier die Menschheit
bedeutet, so gibt auch G ott' den Abschluß nur der Lehre von der
Menschheit. Wie der Mensch in der Ethik nur ein Beispiel der Mensch-
24
•heit יist, so ist auch Gott nur der Bürge der Menschheit. Die.Mensch-
heit ist das Subjekt der allgemeinen Sittlichkeit. Und während nach
der Ethik nur im Ebenbilde der Menschheit das Individuum die Sitt-
lichkeit vollziehen kann, und demgemäß nur innerhalb seiner eigenen
Kompetenz, der S e lb s tg e s e tz lic h k e it sein er V ern u n ft, welche
unverantwortlich ist für alles, was außerhalb ihrer Grenzen geschieht,
welche daher auch eigentlich gar nicht interessiert ist für den
Erfolg, den die Pflicht nach außen erlangt oder nicht erlangt —
so erhebt auch hier die Beligion Einspruch gegen diese Fiktion einer
Indifferenz.
Es darf nicht gleichgültig bleiben, ob meine Sittlichkeit und
aller Menschen Sittlichkeit nur pflichtmäßiges Streben bleibt, das
in sich selbst genugsam wäre, sondern ich muß Anteil an der Frage
nehmen, ob das Id e a l auch Leben und Wirklichkeit hat. Wie
sehr immer nur in der Annäherung diese Identität sich durchsetzen
mag, so bleibt doch auch in der Annäherung jene Durchdringung
der Wirklichkeit mit dem Ideal das unausweichliche Ziel. Die
wissenschaftliche Strenge aber, welche die Ethik einzuhalten hat,
läßt dieses eigentliche Ziel einer Sittlichkeit zurücktreten, und die
allgemeine Scheidung zwischen Ideal, wie überhaupt zwischen Idee
und Wirklichkeit, beläßt den Gedanken in dem Schein des Rechts:
daß Sittlichkeit nur Gesetz und Vorschrift sei, nimmermehr aber,
menschliche Wirklichkeit.
13. Dieser, ״faulen Vernunft“ tritt die Religion entgegen und hier-
durch begründet sie ihren Eigenwert, Der Gott, den sie lehrt, bedeutet
garnichts anderes als schlechterdings nur die Aufhebung dieses
Vorurteils. P la to n sagt einmal beiläufig, immerhin aber im Theätet,
das Schlechte könne kein Ende nehmen, denn es müßte, als Gegen-
satz zum Guten, bestehen bleiben. An diesem Gedanken scheiden sich
Judentum und Heidentum, und das letztere sogar auch im Platonismus.
Wenn der Prophet Gott im Gegensätze zum Parsismus auch zum
Schöpfer des Bösen macht, so is t dieses Böse v ie lm eh r das Übel,
5 das die Menschen mit dem Bösen gleichzusetzen pflegen. Und das
eben will der Prophet leliren: daß Gott nur der Schöpfer des Voll-
kommenen, welches der F ried e ausdrückt und bedeutet, sein kann.
So wird es verständlich, daß der Monotheismus im Messianismus
seinen Gipfel erlangt. Der M essianism us aber bedeutet schlecht-
hin die Herrschaft des Guten auf Erden. Man begegnet alltäglich
der sonderbaren Ansicht, daß der Messias doch erst kommen könne.,
25
wenn das Unrecht aufhört.. Aber das ist es ja eben, was der Messias
:.bedeutet: daß das Unrecht aufhören werde. Diese Ansicht, die auch
;Platon nicht hatte, ist die neue Lehre, die der Einzige Gott der
־messianischen Menschheit bringt. Die Sittlichkeit wird in der
Menschen weit gegründet werden. Gegen diese Zuversicht kann kein
Skeptizismus, kein Pessimismus, keine Mystik, keine Metaphysik,
keine Welterfahrung, keine Menschenkunde, keine Tragik und kein
Humor aufkommen: der Unterschied zwischen Ideal und Wirklich-
keit darf nicht in die Schattenwelt verlegt werden und eine solche Art
von Verewigung erhalten; er muß, er wird durch den Messias be-
graben werden. Die Tugend der Menschen wird noch immer neue
Bahnen von ungeahnter Steilheit zu beschreiten haben, aber ein
Niveau der Sittlichkeit wird errichtet sein, das die Laufbahn der
menschlichen Sittlichkeit sichert.
14. Wir haben den messianischen Gott als den Gott der Ethik
dargestellt, müssen aber hier der historischen Klarstellung wegen hin-
zufügen, daß. in unserer Ethik des reinen Willens auch nur dieser
meskianische Gott als der Gott der Ethik erscheint. Wie die wissen-
schaftliche Ethik alle die literarischen Quellen treulich benutzen muß,
so haben wir aus dem Monotheismus diesen Gott in unsere Ethik
verpflanzt, j Und dennoch ist dieser aus der Beligion entlehnte Gott
doch nur kraft der Berührung, welche zwischen dem Monotheismus
und der Sittenlehre sich vollzieht, ein ethischer Gott, noch nicht
aber der eigentliche Gott der Eeligion. j Der Monotheismus gipfelt
im Messianismus, aber sein Schwerpunkt liegt in dem Verhältnis
zwischen Gott und dem Individuum. Je ch esk el lenkt hier von der
messianischen Hauptlinie ab, insofern er seinen Weitblick verschließt
vor dem Innenblick auf das Individuum.
Je c h e sk e l h a t den G ott des E in zelm en sch en der R elig io n
ü b erliefert.. Und jetzt kann die !?rage von Du und Ich von neuem
anheben. Wenn es zunächst gefährlich schien für die Sittlichkeit, daß das
Du unter das Zeichen der Sünde träte, so ist das echte Spiegelbild für
die Sünde, so ist der Spiegel, als das. Mittel der Selbsterkenntnis,
jetzt gefunden. An mir selbst soll ich die Sünde studieren, und an
der Sünde soll ich mich,selbst erkennen lernen. Ob andere sündigen,
das hat mich weniger zu interessieren, als daß ich nur einsehen
lerne, wie ich selbst in ,meinem innersten Wesen mit der Sünde be-
haftet bin. Und anstatt aller Sentimentalität mit meinem Leiden soll
ich vielmehr empfindsam werden für meine. sittliche Gebrechlichkeit.
26
15. Jetzt darf mir auch der Z usam m enhang von Stände
und L eid einigermaßen verständlich werden, den die Mythologie als
ihr tiefstes Mysterium aufdeckt. Jetzt schadet es nicht mehr, daß
ich, wie auf der Buhne, so auf der Weltbühne überhaupt, das tragische
Leid des Menschen, des Helden selbst in seinem sittlichen Mangel
erkenne; denn jetzt bin ich mir selbst zum echten Urbild der
menschlichen Schwäche geworden. Jetzt werde ich nicht mehr auf
den unseligen Gedanken verfallen, daß das Du für seine Sünden
leidet, durch den mein Mitleid unheilbar abgestumpft würde; jetzt
werde ich von dem Gedanken durchdrungen, daß ich keines Menschen
Schlechtigkeit so tief und so klar erkenne, wie meine eigene. Und
wenn es überhaupt im Leiden ein Entgelt geben soll für die Sünde,
so werde ich dieses nur in mir selbst ״erprüfen wollen.
Aber der Gott der Beligion ist ja niemals ein theoretischer Be״
griff, niemals ein Begriff, der lediglich nur das Wissen und die Er-
kenntnis des Menschen erweitern und lichten sollte. So muß auch die
Selbsterkenntnis der Sünde und des Menschen durch die Sünde nur
■ zum Behufe der Besserung den Weg zu Gott bahnen. G ott is t kein
■K^-r•' ^J S c h jc k sa lsb e g riff; er hat nicht zu offenbaren, woher das Leid
komme. Er hat aber auch ebensowenig zu offenbaren, woher die Sünde
komme. Die Sage vom Sündenfall stammt aus Persien. Der Einzige
Gott kann daher auch nicht für das Verhältnis zwischen Leben und
Schuld einzustehen haben, geschweige für eine nach menschlichem
Maße abgewogene Gleichheit zwischen ihnen. Die Tiefe der mono-
theistisehen Gotteslehre werden wir an diesem Höhepunkt ihrer
Weltbetrachtuhg zu erkennen haben: daß alles Messen und Ver-
gleichen der inneren Würde des Menschen mit dem äußeren Scheine
seines Erdenloses eitel und nichtig, kurzsichtig und verblendet ist.
Die alte Frage, warum es dem Guten schlecht, und dem Schlechten
gut gehe, wird eine Antwort erfahren, von der selbst die Platonische
Weisheit keine Ahnung hatte.
16. Die Propheten waren nicht Philosophen, aber sie waren Poli-
tiker, und in der Politik konsequentere Idealisten als Platon selbst.
Sie wären in der Politik bei all ihrem Patriotismus messianisehe
Weltbürger. Der eigene Staat war ihnen nur die Staffel zum Staaten-
bunde der Menschheit.
יSie erkannten im Staate noch ein anderes Problem außer dem
internationalen: sie erkannten im Staate als die schwerste Gefahr
seines Gleichgewichtes den Unterschied von Arm und Reich. D er
27
werden soll. Wir haben nicht mit dem Judentum hier zu beginnen,
•denn dieses soll als Religion der Vernunft nachgewiesen und durch
den Nachweis, den das Buch zu erbringen hat, zur Bestimmung
kommen. Wir müßten doch die Quellen antizipieren, wenn wir vom
Begriffe des Judentums ausgehen wollten. Von der allgemeinen
methodologischen Bedeutung dieser Quellen vielmehr müssen wir
.ausgehen. • ׳
Im Grunde wird auch in den Quellen schon das Ganze vorweg-
. genommen. Denn aus den Quellen geht alles hervor, was als Juden-
. tum zur Erscheinung kommt. Es hat jedoch methodischen Grund,
.wenn Institutionen und Altertümer von den literarischen Quellen
unterschieden werden. Diese setzen die sachlichen Denkmäler erst ans
. Licht, so daß sie aus den Schriftquellen erst zum rechten Verständnis
gebracht werden.
Die literarischen Quellen sind der unmittelbare Geist, der in
anderen Denkmälern sich erst weitere Mittel bearbeitet. Die lite-
!•arischen Quellen sind die wahrhaften Quellen für das Schaffen des
Geistes, eines Nationalgeistes, der Eigenes und Ursprüngliches hervor-
..zubringen strebt.' Die Quellen bezeichnen das Ursprüngliche, und
ursprünglich ist nur der Nationalgeist, der auch für die Individuen
zum Urgründe wird.
2. Die Literatur der Juden, ursprünglich, wie sie ist, ist National-
literatur. Dieses Merkmal der Ursprünglichkeit ist und bleibt der
gemeinsame Grundzug des literarischen Judentums.' So weit die Ur-
sprünglichkeit- sich erhält, so weit bewährt sich der nationale
:Charakter der jüdischen Literatur. Die Ursprünglichkeit aber
besteht und wurzelt in der Idee des Einzigen Gottes. Die Worte:
״Höre Israel“ und ״der Ewige ist Einzig“ ergänzen einander. Der
Geist Israels ist bedingt durch den Gedanken des Einzigen Gottes.
Alles, was aus diesem Geiste hervorgeht, geht ebenso aus dem
Einzigen Gotte hervor, wie aus dem Volksgeiste in seiner Ursprünglich-
heit und.Eigenheit. / . 1
Aber die Hervorbringungen dieses Grundgedankens sind mannig-
faltig, wie sie eine weite Geschichte durchmessen. Und schon die
ersten Anfänge entbehren nicht einer großen Mannigfaltigkeit, einer
scheinbaren Gegensätzlichkeit.
Es.ist charakteristisch, daß das Deuteronomium für den Wert der
neuen Lehre sich hauptsächlich auf ״Satzungen und Rechte“ beruft.
Sittliche Verfassungsformen werden als die Erzeugnisse der neuen
29
Wert wurde nicht minder geachtet. Es war nicht etwa der Kasten«
geist der Schriftgelehrten, der sich mit der Autorität der Bibel
messen wollte, sondern es war die Urkraft des Nationalgeistes, die
sich in ihrer Natürlichkeit fühlte, in ihrer Berechtigung auch der
ursprünglichen Lehre gegenüber erkannte, die sich in ihrer homogenen
Entwicklung durchsetzen wollte und durchsetzen mußte. Auch die
Thora hätte nur zeitlichen Wert, wenn diese Fortsetzung nicht als
die Fortführung ihrer nationalen Grundkräfte erkannt würde.
So werden T alm u d und M idrasch zu ebenso gültigen Quellen
des Judentums, wie die Bibel in ihren mannigfachen Bestandteilen.
Der mannigfache Inhalt des Talmud kann keinen Anstoß bilden:
Satzungen und Rechte sind die ursprünglichen Dokumente der Thora.
Die Naturkraft, welche den Talmud hervortrieb, bezeugt sich an
der Tatsache, daß er ebenso in Babylonien entstand, wie im Mutter-
lande. Man begnügte sich nicht mit dem lebhaften Verkehr, den die
Gelehrten Babyloniens mit denen Palästinas ununterbrochen unter-
halten: es entstand der b ab y lo n isch e Talm ud und der je ru s a -
lem ische T alm u d , wenngleich der letztere nur in kleinerem Um-
fang. So sind zwei gewaltige Schöpfungen als ״mündliche Lehre“ er-
wachsen, und der Nationalgeist fühlte sich nicht abgestorben mit dem
Verluste des Stammlandes; auch aus dem fremden Boden erblühte mit
derselben nationalen Kraft der alte Geist der Satzungen und Rechte,
in dem die Lehren wurzelten.
Die Doppeltheit dieses einheitlichen Nationalgeistes stellte
sich jedoch noch in anderer Weise dar. Schon im Deuteronomium
versteht man es allgemein nicht, wie der* reine prophetische Geist
doch wieder an die nationalen Konventionen sich anklammerte. Be-
sonders beim Opfer erregt diese Zweideutigkeit Anstoß. Während
man sonst nationale und politische Anpassung an die lokalen Ver-
hältnisse begreiflich findet, sollen die Propheten hingegen die reinen
Engel ihrer Doktrin sein. Nicht einmal Jerem ia bei all seinem
Radikalismus ist von den Einseitigkeiten alles Patriotismus frei.
J e c h e sk e l aber war ein großer Meister der politischen Praxis. Er
wollte, nachdem der Staat unwiederbringlich verloren war, das Volk
in der G em einde retten, und zur Sammlung der Gemeinde bedurfte
er des Heiligtums und daher auch des Opferkultus. Er zeichnet
E s ra und N ehem ia ihre Politik vor.
Man sollte sich daher auch im Deuteronomium nicht wundern,
daß es das Opfer nicht abschafft, obwohl es auf die innerste Rein-
32
der Haggada bis zu den Spielen des Witzes bin sich decken wollten.
In dieser Einheitlichkeit sollte sich die mündliche Lehre als solche
bezeugen. Sie ist unmittelbar, wie die ״Frucht der Lippen“, während
die schriftliche Lehre in eherne Tafeln geprägt ist.
8. Noch ein anderes Merkmal hat die mündliche Lehre: nicht
unmittelbares Erzeugnis ist sie, sondern ein nicht abgeschlossenes,
ein unaufhörlich sich Fortzeugendes. Das Buch ist abgeschlossen;
der Mund bleibt geöffnet; er darf für den Nationalgeist nicht ver-
stummen. Die mündliche Lehre hat das Gepräge der unvergänglichen
nationalen Fruchtbarkeit.
Aus diesem Nationalgefühl heraus entsteht der Terminus, der
sonst paradox erscheint. Die Offenbarung hat nicht nur in der Thora
am Sinai stattgefunden, sondern es gibt auch eine Halacha, die ״vom
Sinai dem Mose“ offenbart wurde ( ) הלכה למשה מסיני. Diese Fort-
Setzung erscheint ganz natürlich. Darin liegt keineswegs eine Über-
hebung der Schriftgelehrten — diese Meinung beruht auf histori-
scher Unbildung — sondern sie ist vielmehr der Ausfluß eines
kritischen Selbstbewußtseins dem geschriebenen Gesetze gegenüber
Das kritische Urgefühl des Deuteronomiums: ״die Thora ist nicht im
Himmel, sondern in *deinem Herzen“, bleibt in diesem Gedanken und
in dem Mute und der Klarheit dieser Festsetzung lebendig. Der
Nationalgeist ist nicht erstorben, und er ist nicht in Palästina lokali-
siert. Das Testament des R abbi Jo c h a n a n ben S ak k ai ist zum
Wanderbuch des jüdischen Volkes geworden. Wo der Talmud ge-
lehrt wird, da ist die Thora lebendig. Sie darf nicht nur die ge-
schriebene Thora bleiben: sie ist in deinem Herzen und in deinem
Munde; so mußte sie zur mündlichen Lehre werden.
Und diese mündliche Lehre mußte dieselbe vollgültige Quelle
des Judentums werden, wie die Bibel. Und in allen ihren Stilformen
mußte sie diesen Quellenwert behalten. Sie sind alle ja von dem
Fundament ein er Logik, einer methodischen Deduktion getragen.
9. Man mißversteht die talmudische Bibelexegese, wenn man sie
lediglich aus dem Formalismus dieser logischen Deduktion heraus
verstehen will. Umgekehrt verhält sich die Sache. Der Gedanke ist
gedacht, sei es in der Haggada als ein sittlicher Gedanke in der
Phantasieform der Poesie, sei es in der Halacha als ein Gesetz,
für das man, wie für alle die andern Gedanken, in dem Bibelworte
nachträglich die Beglaubigung finden wird.
3
34
ihrer Wacht die Begriffe Sein und Gott. Aber jetzt tritt strenge
Id e n titä t ein für diese beiden Begriffe. Die Einheit wird zur
Identität, wie dieser Fortschritt sich auch bei Parmenides vollzieht.
Nur Gott hat Sein. Nur Gott ist Sein. Und es besteht keine
Einheit, die Identität wäre zwischen Gott und Welt, keine Einheit
zwischen Welt und Sein. Die Welt ist Schein. Dieser Gedanke
wirft auch hier schon sein Licht vorauf; nur Gott ist Sein. Es gibt
nur eine Art von Sein, nur ein einziges Sein: Gott ist dieses
einzige Sein. Gott ist der Einzige.
Im ״Höre, Israel“ wird die Einzigkeit durch das Wort Echad
bezeichnet. Im rabbinischen' Schrifttum tritt für die Einzigkeit
Gottes das genauere hebräische Wort Jic h u d ein. Dieses bezeichnet
den Einzigen, und so wird durch diese Wortbedeutung die Einzigkeit
Gottes von der Unklarheit befreit, die der Einheit anhaftet. Auch das
Wesen Gottes wird in der rabbinischen und religionsphilosophischen
Literatur im Anschluß an dieses Wort als Jichud ( )יחודbezeichnet.
Und auch das Wort, welches an Echad ( )אחדsich anschließt:
Achduth ( )אחדותwird gebraucht. Aber es dürfte nicht richtig sein,
daß der arabische Gebrauch hier entscheidend geworden sei. Denn
Jichud bedeutet nicht allein, nicht vorzugsweise die subjektive Tat,
welche in der Widmung an Gott, in der Anerkennung seiner Ein-
heit die Einigung vollzieht, sondern bei Gott selbst kann es gelten,
faktitiv diese Einigung zu vollbringen. Achduth stellt die Einheit
als Tatsache, als Sein dar; Jichud dagegen stellt gleichsam die
Funktion dar, in welcher diese Substanz sich vollzieht. Worauf es
uns ankommt, das ist der Gedanke: daß innerhalb der religiösen
Entwicklung die Einheit durchaus als Einzigkeit zur Durchführung
kam, und daß diese Bedeutung der Einheit Gottes, als Einzigkeit, das
einzige Sein Gottes zur Erkenntnis brachte, gegen welches alles andere
Sein verschwand und zum Nichts wurde. Gott allein ist das Sein.
12. Der Unterschied von der griechischen Spekulation, durch den
unmittelbar auch der Pantheismus ausgeschlossen wurde, besteht in
der Bezeichnung dieses Seins als des Seienden, in der V erw an d lu n g
des N e u tru m s in die P erson. Hierdurch wird freilich der An-
thropomorphismus unvermeidlich, und es wäre anch der Verfall in des
Mythos unvermeidlich, wenn nicht von den ersten Anfängen der münd-
liehen Lehre an der K am p f gegen den A n th ro p o m o rp h ism u s
als die Seele der jüdischen Religionsbildung sich bewährte. Man darf
vielleicht sagen, daß dieser Kampf schon bei der Bearbeitung des
49
ich bin der Seiende. Ich bin der, der nicht anders benannt werden
kann als durch ״ich bin“. Darin schon ist ausgedruckt, daß kein
anderes Sein diese Verbindung des Seins mit sich behaupten darf«
Fahren wir fort im Texte, der unmittelbar weiter lautet: und
Gott sagte: ״So sollst du den Israeliten sagen, der ״ich bin“ hat
mich zu euch gesandt.“ Also nicht Jahwe habe Mose gesandt,
sondern in dieser Zeitform der ersten Person soll Mose auf die
Frage der Israeliten nach dem Namen seines Gottes diesen Namen
benennen. So bestimmt wird das Sein als dasjenige benannt, was
in dem Namen die Person Gottes bezeichnen soll. Wenn das noch
nicht Philosophie ist, so ist es sicherlich doch Vernunft in dem U1*r
sinn dieses Wortes.
Wenn es nun im Texte weiter heißt: ״der Ewige, der Gott
Eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott
Jakobs hat mich zu euch gesandt“, so scheint hier ein Widerspruch
zu bestehen gegenüber der Einrede Moses (Vers 13) ״Wenn ich nun
aber zu den Israeliten komme und ihnen sage: der Gott eurer Väter
hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen“ usw. Der Text
lautet aber V. 15 weiter: ״dies ist mein Name auf immer und dies
mein Gedächtnis von Geschlecht zu Geschlecht“. Die Feierlichkeit
dieser Aussprüche in der Einsetzung des Gottesnamens für alle
Zukunft und seiner Anrufung für alle Geschlechter erklärt sich .nur
bei ihrer Beziehung auf den neuen Namen des Seienden. Aber der
Text will dennoch keinen Schein der Differenz bestehen lassen
zwischen dem neuen Namen und dem historischen, der j a auch
keineswegs einen Nationalgott bezeichnet, sondern nur den Gott der
Väter, der zudem vorher als ״dein Gott“ bezeichnet worden war.
So wird es klargestellt, daß Gott, als der Seiende, der Gott Israels
ist. Er beruft sich demgemäß auch auf die Ewigkeit und auf alle
Geschlechter. Unter diesem neuen Namen soll Mose das Vertrauen
Israels zum Gott ihrer Väter erwecken.
Diesen Inhalt mit seiner gewaltigen Symbolik hat die Erscheinung
am Dornbusch. Der Dornbusch verbrennt nicht. Gott ist der
Seiende. Die Übersetzung des Gottesnamens Jahwe, als der Ewige,
ist durchaus dieser Grundquelle der Offenbarung entsprechend.
Der Ewige bezeichnet den Seienden als Gott, als Gott im Unter-
schiede von der Welt, als den Einzigen* dem gegenüber die Welt
kein Sein haben soll. In dieser Einschränkung verliert hier das
Sein seine philosophische Bedeutung. Aber diese wird ihm nicht
51
Sein (מלא ) הארץ כבודו.^ Während 'sonst die Erde, die Welt nur
Nichts ist, soll sie jetzt die Herrlichkeit ״Gottes in «ich enthalten:
in seiner Fülle, in seiner Unendlichkeit. Die Raumschranken sind
jetzt vor dem monotheistischen Blicke gefallen. Es wird so ver-
stündlich, daß in der Religionsphilosophie des Mittelalters* wie
im Talmud, der R aum ( )מקוםein Gottesname wird. Und schon in
der Abwehr des Anthropomorphismus, welche die ältesten Bibelüber-
Setzungen charakterisiert, ist diese Tendenz erkennbar.
18. Auch ein anderer Ausdruck für die Gottheit dürfte aus dieser
Übertrumpfung des Raumes verständlich werden: die Sehe China.
‘Die Wurzel'des Wortes bedeutet liegen und ruhen. Und in dieser
Bedeutung wird es ganz allgemein mit Gott verbunden. Die Fixierung
des Wortes aber zu einem Gottesnamen will offenbar das Sein durch
Ruhen beschreiben. Aller Wechsel, alle Veränderung soll vom Sein
Gottes entfernt werden. Der Philosoph sagt: Gott ist Substanz.
Die monotheistische Religion sagt: Gott ist Sehechina, absolutes ruhen.
Die Ruhe aber ist dg§ ewige Urgrund der Bewegung. So wird es
auch bei Gott gemeint sein. Nur von seinem Sein an sich ־soll
die Bewegung ausgeschlossen werden. Aber dies bedeutet keines-
wegs, daß sie durch dieses Sein unmöglich gemacht würde: viel-
mehr soll gerade durch dieses Sein der Ruhe ein Sein der Bewegung
erst möglich werden.
1; 19. Und wie der Raum, so ist auch die Z eit keine Schranke
des göttlichen Seins. ״Ich bin der Erste und ich bin der Letzte“
((אני ראשון ואני אחרון. ״Ich bin es, ich bin der Erste, auch bin ich
der Letzte“ (Jesaja, 46, 10, 48, 8, 10). Es •genügt nicht: ״Ich bin
der Erste und Ich bin der Letzte“ ; es ״genügt auch nicht, wenn
hinzukommt: ״und außer mir ist kein Gott“. Es muß auch noch
hinzukommen: ,;nichts ist außer mir“. Damit erst ist die Ew ig-
k e it in der Einzigkeit begründet.
f, 20. Durch den Gegensatz der Zeit ist die V erän d eru n g vom
göttlichen Sein ausgeschlossen. ״Ich, der Ewige, verändere mich
nicht“ () אני ה׳ לא שניתי. Diese Vernunftbestiminnng berührt schon
die ethische Grenze. Die Unveränderlichkeit folgt zunächst aus der
Bedeutung des Seins als B eh arru n g . Aber die Beharrung ist auch
die Grundlage und Voraussetzung zur Bewegung. Daher wird das
negative Attribut der Unveränderlichkeit notwendig, welche von aller
Zeitlichkeit■ des W erdens das göttliche Sein unterscheidet. ״Ich
bin, der Ich bin“. Das Sein ist hier bestimmt als das Sein eines
54
Ich," nicht das einer Substanz für die Bewegung der Materie; Und
in diesem Unterschiede zwischen Unveränderlichkeit und Beharrung*
entsteht die eth isch e Bedeutung Gottes, als des Einzigen, welches
durch den Ausschluß der die M a te rie konstituierenden Merkmale
vorbereitet wird.
21. Dieser allgemeine Gegensatz zum M a te ria lism u s wird ein
Analogon zur Philosophie des Id e a lism u s. Der philosophische
Idealismus begründet sich im Idealismus der Natur und erst auf
dieser die Naturwissenschaft rechtfertigenden Grundlage baut sich
der Idealismus der Ethik auf. Solche Grundlage wird hier ver-
schmäht. Aller Enthusiasmus des Denkens beschränkt sich auf
das einzige Sein Gottes.. Die Natur ist an sich ein Nichts. Wenn
dadurch zwar die Wissenschaft verfehlt wird, so wird dieser Schaden
zu ersetzen gesucht durch eine Herabsetzung alles Irdischen in
seine indifferenten Werte gegenüber der Erkenntnis des G uten.
Der Gegensatz zum E udäm onism us wurzelt daher tief im reinen
Monotheismus. ״Eitelkeit der Eitelkeiten, alles^t eitel, spricht Kohelet“
(Koh. 1.1). Was man im Psalm 73 bewundert: ״Was liegtmir am Himmel,
mit dir im Bunde habe ich kein Gefallen an der Erde“ — ohne die positive
Ergänzung, welche dieser Vers bringt, enthält der Grundgedanke des ein-
zigen göttlichen Seins allein schon die Begründung dieser Stimmung, dieser
religiösen Grundgesinnung. Es besteht kein Interesse an Himmel und
Erde: ״sie wandeln, Du aber bleibst“. In allem Wechsel sieht der
Psalmist mit dem Propheten das Symptom eines Nichtigen, das nur
vergänglich sein kann. Der Seiende allein ist unvergänglich, ist ewig,
er kann sich nicht verändern.
Für die von Alexander v o n H u m b o ld t so tief bewunderte Natur*
Schilderung des Psalmen 104 ist bei aller Naivität der Naturpoesie diese
E rh a b e n h e it ü b er alle S ch ö n h eit der Natur ebenso energisch die
Grundstimmung, wie der Natursinn an der Erhabenheit der Natur.
Es wäre ferner auch nicht verständlich, wie dieses religiöse Volkbei
/ dem Anteil seiner Keligion an der Vernunft nicht auch den Anteil an der
W isse n sc h a ft ergriffen hätte, wenn nicht diese weltgeschichtliche
Einseitigkeit seinen Geist erfüllt hätte: es gibt nur ein einziges
Sein, und nur dieses ist. in allen seinen Gründen und Abfolgen
durchzudenken. Die Natur aber ist und bleibt diesem Sein des gött-
I liehen Ich gegenüber ein Nichts. Nur so konnte aus dieser Metaphysik
j des Monotheismus heraus der Einzige Gott der Ethik entstehen, aus
I der Kausalität der Natur die Teleologie der Sittlichkeit.
22. Die Anstöße waren nicht zu vermeiden, gegen die diese Starr•
heit der Einzigkeit sich zu wehren hatte. Auch ohne die Be-
rlihrung mit fremden Anschauungen wären sie innerlich nicht zu
umgehen geblieben. In P e rs ie n widersetzte sich ihnen die Lehre
von den zw ei göttlichen Regimenten, die allerdings nicht allein
physisch auf L ich t und F in s te rn is, sondern unmittelbar ethisch auf
das Gute und das Böse sich bezogen. Gegen diesen Dualismus
mußte der Monotheismus sich behaupten. Wir werden später sehen,
wie diese Behauptung ethisch begründet wurde; hier genüge die
Anführung, daß J e s a ja an die Gegenüberstellung Gottes zu Nichts den
Ausspruch anknüpft. ״Bildner des Lichts und Schöpfer der Finsternis, Ur-
lieber des Friedens“ usw. (Jes. 45,7). Der Friede wird zwar hier dem
Lichte zugeordnet, dennoch aber sollte man an seiner Stelle das
Gute erwarten, denn unmittelbar darauf erklärt sich Gott auch nach
der gewöhnlichen Übersetzung als Schöpfer des Bösen. Der Friede be-
deutet aber nach der hebräischen Sprachwurzel die V ollkom m enheit.
Diese teleologische Vollkommenheit ist es, zu welcher sich hier die
Einzigkeit ausprägt, um den Gedanken der zwei Regimente niederzu-
schlagen. Die Einzigkeit enthebt nicht nur der Vergleichung mit aller
Weltlichkeit, sondern auch mit der alles scheinbaren Weltregiments. Es
kann ebensowenig zwei Regierungen der Welt geben, als es zwei
gleichwertige Arten des Seins gibt. Alles scheinhafte Dasein ist ver-
.gänglich, und, als solches, nichtig. Es kann nicht einen eigenen Gott
haben, da es kein eigenes wahrhaftes Sein hat.
23. Noch ein anderer Widerspruch ist dem Monotheismus aus der
Vernunft entstanden und auch vom jüdischen Geiste selbst genährt
worden. Dem griechischen Denken widersteht die Verachtung der ■
Natur, und alle Mystik, die auch dort sich erhob, konnte diesen ן
Widerstand nicht lähmen. Als nun die Juden in A lexandria nach!
dem Bilde des Talmud ״die Schönheit Japhets in die Zelte Sems“
aufnehmen, als sie die ״griechische Weisheit“ mit der Thora ver-
schmelzen wollten, da nahmen sie Anstoß an der Selbständigkeit der
Natur, die ein eigenes Sein dem göttlichen entgegenzustellen schien.
Wenn anders nun dennoch auch für dieses Sein der Natur Gott einzustehen
haben sollte, die Juden aber nicht dem persischen Irrtum von den zwei
Regierungen verfallen wollten, so mußten sie in der Vernunft selbst
ein Mittel ausfindig zu machen suchen, um zwar nicht ein gleiches,
aber ein ähnliches Sein dem göttlichen in der Natur zur Seite zu-
stellen. So entstand das Mittelwesen des Logos.
56י
Der Bilderdienst.
1. Wie der Anteil der .Vernunft an der Religion zu der Ver-
W andlung der Erkenntnis in die L iebe führte, haben wir schon an-
gefangen zu erwägen, und der' Fortgang unserer Entwicklungen wird
Ergänzungen zu diesem Grundelemente bringen. Vor einer solchen
stehen wir hier. Die Erkenntnis wäre nur ein theoretisches Ver-
halten, während die Vernunft hier als sittliche, als praktische Ver-
nunft sich zu betätigen haben wird. Die Liebe ist diese Selb stv er wand-
lung der Ver nunf t gleichsam aus ihrer theoretischen Vorbedingung zu
ihrer ethischen Reife. Daher muß das Verhältnis des Menschen zum einzi-
gen Gotte sich in Liebe betätigen, in ihr sich bezeugen. Nur dieser Über-
schuß der Liebe über die Erkenntnis werde hier vorerst beachtet. Gott er-
kennen heißt: Gott bekennen. Und Bekennen übertrifft das Erkennen *
sowie die Handlung des Willens das Denken des Verstandes über-
trifft.
Wäre Gott nur ein Gegenstand der Erkenntnis, dann könnte er
nicht der einzige Gott sein; denn die Erkenntnis hat noch ganz
andere Objekte und Probleme. Der einzige Gott muß daher ein
anderes Verhalten des menschlichen Geistes zu ihm bedingen. So
wird die Liebe ein Erfordernis dieses Verhaltens zum Einzigen. So
wird das Bekennt ni s zu einer neuen Tat des Bewußtseins, zu einer
Handlung, zu einem Urakt des sittlichen Bewußtseins, des Willens
ןin seiner Eigentümlichkeit, in seinem Unterschiede von der erkennen-
■den Vernunft.
2. Liebe zum einzigen Gotte bedeutet demzufolge zuerst negativ:
[nicht schlechthin etwa nur Erkenntnis, sondern eine neue Kraft des Bewußt-
jseins gilt es zti erwecken. Hätte nicht die Ethik den Willen zur Ent-
deckung gebracht, so hätte er aus der Religion hervorgehen müssen:
und wer ermißt den Anteil, der der Religion dabei zusteht! Wenn
aber Liebe den Wi l l en bedeutet, so erklären sich alle Zweideutig-
keiten der Liebe zu Gott aus dieser Willensbedeutung der Liebe״
Die falschen Willensrichtungen entsprechen den Irrungen der Liebe,
als einer Grundkraft des Bewußtseins.
8. Aus der Erkenntnis der Irrungen gewinnen wir die der rechten
Liebe. Der P o ly th e ism u s wurzelt in der Liebe zur Mannigfaltigkeit
der Naturerscheinungen und der Naturkräfte. Diese Vielheit liebt
er, und in und aus dieser Liebe heraus sucht er sie zu erkennen.
Auch der P an th eism u s, obzwar er diese Vielheit in Einheit auflöst,
wird ursprünglich nur von der Vielheit angezogen, deren Rätsel er
in der Einheit aufzulösen sucht. Hier scheint die Liebe selbst in Er-
kenntnis aufgelöst; im Grunde jedoch ist die Liebe an der U n en d lich -
k e it der Einzelerscheinungen haften geblieben und nur theoretisch
durch die Einheit in Erkenntnis zurückgenommen. Überall bleibt
die Liebe, bleibt das Verhalten des Willens zu den Göttern, wie zu
dem geeinigten Gotte das Vorwaltende.
Im Monotheismus hingegen, der die Brücken zwischen sich, der
Vielheit der Dinge und der Einzigkeit abgebrochen hat, muß die
Liebe des göttlichen Seins, zu der eigentlichen Geistesform der Religion
sich ausprägen, der gegenüber alles theoretische Verhalten nur
Vorbereitung ist. So wird die G ottes V erehrung ־zur eigentüm-
liehen Gotteserkenntuis.
Verehrung und Liebe gehören zusammen, sie bilden eine
begriffliche Einheit ()ידע. Und noch ein anderes Wort tritt hier
gleichartig hinzu: der Dienst im Grundwerte für Arbeit ( )עבודה.
4. Die ursprüngliche Form der A rb eit bildet die Sklaverei. Sie be-
deutet die volle Hingabe des Menschen an den Herrn, der sein Eigentümer
ist. Die Sprache erwächst überall an dem Fortschritt der Kulturbegriffe.
Auch die Sklaverei ist humanes Verhältnis geworden: wie hätte es
unter der Souveränität des Monotheismus anders geschehen können?
So bleibt die Verehrung Gottes dem Wortlaute nach bis in diel,
fernsten Zeiten ein Sklaven dienst. Und der höchste Gipfel des[
Messianismus wird erklommen in der Bezeichnung des M essias als
des ״Sklaven des Ewigen“. Die Gottesverehrung fordert den ganzen
Menschen und sie erwirbt den ganzen Menschen.
5. Zwei Bedingungen sind demnach für die Liebe zum einzigen
Gotte gefunden: das B ekenntnis und die Hingabe an den einzigen
Gott. Das Bekenntnis bedeutet die W ille n sh a n d lu n g im Unterschiede
von der bloßen theoretischen Erkenntnis. Gott erkennen wird daher
zum Lieben Gottes, zur tätigen Verehrung und Bekennung Gottes.
m
Dies ist die- eine Bedingung, deren Konsequenzen wir erst spater
ableiten können. ^ ־:
6. Die andere Bedingung betrifft die ungeteilte Hingabe
an den einzigen Gott.: Sie schließt das Bekenntnis und die
Anerkennung anderer Götter ,außer dem Einzigen aus. Und sie
schließt für deren Anerkennung die Betätigung, die Verehrung,
den Dienst , aus. Nur Einem Herrn kann der Mensch selbst sich
zum Sklaven machen. Wenn der Mensch sein ganzes Wesen, wie
es die L iebe,als die Willenskraft, fordert, einem anderen Wesen
hingeben soll, so muß dieses Wesen das einzige‘ sein. Es kann
keinen anderen Gott geben. Es kann kein anderes Sein geben außer
dem einzigen Sein Gottes. Es kann daher auch nur einen einzigen
Gottesdienst geben, nur eine einzige Liebe zu Gott. Der Monotheismus
ןkann keine Toleranz anerkennen gegenüber dem Polytheismus. Der
1 G ötzendienst muß schlechterdings ausgerottet werden. Diese Ent-
1 Schließung Vorbedingung des wahren Monotheismus, des Monotheismus
\ der Liebe zu Gott, des Gottesdienstes der Liebe.
Man hat das Verständnis dieses wahrhaften Monotheismus, der
Theorie und Praxis vereinigt, nicht gewonnen, wenn man die Aus-
rottung des Götzendienstes nicht in ihrer unerläßlichen Notwendig-
keit begreift; wenn man auch nur eineSpur von Intoleranz, von Fanatis-
mus und Menschenhaß in diesem heiligen Eifer gegen die falschen
Götter erkennen zu dürfen glaubt. Man verrät mit solchem Ver-
dachte nur, daß das eigeneHerz nicht durchaus erfülltistvön dem einzigen
Gotte und von der Notwendigkeit seines einzigen Seins, und zwar
von der doppelten Notwendigkeit, der Erkenntnis und des Bekennt-
nisses, als des Verhaltens des Menschen zu diesem einzigen Gotte.
Wer hingegen die Einheitlichkeit in dieser Doppeltheit von Erkenntnis
und Willen sich zu eigen gemacht hat, für den gibt es keinen
anderen Ausweg: der einzige Gottesdienst fordert unausweichbar die
Ausrottung des falschen Götterdienstes. Da kann es kein Erbarmen
!geben und keine Rücksicht auf Menschen. Die Liebe zu Gott ent-
!wurzelt• den Quietismus. Der wahre Gottesdienst muß errichtet und
gesichert werden unter den Menschen. Daher muß der Dienst
falscher Götter vertilgt werden von der Erde. Es gibt keinen Aus-
weg in der Geschichte des Gottesgeistes. Es gibt keine höhere geistige
Instanz, welche von dieser Grundpflicht entbinden könnte. Wie Mono-
theismus und Polytheismus schlechthin Widersprüche sind, so sind es
auch Gottesdienst und Götzendienst.
־61
So verurteilt der Stoff, aus dem das Bild gemacht wird, den Zweck,
zu dem es geformt wird. Und mit dein Bilde wird der Gott ver-
eitelt, der für das Bewußtsein, für die Anbetung nicht anders als
nur im Bilde lebendig ist.
Es ist eine eitle Einrede, daß die Bildanbeter ja eigentlich
nicht das Bild meinen, sondern nur den Gegenstand, den es darstellt.
Dieser Einwand verrät nur das Mißverständnis des wahren Mono-
theismns. Denn das unterscheidet ihn eben von allem Bilderdienste:
daß. der einzige Gott nicht in einem Bilde als Gegenstand gedacht
werden kann. Mögen immerhin die Bildanbeter nur den vom Bilde
dargestellten Gegenstand meinen, so lehrt dagegen der Monotheismus,
daß Gott schlechterdings kein Gegenstand sei, der nach Anleitung
eines Bildes . gedacht werden könnte. U nd es is t die Probe
des w ahren G ottes, daß es kein B ild von ihm geben kann.
Er kann nie durch ein Abbild zur Erkenntnis kommen, sondern einzig
und allein nur als Urbild, als Urgedanke, als Ursein.
Die Iro n ie des Propheten über die Götterbilderfabrik kommt
mit der ganzen Urkraft des Mythos^an den Tag. Das Feuer ist das
Urelement des Mythos, mit dem die Kultur beginnt. Daher ist es
mythisches Bewußtsein, welches der Prophet den Götzenbildner aus-
sprechen läßt: ״Eia, ich habe Feuer gesehen“. Er macht ihn *damit
gleichsam zum Feueranbeter. Und da alle Kultur mit dem Feuer
beginnt, so ist es auch kein Schimpf für die Kunst, wenn sie auf
diese Schau des Feuers zurückgeführt wird.
Die Scham ist auch die letzte Zuflucht, die der Psalm für den
Götzendiener in Aussicht stellt. ״Schämen werden sich alle Bilder-
diener, die sich der Götzen rühmen“ (Ps. 97, 7). ״Wie sie (die
Bilder), werden auch ihre Bildner sein, alles was ihnen vertrauet“
(Ps. 115, 8). Die Nichtigkeit des Bildes muß auch über die Bildner
kommen. Da hilft keine Herrlichkeit der Kunstschöpfung; der.
Prophet läßt sich von diesen Zaubermächten nicht beirren. Führt
die Kunst auf einen solchen Weg, so ist für ihn ihr Weg ein Ab-
weg. Und es ist dafür gesorgt, daß von diesem Verdikt nicht alle
Kunst, auch nicht einmal alle bildende Kunst betroffen wird. Denn
die B a u k u n st ist ja diesem Bilderdienste nicht verfallen, die viel-
mehr für die Menschen, die den einzigen Gott anbeten,, ihre Werke
schaffen kann, wenngleich nicht für den Gott, der in solchem
Hause wohnen könnte. Und darüber hinaus öffnet sich in der P oesie
ein weites Gebiet der Kunst.
12. Und endlich könnte die Frage entstehen, ob nicht wenigstens
für die Darstellung des M enschen die Plastik zugelassen werde?
Diese Frage aber führt uns über den Punkt hinaus, auf dem wir
hier bei Gott stehen, und der noch nicht fortgeführt ist zu dem
Verhältnis, das zwischen Gott und Mensch bestehen soll. Es muß aber
hier schon in Frage gestellt werden, ob der monotheistische Begriff
des Menschen hätte entstehen können, wenn er Hand in Hand mit
der Entwicklung eines plastischen Gottesbegriffs sich hätte bilden
tonnen. Auch der Begriff des Menschen, wie der Monotheismus ihn
-erzeugen muß, forderte die Unabhängigkeit ebenso vom plastischen
Menschenbegriffe, wie vom plastischen Gottesbegriff. Andere Quellen
des Bewußtseins mußten eröffnet und ergiebig gemacht werden, wenn
dem einzigen Gotte gemäß der Mensch zur Entdeckung kommen
sollte.
Endlich kann auch noch die Frage entstehen: ob die Art
der Poesie hätte entstehen können in der Bibel, wenn der Plastik
nicht Einhalt geboten worden wäre. Diese Eigenart besteht in der
Lyrik der Psalmen: welche weder Gott allein, noch die Menschen
Allein besingt. Die Plastik dagegen kann beide Gestalten nur zu
isolierter Darstellung bringen. So hätte sie die Lyrik hemmen
יmüssen: für welche das Verhältnis von Gott und Mensch zum
Problem ihres monotheistischen Zweckes wird.
Kapitel III.
Die Schöpfung.
1. Die Einzigkeit des göttlichen Seins ist in ihrem Unterschiede
von anderem vermeintlichen Sein erkannt. Auch der Unterschied von
der Einheit ist dadurch klargestellt. Die Einheit erdachten die Eleaten!
für das Denken des Kosmos. Und wenn auch sie schon für . diese
Einheit, für diese Welteinheit des Begriffs von Gott bedurften, so•
beweist dies zwar den Zusammenhang der Begriffe Gott und Einheit r
aber diese Einheit Gottes wird ja dort nur der Hilfsbegriff für die
Einheit des Kosmos, und so kommt diese Einheit Gottes und der
Welt nur dem Pantheismus zu statten. Der Monotheismus dagegen
"bedarf der Einheit nur für Gott, nicht für den Kosmos. Daher muß
hier die Einheit zur Einzigkeit werden, durch welche das Sein Gottes־
von allem Sein der Natur geschieden wird.
Nun aber kann es bei der absoluten Geschiedenheit nicht ver-
bleiben. Dem widerspricht ebensosehr die Bedeutung Gottes, wie
die des Seins. Der Anteil der Vernunft an der Religion kann sich nicht
darin bestimmen oder gar erschöpfen, daß das Sein, dieser all-
gemeine Vernunftbegriff nur für Gott Vorbehalten, der Welt dagegen
schlechthin entrückt wird. Dadurch würde der Begriff des Seins viel-
mehr außer Kraft gesetzt, und mit ihm der Begriff der Vernunft..
Auch für Gott kann der Anteil der Vernunft an der Religion nicht
darin bestehen, daß allein für ihn das Sein Vorbehalten bliebe: was
wäre der Gott, der nur ein negatives Verhältnis zur Welt hätte?’
Der P a n th e is m u s kann nicht dadurch vereitelt werden, daß die Welt,,
daß das Sein der Welt in jedem Sinne nur verneint wird. Die*
Einzigkeit des göttlichen Seins erlangt ihren positiven Wert erst aus
der Bestimmung und der Beschränkung des Seins für die Welt; sonst
bliebe die Einzigkeit nur eine negative Bestimmung. Es liegt in
der Einzigkeit aber eine immanente Beziehung auf die Welt, von
deren Sein das göttliche Sein durch die Einzigkeit unterschieden
wird.
69
2. Von welcher Art kann denn nun aber das Sein der Welt sein,
wenn es nicht das wahrhafte Sein ist? Auf diese Frage erteilt der
philosophische Begriff des Seins die orientierende Antwort. Das Sein wird
erdacht für das Problem des W erdens. Es wird somit garnicht eigent-
lieh seiner selbst wegen erdacht, sondern nur wegen des Werdens.
Wenn am Kosmos der Begriff des Seins entsteht, so entsteht er eben
am Problem des Werdens; denn der Kosmos stellt ein ewiges Werden
dar. Bevor die griechische Spekulation zum Gedanken des Seins
kam, war sie nach allen Seiten von dem Problem des Werdens er-
griffen, und in allem Wechsel des Werdens suchte sie die Orien-
tierung über die Mannigfaltigkeit- des Kosmos. Der Wechsel u n d ;
das Werden mußten voraufgehen, ehe die Einheit und das Sein er-
dacht werden konnte.
3. Der Grundbegriff der S u b stan z durchmißt alle Stadien der
Philosophie, wie der Wissenschaft. Und gemäß der Höhe und
Beife, welche L eibniz durch sein P rin z ip der leb en d ig en K raft
erreicht hat, konnte K an t mit aller Scholastik des Substanzbegriffs
brechen und ihn zur V o rau ssetzu n g der Belationsbegriffe machen.
Durch diese Stellung, welche Kant der Substanz gab, als Vor- !
bedingung für die Kausalität und die Wechselwirkung, wird der j
Substanz gleichsam ihre absolute Selbständigkeit entrissen. Nur ־
als ״Vorbedingung“ für die Kausalität hat sie Absolutheit, als
Kategorie. Diese Absolutheit beruht daher nicht in ihr selbst, be-
schränkt sich nicht auf sie selbst, sondern sie vollzieht sich erst
dadurch, daß sie die K a u s a litä t m öglich m acht, die mithin
ohne sie ihr Werk nicht beginnen könnte.
So steht es mit der Substanz in der Naturerkenntnis. Sie
ist das Sein, als die Voraussetzung für das Werden, für das Ge-
schehen nach dem Grundgesetze der Kausalität: sie ist das Sein
für die B ew egung. Denn die Bewegung ist das Werden auf
Grund der Kausalität. Und das Sein der Substanz bedeutet sonach
die Vorbedingung für die Kausalität der Bewegung.
4. Was die Vernunft, als Philosophie, in der Wissenschaft zustande
und zur Klarheit der Erkenntnis bringt, das muß sein Analogon
haben in dem Anteil der Vernunft an der Beligion. Das göttliche
Sein wäre nicht eine Bestimmung der Vernunft, wenn nicht auch
dieselbe gedankliche Beziehung auf das Werden der Dinge in der
Natur- und Menschenwelt für das göttliche Sein bestände. Und
diese immanente Beziehung des Seins auf das Werden bildet so
wenig einen Widerspruch gegen die Einzigkeit des göttlichen Seins7
daß diese vielmehr erst durch diese Immanenz ihre Positivität
erlangt. Wir verstehen die Einzigkeit jetzt erst recht, indem wir
diese Immanenz der Beziehung auf das Werden jetzt in aller Schärfe
erkennen als die Voraussetzung, mithin auch als die Immanenz der
Ursächlichkeit. Das Einzige Sein Gottes bedeutet uns jetzt die ׳in j
ihm enthaltene Grundbedingung zur Kausalität dieses göttlichen !
Seins. Die Einzigkeit erkennen wir jetzt als die einzige U rsä ch - ]
lic h k e it. 1
Eine Fülle der Probleme türmt sich an diesem Punkte vor uns auf.
Aus dem Nebelmeer des Mythos tauchen die Fragen auf, das Chaos
erhebt sich. Und ebenso regt sich der Gegensatz zu aller Meta•
physik in dem spezifischen ilnteil der Vernunft an der Religion, um
für diesen Anteil das Eigenrecht anzumelden. Mag es mit der
Kausalität allein bei der Wissenschaft verbleiben, so dürfte es noch
eine andere Art von Kausalität geben, welche an der Grenze der
Wissenschaft entsteht, welche, weil an der Grenze entstanden, diese
Grenze positiv beschreiten darf, um jenseit der Naturerkenntnis und
der Naturwissenschaft die Welt des Geistes,, die Menschenwelt der
Sittlichkeit zu entdecken und zu erfüllen. So entstehen neue Be-
äeutungen für die Einzigkeit des Seins ־bei Gott und für Gott; für
Gott, weil für die Welt des Werdens, der das einzige Sein die
Grundlage ist. Nur allmählich können alle diese Bedeutungen der
Einzigkeit des Seins sich entwickeln lassen. Wir bleiben zunächst
noch bei der Abstraktion vom Sein stehen nach ihrem Verhältnis zur
Abstraktion des Werdens.
5. Um die alten biblischen Quellen nach der Tendenz zu ver-
stehen, mit welcher sie sich aus den mythischen Urelementen heraus-
ringen, dürfte es hier zweckmäßig sein, zunächst an die philo-
sophische Spekulation anzuknüpfen, welche mit Bewußtsein den.
Vernunftanteil des Monotheismus aus der Logik der Prinzipien zu
entfalten strebte. Im Islam wurde dieser Anteil der Vernunft in
dem Problem der ״negativen Attribute“ zu einem Grundproblem,
welches der Religion mit der Philosophie Gemeinschaft verlieh.
Sicherlich sind ganz allgemeine Interessen dabei mit im Spiel, so zu-
nächst der A g n o stizism u s, diese religiöse Spezialität des Skeptizis-
mus. Sicherlich auch sollte der Monotheismus vor Schwächung und
Trübung geschützt werden durch die Abweisung positiver Attribute
Gottes, durch deren Mehrheit und besonders durch deren Verbindung
71
die Einheit Gottes bedroht schien. Auch die Abwehr des Pantheis-
mus ist hierbei mitwirkend. Ein jüdischer Philosoph bringt diesen
Gedanken zum Ausdruck in dem Satze: ״Würde ich dich erkennen,
so wäre ich du“. Alle diese Momente sind in voller Wirklichkeit
bei diesem fundamentalen Problem. Dennoch aber wird seine Be-
deutung durch sie nicht erschöpft.
6. Unter den jüdischen Philosophen ist es besonders M aim onides,
der dem Problem eine ganz andere Wendung, eine neue Spitze und
einen neuen Sinn gibt. Der Ausdruck ״negative Attribute“ wird
durch ihn korrigiert; er wird als eine halbe Wahrheit, als ein
mangelhafter Terminus gekennzeichnet. Nicht positive Bestimmungen
sollen durch die negativen Attribute verneint werden; das hätte keine
zulängliche Bedeutung. Und es wäre auch ein falsches Beginnen.
Denn hat man überhaupt schon positive Bestimmungen? Dies ist ja
erst die Frage. Und zur Beantwortung dieser Frage tritt das Problem
der negativen Attribute seinen Definitionsweg an. Da es aber eben
noch keine positiven Bestimmungen gibt, können sie auch nicht
negiert werden, während es ja gerade gilt, das Sein Gottes in seiner
einzigen Art, aber durchaus gerade für die vermeintlichen anderen
Arten zu verwerten. Was kann aber negiert werden, wenn dies die
positiven Bestimmungen noch nicht sein konnten?
7. Aus den ältesten Zeiten der griechischen Spekulation stammt
ein B eg riff und eine U r te ils a r t, welche schier ein Rätsel bilden
würden, wenn der Sinn dieses Begriffs, wie er sich in seiner wissen-
schaftlichen Behandlung enthüllt, die Lösung des Rätsels nicht all-
mählich immer deutlicher zur Klarheit brächte. Es scheint nur ein
Spiel des Witzes zu sein, den die Advokatenkniffe und die der
Volksredner in Griechenland ertüftelten und die den Sophisten zum
Vorbild dienten und zum Vorwand für ihren Mutwillen und ihre
Abenteuer mit der Willkür des Denkens, was als Zwischenbegriff
zwischen Bejahung und Verneinung gesetzt wurde: die P riv a tio n
(jurj). Die griechische Sprache hat auch für den Verkehr schon eine
solche der Negation verwandte, scheinbar ihr ganz zugehörige
Partikel in lebendigem Gebrauche gehabt.
Es ist unsere Ansicht, daß schon bei D em o k rit und besonders
bei P la to n dieser Partikel und diesem Begriffe eine Bedeutung
zugedacht wurde, welche d u rch au s v ersch ied en is t von der
N egation: welche sogar über die Bedeutung der Position hinaus-
ragt, insofern sie der Bejahung erst; ihren Grund verleihen will.
72
ist der Urgrund der Tätigkeit, Gott ist der Schöpfer. Sein Sein
kann nicht anders bestimmt werden als durch diese Immanenz der
Schöpfung in seiner E in z ig k e it. Die Schöpfung ist kein heterogener
Begriff in oder zu seinem Sein, sondern dies gerade bedeutet sein
Sein als Einzigkeit: daß das Werden in ihm mitgedacht ist, mithin
aus ihm hervorgehen, aus seinem Begriffe hergeleitet werden muß.
Dieselbe Bedeutung, welche die kritische Philosophie an der
S u b sta n z g ru n d la g e der Bew egung herausgestellt hat, wir finden sie
auch wieder in dem Vernunftanteil, den M aim onides in dem mono-
theistischen Problem der Schöpfung zur Bestimmung gebracht hat.
Er leistet auch hier daher keine blinde Nachfolge dem Aristoteles*
sondern er führt nur den Rationalismus seiner Gotteslehre durch.
10. Die Unterscheidung des Monotheismus vom P antheism us hängt
vom genauen Begriffe der Schöpfung ab. Die E m anation ist bedingt
durch Immanenz. Das Werden, das vermeintliche Sein muß erklärt
werden. Woraus aber könnte seine Entstehung hergeleitet werden*
wenn nicht aus dem wahrhaften Sein? Daß dieses das einzige Sein
ist. kann den Gedanken nicht erschließen, daß das falsche Sein
vdurch das wahre keine Erklärung finden dürfe. Wenn freilich diese Er-
klärung materiell gefaßt wird, so daß die Bedingtheit als Emanation
gedacht wird, so ist mit dieser die ־materielle Immanenz gegeben*
und mit ihr der Pantheismus.
/ Die Bedingtheit muß daher logisch so gedacht werden, daß das
(materielle Hervorgehen des Werdens aus dem Sein ausgeschlossen
I wird. Der Prozeß des Werdens gehört dem Werden selbst an, darf
! aber nicht in das; Sein verlegt werden. Die Einzigkeit des Seins
erweist sich aber dadurch, daß es die hinlängliche Ursache ist für die
Entstehung des Werdens. Diese Hinlängliclikeit der Ursache aber
erschöpft sich in ihrer logischen Bedeutung, und sie wird entstellt
durch die Übertragung der logischen Bedeutuug auf einen materiellen
Hergang.
11. Die gedanklichen Hemmnisse im Problem der Schöpfung liegen
erstlich in der mythologischen Ansicht, welche jedoch sich selbst
widerlegt durch die Voransetzung eines Chaos. Es ist daher kon-
sequent, daß der Schöpfungsbericht in der Genesis nicht mit einem
Chaos beginnt, sondern daß er das Chaos (Tohu wabohu) erst an
der Erde ansetzt, nachdem sie geschaffen worden war. Und es ist
charakteristisch, daß das erste Wort, welches den Akt der Schöpfung
bezeichnet, nicht einen stofflichen Anfang setzt, sondern nach der
75
Jeder Tag ist ein neuer Anfang. Und die Beständigkeit ist der wahre
Anfang. ;Diese Erneuerung tritt an die Stelle der Schöpfung.
Es ist doch nicht zu bezweifeln, daß ׳hier־eine Stellvertretung
eintritt. Mag immerhin die Erneuerung nicht ihrem Wortsinne ge-
maß, noch ausdrücklich im Gegensätze zur Schöpfung im Anfang ge-
dacht worden sein, so bleibt es doch eine notwendige Frage: wie konnte
dieser neue Terminus mit dem Schein seiner Abschwächung des biblischen
Terminus entstehen und in Aufnahme, kommen? Welches Bedürfnis
konnte Vorgelegen haben, diesen Verdacht nicht zu scheuen, und
zwar auch für das tägliche Gebet selbst ihn nicht zu scheuen? Muß
man nicht denken, daß der Gegensatz zwischen dem Streitwagen
und der Schöpfung im Anfang abgeschwächt werden sollte, so daß
der letzteren nicht minder auch ein esoterischer Charakter gewahrt
bleibe ? Und es dürfte dem Sachverhalt entsprechen, daß die Schöpfung
sm Anfang zwischen der exoterischen und der esoterischen Lehre
mitten inne schwebt und einherschwankt.
15. Der eigentliche Grund für das Aufkommen der Erneuerung liegt
beim ethischen Problem, wie es durch das eine Wort des G uten in
der Agende angedeutet wird. Dennoch können wir schon hier sehen,
daß das rabbinische Schrifttum, in welchem wir trotz alledem, was
einer solchen Annahme zu widersprechen scheint, die Fortwirkung
des Vernunftanteils an der Religion des Monotheismus nachzuweisen
beabsichtigen, an der Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit des
biblischen Ausdrucks für die Schöpfung Anstoß nimmt, und daher
die kontinuierliche Erneuerung der Welt als Schöpfung auffaßt.
Die Bedeutung unseres U rsp ru n g s wird dadurch weiter bekräftigt, j
Denn der Ursprung hat ja nicht nur für den ersten Anfang ein-
zustehen — das wäre mythologisch — sondern er muß den Fortbestand
und demgemäß die Forterhaltung in sich begründen. So bedarf er der
Beständigkeit, welche das Wort der Agende enthält ()תמיד. Die!
Frage entfernt sich so immer deutlicher vom Mythos, der beim;
Wunder des Anfangs stehenbleibt. Das einzige Sein hingegen muß 1
immerfort in Verhältnis gesetzt werden zum Werden, und so muß
der Ursprung in der Forterhaltung sich bewähren, oder, aus dem
Gesichtspunkte der Schöpfung gesprochen: in der Erneuerung.
Ohne daß der ethische Gesichtspunkt eintritt, ist daher der meta- j
physische allein, der vom Problem des Seins beherrscht wird, schon,
zu einer Änderung im Terminus genötigt, der einer Korrektur sehr
ähnlich sieht.
80
Menschen.1 Dieser Satz ist von derselben logischen Kraft, wie der von der
Einzigkeit des Seins, als Substanz, daß sie als Voraussetzung des Werdens
m gelten habe. Wenn anders nun die Vernunft nicht allein die Natur-
Erkenntnis, die ihre besonderen Grundlagen hat, zu bedeuten hat, als
vielmehr vorzugsweise die Erkenntnis des Sittlichen, so muß der ITr-j
eprung dieser sittlichen Vernunft, dieses sittlichen Werdens in Gott;
gelegt werden, der das einzige Sein ist, mithin auch die Vor-;
bedingung für die Erkenntnis des Sittlichen. j
2. Der Widerstreit zwischen der Logik der Begriffe und den
Quellen der Religion muß sich hier schärfer auftun als selbst bei der
Schöpfung. Denn die Gefahr der Materialisierung Gottes und auch
dieser seiner Relation zum Menschen ist hier unmittelbarer. Die
M itte ilu n g , die Gott an den Menschen erläßt, scheint ihm unver-
meidlich teilzugeben am Menschen — und dem Menschen an Gott!
Dadurch aber wird die Einzigkeit des göttlichen Seins angegriffen.
Es scheint kein Ausweg offenzustehen, um der unausweichlichen
Mythologie liier zu entgehen. .
Wiederum schlüpft in diese Lücke der Vernunft der
P a n th e is m u s ein, der sie aber nur überbrücken kann, indem
er vielmehr sie aufhebt und gar keine Lücke anerkennt.
Nach ihm teilt sich Gott im Menschen gar keinem anderen Wesen
mit, sondern nur sich selbst. Seine Mitteilung ist vielmehr seine
Selbstentfaltung. Aber dadurch wiederholt sich die Schwierigkeit
von der Schöpfung:, das Werden wird in das Sein verlegt und auf-
gehoben. So wird Gott bei dieser Ansicht von der Offenbarung mit
dem Menschen identifiziert, während Gott nach dem Monotheismus {
immer nur die Vorbedingung bedeuten soll für alles Werden in der |
scheinbaren Selbständigkeit dieses ״seines Problems, also auch für;
das Sittliche des Menschen.
Die Offenbarung hat nicht die kausale Bedeutung der Ursache für
das Entstehen der sittlichen Vernunft, sondern auch für diese besondere
Kausalität gilt sie nur als Vorbedingung. Mithin kann die vermeintliche
Anomalie nur ein Irrtum sein. Es handelt sich gar nicht um die
K a u s a litä t der M itte ilu n g der Vernunft von Gott an den Menschen; ;
es handelt sich überhaupt nicht um Kausalität, sondern um deren
Vorbedingung, bevor die Kausalität sich anderweitig ins Werk setzen
kann. Diese Vorbedingung aber ist schon im Sein enthalten, aus dem
heraus sie sich zu dieser besonderen Bedeutung der Schöpfung aus-
zeichnet, welche die Offenbarung bildet. Das Verhältnis zur Vernunft
6 *
des Menschen ist dieses besondere Problem des Werdens. Für dieses
absonderliche Problem aber ist das Sein die Vorbedingung, welche
fü r dieses ausgezeichnete Problem daher nicht mehr Schöpfung heißt^
sondern Offenbarung. Auch sie kann kein Wunder sein; sie ist keine
Anomalie. Denn das Sein hat die immanente Bedeutung ebenso der
Offenbarung. ־wie, der Schöpfung. Die O ff enb aru ng i s t d i e
Schöpfung der Vernunft.
o. Wenn wir nun daran gehen, diesen so bestimmten Anteil der
Vernunft an diesem Grundproblem der Religion zunächst aus den bibli-
sehen Quellen zu beleuchten, so sind wir hier mehr als sonstwo auf eine
große Schwierigkeit gefaßt. Der Monotheismus wächst aus dem.
Mythos heraus. Und mit dem Mythos wächst er ebenso heraus aus
dem nationalen Epos. Die Bibel ist kein Lehrgedicht, auch nicht*
stileinheitlich eine Lehrverfassung des Glaubens. Sie ist auch keine
Literaturgeschichte, sondern selbst nationale Literatur. Alle nationale
Literatur aber wird in der Naivität ihrer Schöpfung durch die Be-
wußtheit geleitet, daß die Nation selbst das geschaffen habe, was
das Schriftwerk aufzeichnet. So entsteht unvermeidlich ein Wider-
streit zwischen dem Volksgeiste in seiner literarischen Originalität׳
mit dem mythologischen Sinne der Offenbarung. Dies ist die erste
Form des Widerstreits zwischen ־der Offenbarung und dem nationalen
Schrifttum.
Die Bücher Mose enthalten eine Doppelform, die von der
Tradition immer anerkannt worden ist, insofern das fünfte Buch als*
״Wiederholung der Thora“ ( ) משנה תורהbezeichnet worden ist. Durch
diese Wiederholung scheint die Naivität durchbrochen; denn offenbar
muß sie Reflexion über dasjenige enthalten, was die vorausgehenden,
Bücher- in naiver Darstellung gebracht• hatten. Aus diesem höheren
Gesichtspunkteist das Deuteronomium so überaus interessant, so daß
mjm es als ein besonderes Glück der Schriftlehre bezeichnen darf.
Alle Bedenken, welche gegen die Originalität der nationalen Pro-
duktion der Religion auftauchen, werden von dieser Reflexion der Wieder-
holung erwogen. Indessen geht die Kritik dieser Reflexion noch
tiefer, indem sie vor allem anderen die Zweifel in Erwägung zieht,,
welche von der Geistigkeit Gottes aus gegen die Offenbarung sich
erheben müssen. Und erst von dieser tieferen Kritik aus werden
auch die minder starken Bedenken recht kräftig, welche aus dem
Gesichtspunkte der nationalen Originalität sich einstellen. Nicht in
erster Linie handelt es sich um. den Gegensatz der nationalen
Originalität und der göttlichen Offenbarung, sondern um das Problem
der Offenbarung überhaupt, als der Mitteilung Gottes an den
Menschen.
4. Die Offenbarung ist zunächst eine einzelne Tatsache in der
*Geschichte des Volkes: die Offenbarung am Sinai. . Ist sie etwa die
einzige? Gilt nicht die ganze Thora als Offenbarung? Und wäre
sie etwa in der ganzen Fülle ihres Inhalts am Sinai offenbart worden?
Die Babbinen schrecken zwar nicht zurück vor der Konsequenz,
^welche der Mosaismus schon enthielt, insofern er den ganzen Inhalt
der Thora in die Offenbarung auf dem Sinai einschloß. Erklärten
:sie ja doch sogar ihre eigenen Ausführungen als mündliche Thora,
״der sie solche Gesetze (Halachoth) zu Grunde legten, welche sie
•ebenfalls als ״dein Mose von Sinai“ gegeben auszeichneten. Trotz
alledem blieb aber doch der Dekalog als die eigentliche Offenbarung am
Sinai in Sonderheit bestehen. Dadurch jedoch wurde der Begriff' der
Offenbarung in seinem Inhalte schwankend.
Diese Offenbarung am Sinai mußte nun aber der Reflexion des
Deuteronomiums mannigfachen Anstoß erregen. Vor allem war es
■die Theophanie selbst, welche die Gefahr einer materiellen Auffas umg
■Gottes in sich barg. Es ist daher sehr lehrreich, wie das Deutero-
nomium diese Gefahr zu beschwören strebt. ״Hütet Euch sehr um
*eurer Seelen willen“ (es handelt sich also dabei um eure Seele).
״Denn ihr habt keine Gestalt gesehen am Tage, da der Ewige zu
euch redete am Horeb aus dem Feuer heraus. Daß ihr nicht ver-
<lerbt werdet und euch ein Bild machet, die Gestalt irgend eines
*Standbildes, sei es die Gestalt eines Männlichen oder eines Weib-
liehen“ (5, M. 4, 15. IG). Die folgenden Verse beschreiben den
ganzen Götterkreis der anderen Völker.
In einer solchen Gestalt soll sich durchaus der einzige
Gott am Sinai nicht offenbart haben. ״Es redete der Ewige
zu euch aus dem Feuer heraus. Eine Stimme von Worten
habt ihr gehört, eine Gestalt aber nicht gesehen, ausgenommen die
Stimme“ (ib. 13). Ist denn nicht aber auch die Stimme eine Gestalt,
•ein körperliches Organ? Man muß daher denken, daß es ja nur die
״Stimme von Worten“ sein sollte, die sie gehört haben, also nicht
die Stimme, sondern die Worte allein seien ihnen vernehmlich ge-
worden. Denn das Hören ist ja ebenso körperlich wie das Sehen, müßte da-
her mit diesem auch abgewehrt werden. Man muß deshalbjlas Hören hier
nicht nur als Verstehen auffassen, wie es der Vers ausspricht: ״Alles,
was der Ewige gesprochen hat, wollen־-wir tun und ״verstehen“,,
sondern man muß das Verstehen noch bestimmter in der üblichen
Bedeutung des Gehorchen^ auffassen, so ׳daß es nur das innere
geistige Hören, das die Tat zur Folge hat, bedeutet. Immerhin
wird aus dieser Verwahrung unverkennbar, daß alle. Materialität von
der Offenbarung ferngehalten werden sollte.
Selbst auf den Berg Sinai erstreckte sich diese Rücksicht. ״Ihr
.tratet näher und standet unterhalb des Berges, und der Berg brannte
im Feuer bis zum Herzen des Himmels, Finsternis, Gewölk und
Dunkelheit“ (ib. 11). Maimonides macht auf den Unterschied auf-
merksam zwischen dem Feuer im Berge und der Finsternis und
Dunkelheit um ihn herum. Gott selbst steht weder im Lichte, noch
in der Dunkelheit: nur eine subjektive Schranke trennt den Menschen
von Gott. Es gibt daher nur eine subjektive Scheidewand ()מחיצה
selbst in der Offenbarung zwischen Gott und dem Menschen. Und
den Beweis für diese subjektive Trennung bildet die Gestalt Moses,,
die wiederum eine eigene Anomalie in dem Verhältnis zwischen Gott•
und Mensch in der Offenbarung bildet.
5. Das Deuteronomium sucht den Monotheismus zu begründen als-
den tiefsten Sinn und Wert des jüdischen Volkes. Aus diesem
Nationalismus heraus soll der Polytheismus bekämpft, soll aller
Götzendienst ausgerottet werden im eigenen Volke, wie in allen
Völkern ringsum. Immer ,wird zu -diesem Zweck und Ziel die Aus-
rottung der götzendienerischen Völker ebenso, wie die Vernichtung
Israels bis auf einen Rest verkündigt. Zu dieser weltgeschichtlichen
Aufgabe für die Errichtung und Befestigung des Monotheismus wird
das Nationalbewußtsein erweckt. Zu diesem einzigen Zwecke wird
die Urge sc hich te des Volkes rekapituliert. Und diese Re k ap it u -
lation ist der Grundfaden dieser ganzen großen Rede an den Gefilden
Moabs. Mit diesem Leitfaden des N a ti on al b ew u ß ts ei n s muß sich
der Monotheismus vertragen, und alle Gegenmotive müssen illusorisch
gemacht werden.
Ein solches Gegenmotiv ist allein schon die Offenbarung de&
!einzigen Gottes an das einzige Volk. ;Dennoch darf dieser Gedanke*
nicht gescheut werden, wenn es gilt, die religiöse, die geistige
Grundkraft der Nation mit ihm zu erwecken. Daher der Rückblick
auf die Begegnisse des Volkes mit den sieben Völkerschaften, bevor
die Erzählung der Offenbarung beginnt. Die Epik des Berichten
|w i 1־d auch nicht gestört durch die S elb stk ri tik des naiven Mono-
87 J
theismus, die sich einflicht. Denn das zur politischen Tatkraft auf-
reizende Motiv ״Gott ist eifervoll“ und ״ein verzehrendes Feuer“
wird hinlänglich berichtigt durch das innere monotheistische Motiv:
״denn ein erbarmender Gott ist der Ewige, dein Gott“.
Auch die Motive der Liebe und der Gerechtigkeit verschlingen
sich hier in naiver Durchdringung zum national-politischen Haupt-
zweck der ganzen B.ede. Es heißt zwar: ״Ihr werdet zu Grunde
gehen“ ; aber es heißt nicht minder auch: ״Er wird nicht von dir
lassen und dich nicht verderben“. Alle Formen der Autochthonie
werden durch die naive Urform der Offenbarung aufgehoben.
6. Eine andere Form der Antinomie bildet das Doppe lve rh äl tni s,
in welchem Mose zu Gott und zu I s r a e l steht. Kein ernstliches
Bedenken kann zunächst das Aufrufen Moses erregen, während das
Volk selbst durch die Theophanie zum Nationalbewußtsein erhoben
werden soll. Denn Mose ist gerade das Werkzeug zu dieser nationalen
Erhebung. Der einzige Gott kann nur im Geiste sich offenbaren,
und dem ganzen Volke soll er nur im Geiste erschienen sein. Diese
Vermittlung des Geistes macht indessen die Vermittlung durch einen
individuellen Geist unvermeidlich. Die materielle Theophanie be-
dürfte des Individuums nur als eines blinden Sehers; die geistige
Theophanie kann den geistigen Vermittler nicht entbehren. Und aus
der Not wird eine Tugend: Mose ist der Nationalheld, gleichsam
der Schöpfer des Volkes, der es aus dem Eisenofen der Sklaverei
zu einer Nation erhoben hat. Seine Einzelgestalt bildet daher eigent-
lieh keinen Gegensatz gegen das ganze Volk in seiner Einheit.
So heben sich die scheinbaren Widersprüche auf, welche in den
Aussprüchen liegen: ״von Angesicht zu Angesicht redete er mit
Mose“ ( )פנים אל פניםund: ״von Angesicht zu Angesicht redete der
Ewige mit euch“ (5. M. 4, 5). Zu der ersteren Stelle gibt Ibn E s r a
die Erklärung: ״ohne Mittler“. So bedeutet ihm ״von Angesicht
zu Angesicht“ nur die U n m i t t e l b a r k e i t Mose^selbst aber gilt nicht
als Mittler, der er doch zwischen Gott und Israel ist. Er wird also
nur als Vertreter des Volkes gedacht, der daher keinen Gegensatz,
kein Einzelglied zum Gesamtvolke bildet.
So heißt es denn auch gleichsam ergänzend oder sogar be-
richtigend, an der zweiten Stelle, an der Gott mit dem
Volke von Angesicht zu Angesicht redet: ״und ich stand zwischen
dem Ewigen und euch . . euch zu verkünden das Wort des Ewigen“.
Es wird die Theophanie somit in ein Apostolat aufgehoben. Mose wird
88
Lehrer an Israel zu sein. ״Die ich euch lehre“ (4, 1). ״Siehe, ich.
habe, euch gelehrt Satzungen und Rechte, die mir befohlen hat der
Ewige, mein Gott“ (ib. 5). Und dieser Lehre entsprechend heißt es:
״Denn dies ist eure Weisheit und eure Einsicht in den Augen der
Völker, die hören werden alle diese Satzungen und sprechen: wahrlich
ein weises und einsichtiges Volk ist dieses große Volk“ (ib. 6).
Wenn es dann unmittelbar weiter heißt: ״Denn welches, große Volk:
gäbe es, dem sein Gott nahe ist, wie der Ewige unser Gott in allem,,
darum wir zu ihm rufen?“
So wird auch diese Nähe G ottes, die zu einem wichtigen
religiösen Momente wird, unmittelbar darauf wiederum in den Satzungen
begründet. ״Und welches große Volk gäbe es, das Satzungen und Rechte•
hätte, gerechte, wie diese ganze Lehre, die ich vor euch heute gebe?“
H eute also will Mose diese Satzungen gegeben haben, und dennoch darf er
unbefangen fortfahren und an •die nationale Geschichte anknüpfen, deren
Sinn sich eben nur in diesem ״heute“ .vollendet. ־Ganz im Zusammen-
hange dieses einheitlichen Gedankens heißt es auch weiter: Gott habe-
die zehn Worte verkündet und auf die zwei Steintafeln geschrieben.-
״mir aber befahl der Ewige um diese Zeit, euch zu lehren Satzungen
und Rechte“ (ib. 14). Sogar der Ausruf ״Höre Israel“ wird auf sie*
bezogen (0, 1). In ihnen bezeugt sich die Offenbarung durch ihre*
Weisheit und ihre Vernünftigkeit.
12. Auch der n atio n a le U rsp ru n g wird auf sie zurückgeführt.-
״Wenn dein Sohn dich fragen wird morgen: was sind die Zeugnisse-
und die Satzungen und die Rechte, die der Ewige unser Gott euch
geboten hat? so sollst du sagen deinem Sohne: Sklaven sind wir
gewesen dem Pharao in Ägypten, und es führte uns heraus der
Ewige aus Ägypten . . . und es befahl uns der Ewige, zu üben alle•
diese Satzungen“ (6, 20—24).
13. Mit ihnen wird endlich auch das an das ״Höre Israel“ ange״
schlossene Grundgebot der Liebe zu Gott verknüpft. ״Und du sollst lieben
den Ewigen, deinen Gott und du sollst wahren seine Wahrung und seine
Satzungen und seine Rechte, und seine Gebote alle Tage“ (11, 1).
Es wird freilich durchaus kein Unterschied gemacht zwischen dem
politischen Charakter dieser Gesetze und denjenigen Geboten, welche
direkt die Befestigung des Monotheismus betreffen. Eine solche*
Unterscheidung wäre stilwidrig in einer Rede, in welcher die
Reflexion selbst sich archaistisch macht, ohnehin aber selbst in jener
gereifteren Zeit als eine wissenschaftliche Unterscheidung nicht er״
wartet weiden kann. Es ist genug, daß an die Weisheit und die
Vernünftigkeit dieser Satzungen und Rechte, an ~ die Weisheit des
Volkes selbst appelliert wird, uni^die Tendenz zur Idealisierung des
Faktums der'Offenbarung'außer Zweifel zu stellen.
Bis jetzt stand jedoch nur das Faktum selbst in Frage, in-
:wiefern es mit der Geistigkeit, mit der Einzigkeit des göttlichen
Beins sich verträgt. Und das Volk und Mose selbst sind gleichsam
nur vorweggenommen, da wir ja bis zur Schöpfung des Menschen,
als des Vernunftwesens, noch nicht vorgedrungen waren. Wie die
Schöpfung, so kann aber auch die Offenbarung erst mit der Offen-
barung an die Vernunft, an den Geist des Menschen zur Vollendung
kommen, der daher ihre Voraussetzung ausmacht. Der Mensch,
nicht das Volk, auch nicht Mose; der Mensch, als Vernunftwesen, ist
das Korrelat zum Gotte der Offenbarung.
14. Vorher aber noch ist eine Darstellung der Theophanie zu be-
achten, bei welcher Mose allein der mitwirkende Zuschauer ist.
Nur zwei persönliche Bittgesuche werden von Mose berichtet. Die
*eine betrifft die schon besprochene um die Mitführung in das gelobte
.Land; die andere eine Theophanie. Schon bei der ersten Bitte ver-
lautete wie eine Begründung derselben der Wunsch: ״Tu mir doch
Lund Deinen Weg, auf daß ich Dich erkenne“ (2. M. 33, 14).
Darauf aber verlautet die Bitte Moses: ״Laß mich doch schauen
Deine Herrlichkeit“ (ib. 18). Hier scheint die Gefahr der Materiali-
sierung unabwendbar, die in der Bitte selbst schon liegt, während
die vorhergehende Bitte nur auf die Kenntnis von Gottes Weg, also
.־seinem Verfahren ging.
Die hier folgenden Verse enthalten nun ein lehrreiches Beispiel von
-der Art, in welcher, und zwar gerade an den schwierigsten Punkten
.alte Schichten der Überlieferung nicht unterdrückt, sondern erhalten
worden waren. Die ältere Fassung dürfte in den Versen 21—23 vorliegen:
״Und er sprach: Du kannst mein Angesicht nicht sehen, denn es
;sieht mich nicht der Mensch und bleibt lebendig. Und es sprach
der Ewige: siehe ein Ort ist bei mir, da magst du hintreten auf
den Felsen. Und es wird sein, wenn meine Herrlichkeit vorüber-
;zieht, so will ich dich stellen in die Felsenritze und meine Hand
decken über dich, bis ich vorübergezogen bin. Und ich werde hin-
wegziehen meine Hand, und du wirst sehen das mir Folgende, aber
mein Angesicht wird nicht geschaut.“
Beginnen wir mit dem ersten dieser Verse, so enthält er schon
eine unverkennbare Anlehnung an den allgemeinen Mythos,, daß der
Mensch nicht lebendig bleiben kann, wenn ein Gott ihm erschienen ist.
Ganz mythologisch sind die folgenden Verse von dem Orte, dem Felsenr
ferner der Bedeckung mit der Hand, wie der Entziehung der Hand. Den
größten Anstoß aber bildet das Vorüberziehen der Herrlichkeit. Dieses
materielle Moment hat die Übersetzung des Wortes אחוריmit ״Rück-
seife“ möglich gemacht, als wenn das Angesicht die Vorderseite wäre
und nicht vielmehr nur das Vor bedeutete. Wenn aber zu dem Vor
das Entsprechende ist das Rückwärts, so braucht dieses nicht der
Rücken zu sein.
Das fragliche hebräische Wort kommt außer an dieser Stelle nur
noch einmal, und zwar auch im Exodus (*26, 1*2) vor, als Rückseite*
des Stiftszeltes, sonst aber im Singular vielfach für die Folge, wio
Jesaja 41,23: ״oder das Künftige laßt uns hören, verkündet, was
nachher kommen soll“. In dieser Bedeutung hat von jeher die jüdische
Schrifterklärung diesen anstößigen Satz zu beseitigen gesucht: nur
aus seinen Werken, nur aus dem, was aus seinem Wesen folgt,,
könne Gott erkennbar werden, nicht aber aus diesem Wesen selbst,,
wie man demgemäß auch das Angesicht immer und überall ver-
standen hat. Trotz alledem ist diese ganze Antwort auf diese schon
anstößige Bitte von einer großen Gefahr für die Geistigkeit der
Offenbarung des Monotheismus.
So läßt es sich denn verstehen, daß den angeführten Versem
zwei andere voraufgehen, welche von ganz anderen Gesichtspunkten•
aus die Bitte Moses beantworten: ״Und er sprach, ich werde vor-
überziehen lassen all mein Gutes vor deinem Angesicht, und werde*
rufen mit dem Namen: der Ewige ist vor dir. Und ich begnadige,,
den ich begnadige, und ich erbarme mich, dessen ich mich efbarme“
(18, 19). Zunächst beachten wir die falsche Übersetzung vom
K au tzsch : ״ich will all meine Schöne an dir vorüberziehen lassen,
und will den Namen Jahve vor dir ausrufen“. Das Wort טובbe-
deutet keineswegs die Schönheit, die dann nur ein anderes Wort
wäre für die Herrlichkeit, mithin immer nur für das Wesen Gottes.-
Es bedeutet auch nicht die Güte, sondern den Ertrag der Güte:
das Gute.
Es erklärt sich auch so die Beibehaltung des anstößigem
Wortes ״ich werde vorüberziehen lassen“ , nämlich nicht mein
Wesen, sondern meine Wirkungen. So wird der Gegensatz klar zu.,
der Bitte nach der Schau der Herrlichkeit, also des Wesens, die so
*erledigt wird: meine Wirkungen sollst du sehen, dann werde ich-
rufen: der Ewige ist vor dir. Diese Wirkungen sind mein Gutes•
meine Gnade und mein Erbarmen. So hat die jüdische Schrift-
■erklärung das Richtige getroffen, indem sie das in dieser gramma-
tischen Form nur einmal vorkommende Wort nicht als körperliche
Rückseite auffaßte, sondern als Folge und Wirkung des göttlichen
Wesens.
15. Wir wenden uns jetzt wieder dem Deuteronomium zu. Die
Rede läßt es nicht dabei bewenden, durch die Warnung vor der
]körperlichen Wahrnehmung die Geistigkeit der Offenbarung zu
■schützen, wie überhaupt das geschichtliche Faktum nahezu in die
-Gegenwart zu verlegen, um es um so dringlicher zu einem Anliegen
■der aktuellen Verantwortlichkeit des Volkes zu machen, sondern sie
geht beinahe bis an die Grenze einer rationalen Auflösung des
-eximierteil Faktums.
Diesen Forschrift vollziehen die Verse: ״Denn dieses Gebot, das
ich dir heute gebiete, nicht wunderhaft ist es verborgen vor dir und
nicht fern ist es. Nicht im Himmel ist es, daß du sagen müßtest: wer
steigt uns hinauf in den Himmel und holet es uns und läßt es uns
hören, daß wir es tun. Und nicht jenseit des Meeres ist es, daß du
sprechen müßtest: wer geht uns hinüber nach jenseit des Meeres und
liolet es uns und läßt es uns hören, daß wir es tun. Denn nahe ist
dir das Wort sehr, in deinem Munde und deinem Herzen, es zu
tun“ (5. M. 30, 11 —14). Also nicht mehr im Himmel ist die Lehre,
und nicht vom Himmel ist sie gekommen, sondern scheinbar-ganz
subjektiv wird ihre Herkunft gemacht: in deinem Herzen und in
deinem Munde. Im Herzen des Menschen und in der Sprachvernunft
ist ״das Wort“, wie hier das Gebot genannt wird, enthalten. Es
ist dem Geiste des Menschen nicht fern, sondern nahe. Im ־Herzen
und in der eigensten Kraft des Menschen, welche die Sprache dar-
stellt, wird die Offenbarung hier begründet. Sicherlich liegt diesen
Sätzen die Absicht fern, die Offenbarung am Sinai zu bestreiten,
aber es kann nicht verkannt werden, daß auch durch diese Sätze
das Interesse abgelenkt werden soll von dem einmaligen Faktum,
dessen Vergeistigung, dessen Idealisierung durch diese Verinnerlichung
im Geiste des Menschen bewirkt werden soll.
Dieser Geist des Deuteronismus lebt in den Propheten, die, wie
Jeremia, von dem ״neuen Bunde“ weissagen, den Gott mit Israel
schließen wird. ״Siehe Tage kommen, Spruch des Ewigen, und ich
werde schließen mit dem Hause Israels und dem Hause Judas einen
neuen Bund. Nicht wie der Bund, den ich geschlossen mit ihren
Vätern . . denn dieser Bund, den ich schließen werde mit dem Hause
Israels nach diesen Tagen, Spruch des Ewigen, ist: ich werde meine
Lehre geben in ihr Inneres, und auf ihr Herz werde ich sie schreiben,
und so werde ich ihnen werden zum Gotte, und sie werden mir
zum Volk“ (31, 31—34). Für den Mund ist hier das Innere ein-
getreten, und die Thora ist- durch diese Inschrift in das Herz zu
einem Bunde geworden.
16. Und was Jeremia den neuen Bund nennt, das nennt Jesaja
den neuen Geist ( )רוח הדשהund Jecheskel das neue Herz ()לב הדש.
Das Deuteronomium wird unverkennbar hier der Höhepunkt weil
hier der Gegensatz ausgesprochen wird zum Himmel, als dem ver-
meintlichen Ursprung der Lehre. So ist denn schon hier, ohne daß
in der Vernunft des Menschen sein Verhältnis zu Gott in Schöpfung
und Offenbarung begründet wäre, die Offenbarung selbst ebenso, wie
die Schöpfung, zu einer rein geistigen Bedeutung verklärt. Und
diese Vergeistigung war die notwendige Folge von der Einzigkeit
Gottes, die als Geistigkeit seines Seins aller Sinnlichkeit entgegen
gedacht werden muß.
Die anderen Zeugnisse für diese Tendenz, welche von früh ab
die Urkunden des Monotheismus verfolgen, werden sich stufenweise
in unserer Entwicklung der Grundbegriffe einstellen. Schon der
Anteil der Vernunft, den wir überhaupt an der Religion des Mono-
theismus voraussetzen, macht diese Tendenz zu einer notwendigen,
mithin schon der Begriff der Vernunft selbst, sowie der Begriff des
Menschen, als des Vernunftwesens. Wenn er als eine Schöpfung
Gottes bestehen und wenn Offenbarung an ihm möglich werden soll,
sö kann diese nur durch seine Vernunft, mithin die Offenbarung selbst
auch nur als eine solche der Vernunft ermöglicht werden.
Die Korrespondenz zwischen Gott und Mensch erweist sich liier
schon als eine K o rrelatio n . Die Einzigkeit Gottes bedingt sein Ver-
hältnis zur Vernunft des Menschen. Und die Vernunft des Menschen,
als Schöpfung Gottes, bedingt sein Vernunftverhältnis zu Gott, daher
aber auch den Vollzug dieses Vernunftverhältnisses in der Offen-
barung, welche mitsamt der Schöpfung die Korrelation von Mensch
und Gott begründet.
17. Wir dürfen daher die Auffassung, welche die jüdischen Philo-
sophen des Mittelalters allesamt durchzuführen suchten, von dem
96
die Grundlage für das Sein der Schöpfung, vielmehr für das Dasein
der Schöpfung. Aber beim Menschen 'genügt diese nicht für sein
Dasein: in dieser Beziehung ־beträfe die Voraussetzung des göttlichen
׳Seins den Menschen nur als Lebewesen. Bei dem Menschen muß
Gottes Sein die Voraussetzung sein für die Erkenntnis. Und die
Erkenntnis betrifft nicht allein das Naturwissen, sondern es handelt
sich um ״die Erkenntnis von* gut und böse“. Das Wesen* ־des
Menschen wird bedingt durch die Erkenntnis der Sittlichkeit. Die
Vernunft ist nicht nur die theoretische, sondern auch die praktische,
die ethische. Die Schöpfung des Menschen - muß die Schöpfung
:seiner Vernunft bedeuten.
4. Der Prophet Zächarja hat dieses Verhältnis des G eistes zur
Schöpfung präzis ausgedrückt: ״Er spannt aus den Himmel und
gründet die Erde, und er ist Bildner des Geistes des Menschen in
seinem Inneren“ (Zach. 12, 1). Gott ist nicht nur der Schöpfer von
Himmel und Erde^ sondern er hat den Geist des Menschen in seinem'!
Leibe gebildet. Der Geist des Menschen gilt nicht als die Nach-1
bildung, die homogene Fortentwicklung von der Schöpfung des
Menschenleibes innerhalb der Schöpfung von Himmel und Erde,
sondern der Geist des Menschen fordert eigens den göttlichen Schöpfer, j
Wir werden aus diesem Satze für die Sittenlehre, für die ethische
Bedeutung des Menschen die monotheistischen Konsequenzen zu
ziehen haben; an dieser Stelle kommt es nur erst darauf an, vom
Geiste, von der Vernunft überhaupt, von ihrem theoretischen Funda-
mente die Korrelation von Mensch und Gott festzustellen. Hiob
drückt diese Korrelation von seiten Gottes aus: ״Der Geist Gottes
hat mich gemacht, und die Seele des Allmächtigen belebt mich“
(H.iab,-33rA) Aber Hiob drückt das Verhältnis noch spezifischer
aus: ״Wahrlich, Geist ist im Menschen, und die Seele des All-
mächtigen macht sie vernünftig“ ( ) אכן רוה היא באנוש'ונשמת שדי תביבס
Hiob 32, 8)._ Also nicht nur als Lebewesen, und auch nicht nur als
intellektuelles Wesen wird der Menschengeist in Gottes Geist ge-
gründet, sondern die Wern unft, die in eminenter Weise die sittliche
Vernunft ist, wird von Gott abgeleitet.
Der Geist Gottes schwebt nicht mehr nur über dem Wasser:
alles Wissen und alle Kunst geht von ihm aus; so bei Bezalel, bei
Joseph und bei allen Richtern, bei dem Held Simson und dem König
Saul, aber auch die Propheten haben alle ihre Weisheit von Gott.
Und doch ist das Spezifische des ethischen Geistes in allen diesen
Erscheinungsformen noch nicht zum Ausdruck gekommen. Selbst
der Messias hat nur ״den Geist des Eates und der Kraft, den Geist
der Erkenntnis und der Gottesfurcht“ (Jesaja 11, 2). Ausdrücklicher
wird seihst beim Messias sein Geist nicht zu dein Geiste Gottes in
Verhältnis gesetzt.
Eine unmittelbare Beziehung besteht zwischen dem Geiste des
V olkes und dem Geiste Gottes. ״Möchte doch das ganze Volk
Propheten sein und Gott seinen Geist auf sie geben“ (-1. M. 11, 29)»
Dieser ursprüngliche Universalismus des Geistes in Israel führt zu
großen Konsequenzen. Bei Jesaja soll ״die ganze Erde voll sein
der Erkenntnis des Ewigen“ (Jes. 11,9). Und bei Jeremia hört
sogar aller Gradunterschied in der Erkenntnis unter den Menschen
auf: ״denn alle werden mich erkennen von Groß bis Klein“ (31, 33).
So ergießt endlich Joel den Geist Gottes ״auf alles Fleisch . . .
und auch auf die Knechte und die Mägde“ (3, 1, 2). Und so ver~
wandelt endlich Jecheskel den neuen Bund Jeremias in das neue
Herz und den neuen Geist. ״Und' meinen Geist will ich in euer
Inneres geben“ (3 6 ,2 6 ,2 7 ; 39,29). Und was hier Jecheskel zur
Verheißung für eine neue Zeit macht, das nimmt Zacharja von
Anfang an an: Gott hat, wie er den Himmel ausspannt und
die Erde gründet, so auch den Geist des Menschen in seinem
Inneren gebildet; Jecheskel sagt nur genauer, wie diese Bildung
sich vollzieht: Gott hat seinen Geist in das Innere des Menschen
gegeben.
So ist im Geiste, in der theoretischen und in der sittlichen
Vernunft die Korrelation zwischen Gott und Mensch gegründet und
befestigt. Denn wo Gott schafft, da entfaltet sich sein einziges
Sein als die Grundlage für das Werden, welches kraft dieses Seins
Grund und Bedeutung erlangt. Und in allem Werden ist das
höchste Problem der Mensch, der nicht nur Leben, sondern auch Ver-
nunft ist und erst durch die Vernunft, durch die Erkenntnisfähigkeit zu
demjenigen Menschen wird, der zu Gott in Korrelation treten kann.
Auch von Gott aus betrachtet, ist die Vernunft die Bedingung, ver-
möge welcher Gott in Korrelation treten kann zum Menschen. Und
diese Korrelation ist begründet in dem Begriffe des einzigen Seins..
Denn dieses bedeutet die Voraussetzung zum Werden. Wie das
Sein daher die Voraussetzung der Grundlage ist, so ist das Werden
für die Entfaltung der Grundlage die Voraussetzung, also der Mensch»
Diese gegenseitige Bedingtheit vertritt die Korrelation. Und der
103
Begriff, durch welchen die Korrelation sich vollzieht, ist die Vernunft,
die daher Gott und Mensch gemeinsam sein muß.
Durch die Vernunft erst treten Schöpfung, wie Offenbarung, in
Vollzug. Beide Begriffe erweisen sich jetzt als Ausdrücke der
Korrelation, und somit beruhen sie beide auf dem Begriffe der
Vernunft, der in der Schöpfung des Menschen der Vernunft sich voll-
zieht, und ebenso auch in der Offenbarung Gottes an den Menschen.
Schon die Schöpfung des Menschen, als die der Vernunft des
Menschen, beläßt den Menschen nicht passiv, was dem Begriffe der
Korrelation widerspräche. Und ebenso kann ihn die Offenbarung
erst recht nicht passiv machen, was nicht bloß der Korrelation,
sondern noch deutlicher der Vernunft widerspräche, welche die ־
Offenbarung zu offenbaren hat.
In der Erkenntnis des Menschen von Gott tritt gemäß der ןj
Korrelation die Reziprozität ein. Es ist als ob das Sein Gottes erst 1
in der Erkenntnis des Menschen aktuell würde. So gewaltig setzt
sich die Korrelation ins Werk. Der Mensch ist nicht mehr nur das
Geschöpf Gottes, sondern seine Vernunft macht ihn kraft seiner Er-
kenntnis und für dieselbe gleichsam wenigstens subjektiv zum Ent-
decker Gottes.
So wird es verständlich, wie der G eist zum Grundbegriffe der
Religion wird, zum Vermittlungsbegriffe zwischen Gott und Mensch,
zum vollziehenden Begriffe der Korrelation.
Der Geist ist sonst nur der Gegensatz zur Materie und zum
Leben. Der Geist ist daher zuerst Seele. Sobald aber der Geist!
zum Gotte wird, wird Gott nur Geist, und der Polytheismus wird j
überwunden. Gott, als Geist, ist nicht im Feuer, und nicht im ‘
Winde, auch nicht in der materiellen Menschenmacht, sondern er
wird zu einer Unendlichkeit, der der Mensch nicht entfliehen kann.
״Wohin soll ich gehen vor deinem Geisie?“ (Ps. 139, 7). Alle
Körperlichkeit entschwindet nunmehr von Gott, und in dieser Ab-
wehr bezeugt sich wiederum die Einzigkeit des göttlichen Seins.
G ott is t e in zig , dies b ed eu te G ott is t G eist. i
5. Aber der Geist hat nicht die negative Bedeutung eines Mittel-
dings zwischen der Körperwelt und der göttlichen Einzigkeit, sondern
die Positivität dieses Geistes bedarf keiner anderen Vermittlung als #
derjenigen, die ihr Begriff selbst vollzieht. Gott ist Geist, dieser
Satz bedeutet auf Grund der Korrelation, die zwischen Sein und
Werden bestellt, auch: der Mensch ist Geist. Diese Gleichsetzung
aber ist nicht etwa als Identität zu mißdeuten; denn däs göttliche Seih
ist einzig. Aber seine Einzigkeit, als Geist, begründet auch das
Werden des Menschen, als Geist. Der Geist verbindet beide Glieder
der Korrelation.
Der Geist des Menschen kann freilich nicht der Geist Gottes
sein; Indessen gibt Gott seinen Geist in den Menschen, wie es die
Korrelation erfordert. Also muß dennoch der Geist in dem Menschen,
wenngleich nicht identisch, so doch vergleichbar mit dem Geiste
Gottes sein. Die Korrelation ist notwendig: Schöpfung und Offen-
barung machen sie notwendig. Sie kann nicht gegen die Einzigkeit
verstoßen. Die Korrelation wird aber erst durch den Geist vollziehbar.
Also muß der Geist des Menschen ihm von Gott gegeben sein.
Gottes Geist ist unerschöpflich, seinem Grade und seiner Art
nach. Sein Sein ist ja einzig, es bleibt daher für die Vergleichung,
welche die Korrelation notwendig macht, nichts anderes übrig, als
was Hiob ausführt, indem er den Geist als ״Teil und Erbteil“ an
der Gottheit bezeichnet. ״Was wäre der Anteil an der Gottheit von
oben und das Erbe des Allmächtigen aus der Höhe?“ (Hiob, 31, 2).
Der volle Eechtsbesitz des Menschengeistes an Gott wird hier durch
die beiden Worte ausgedrückt, die den Erbbesitz bezeichnen (חלק
)ונהלה: als ob Hiob sagen wollte, mein Geist hat Anteil an der
Schöpfung der Gottheit von oben, und er ist ein Erbe, das der All-
mächtige aus der Höhe an mich kommen ließ‘.
Beachtung fordern auch die abstrakten Ausdrücke für Gott:
die Gottheit und der Allmächtige, und für die sinnliche Ab-
kunft: die von ״oben“ und ״aus der Höhe“ ; sie lassen die
Tendenz des Gedankens erkennen: das Wesen des Menschen
vollständig aus Gott herzuleiten, in seiner Einzigkeit es zu be-
gründen. Die Herleitung von oben gibt eine bessere Begründung
als der ״Teil“, der ja auch nur den Anteil am Besitze bedeutet. Es
'bleibt dabei: die Korrelation ist der entscheidende Begriff, und Teil
.und Abfolge sind nur bildliche Ausdrücke, welche schwächer sind
als das begriffliche Verhältnis der Korrelation.
6: Aus diesem Rationalismus, den der Geist, als Verbindungs-
begriff der Korrelation, begründet, erklärt sich auch der Nachdruck,
den besonders das Deuteronomium und mit ihm alle Propheten auf die
E rk e n n tn is Gottes legen und mit dem sie diese zur Bedingung der
Verehrung Gottes machen, besonders aber der Liebe Gottes. Wenn
es eine Frage sein konnte, wie die Erkenntnis als Liebe gedacht
.werden konnte, so kann uns jetzt die umgekehrte Frage entstehen:
wie die Liebe als Erkenntnis gedacht werden konnte. Wenn anders
.aber die Liebe der innigste J ^ s d ^ ist. so machtdie
Erkenntnis am ^genauesten diese innigste Art des Verhältnisses
deutlich: der Geist der E r k e ^ ist es, welcher dieses Band
zwischen Gott und Menschea.bindet.-- ״D1Tsollst es erkennen heute
und'' ־sollst es überführen in dein Herz“ (5. So wird
durchgängig in der Erkenntnis die Gesnihung begründet, in dem
Geiste das Herz.
Es wäre unverständlich, wie die Prophetie so unbefangen
mit dem Feuer der Erkenntnis spielen konnte, wenn sich
der Monotheismus nicht mit vollem Bewußtsein auf den Geist j
gründen wollte; wenn er nicht zu der Einsicht sich hindurchringen (
wollte, daß der einzige Gott in der Erkenntnis wurzelt; daß ohne
diese Wurzel und ohne den lebendigen Zusammenhang mit ihr kein
Wachstum des Monotheismus möglich sei. Der Mensch ist Geist.
Und der Geist kommt von Gott, ״der ihn gegeben“, der ihn in den
Menschen gepflanzt hat. Dieser Geist muß sich in der Wechsel-
Wirkung bezeugen: durch die Erkenntnis und in der Erkenntnis
tritt Gott in die ihm notwendige Korrelation zum Menschen.
Auch das G ebet hat diese Beziehung auf die Erkenntnis an-
:erkannt, ln dem Achtzehngebet, dem Hauptgebete jedes Tages,
lautet das erste: ״Du begnadest den Menschen mit Erkenntnis“.
Es ist, als ob gesagt werden sollte: die erste Gnade Gottes bestehe
in der Verleihung der Erkenntnis, und daß es keine Gnade anderer
Art geben könne, als welche durch die Erkenntnis bedingt ist. So/
wird die Erkenntnis zur Grundbedingung schlechthin der Religion,
der Gottesverehrung.
Der Monotheismus ist in einer Geisteskultur entstanden, die
außer schöpferischem Anteil steht an der wissenschaftlichen Kultur.
Dennoch fordert die Geistigkeit des Monotheismus den Anteil der
Vernunft, den Anteil der Erkenntnis, zumal wenn anders der Mono-
theismus auch Ethik schaffen sollte. Ethik aber ist im griechischen,
im wissenschaftlichen Sinne bedingt durch Logik. Und Logik
wiederum ist bedingt durch den fortschreitenden Zusammenhang mit
der Wissenschaft. Der Prophetismus hat keine Wissenschaft, daher ■
auch keine wissenschaftliche, keine philosophische Logik; daher auch
keine wissenschaftliche, keine philosophische Ethik: und dennoch
1 ( h;
besteht, welche letztere auch auf dem Boden der Wissenschaft und der
Philosophie emporwächst, so wird man den Wert nicht gering schätzen,,
der dieser durchgängigen Betonung der Erkenntnis einwohnt. Die
Urwüchsigkeit dieses Wertes behauptet sich in der gesamten Ge-
!schichte des jüdischen Monotheismus, wie er auch, die Geschichte
[der Juden in ihrem Anteil an der Kultur im Altertum, im Mittel-
!alter und in der Neuzeit erklärlich macht.
7. Ein sehr merkwürdiges Dokument dieses innerlichen Anteile
der Religion an der Erkenntnis findet sich im Talmud, und zwar
mit einer Anwendung, die als unübertrefflich bezeichnet werden darf.
״In der Stunde, da man den Menschen zu Gericht führt, spricht
man zu ihm: hast du in deinem Erwerbe mit Treue gehandelt?
Hast du Zeiten bestimmt für die Thora? . . . hast du das Studium
mit Weisheit (Methode) betrieben? Hast du den Satz erschlossen
auf dem Grunde eines Satzes? (Sabbat, 31, a). Raschi gibt die Er-
klärung zur letzten Frage: ״die Erschließung eines Satzes auf Grund
eines anderen, das ist Erkenntnis.“ Man bedenke nun, wie sehr
nach dieser Stelle der Talmud die methodische Erkenntnis, das•
methodische Studium geschätzt haben muß, wenn er es zu einer
Frage des höchsten Richters an die Seele des Menschen macht. Es•
genügt nicht, daß der Thora Zeiten für ihr Studium bestimmt worden
waren, so daß das Studium regelmäßig betrieben wurde: es mußte•
noch die Rechenschaft darüber erfolgen, daß das Studium auch in
methodischer Weise und in methodischer Logik gepflegt worden sei.
Diese Methodik aber besteht in der Herleitung eines Satzes aus dem
zu Grunde gelegten Satze.
Die Analogie, die ich in meiner Schrift ״Deutschtum und
Judentum“ zwischen diesen beiden Volksgeistern auf Grund von
beider Gemeinschaft mit dem griechischen Geiste aufzustellen versucht
habe, wird durch dieses talmudische Dokument in genauester Weise
bestätigt. Denn Platon, der ideale Vertreter des griechischen Geistes*
hat die Erkenntnis in dieser Rechenschaftslegung (Xöyov öiöövae) be-
gründet, welche in der Herleitung eines neuen Satzes aus einem vor-
aufgehenden und schließlich aus einer G ru n d leg u n g sich vollzieht.
107
seine Liebe und Schonung erlöste er sie, und hegte sie und pflegte
sie alle Tage der Vorzeit“ heißt es in dieser Bede von gewaltiger
Schönheit: ״Sie aber widerstrebten und betrübten seinen heiligen
Geist“ (Jes. 63. 10U Plötzlich erscheint hier zum ersten Male der
heilige Geist Gottes. Da der Geist Gottes ein geläufiger Ausdruck
für das Wesen Gottes ist, und da dieJKeiligkeit, der neue Ausdruck
für dieses Wesen Gottes ist, so kann die' neue Wortbildung nicht
.auffällig werden. Auffallend muß vielmehr sein, daß sie jetzt
erst und nur einmal wiederholt vorkommt. Auch darf es auffallend
״erscheinen, daß in dieser Verbindung der neue Ausdruck gewählt
wird. Gott zu betrüben, dazu bedurfte es doch nicht erst der
Neuschöpfung des heiligen Geistes.
Nun aber heißt es unmittelbar darauf, wie das Volk nun
weiter der Tage der Vorzeit gedenkt: ״Wo ist, der in ihre Mitte
legte seinen^ heiligen Geist?“ Jetzt erscheintdie Berufung des
heiligen Geistes» eher begründet. Denn sei es, daß der Angerufene Gott
selbst ist, der in Moses Innere seinen heiligen Geist gelegt habe, oder
sei es, wie B aschi den Gedanken monotheistischer faßt, daß Gott
.angerufen werde, der durch Mose seinen heiligen Geist in das Volk
gelegt habe, so wird hier in beiden Fällen von dem heiligen Geiste
zwar nichts anderes gesagt, als was überhaupt vom Geiste Gottes
gilt in Bezug auf den Geist des Menschen: ״Er bildet den Geist des
Menschen in seinem Innern“ (Zach. 12, 1). Wie Gott in den Menschen
seinen Geist legt, so heißt es aber hier zum ersten Male vom
heiligen Geiste, daß er ihn inmitten des Volkes, in das Innere des
Volkes gelegt hat. Das Volk vertritt offenbar besser den Menschen
als Mose selbst, obwohl er als Prophet nach der gewöhnlichen Auf-
fassung des heiligen Geistes für ihn befähigter zu sein scheint.
Indessen hat der Prophet-, als solcher, niemals und nirgends
einen heiligen Geist, und selbst der Messias hat keinen: warum
sollte Mose ihn hier auf einmal bekommen? In das Volk, in sein
| Inneres hat Gott den heiligen Geist gelegt, wie er überhaupt in das
J Innere, des Menschen seinen Geist legt.
Da sich sonach nun der heilige Geist vom Geiste überhaupt gar
nicht unterscheidet, so bleibt es auch hier ein literarisches Rätsel,
wie er an dieser durch keine neue religiöse Wahrheit-, wenngleich in
einer tiefreligiösen Reminiszenz ausgezeichneten Stelle plötzlich er-
scheinen konnte?
U Indem wir zur klassischen Stelle übergehen, welche den heiligen
Geist hervortreten läßt, können wir einer Antizipation nicht aus-
weichen, welche den Begriff des Menschen in seiner sittlichen
Vernunft betrifft, nämlich seine Süiijdffai'tigkeit. Nur einmal noch,,
überhaupt, im Psaim 51, tritt der heilige Geist auf. - Dieser Psalm ist
; ein richtiger Bußpsalm mit der ganzen Kraft der Reue, wie der
! Zuversicht auf Vergebung. Vielleicht hat die Tiefe dieses Buß-
gebetes die Überschrift veranlaßt: ״Nachdem er zu Bathseba ein-
gegangen war“. Dagegen spricht nicht Vers (> ״an Dir allein habe
ich gesündigt“. Denn aus diesem Satze spricht nur das starke
Bewußtsein, daß alle Sünden gegen einen anderen Menschen zurück-
treten gegen die Sünde gegen Gott.
Auch am eigenen Bewußtsein sucht der Dichter zunächst keinen
Halt: ״Siehe in Verschuldung bin ich geboren und in Sünde hat■
mich meine Mutter empfangen“ (Vers 7). Der Dichter will nur
die menschliche Sünde schonungslos aufdecken. An eine Erbsünde
ist dabei nicht zu denken. Der folgende Vers lautet: ״Du verlangst
ja Wahrheit im Inneren und Geheime^ so laß mich deine Weisheit
wissen“. Und nun wird die Vergebung angerufen: ״Wasche mich,,
daß ich weißer werde als Schnee, verbirg dein Angesicht nicht vor
.meinen Sünden“. Mit der Sünde, als einer spezifischen Eigenschaft
j des Menschen, antizipieren wir hier auch die V ergehung,, als eine
; spezifische Eigenschaft Gottes, die ־wir noch nicht, •weder aus der
i Einzigkeit, noch aus der Schöpfung und Offenbarung, noch aus der
Heiligkeit zur Entfaltung gebracht haben. Der heilige Geist soll /
uns aber eben auf diesen Weg führen.
Es bleibt nicht bei dem Gebet um Vergebung, sondern der
Dichter wendet sich nun zu seinem eigenen Herzen und Geiste, und
hier erscheint der Begriff der Schöpfung wieder. ״Erschaffe mir,
Gott, ein reines Herz, und erneuere in mir einen gegründeten Geist“
(12). יWir lernen zunächst hier den richtigen Be g r if f v o m jx e is i e
k en n en : daß er ste ts ern eu t w erde, und daß in dieser stetigen
Erneuerung seine Gründung bestehe. Die Macht der Sünde wird!
offenbar durch diese unaufhörliche Neuschöpfung des Geistes abge- ]
schwächt. Das ist die zweite große Lehre, welche hier den heiligen ;
Geist- zur Erscheinung bringen läßt.
5. An diesem Höhepunkte religiöser Erkenntnis, den wir hier vor-
wegnehmen müssen, läßt es sich verstehen, daß der Geist, sowohl der
Gottes, wie der des Menschen, heiliger Geist genannt wird. Und
dies ist die dritte große Lehre, welche diese Verse offenbaren: der
heilige Geist ist ebenso genau der Geist des Menschen, wie der
Geist Gottes. Dieser heilige Geist des Menschen ist die Schutzwehr'
gegen die Übermacht der Sünde, gegen die Illusion, als könnte die |
Sünde den Begriff des Menschen verlöschen. Der Begriff des j
Menschen besteht in seinem Geiste, und dieser Geist ist heilig. !
Daher kann auch die Sünde den heiligen Geist des Menschen, den !
Begriff des Menschen nicht vernichten. s
Der Dichter fährt fort: ״Verwirf mich nicht vor Deinem An-
gesicht, und nimm Deinen heiligen Geist nicht von mir“. Ich habe_.
Deinen heiligen ״Geist.—Difi-Sünda^. kann... ihn, mir nicht vereiteln. \
Und Du kannst meiner Sünde wegen Deinen heiligen Geist nicht von
mir nehmen. Es ist nicht richtig, und es liegt die Differenz des
Monotheismus in diesem Irrtum, wenn K au tsch diesen heiligen Geist
als den ״Geist der Prophetie“ deutet; denn selbst der Geist über•
haupt wird von Gott nicht nur in das Volk gelegt, sondern auch
in das Individuum, und zwar in jeden Menschen, nicht nur in den
Propheten. Und was überhaupt vom Geiste gilt, das muß auch
gültig bleiben beim heiligen Geiste, der kein neuer ist, sondern
nur der alte Geist überhaupt, der Geist Gottes und der Geist des
Menschen.
6. Durch den Geist ist jeder Mensch zur Heiligkeit berufen; an
jeden Menschen ergeht das Gebot der Heiligkeit, und so will Gott
auch durch jeden Menschen geheiligt werden. Die Korrelation hat
120
an. Der heilige Geist aber, der die Verbindung des Menschen m itי
Gott so innerlich und in so eminenter Weise beweist, daß sie durch
keine Sünde abgebrochen werden kann, dieser heilige Geist gibt
dem Geiste des Menschen überhaupt erst seine wahrhafte Be-
•gründung, wie der Psalm dies ausdrückt. Die Schöpfung des
Geistes, als des heiligen, wird nunmehr als beständige Neuschöpfung
erkannt. Und da die Schöpfung selbst auch nur eine Form der
]Korrelation ist, so ist die S e lb sth e ilig i^ n^^ die notwendige Folge
dieser Schöpfung der Heiligkeit des Geistes. Der heilige Geist im
Menschen muß daher ebenso in der beständigen Neuschöpfung sich k
betätigen wie der heilige Geist in Gott, der ja auch auf die Korrc-
lation angewiesen ist.
9. Die Konsequenzen dieses heiligen Geistes der Korrelation von
Mensch und Gott erstrecken sich über das ganze Lehrgebiet des
Monotheismus. Wir wollen die Antizipationen hier nicht weiter-
führen. Nur der Wortlaut des Psalmverses fordert noch eine Berichti-
gung. Es steht nämlich nicht, weder hier, noch bei Jesaja, der heilige
Geist absolut. Er wird zwar nicht ausdrücklich als der Geist des
Menschen bezeichnet: David bezeichnet ihn nicht als seinen Geist,
aber er ruft ihn bei Gott an als ״dein heiliger Geist“. Hier möchte
nun vor allem eine allgemeine Korrektur am Platze sein.
Der heilige Geist ist überhaupt eine falsche Übersetzung. Die|
richtige müßte lauten: der Geist des Heiligtums oder der Heiligkeit.
So sagt nun der Psalmvers nicht: dein heiliger Geist-, sondern: dein
Geist der Heiligkeit, noch genauer vielleicht: der Geist deiner
Heiligkeit. Durch die Heiligkeit wird der Geist bestimmt; durch die
Heiligkeit des Geistes wird Gott bestimmt und, der Korrelation ge-
mäß, auch der Mensch.
10. Wie nun die Neuschöpfung die Befreiung von dem Charakter
der Sünde notwendig macht, so vollzieht "die Korrelation den Begriff
der Einzigkeit Gottes durch die A b w e n d u ng j e d e r Verm i t t l u n g ,
die sich in die Korrelation und ihre Wechselwirkung einschleichen
könnte. Wenn der heilige Geist in einer eigenen Person isoliert
würde, so wäre die Korrelation erledigt. Der heilige Geist kann
weder allein Gott, noch allein Mensch sein, noch aber etwa gar
Gott und Mensch zugleich, sondern er ist ein Attribut beider Be-
griffe, vielmehr der Verbindung beider. Der Geist ist nichts anderes
als das Verbindungsglied der Korrelation, und die Heiligkeit ist
erst recht nichts anderes als dieses Vollzugsmittel: ״wie könnte der
heilige Geist etwas anderes sein als diese Punktion, welche die
Korrelation bezeichnet?
Die Funktion hat nur eine logische Bedeutung, und zwar die
der Ve re in ig u n g. Aber die Vereinigung darf nur als Korrelation
I gedacht werden. Nur die Korrelation hält die Vereinigung in den
(Schranken der Abstraktion. Die Vereinigung ist keinerlei sachliche
Verbindung. Gott und Mensch müssen getrennt bleiben, sofern sie
vereinigt werden sollen.
Diese Voraussetzung des Getrenntbleibens beider zu vereinigenden
Elemente gilt für den logischen Begriff der Vereinigung überhaupt.
Ohne diese Bedingung wird die Vereinigung, wird das Denken über-
haupt materialisiert. Gott ist bedingt durch die Korrelation mit dem
Menschen. Und der Mensch ist bedingt durch die Korrelation mit
Gott. Der Höhepunkt dieser Korrelation wird erreicht im Begriffe
des heiligen Geistes. Aber auch für ihn muß Gott Gott bleiben,
und der Mensch Mensch, wenn anders der heilige Geist• ihnen ge-
meinsam sein soll; wenn er die Heiligung des Menschen dm*ch den
jQeist Gottes, und hinwiederum auch die Heiligung Gottes durch
den Geiste des Menschen wahrhaft bedeuten soll: wenn die Korre-
lation als Vereinigung im heiligen Geiste denkbar werden soll.
11. Der heilige Geist, als Vollzugsglied der Korrelation, bringt die
Einzigkeit Gottes in dieser Vereinigung zu neuer Evidenz; denn
die Vereinigung schließt cU ^ ^ er m i tt l u n g aus. Es läßt sich ge-
schichtlich verstehen, daß, sobald unter dem Einfluß des Platonis-
mus der strenge Gedanke der monotheistischen-.J[prrelaf.ion_zur Ent-
gleisung kam, der erste Schaden am heiligen Geiste angerichtet
werden konnte. Ist er doch eine so einsame biblische Erscheinung
und bringt er doch den Schein, die Illusion einer Vermittlung
herbei, deren Begriffe es an Prägnanz gebricht, -und die der Einzig-
keit zu widersprechen scheint.
Vom Christentum aus, wie vom Pantheismus und von der
;Mystik wird noch immer der Vorwurf gegen das Judentum erhoben,
)daß es keine Verbindung, von Mensch und Gott zulasse. Und dieser
Vorwurf schließt die Verdächtigung einer Kulturhemmung durch das
Judentum ein. Dahingegen haben wir die Verbindung vielmehr
als V er ei n i g u n g in logischer Strenge zu erkennen, nicht aber in
Weise der Vorstellung als vage Verbindung. Diese Mission voll-
!zieht im jüdischen Monotheismus der!heilige Geist, und in dieser
!Mission:begreifen wir seine nur einmalige Erscheinung in der Bibel.
12. Denn diese einzige Erscheinung im Psalm vollzieht seine B e-
g re n z u n g auf die S ittlic h k e it. Und so ergibt sich hieraus der
Vorzug der monotheistischen Korrelation, als Vereinigung, durch den
heiligen Geist vor allem Pantheismus. Denn der heilige Geist
begrenzt dasjenige Gebiet des Geistes, welches Gott und Mensch^
"verbindet, auf die Heiligkeit. Und durch diese־BegrMzung'in ihrer
Tiusschließlichkeit wird die Heiligkeit zur Sittlichkeit. Die Ethik,
des kritischen Idealismus hat diese Bestimmtheit klargestellt, indem
sie zuvörderst den Unterschied festlegte zwischen der Gewißheit der/
wissenschaftlichen Erkenntnis und der der Ethik. j
K ant hat durch diese Unterscheidung die Wahrhaftigkeit der
ethischen Erkenntnis begründet, während D escartes noch innerhalb־
der mittelalterlichen Denkweise steht, welche die Vernunft gleich-
wertig annimmt für die sittlichen, wie für die logischen Probleme־
der Erkenntnis. Der kritische Idealismus vollendet in dieser seiner
systematischen Disposition den G lau b en sg ed an k en der Reformation
nach ihrer geschichtlichen Tendenz. Das Judentum vollzieht durch
den heiligen Geist diese grundehrliche Tendenz, durch welche sie־
den Pantheismus niederschlägt, während der -Mißbrauch des heiligen
Geistes ihn hervorruft.
Der P an th e ism u s stellt sich durch die Ignorierung oder Be־־־
streitung dieser kritischen Grundeinsischt in einen unausgleichbaren•
Widerspruch nicht allein zur Ethik, sondern überhaupt zur wissen-
schaftliehen Philosophie, die keinen rechten Anfang nehmen kann-T
wenn er nicht in dieser Unterscheidung genommen wird. Und auf
diesem Mangel beruht auch das Mißverhältnis des Pantheismus zur
Religion. Der Pantheismus gebraucht den heiligen Geist für alle
Erkenntnis schlechthin; das Judentum hingegen schränkt seine Be-
deutung auf die Sittlichkeit ein.
Das Judentum philosophiert nicht in seinen biblischen Quellen,,
aber die prinzipielle Logik des Monotheismus führt ihre Konse-
quenzen über die biblischen Grenzen hinaus durch. Wie das
Heilige durch die Satzungen und Rechte tatsächlich zum Sittlichen־
wird, so auch prägt sich der heilige Geist in der späteren Geschichte}
immer bestimmter zum sittlichen Geiste, zur sittlichen Vernunft!
aus. Und der Vorzug, der ihm vor allen Eigenschaften des Geistes[
gegeben wird, läßt den Keim des Gedankens erkennen, den Kant
mit dem ״Primat der praktischen Vernunft“ ausdrückt. Der heilige
Geist bleibt nicht ״der Gott der Geister alles Fleisches“. Hierin
V2i
liegt noch die Indifferenz des theoretischen und des sittlichen Geistes.
Der heilige Geist determiniert den Geist durch das Heilige. So mußte
.:zwar der heilige Geist endlich zur Erscheinung kommen: aber es
wird so auch begreiflich; daß er nur an dom Problem der Sünde und
auch nur in der Lyrik des Psalms zur Entdeckung kommen konnte.
13. Und diese Mitwirkung der Lyrik bei der Entdeckung des
heiligen Geistes erweist wiederum die tiefgehende Konsequenz des
Prinzips. Der Mensch soll durch den heiligen Geist in seiner
letzten Tiefe ergründet und begründet werden, der Mensch in seiner
[ Korrelation mit Gott, der Mensch, entsprechend der Einzigkeit Gottes,
| der Mensch selbst als Einheit, als Individuum.
' Wir können hier wiederum die Antizipation nicht vermeiden,
die auf den Gehalt des Problems hinausweist, der im In d iv id u u m
besteht. Auch hier weitet sich wieder die Kluft, welche den Mono
theismus vom Pantheismus scheidet. Der Mensch; als heiliger Geist
wird er zum Individuum. Nicht der Geist macht den Menschen
zum Individuum, sondern der heilige Geist allein. Nicht die in-
differente' Vernunft, die auf das Wahre geht, wie auf das Gute —
so denkt in seiner besten Tendenz der Pantheismus. Der Mono-
theismus dagegen, in seinem dunklen Drange der Spur der Ethik
folgend. bescheidet sich vor dieser Gleichung, indem er das ab-
sonderliche Stück Welt der menschlichen Erkenntnis ahnt, indem er
über an der sittlichen Erkenntnis keine Schranken zugestehen will.
Als heiliger Geist muß er wissen, was das Heilige ist. Und selbst
die Heiligkeit Gottes kann gegen seine eigene Kompetenz der Heilig-
keit keinen Einspruch begründen.
Diese Demut der Grenzerkenntnis, die zugleich der höchste
;Stolz des Menschen ist, ahnt der griechische Geist wohl in der
Idee des G uten, aber diese wird ihm selbst zum Gotte, und so
entfällt ihm das korrekte Glied zum heiligen Menschengeist. Er
muß daher eine Vefmittlüng suchen, weil die Vereinigung ihm
-entgeht. Und es war das Verhängnis des Monotheismus, daß der
Jude Philo mit seinem Logos Platon gefolgt ist, den er nur logisch
zu verstehen glaubte, während er gerade hier die Selbständigkeit des
Monotheismus hätte behaupten sollen. Aber Philo war nicht der
einzige Jude, der mehr oder weniger ausdrücklich von den Zaubern
Jes Pantheismus und des halb verstandenen Platonismus bestrickt wurde,
sondern bis tief ins Mittelalter hinein rangen die frömmsten jüdischen
*Geister, sehr charakteristischerweise gerade religiöse Dichter, wie
1*25
\
zur Identität verschrumpfen. Dies ergibt die Krankheit des Panthe־״
ismus. Das Göttliche ragt theoretisch, wie praktisch, über das Mensch-
liehe hinaus. Aber am Göttlichen läßt sich das Heilige aiiszeichnen.
Dieses darf nur nicht unterschiedslos auf alle Kompetenzen.
Gottes erstreckt werden, und daher erst recht nicht auf alle An-
liegen, geschweige Befugnisse des Menschen. Darin besteht der
Wert des heiligen Geistes, daß er diese Eindeutigkeit im Begriffe
[der Heiligkeit an den Tag bringt. Die Heiligkeit ist durchaus nur
1Sittlichkeit. Und auch bei Gott hat sie nur diejenige Bedeutung der
Sittlichkeit, welche die Korrelation mit dem Menschen erfordert.
Was sonst die Heiligkeit bei Gott bedeuten mag, das gehört buch-
stäblieh in das Kapitel der negativen Attribute.
18. Ihr bildet euch ein, Gott hieße darum der Heilige, weil er
in einem unergründlichen Dunkel dem Menschengeiste verborgen wäre.
Gegen diesen Wahn der Mystik hat Jesaja, der den Gedanken der
Heiligkeit zu seinem Grundthema gemacht hat, den Satz geprägt:
״Und der heilige Gott wird geheiligt durch Gerechtigkeit“ ( •נקדש
בצדקה£es. 5,16). Nicht durch die Geheimnisse seines Wesens wird
Gott als Heiliger bestimmt. Er wird überhaupt nicht durch Erkenntnis
jzum heiligen Gotte, sondern allein die Heiligung, die Handlung,,
(welche der Mensch zu vollziehen hat, bewirkt seine Heiligkeit.
Diesen Zusammenhang von der heiligenden Handlung des Menschen
mit der Heiligkeit bei Gott selbst, nicht ausschließlich beim Menschen,,
wird der Prophet nicht müde aufs nachdrücklichste einzuschärfen. ״Und
ich werde geheiligt inmitten der Israeliten (3. M. 22, 32). ״Ihr sollt
mich heiligen“. ״Ihn sollt ihr heiligen“ (Jes. 8, 13). Die Korrelation
fordert es, daß sein Wesen der Heiligkeit bedingt ist durch die
Heiligung, welche der Mensch an Gott dadurch vollführen kann,,
daß er sie an sich selbst zu vollziehen hat. ״Und ihr sollt selbst
euch heiligen, und ihr werdet heilig sein (3. M. 11, 44). Der heilige
Geist wird im Menschen lebendig, insofern dieser sich selbst heiligt.
Und in dieser Selbstheiligung vollzieht er die Heiligung Gottes.
Denn was sollte sonst die Heiligkeit bei Gott bedeuten, wenn sie
nicht das Urbild wäre für die Handlung des Menschen?
19. Bildet euch aber ebensowenig ein, ihr könntet, ihr solltet zu
Heiligen dadurch werden, daß ihr das Geheimnis der Gottheit durch-
dränget und selbst faktisch, und das heißt eben nicht aktual,
sondern in einer naturartigen Tatsächlichkeit an der Gottheit teil-
nehmen, teilgewinnen könntet, wenn ihr zu Heiligen würdet. Gegen
129
diesen Wahn richtet sich der Satz: ״Ich, ■der־Ewige bin es, der
euch heiligt“ (2. M. 31, 13, 3 M. 20, 8, 21, 8J, Gegen die Über-
stiegenheit der ]Vtystik und der Heiligen-Askese richtet sich, dieser
Satz. Mit aller Selbsheiligung allein erreicht der Mensch doch
nimmermehr das Ideal der Heiligkeit.
Und dieses höchste menschliche Ideal wird zu einer falschen Vor-
Spiegelung und einer falschen Zielscheibe, wenn der Mensch selbst mit
Verletzung der Korrelation die Heiligkeit sich zuschreibt. Die Heilig-
keit ist kein Höhenstand weder der Erkenntnis, noch auch der Tat,
sondern sie ist nur die Aufgabe und das Ideal der Handlung, D u |
willst die Heiligkeit anstreben: beweise es durch deine demütigeI
Selbstbeschränkung auf deine reine menschliche Handlung. Diese aber $
kann nie vollendet sein, kann nur in der Schwebe der Aufgabe ver-
harren. Du willst deine Heiligkeit durch eine höhere Einsicht be-
weisen. Du beweist mit deinem Anspruch nur, daß du den Weg gar
nicht erkannt hast, auf den die Heiligkeit hingewiesen ist. Du willst
deine Heiligkeit beweisen durch eine Vollendung, die du deinem gesamten
menschlichen Tun verliehen habest: du beweist mit dieser Einbildung
nur. daß du das ganze menschliche Tun, das Problem der mensch^
liehen Handlung nicht als die u n en d lich e Aufgabe begriffen hast, als
welche sie durch die Korrelation von Gott und Mensch bestimmt wird.
Was anderes könnte denn im letzten Grunde diese Vergleichung,
die sonst verboten ist, zu bedeuten haben, als daß der Mensch in
all seinem Streben an sie, an Gott gebunden bleibt? Diese Gebunden-
heit des menschlichen Wesens bedeutet zugleich aber die Begrenzt-
heit seiner Handlung nicht minder als die seiner Erkenntnis. Und der
heilige Geist sollte den Menschen von dieser Grundbedingtheit, welche
die Grundlehre der Beligion ist, freimachen? Er sollte heiliger
werden können in dem Sinne, daß er das Menschenmaß überflöge,
daß er der Gottheit sich faktisch annähern dürfte, während diese
Annäherung, vielmehr die Durchführung der Korrelation mit Gott
nur seine ewige Aufgabe, nur sein ewiges Ziel bildet. Die Heilig- \
keit des Menschen besteht in der Selbstheiligung, die aber keinen S
Abschluß haben, mithin keinen dauernden Buhezustand bedeuten /
kann, sondern nur ein unendliches Streben und Werden.
20. Es ist nur die Verkennung der Wechselwirkung, die zwischen
dem Heiligen und dem Geiste besteht, welche bei Gott, wie beim
Menschen, den Irrtum einer Isolierung des heiligen Geistes verschuldet.
Ebensowenig, wie Gott eine^Assistenz des heiligen Geistes verträgt,
9
130
und das Reisen ist unter den Menschen und Völkern immer Brauch ]
gewesen, dadurch ist der Zuwanderer zum G astfreu n d geworden.
Die Humanität der griechischen Götterlehre bezeugt sich darin, daß
der oberste Gott Zeus zum Gotte der Gastfreundschaft {Zevg §äv10g)
gemacht wird. Und dem Gastfreunde muß Treue bewahrt werden,
im Kriege, wie im Frieden. Als sich Diomed und Glaukos in-
mitten des Kampfes als Gastfreunde erkennen, da hören sie zwar
nicht auf, miteinander zu kämpfen, aber das ritterliche Gefühl der
Gastfreundschaft veranlaßt sie, ihre Waffen zu tauschen, wobei
freilich die Ritterlichkeit der Gastfreundschaft den Betrug nicht ab-
wendet. In diesem Musterbeispiel antiker Sentimentalität entlarvt
sich zugleich die sittliche Indifferenz, mit welcher der Begriff des
Gastfreunds behaftet bleibt. Der Gastfreund ist noch lange nicht
der F re m d lin g ,, in^.dem positiven Sinne, der in ihm zur Entfaltung
kommt.
8. Die sittlichen Kräfte, welche durch alle Vertretungsbegriffe
des Mitmenschen entbunden werden, können erst in der Zusammen-
Wirkung aller ihrer gegensätzlichen Motive und ihrer Schlichtungs-
begriffe zur Darstellung kommen. Aber wir müssen zunächst aus
dem Gesichtspunkte des Monotheismus, sowie aus d^n ihm ent-
sprechenden der Schöpfung und der Offenbarung, wie andererseits auch
des Menschen, als des heiligen Geistes, die biblischen Urkunden
auf diesen Gegensatz hin ansehen. Und da tritt uns zuert N oah
entgegen, der nicht mehr Adam und noch nichL Abraham ״ist., Be-
grifflich steht daher das wundersame Begriffsgebild des Noachiden,
des Sohnes Noahs ( ) בן נחals Schlichtungsbegriff viel höher als der
des Fremdlings; aber der letztere entsteht in den ersten Anfängen
des biblischen Monotheismus, während der erstere zuerst vom Rab-
binismus als bedeutsame Konsequenz des Monotheismus erdacht wird.
Die Bedeutung des Noachiden für den Monotheismus liegt
schon in der Umdeutung, welche die Urkunde der babilonischen
Flutsage zuerteilt hat. Noah wird zum Symbol des Menschen-
geschlechts, dessen Erhaltung Gott sich zur Aufgabe setzt. Er
schließt einen Bund mit Noah, daß keine Sintflut mehr kommen
soll, alles Lebendige zu vernichten. Gott schließt daher den Bund
mit den Lebewesen überhaupt und insbesondere mit der Menschen-
seele. Und die Natur wird gleichsam zum Zeugen für diesen Bund
eingesetzt im Regenbogen, der am Himmelszelt erscheint. Gott
setzt sich somit in eine unaufhörliche, in eine begriffliche Korre-
lation mit der Natur und mit dem Menschengeschlecht in ihr, mit
*dem Menschen, als Mitmenschen. >
Während die Erzählung mit dem Satze beginnt: ״Und es sprach
Gott zu Noah: das Ende alles Fleisches ist gekommen vor mich,
denn voll ist die Erde der Gewalttat von ihnen, und siehe, ich will
sie vertilgen mit der Erde“ (1 M. 2, 9), oder wie es später heißt:
״und siehe ich bringe die Sintflut über die Erde, zu verderben
alles Fleisch, in dem der Geist des Lebens ist, unterhalb des
Himmels, alles was auf der Erde, soll verschwinden (ib. 17), so
folgt doch unmittelbar der Satz: ״und ich will errichten meinen
Bund mit dir, und du sollst eingehen in die Arche, du und deine
Kinder und deine Frau und die Frauen deiner Kinder mit dir“.
So ist durch diese Ausnahme an Noah und seiner Familie die an-
gekündigte Absicht sogleich vereitelt, und die Korrektur der ganzen
Sage durch die Selbstberichtigung dieser Absicht eingeleitet und aus-
gesprochen. Auch die ausdrückliche Begründung fehlt nicht: ״denn
dich habe ich ersehen als gerecht vor mir in diesem Zeitalter“
(7, 1). Die Gerechtigkeit ist also dennoch nicht gänzlich ver-
schwunden unter den Menschen, und sie muß erhalten werden im
Menschen. Das Menschengeschlecht kann daher nicht vertilgt
werden.
9. Der Ausdruck dürfte einzig sein, in welchem Gott seine Abkehr
von der Sintflut kundtut: ״und es sprach der Ewige zu seinem
Herzen: ich will nicht fortfahren zu verfluchen ferner die Erde um-
willen des Menschen, denn das Gebilde des Menschenherzens“
(Jezer heißt nicht Trieb, sondern das Geschöpf des Triebes) ״ist
bös von seiner Jugend her, und ich will nicht fortfahren ferner zu
schlagen alles Lebendige“ (8, 21). Und so segnet Gott den Noah
und seine Kinder, indem er ihnen zugleich den Blutgenuß im
Fleische verbietet, und daran den Ausspruch knüpft. ״Jedoch euer
Blut in euren Seelen werde ich fordern, von der Hand jedes
Lebendigen werde ich es fordern und von der Hand des Menschen,
von der Hand eines Mannes, der sein Bruder ist, werde ich fordern
die Seele (das Leben) des Menschen. Wer das Blut des Menschen
vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden,
denn im Bilde Gottes hat er gemacht den Menschen“ (9, 4 ^ג. Es
ist, als ob zur Verhinderung des Mordes auch der Blutgenuß im
Tierfleisch verboten würde. Und nur der Mensch wird hier genannt,
das Ebenbild Gottes und einer als der Bruder des Anderen. So ist
137
denn schon nach diesem Bunde Gottes mit Noah jeder Mensch der
Bruder des änderen.
10. Und in diesem Zusammenhänge ist der Bund zu verstehen,
den Gott mit Noah errichtet: ״und es soll nicht mehr vertilgt
werden alles Fleisch durch eine Sintflut und es soll nicht ferner
*eine Sintflut sein, zu verderben die Erde“ (11). Und so wird der
־Regenbogen zum Bundeszeichen eingesetzt zwischen Gott und der
Erde, zwischen Gott und jeder lebendigen Seele in allem Fleische,
und zwar zu einem ״ewigen Bunde“ ״für ewige Geschlechter“
(17. 12). Es ist eine natürliche Konsequenz. welche der Talmud in
der Schaffung des wundersamen Begriffs des ״Sohnes Noahs“ aus
diesem Bunde zwischen Gott durch Vermittlung Noahs mit dem
Menschen zieht.
Auf Noah folgt Abraham in der Vorgeschichte des Monotheis-
mus. Auch mit ihm schließt Gott einen ״ewigen Bund“ für seine
Nachkommen und deren Besitznahme vom Lande Kanaan. Bedeut-
sam ist es aber schon, daß die Engel, die der Sarah den Sohn ver-
künden, nach der Erledigung dieses Auftrags angehalten werden,
den Untergang Sodoms Abraham nicht zu verheimlichen. ״Sollte ich
verbergen vor Abraham, was ich tue? Und Abraham wird ja werden
zu einem großen und mächtigen Volke, und es werden gesegnet
werden durch ihn alle Völker der Erde“ (18, 18). Es fehlt nicht
an der Begründung für den Segen dieser Nachkommenschaft: ״sie
werden wahren den Weg des Ewigen, zu tun Gerechtigkeit und
Hecht“ (19).
Und jetzt kommt die Episode von Sodom, die durch den Dialog
Abrahams mit Gott eingeleitet wird. Die Engel waren schon fortr
gegangen, da trat Abraham vor Gott heran, ״und er sprach:
willst du auch ausrotten den Gerechten mit dem Frevler?“ (23).
״Fern sei es von dir, zu tun in solcher Weise, zu töten den
Gerechten mit dem Bösen, und das wäre der Gerechte wie der
Böse, fern sei von dir, ‘ dem Richter der ganzen Erde, daß er nicht
täte das Hecht“ (25). Schon hier tritt wieder mit der ganzen Erde
Gott in Verhältnis, und zwar nicht nur als ihr Erhalter, wie bei
Noah, sondern als ihr R ichter. Und als solcher läßt er Schonung
ergehen für die ganze Stadt, wenn 50, oder 45, oder 40, oder 30,
oder 20, oder endlich auch nur 10 Gerechte darin sich finden.
So wird denn der Segen, den Abraham für ״alle Völker der
Erde“ bringen soll ^ auf Recht und Gerechtigkeit gegründet. Und
138
die Verheißung für das große Volk, deren Vater Abraham werden
soll, wird verknüpft mit dem Segen für ;,alle Familien des Erd-
bodens“ (Familien !). Auch durch diese Verbindung des Volkes bei der
Verheißung seiner Entstehung mit allen Völkern der Erde wird der
Mitmensch vorbereitet.
11. Es ist daher kein müßiger Streit im Talmud zwischen R. Akiba
und Ben Asai über den eigentlichen Vers, der die Menschenliebe
einführt. Akiba sagt ״Du sollst lieben deinen Anderen (Rea), er
ist wie du. Dies ist ein großer Inbegriff in der Thora“. Ben Asai
sagt: ״Dies ist das Buch der Entstehungen des Menschen (5. 1).
Dies ist ein größerer Inbegriff , als jener (Jerusch ned. P. 9). Man
bedenke den .Nachsatz: ״Am Tage, da Gott den Menschen schuf,
in der Ähnlichkeit Gottes hat er ihn gemacht“. Welche Be-
gründung hat den Vorzug? Etwa die erste, die die Gleichheit von
Mensch und Mensch hervorhebt? Die den Menschen zum anderen,
mithin zum Mitmenschen macht? Oder die, welche den Menschen
zum Ebenbilde Gottes, als Geschöpf Gottes, macht? Offenbar hat
'Ben Asai Recht.
Man sieht-, wie nur aus Befangenheit verständlich die Miß-
deutung wird, welche durchaus den Anderen nur als Volksgenossen
anerkennen will. Abgesehen davon, daß es sinnlos ist, zu sagen;
liebe deinen Volksgenossen, wie dich selbst, wenn doch die Menschen-
liebe noch gar nicht entdeckt ist — entweder- ist der Nationalsinn
schon so erstarkt, daß in dem Volksgenossen mein Blut und mein
Ebenbild gefühlt wird, dann aber ist das Gebot überflüssig; oder
es soll erst auch das Nationalgefühl gelehrt werden, dann aber
wird die Steigerung ״wie dich selbst“ oder gar: er ist wie du, nur
dann verständlich, wenn der Volksgenosse schon durch den Begriff
des Menschen hindurehgegangen ist. Die Gleichheit der Volks-
genossen beruht schlechterdings auf der Gleichheit der Menschen;
sonst ist der Volksgenosse mein Nachbar, mit dem ich Streit habe,
oder der Arme, der den Reichen haßt, von dem er bedrückt wird.
Der sittliche Begriff des Volksgenossen hat zu seiner unerläßlichen
Voraussetzung den allgemeinen Menschenbegriff.
Diese allgemeine Voraussetzung ist es, auf die sich Ben Asai
beruft. Und daher wird es sinnlos, in jenem anderen Satze nur
den Volksgenossen zu wittern. Die ganze Thora von der Schöpfung
des Menschen an widerlegt diese widerwärtige Ansicht. Von Gottes
Schöpfung des Menschen ist die Menschenliebe abhängig, nicht von
meinem subjektiven Gefühl, mit: dem ich mich liebe, oder einen
anderen liebe. ״Dieses ist das Buch der Entstehungen des Menschen:
Gott hat ihn in seiner Ähnlichkeit geschaffen“. Auf diesem
Grundsätze beruht die Geschichte des Menschen. Im Monotheismus
liegt der Ursprung für die Geschichte des Menschen. Und der{
Monotheismus selbst verhütet jede innerliche Scheidewand zwischen |
seinem Bekenner und allen Nichtbekennern. Der Israelit ist früher I
ein Sohn Noahs als ein Sohn Abrahams. Und auch als Sohn
Abrahams ist sein Segen bedingt durch den Segen für alle Völker
der Erde. Aber noch bevor er ein Sohn Abrahams und ein Sohn
Noahs, ist der Israelit gleich jedem Menschen, das Geschöpf Gottes!
in seinem Bilde. 1
1*2. Gehen wir jetzt über zur Betrachtung der politischen Antinomie״
zwischen Israel und dem A u slän d er. Wir waren schon auf die
Notlage gestoßen, welche ftii: die Humanität in der Mission des
Monotheismus gelegen ist, insofern diese die Ausrottung des
Polytheismus forderte, welche hinwiederum die Ausrottung der
götzendienerischen Völkerschaften in sich enthielt. , Diese Anomalie
kann nur aus. dem geschichtlichen Gedanken heraus aufgelöst
werden. Der Vernunftanteil der Religion zieht sich hier zurück!
auf die Logik der Tatsachen, die vor der reinen Ethik nicht be ־i
stehen kann. Darf man indessen fragen, warum Gott es nicht
anders eingerichtet, nicht anders geboten habe? Die Theodicee wird
an dieser Frage zum Widersinn. Wir müssen daher von dieser
Anomalie schlechterdings absehen und trotz ihrem Widerspruch die
Schlichtung versuchen.
Wenngleich die Götzendiener bekämpft werden müssen, übrigens
nicht minder im eigenen Volke, als bei den fremden Völkern, so
heißt es doch: ״Du sollst nicht verabscheuen den Edomiter, denn
er ist dein Bruder“ (5. M. *23, 8). Dies ist einer der goldenen Sätze
für die Menschenliebe: der Edomiter, dieser Feind Israels, wird
Bruder genannt. Also nicht allein der Israelit ist Bruder, sondern
selbst der feindliche Götzendiener wird so genannt. Da ist es denn
kein Wunder, daß dasselbe Verbot auch auf den Ägypter erstreckt
wird: ״Du darfst nicht verabscheuen den Ägypter“ () לא וזתעב מצרי.
Und an die. vierhundertjährige Sklaverei dort wird nicht gedacht,
.dafür aber eingeschärft: ״denn ein Fremdling warst du in seinem
Lande“. Der Fremdling wird nicht als der Sklave gedacht, sondern
wie ein Gastfreund, der die Pietät der Gastfreundschaft fordert.
140
(2. M. 21, 26. 27). Das also enthüllt sieh schon hier uns als der
Sinn jener juristischen Abbreviatur: daß durch Verletzung des
Auges oder auch nur des Zahnes am Sklaven dieser schon frei
’wird. Wieviel mehr muß dieser Sinn sich beim freien Israeliten
bewähren. Daß das Gesetz aber auch auf den Fremdling Bezug
hat, ergibt sich ja schon daraus, daß der Israelit für seine Schuld
an den Fremdling auch verkauft werden kann (3. M. 25, 47). Bis
.zu dieser Konsequenz geht die Rechtsgleichheit, daß der Israelit Sklave
werden kann bei dem Fremdling.
22. Aus diesen Begriffen des Zivilrechts erklärt sich zunächst auch
die Öffnung der F r e is tä d te auch für den Fremdling. ״Den Israeliten
und dem Fremdling und Beisaß unter euch sollen diese sechs
Städte zur Zuflucht sein, daß dorthin fliehe jeder, der ein Leben
erschlagen in Versehen“ (4. M. 35, 15). Also auch die unvorsätz-
liehe Sünde des Totschlags, die S ch eg ag a soll ihm zugerechnet
werden. Da ist es nur schlichte Konsequenz, welche Jecheskel
zieht, daß auch bei der Verteilung des Landes dem Fremdling der
gleiche Anteil zufallen soll (Jecheskel, 47, 22). Bis auf die Grund-
rechte am Boden wird mithin die Gleichstellung durchgeführt.
23. Der politischen Gleichstellung entspricht die religiöse, und zwar
wird diese nur unter der Oberleitung der Toleranz ausgeführt.
Der Beschneidung wird der Fremdling nicht unterworfen und eben-
sowenig dem Verbote über den Genuß des Gefallenen (5. M. 14, 21).
Es ist daher aber wiederum charakteristisch, daß das Verbot des
Blutgenusses auch auf den Fremdling erstreckt wird. ״Denn das
Leben des Fleisches ist im Blute (3. M. 17, 11 ff). Und das Leben
ist ja sprachlich zugleich die Seele. Und die Seele soll zur Ver-
söhnung kommen. Daher wird das Blut nur für die Sühne am
Altar geweiht.
Es ist aber auch ohne diese Beziehung ein unmittelbarer
Zusammenhang erkennbar zwischen dem Blute und der .Blut-
vergießung, so daß die Aufnahme dieses Verbotes in den Moral-
kodex der Fremdlinge keine Befreiung für sie ist. Dagegen ist es
eine erstaunliche Oberflächlichkeit, daß die Ausnahme des Genusses
von Geiallenem weit und breit in der Literatur als ein Beweis ver-
kündet wird für die Ausnahmegesetzgebung vom Fremdling.
Wie Salomo in seiner Einweihungsrede des Tempels auch für
den Fremdling betet, so wird ihm auch das Opfer freigegeben
(4. M. 15, 14—16, 2. Kön, 14, 18; 1. Kön. 8, 4 1 - 43). So hat auch
10*
der Talmud die Konsequenz gezogen, für die 70 Völkerschaften
Opfer anzuordnen.
24. Endlich wird aus diesen grundrechtlichen Bestimmungen das
allgemeine Gebot der Liebe des Fremdlings verständlich. Die
Verse 17, 18 im Kapitel 19 des dritten Buches Mose, welche die
sogenannte Nächstenliebe offenbaren, werden erläutert durch die
Verse 33, 34 desselben Kapitels ״Und wenn bei dir weilt ein•
Fremdling in eurem Lande, so sollt ihr ihn nicht bedrücken; wie
ein Eingeborener sei er euch, der Fremdling, der bei euch weilt
und du sollst ihn lieben, er ist wie du. Denn Fremdlinge seid ihr
gewesen im Lande Ägypten. Ich bin der Ewige, euer Gott.“ Auch
hier wird durch den Schlußsatz ״ich bin der Ewige, euer Gott“ das
Gebot in Auszeichnung eingeschärft. ״Und den Fremdling sollst
du nicht bedrücken und nicht bedrängen, denn Fremdlinge seid ihr
gewesen im Lande Ägypten“ (2. M. 22, 20).
Endlich wird die Liebe durch das höchste Motiv begründet:
Gott liebt den Fremdling, ln der wunderbaren Apostrophe im
Deuteronomium heißt es von Gott: ״er* tut das Recht der Waise
und der Wittwe und er liebt den Fremdling, ihm zu geben Brot
und Gewand. Und ihr sollt lieben den Fremdling, denn Fremd-
finge seid ihr gewesen im Lande Ägypten“ (5. M. 10, 18, 19). Und
von diesem Gotte wird daher gesagt: ״er ist dein Rahm und er ist
dein Gott“ (ib. 20). Auch hier wird die nationale Geschichte zur
Unterlage genommen für die Liebe des Fremdlings, welche die•
ebenso psychologische, wie sachliche, Grundlage ist für die Liebe1
des Mitmenschen.
25־. Denn das geschichtliche Verhältnis des Monotheismus ist
bedingt durch das richtige Verständnis der israelitischen Theokratie..
Die Entwicklung der Religion erfolgt im Zusammenhang mit der
des Staats. Dieser Zusammenhang kann allgemeine Nachteile un-
vermeidlich machen; in der primitiven Entwicklung dieser alten
Verhältnisse; jedoch sind zunächst die Vorzüge zu beachten, die״
daraus erfolgen, und die ihrerseits wiederum auch die Nachteile ab-
schwächen. Die Propheten bekämpfen die Priester, xiber wenn die
Priester Staatsdiener und daher auch Staatsherrscher sind, so sind
auch die Propheten Politiker, und sie können nicht anders die
Religion entwickeln als dadurch, daß sie an den Konflikten in
Staat und Gesellschaft Anteil nehmen. Wenn anders daher ihre
Religion ihren Vernunftanteil an der Sittenlehre behaupten und durch-
1u>
führen soll, so muß diese mit ihrer Politik und mit ihrer Auffassu ng
tler sozialen Frage innerlichst verwachsen sein. Nicht ausschließlic h
.kann daher der Fremdling die Ursprungsstelle sein für den Mit
mensehen, sondern auch hei den Inländern, bei den Eingeborenen
müssen die rechtlichen und demgemäß die politischen Verhältnisse
‘den Eingriff der Propheten hervorgeruien haben.
Die soziale Unterscheidung von arm und reich bildet die״
.-schwerste Frage an den Begriff des Menschen; an die Einheit und
■Gleichheit der Menschen. Der Nebenmensch wird unvermeidlich
zu einem Gegenmensch, denn die soziale Differenzierung erscheint
nicht als eine Gliederung und Nebenordnung, sondern als Unter-
•Ordnung, Unterwerfung, so daß dawider das Problem des Mit-
menschen sich erheben muß. Mehr noch als beim Fremden stellt
,-das eigene Land und Volk diese Frage des Menschen an jedermann,
mithin des Mitmenschen mit jedermann.
Gott, der •Einzige, als der einzige־Schöpfer aller Menschen —
wie kann er nur diese tiefe Ungleichheit unter den Menschen ver-
.antworten? Diese Frage ist sicherlich früh entstanden, aber die
Schwierigkeit des ökonomischen Problems hat sie .immer zurück-
.gedrängt. Noch im Deuteronomium stehen die beiden Sätze neben
•einander, deren einer die negative Forderung erhebt, während der
.andere gegen den Utopismus die hergebrachte Erfahrung vertritt. Der
eine lautet: ״daß nur ja nicht ein Dürftiger unter dir sei“ (15,4).
Der andere aber: ״denn es wird nicht auf hören der Dürftige in-
mitten des Landes“ (15,11). Die Forderung wird in ihrer Strenge
nicht abgeschwächt durch die vermeintliche Erfahrung. Denn wenn
«diese Recht hätte, so bliebe doch die Ermahnung im Rechte, daß
der Dürftige durchaus nicht vorhanden sein.. sollte. Diese Kor-
rektur der Gesellschaft und ihrer Geschichte fordert der einzige Gott.
26. Wie kann Gott._ab.er diese klaffende Differenz zulassen ? Darauf
gibt sich das religiöse Bewußtsein eine Antwort,, deren Schattierungen
.den Stufen in seiner eigenen Entwicklung entsprechen.
Die Differenz von arm■ und reich ist nicht die einzige unter
׳den Menschen. Und auch die Unterschiede,, welche in den geistigen,
wie in den ästhetischen Erscheinungen des Menschen sich , darstellen,
,sind nicht die hervorstechenden, noch die. welche die anstößigsten
.Zweifel an der Gerechtigkeit Gottes entstehen lassen. Denn der Mensch
ist ebenso.gern anerkennend, wie skeptisch. Und wenn er Mängel bei
sich selbst erkennt,, so freut er sich über die Vorzüge der anderen,
15Ö
die er gar leicht als Herren und Halbgötter zu verehren bereit ist..
Ein Mittelglied zwischen dem Geistigen und dem Ästhetischen ist
ja die Körperkraft und^ der Heldenmut, deren die Menschen un-
mittelbarer bedürftig sind als des geistigen Vorzugs, und deren
Hilfe ihrem Dasein einen positiveren Wert gibt als der ästhetische
Schimmer, der von ihnen ausstrahlt. Der primitive Mensch lebt
.von seinem Nomaden- und Jägerstande her in dem Zauber der
Kriege, daher ist ihm das Heroentum die erste Idealität des
Menschen. Und so kommt er über den Anstoß hinweg, den das
erwachende religiöse Bewußtsein an der ungleichen Verteilung der
menschlichen Lebenskräfte nehmen müßte.
Mit diesem Erwachen aber wird die Aufmerksamkeit rege für
den arideren Unterschied im Menschen. Kain erschlägt seinen.
Bruder. An einem Grunde läßt es die Bibel .ihm nicht fehlen:
Gott hatte sich dem Opfer Abels, aber nicht dem seinigen zu-
gewandt. War es unberechtigter Neid, oder entsprang das Gefühl
einer gerechten Anklage Gottes? Es ist, als ob die Bibel an dieser
eigentlich ersten Sünde lehren wollte, daß keinerlei, wie immer be-
rechtigt scheinender Einwand der Anlaß werden darf zum Neid..
Der Einwand geht auf Gott, der Neid aber auf den Menschen, viel-
mehr auf zwei Menschen: auf den anderen ebenso wie auf sich־
selbst. Und so entsteht an diesem schlichten Beispiel das Urbild!
aller sittlichen Konflikte. Fragen gegen die Vorsehung und das-
göttliche Regiment tauchen von allen Seiten auf, so daß das Ver-
hältnis zu Gott überall ein dunkles bleibt. Aus diesem Dunkel
\.
[aufkommen und sich nicht behaupten kann. Denn Wohl und Wehe
5hat nicht die vage Bedeutung eines subjektiven Wohl- oder Übel-
befindens; freilich diese Subjektivität haftet auch mehr oder weniger
allen körperlichen variablen und vorübergehenden Zuständen an..
Wenn dagegen Wohl oder Übel objektiviert wird durch die sozialen
Unterschiede von reich und arm, so wird ihnen gegenüber die Gleich- ,
gültigkeit zu einer Unwahrhaftigkeit und zu einer Frivolität, ja zu
feiner Grausamkeit. Daß diese Unterschiede nicht gleichgültige seien,,
j darüber darf kein Mensch im Zweifel sein. Aus dem-sozialen Ge-
j sichtspunkte wäre der Stoizismus eine Heuchelei oder eine unverzeih-
j liehe Unwissenheit.
•ן
von Mensch und Gott sucht sie den Menschen und findet Gott; sucht
sie Gott und findet den Menschen. Wie aber soll nun die Kor-
relation bei diesem großen Konflikte des Leidens einen Ausweg
finden lehren, der eine Lösung bringt?
±1־׳. Das Schuldbuch muß vernichtet werden; die soziale Einsicht
hat es vernichtet. Denn ganz abgesehen von der Antinomie zwischen
Individuum und Gesellschaft in der Schuldfrage, kann diese deshalb
hier nicht in Betracht kommen, weil die Entdeckung des Mit-
menschen dadurch verfehlt werden müßte. Ich soll den Neben-
menschen in den Mitmenschen verwandeln. Dazu aber kann der
Gedanke nicht verhelfen, daß das Leiden der Mehrheit ein Attribut
der Mehrheit wegen ihrer Schuld sei. Schon in der Tragödie darf
der Held kein Lump sein, sonst könnte ich mich sittlich für ihn
nicht interessieren. Wieviel weniger kann der Schuldgedanke be-
nutzbar werden für die Entdeckung des Mitmenschen aus dem
Leiden der Mehrheit heraus.
Wie werde ich aber mit der Gerechtigkeit Gottes fertig, wenn
ich ein solches Fazit aus der Weltgeschichte ziehen muß? Kommt
die Korrelation nicht in Unordnung, wenn ich weder Gerechtigkeit
und Sinn in der Vorsehung der Welt erkennen, noch andererseits
das soziale Leiden als Folge der Schuld betrachten kann?
42. Die Propheten führen hier einen geraden Weg, auf dem der
Monotheismus sich methodisch vom Polytheismus abscheidet. Der
letztere geht überall von den Göttern aus. Das mythische Bewußt-
sein hat diesen Ausgang genommen und bleibt bei ihm stehen. Von
den Göttern geht die mythische Phantasie über zu dem Kosmos•
und erst allmählich zu den Menschen, die es jedoch nur erst als
Helden kennt, und das heißt als Halbgötter. Die Religion dagegen
kümmert sich mehr um den Menschen als um Gott. Gottes Ge-
rechtigkeit wird schon in Ordnung kommen, aber Recht und
Ordnung unter den Menschen darf nicht die große Frage bleiben.
Diese Frage greift ans Herz. Vom Herzen muß die Reaktion aus-
gehen, die Gegenwirkung, nach der wir suchen, damit die Gemein-
schaft sich bilden, damit der Mitmensch entstehen kann. Die
Gegenwirkung muß ein Gegengefühl werden gegen das Leiden, das
selbst nicht nur Erkenntnis bleiben darf* sondern kraftvolles Gefühl
werden muß.
Daher muß das Leiden ganz ausschließlich das Bewußtsein
ausfüllen, wenn es richtig verstanden werden soll und zur richtigen
161
dieser Wille ist alles eher als Wille. Daher wird es durchaus ver-
stündlich, daß auch das Mitleid seiner unmittelbaren Gefühlskraft•
entblößt und als eine metaphysische Hellseherei entlarvt wird. Das
Mitleid soll mir nur die Offenbarung bringen, daß der andere viel-
m ehr ich selbst bin. Daher habe ich Mitleid mit ihm, vielmehr
nur mit mir selbst. Das Mitleid lüftet also den Schleier der Maja und
bringt das Geheimnis der Individualität, das principium individuationis
zur Enthüllung: ich bin immer nur ich selbst, und wieviel der
Menschen ich auch zu sehen glaube, so sind sie alle doch immer
nur ich selbst.
Die Erkenntnis freilich würde mich nicht zu dieser Wahrheit
bringen, wenn nicht im Ding an sich des Willens sie mir aufginge;,
wenn nicht das Mitleid, dieses Organ des Willens, sie mir ins Licht
stellte. So ist das Mitleid mehr als Erkenntnis, die nur Erscheinung
darstellt. Das Mitleid ist ein ]lote des Willens, mithin des Dings
an sich. Und dieses Ding an sich bedeutet die Identität alles־
dessen, was als Mensch erscheint. .
47. So verstanden, wird das Mitleid von Schopenhauer zu einem
Mittelbegriff für die metaphysische Erkenntnis des Menschen. Aber
der Unterschied von Metaphysik und Ethik wird gerade hier deutlich,,
und nicht minder auch der zwischen Metaphysik und Religion,
Auch diese metaphysische Charakteristik des Mitleids kann mir nicht
zur Entdeckung des Mitmenschen verhelfen. Denn dieser wird ja
gerade zu einer Illusion. Nur der Nebenmensch bleibt übrig für
die Mehrheit, aber freilich nur als Erscheinung, die in dieser Meta-
physik vom Schein nicht verschieden ist.
Das Ding an sich aber ist, als die Einheit, nicht einmal eigentlich die•
der Menschen, sondern die des Universums. Der Wille ist ja nicht
anders im Menschen vorhanden als im Steine, der nach der Schweiv
kraft fällt. Und Schopenhauer ist ganz in Übereinstimmung mit
Spinoza, nach dem auch der Stein sich Willensfreiheit zusprechen
würde, wenn er Bewußtsein hätte. Auch bei Schopenhauer kann ja
der Wille nur dadurch das An sich der Welt bedeuten, daß er aller
Erkenntnis und daher auch aller Erkenntnis der Sittlichkeit enthoben
ist. Wo jedoch die Sittlichkeit kein besonderes Problem bildet, das
von den logischen Wurzeln des Satzes vom Grunde zu unterscheiden
ist, da kann auch innerhalb des Dings an sich der Welt der Mit-
mensch nicht zum Problem werden. Da kann auch das Mitleid
nicht , zu einem Faktor des sittlichen Willens werden. ,
165
48. Und dies ist es, worauf es ankommt: das Mitleid muß der
Passivität der Reaktion entkleidet, es muß als volle ganze Aktivität
.zur Anerkennung gebracht werden. Der sittliche, der reine Wille ist be-
dingt durch den Faktor des Affektes. Der Affekt muß daher B ein-
11e it haben, von der Dualität und Zweideutigkeit des Leiblichen be
freit werden. Keine Aktivität ist niemals Reaktion, wenn diese nur einen
Endprozeß darstellt. Reaktion aber, als Wechselwirkung, steuert auf
ein Ziel hin. Dieses Ziel ist die Gemeinschaft, in der der Mit-
mensch entsteht. Eine solche Gegenwirkung, die Wechselwirkung
ist, leistet das Mitleid. Und das Mitleid erweist sich so als ein
Faktor des reinen Willens, als ein Hebel des sittlichen Bewußtseins,
־als eine Grundkraft des sittlichen Universums, welches der Mit-
*mensch aufschließt. Und diesen Schlüssel des Mitmenschen bildet
־das Mitleid.
49. Sittlichkeit und Religion grenzen ljier wiederum aneinander.
Diese Grenze ist keine Schranke. Der Vernunftanteil der Religion
zieht diese Grenze, die für ihn keine Schranke sein kann. Die
Ethik macht den Affekt nicht verächtlich, der für sie zwar nicht
ein Faktor, aber ein M otor des reinen Willens ist. So haben wir in
unserer ״Ethik des reinen Willens“ den Unterschied bestimmt. Und
wenn ich den Affekt von dem Schein einer bloßen indifferenten
Agilität unterschiedlich und in diesem Unterschiede genau kennt-
lieh machen soll, so könnte dazu am besten wohl der Affekt des
Mitleids dienen, als Urkraft des reinen Willens.
Alles metaphysische und ethische Mißverständnis des Mitleids geht
aus dem Irrtum hervor, daß das Mitleid nur reflexiv sei und nur von
mir selbst ausgehe und angetrieben werde. Dahingegen erkennen wir
hier den Zusammenhang des Mitleids mit dem Problem des Mitmenschen.
Das Mitleid ist demzufolge so wenig reflexiv auf das Selbst, daß
vielmehr der andere, der mich auf mein Selbst nur zurücktreiben
soll, bisher nur als Nebenmensch figuriert, als Mitmensch aber noch
gar nicht vorhanden ist, sondern erst durch das Mitleid erschaffeu
werden soll. Wie könnte das Mitleid daher eine Reflexion von ihm
auf mich zu bedeuten haben?
50. Es ist ja auch die Frage, die bisher noch gar nicht gestellt
ist: ob ich selbst überhaupt schon vorhanden bin, bevor der Mitmensch
entdeckt ist. Also auch der Endpunkt der Reflexion ist noch nicht
gegeben, geschweige der Anfangspunkt. Auch vom Ich aus erweist
*es sich sonach als Mißdeutung, daß das Mitleid nur eine mehr
166
die Korrelation von Mensch und Gott. Und diese Korrelation ist ver-
flochten mit der anderen zwischen Mensch und Mensch. Diese
erstere, die zwischen Gott und Mensch könnte nnr Theorie zu sein
scheinen; die andere aber, die zwischen Mensch und Mensch ist un-
mittelbare Praxis. Und der Mitmensch gehört ihr an. Daher darf
der Prophet durch kein Bedenken sich von der Frage abziehen
lassen: wie ist der Mitmensch zur Entstehung zu bringen durch
das Mitleid mit dem Armen?
Die Armut ist das allgemeine Leiden des Menschengeschlechts.
Das Mitleid muß ihm entgegenkommen, wenn anders der Mensch
endlich auch als Ich erstehen soll. Vor dieser sozialen Tatsache des
Menschenleids muß das menschliche Urgefühl des Mitleids ״auf-
flammen; man müßte sonst an dem Menschengefühl überhaupt ver-
zweifeln. Sollte der Prophet etwa das Menschengefühl unterdrücken,
weil der religiöse Gedanke der Schuld ihn zurückhielte? Der
Prophet würde nicht Religion erzeugen, wenn er in dieser Kollision
hängen bliebe.
53. Der Unterschied von Religion und Mythologie, von Monotheis-
mus und Polytheismus tritt hier wiederum in Klarheit hervor. Der Poly- t
theismus hat seinen Schwerpunkt immer im Mythos. Seine Zauber er- \
füllen den Geist des primitiven Menschen viel mächtiger, als sein Herz j
vom Leiden ergriffen und daher zum Mitleid erregt werden kann, j
Auch die Tragödie, wie sie aus dem Mythos herauswächst, ist und \
bleibt im Grunde ein Produkt des Polytheismus.
Vielleicht erklärt sich daher auch das Fehlen des Dramas in
Israel aus der Einseitigkeit seines Monotheismus. Das Leiden soll
durchaus wahrhaftig zur Lösung kommen und nicht nur im illu־
sorischen Gefühl des Zuschauers. Der Prophet wird zum Ethiker
der Praxis, zum Politiker und Juristen, weil er durchaus dem Leiden
der Armen den Garaus machen will. Und es ist ihm nicht genug,
sich in die genannten mehrfachen Berufe zu verwandeln, sondern er
muß auch noch zum Psychologen werden: er muß das Mitleid zum
Urgefühl des Menschen machen, im Mitleid gleichsam den Menschen
erfinden, den Mitmenschen und den M enschen überhaupt.
Kapitel IX.
Das Problem der religiösen Liebe.
1. Man hält gewöhnlich dasjenige für selbstverständlich, was das
eigentlich Neue ist. Wie mit den Wundern, so geht es auch mit
den1Selbstverständlichkeiten in der Literatur. Die L iebe in der
Religion gilt als eine solche Selbstverständlichkeit. Indessen ist es
weder an sich klar, noch psychologisch vermittelt, was die Liebe bei
Gott bedeutet, weder die von Gott, noch die zu Gott. Und so ist
es auch ebensowenig selbstverständlich, wie literarisch vermittelt,
was die sogenannte Nächstenliebe fordert. In der Erfahrung, wie
in der Literatur, ist die Bedeutung der Liebe nur bekannt als
Oeschlechtsliebe. Und an der Degeneration derselben in der Knaben-
liebe, bringt P la to n die Bedeutung des E ros zu einer um-
fassenden Bedeutsamkeit für die Kultur. Aber die Menschenliebe,
als solche, fehlt auch in dieser weiten Verzweigung des Eros.
Nichts ist charakteristischer für die innerliche Differenz zwischen
der ethischen Sittlichkeit des Idealismus selbst und dem Monotheismus.
2. Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß die Religion Anteil
hat an der Vernunft, so wird er hier geleistet. Was der Vernunft
in der Ethik nicht 'gelingt, die allgemeine Menschenliebe, das bringt
sie in der Religion zu stände. Sie läßt Gott den Menschen lieben,ז
während der Polytheismus Gott nur die Helden lieben läßt-, nur diese,
die zugleich die Göttersöhne sind, als ״Gottgeliebtft (DeocpiArjg)
bezeichnet.
Und so fordert der Polytheismus auch von den Menschen die Liebe zu
Gott nicht, die ein ganz neuer Gedanke ist, der in der ganzen Mytho-
logie nicht vorkommt. Er ist ja auch sonderbar genug. Es ist
daher ganz konsequent für den Pantheismus, daß Spinoza sagt:
״Wer Gott liebt, kann es nicht anstreben (conari), daß Gott ihn
wieder liebt“, [eigentlich gegenliebt (contra)]. Spinoza geht jedoch
über den Anfang hinweg: wie es denkbar sei, daß der Mensch Gott
liebt. Er kann dies tun, da seine Liebe nur Erkenntnis ist.
169
Dahingegen aber fragen wir: ist Liebe in der Bedeutung der Reli-
gion identisch mit der Erkenntnis, welche eine theoretische Bedeutung
hat, und zwar eine doppelte, für die Logik und für die Ethik, so
daß der Begriff der Erkenntnis schon nicht eindeutig ist. Ist nun
mit diesem Doppelbegriffe der Erkenntnis gleichzusetzen die Liebe
in der Religion? Sie ist ein neuer Begriff der Religion, der nicht
identisch ist mit der Geschlechtsliebe, und nicht mit dem Eros und
daher auch nicht mit der ästhetischen Liebe. Die Liebe ist keine Selbst-
Verständlichkeit. Sie muß erst erklärt und ergründet werden an j
jedem Punkte der Religion, sowohl als Liebe Gottes, wie als Liebe
zu Gott, wie endlich auch als Liebe von Mensch zu Mensch.
8. Der Fehler, der in der Auffassung der religiösen Liebe als
einer Selbstverständlichkeit besteht, zeigt sich auch darin, daß man
das Verhältnis der drei Grundformen zu einander nicht zum Problem
macht. Wir müssen fragen: welche dieser drei Grundformen bildet
den Anfang und zwar das sachliche Fundament?
Nach dem Polytheismus. würde die Antwort auf die Seite der
Götter fallen. Das mythische, wie alles metaphysische Bewußtsein
fängt immer mit den Göttern an, die den Uranfang bilden, wie das
Chaos für den Kosmos. Die Liebe zu Gott kennt der Mythos nicht,
dagegen läßt er die einzelnen Götter ihre Göttersöhne lieben. Man
sollte denken, daß der Monotheismus, der alles insgesamt von
dem einzigen Gotte ausgehen läßt, erst recht auch die Liebe in
Gott entspringen lassen sollte, von dem sie alsdann auf die
Menschen übertragen, von ihnen nachgeahmt würde. Es scheint da-
gegen, daß das Umgekehrte das richtige SachVerhältnis ausmacht.\
Und auch hier wiederum läßt sich der ethisch wichtige Unterschied!
zwischen der Religion und allem Polytheismus erkennen.
4. Vom Fremdling her ist es uns jetzt bereits bekannt, daß der
Monotheismus mit der Menschenliebe begonnen hat. Die Fremden-
Gesetzgebung hat uns den Weg gewiesen zur Auffindung der
geschichtlichen Quellen der Nächstenliebe. Im Fremdling wurde
zu allererst der Mitmensch entdeckt. Und das Mitleid erwachte zu-
allererst vor dem Fremdling. Dieses Mitleid ist daher die Urform
der Menschenliebe. ״Ihr sollt den Fremdling lieben“. Dafür
lautet die erste Begründung: ״denn Fremdlinge seid ihr gewesen
im Lande Äpypten.“ So wird aus dem geschichtlichen Bewußtsein
heraus das geforderte neue Gefühl lebendig gemacht. So wenig als die
Erinnerung abschreckend aufkommen darf an die Sklaverei in Ägypten
r
170
*
nur das Weib lieben kann, das Fleisch von seinem Fleische? J st sie
nicht eine Illusion, diese Übertragung, diese Metapher der Geschlechts-
liebe? Nein, als Mitleid hört die Liebe auf, den Verdacht einer
Metapher an sich zu tragen. Vor der Armut entsteht dem .wissen-
Schaftlichen Bewußtsein das Problem des Mitmenschen. Denn der
Nebenmensch wird hier zum Widerspruch in sich selbst, da er viel-
mehr ein Untermensch ist. Die Anomalie scheint hier Gesetz zu
sein. So unbegreiflich es scheint, so wird es doch aus dem Zu?
sammenhange der Richtungen des Bewußtseins verständlich, daß das
Mitleid als eine wahrhaftige Liebe in ihm entsteht. Diese Einsicht
hat das Leiden enthüllt. Und diese Enthüllung hat das ganze
Bewußtsein ergriffen.
Das Leiden hat sich in dieser Einsicht gleichsam als das Wesen
des Menschen offenbart. Nicht der Leib ist es, der leidet und
hungert, sondern aus seinem ganzen Gleichgewichte wird das Pro-
blem des Menschen und seines Kulturbewußtseins gerissen.
Dieses Leiden geht über alles Leiden der Tragödie. Willst du
wissen, was der Mensch sei, so erkenne sein Leiden. Dies ist nicht
mehr eine Metaphysik des Pessimismus, sondern auf Grund der
sozialen Einsicht wird die Armut im Menschen personifiziert. Und
daher fängt alles, fängt der Mensch selbst mit dieser sozialen Liebe,
diesem sozialen Mitleid mit der Armut an. So wird es ganz außerj
Zweifel gestellt, daß die Liebe, als religiöse Liebe mit der Menschen-/
liebe beginnt.
Zuerst lehrt sie den Menschen, die Menschen zu lieben. Zu-
erst lehrt sie, in der Armut das Leiden des Menschen zu erkennen.
Zuerst lehrt sie daher, entsprechend dieser sozialen Einsicht vom
Leiden, das Urgefühl des Menschen im Mitleid zu entzünden. Zu-:
erst lehrt sie daher im Mitleid den wahrhaften Sinn der religiösen!
Liebe zu begründen und diese Liebe in ihrer Wahrhaftigkeit genau[
zu unterscheiden von allen Zweideutigkeiten der Wollust und auch(
von der mit dieser verschlungenen ästhetischen Lust. Zuerst lehrt i
sie daher im Mitmenschen den Menschen zu entdecken.
Die Liebe zum Menschen muß deshalb den Anfang machen, weil Gott
zwar den Menschen geschaffen hat, den Mitmenschen aber der Mensch
sich selbst zu erschaffen hat. Und zu dieser Schöpfung muß die
Religion verhelfen. So muß Gott zum zweiten male Schöpfer werden,
indem er den Menschen als Mitmenschen durch den Menschen selbst,
durch den Vernunftanteil der Religion zu erschaffen lehrt.
172
7. Jetzt erst nachdem der Mensch gelernt hat, den Menschen als Mit-
menschen zu lieben, wird der Gedanke auf Gott zurückbezogen: daß
Gott den Menschen liebt, und zwar den Armen in derselben Bevor-
zugung, wie er den Fremdling liebt. Der Fremdling steht ja auch
selten allein bei der Liebe Gottes, sondern meistens sind ihm beigesellt
die Waise und die Witwe. Sie sind die Typen, die Vertreter der
Armut, und der Anruf geht von ihnen noch konkreter aus als von
dem Armen, der doch immer nur eine ökonomische Abstraktion ist.
Indessen werden wir sehen, daß auch diese Abstraktion lebendig
wird. Das soziale Gewissen wird immer klarer und kräftiger. Die
Propheten werden immer dringlicher in der Bekämpfung des Beich-
tums und des Luxus, und ihr soziales Mitgefühl wird immer
aktueller politisch und daher religiös immer tiefer.
Die Gottesverehrung, der Gottesdienst würde ihnen zu einem
Theaterspiel, wie es im Heidentum Brauch ist — in den Dionysien
ist das Drama entstanden, wenn dieses soziale Mitleid nicht sein Grund-
affekt wäre. Der höchste Festtag selbst, an dem das Fasten Brauch
und Gesetz ist, wird vom zweiten Jesaja als nichtig verurteilt, wenn
nicht das soziale Mitleid das ganze Leben beherrscht. ״Wenn du einen
Nackten siehst, daß du ihn kleidest, und deinem Fleische dich nicht
;entziehst“. Dies ist die neue Einsicht, die der wahrhafte Mono-
/theismus erbringt: der Arme ist dein Fleisch. Du selbst bestehst nicht
in deinem Leibe, und auch dein Weib, der Gegenstand deiner Geschlechts-
liebe, ist nicht mehr nur allein dein Fleisch, sondern der Arme ist
dein Fleisch. Er bringt dir den Mitmenschen zur Offenbarung. Und
der Mitmensch, als der Arme, bringt erst die Liebe Gottes zum
Menschen in das rechte Licht und zum wahrhaften Verständnis.
8. Freilich sind für Gott alle Menschen arm. Aber in diesem
Einwand steckt eben noch die alte Zweideutigkeit, welche die
Liebe Gottes zu den Menschen noch als eine Selbstverständlichkeit
behandelt. In der Tat ist ja der Mensch das Geschöpf Gottes.
Und wie die Elternliebe natürlich und als solche selbstverständlich
ist, so könnte auch Gottes Liehe nur als eine Konsequenz seines
Schöpferbegriffs erscheinen. Die religiöse Liebe ist jedoch mehr als
lediglich eine logische Konsequenz der Schöpfung. Sie hört allein
dadurch auf, eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß sie erst ihre
eigene Bedeutung gewinnt an dem Mitleid mit der Armut, der Ur-
form der Menschenliebe.
Gott wird nun zwar bei dieser Urform nicht festgehalten,
173
aber von ihr aus erst prägt sich auch für die umfassende Er-׳
Weiterung der ethisch echte Sinn der Gottesliebe aus. Gott liebt
den Fremdling, er liebt den Armen. So wird er denn wohl auch
nicht hängen bleiben an der Liebe zu Israel, die doch nur ein ahn-
licher geschichtlicher Ausgangspunkt ist, wie solchen der Fremdling
und der Arme bildet. Er wird die Menschen als A llh e it lieben.
Denn er selbst bedarf ja des Menschen nicht als Mitmenschen. Für
ihn besteht die Korrelation in ihrer Unendlichkeit. So geht von
hier aus die Richtung auf den Messianismus.
9. Indessen gerade weil der Messianismus das Ziel der Gottes-
liebe zu einem festen, unendlichen Punkte gemacht hat, wird es eiv
klärlich, daß auch Is r a e 1 ausgezeichnet wird in der Reihe der ver-
mittelnden Punkte für die unendliche Menschenliebe Gottes. Un-
mittelbar bietet die Geschichte Israels zu dieser Idealisierung die־
Anknüpfung. Die Glanzzeit steht ja noch unter dem Schleier der
Sage. Eigentliche Geschichte ist schon der Anfang vom Ende in
Israel. So ist es immer schon eine Art von Leiden, in welcher der
Prophet, wie der Geschichtsschreiber, Israel zu Gott in Verhältnis
setzt. Gott darf dadurch Israel lieben, wie er die Armen liebt.
Denn Israel ist von Gott verstoßen, von Feinden bedrängt, in seinem
Staate zerklüftet und gespalten, endlich sogar auch aus seinem
Lande vertrieben.
Man bedenkt nicht genugsam, daß der Gedanke von der E r-
w äh iu n g Israels zu Gottes Eigentum vornehmlich im Deuterono-
mium betont wird, also hart an der Grenze seiner geschichtlichen,
seiner politischen Selbständigkeit. Abgesehen von der geschichtlichen
Bedeutung, die der Gedanke der Erwählung für das nationale Be-
wußtsein zum Zwecke seiner Begeisterung für den Monotheismus
hat, ist auch die Wehmut des patriotischen Gefühls- ein nicht zu
unterschätzender Faktor in diesem Gedanken von der Liebe Gottes
zu Israel, als seinem Volke und seinem Eigentum. Wenn er den
Armen liebt, so muß er ebenso auch Israel lieben, das den Leiden
aller Art und aller Grade ausgeliefert ist, während die Götzendiener
ihr stolzes Dasein führen.
Mußte nicht der Gedanke entstehen, in welchem der Begriff des
Leidens zu seinem religiösen Höhepunkte kommt: das Leiden des
Menschen sei vielleicht eine S te llv e r tre tu n g im leidenden Subjekte?
Man bringt nun ferner das Leiden in Zusammenhang mit der
Schuld. Wenn dies richtig sein sollte, so könnte es aber vielmehr
174
nur dahin verstanden werden, daß der Unschuldige leidet für den
Schuldigen. Wir werden sehen, wie der Messianismus an diesem
Höhenpunkte im Begriffe des Leidens seinen eigenen Gipfelpunkt
erreicht.
10. Jetzt aber ist es notwendig, die Gottesliebe zu Israel von
.den! Verdachte zu reinigen, als ob sie eine Anomalie bildete gegen
die ausnahmslose allgemeine Menschenliebe Gottes. Gott liebt nicht
Israel mehr und anders als die Menschen überhaupt, geschweige
daß die Liebe zu Israel die zu dem Menschengeschlechte einschränken
und beeinträchtigen könnte. Gott liebt in Israel nichts anderes als
das Menschengeschlecht. Israel ist sein Eigentum ()סגלה, oder wie
man das hebräische Wort sonst übersetzen mäg, nur als Vorbild,
als Symbol der Menschheit, eine Auszeichnung innerhalb ihrer, denn
nur der Monotheismus vermag die Menschheit, zu konstituieren.
Das ist die Grundlehre. Israel ist das heilige Priestervolk des
Monotheismus. Israel ist nicht ein Volk, wie die andern Völker.
In der Rede Bileams steckt viel Charakteristik für Israel, so
auch in dem Satze: ״ein Volk, das einsam lagert“. Die Isolierung
ist unumgänglich; denn alle Völker beten Götter an. So haben
alle Völker auch ihre eigenen Staaten. Die Vereinsamung Israels
muß konsequenterweise auch zur S ta a te n lo s ig k e it führen. Damit
וaber beginnt ihr soziales Elend, ihre soziale Analogie zur Armut.
Jetzt kommt der Gedanke erst zu seinem klaren Rechte, daß Gott
Israel, als ein isoliertes Volk, in seinem Elend lieben muß. Denn
dieses geschichtliche Elend eines Volkes ohne Staat kann wahrlich
wetteifern mit der sozialen Armut. Daher ist Israel in seiner Ge-
schichte ein Prototyp des Leidens, ein Symbol des Menschenleids,
des Menschenwesens. In der Liebe Gottes zu Israel prägt sich
nicht minder als in der zum Armen, die Liebe Gottes zu dem
Menschengeschlechte aus.
Der Fehler in der Beurteilung der Erwählung Israels ist ja
schon dadurch ein ganz grober, daß diese nicht in Verbindung
gedacht wird mit der messianischen Erwählung der Menschheit.
Und dieser Fehler zieht den anderen nach sich, daß die letztere
auch nur als ein Mittel zur Verherrlichung Israels mißverstanden
wird. Wir können hier nur darauf hinweisen, aber daher jetzt schon
aussprechen, daß die Erwählung Israels keineswegs eine Ausnahme,
sondern vielmehr die symbolische Bestätigung bildet von der Liebe
Gottes zu dem Menschengeschlecht.
175
Zurückbeziehen aber können wir uns schon hierfür auf die Be^
deutung der Schöpfung, und zwar des Menschen, als des Vernunft-
wesens. Diese Schöpfung ist notwendig eine kontinuierliche, so daß
sie die E r h a l t u n g des Menschengeschlechts bedeutet für die mes-
sianische Realisierung der Sittlichkeit auf Erden. Die Schöpfung !
ist demgemäß auch die göttliche Vorsehung für das Menschen- i
geschlecht, wie sie schon durch den Bund Gottes mit Noah
errichtet wird. Diese Vorsehung für die Weltgeschichte drückt die
allgemeine Liebe Gottes zu den Menschen aus. Und so können alle
Formulierungen der Korrelation von Gott und Mensch als Ausdruck
dieser Liebe Gottes angesprochen werden. Auch die Offenbarung,
die ebenso die Folge von Gott, wie die vom heiligen Geiste des
Menschen ist, darf als ein hoher Akt der Liebe Gottes bezeichnet
werden.
11. Indessen haben wir ja die Liebe im scheinbar engeren Sinne
als soziale Liebe erkannt und demgemäß als Mitleid. Es kann uns
daher auch bei Gott die intellektuale Liebe nicht völliges Genüge
leisten. Es muß auch ein dem Mitleid entsprechender Affekt, der
eben Willensimpuls ist, auch bei Gott angenommen werden. So
entsteht der Ausdruck, der mehr als wohltätige Schonung ()הסד,
mehr als Gnade, die in anderer Hinsicht zu spezifischer Wirksam-
keit kommt, der Forderung der Liebe bei Gott gerecht wird: das
Erbarmen ()רחמיס. Das hebräische Wort entstammt der Wurzel,
welche den Mutterleib bedeutet, und es schließt sich so der Metapher
von Gott, als Vater der Menschen, an. Die hebräische Sprache hat
gerade für die Liebe sinnliche Wurzeln, so für die der Seh ns uch t
das Brennen der Eingeweide bei Jeremia und in den Psalmen.
Und so ist daher unter den Ausdrücken für die Liebe Gottes, wie
sie die Theophanie im Exodus (unter )רחוסzusammenfaßt, dieser
dem Mutterleibe entnommene Ausdruck von besonderer Prägnanz.
12. Auch die mancherlei Ausdrücke, mit denen an der Liebe
zu Israel die zu der Menschheit symbolisiert wird, haben die Kraft
solcher Ursprünglichkeit. Gott ist der ״Bräutigam“ und der ״Ehe-
gatte.“ Er hat als ״Jüngling“ Israel geliebt, und er hat sie ״mit
den Banden der Liebe ängezogen“. Er ist der ״Hirt, der das Lamm
auf seinem Arme trägt und in seinem Schoße“. Hier tauchen
schon soziale Beziehungen für die Liebe auf. Aber mehr und tiefer
als durch das Erbarmen wird der Ursprung der Korrelation durch
nichts anderes bezeichnet.. Und auf keine andere Situation des
176
xind sich satt essen, auf daß dich der Ewige, dein Gott, segne bei
allen Werken deiner Hand, das du tust“ (5. M. 14, 28).
16. Und dieser Zehnte wird noch ausdrücklicher zu einem sozialen
Erziehungsinstrument geweiht durch die Verbindung mit der Dar-
bringüng der E r s t l i n g e , bei der ein Bekenntnis abgelegt wird,
welches die klassische Urform eines Gebetes hat. ״Ein umher-
irrender Aramäer war mein Vater, der zog mit einer geringen Zahl
nach Ägypten, weilte dort als Fremdling und wurde dort zu einem
großen, mächtigen und zahlreichen Volke“. Die folgenden Verse
lassen ihn berichten von dem Elend dort und von der Hilfe Gottes,
der sie von dort befreite und in dieses Land brachte. ״Und jetzt
bringe ich nun die Erstlinge von den Früchten des Landes, das du
mir gegeben hast, Ewiger“ (5. M. 26, 6 ff.).
Und nicht genug mit der historischen, nationalen Reflexion bei
diesem persönlichen Akte der sozialen Fürsorge tritt noch ein anderes
Bekenntnis hinzu. ״Wenn du im dritten Jahre, dem Jahre des
Zehnten, den ganzen Zehnten von deinem Erträgnis vollständig ab-
geliefert, und den Leviten, Waisen und Witwen gegeben hast, damit
sie ihn in deinen Toren verzehren und sich sättigen, so sollst du
sprechen vor dem Ewigen, deinem Gotte: ich habe das Heilige ent-
fernt aus dem Hause und es den Leviten, Fremdlingen, Waisen und
Witwen gegeben, ganz nach deinem Gebote, das du mir befohlen
hast, ich habe keines deiner Gebote übertreten und keines vergessen“
(ib. 12 ff.). Hier wird als heilig bezeichnet, was durchaus die klare
Bedeutung einer sozialen Entäußerung hat. Und die folgenden Worte,
welche der Deuteronomiker anschließt, bezeichnen diese Verordnungen
als die ״Gesetze und Rechte“, auf die er sich für die Weisheit der
Thora beruft.
17. Diese Einschränkung des Eigentums verfolgen ferner die
anderen Gesetze über die Nachlese, den Ec k w in k el , wie über den
Nachwuchs im siebenten Jahre. ״Und wenn ihr erntet die Ernte
eures Landes, so sollst du nicht vollends die Ecke deines Feldes ab-
ernten, und die Nachlese deiner Ernte nicht halten. Und deinen Wein-
berg sollst du nicht abbeeren und das Einzelne deines Weinbergs
nicht nachlesen. Dem Armen und dem Fremdling sollst du sie
überlassen. Ich bin der Ewige, euer Gott“. ״Wenn du deine Ernte
hältst auf deinem Felde, und du vergissest eine Garbe auf dem Felde,
so sollst du nicht umkehren, sie zu holen; dem Fremdling, der
Waise und der Witwe sei sie, auf daß dich segne der Ewige, dein
12
178
Sinn des Gesetzes gar nicht im Geiste und Gemiite des modernen
Menschen lebendig ist. Und dies ist um so weniger zu begreifen,,
als die gesamte soziale Politik diesen Sinn entfaltet, und auch die
V erschärfung des Gesetzes über die Sonntagsruhe diesen Sinn wieder
zu allgemeinerer Klarheit hringen sollte. Indessen denkt man beim
Sabbat nur an die Einteilung der Woche und glaubt die Originalität
dieser jüdischen Einrichtung damit bestreiten zu können, daß in
Babylon etwa auch dieWochebesteht, und ein, wenn auch wechseln-
der, Feiertag ihrgewidmet ist. Daran aber hat man seit den
Forschungen von Movers, sowie nach der Abhandlung von Chr.
B au r über Sabbat und Feiertage nicht zweifeln können, daß die
kalendarische Einrichtung nach den sieben Planeten keine jüdische•
Erfindung ist. Aber wäre sie dies selbst, so wäre sie noch keine,
monotheistische. Eine solche wird sie erst dadurch, daß die baby-
;Ionische Wocheneinteilung, welche übernommen wurde, von den
jPropheten benutzt wurde zur Festlegung eines Schlußsteins für
[ihre soziale Ethik. Ein solcher Schlußstein derselben ist der Sabbat..
1 23. Schon die beiden Begründungen, welche der Dekalog von
diesem Gesetze gibt, sind ein sprechendes Zeugnis für diesen fun-
damentalen Wert des Sabbat. Im Exodus heißt es: ״Gedenke des
Sabbattages, ihn zu heiligen. Sechs Tage magst du arbeiten und
all dein Werk verrichten, aber der siebente Tag ist ein Sabbat dem
Ewigen deinem Gotte. Du sollst keine Arbeit verrichten, du und
dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und
dein Vieh und dein Fremdling, der in deinen Toren. Denn in
sechs Tagen hat der Ewige gemacht den Himmel und die Erde, das
Meer und alles, was darin, er ruhte aber am siebenten Tage. Darum
hat der Ewige gesegnet den Sabbattag und ihn geheiligt“.. Die-
Ruhe für den Knecht und die Magd ist hier schon vorgeschrieben,,
aber sie gilt nicht als der Grund des Gesetzes, der vielmehr, wie
im Schöpfungsberichte der Genesis, (1..M. 2,3) in der Buhe Gottes
von der Schöpfung besteht. Auch hiernach schon ist übrigens der
Sabbat als die Vollendung der Schöpfung gedacht. Die Buhe Gottes
bedeutet unzweifelhaft nichts anderes als die Vollendung seines Werkes.
Das Deuteronomium erweist sich nun gerade an diesem Gesetze
in seinem ganzen sozial-ethischen Beformcharakter. Außer dem
Verbot des Gelüstes wird nichts am Dekalog geändert als das Sabbat-
gesetz. Denn nach der Aufzählung der einzelnen Personen, wie der
Tiere, auf die es sich bezieht, heißt es: ״damit ruhe dein Knecht und
183
deine Magd, wie du seihst. Und du sollst gedenken, daß ein Sklave
du gewesen bist im Lande Ägypten und daß herausgeführt dich hat
der Ewige dein Gott von dort mit starker Hand und mit aus*
gestrecktem Arm. Darum hat befohlen der Ewige dein Gott dir
den Sabbattag zu halten.5) ״. M. 5, 14). Schon das einleitende
Wort wird werändert. Während es dort heißt: gedenke, heißt es
hier: hüte. ()שמור. Und während es dort heißt: darum hat der
Ewige den Sabattag gesegnet, wird das darum ( ) על כןhier dahin
verändert, daß es zurückbezogen wird auf den Befehl Gottes,
dem sein Grund schon vorangestellt war: ״auf daß ruhe dein
Knecht und deine Magd gleich wie du ״. Dieses ״gleich wie du״
) )כמוךist dasselbe Wort, welches auch bei dem Gebot der Nächsten-
liebe steht.
So ist es denn also schon aus diesem literarischen Tatbestände,
aus dieser Veränderung des Dekalogs bei diesem Gesetz und seiner
Motivierung außer allem Zweifel gestellt, daß der Sabbat die Gleich-/
Stellung der Menschen trotz der Verschiedenheit der sozialen Lage־״־ ־
sicherstellen soll. Und diese so zu unbezweifelbarer Klarheit gestellte‘
Bedeutung des Sabbat ist wiederum ein unübertreffliches Dokument (
für die fundamentale Sittlichkeit des Monotheismus und für seine;
sittliche Originalität. 1
24. Wie außerordentlich selten ist eine wahrhafte Originalität
in den sozialen Einrichtungen. Hier ist sie unbestreitbar. Der Ver-
such, sie zu bestreiten, ist gescheitert. Und diese Originalität wird
einem Volksgeiste nur dadurch verdankt, daß dieser in einem
Gottesbegriffe aufgeht, der wiederum auch geschichtlich einzig ist.
Der Sabbat ist die klare, lichtvolle Bestätigung von der ethischen;
Bedeutung des Monotheismus. Und diesen zu beleuchten, stehen;
wir hier an dem Punkte, den die Liebe Gottes zu den Menschen
bildet. Im Sabbat ist der I n b e g r if f ׳dieser Go ttesliebe zu
erkennen. An Israel ist auch er zunächst gegeben. Aber die Welt
hat ihn angenommen, wenngleich ihm ein dogmatischer Grund unter-
legt worden ist, der auch schon verschieden ist von der Ruhe Gottes
nach der Schöpfung. Gleichviel, die Einrichtung ist Weltgesetz ge-
worden, wenigstens für die europäischen Völker. Im Sabbat aber sind
alle Weisen der Liebe Gottes zusammengefaßt und vereinigt.
So ist es zu verstehen, daß für die Propheten der Sabbat zum
Ausdruck schlechthin für die Sittlichkeit wird. ״Wer den Sabbat
hütet, ihn nicht zu entweihen, und seine Hand hütet, irgend ein
184
Böses zu tun.“ (Jes. 56, 2.) So setzt dieser Jesaja die Beobachtung
des Sabbat schlechthin gleich mit der Übung der Sittlichkeit. Und
wie man über das Gute sich freuen soll, so sagt daher auch ein
Jesaja: ״Und du sollst den Sabbat nennen eine Lust“. (Jes. 58,13).
!Als ob der Prophet sagen wollte: der Sabbat sei nicht nur als sozial-
;politische Maßregel zu denken, sondern als ein Gipfel der religiösen
!Innigkeit. Und Jerexnia macht wiederum den sozialen Sinn deutlich.
״Ihr sollt nicht Last tragen am Sabbattage.“ (Jer. 17,27). Die
Liebe Gottes zu den Menschen bewährt sich am Sabbat in dem Mit-
leid Gottes mit dem Menschen, den er zur Arbeit aus dem Paradies
vertrieben hat. Der Sabbat hebt den Unterschied unter den Menschen,
der in ihrer Arbeitsweise sich ausbildet, grundsätzlich wieder auf.
Auch der Handarbeiter wird zum Herrn seiner selbst. Die wöchentliche
Buhe an einem bestimmten Tage stellt den Arbeiter dem Herrn gleich.
25. Der Sabbat wurde der wirksamste Schutzpatron des jüdischen
Volkstums. Beinahe wie Sklaven führten sie ihr Dasein das ganze lange
Mittelalter hindurch. Noch jetzt ist dieses nicht ganz abgestorben.
Alle Mühsal aber des täglichen Lebens warf der Ghettojude von sich,
wenn die Sabbatleuchte entzündet wurde. Alle Schmach wurde ab-
geschüttelt. Die Liebe Gottes, die ihm den Sabbat wiederum brachte
an jedem siebenten Tage, sie brachte ihm auch seine Ehre wieder
und sein Menschenrecht in seiner niedrigen Hütte.
Die Gelehrten streiten noch heute darüber — spotten ihrer
selbst und wissen nicht, was im letzten Grunde den Fortbestand der
Juden bewirkt haben könne. Sie wollen diesen letzten Grund nicht
in der Wahrheit des einzigen Gottes anerkennen lind schieben ihn
lieber auf das Gesetz ab, das sie in seiner statutarischen Formalität
als der Innerlichkeit entbehrend verachten zu dürfen glauben.
Indessen ist der Sabbat der echte und intimste Vertreter des
Gesetzes. Und im Sabbat hat allerdings das Gesetz in Gemäßheit
mit dem einzigen Gotte, der die Menschen liebt, das Judentum, wie
die Juden, am Leben erhalten: beide in der Mission, den Mono-
theismus über die Erde zu verbreiten, seinen Sinn und Geist immer
mehr zu vertiefen und ihm gemäß die wahre Menschenliebe unter
! den Völkern der Welt zu begründen. Im Sabbat hat sich der
j Gott der Liebe als* der einzige Gott der Menschenliebe erwiesen.
Wir fragten, welchen. Sinn die Liebe Gottes haben könne. Die
Antwort ist jetzt gefunden. Das Mitleid mit den Armen, das Gott
in uns erweckt hat durch seine Gebote, es ist uns der verständliche
185
Grund geworden für den Sinn der Gottesliebe. Der Sabbat hat
jenen kläglichen Schein der Unfreiheit und der Ungleichheit von
den Menschen entfernt. Wie Gott uns das Erbarmen mit den
Menschen an dem Auswurf der Armut gestiftet hat, so hat er uns
in dieser sozialen Einsicht seine Liebe zu den Menschen offenbart.
Diese Gottesliebe ist der Leitstern der Weltgeschichte, an deren'
Sinn man nicht verzweifeln darf; denn sie ist ja erst von heute
und gestern. ״Tausend Jahre sind in deinen Augen wie ein Tag“.
(Ps. 90, 4). Die Weltgeschichte hat kaum erst angefangen; noch nicht
dreitausend Jahre ist sie alt seit Mose und den Propheten. Und
so wird der Monotheismus seine Weltlaufbahn erst recht beginnen.
Der Monotheismus ist der wahrhafte Trost der Geschichte.
26. Aus der sozialen Liebe Gottes zu den Menschen entwickelt sich
auch die universale Liebe Gottes im Messianismus. Jetzt wollen
wir aber erst aus der Liebe Gottes zu dem Menschen die Liebe des
Menschen zu Gott zu verstehen suchen. Auch dieses Gebot gilt
als selbstverständlich, während die pathologischen Verirrungen hierbei ;
es unverkennbar machen, wie gerade durch diesen Begriff der Mono- j
theismus noch mit dem Polytheismus verwachsen ist. Es ist selbst-
verständlich, daß Götter und Göttinnen ebenso in ihren Standbildern,
den Darstellungen der schönen Kunst, geliebt, wie angebetet werden.
Die Sage vom Pygmalion ist lehrreich. Und in allen Zeiten hat
die sinnliche Liebe Auswege und Verschleierungen in der sogenannten
Gottesliebe gesucht. Solchen Zweideutigkeiten darf die mono-
theistische Gottesliebe nicht ausgesetzt sein. ״Du sollst dir kein
Bild machen!“ Dieses Verbot gilt ganz besonders vom Bilde, als
einem Gegenstand der sinnlichen Liebe.
Das Gebot, Gott zu lieben, schließt sich unmittelbar an Höre
Israel! an. Nur im innigsten Zusammenhänge mit der Einheit,
mit der geistigen Einzigkeit Gottes darf sie verstanden werden.
״Du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen
Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft“
(5. M.). Der Satz atmet eine Ursprungskraft, daher die Häufung
der Ausdrücke für die Innerlichkeit, in welcher die Liebe gefordert
wird. Das Herz ist der nächstliegende, dazu tritt die Seele, welche
für Leben und Person steht. Und endlich der schwer übersetzbare
hebräische Ausdruck, der im Adverb Sehr bedeutet, daher wohl den
Überschuß, die Kraft in ihrer ganzen Tiefe bedeuten mag.
Was in allen diesen Ausdrücken, die alle schon durch das Wort
186
28. Was d ie id e e als ethische Realität, und als solche, für die
Wirklichkeit positiv ׳zu bedeuten und zu leisten vermag, יdas wird
am deutlichsten hei der Liebe zu Gott, auf Grund der Liebe von
Gott. Die realisierende Kraft der Idee wird ־nirgends so deutlich,:
wie an der Liebe zur Idee. Wie kann man eine Idee lieb en ?
Darauf ist zu antworten: Wie kann man etwas anderes lieben als
eine Idee? Liebt man doch sogar in der sinnlichen Liebe nur die
idealisierte Person, nur die Idee der Person.
Die Idee Gottes ist die Idee des heiligen Gottes, die Idee
des heiligen Geistes, als des Geistes der Heiligkeit, das ist des
Geistes der Sittlichkeit. Die Sittlichkeit aber ist nur insofern ein
Reich der Wirklichkeit, als dieses ein Reich der Handlung darstellt.
Die Handlung aber ist ebenso, wie von der Bewegung jler Natur,,
so auch von aller Wirklichkeit der Natur, von aller Wirklichkei
unterschieden. I)ie Handlung errichtet das Reich der Sittlichkeit:
In diesem Reiche aber gibt es keine anderen Wirklichkeiten als nur
Aufgaben zu immer neuen Wirklichkeiten. Die Ideen sind Urbilder
zu Handlungen. Und die Urbilder haben keinen Eigenwert, es sei
denn, daß sie Musterbilder seien für die Handlungen der Vernunft-
wesen.
29־. Die Frage, ob man Ideen lieben könne, ist jetzt wohl be-
antwortet. Die reine Liebe geht nur auf Urbilder, auf Musterbilder,,
an denen die reine sittliche Handlung sich aufbauen kann. Und.
kein Mensch kann dieses Urbild darstellen. Dieses Urbild ist nur
Urbild der Sittlichkeit und nur als solches kann es und soll es-
zum Musterbild werden. Eine Nachahmung kann nicht erstrebt werden,,
sondern.nur eine Nacheiferung. Aber die Nacheiferung muß ihren
Quell haben in der ganzen E in h e it des B ew u ß tsein s, in Geist und
Gemüt. Sie darf nicht intellektualistisch bleiben im Verstände eben-
sowenig, als sie nur Affekt bleiben dürfte im Gemüte und im Willen:
alle Kräfte der Seele müssen in dieser Nacheiferung Gottes zur
Mitwirkung und zur Verschmelzung kommen. Diese Verschmelzung
führt in der Kunst zu einer neuen Schöpfung, zu der des reinen
Gefühls, als einer neuen Kraft des Bewußtseins. Und auch das
reine ä s th e tis c h e Gefühl kann als Liebe bezeichnet werden.
30. Von anderer, von eigener Art muß die Liebe zu G ott sein,,
wenn anders die Religion eine Eigenart des Bewußtseins vollzieht,
die vom reinen Willen der Ethik unterschieden ist, geschweige vom
Gefühl der ästhetischen Liebe. Die Liebe zu Gott, die der Liebe
188
auf diese Nähe Gottes, daß Jeremia darin eine Schranke sieht und
dagegen einschreitet. ״Bin ich denn nur ein Gott in der Nähe,
spricht der Ewige, und nicht ein Gott aus der Ferne?“ (Jer. 23,
23). Der Prophet tritt für die Allgegenwart Gottes ein. ״Wahrlich
den Himmel und die Erde erfülle ich, spricht der Ewige.“
Das Deuteronomium aber bereitet die Richtung der Psalmen vor.
Die Ferne Gottes ist für Gott notwendig, seine Nähe aber für den
Menschen. Und um so notwendiger ist die Durchführung dieses
Begriffs, als dadurch auch von Gott der Schatten der Körperlichkeit
verstreut, und zugleich vom Menschen in seiner Sehnsucht zu Gott
der Schatten der Sinnlichkeit hinweggenommen wird. Nacheiferung,
nicht Nachahmung! Ebenso auch Nähe Gottes und Nähe zu Gott.
Dieser Begriff in seiner Doppelheit enthält die Lehre: Annäherung,
nicht Vereinigung ( ) התקרבות. Gilt diese Mahnung zunächst theoretisch
und gegen den Pantheismus, wie gegen alle Mystik, so nicht
minder auch praktisch für die Liebe zu Gott. Sie darf nur be-
deuten: Sehnsucht zur Nähe Gottes, nicht aber etwa das unkeusche
Verlangen der Vereinigung mit Gott, wie solche von der sinnlichen
Liebe vorgestellt wird. Die Liebe zu Gott ist das Streben nach der
Nähe Gottes, welche als das einzige Gut des Menschen erkannt und
gefühlt wird.
36. Der Doppelsinn im Worte enthält eine Zweideutigkeit, als
ob nach der räumlichen Symbolik doch irgendwie eine körperliche
Beziehung erstrebt werden sollte. Die Religionsphilosophen haben
daher diesen Lagenausdruck verwandelt durch das Verbum im Hith-
pael in den Ausdruck einer Handlung: התקרבות. Die Annäherung
ist so aus der Nähe entstanden, und diese Annäherung ist genau
als Selbstannäherung bezeichnet. So ist der ganze Schwerpunkt auf
die eigene Handlung des Menschen gelegt, welche daher gar nicht
bloßes Mittel zu sein scheint, sondern der eigentliche Zweck wird.
Das Ziel bleibt Gott. Zu seiner ideellen Erreichung aber
wird als Zweck eingesetzt die Selbstannäherung. Und in dieser den
höchsten Zweck bildenden Handlung und in ihr allein entsteht die
wahrhafte, die einzigartige Liebe zu Gott. Jede andere wird ver-
worfen, als Mystik, die unfruchtbar bleibt für die Handlung. Diese
Liebe der Selbstannäherung zu Gott ist deshalb die allein richtige
Liebe zu Gott, weil in ihr der heilige Gott geliebt wird, der uns
heilig macht, der unsere Heiligkeit fordert, die nur in der Selbst-
annäherung zur Heiligkeit Gottes wirklich werden kann.
192
Die Liebe gilt als Impuls der Handlung, weil sie den Menschen
selbst zum Urquell der Handlung macht. Wenn die Liebe die
Handlung erweckt, so ist kein fremder Gegenstand ihr Beweggrund.
Die Liebe zur Sittlichkeit ist Liebe zu Gott. Dieser Satz bedeutet
für die Religion, was für die Ethik bedeutet: die Handlung erfolgt
nicht aus einem fremden Beweggründe, noch auf einen fremden
Befehl. Sie ist der Erfolg des Willens, dem Autonomie zusteht.
Alles Fremde, als Beweggrund, soll die Liebe ausschließen. Dieses
Fremde ist das Ferne, von dem die Nähe befreit; nicht zwar die
Nähe an sich, aber die Annäherung und zwar die Selbstannäherung.
Das ist die Liebe, zu welcher die Philosophie des Monotheismus
den nahen Gott und die Nähe Gottes emporgeführt hat. An diesem
Höhepunkte läßt sich im tiefsten Grunde und in unzweifelhafter
Konsequenz die Harmonie erkennen, die zwischen dem philo-
sophischen Rationalismus des jüdischen Mittelalters und seiner Bibel
besteht.
Kapitel X.
Das Individuum als Ich.
1. Für die Korrelation von Gott und Mensch ist uns bisher zur
Erzeugung gekommen der Mensch, als Vernunftwesen, und ferner, als
Mitmensch. Das Vernunftwesen ist im heiligen Geiste als sittliches
Wesen zur Präzision gekommen. Freilich muß dieses Wesen ein
Individuum sein, indessen ist es ein solches nur für diesen ethischen
Begriff, und dessen religiöse Bedeutung für die Korrelation mit
Gott vermag, als solche, die Abstraktion wieder aufzuheben und diese
in ein lebendiges menschliches Einzelwesen umzuwandeln. Der
Mensch in dieser Abstraktion gibt nur dem Sittengesetze, religiös den
Satzungen und Gesetzen Gottes die Möglichkeit der Offenbarung.
Der Mensch ist, als Geist der Heiligkeit, Individuum nur für das
Gesetz Gottes, wie in der Ethik nur für die Autonomie des Willens.
Das Gesetz allein macht ihn zum Individuum. Wie er aber für
dieses beinahe nur als negative Bedingung ein Lebewesen ist* so ist
er auch nur in dieser Hinsicht, als Pflichtträger des Gesetzes, ein In-
dividuum. Andere Rücksichten, die dem Individuum etwa obliegen,
fallen hier gänzlich außer Betracht.
2. Auch der Mitmensch ist noch kein Individuum, welches als
Ich zur Bestimmung käme. Der Mitmensch ist zwar nicht mehr nur
der Nebenmensch, und die Korrelation von Ich und Du ist zwar
schon hergestellt. Dennoch ist dieses Ich nur das Ich zum Du.
Was das Ich jedoch in ausschließlicher Beziehung auf sich selbst
zu bedeuten haben könne, darüber ist noch keine Bestimmung auch
nur vorbereitet. Ich sowohl, wie Du, sind Einzelwesen, aber sie
sind dies nur als solche der Mehrheit, oder sogar auch der Allheit,
insofern diese durch die soziale Liebe gestiftet werden kann.
Immerhin ist das Einzelwesen, das nur innerhalb der Mehrheit oder ן
der Allheit selbst entsteht und besteht, noch nicht das Individuum, ■
welches für sich allein einzustehen hat. Es ist die Frage, ob dieses I
absolute Individuum ein berechtigter Begriff ist, aber man d a rf‘
13
194
mellt glauben, daß durch den Mitmenschen diese Frage schon er-
ledigt wäre. In der Lösung dieser Frage aber erst vollzieht sich
die Eigenart der Religion bestimmter und deutlicher als beim Mit-
menschen.
3. Welche Angelegenheit oder Obliegenheit kann es nun aber
sein, die dem Menschen in seiner Korrelation zu Gott eine Iso-
lierung und eine Absolutheit zuweist, durch die er von den bis-
herigen Begriffen des Menschen unterschieden wird? Seine eminente
Aufgabe, welche in der sittlichen Handlung besteht, ist ihm ja
schon auferlegt und die Mittel zu ihrer Lösung scheinen in den
sozialen Kräften ihm verliehen zu sein. Kann es denn aber noch
andere Aufgaben für ihn geben, als welche in denen der sittlichen
Handlung sich zusammenfassen? Wenn nun aber das Problem des
Mitmenschen dennoch durch das des Ich-Individuums ergänzt
werden muß, so folgt daraus, daß die Aufgaben der sittlichen
Handlung durch die sozialen Probleme nicht erschöpft sind. Es
folgt daraus insbesondere noch, daß die Korrelation von Mensch
; und Gott durch die ethischen Probleme der Handlung nicht zur
. Erfüllung gelangen.
Und die Eigenart der Religion, trotz ihres unerschütterlich
bleibenden Zusammenhanges mit der Ethik, wird erst dadurch in
/Vollzug treten, daß die Korrelation von Gott und Mensch die
i engere Bedeutung zum Menschen, als Individuum und als Ich,
i annimmt. Die Frage also nach der Möglichkeit von sittlichen
Problemen für die Handlung, nachdem dieselben an dem Mitmenschen
vollzogen sind, kommt daher so zur Lösung, daß zwar in bleibendem
Zusammenhang mit der Ethik, aber über ihre Probleme hinaus für
die sittliche Handlung eine Begründung/ Zubereitung und Sicherung
zu schaffen sein wird, welche die Ethik an sich in den Grenzen ihrer
Methodik nicht geben kann: für deren Herstellung aus und an den
Methoden der Ethik die Religion sich erhebt und ihre analoge
Methodik entwirft.
4. Blicken wir zurück auf das soziale Problem der Armut, so
entstand die Möglichkeit der Liebe, als Mitleid, aus der Ablehnung
jeder Frage nach der Schuld des Menschen und jedes Interesses an
dieser Frage. Sie erschien als ein Rudiment des Mythos auch in der
^' Metaphysik. Jedenfalls mußte sie- als ein Hemmnis für das
Lebendigwerden der sozialen .L ^ werden. Wenn die
Schuld überhäupt in Frage kommt, so ergibt sich aus ihrem Ge-
1S»3
sichtspunkte nur etwa die Lösung, daß sie durch einen feindlichen
-Gegensatz zur Armut herbeigeführt wird, niemals durch die Armut
.selbst.
Indessen selbst ׳diese reagierende Lösung zeigt es, daß die
‘Schuldfrage nicht schlechthin beseitigt werden kann. Steht es nun aber
.so, dann verdient nicht minder der ]Reichtum die Liebe des Mitleids;
damit auch von ihm wiederum . die Schuld abgewendet würde.
Indessen soll doch durch die soziale Liebe sicherlich nicht Recht
und Gerechtigkeit aufgehoben werden. Wenn nun aber im Recht die
׳Schuldfrage aufrechterhalten werden muß, wie immer sie gegen das
Individuum gestellt wird, so ist damit bewiesen, daß sie auch für
die Ethik als Problem bestehen bleibt. Und wenn sie für die
Ethik bleibt, sollte etwa die Eigenart der Religion der Ethik gegen-
über darin bestehen, daß sie zu sagen befugt wäre: das Schuldbuch
des Menschen sei vernichtet? Sollte die Korrelation von Mensch
und Gott eine solche Ablösung von einer ethischen Grundfrage des
Menschen, welche die Grundlegung des Rechts bildet, zu fordern
haben ?
Gegen diese Möglichkeit richtet sich die Eigenart der Religion
bei ihrem bleibendem Zusammenhänge mit der Ethik.
5. In unserer Ethik des reinen Willens haben wir dem S tra fre c h t
die Begründung gegeben: daß dem Richter nur zustehen darf die
Ermittlung des Verbrechens nach der Definition des Gesetzes und
•demzufolge die Bestrafung des Verbrechers. Abgewehrt dagegen
muß die Befugnis vom Richter werden: daß er mit dem Schuldig
auch über die Schuld des Menschen das Urteil zu sprechen hätte.
Wenn nun aber diese genaue Unterscheidung eingeführt werden
muß zwischen dem Urteil des Richters über das Schuldig auf Grund
der dem Paragraphen des Gesetzes entsprechenden Ermittlung des
Tatbestandes und dem Urteil über die Menschenschuld, so darf die
letztere nicht etwa als erledigt gelten, vielmehr wird sie dadurch
erst zu genauer Deklaration kommen können. Vom R ic h ter h in -
w eggenom m en, h a t der V erb rech er se lb st sie au f sich zu
n eh m en , und nur mit dem Verlust seiner vollen Zurechnung kann
er sich ihrer entledigen.
Der Verbrecher würde aufhören Mensch zu sein, wenn er auf
das Erkenntnis des Gerichtsarztes hin an seiner Willensfähigkeit ver-
zweifeln, müßte. Die Ethik kann ihn nun aber persönlich und
subjektiv von dieser Verzweiflung nicht befreien. Sie muß hier
13*
196
mit Mephisto sagen: er ist der Erste nicht. Die Geisteskrankheit iis
ihren verschiedenen Stadien und Abstufungen macht in der Tat die*
Z u re c h n u n g , also die Willensfähigkeit zu einer bedingten.
Wider diese Einsicht ist für die reine Ethik, sofern sie zur
Anwendung auf den Einzelfall schreitet, kein Kraut gewachsen. Sie
läßt sich zwar von diesen Schranken ihrer Anwendbarkeit ihre*
Grenzen nicht vorschreiben und zieht diese vielmehr nur gemäß•
ihrer Methodik für den positiven Begriff des freien Willens. Was
fängt sie aber mit dem armen Menschen an, der sich seiner Schuld
nicht entledigen darf, sofern für sein eigenes armes Bewußtsein,
der Vernunftwille, der freie Wille bestehen bleiben muß?
6. Hier liegt die Grenze der Ethik. Und wo die praktische Für-
sorge, wiefern sie in einem solchem Falle möglich wird, beginnt, da
berührt sie sich mit der Religion. Wenn der Mensch, dem Tat-
bestände nach als Verbrecher deklariert, in der engeren Korrelation!
von Mensch und Mensch sich nicht mehr für sich selbst zu helfen,
vermag, da entsteht ihm in dieser schwersten Notlage das Problem*
seines Ich, und da stellt die Korrelation von Mensch und Gott die
einzige Möglichkeit zum Beistand dar.
So sehen wir, daß selbst die Rechtspflege die Notwendigkeit der
Schuld- aufrechterhält: nur nicht beim Richter, desto mehr aber
beim Verbrecher. Und aus dieser Sachlage ergibt sich zugleich die
Notwendigkeit, daß der freie Wille aufrechterhalten werden muß::
der Schuld wegen; also durchaus nicht als Illusion, wenngleich als•
Fiktion. Diese Fiktion aber ist die Grundlegung der sittlichen Hand-
lung überhaupt. Und wenn wir sagten, daß die Eigenart der
Religion in dem Problem der Schuld und in ihr an dem Problem
des Individuums entsteht, so sehen wir jetzt, daß diese Eigenart
der Religion im genauen Zusammenhänge steht mit den Grundlagen,
der Ethik.
f Wenn der Mensch das Bewußtsein seiner Schuld nicht von sich!
^abtun darf, so ist es die Ethik selbst, welche ihn an die Religion,
an die Korrelation mit Gott verweist. Die Ethik kann nur die*
Grundlegungen errichten, welche ihre Möglichkeit bedingen. Über
die Schranken ihrer Anwendung zu verfügen, widerspricht der Ein-
sicht in ihre Grenzen. Der Mensch sieht in die Augen, Gott allein
in das Herz. Schuld und Verdienst des Menschen bleibt dem
Menschen verborgen. Daran ist nicht die Ethik schuld, sondern
die Wissenschaft, die wiederum von der Logik ihre Grenzer!
197
-empfangt. Pur . die Ethik ist der Mensch daher am letzten Ende, f
jetzt sieht man es deutlich, nur der Beziehungspunkt ihrer Probleme, j
Wie er auch für die Wissenschaft nur der einzelne Pall ihrer Gesetze ist. |
J^ur in Relation auf die Gesetze aber entsteht der Einzelne, und
zwar als nichts anderes denn als ein Fall.
Der Pall des Gesetzes aber ist nicht das Individuum, welches
sich selbst als ein Ich anspricht. Der Fall spricht nur das Gesetz
an. Das Individuum aber denkt sich isoliert und.also.. absolujL Und
in dieser Isolierung weiß es sich nun keinen Rat, dieweil es von
•dem Bewußtsein seiner Schuld sich nicht losspreclien kann und nach
seiner subjektiven Zugehörigkeit zum Reiche der sittlichen Wesen
sich'1'nicht, lossprechen darf. Wenn jetzt nicht die Korrelation z.u
׳Gott für ihn in Kraft träte, so wäre er schlechterdings für die
:sittliche Welt, für sein Bewußtsein in ihr verloren.
7. Wir wiederholen: wenn wir die Religion in Anspruch nehmen
für die Schuld des Menschen, und wenn wir ihr die Erzeugung des
Ich-Individuum zusprechen, so lösen wir damit nicht'"־ihren Zu-
sammenhang mit der Ethik, sondern machen diesen vielmehr erst
wirksam, so daß die Ethik selbst den Übergang zur Religion fordern
muß, in ähnlicher Methodik, wie sie auch für den Begriff Gott
•diesen Übergang zur Religion wird fordern müssen.
Religion ist es, die mit der Ethik diesen methodischen Zu-
sammenhang eingeht. Religion — nicht Mythos, noch Mystik.
Der Mythos hat einen seiner tiefsten Ursprünge im Begriffe
der Schuld. Sie ist das Verhängnis, das Fatum, dem die Götter selbst
unterworfen sind. Und aus dieser Ate, der Schuldverblendung, ist die
Tragödie erwachsen. Wenn wir nun aber der Religion vermittelst
der Schuld die Erzeugung des Individuums zuerteilen, so wird
sich hier wiederum die genaue Differenz von Religion und Mythos
heraussteilen. Bei der mythologischen Schuld ist der Mensch nicht
ein Individuum, sondern vielmehr der Sproß , seiner Ahnen. Und
auch die Tragödie übernimmt ihn in dieser Gebundenheit seiner
Abstammung, von der ihn abzulösen und von seiner vererbten
■Schuld ihn zu erlösen, die Aufgabe der Tragödie wird.
Auch die Bibel ringt mit diesem überkommenen Mythos: Gott
ahndet die Schuld der Väter an den Kindern. Aber die Bibel ringt
sich los vom Mythos durch die Aufrichtung der Liebe Gottes, und sie
verdankt dieser neuen Einsicht von Gott, daß der Unterschied hervortritt
zwischen der Strafe an den Kindern erstlich unter der Einschränkung
198
״wenn auch diese mich hassen“, sodann aber durch die Gegenüber-
Stellung zur Strafe ״bis ins dritte und vierte Glied“, dagegen die Er-
Weisung ״der Liebe bis ins tausendste, denen die mich lieben und
meine Gebote wahren“.■ Diese Ergänzung bringt der Dekalog zu der
Theophanie bei den zweiten Tafeln. (2. M. 34, 7) Immerhin aber
bleibt doch noch, wenngleich unter eigener Mitverschuldung, das
dritte und vierte Geschlecht der alten Anschauung verfallen.
Unter ihr ist daher das Individuum noch, nicht zur freien Er-
zeugung gekommen, überhaupt noch nicht, geschweige in der Be-
deutung eines Ich.
8. Die mythische Anschaunng belastet daher den Verbrecher noch
mehr als das Urteil der .forensischen Medizin. Diese kann noch
immer ein Heilmittel herbeiholen; das mythische* Bewußtsein da-
gegen macht ihn zum Enkel seiner Ahnen, und darauf gibt es nur
eine Auskunft: weh’ dir, daß du ein Enkel bist. Aeschylos voll-
zieht daher einen methodischen Akt des philosophischen Bewußtseins,,
indem er die Erinyen von der Athena absetzen, und somit eine
neue Gottheit an die Stelle der alten Bachegöttinnen treten läßt,
welche, wie eine echte Gottheit, einen Gerichtshof, den Areopag ein-
setzt. Die Ethik geht mithin auch bei ihm imdie Religion hinüber. So׳
hört Orestes auf, lediglich aus Tantalus’ Geschlecht zu sein. So•
wird er ein Individuum. Aber die Gottheit befreit ihn nur, indem
sie das alte Becht absetzt. Eigentlich also' befreit Athena nicht
sowohl den Orestes als Athen und sein Recht.
Es zeigt sich daher hier mehr der Zusammenhang der Tragödie■
mit der Ethik als der des Menschen mit der Religion. Und so wird
־auch Orest hier noch nicht zum Individuum, sondern er bleibt der
Bürger seiner Stadt, innerhalb der allein er von seiner Schuld befreit
wird. Auch hier entsteht daher noch nicht das isolierte Individuum,
dessen Absolutheit der Mehrheit und selbst der Allheit gegenüber für
das Ich gefordert wird. Für sein Ich erhält Orest keine Aufklärung
und keine Befreiung. Klytämnestra bleibt seine Mutter, die er er-
schlagen hat. Er *hat sie aus Ate erschlagen, und die Erinyen werden
mit sittlichem Rechte vertrieben. Aber warum ist er dieser schrecklichen
Verblendung zum Opfer gefallen? Darauf kann er keine andere
Antwort sich geben, als welche seine Abstammung ihm erteilt.
Sein Individuum also löst sich in sein Geschlecht auf, mit dem er
[verwachsen bleibt. Im Mythos kann das Individuum als Ich nicht
:/entstehen.
i
*
199
Konsequenz zu erkennen sein mag* so muß sie nicht als die Be-
stätigung für die alleinige wahrhafte Überwindung des Opfers angesehen
werden. Selbst Micha fordert in dem bekannten Spruche nicht
.allein die menschliche Sittlichkeit, sondern auch das ״demütige
Wandeln mit deinem Gotte“. Worin besteht es? Wie denkt es sich
der Prophet? Weist das Wort nicht hin auf eine isolierte Hingebung
:an den Gedanken, an die Forderungen Gottes, auch wenn diese nur
auf die Sittlichkeit Bezug nehmen? Und was i.st diese isolierte
Hingabe im demütigen Wandel- mit Gott anderes als eine Feier
Gottes?
Eine andere Frage ist es* ob die Propheten durch ihre Polemik
gegen das Opfer zur Einrichtung eines Gottesdienstes in besonderer
Feier hätten bewogen werden müssen. Diese wird man verneinen
können. Man unterschätzt, man verkennt überhaupt die Macht des
herrschenden Brauches, ־den das Opfer, als öffentlicher Kultus, bildete,
wenn man aus der Verwerfung des Opfers die Folgerung zieht von
*der mitbedingten Verwerfung des öffentlichen Kultus. Diese
Folgerung widerspricht allem geschichtlichen Sinn, und wo. wie
gesagt, eine Andeutung von solchem Zusammenhänge sich an ein-
zelnen Stellen finden mag, da zeugen diese zwar für die Konsequenz
der Gedanken auch im Geiste der betreffenden Propheten, aber bei
diesen selbst beweisen sie damit noch keineswegs die völlige Abr
sage an den Gottesdienst des Kultus. Für die Entwicklung des
Prophetismus, und zwar in seinen wichtigsten sittlichen Reformen
müssen wir an dieser Unterscheidung festhalten.
Der Kampf gegen das Opfer ist Wunders genug; er bedarf
nicht noch der Ergänzung durch den Kampf gegen den Kultus. Es
wird fraglich werden, ob dieser eine Ergänzung, und nicht vielmehr
eine Verflachung und Vereitelung wäre.
13. Es könnte nun aber scheinen, daß, wie die Propheten mit dem
Opfer nicht den Kultus überhaupt bekämpft haben, sie auch über-
haupt das Opfer an sich nicht bekämpft hätten, sondern nur seine
Verbindung mit dem sittlichen Unrecht. Nur die Verbindung von
Unrecht und Opfer könnten sie zu bekämpfen scheinen, nicht aber
«das Opfer an sich; denn nur das Unrecht läßt keine Verbindung
zu mit der Verehrung Gottes: worin aber widerspricht das Opfer
dem Begriffe dieser Verehrung?
Jesaja sagt in seinem ersten Kapitel; ״Ich vertrage nicht Unrecht
und Festfeier“. (Jes. 13). Aber er fährt auch fort: ״auch wenn
202
ihr häufet das Gebet-, so höre ich nicht: eure Hände sind von*
Blute voll.“ So wäre denn auch das Gebet zugleich mit dem
Opfer verworfen, weil die Verbindung beider mit dem Unrecht,
mit der Blutschuld unverträglich ist? Und so wäre denn auch nur
durch solche Verbindung das Opfer ״ein falsches Speisopfer, ein
Bäuclierwerk des Greuls“ (Jes. das.), und es bliebe also etwa doch
die Möglichkeit eines wahren Opfers bestehen?
Die Frage schon ist unhistorisch, und ebenso auch psycho-
logisch irrig. So darf man nicht gegen die unverkennbare Originalität
großer Gedanken fragen. So darf man nicht den Urhebern neuer
großer Gedanken in alle Winkel und Durchgangswege ihrer Seele
hineinspähen wollen, sonst verdunkelt man sich die Hauptrichtungr
welche diese neue Seele verfolgt. Wie könnte Jesaja seine Beden
mit dieser Polemik beginnen, und wie könnte er sie so sehr ins Ein-
zelne durchführen, wenn er nicht den inneren Schaden des Opfers*
durchschaut hätte, der für ihn in dem m y th o lo g isch en U r-
s p ru n g des Opfers besteht. Das Opfer ist das Opfermahl, das sich«
auch bei den Israeliten erhalten hat. Und wie die Baalsverehrer
mit ihren Göttern dieses Mahl halten, bei welchem sie ihrem Trotz,
fröhnen und den Triumph ihres Machtbewußtseins und ihres Lebens-
gefühls feiern, so sind die Götzendiener in Israel vielleicht angst-
licher geworden, so daß sie den Beistand ihres Gottes herbeisehnen׳
in ihrem Festesjubel, aber wofür verlangen sie den Beistand? Etwa
für ihr sittliches Leben, oder aber zur Fortführung ihres Unrechts ?
Die Propheten erkannten, daß es nur der Aberglaube ist, der die־
Opferfeier ernster und düsterer gemacht hat, und daß nur Schutz
für die Sicherung ihres unsittlichen Verhaltens, in dem sie verharren
wollten, von dem sie sich gar nicht losmachen zu können glaubten,,
das Opfer entsagender und freigiebiger ausgestaltet hatte. Daher
konnte der Gedanke der Propheten gar keine andere Bichtang
nehmen als in die Alternative: entweder Opfer, dann aber ver-
bleiben im Unrecht — oder Verwerfung des Opfers und damit Be-
freiung vom Unrecht.
Man lese nur das erste Kapitel das Jesaja von I, 10—20, mit
welcher . Ausführlichkeit dort die Verwerfung des Opfers, allerdings•
zugleich mit aller Festfeier, die aber eben auf dem Opfer beruhte,,
geschildert wird. ״Eure Versammlungen und Festzeiten haßt meine
Seele, sie sind mir zur Mühe, ich bin milde es zu ertragen.“ Vor-
aufgegangen waren die Verse, welche die Opfer spezialisierten: ״Icli
203
bin satt der Brandopfer der Widder und des Fettes der Masttiere
und des Blutes der Kühe, der Lämmer und der Böcke, ich mag es
nicht.“ So kann man nicht die Ablehnung spezialisieren und dabei
verhöhnen, wenn man nicht im Prinzip über die ganze Einrichtung
hinausgewachsen ist.
14. Amos versteigt sich sogar zu der historischen Frage: ״Habt ihr
Schlachtopfer und Speisopfer mir dargebraeht in der Wüste vierzig
Jahre?“ (4, 4). Er will also die Opfer als eine nichtmosaische
Feier verdächtig machen. Und diesen Gedanken, führt Jeremia
durch: ״Ich habe nicht geredet mit euren Vätern yon Angelegen-
heiten des Brandopfers und des Schlachtopfers, als ich sie heraus-
führte aus dem Lande Ägypten.“ M aim o.nides, der auf diesem Ge«
danken seine ganze Kritik der Opfergesetzgebung aufbaut, gibt die i
positive Fortsetzung des Gedankens durchaus dem Deuteronomium j
gemäß, indem er die Gesetzgebung von Satzung und Recht m [
Mara an die, Stelle, der Opfergesetzgebung einsetzt. 1
15. Selten wohl ist in der . Geschichte sittlicher, geistiger Ideen
überhaupt mit einer solchen Klarheit und Deutlichkeit, mit einer
solchen Schärfe und Genauigkeit ein völlig umwälzender Gedanke
ausgesprochen und durchgeführt worden, wie die Propheten den
vorwiegenden rein sittlichen Charakter des Monotheismus in dieser
rückhaltlosen Bekämpfung des Opfers zum scharfen Ausdruck gebracht
haben. Alle Unterschiede, die sich sonst im Stil der Propheten
finden, und die man zu großen. Differenzen in Bezug auf das End-
ziel ihrer Verheißungen über H e il und U n h eil ausdeutet, sie treten
alle zurück gegen diesen einheitlichen Grundzug, den wir daher als
den des Prophetismus bezeichnen dürfen. Und was dawider zu
sprechen scheint — wir werden es alsbald eingehend zu würdigen
haben. Denn daß ein Gegenmotiv auch gegen diesen Grund-
gedanken sich hatte erheben müsse, das hat ja schon die Schwierigkeit
erkennen lassen, welche uns in der Frage nach dem Verhältnis des
Opfers zum Kultus überhaupt entgegentrat.
16. Wozu aber kann der Kultus überhaupt dienen? Diese Frage
kann doch nicht mit dem Hinweis auf die Isolierung des Ge-
, mütes für den Gedanken an Gott beantwortet sein, wie sie die
Forderung des demütigen ,Wandels mit Gott geltend zu machen
scheint. Oder sollte der Gottesdienst, sofern die Propheten über-
haupt ihn nicht angriffen, oder sogar ausdrücklich förderten, wie wir
sehen werden — sollte er etwa auf die Einsamkeit des P ie tis m u s
204
ihren Weg vorschreiben. Aber sofern die Philosophie deh Weg der
Geschichte verstehen will, hat sie die Wechselwirkung der Ideen zu
erforschen, welche der Lauf der Geschichte herbeiführt. Und ihr
Werturteil wird daher nicht isoliert bleiben dürfen auf die
Deduktion des einseitigen Prinzips, sondern sie muß die Gegen-
Wirkung der Motive in Erwägung nehmen, und auf die resultierende
Kraft der Gesamtwirkung hat sie ihr Werturteil zu begründen. So
fordert es die wissenschaftliche Methodik überall.
Und so kann nun auch das Urteil über den Prophetismus im all-
gemeinen, wie in seinen einzelnen Leistungen, sei es im Deuteronomium,
am Gesetze, sei es am Opfer, nur dadurch ein geschichtliches werden,
daß nicht eine dogmatische Einseitigkeit die Erforschung und die
Würdigung leistet, sondern daß die Einseitigkeit überhaupt verdächtig
wird für die geschichtliche Methode. Denn die Geschichte arbeitet nicht
nach isolierten Motiven, sondern durchaus überall in einer sehr ver-
schlungenen Wechselwirkung. Fortschritt, Rückschritt, Stillstand,
alle diese Momente sind unsachlich. K o n tin u itä t allein ist ein
methodischer Wegweiser. Für diese aber gibt es keinen Stillstand
und keinen Rückschritt, sondern immer nur den Fortschritt, der der
wahrhafte und einzige ist; der auf der Kontinuität beruht, die
jedoch von den Zufälligkeiten und Äußerlichkeiten des Vor und
Nach, ja des Zugleich selbst unabhängig ist, sie alle überwindet
und durchdringt.
Die Kontinuität kann aber nur dadurch ein Prinzip der Ge-
schichte werden, daß für alle Ideen und für alle Einrichtungen
d.er Geschichte, welchen Widerspruch immer sie gegen einander
an sich zu tragen scheinen, eine Gemeinschaft und eine Wechsel-
Wirkung angenommen und zur Aufgabe gestellt wird. Sobald ein
isoliertes Prinzip, zumal wenn es ein negatives ist, wie die Be-
kämpfung des Opfers, einseitig zu einer Idee des Prophetismus
gemacht wird, so ist es methodisch schon dadurch verdächtig.
Wenn der Prophetismus ein geschichtliches Problem bildet, so kann
nicht ein isoliertes einseitiges Prinzip in ihm das vorherrschende sein.
Auch das positive Gegenmotiv aber, welches in der wahrhaften Gottes-
Verehrung durch die soziale Sittlichkeit besteht, bedarf selbst der
Ergänzung. Die soziale Sittlichkeit selbst bedarf der Ergänzung.
Der Mitmensch muß weiterführen zum Individuum und zum Ich.
Die Korrelation mit Gott darf nicht nur bezogen bleiben auf den
Mitmenschen.
208
Die Versöhnung.
1. Die soziale Sittlichkeit, wie sie in Übereinstimmung mit dem
Deuteronomium von allen Propheten bis auf Jecheskel zur Haupt-
:Sache des Monotheismus gemacht wird, sieht im Problem des Menschen
nur das des Mitmenschen. Der Mitmensch selbst aber macht die Vor-
aussetzung des Menschen, von dem der Mitmensch angezogen wird.
Diese Voraussetzung jedoch wird stillschweigend gemacht, und es
schwebt der vorausgesetzte Mensch vollständig im Dunkel des
Hintergrunds. Nur durch das Du soll das Ich zur Erzeugung
kommen können. Das ist bei ihnen allen der leitende Grungedanke.
Aber ist denn etwa das Ich nur das Fazit des Du? Oder bildet
nicht vielmehr das Du zwar die notwendige Vorbedingung, aber
nicht die hinlängliche schöpferische Kraft, die aus dem Ich selbst
hinzukommen muß, aus noch anderen Problemen, die es in sich
•enthält. damit es zu einer positiven Erzeugung gelange?
2. Dasich ist vorab das In d iv id u u m . In der Reihe des Mit-
menschen jedoch konnte das Individuum noch nicht erstehen. Das
Individuum bildet ein Problem, an welchem die Eigenart der
Religion hervortritt im Unterschiede von der Ethik. Und diese
Eigenart hat bisher die Religion in der sozialen Liebe zum Mit-
menschen noch nicht zu stände gebracht.
Sofern die Ethik auf der A utonom ie des Willens beruht, kann
es scheinen, als ob ihr und ihr allein die Erzeugung des Indivi-
duums zustehe und gelinge. Bedenken wir jedoch, daß das freie
Individuum der Ethik, wenn man es selbst nicht aufgehen läßt in
relativen Gemeinschaften der Mehrheit, sondern seiner idealen Voll-
־endung gemäß auf die Allheit hin dirigiert und projiziert, sich
eben damit als Individuum in die Allheit auflöst.
Diese Auflösung des Individuums ist der höchste Triumph der Ethik.
Das ethische Individuum geht unter als isoliertes Einzelwesen, das im
U
210
Individuum nur für die Mehrheit vorausgesetzt ist, und daß es nicht
,als ein selbständiges Problem schon erdacht ist.
4. Es ergibt sich.hieraus eine wichtige Folgerung für die Straf-
.predigt, für den Begriff der Sittlichkeit überhaupt bei den sozialen Pro-
pheten : sie haben nicht allein das Individuum noch nicht zu einem iso«^ j
lierten Problem sich klargemacht, sondern auch ihr Begriff der Sünde;, j
hatte noch nicht seinen Grund in der individuellen Sünde. Auch zur 1
Sünde gegen Gott kann die soziale Sünde nur dadurch werden, daß
der Sünder zum Individuum geworden ist, und nicht mehr bloß in
der Abstraktion der sozialen Mehrheit seinen Träger und seinen Ur-
heber hat.
5. An dem Mangel, den wir hier bei den sozialen Propheten er-
kennen wollen, ist ein Vorspiel für prinzipielle Vorgänge zu er-
kennen, welches in der ganzen Geschichte der Kultur bis auf den
heutigen Tag sich wiederholt. Der soziologische Standpunkt ver-
folgt mit Bedacht und Becht den Grund der sittlichen Schäden in
den Gegensätzen und Beibungen d er. sozialen Verhältnisse. Die
Sünde ist hier die soziale Sünde. Die einseitige religiöse und reli-
giös determinierte sittliche Betrachtung isoliert den Menschen in
seiner sittlichen Kraft, und glaubt ihn durch diese Isolierung zum
Individuum zu machen. Beide Gesichtspunkte bedürfen der Ver- i
bindung miteinander, wenn der sittliche, wenn der religiöse Mensch
aus dem Mitmenschen heraus zum Individuum, als Ich, zur Erzeugung
kommen soll.
Denn das Ich ist es, welches vom einseitigen soziologischen
Gesichtspunkte ausgeschaltet wird. Das Selbstbewußtsein^ des
Individuums muß zurückgedrängt werden, wenn die soziale Milieu*•
kraft in das rechte Licht gebracht werden soll. Damit aber fällt
die Hauptsache fort, welche den Menschenwert, welche die Menschen-
würde ausmacht. Und wenn nun nicht ohne die negative Bedingung die
Menschenwürde hergestellt werden kann, so muß daher das Ich
selbst, also das Individuum sündigen, und die Sünde kann nicht ab-
gewälzt werden auf die soziale Mehrheit.
6. Sofern die Sünde betrachtet wird rein methodisch als das
Entdeckungsmittel des Menschen als Ich, und dadurch als wahr-
haftes Individuum, so ist damit ausgesprochen, daß die Sünde, welche
die sozialen Propheten vorzugsweise geißeln, ergänzt, vertieft, geradezu
verinnerlicht werden muß durch diejenige‘ Sünde, welche das Indivi-r
duüm, als Ich, begeht, und deren es sich bewußt gemacht werden
H*
212
diese Bedeutung nicht mehr dem Bereich der reinen Ethik angehören,
sondern nur unter Bezugnahme auf die Erfahrung vom Menschen:
wie kann in ihr die Annahme eines medialen Willens, der das
Schlechte, wie das Gute, wählen kann, entstehen? Wie kann der freie
Wille die Willensfreiheit der Sünde bedeuten? Also, auch die Sitten-
lehre, die auf die Erfahrung vom Menschen angewandte, erledigt.,
die Frage nach dem Ursprung der Sünde nicht. j
9. Aus einem Mißverständnis des hebräischen Wortes יצרist die
E rb sü n d e entstanden. ״Die Anerkennung der Schwäche des Menschen
.ist der unzweifelhafte Sinn der betreffenden Stelle. Die Erde und
der Mensch selbst auf ihr soll nicht wegen des Menschen allein ge-
schlagen werden;“ denn der jezer des Herzens des Menschens ist
böse von seiner Jugend an.“ (1. M. 8, 21). Schon der Pleonasmus ist
auffällig, und nur weil wir an den ״Trieb des Herzens“ gewöhnt sind,
bemerken wir ihn nicht. Das Herz allein sollte genügen, oder der Trieb.
Das Wort Jezer bedeutet aber nicht den Trieb, oder wenigstens
nicht ihn allein, sondern es ist nach der Erklärung Ibn Esras ״das
Erzeugnis, das ihm nachgebildet ist“. Nicht der Trieb des Herzens
ist böse, sondern das Gebild des Herzens wird als schlecht bezeichnet,
Gesenius übersetzt das Wort in erster Bedeutung als die Handlung,
als fictio, formatio. Zwei Kapitel vorher steht dasselbe Wort noch
in der komplizierteren Verbindung mit den ״Gedanken seines
Herzens“ (1. M6, 5). Auch bei Kautzsch bleibt hier die Übersetzung
im Bausch: ״und alles Dichten und Trachten ihres Herzens“. An
der späteren Stelle hieß es nur das Dichten. Also der Trieb ist
auch hier nicht angenommen. Aber auch das Dichten und Trachten
erhält den Irrtum.
Das Wort bezeichnet, wie die letztere Stelle unzweifelhaft
macht, nur das Gebild der Gedanken des Herzens. Es wird hier
keineswegs eine angeborene Anlage zum Bösen in dem Menschen-
herzen statuiert. Allerdings aber wird anerkannt, daß die Wirkungen!
aus dem Dichten und Trachten des Menschenherzens schlecht!
sind. Dieser Ausspruch aber soll nicht als eine absolute Wahrheit!
gelten. Er ist kein Glaubenssatz; als ein solcher entsteht er nicht
im Zusammenhänge dieses Gerichtes mit Gottes Vorsehung für die
Erhaltung der Erde und alles Lebendigen auf ihr. In diesen Zu-
sammenhange würde nicht der Lehrsatz passen, der die Bosheit zu
einem angeborenen Triebe des Menschenherzens macht. Die Gebilde
des Menschenherzens sind schlecht; dies kann bedeuten, daß im
214
Gott einen neuen Zusammenhang stiften, so muß vor allem das Miß-
Verständnis abgewiesen werden, welches für das Verhältnis von Gott
zur Sünde des Individuums durch die Frage auftauchen könnte, die*
wir oben dahin gestellt hatten: woher kommt die Sünde? Zwar
haben . wir die Möglichkeit schon abgewehrt, daß Gott sie unserem
Wesen erbeigentümlich eingepflanzt haben könnte. Aber die neu
aufgestellte Verbindung der drei Begriffe könnte doch wiederum za
dieser verhängsvoüen. Vermutung zurücklenken. Und der Irrtum wird
überhaupt bestärkt durch die Zweideutigkeit im Sinne der Frage selbst.
Die Frage nach dem Ursprung des Bösen erkannten wir ihrem,
eigenen Ursprung nach als eine solche des Mythos, dessen Interesse־
durch die angebliche Metaphysik forterhalten wird. Die Ethik dagegen
lehrt uns, daß der Grund der Freiheit, mithin der Grund des Guten,
wie der des Bösen, unerforschlich sein muß. Denn dieser Grund ist
immer nur eine Kausalität. Diese aber beherrscht nur das Reich der
Naturerkenntnis. Das Reich der Freiheit aber ist das Reich der
j ethischen Erkenntnis, und in diesem waltet anstatt der Kausalität das
!Prinzip des Zwecks.
12. Wenn sonach nun die Frage nach dem Woher der Sünde nicht
die Bedeutung nach ihrem Grunde und Ursprung haben kann, so
kann auch ihre Verbindung mit Gott nicht bedeuten, daß in Gott
ein Grund gelegt werden könnte, dessen Problem hier überhaupt ab-
getan ist-. Welchen Sinn hat nun noch jene Frage? Die Antwort auf
diese Frage soll durch die andere Frage vermittelt werden : welchen
Sinn hat die Sünde gegen Gott gegenüber der gegen Menschen?
Und wie kann sie vor dem Verdacht einer bloßen Illusion oder einer
(überflüssigen Fiktion geschützt werden?
In der Verbindung der drei Begriffe hat es sich bisher nur ge-
handelt.um die der Sünde und Gottes: was bedeutet für die Ver-
bindung aber das Individuum? Wir hätten bisher nur erwogen, daß
das Individuum notwendig sei und nicht erledigt werde durch den
sozialen Gesichtspunkt der sündigen Mehrheit. Es genügt aber nicht,
das Individuum als ein unerläßliches Desiderat zu erkennen. In
dieser Bedeutung erscheint es nur als eine negative Bedingung:
worin besteht die positive Bedeutung des Individuums für die Sünde?
Und diese Frage kann jetzt nicht mehr mißverstanden werden als
die Meinung, als ob in die angeborene Natur des Individuums der
Grund der Sünde gelegt werden sollte. Denn darin läge ja nur der
Fehlgriff der Kausalität.
217
13. Das Individuum muß gemäß der Ethik, mit deren Methodik die
Religion der Vernunft in ununterbrochenem Zusammenhänge verbleiben
muß in n e rh a lb d er Z w ecklehre der Ethik aufgerichtet werden. Und
diese Zwecklehre ist die methodisch homogene Fortführung der Logik.
Diese aber lehrt, daß alle Grundbegriffe G ru n d leg u n g en sind, die
in ihrer Fruchtbarkeit den Prüfstein ihrer Richtigkeit haben.
Eine solche Grundlegung ist das Individuum, ist die Sünde, ist
die Sünde des Individuums. Eine solche Grundlegung ist auch die
Idee Gottes, ist nicht anders daher auch die der Sünde vor Gott.
Und das Individuum soll sich ja erst durch die Sünde als Ich
entfalten. Der sozialen Sünde ist diese Entfaltung versagt; denn
für sie gibt es ja nur eine sündige Mehrheit. Versuchen wir es
daher mit der Grundlegung der Sünde vor Gott: ob ihr etwa die
Fruchtbarkeit beiwohne, das Individuum als Ich zu erzeugen. Viel-
leicht wird sich eine neue Fruchtbarkeit dabei heraussteilen, nämlich
die, daß nicht nur das sündige Individuum sich in das sündige Ich
verwandelt, sondern daß über diese Verhandlung hinaus noch eine
andere für das sündige Ich sich ins Werk setzt. Damit aber erst
würde der tiefere Sinn dieser Verbindung der Begriffe sich heraus-
stellen: daß nicht allein das Individuum als Ich zur Entdeckung
kommt, sondern daß auch die Idee Gottes zu einer neuen Bedeutung
gelangt, durch welche die Religion zu ihrer Eigenart gelangt gegen-
über der Ethik, von deren Methode sie abhängig bleibt. Und diese
Eigenart der Religion würde alsdann nicht allein über die Ethik
hinaus einen neuen Begriff Gottes zur Entdeckung bringen, sondern
nicht minder auch einen neuen Begriff des Menschen.
14. Auch für den Menschen muß die Sünde eine neue Aufklärung
bringen. Sie darf nicht ein metaphysisches Rätsel darstellen, welches
eine Sphinx über das Wesen des Menschen aufgäbe. Sie ist nichts
mehr und nichts weniger als eine Grundlegung. Sie muß daher
ein Durchgangsbegriff sein für die Grundlegung des Menschen als Ich;
ein Durchgangsbegriff, der hinwegführt über den der sündigen
Mehrheit. Und so muß auch die Sünde vor Gott nicht mehr und
weniger als eine Grundlegung sein, also ein Durchgang, der hinaus-
führt über die Sünde vor den Menschen, weil gegen den Menschen.
Und die Verbindung dieser beiden Durchgangspunkte soll alsdann
noch eine neue Grundlegung für das Ich zur Folge haben.
15. Machen wir hier einen kleinen Halt, um nochmals das Ver-
hältnis von Individuum und Mehrheit gegenüber der Sünde zu be-
218 ;
für die Religion der Vernunft bleibt es die Frage, ob ihr auf derer
Zusammenhang mit der Ethik beruhender Vernunftanteil unverletzt
bleibt durch die kirchlichen Auffassungen vom Richterstuhl Gottes.
" Wir haben jetzt nun aber das Kriterium in die Hand bekommen, mit
dem wir den richtigen Begriff der Sünde vor Gott methodisch prüfen
können. Es besteht in der Verbindung der Begriffe von Sünde und
Sünde vor Gott mit dem Individuum, alö Ich. Nur diejenige Sünde ן
Ties Individuums haben wir allein als Sünde vor Gott zu erkennen, j
welche das menschliche Individuum an das menschliche Ich emporhält. /
Wenn das Individuum gegenüber der sozialen Mehrheit nunmehr auf
sich selbst isoliert wird, so wird es nicht vereinsamt und verödet, sondern
vielmehr zu einem neuen Leben wiedergeboren. Das Ich ist dieses
neue Lebewesen, vielmehr das sittliche Vernunftwesen. Und der
Triumph der Religion wird es, daß es ihr erst gelingt, dieses
Vernunftwesen zur Welt zu bringen, während die Ethik es nur in ;
der Projektion der Allheit zu erzeugen vermag.
17. Zu diesem neuen Problem des religiösen Ich soll das sündige Ich ;
vor Gott die Bahn brechen. Wenn aber das sündige Ich nur als Durch- j
gangspunkt zu gelten hat für die Erzeugung des neuen, von der reinen |
Ethik noch nicht erzeugten Ich, so kann es nicht das sündige Ich bleiben. |
Die B e fre iu n g von der Sünde muß das Ziel werden, durch dessen
Erreichung erst das neue Ich zur Erzeugung kommt. Nicht also,
um das Individuum in der Sünde verharren zu lassen, wird die
Sünde vor Gott eingeführt, sondern um es von der Sünde zu be-
freien, welche Befreiung notwendig ist für die Verwandlung des
Individuums in das Ich. Bliebe nun das Sittengesetz die alleinige
Instanz, vor der der Mensch in seiner Autonomie sich zu ver-
antworten hat, so hätte die Abstraktion dieses Tribunals keine Kom-
petenz und keine Mittel/ von der Sünde zu befreien. Bei der
Autonomie allein liegt alle ihre Kraft, die Sittlichkeit des Menschen
zu behaupten. Die Autonomie ist ja auch die Kraft, vermöge der
das Ich sich zur Allheit emporschwingt. Es gibt für die Ethik kein
anderes Ziel und kein anderes Mittel.
Indessen schon für die soziale Sittlichkeit hatte sich die Indi-
vidualität des Mitmenschen als Problem herausgestellt. Diese aber
ist noch nicht die des Ich. Und das Problem des Ich wird
ebenso wenig durch die Allheit erschöpft, wie durch die soziale
Mehrheit. So muß schon der Versuch gewagt, die Grundlegung
220
von der Sünde kennt das Volk nicht, geschweige der Stamm und die
Familie. Für Jecheskel gibt es nur das Individuum und die Befug-
nis, ihm den Weg zum Ich zu bereiten. _
Ein neuer Name schließt sich hier noch an, der jedoch keinen
neuen Begriff bilden kann: die V ersöhnung.
20. Der Ursprung auch dieses Begriffs liegt im Mythos und im
Polytheismus. Der Zorn der Götter, der im Neid seinen Grund
hat, soll beschwichtigt werden. Das Opfer soll sie wieder v'er-
söhnen. Die Sühne, welche subjektiv das Opfer bildet, hat nur das
objektive Ziel dieser Versöhnung der Götter. Der heilige Gott da-
gegen kann nur über das Unrecht den Menschen zürnen. Und der
Eifer der Propheten gegen das Opfer erklärt sich daher genugsam
aus ihrem Widerspruch gegen die falschen Götter, die anders als
durch die Sittlichkeit der Menschen mit ihnen versöhnt werden
können. Für sie kann daher durchaus kein Zulaß mehr bleiben
zum Opfer, welches schlechthin das gefährliche Symptom des
falschen Gottesdienstes ist.
Und dennoch soll Jecheskel einen neuen Weg führen,. obzwar
er an dem Opfer wieder festhalten will! Liegt hier nicht ein Wider-
Spruch vor, der gar nicht aufgelöst werden kann? Sehen wir, ob
die Versöhnung selbst eine neue Vermittlung darbietet, um die Sünde
vor Gott fruchtbar zu machen für die Befreiung des Menschen von
ihr und seine Ausgestaltung zum Ich.
21. Wie die Erlösung nicht die des Volkes bleibt, so bleibt es
umgekehrt auch nicht bei der Versöhnung des Menschen mit Gott,
sondern diese wird erst das fernere Ziel, dessen Erreichung zunächst
zu erwirken hat: die Versöhnung des Menschen mit den W id er-
S p rü ch en , die sein Individuum nicht zur E in h e it des Ich kommen
lassen. '
Haben wir bisher also vorwiegend auf Gott geachtet, um durch
die Sünde vor Gott das Ich zu erzeugen, so führt uns die Erlösung,
als Versöhnung zurück zum Menschen, bei dessen Erhebung zum
Ich die Begriffe Gott, die Sünde vor Gott, die Erlösung durch Gott
nur zu Mittelsbegriffen werden, die erst dann wieder an die Spitze
treten und das Ziel bezeichnen können, wenn es bereits gewonnen
und erreicht ist: durch die Versöhnung, die der Mensch selbst
mit den Widersprüchen in seinem Tun und Lassen zu erstreben
und zu vollziehen hat.
Nur zur Vollführung dieser seiner eigenen, selbständigen Arbeit
.2.23
fernhält und wahrhaftes Recht übt zwischen einem uud dem anderen,
nach meinen Satzungen wandelt und meine Rechte wahrt, um sie
auszuüben, in Wahrheit, der ist gerecht“ (er ist der wahrhaft
Gerechte, weil er nämlich es im Geiste der reinen Sittlichkeit ist).
״Er wird leben, ist der Spruch des Herren, des Ewigen“, (ib. 5—10).
Das Leben des Gerechten wird jetzt gefordert aus der Erkenntnis
seiner Seele. Und dieser Gerechte habe nun einen ״gewalttätigen
Sohn, der Blut vergießt . . . und das Weib seines Nächsten hat er
verunreinigt, den Armen und Dürftigen hat er hintergangen, hat
Raub verübt, das Pfand nicht zurückerstattet, seine Augen erhoben
zu den Götzen, Greuel verübt, ^auf Wucher geliehen und Zins ge-
nommen, er soll nicht leben bleiben . . sein Blut komme über ihn“
(11—13). Der positive Abschluß ist hier gefunden, wenngleich nur
erst für die Strafe: es ist sein eigenes Blut, das über ihn kommt
Er stirbt nicht für die Sünde seines Vaters.
Und nun geht die Ausführung weiter auf den guten Sohn dieses
schlechten Vaters. Schon diese Spezialisierung ist wichtig. Es ist
keineswegs unmöglich, daß der schlechte Vater einen guten Sohn
habe. Ein solcher soll nicht sterben um die Schuld seines Vaters,
sondern er soll leben. Das Sprichwort ist jetzt vollständig vereitelt.
Der schlechte Vater hat nicht nur einen guten Sohn, sondern auch
einen glücklichen. Diese Steigerung ist hier berechtigt, insofern es
auf das Volksbewußtsein ankommt, das nach diesem Kennzeichen
urteilt.
Der Prophet nimmt so sehr auf die Volksmeinung Rücksicht,
daß er fortfährt: ״und da sagt ihr: warum trägt nicht der Sohn
an der Schuld seines Vaters? Aber der Sohn hat Recht und Ge-
rechtigkeit geübt und meine Satzungen beobachtet und sie geübt: er
soll leben. DieSeele, welche sü n d ig t, die soll sterben. Aber
der Sohn soll nicht tragen an der Sünde des Vaters, und der Vater
nicht tragen an der . Sünde des Sohnes. Die Gerechtigkeit des Ge-
rechten soll über ihm sein und die Bosheit des Bösen auf ihm sein“.
Der Prophet wendet sich also gegen die Volksmeinung, welche nach
dem Sprichwort zwar die Bestrafung des Sohnes überhaupt auffällig
findet, keinen Anstoß aber daran nimmt, daß der gerechte Sohn
eines schlechten Vaters nicht dennoch mitverantwortlich bleibe an
der Schuld des Vaters. Nur im allgemeinen bewegt sich das Sprich-
wort; sobald aber der Einzelfall auf die Moralität hin spezialisiert
wird, dann bleibt der Aberglaube doch an der Vererbung der Schuld
15
hängen. Nur durch die Spezialisierung kann dieser Aberglaube zer-
stört werden.
27. Das Sprichwort hat nur einen skeptischen Anflug. Jetzt
aber erst kommt es zur eigentlichen Fortführung des Gedankens
auf seine Konsequenz. ״Wenn sich aber der Böse bekehrt von
allen seinen Sünden, die er begangen . . so soll er leben, nicht
sterben. Alle seine Missetaten, die er verübt hat, sie sollen ihm
nicht gedacht werden, wegen seiner Gerechtigkeit, die er geübt hat,
soll er leben. Hätte ich denn Wohlgefallen am Tode des Bösen?
Spruch des Herrn, des Ewigen, und nicht vielmehr daran, daß er
umkehre von seinem Wandel und lebe“. (21—23). Ein neues
Moment tritt in den Prozeß von Sünde und Strafe ein: die U mk eh r
vom bösen Wandel. Die Unterscheidung von gut und böse ist
damit aufgehoben. So wird das Sprichwort erst gründlich widerlegt.
Der schlechte Vater ist jetzt als Tatsache verschwunden: er kann
von seinem Wandel sich bekehrt- haben. Auch die Korrespondenz
von Sünde und Strafe ist jetzt durchbrochen. An ihre Stelle ist ge-
treten die von Sünde und Umkehr.
28 י. Und auch das Wesen Gottes hat demgemäß sich verändert.
Nicht seine Bestrafung ist das untrügliche Zeichen seines Wraltens,
sondern er hat Wohlgefallen an der Abkehr des Sünders von seinem
Wandel, hat demzufolge nicht Wohlgefallen an seinem Tode, sondern
vielmehr an seinem Leben.
Und wie es keinen unveränderlichen Charakter für den Bösen
gibt, so auch nicht für den Gerechten. ״Wenn aber der Gerechte
von seiner Gerechtigkeit abläßt und Frevel verübt . . so wird aller
seiner gerechten Taten, die ־־er getan, nicht gedacht werden . . wenn
ihr aber sagt: nicht gegründet sei der Weg des Herren — so höret
doch, Haus Israel: ist mein Weg nicht gegründet? Fürwahr eure
Wege sind nicht gegründet.“ Am Schlüsse dieser Ausführungen
findet sich bei dem Frevler das entscheidende Wort. ״Und wenn
der Frevler umkehrt von seiner Bosheit, die er verübt, und er tut
Becht und Gerechtigkeit, er wird seine Seele am Leben erhalten“
(26, 27). ״Deshalb werde ich euch, einen Jeden, nach seinem Wandel
richten, Haus Israel, Spruch des Herrn, des Ewigen, kehret um und
bekehret euch von allen euren Missetaten, und n i c h t soll euch zum
Anstoß sein die S c h u ld . “
I So wird der neue Mensch geboren, auf diesem Wege wird das
j Individuum zum Ich. Die Sünde kann nicht den Lebensweg vor-
227
Lehre, daß die Sünde dem Menschen nicht zum bleibenden Anstoß
werde, nicht zum bleibenden Grund des Straucheins. Dadurch erst
wird er ein Individuum, welches nicht schlechterdings abhängig ist
von den Relationen der Mehrheit, in die er verflochten wird. E r
ist eine selbständige geistige, weil sittliche Einheit. Die Fähigkeit
zur Umkehr von dem bisherigen Lebenswege gibt ihm den W ert
]dieser souveränen Einheit.
30. Indessen bei aller Anerkennung dieser neuen Höhe der Er-
kenntnis muß doch wieder die Frage entstehen, ob sie neben dem
prinzipiellen auch einen aktuellen, praktischen Fortschritt bedeute־
über die Sittenpredigt der Vorgänger hinaus. Diese mahnten, den
Weg der Gerechtigkeit zu gehen. Jecheskel aber mahnt, den Weg
der Gerechtigkeit neu zu beschreiten, da der bisherige Weg, wie auch-
er mit den Vorgängern betont, der falsche war. Welchen Unterschied
bringt nun der Unterschied zwischen Mehrheit und Individuum, der jetzt
erreicht ist, zugleich hervor für den Unterschied in der sittlichen
Mahnung? Das Individuum solll jetzt einen neuen Weg sich selbst
erwählen können. Wie unterscheidet sich nun dieser neue Weg der
Umkehr für das Individuum von dem alten Wege der Abkehr für
das Volk? Bleibt nicht doch die Umkehr ein bloßer Gegenstand der
Ermahnung, oder worin liegt die Kraft-, die in der Umkehr das In-
dividuum ins Werk zu setzen vermag?
31. Das hebräische Wort der Umkehr wandelt sich zu einem
neuen Worte, welches im Deutschen allerdings eine ungenaue Über-
Setzung gefunden hat in der Buße ()תשובה. Die Buße bedeutet im
germanischen Recht das Lösegeld, und so enthält das Wort einen
Sinn, der sich nicht deckt mit, der ganz verschieden ist von der Be-
deutung der Umkehr. Dagegen aber zeigt das neue hebräische*
Wort die Wandlung an, die an der Umkehr vollzogen ward. Buße*
ist Straffe. Und die Strafe ist das aktuelle Mittel, durch welche die-
Umkehr von der bloßen sittlichen Abstraktion unterschieden werden soll-
Die Strafe selbst jedoch ist uns nicht der eigentliche Gegenstand,,
der die Umkehr konkret und praktisch macht. Auch im Rechts-
verfahren ist es ja nicht die Deklaration der Strafe durch den Richter,
welche dem Rechte Genugtuung gibt — denn diese soll ja der
Grundlage von der Deklaration der Schuld durch den Richter entbehren.
Um so mehr aber soll der Verbrecher selbst das Schuldig über sich
verhängen können und müssen. In dieser seiner eigenen Deklaration
von seiner Schuld liegt der innere Grund der Strafe. Die Strafe•
229
35. Wir denken heutzutage an die zum Staate analoge Einheit der
Kirche. Aber eine solche Analogie wird vom ursprünglichen Mono-
theismus schon ausgeschlossen. Im Gottesstaate wäre die Kirche
nicht bloß eine Anomalie, sondern ein Pleonasmus. Dagegen mahnt
ist der Sinn der Theokratie. Wenn nun aber der Staat vernichtet
ist, könnte dann etwa eine Kirche als Surrogat erdacht werden, wenn
anders diese den Staat ersetzen sollte? Ist die Kirche nicht vielmehr
als Nebenordnung mit dem Anspruch der Überordnung und der
Ergänzung zum realen Staate entstanden? Ohne den Staat konnte
keine Kirche entstehen.
36. So ist die Geme ind e entstanden, als die einzig entsprechende
Einheit für die einzige Aufgabe der Keligion.. Und wie die Religion
hier auf den Punkt gekommen war, an dem das Individuum ent-
stand, so läßt es sich verstehen, daß für das Individuum das ent-
sprechende öffentliche Institut, dessen es für den Strafvollzug des
Bekenntnisses bedurfte, gar nicht der Staat, und so auch nicht die
dem Staate analoge Kirche, sondern nur das neue Institut der
Gemeinde sein konnte, das sein Vorbild nur hatte in der S ta d t -
gemeinde. Diese aber hat nicht minder auch die Individuen zü
ihrer Voraussetzung, und zwar in prägnanter Weise gegenüber den
nur symbolischen Mitgliedern des Staates. Schon in der hebräischen
Sprachwurzel ist das Wort der Gemeinde auf die Vereinigung ge-
gründet, nicht, wie der Staat, auf das Oberhaupt und die Herrschaft.
37. Wie sollte nun aber die Gemeinde zur Stiftung kommen, zumal
sie den Verdacht eines neuen Staates gegen den Argwohn der Perser
abzuwehren hatte? Welches öffentliche Mittel konnte ausfindig ge-
macht werden, um die Einheit der Gemeinde zustande zu bringen,
und ohne ihr den Zwang der Staatseinheit zu verleihen? Es konnten
sicherlich nur religiöse, nur öffentliche Mittel des Gottesdienstes
sein, welche zur Herstellung der Gemeinde in Frage kamen. Und
wie sehr immer dem neuen Begriffe vom Menschen gemäß auch
ein neuer Begriff von Gott entsprechend gemacht werden mußte, mit-
hin auch der Gottesdienst des Opfers Reform und Umbildung erforderte,
so ist es doch der natürliche historische Gedanke, daß dieses Ur-
institut des Kultus nicht schlechthin ausgeschaltet, daß auf ihn nicht
verzichtet werden konnte. Es gab kein anderes öffentliches Mittel
des religiösen Geistes.
Schon im Deuteronomium erscheint es als ein Widerspruch,
daß die klare und eindringliche Hervorhebung der rein sittlichen
232
#
234
%
235
sich aus der Einheit Gottes für dieses Problem ergibt. Hier haben
wir noch für den Menschen, als Ich, zu sorgen, und daher noch ge-
nauer die Bußarbeit zu ergründen, die ihm obliegt. Auch für ihn
ist die Mitwirkung Gottes bei dieser seiner eigenen Arbeit auszu-
schließen. ״Vor•Gott“ heißt es, ־nicht durch Gott, noch auch nur/
mit Gott, sondern durchaus nur vor Gott. Diese Bestimmung be-j
darf noch genauerer Erörterung. j
Wenn unser methodischer' Grundgedanke zu Recht besteht, sa
muß die Autonomie des Willens unangetastet in Kraft bleiben.
Wenn die Ethik fordert, daß der Wille das Sittengesetz als das
Gesetz der sittlichen Vernunft vollziehe, so kann es dagegen keinen
anderen als nur einen methodischen Unterschied bilden, daß difc
Religion der Vernunft den Willen der Vernunft als das Gebot Gottes
zu denken lehrt. Dieses Gebot Gottes ist im Herzen, in dem Geiste
der Heiligkeit des Menschen klargestellt. Die Provenienz des
Sittengesetzes steht soweit außer aller Frage bei der einzelnen Auf-
gäbe des sittlichen Willens. Und wenn es nun in der Buße gilt
das Selbsterkenntnis der Sünde als den Durchgang zu gewinnen für
die Befreiung und die Reinheit des sittlichen Bewußtseins, so muß
bei dem Beschreiten und Durchwandern dieses Durchgangspunktes
die Selbständigkeit der Willensarbeit ungehemmt und unbeeinflußt
sein von jeder anderen Willenskraft. Was diese zu leisten haben
mag für den Ursprung des Gesetzes, steht jetzt nicht mehr in Frage,
Jetzt steht allein der Mensch, als Ich, auf dem Spiele. Und dieses
Spiel ist von vornherein verloren, wenn die Selbständigkeit nicht eine
absolute wird.
Nur auf den eigenen Lebensweg muß daher der Mensch zurück
zu blicken haben, und nur auf die Abkehr von ihm. Und zur Mög-
lichkeit, einen neuen Lebensweg anzubahnen, bedarf er zunächst des
Bekenntnisses vor der Gemeinde und bei der Gelegenheit des Opfers.
Aber alle diese Hilfsmittel sollen ihm nur solche sein für die
eigene selbständige Arbeit im Rückblick und Vorblick. Und der
Vorblick geht auf Gott. Und so liegt in diesem Vorblick die ganze
Perspektive der Heiligkeit und der ganze Horizont, den die Kor-
relation mit Gott lichtet. Aber die Projektion auf diesen Horizont
muß der Mensch ganz allein und selbständig ebenso anfangen, wie
durchführen. Jeder Beistand, jede Mitwirkung bei der Buße würde
die Umkehr zu einer Umführung machen, und die selbständige
•Leistung und Aufgabe des Menschen vereiteln.
238
Die Reue ist nur der Gefühlsausdruck des Affektes, welcher die Yer-
werfung und. Verachtung des alten Lebensweges unwillkürlich be-
gleitet; aber dieser begleitende Affekt ist an sich selbst nicht schöpfe-
risch. Schöpferisch wird erst die Erkenntnis und das Bekenntnis.
Helles Bewußtsein in Erkenntnis und Handlung, darauf kommt es
an, und darin wird der Grund gelegt für den neuen Lebensbau.
Alles, was mit dem Terminus der G e s in n u n g bezeichnet wird,
muß durch diese beiden Taten des Bewußtseins geleistet werden.
Die Gesinnung ist der Ausdruck für die Innerlichkeit, aus der alles
Äußere der Tat hervorgehen soll. In diesen beiden Bichtungen be-
tätigt sich die Innerlichkeit: in der Erkenntnis und in dem Bekennt-
nis. Das Bekenntnis ist der erste Schritt zur Handlung, welche
wiederum in zwei Schritten erfolgt: in der Abwälzung und in der
Neuschaffung. Die Gesinnung darf nicht nur eine theoretische Inner-
liehkeit bedeuten, wie die Erkenntnis der Sünde eine solche eigentlich
nur ist. sondern sie muß in Handlung sich umsetzen. So unter-
scheidet sich hier auch in der Gesinnung die Buße Jecheskels von der
Prüfung bei Jeremia, die in dieser Bichtung auch bei Jesaja verläuft.
45. Nun aber erhebt sich eine neue Frage. Wir nannten den
Menschen der sozialen Mehrheit eine Abstraktion. Ist eine solche
nicht auch das neue Individuum, als Ich? Ist es etwa ein empiri-
sches Einzelwesen? Oder ist es dies nicht vielmehr nur als eine
populäre Illusion, welche das ideale Moment einer Entwicklung, die
aufgegeben ist, verwechselt mit einer konkreten abgeschlossenen Ge-
stalt für dieses Moment einer aufgegebenen Entwicklung? Wir
stehen mit dieser Frage vor einem der tiefsten Probleme der Ethik,
welches daher auch für das religiöse Problem von grundlegender
Bedeutung sein muß.
Das neue Herz und der neue Geist sind und bleiben Aufgaben./
Auch das Ich darf als nichts anderes gelten denn als Aufgabe. Sol
wenig man sich vorstellen, kann, daß in konkreter Gegebenheit ein
neues Herz gebildet werden sollte, ebensowenig ist eine solche abzu-
schließende Gestalt der Sinn des zu erzeugenden Ich. Wie dieä
Ethik, so muß es auch die Beligion immer nur mit Aufgaben zu
tun haben, die, als solche, unendlich sind, und daher auch nur un-
endliche Lösungen fordern können.
Das Ich kann daher nichts Höheres und durchaus nichts anderes
zu bedeuten haben als nur einen Schritt, eine Stufe im Aufschwung
zu dem Ziele, das unendlich ist.
Wird das Ich etwa dadurch zu einer bloßen Abstraktion? Viel-
mehr wird es dadurch erst zu einer richtigen Realität gebracht. Ab-
-straktion vielmehr bleibt es innerhalb der Mehrheit und als ein isoliertes
.Subjekt. Wenn es dagegen in die Momentanität eines Aufschwungs
eingehoben wird, so kommt es zu einer wahrhaften sittlichen Lebendig-
j keit. Die Buße verschafft dem Menschen dieses neue Leben, das freilich
!.nur in der Seligkeit eines Momentes bestehen kann. Aber dieser
( Moment kann und soll sich unaufhörlich wiederholen: er darf nie-
f mals inveterieren, sondern er muß und er kann sich stets vertagen
; und erneuern.
Diese Stetigkeit, welche die Aufgabe dieses Aufschwungs fordert,
befreit das Ich, welches in der Kontinuität dieser Momente seinen
Bestand gewinnt und behauptet, ׳von dem Verdacht einer bloßen Ab-
straktion. Vielmehr ist alle andere Art der Subjekterscheinung nichts
( als Gespenst oder Materialisierung. Das Subjekt, als Ich, ist be-
j dingt durch den Moment und durch die Kontinuität der Momente.
46. Die Heiligkeit ist uns besonders bei Jesaja als der Terminus
der Religion bekannt geworden. Gott ist der heilige Gott. Dies ist
die neue Gotteserkenntnis. Und der heilige Gott fordert: ״heilig
sollt ihr sein“. Auch dieser Satz enthält den Schein eines Wider-
Spruchs; denn wie könnte der Mensch heilig sein sollen, weil Gott
es ist? Das Heiligsein kann auch hier nur bedeuten das Heilig-
werden. Die Aufgabe selbst ist das Ziel; die unendliche Aufgabe
ist das unendliche Ziel.
Daher hat der pentateuchische Ausdruck die Bedeutung einer
Erläuterung: ״Und ihr selbst sollt euch heiligen und ihr werdet heilig
sein“ (3. M. II, 44). Es muß der Verdacht abgewehrt wurden,
als ob die an den Menschen gerichtete Forderung befriedigt werden
könnte oder gar sollte durch Gott, nicht aber durch den Menschen
selbst. Denn diese Zweideutigkeit könnte enthalten scheinen in den
beiden Sätzen: ״heilig sollt ihr sein, denn heilig bin ich, euer
Gott.“ Wenn jedoch das Heiligsein vielmehr nur das Heilig werden
bedeutet, so kann eine nicht abzuschließende Leistung nicht Gott zu-
gemutet werden; eine solche kann nur dem Menschen zufallen.
Diese Erläuterung enthält der Satz ״Ihr sollt selbst euch heiligen,
und ihr werdet heilig werden.“ Dieses Gebot der S e lb s th e il i g u n g
kann gar nicht zeitlich beschränkt sein. Es bezieht sich auf jeden
Moment des menschlichen Lebens. Und es hat seinen eminenten
Bezug auf den Moment, in welchem das Ich zu stets neuem Leben
241
sie als eine Abnormität erscheinen könnte. So darf sie in der wahr-
haften Buße nicht betrachtet werden. Jede Einzelsünde ist ein In-
begriff des Menschen, ein Wahrzeichen seines Wesens, welche in der
biblischen Sprache bei Gott, wie beim Menschen, als Weg bezeichnet
יwird. ״Laß mich doch schauen deine Wege,“ so bittet Mose Gott
um die Erkenntnis seines Wesens. Und ״die Wege des Menschen
- erkennt Gott.“ Der Weg ist der Inbegriff der Handlungen.
49. Haben wir nun aber so diese Buße als die Selbstheiligung
erkannt, und die Umkehr als die Schaffung ebenso sehr eines neuen
Weges, wie eines neuen Herzens und eines neuen Geistes, so haben
wir jetzt vom Menschen fortzuschreiten zu Gott, der zwar nicht
der Mitarbeiter, aber das Ziel der Selbstheiligung ist.
Die Umkehr#enthält auch eine Zweideutigkeit, ähnlich der in
der Heiligkeit. Die Umkehr soll zu Gott erfolgen. Aber sofern sie
auch die Schaffung eines neuen Herzens bedeutet, ist sie zugleich
die Einkehr in dieses neue Herz. Diese ist von uns jetzt als die
Einheit von unendlicher Aufgabe und unendlicher Lösung erkannt
worden. Nicht aber hat bisher ־der andere Sinn der Umkehr Ein-
deutigkeit gefunden: die Rückkehr zu Gott. Welche positive Bedeutung
steht ihr zu, insofern wir Gott als den Zielpunkt der Selbstheiligung
in genauer Einschränkung auf das Ziel bestimmt haben? Welche Be-
deutung hat dieser Zielpunkt als Beistand, wenngleich nicht als mit-
wirkender Helfer? Das Ziel gehört zur Sache, mithin muß es auch
als Beistand gelten dürfen, daher aber auch als ein Bestandteil in dem
Inventar der für die Buße notwendigen Kräfte. Diese Art des Bei-
Stands muß zur genauen und klaren Bestimmung gebracht werden.
50. Jecheskel hat mit seinem großen Worte: ״Werfet alle eure
Sünden von euch ab“! nicht sein letztes Wort gesprochen, sondern er
hat diesen Gedanken nur benutzt, um den alten monotheistischen Grund־
gedanken zu neuer Bewahrheitung zu bringen: Gott verzeiht, vergibt,
er ״trägt“ die Sünde. Der Mensch selbst muß sie von sich ab wälzen,
aber daß seine eigene Tat ihm gelingt, ihn zum Ziele führt, das kann
er nicht wissen. Als seine Aufgabe geht ihn nur an das Ab wälzen;
der Ertrag und Erfolg seiner Handlung entzieht sich seinem Wissen.
Man kann aber nicht sagen, man darf es nicht sagen müssen,
daß die Frage des Gelingens ihn gar nichts anginge. Man darf
zwar die Handlung selbst, die ein unbedingtes Gebot ist, nicht
abhängig machen von dem Yorwissen des Erfolges, aber man braucht
diese Unabhängigkeit vom Erfolge nicht schlechthin aufzufassen als
243
!bezogen. Damit muß die Zweideutigkeit beseitigt sein; denn bei Gott
bat das Wohlbefinden keinen Sinn.
Gott ist auch seihst im ethischen Sinne nicht das Gute: er ist.
•der Gute. Die ganze Sache der Sittlichkeit wird damit in das
Wesen Gottes gehoben, und die Sache dadurch unausweichlich in
den Begriff eines Subjektes aufgehoben.
Gott muß daher, als Guter, eine personartige Leistung der Güte zu
vollziehen haben. Sein Aufgabenkreis kann nicht nur durch die Heiligkeit
beschlossen sein. ״Der heilige Gott wird geheiligt durch Gerechtigkeit“’
So erläutert Jesaja seinen Begriff des heiligen Gottes. Auf die soziale
Gerechtigkeit, welche zugleich die soziale Liebe ist, richtet sich seine
]Heiligkeit Gottes. Wenn nun aber jetzt das Ich das Problem bildet,
so bleibt zwar für dieses auch die Heiligkeit Gottes der allgemeine
Wegweiser, der sich in der Selbstheiligung als der besondere Weg-
weiser bewährt, aber da Gott nun doch das Ziel bilden muß, auf
das der Wegweiser hin weist, so bleibt die Frage, ob die Heiligkeit
Gottes das zulängliche Attribut sei, und ob es nicht vielmehr rer-
ständlich wird, daß die Güte Gottes das ergänzende Attribut für
die Heiligkeit sei. So wird es denn auch verständlich, daß die
dreizehn Eigenschaften Gottes ausschließlich nach der Theophanie im
Exodus angenommen werden, in denen die Heiligkeit nicht genannt
ist, sondern allein, wenn auch in verschiedenen Ausdrücken, die
Güte. Aber unter diesen Ausdrücken tritt schon hier hervor: ״er
trägt das Vergehen, die Missetat und die Sünde“. Die Sünden-
Vergebung wird die eigen tli che S p e z i a li t ä t der Güte Gottes.
Und so wird es zum prägnanten Stil der Psalmen, den guten Gott
gleichzusetzen mit dem Verzeihenden.
Zwar bleibt der Universalismus der Psalmen für die Güte
Gottes ungehemmt erschlossen. ״Gut ist der Ewige gegen alle,
und sein Erbarmen geht auf alle seine Werke“. (145, 9). Güte
und Liebe bleiben mithin vereinigt. Aber während nach dem
prophetischen Stil beide eins sind mit der Gerechtigkeit, so daß
Gerechtigkeit und Liebe meist verbunden sind, tritt im Stil der
Psalmen und dem ihnen anverwandter Schriften die Verbindung hervor
zwischen der Güte und der Sündenvergebung. ״Gut ist der Ewige und
.gerade, darum weist er die Sünder zurecht auf den Weg“. (25, 8).
Denn bei Dir ist die Vergebung, auf daß du verehrt werdest“.
•(130, 4). Auf die Sündenvergebung wird alsdann der ganze mono-
246
Nicht Zweifel beschleicht den Geist des Gläubigen, aber wie er,
als Seele, als Individuum sich erkannt- hat, so schwingt nun die
Seele ihre Fittiche. Und die eigenste Kraft der Seele ringt sich nun
aus dem Menschensohn hervor. Nicht zweifeln an Gott ist etwa das 1
,geistige Zeugnis der Seele, sondern vielmehr das Suchen Gottes, das 1
V er la ng e n nach Gott. Das Verlangen nach nichts anderem als nach
fGott. Denn nichts kann der Seele angelegener sein als die Ver-
gebung ihrer Sünde durch Gott. ־ .
58. Was allgemein das Vertrauen bedeutet, das prägen die Psalmen
als Sehnsucht aus. Sie sind in der Stilform der Lyrik geschrieben.
Die Lyrik aber ist das Bekenntnis der Seele von ihrer Liebe. In
der lyrischen Poesie ist die Geschlechtsliebe das Grundthema. Der
Psalmendichter könnte freilich nicht die Liebe zu Gott lyrisch be-
singen, wenn er nicht auch die Zauber dieser menschlichen Liebe der
Geschlechter an Leib und Seele erlebt hätte. Aber er überträgt sie,
— wer kann es prüfen, ob er sie nicht überwinden will durch diese
Übertragung? — auf die Liebe zu Gott, der ihn von seiner Sünde,
nicht zum mindesten von der der Geschlechtsliebe, befreien soll.
Und nun tritt die Sünde gänzlich in den Schatten gegen das helle
Licht, das die Sehnsucht nach Gott ausstrahlt. Die Seele löst sich
ganz auf in diesem Lichte, in dieser Reinheit der Sehnsucht. Alles
Körperliche wird in Auflösung gedacht. ״Meine Eingeweide brennen“.
״Mit meiner Seele begehre ich dich in der Nacht“. ״Mit meinen
Tränen netze ich meine Lagerstätte“. Bis an die Grenze der Sinn-
lichkeit versteigt sich diese Allgewalt der Sehnsucht nach Gott.
59. Und dennoch wird niemals die Schranke der Mystik berührt.
V e r e i n i g u n g mit Gott wird nirgend begehrt. Bliebe Gott nicht der
Unerreichbare, so müßte meine Sehnsucht ja ihr Ende finden. Aber
dieses Ende wäre kein Abschluß für meine Menschlichkeit. Ich
bleibe Mensch, und daher bleibe ich Sünder. Ich bedarf daher un-
aufhörlich Gottes, als des die Sünde Verzeihenden. Die Sehnsucht
richtet sich nicht, wie in der poetischen Lyrik auf die Vereinigung
der Liebenden, sondern hier nur auf die Vergebung der Sünden.
Daher gewinnt es eine prägnante Bedeutung, was der Psalm die
Nähe Gottes nennt. ״Die Nähe Gottes ist mein Gut“. (Ps. 73, 18).
Nur die Nähe, nicht die Vereinigung mit Gott kann der Gegenstand
meiner Sehnsucht sein. Und diese Nähe Gottes gewinne ich in der
Verzeihung Gottes. Die Sünde entfernt mich von Gott; die Ver-־
gebung bringt mich ihm wieder nahe. Und so bildet sich ein un-
'250 .
vor dem Ewigen, um zu sühnen über ihm, und es werde ihm verr
geben“, (ib. 28). So deutlich und genau wird zwischen der Sühnung
und der Vergebung unterschieden. So deutlich und genau wird
das Attribut Gottes unterschieden von der Funktion des Priesters.
So deutlich und genau wird die Rettung des Menschen durch Gott
geschieden vom Opfer.
64. Und indem nun diese Leistung Gottes für die Erhaltung
der Würde des Menschen als die Güte Gottes ausgezeichnet wird,
ist damit das ganze Verhältnis Gottes zum Menschen dem Gebiete
der T e le o lo g ie zugewiesen, weiches von aller Kausalität und der
mit ihr verbundenen Metaphysik unterschieden ist. Es kann daher
gar nicht in Frage kommen, durch welche Mechanismen Gott die
Vergebung bewirken mag, noch durch welche Vermittlung sie dem
Menschen eingeflößt wird, sondern von allen diesen vermeintlich theo-
retischen Interessen wird der teleologische Sinn dieses Verhältnisses
abgelenkt.
Es ist der Sinn Gottes und ebenso der Sinn des Menschen, daß
Gott dem Menschen die Versöhnung zu erteilen habe. Der Mensch
hat den heiligen Geist von Gott empfangen; nichtsdestoweniger aber
bleibt er der Sünde verfallen, ״dieweil er ja auch Fleisch ist“
(1. M. 6,3). Es ist aber keine Verkürzung seiner Würde, daß die
Sünde ihm vergeben wird; denn diese Vergebung durch Gott ist be-
dingt durch die Selbstheiligung des Menschen. Und ebensowenig ist
diese Bestimmung eine Beeinträchtigung Gottes; denn sein Wesen be-
steht in der Korrelation mit dem Menschen, oder, wie die Alten dies
ausdrückten: seine Attribute sind die der Handlung. Er ist das Ur-
bild für die Handlungen des Menschen.
Die Korrelation von Gott und Mensch begründet das Reich der
Sittlichkeit, das G ottes re ic h auf Erden. Die Güte Gottes in der
Spezialität der Sündenvergebung ist das Wahrzeichen der sittlichen
Welt, insofern ihre Glieder Individuen sind, und nicht nur soziale
Menschen, deren Verfassung die Heiligkeit regelt. In der Welt der
Zwecke verbindet sich die Heiligkeit mit der Güte, wie die Mehrheit
der Menschen mit dem Individuum des Menschen. Die Menschheit
in ihrer Einheit, der analoge Begriff zur Einheit Gottes, vereinigt
beide Elemente.
So greift auch die Güte, als der Grundbegriff der sittlichen
Welt, über das Individuum und über ’die Sündenvergebung hinaus,
und es wird zur Vorbedingung für die fernere Ausgestaltung des
253.
43s uns, wie selbst dieser Sühnetag ganz nach heidnischem Muster
wie eine Kiraieß gefeiert wurde. Jünglinge und Jungfrauen zogen
hinaus vor die Stadt und hielten Brautschau. Dabei zeigt sich
übrigens auch die sittliche Zartheit, mit welcher die alten Israeliten
solche Volksfeste, die den Zwecken der Verehelichung dienten, ver-
sittlichten. Die Jungfrauen durften nur mit weißen linnenen
Kleidern erscheinen, um die ärmeren nicht zu beschämen, also auch
nicht in ihrer Werbekraft zurückzustellen. Und abends zog die
ganze Schar und das ganze Volk vor das Haus des Hohen-
priesters, der ein großes Gastmahl veranstaltete. Das war der Ab-
Schluß der Sühneopfer, welche der Hohepriester am Tage abzuleisten
hatte, und die hinwiederum ihren Gipfel hatten in der Entsendung des
Sündenbocks (Asasel) in die Wüste. Solche Gestalt hatte der alte
Versöhnungstag innerhalb des Opferritus.
3. Da nun aber die Schegaga die Grundbedingung des Opfers
wurde, welche sehr charakteristischerweise benutzt wurde für die
Hereinziehung des F re m d lin g s in die Rechtsgemeinschaft mit den
Eingeborenen, so wurde demgemäß der Höhepunkt der Versöhnungs-
lehre in das ganze Opferritual eingepflanzt in dem Satze: ״Und
es werde verziehen der ganzen Gemeinde der Kinder Israels und
dem Fremdling, der weilt unter ihnen, denn dem ganzen Volke gilt
Schegaga“. (4. M. 15, 26). D ieser S atz nun w urde zur D evise
des V e rsö h n u n g sta g e s, wie d er T alm u d ih n fü r die Ge-
sch ich te des J u d e n tu m s a u sg eb au t h at.
So werden für den Versöhnungstag die beiden Haupt-
glieder der Versöhnung als Anfangs- und Endpunkt festge-
setzt: die Schegaga und die Vergebung. Keine Vergebung ohne
die erfüllte Voraussetzung der Schegaga. Die frivole Verletzung
des Gesetzes schließt die Möglichkeit der Vergebung aus. Aber
auch keine Schegaga ohne den Enderfolg der Vergebung. Wie
das Vorurteil der Blutschuld durch die Errichtung der Asylstädte
bekämpft wurde, so wird es als Unglauben an die Güte Gottes fest-
gestellt, wenn man an der Sündenvergebung zweifeln könnte. Nicht
der Asasel ist es, der die Sünden trägt, sondern die Vergebung
Gottes wird selbst als Tragen der Sünde bezeichnet. ״Er trägt die
Sünde“, er nimmt sie auf sich, er nimmt sie dem Menschen ab,.
So erscheint die Sündenvergebung schlechthin auch als die Kon-
sequenz der Schegaga.
4. Nun bildet aber auch das S ü n d en b ek en n tn is den Mittel-
256
Erlösung von der Sünde in dem zwar demütigen, aber auch ebenso
aufrechten Stehen vor Gott.
״Am Tage, als du standest vor dem Ewigen, deinem, Gotte am
Horeb“. (5. M. 4, 10). Das ist der Ausdruck für die Situation
-des Volkes beim Empfange der Offenbarung. Und so ist das Gebet
und sein Gipfel, das Sündenbekenntnis und die Bitte um Vergebung,
in diesem Stellen vor Gott, in dieser Auszeichnung des Menschen
yor dem Tiere die Fortführung der Erwählung, welche die Offen-
barung bildet. Und so bekundet sich durchgängig in der rabbini-
.sehen Gestaltung des Versöhnungstages die Durchführung des Mono-
theismus. Es ist daher wohl -zu verstehen, daß der Versöhnungstag
־das Wahrzeichen der gottesdienstlichen Frömmigkeit geworden ist. (
8. Dabei ist zu beachten, daß die rabbinische Ausgestaltung des
Versöhnungstages nicht verabsäumUhat, die Versöhnung des Menschen
mit Gott abhängig zu machen von der Versöhnung zwischen Mensch
und Mensch. Es ist keine mystische Versöhnung, die etwa den Schleier -
breitete über alle sittlichen Vergehungen des bürgerlichen Lebens,
sondern nur die intimen Menschlichkeiten sollen von dem Dunkel der
Angst und der Schwermut befreit werden. ״Der Versöhnungstag ver-
.söhnt nur in Bezug auf~die Vergehungen zwischen Gott und Mensch;
diejenigen aber zwischen Mensch und Mensch sühnt der Versöhnungs-
tag nur, bis der Mensch seinen Mitmenschen befriedigt hat“. Dieses
Gesetz steht voran. Und so ist die Versöhnung mit Gott zugleich
•die Mahnung zur Versöhnung mit den Menschen.
Indessen alle sittlichen Bestrebungen der Menschen bleiben doch
mangelhaft, und der einheitliche Charakter des Menschen ist nur das
Ideal des Menschen, das daher nur annäherungsweise erreicht werden
kann. Es ist der praktische Sinn der Gottesverehrung, im U nter-!
schiede von dem Urbilde der Sittlichkeit in Gott die Gebrechlichkeit j
des Menschen zu erkennen. Aus diesem zentralen Gedanken ist das j
Institut des Versöhnungstages zur monotheistischen Heile gekommen,;
nicht aber etwa als ein mythischer Vorwand, um die sittlichen Pflichten
gegen den Mitmenschen zu erleichtern oder gar zu vereiteln.
Der Versöhnungstag ist in der Höhe und Vollendung des religiösen
Bewußtseins, die sich in ihm darstellt, zugleich ein Musterbeispiel
für das P rin z ip der E n tw ick elu n g , welches alle religiösen Ideen
und Einrichtungen leitet und regelt. Aus der Verbindung des
primitiven Opfers mit dem primitiven Volksfest, welches üherall die
großen Opferfeste begleitet, ist dieser einzige Tag, der wohl in allen
17*
260
und Liebe sich ewig vollzieht. Man kann daher diese Tage als die
Feste dieses Gedankens der Einheit von Liebe und Gerechtigkeit in
Gott bezeichnen. Diese Einheit ist die Einheit Gottes.
10. Nnn wird an diesen Tagen in unaufhörlichen Wiederholungen
das Gericht Gottes angerufen, und auf seine Liebe im Gerichte die
Hoffnung aufgepflanzt. Aber die Schrecken des Gerichtes werden
nicht abgedämpft, sondern die Zerknirschung der Beue und der Buße
malt in erschütternden Gleichnissen die Strafen des Gerichtes. Dabei
«ereignet sich nun aber in der Liturgie eine Anordnung, die man
nicht genug bewundern kann. Die Worte der Theophanie, welche
die dreizehn Eigenschaften enthalten, werden beinahe nur an diesen
Tagen rezitiert; aber an den Worten der Schrift haben die Babbinen
es gewagt, eine Änderung anzunehmen.
Während nämlich der Schluß dieser Worte nach den Worten:
״er trägt das Vergehen, die Missetat und die Sünde“ lautet: und er
läßt nicht ungestraft“ ()ונקה לא ינקה, hat der Talmud für diese
Liturgie das negative Verbum fortgelassen, so daß nunmehr das
positive Wort bedeutet: ״und er macht rein“. Diese Änderung darf
man ohne Übertreibung 1wohl als eine Tat der tiefsten Frömmigkeit
und der innigsten Menschenliebe bezeichnen, die vor keiner Ver-
letzung des Buchstabens an den heiligsten Worten der Offenbarung
zurückschrickt.
Die Babbinen sagten sich offenbar, daß des göttlichen Ge-
richtes und der göttlichen Strafen an diesen Tagen genug-
sam gedacht 1wird. Wenn aber das Wesen Gottes in seinen drei-
zehn Eigenschaften als Inbegriff des Gebetes angerufen wird, so
soll nicht als die dreizehnte Eigenschaft das Strafgericht gelten,
sondern die letzte Eigenschaft soll sich einheitlich den voraufgehenden
anschließen, die alle nur die Liebe spezialisieren: ״Ewiger, Ewiger,
Gott, erbarmend und gnädig, langmütig und groß an Liebe und
Treue, er bewahrt die Liebe ins tausendste Geschlecht, er trägt das
Vergehen, die Missetat und die Sünde, und er macht rein“.
So schließen nunmehr alle Abzweigungen der Liebe darin ab,
daß Gott den sündigen Menschen wieder rein und unschuldig macht.
Während die Offenbarung die Liebe dennoch mit der Gerechtigkeit
beschließt, ändert der T alm ud für die Liturgie dieser Tage den
heiligen Text, und bringt diese durch diese Änderung in innerliche
Übereinstimmung mit dem Sinn dieser Tage, den die Versöhnung, also
•das Beimverden des Menschen bildet.
11. Die Änderung ist durchaus’.sinngemäß. Die Losung des Tages
lautet, nach dem Scliriftwort: ״Y01* dem Ewigen sollt ihr rein sein“.
Demgemäß kann auch der Ewige nur so angerufen werden: ״er
macht rein“. Die Worte für die Reinheit sind zwar verschieden,
aber das Wort, das hier durch die Isolierung positiv gemacht wird,,
bedeutet die Unschuld ()נקי. Und wie diese, so ist aucli das Wort
fii r sie gänzlich ungebraucht beim Opferwesen, während die Reinigung-
an diesem zustande gebracht wird. Jetzt aber heißt es ״Gott macht
unschuldig“. Und dieser Satz ist das höchste Triumphlied dieser
Tage.
Der Mensch wird neu geboren. Er empfängt von neuem den
heiligen Geist, den Geist der Heiligkeit, den der göttliche Geist in
den menschlichen Geist einpflanzt. Was könnte der P a n th e is m u s
Höheres leisten als diese Vereinigung des Menschen mit Gott im
Geiste der Heiligkeit? Aber das ist der große Unterschied, der den
Monotheismus von jenen Irrgedanken abscheidet: hier bleibt jene
Harmonisierung mit dem Urgeiste der Heiligkeit immer nur die
unendliche Aufgabe, während der Pantheismus in materialisierender
Nachahmung der Natur und ihrer Gesetzlichkeit, in welcher Identität
( bestehen muß zwischen dem Gesetz und seiner Realisierung, die
: x^ufgabe mit der Lösung gleichsetzen muß. Hier dagegen heißt es:
Gott macht unschuldig. Der Geist der Heiligkeit ist von dem
Zweifel an seiner Unversehrtheit befreit. Und so kann der Mensch
von neuem streben und irren.
Der Irrtum, auch die Irrung ist sein Los, daher aber auch
die Schegaga die Grenze seines Irrtums. Wo diese Grenze über-
schritten wird, da mag Gott wissen, was mit dem Menschen vorgeht.
Die menschliche Weisheit steht ratlos vor der Möglichkeit des Bösen
1m Menschen. Der Versöhnungstag hält die Fiktion aufrecht für die un-
erschütterliche sittliche Aufrechterhaltung alles Menschlichen: Schegaga
ist alles, ־was der Mensch sündigt. Daher kann Gott verzeihen, ohne
seiner Gerechtigkeit zu entsagen. Daher kann er unschuldig machen.
Die Schuld darf nicht ״zum Anstoß“ sein. Die Schuld stabiliert keines-
w7egs einen bösen Charakter des Menschen, sondern sie ist vielmehr
nur der Durchgang zu seiner Vollendung, zu seinem höheren Auf-
stieg für die Wiedergewinnung seiner Unschuld. Eine solche
. x^uffassung findet sich im Talmud (Menacboth 48 b).
12. Es ist wohl zu begreifen, daß Rabbi x4kiba, der große
Mischnah-Lehrer und gewaltige Märtyrer, über den Versöhnungstag das
263
Wort gesprochen hat: ״Heil euch, Israel, wer reinigt euch, und vor
wem reinigt ihr selbst euch: es ist euer Vater im Himmel“. Der Vater
der Menschen, der nach der biblischen Ursprache von dem Erdendasein
durch den Himmel unterschieden wird, er bezeugt sich in dieser
Reinigung der Menschen. Aber Akiba bleibt nicht bei Gott stehen,
sondern er begründet seine Heilspreisurig Israels durch die Steigerung,
die er in dem Sätze ausspricht: ״und vor wem reinigt ihr selbst
euch?“ Nicht Gott reinigt, so wenig er sühnt. Das Schriftwort be-
sagt nur: ״vor dem Ewigen sollt ihr rein sein“. Aber wie das
Schriftwort anderwärts sagt: ״ihr sollt selbst euch heiligen und ihr
werdet heilig sein“ so vollzieht Akiba die richtige Steigerung mit seinem
Satze: ihr selbst sollt euch reinigen, und vor eurem Vater imHimmel sollt
ihr euch reinigen. Kein Mensch reinigt euch; und auch kein Mensch,|
der zugleich ein Gott sein soll. Kein Sohn Gottes soll euch reinigen,]
sondern euer Vater allein. Und auch vor keinem anderen Mittel-(
wesen sollt ihr euch reinigen, sondern nur wenn Gott der einzige
und alleinige Zielpunkt eurer Selbstreinigung ist, nur dann kann sie
vollbracht werden.
Der ganze Monotheismus legt sich in diesem Losungsworte
Akibas dar. Man könnte die Frage nach dem tiefsten Sinne der
Einheit Gottes also beantworten: Gott ist der Einzige, weil vor
ihm der Mensch allein sich selbst zu läutern vermag. Vermengt
mit dem Einzigen irgend ein anderes Wesen, irgend einen anderen
Gedanken, und die Möglichkeit ist verloren, daß’ der Mensch der
Selbstheiligung mächtig werden könnte. Eine unüberbrückbare Kluft
muß es sein, die vor ihm sich auftürmt, vor der allein sein Auf-
schwung anheben und gelingen kann. Wahrlich, der Versöhnungs-
tag ist der Tag des Monotheismus.
13. Indessen ist selbst mit dieser Verherrlichung des Versöhnungs-
tages sein letzter Sinn doch noch nicht dargetan. Es gibt freilich
keine edlere Verherrlichung des Menschentums, als welche seine
Selbstläuterung bildet. Und so ist für das jüdische Bewußtsein der
Versöhnungstag nur das Symbol seines Gottvertrauens in Verbindung
mit der Kraft seiner Buße.
Der Talmud drückt diese Zuversicht auf die Buße in dem großen
Satze aus: ״Hat der Mensch eine Sünde begangen am Tage, man grübele
darüber nicht in der Nacht; denn zuversichtlich hat er Buße getan“.
So wird das Werk der B uße zum Hausgebrauch der jüdischen
Frömmigkeit gerechnet. ״Tue Buße einen Tag vor deinem Tode“,
264
auch nur der Tor über das Leiden der Menschen. Anders aber muß
der Monotheismus das Leiden beurteilen, das von Gott über den
Menschen verhängt wird.
In der göttlichen Weltordnung gibt es nur gut und schlecht.
״Webe denen, die zum Guten schlecht sagen und zum Licht
Finsternis“. Wenn der zweite Jesaja die trotzige Konsequenz zieht:
Gott sei auch ״Schöpfer des Bösen“ (45, 7) so haben wir für dieses
Böse vielmehr eingesetzt das Übel (oben S.,55). Was der Mensch
schlecht nennt, weil es ihm wehetut, das ist nicht in Wahrheit
schlecht, sondern es geschieht zu seinem Guten. Das L eiden is t
die S tra fe , welche der M ensch u n a b triig lic h vor sich
s e lb s t, fü r sic h s e lb s t fo rd ert.
An dem Mitmenschen darf er freilich das Leiden nicht als eine
Strafe sich auslegen, welche diesen für seine Sünde träfe. Den Mit-
menschen muß er durch sein Mitleid sich entdecken und als solchen
behaupten. Dahingegen aber darf er für sich selbst auf die Strafe
nicht verzichten. Und so kommt ihm daher das Leiden nur gelegen,
in welchem er die Strafe, die er. für sich fordern muß, anspricht und
herbeiruft.
18. Es wäre ein unsittliches G o t t v e r t r a u e n , wenn er lediglich,
von Gottes Güte die Vergebung erwarten könnte, und nicht viel-
mehr dieses Vertrauen erst begründete dadurch, daß er sein Sünden-
bekenntnis vollendet mit der Deklaration seiner Bereitwilligkeit für
die Strafe. Er muß sich selbst der Strafe wert und bedürftig er-
kennen. Und diese seine Selbstwürdigung für die Strafe bezeugt
sich in der Anerkennung des Leidens als einer notwendigen Stufe
in der Selbstentwicklung des Menschen.
19. Die pantheistische Moral begründet sich in dem Prinzip des
S e l b s te r h a lt u n g s t r i e b e s . Der Naturtrieb des Lebens wird hier
zur sittlichen Grundlage. Das Leben fordert Erhaltung. Diese Er-
haltung der Grundmacht des Lebens ist das Grundrecht des Menschen.
Der Trieb zur Erhaltung des Lebens begründet die I d e n t i t ä t von
Macht und Recht. Das Selbst aber, dessen Erhaltung der Trieb
anstrebt, ist das Naturwesen, das Lebewesen.
20. Die Religion kennt ein solches auf das Leben isoliertes
Wesen nicht. Das Selbst besteht ihr nur in der Korrelation zu Gott,
innerhalb der auch die Korrelation von Mensch und Mensch erst
entsteht. Für den Mitmenschen nun darf ich die Strafe nicht als
Erklärung erfassen für sein Leiden. Denn bei ihm interessiert mich
267
Moral lehren soll. Bedarf denn etwa Israel selbst nicht auch des
Leidens und der Anerkennung dieser seiner Verpflichtung auf das Leiden?
Wäre es anders, so würde auch für Israel die Erlösung nicht kommen
können. Dies ist nun der höchste Sinn des Vefsöhnungstages, daß
die Buße . in der Anerkennung und Übernahme des Leidens erst
*ernsthaft wird.
Israel gilt, wie überall, nur als das Symbol ׳des Individuums.
Seit Jecheskel ist jeder zur Seele geworden. Und seitdem bedeutet
die Seele nicht mehr nur das Leben und die Person, sondern das
Selbst, welches in seiner Selbstverantwortlichkeit sich auferbaut. Zu
den Maßnahmen dieser Selbstverantwortung gehört das in seinem
Werte anerkannte Leiden. Es kann nicht übergangen, es kann nicht
ausgeschaltet werden. Es ist die Vorbedingung zu dem seiner .selbst
bewußten Individuum. Und von dem Individuum wird es übertragen
auf das Volk.
Welches andere Volk, welche andere Glaubensgemeinschaft gäbe
-es, denen ein solches Martyrium zum historischen Wahrzeichen ge-
worden ist? Wie ein Hiob geht es durch die Weltgeschichte. Und
j immer und überall zerstört sich die Umwelt und die Mitwelt ihr
\ eigenes Selbst durch die Selbstgerechtigkeit, mit der sie das Leiden
!Israels als die Wirkung seiner Unwürdigkeit sich deutet. Wann
wird die Zeit anbrechen, in der die Gefahr dieser Selbstgerechtigkeit
erkannt wird? Diese Frage gehört in das spätere Kapitel vom
Messias. Hier steht noch immer die Erlösung des Individuums in
;Frage. Die Anerkennung des Leidens soll zur Erreichung der Er-
lösung führen.
25 ׳. Das ist der Fehler in anderen Glaubenssystemen: daß das
; Leiden nicht als Mittel verstanden wird, sondern als Zweckvollendung.
! Daher ist der Gedanke möglich geworden, das Göttliche selbst im
Leide, im menschlichen Leide darzustellen. Wenngleich aber die Er-
lösung der Menschen als Zweck dem Leiden neben- und übergeordnet
wird, so muß daher doch der Erlöser selbst dieses Leiden auf sich
nehmen. Und dadurch wird und bleibt es ein Zweck. Ohnehin
wohnt ein bestechender Reiz dem Gedanken inne, daß das Leiden
ein göttlicher Selbstzweck sei.
Aber dieser *Gedanke ist falsch. Selbstzweck kann nur die
Sittlichkeit selbst, kann nur die Korrelation von Gott und Mensch
sein. Alles andere Sittliche, alles andere Religiöse ist Beiwerk und
Mittelwerk zu diesem einzigen Zwecke. Auch das Leiden kann nur
271
Mittel sein. Und der Zweck selbst, den die Erlösung bildet, kann
nicht isoliert gedacht werden von den Mitteln, die zu seiner Er-
reicliung Zusammenwirken müssen. So ist das Leiden nicht etwa ן
der letzte Sinn des Lebens. Die Erlösung allein ist dieser Sin», j
Und die Korrelation von Mensch und Gott findet ihre höchste Be-
Währung darin, daß Mensch und Gott Zusammenwirken, um das
Werk der Erlösung zu vollbringen.
26. Die Erlösung ist die Befreiung von der Sünde. Die Sünde
hat sich gelichtet in dem Leiden. So ist die Erlösung auch die
Befreiung vom Leide.. Alles gilt im religiösen Dasein, sofern es
immer an dem Leitband der Sittlichkeit sich regelt und sich fort-
entwickelt, nur für die Momente des Aufschwungs und des Durch«
gangs. Es gibt gar kein festes, starres Dasein, sondern alles ist
nur Übergang. So ist auch nur ein solcher Moment in dem Fort-
gang der Momente diese Befreiung vom Leiden, das vielmehr immer
wieder das Zuchtmittel des Menschen für seine Selbstzucht werden muß.
Aber auch das Frohgefühl der Befreiung vom Leid hat sein
Recht, als Moment. Ein solches Moment ist die Erlösung. Und ein
solches Moment ist auch nur die Stätte, auf welcher das Selbst
sich aufrichtet und seine Hütte baut. Sie bietet ihm nur Schutz für
den Moment. Für den Moment nur hat das Ich Bestand. Für den
Moment nur kann es auch die Erlösung fordern und gebrauchen.
An dieser Differenz zwischen dem Momente des Aufschwungs
und der Fixierung eines Daseins scheidet sich auch in der Erlösung
der reine Monotheismus von anderen Glaubensformen. Von d e r ü n -
Ste rb li chk ei t handeln wir hier noch nicht. Wir sind ja noch nicht
einmal mit der Menschenwelt hienieden zum Abschluß gekommen.
Aber da wir über den Mitmenschen hinaus den Menschen als Ich
nunmehr aufgerichtet haben, bedürfen wir für den Begriff seiner Er-
lösung von der Sünde dieser Grenzbestimmung des Momentes der
Erlösung. Nur für einen Moment darf die Erlösung gedacht werden.
Nur für einen Moment, auf den wiederum Momente der Sünde folgen
mögen. Gleichviel! auch sie werden wieder abgelöst werden durch
den Moment der Erlösung.
Hier besonders bewährt sich der methodische Zusammenhang,
in welchem die Religion sich an der Norm der Ethik festsetzt.
Alles religiöse Sein ist zu unterscheiden vom sinnlichen Dasein, ob-
zwar von dem sinnlichen Dasein aus der Aufstieg zum religiösen
Sein einsetzen muß. Wie alles religiöse Sein, so ist auch die Er-
272
lösung nur. der Moment solcher Erhebung über die Wechselfälle des
irdischen Daseins. ״Vor Gott“ das ist die Losung für das ganze•
Werk der Buße, der Selbstheiligung und der Erlösung.
,ü 27. Vor Gott! Das ist die Losung. Der Monotheismus hat früh
im Aberglauben seinen Widerpart gekennzeichnet. Im Schrifttum
der Bibel bilden ja auch die historischen Partien ihr eigenes Rätsel.
Man hat die literarische Eigenart des alten Israel in dieser frühen
Hinneigung zur Geschichtsschreibung anerkannt. Aber auch hier
bleibt der literarische Zug nicht ohne die religiöse Prägung.
Die Vorgeschichte der Völker bildet sonst die H el d en s ag e ,
der ־״Ruhm der Männer“. Die Vorzeit wird geschildert als die Ur-
weit großer Vorbilder, in denen die Mitwelt sich spiegeln soll. Von
ganz anderer Objektivität ist die ä l tb ib li s ch e G es chi cht s-
Schreibung. Sie ist naiv im tiefsten Sinne, und das will sagen*,
nicht ausschließlich im epischen.
Die Vorgeschichte wird hier keineswegs in dem naiven Be-
wußtsein berichtet, in welchem es noch keinen Unterschied von
gut und schlecht gibt, sondern dieser Unterschied besteht, und er
wird deutlich genug anerkannt und hervorgehoben. Aber kein Reiz
des Heldentums und keine Pietät für die Heroen des eigenen Volkes
kann sie zur Beschönigung derjenigen ihrer Taten verführen, in denen
sie vom rechten Wege abwichen. Und dabei war dieser Weg noch
gar nicht durchgängig als der Weg Gottes gezeichnet. Die sittliche
Reflexion wird durch das immanente Urteil über den erzählten Vor-
gang unverkennbar gemacht.
28. Diese Geschichtsschreibung hat daher auch den reifen Wert
einer S e l b s t c h a r a k t e r i s t i k , die nicht möglich ist ohne die Durch-
gängigkeit und die Durchsichtigkeit der moralischen Reflexion. Diese
ist aber nur durchsichtig, daher zerstört sie das naive Grundgepräge
nicht. Aber Naivität ohne primitive, immanente Reflexion ist Un-
reife und Vorstufe, nicht schon selbst Anbau der Kultur.
Eine solche Selbstcharakteristik Israels aus dem Gesichtspunkte
seines Monotheismus enthält die Rede Bileams, wie denn diese ganze
Episode ein prophetischer Einschub zu sein scheint in den Bericht
. der Wüstenwanderung. Ein heidnischer Prophet tritt hier auf, bevor
.außer Mose, die eigentlichen Propheten aus Israel hervortreten.
Und dieser fremde Prophet segnet nun Israel auf Grund der Charak-
teristik: ״Denn keine Schlangenbeschwörung ist in Jakob und keine
Zauberei in Israel“. (4. M. 2^, 23). Kautzs ch übersetzt, und wohl
273
Wenn man nun auf den absonderlichen Gedanken kommt, das Gebot:
״eine Zauberin sollst du nicht am Leben lassen“ (2. M. 22,17) sei
der Grund geworden für die Hexenprozesse, so könnte man ebenso
auch sagen, das Gebot, die götzendienerischen Völker auszurotten, sei
der Grund für die Inquisition und für allen religiösen Fanatismus.
Man könnte aber ebenso auch sagen, daß das Gebot, den Mörder zu
töten, auch der Grund sei für die Erhaltung der Morde. An diesem
Beispiel kommt man nicht auf den Gedanken dieser Absurdität, ob
zwar es doch auch bei der Tötung von Mördern Justizmorde gibt. Aber
die Ausrottung der Mörder gilt als eine notwendige Sache. Es ist
daher nur ein Überbleibsel von dem Aberglauben an die Zauberei, als
wäre sie nur ein harmloses Blendwerk, das die scharfe Ahndung nicht
verdiente, wenn man nicht die unerbittliche Notwendigkeit anerkennt
in dem Verbote der Zauberei und in der Pflicht ihrer Ausrottung.
Der Grund jener Skepsis liegt tiefer noch, nämlich in der
Gleichgültigkeit gegenüber der einzigen Wahrheit des Monotheismus.
Wenn anders aber dieser das einzige Heil der Menschheit bildet,
so ist kein historisches Kraut dagegen gewachsen, daß der Götzen-
dienst und so auch alle Zauberei vernichtet und ausgerottet werden
muß. Die Toleranz ist ein Prinzip, welches nicht für den Ursprung,
für die Errichtung und Aufrichtung des Monotheismus in Geltung
kommen kann. In dieser Frage gibt es kein Schwanken und keine
gegenseitige sich bedingende und einschränkende Anerkennung der
Gegensätze, sondern Sein oder Nichtsein der sittlichen Welt ist die
große Frage. Und die sittliche Welt ist nicht den Engeln übergeben,
wie der talmudische Ausdruck lautet von der Thora, sondern die
Menschen haben sie einzurichten mit ihren Rechtssätzen und ihren
Strafgerichten. So mußte auch die Ausrottung der Zauberei, wie
die des Götzendienstes geboten werden.
Im Grunde sind diese Verirrungen in den Begriffen der Menschen
von Gott das größte Leiden am Menschen, das größte auch vielleicht,
das die Menschen selbst über sich bringen und immer wieder erneuern.
Die sittlichen Vergehungen haben ihren tiefsten Ursprung in diesen
Grundanschauungen der Menschen von Gott. Es ist das größte
Leiden des Menschentums, daß die Gedanken über Gott Spaltungen
unter den Menschen herbeiführen und immerfort wieder hervor-
treten lassen und sich verschärfen können, die die tiefsten Anlässe
werden zu den Selbstzerfleischungen der Menschen und der Völker.
Und dennoch ist so die bisherige Geschichte •verlaufen* und so hat
275
bei ihnen reichlich abgewechselt mit dem Glanz und der Macht der
Lebensfreuden. Ihr Leiden begann erst typisch zu werden mit־
ihrem nationalen Untergang. Es besteht eigentlich daher nur im;
Horizont der Geschichte. Israel dagegen hat seine eigentliche Lauf-
bahn erst da begonnen, als es mit allen nationalen Schätzen dieser
Welt gebrochen und ein neues Dasein, eine ganz neue Art von Da-
sein in der Weltmission angetreten hat. Sein sonstiges Leiden ge~
hört in die Gesamtrechnung aller politischen Völker. Seine Märtyrer-
laufbakn beginnt mit seiner Weltmission.
So ist das Leiden Israels kein tragisches Motiv im Sinne des•
nationalen Partikularismus, und in keiner ästhetischen Deutung kann
es daher zur richtigen Erklärung gebracht werden. Das Leiden ist
der Charakterzug der Religion und die Aufgabe des Monotheismus
ist es, welche durch dieses Leiden der Bekenner des jüdischen Mono-
theismus symbolisch ausgedrückt ist. Der Monotheismus sollte Selbst-
bewußtsein werden in seinen Bekennern. Daher mußten diese, wie
vor dem irdischen Bichter, die Strafe, das Leiden erkennen und an-
erkennen lernen als die göttliche Fügung zu ihrer Selbstheiligung,-
zu ihrer Erziehung und Reifung zum Ich für die Korrelation mit
Gott. Die Versöhnung mit Gott ist es, welche symbolisch aus-
gedrückt ist in dem Leiden Israels. Das Leiden Israels in seiner
Geschichte ist sein ״langer Tag“, wie der deutsche Volksmund den.
Versöhnungstag nennt.
:31־. Das Leiden ist die Vorbedingung der Erlösung. Dieses aber
ist die Befreiung von allen Schlacken der empirischen Menschlichkeit
und der Aufstieg zu dem idealen Moment, in welchem der Mensch zum
Selbst wird. Wir werden diese Vollendung des Menschen in der
messianischen Menschheit, und in ihr die Vollendung der Erlösung
später zu betrachten haben. Jetzt, da wir an der Geschichte Israels-
das typische Leiden des Menschen uns gedeutet haben, darf nun
auch an diesem Beispiel die Erlösung der Menschheit erspäht werden.:
Es kann nicht an ihr fehlen, denn das Leiden ist immer nur Vor-
spiel, auch wenn es Jahrtausende dauert.
Durchaus liegt es im Begriffe des Monotheismus, daß die E r-
lösung Israels nicht abgetrennt von der aller Menschen und aller
Völker gedacht werden kann. Aber die Erlösung gilt uns ja nur
als ein Moment, das daher nicht nur als Schlußglied in der Ent-
Wicklung des Menschengeschlechts seine Bedeutung zu haben braucht,,
sondern diese auch völlig schon in jedem Momente der geschichtlichem
277
Geiste sich nicht darböte, so könnte selbst die reine Mathematik nicht
zu ihren Problemen kommen. Ebenso erginge es auch der Ethik;
wenn die Menschen nicht in ihren sozialen Verbindungen, wie in
ihrer Geschichte von Recht und Staat zu den Fragen der Ethik
den Anlaß geben würden. Aber freilich mehr als den Anlaß gibt die
Erfahrung niemals. Die Benutzung des Anlasses wird jedoch von
der reinen Erkenntnis überall zur selbständigen Bearbeitung und ge-
radezu daher zur Erzeugung des dargebotenen Materials emporgehoben.
So erklärt sich nun auch das Verfahren der Ethik gegenüber
der Religion. Entnimmt sie etwa ausschließlich der Geschichte, der
Rechtslehre und der Politk den Anstoß zum Begriffe des Menschen?
Oder aber bringt nicht etwa auch die Religion unverächtliches
Material für das Problem des Menschen herbei? Würde es nun aber
etwa die Selbständigkeit der Ethik gefährden, wenn sie sich mit der
Religion in dasselbe Verhältnis setzte, wie mit der Geschichte über-
haupt und insbesondere mit der Rechtslehre?
Von dem logischen Verhältnis, welches zwischen der Ethik und
der Rechtswissenschaft bestehen mag, sehen wir hier ab, weil es
sich hier nur um das Material des Menschen handelt. Und wenn
anders der Begriff der Menschheit dem Begriffsmaterial der Religion
zugehörig gemacht werden muß, so kann die Ethik in ihrer metho-
dischen Selbständigkeit ebensowenig gefährdet sein, wie sie es gegen-
über der Rechtslehre wird, wenn sie der Religion den Begriff der
Menschheit entnimmt. Es bleibt nur die Frage, ob sie der Religion
und ihr allein den Begriff der Menschheit entnehmen kann. Keine
Frage aber ist es mehr, daß sie auch diesen Begriff, wie jeden mate-
riellen Kulturinhaltsbegriff des Menschen sich zum Vorwurf nimmt,
um ihn mit ihrer eigenen Methode selbständig neu zu erzeugen.
Es ist nun aber wohl der höchste Triumph der Religion, daß
sie allein die Idee der Menschheit hervorgebracht hat.
6. Die klassische Philosophie der Griechen kennt den Menschen
nur als das problematische Individuum der Sittlichkeit. Und es ist
ihr größtes Verdienst, daß sie, von dem Gedanken des Staates be-
herrscht, an diesem Vorbilde den Mikrokosmos des Menschen, die
Seele des Menschen entdeckt hat. Aber schon aus dem methodischen
Verhältnisse zwischen Staat und Seele ergibt es sich, daß der Mensch
hier als Seele und in seiner Seele nur als Individuum, als Idee gedacht
bleibt. Wie nun aber alle Vervielfältigungen, alle psychischen Wieder-
holungen der einen Idee immer nur dieselbe eine Idee darstellen,
281
:so bleibt auch der seelische Mikrokosmos immer nur der eine und
selbige, in wie vielen Exemplaren er sich darstellen mag. Und an
die Völkerindividuen■'wird schon gar nicht gedacht. Die Barbaren
treten nicht in den Horizont des Hellenen.
Wie sollte da der Gedanke entstanden sein, daß der richtige
♦Seelenbegriff des Menschen dann erst entstehen kann, wenn die Bar-
baren allesamt mit den Hellenen zusammengeschart werden und daß
dann erst der richtige Mikrokosmos des Menschen zum Problem werden
kann. Es ist ja auch charakteristisch, daß unter den mancherlei
Beispielen, welche Platon an Problemen der Idee gibt, sogar die Seele
fehlt, geschweige, daß er vom Menschen die eine Idee aufgestellt hätte.
7. Das theoretische Verdienst, welches P h il o , der Jude, an der
Platonischen Ideenlehre haben möchte, ist noch nicht hinreichend
festgestellt. Eines aber kann ihm nicht bestritten werden: er hat die
I dee des Menschen ausgezeichnet;, er hat den Menschen zur Idee
.gemacht. Wie er darauf gekommen sein mag, dieses hohe Verdienst
einer wichtigen Formulierung sich zu erwerben, darüber kann kein
.'Zweifel sein: er kannte Mose und die Propheten, wenngleich seine
Bibelkenntnis nicht auf genauer Sprachkenntnis beruhte, und wenn-
gleich sein Verständnis der Bibel nicht durch Kenntnis der rabbinischen
Literatur, die schon damals im Aufblühen war, belebt und gestützt
wurde. Immerhin lebten die Grundgedanken des Monotheismus in
seiner gläubigen Seele, und gerade der Menschheitsgedanke der
Propheten war es, der seinem Glauben an den einzigen Gott den
philosophischen Schwung gegeben haben mag.
Philo gehört jedoch zu den intimsten Urkräften des Christentums,
dem er vorarbeitete, weil er, von der griechischen Philosophie über-
wältigt, im reinen Monotheismus sich nicht zu behaupten vermochte.
Am Problem des Individuum besonders in seinem Verhältnis zu Gott,
an der Möglichkeit der Einwirkung Gottes überhaupt auf den Menschen
und auf die Welt scheiterte er. So verletzte er den Monotheismus
durch den Gedanken des Logos, den er dem Platonismus an den
*Stellen entlehnte, an denen dieser von der Methode der Idee ab-
lenkte. Indessen die Idee der Men sc hh eit ist ihm lebendig ge-
blieben in seiner Idee des Menschen.
8. Die jüdischen ßeligionsphilosophen des Mittelalters haben
wreder dem Christentum, noch dem Islam gegenüber ihren historischen
;Sinn durch konfessionelle Befangenheit getrübt. Sie haben beiden
^Religionen das Verdienst zuerkannt, den Monotheismus unter den
282
daher und nur in diesem Sinne den von Sein und Nichtsein. Aus
dem N ic h tse in soll ein höheres Sein hervorgehen. ;׳:־־
18. Auch die Propheten haben diesen Mythos vom Weltunter-
gang,, der auch in ihrem Volke auftauchte, in dem ״Tag des Ewigen‘־
. übernommen. Im mythischen Glauben scheiden sich noch nicht Furcht
und Schrecken vom Freudentaumel. Der Schrecken soll übertönt
werden vom Jubel.
So warnt Arnos vor dem Doppelspiel mit der Zuversicht auf
diesen Tag. ״Wehe denen, die den Tag des Ewigen herbeisehnen.
Er ist •Finsternis und nicht Licht“ (Am. 5, 18). Der kurzsichtige
Leichtsinn, der sich nur über die Angst des Tages hinwegheben
will, wird hier gegeißelt. Man freut sich auf das Ende, weil es einen
neuen Anfang bringt; mithin wie auf einen neuen Gott, so auch
auf eine neue Welt. Dieser Kreislauf des Entstehens und Vergehns■־
ist jedoch ein Widerspruch gegen die Schöpfung, die auf Vorsehung
beruht, während der Gedanke vom Kreislauf das Schicksal und den
Zufall voraussetzt. Entwicklung und Fortschritt zu einem zweckhaften
Ziele widerstreiten dem Mythos der Weltverbrennung (ßu7cvQ0)0tg).
Innerhalb des Monotheismus kann der Untergaug der Welt nur ver-
wendbar werden als das S tr a f g e r ic h t Gottes. Aber schon der Bund
Gottes mit Noah macht die gänzliche Vernichtung unmöglich.
19. Die Dichterkraft der Propheten und besonders Jesajas (vergl.
Kap. 13), schwelgt in Bildern. Sie werden in der Beschreibung
dieses ״Tags des Herrn“ zu Naturdichtern des Weltunterganges.
Sturm, Erdbeben, Gewitter, Wasserflut, Feuerglut, Verheerung zu
Trümmern und Steinhaufen türmen sich auf; vulkanische Ver-
änderungen schildern sie, wie Täler sich spalten und Berge zer-
schmelzen. Z ep h an ia macht das Gericht Gottes zu einem Opfer
Gottes. Pest, Hagel, Hungersnot, Nichtb esteilen der Leichen,
Schänden der Leichname, solche Gottesgerichte kommen über die
Völker, nicht minder aber auch über Israel. Schon diese Zusammen-
Stellung Israels mit den Völkern im allgemeinen Verderben bereitet
eine Umwandlung des mythischen Gedankens vom Untergange vor.
20. Aus dem Strafgerichte Gottes wird so allgemach die Läuterung
Israels und nicht minder auch die der Völker. Sobald aber dieser
Gedanke der , Läuterung auf blitzt, so entsteht in ihm der der;
L e itu n g und der E rz ie h u n g der Welt durch Gott.
Die Leitung erfordert nun ferner eine stufenweise Entwick»;
lung. So wird der ״Tag des Herrn“ zum Symbol für die ״Tage!
289
des Messias“. Bei M aleachi wird daher E lia s zum Vorboten des
Messias. Bei Jo e l erscheint die Ausgießung des Geistes ״über
alles Fleisch.“ Dies aber ist ein vordeutendes Symbol für die
Verjüngung cler geistigen, der sittlichen Welt. So erweckt der Tag
des Gerichts die Erneuerung; die Neuschöpfung der Welt.
Der Gedanke der Buße, der bei Jecheskel entsteht, er wird
bei Jona, wie unbewußt und scheinbar wider seinen Willen aus
der Konsequenz des einzigen Gottes heraus auch auf Ninive über-
tragen. Wie kein Individuum, so kann auch kein Volk dem Ver-
derben preisgegeben sein, sofern es der Kraft der Buße mächtig und
zugänglich wird. Die Buße trägt in ihrer Grundbedeutung als Wieder-
kehr die Gewähr der Wiederherstellung in sich. ״Und sie werden zurück-
kehren von dem Lande ihrer Feinde“. (Jer. 31; 15). Die Wiederher-
Stellung des Volkes aber ist die unmittelbare Hoffnung aus dem Exil
und aus aller politischen Drangsal, der gegenwärtigen, wie der bevor-
stehenden.
Eine solche Verwandlung hat der ״Tag des Herrn“ er-
fahren. Im mythischen Ursprung ein Opferfest, bei dem die Menschen
und die Götter gemeinsam speisen; daher zunächst vorzugsweise
ein Fest der Herren- und Heroen, welche ihren Sieg feiern, wird es
allmählich zu einem nationalen Ehrentag, an dem Freude und
Schrecken wechselseitig in einander Umschlägen. Und allgemach ist der
Schrecken überwunden und die Zuversicht hat sich festgelegt auf
einen neuen Anbeginn des Daseins für die eigene Nation, wie für die
fremden.
21. Der Weltuntergang bedeutet schon im Mythos das W elt-
ge rieh t. Zunächst rufen die Heroen es gegen einander herbei, wie die
einzelnen Stammgötter gegen einander kämpfen. Immer aber ist der
naive Gedanke vorherrschend von der Einheit zwischen Kraft und
Gewalt mit der Gottheit.
Gegen diese Einheit kämpft Arnos an. Nicht die Macht
soll man in Gott ansprechen, sondern sittliche Kräfte. Die
irdisch Mächtigen bedrücken die Armen und verüben das soziale
Unrecht. Solche Machtbeweise liegen dem Wesen des einzigen
Gottes fern. Daher kann sein Priester nicht der H aru sp ex sein, der
die Eingeweide der Opfertiere beschaut, oder den Flug der Vögel be-
obachtet, oder die Schlangen beschwört. Er blickt nicht auf die
Tiere, sondern auf den Menschen. So wird der Prophet zum Poli-
tiker und zum Sozialpolitiker. So wird er zudem für das inter-
1ע
290
angestrebt wird für die Zeit, nicht aber für den Raum, der immer
j* vielmehr die von Gott & geschaffene Erde bleibt. ::
26. III. Das goldene Z e ita lte r. Einen anderen mythischen
Vorbegriff bildet das goldene Zeitalter. In Griechenland mag es zu-
gleich mit den Inseln der Seligen ins Bewußtsein gehoben worden;
sein. Diese unschuldige Vorzeit ist auch der Inhalt der P a ra d ie s-
sage, welche auch die Genesis übernommen hat. In diesen Mythen
ist schon die sittliche Kritik erwacht, der Widerspruch gegen die*
prometheische Erkenntnis, das Mißtrauen gegen ihre Zweideutigkeit;
daher auch mit der Erkenntnis von gut und schlecht zugleich der
Zweifel an beider Absolutheit.
Die ganze sittliche Welt erhebt sich hier-schon als Sphinx..
Und demselben Dualismus verfällt das Verhältnis von Gott und!
Mensch. Warum gibt dem Menschen Gott Befehle und Gebote, und
erweckt ihn damit aus dem Schlummer seiner Unschuld? Ohne das:
Gesetz wäre der Mensch sündlos. So hat P a u lu s noch seine Polemik:
gegen das Gesetz überspannt, indem er sie auch auf das Sittengesetz
ausdehnte. Im Uranfang also gab es keine Sünde. So denkt der
Mythos, der keine Befehle Gottes hinzudenkt. Die ganze Antike-
gipfelt in ihrer Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung in dieser
Seligkeit der Urzeit, der absoluten V erg an g en h eit.
Schon daß der Messianismus sich auf die Z u k u n ft richtet, unter-
scheidet ihn von dem Mythos des goldenen Zeitalters, der .dennoch,
aber in der Unschuld der Urzeit ein vorbereitendes Motiv bildet.
27. Indessen schon die monotheistische Bearbeitung der Paradies-
sage leitet die Veränderung ein. Die Unschuld wird aufgehoben, und:
das Gebot Gottes bietet hierzu die erste Veranlassung. Alsbald aber wird
der Bruch jener Unschuld vom Menschen durch den Mord verewigt. Der
Eingriff in das Menschenleben hebt alle Eintracht in der Natur auf. Der
׳Messianismus knüpft unverkennbar an den Mord an, insofern sein
:durchgängiges Motiv der K rieg bildet. Alle Analogie mit dem
goldenen Zeitalter wird so innerlich verscheucht; dennoch aber ist
die Vorahnung unverkennbar; n u r daß die V e rg a n g e n h e it in-
die Z ukunft v erw an d elt wird.
28. Für das moderne Verständnis des Messianismus selbst in der
Bibelforschung ist es ein bedauerliches Kennzeichen, daß Identität־
\an genommen wird zwischen diesen beiden Gedanken. Das messianische*
!Zeitalter wird geradezu als das goldene bezeichnet. Wenn aber
gleich Motive vom einen auf das andere übernommen wurden, so ist•
293
«doch, schon durch die Zeitfolge die Richtung des Gedankens und
daher der Inhalt des Gedankens verändert und. verwandelt. In jene
Friedenswelt der Urzeit war der Mord eingebrochen; in der Zukunft
dagegen sollen die Kriege verschwinden. Und es bleibt nicht bei
diesem Unterschiede; die Widersprüche werden noch tiefer erfaßt.
Gegen die Unschuld selbst wird die E rk e n n tn is aufgeboten. Sie\
wird einstmals allgemein werden für alle Menschen. So wird das messia- j
nische Zeitalter zu dem der K u ltu r, während das goldene höchstens;
in der Rousseau-Linie liegt. Der symbolische Bilderapparat wird der j
mythischen Poesie, entnommen, die Staffage mit ihrem Kolorit. Und
in der Beschreibung dieses Weltfriedens, als eines N a tu rfrie d e n s,
werden die Propheten zu gewaltigen Dichtern, und zwar nicht allein
zu Natur dichtem. Als Idylle beschreiben sie nicht das messianische
Zeitalter. Es soll ja die Erkenntnis in ihm das allgemein herrschende
Prinzip sein. Diese ideale Zukunft bildet schlechthin den Wider-
Spruch zur Vergangenheit und zur Gegenwart, daher aber auch zu
aller bisherigen eudämonistischen Art des geschichtlichen Daseins.
29. Die messianische Zukunft ist der erste bewußte Ausdruck des
Gegensatzes zur empirischen Sinnlichkeit der sittlichen Werte. Man kann j
sie daher schlechthin bezeichnen als das Id e a l im Gegensatz zur Wirk-
\
lichkeit. Wie könnte sie identisch seih mit jenem goldenen Zeitalter, das 1
doch nur eine verbesserte Wirklichkeit sein soll, keineswegs aber ihr Ideal.
Die Vorzeit ist ebensowenig das Ideal, wie das Jenseits der Nachwelt.
Auch dieses ist nur die Fortsetzung von Vergangenheit und Gegen-
wart, aber nicht das Neue einer Zukunft. Diese Neuheit vollzieht
sich in dem Aufdämmern des Ideals gegenüber aller Wirklichkeit.
Der Mythos ist ־überall das Morgenrot der Kultur, aber der Sonnen-
tag der Sittlichkeit bricht mit ihm noch nicht an.
30. Die Idealität des Messias, seine Bedeutung als Idee, bezeugt
sich in der Überwindung der Person des Messias und in der Auf-
lösung des Sinnbilds in den reinen Gedanken der Zeit, in dem Be-
griffe des Z e ita lte rs. Die Zeit wird Zukunft und nur Zukunft, Ver-
gangenheit und Gegenwart versinken in dieser Zeit der Zukunft.
Dieser Rückgang in die Zeit ist die reinste Idealisierung. Alles
Dasein verschwindet vor diesem Standpunkt der Idee. Das Dasein
der Menschen hebt sich auf in dieses Sein der Zukunft. So ent-
steht für das Menschenleben und das Völkerleben der Gedanke der
G eschichte.
Diesen Gedanken der Geschichte. der die Zukunft zum
294
Inhalt hat, hatten die G riechen niemals. Ihre Geschichte ist die־
auf ihren Ursprung gerichtete, ihre Vergangenheit erzählende Ge-
schichte ihrer Nation. Andere Nationen bilden ein geschichtliches
Problem nur für ihre Beisebeschreibungen. Eine Geschichte der Mensch-
heit ist unter diesem Horizonte ein unmöglicher Gedanke. Die
Menschheit hat in keiner Vergangenheit gelebt, und auch in keiner
Gegenwart ist sie lebendig geworden; nur die Zukunft kann ihre•
Lichtgestalt herauf bringen. Eine Idee ist diese Gestalt, aber kern
Schattenbild eines Jenseits.
31. Auch das Sein Gottes wird ein anderes unter der Gewalt dieser
Idee. Der Schöpfer Himmels und der Erde reicht nicht ans für dieses•
Sein der Zukunft. Er muß ״einen neuen Himmel und eine neue Erde“־
schaffen. Das Sein der bisherigen Geschichte ist auch für die Natur un-
zureichend; es wird E n tw ick lu n g gefordert für den Gang der Dinge,
Und Entwicklung setzt ein Ziel voraus, dem sie zustrebt. So wird
d er Fortschritt in der Geschichte des Menschengeschlechts gefordert.
Dies ist der Sinn der Zukunft-, als der Begründung des wahren,
des göttlichen Seins auf Erden: die Zukunft, diese Idee des Seins,
stellt das Id e a l der Geschichte dar. Kein goldenes Zeitalter, kein
Paradies. Beide sind gewesen.
Die Zukunft macht allen diesen Mythen von der Vergangenheit
gegenüber noch eine andere Verwandlung an dem ״Tag des Herrn“ ;
ans ihm wird ״das Ende der Tage“. In diesem Prospekt, in dieser
Perspektive aut die unendliche Ebene der Menschheit steigert sich
der Begriff des Menschen zur M enschheit, wie der Begriff Gottes
zum ״Herrn der ganzen Erde“.
32. Selbst in der Zukunft noch ist ein mythisches Element zur
Idealisierung gekommen: das des Aeon. Ursprünglich bedeutet der
Aeon ein Weltalter im Zyklus von Weltuntergang und Welterneuerung.
Er ist die personifizierte Zeit, daher auch die personifizierte Welt in
der Ewigkeit ihrer kosmischen Entwicklung. Aber über diese hinaus
kennt der Mythos keine Natur, daher auch kein Lebewesen, das sich
in eine geistig-sittliche Welt hinüberschwänge. Der Aeon kennt
weder den sittlichen Menschen, noch den heiligen Gott.
Im Zyklus der Dionysos-Mythen entsteht der tiefsinnige Ge-
danke vom Zagreus, dem zerrissenen Gott, der sich über die Welt
verteilt, der aber die Wiedervereinigung seiner Teilungen anstrebt.
In diesen Gedanken, die schon die älteste Philosophie beeinflussen,
ist das erste Aufflackern einer absoluten sittlichen Anforderung an
295
können. Die Einheit des Reiches mit ihrer Blüte der Nation, deren
Kultursymbol die D av id isclie Poesie bildet, blieb nur eine kurze
Episode, die bald von der Spaltung in die beiden Reiche abgelöst
wurde. Endlich trat auch nacheinander der Untergang der beiden
Reiche ein.
Aber wie wenig der Staat für dieses Volk bedeutete, enthüllte
sich jetzt durch den Fortbestand des Volkes und sein neues
Aufblühen nach dem Untergange des Staates. Eine solche zweite
Blüte hat Hellas nicht zu stände gebracht, und auch die alexandrinische
Literatur wird man nicht als eine griechische Blüte betrachten wollen.
Hier aber hat sich das große Problem ereignet: daß ohne den Staat,
sogar nach dem Untergange des Staates, das Volk zu einer innigen
Einheit gediehen ist.
35. So darf die Spaltung in die beiden Reiche als ein Vorspiel für
die Weltgeschichte des Judentums angenommen werden: daß das Reich
Davids nicht der Boden sei für die Welt des Monotheismus. Nicht
in dieser kurzen Vergangenheit, noch überhaupt in einer politischen
Wirklichkeit liegt der geschichtliche Beruf Israels. D er Sinn und
W ert des M onotheism us so llte sich erp ro b en in diesem
g e s c h ic h tlic h -p o litis c h e n W id ersp ru c h . Die Zukunft wird
die Wirklichkeit der Geschichte. Daher kann nur eine geistige
Welt dieses nationale Dasein erfüllen.
Noch ein anderes Rätsel erklärt sich aber auch aus diesem
Widerspruch. Der Staat mußte fallen, das Volk aber mußte bleiben.
Anders in Griechenland: mit dem Staate verschwand auch das Volk.
Warum konnte der griechische Geist sich für die Welt erhalten,
während sogar auch das Volk unterging, nicht bloß der Staat?
36. Der griechische Geist hielt sich für seine ewige Fruchtbarkeit
lebendig in seinen literarischen und künstlerischen Werken. Er sollte
nur in diesen W erken fortbestehen, um durch sie die Welt zu ge-
winnen. Aber die Fruchtbarkeit, die der griechische Geist ausübt, sollte
den eigenen Geist der Völker zur Entfaltung bringen, indem er auf
sie einwirken sollte. Der Geist brauchte nur in den Werken lebendig
zu bleiben, um neues Leben in der Eigenart der Völker zu erzeugen.
Anders verhält es sich im Monotheismus. Da heißt es: keine
anderen Götter außer dem Einen! Homer hat keinen neuen Homer
zur Neuschöpfung gebracht, und dennoch ist die Poesie aller Zeiten
eine Nachbildung seines Geistes. Und so steht es mit der griechischen
Plastik und nicht minder auch mit der griechischen Philosophie.
297
einen Gotte erstehen. Dieser aber ist nur in dem einen Volke er-
standen. Daher mußte dieses eine Volk fortbestehen.
09. Der Fortbestand des jüdischen Staates dagegen wäre eine
Anomalie geblieben, wie er schon in seinem Ursprung eine solche war
gegenüber dem ״Herrn der ganzen Erde“. Hingegen hat schon die-
Spaltung des Reiches den Anlaß gegeben, daß die Propheten für Juda und
gegen Israel eintraten, später sogar den Untergang beider Reiche
forderten, wenngleich ihre Wiederherstellung unter Voraussetzung der
monotheistischen Bedingungen.
Wenn nun dieser Gedanke, den ihr natürlicher Patriotis-
mus forderte, wiederum die alte Anomalie auferweckte, so
lag ein Korrektiv in der Konsequenz: daß sie mit der Wieder-
herstelluüg des jüdischen Staates zugleich die der feindlichen Völker
forderten, deren Staaten sie ebenfalls den Untergang prophezeit hatten..
Ihr Messianismus korrigiert so ganz unzweifelhaft ihren Partikularis-
mus. Und wie das nationale Mißgeschick nur die Vorbereitung bildet
für die messianische Zukunft der eigenen Nation, so wird auch die
Wiederherstellung der Völker das notwendige Mittel zu ihrer Ge-
winnung und Einbeziehung in die messianische Zukunft,
40. J er em ia ist auch in seiner eigenen Persönlichkeit der tragische
Prophet. Bis zur Unbarmherzigkeit eifert er gegen das Nationalbe-
wußtsein in seinen geschichtlichen allen Traditionen, im Opfer, in der
Bundes lade, in der Beschneidung selbst, und er ist zugleich der
Totengräber und der Klagedichter; Satyriker und Elegiker in dem-
selben Atemzuge, die Tragik in Person.
Dagegen ist Je c h e sk e l der nationale Politiker im tiefsten, wenn-
gleich versteckten Geiste des Deuteronomiums. Daher kann er
auch den Messianismus positiv fördern, während Jeremia in der
Kritik stecken bleiben würde, wenn ihn die Elegie nicht daraus be-
freite.
D e u te ro je sa ja hinwiederum zeigt das Doppelgesicht der Anti-
nomie zwischen Volk und messianischer Menschheit, die durch die
ganze jüdische Geschichte hindurchgeht. Sie ist aber der Schwer-
punkt ihrer Entwicklung. Alle innere Hemmung geht von ihm aus,
ebenso aber auch setzt er alle Entwicklung in stetige Bewegung.
Für die Fortbildung des Monotheismus müssen wir eine nationale
Individualität bleiben, denn der Monotheismus hat eine geschieht-
liehe Singularität uns aufgeprägt•. Und da diese Nationalität von •
keinem eigenen Staate gehemmt wird, so ist sie vor dem Schicksal
299
Einigung. Die Ewigkeit kann ihren Wert nicht haben und er-
.schöpfen in der Mannigfaltigkeit selbst.
So wird die Einheit Gottes zum Vorbild für die Völkermenschen,
’daß sie ihre Einheit in der Menschheit sich zum Ziele ihres geschieht-
liehen Daseins setzen. Die Einheit der Menschen ist der Ewigkeits-
wert des Menschengeschlechts. Der Messianismus wird zur schlichten
Konsequenz des Monotheismus.
43. Hieraus ergibt sich eine wichtige Folgerung. Ohne die strenge
.Keinheit des Monotheismus kann der Messianismus nicht zu seiner Klar-
.heit kommen. Wenn daher der Messias, als Subjekt, in die Einheit Gottes
.selbst aufgenommen wird, so wird ebenso, wie dadurch der Mono-
theismus versehrt wird, auch der Messianismus in seiner Bedeutung
verändert.
Die Sündenvergebung kann nicht das Werk des Messias
werden, denn sie ist das alleinige Werk des einzigen Gottes. Da-
gegen hleibt es die Aufgabe des Messias, die Heiligkeit des Menschen
vor Gott zum Idealbegriffe des Menschen zu machen. Heiligkeit zwar ist
nicht Sündlosigkeit, aber sie ist ideale Menschlichkeit, weil ideale
-Sittlichkeit. Diese Idealität des Menschen hat nun aber zur Voraus-
Setzung die Einheit der Menschheit.
Die beiden Aufgaben des Messias: ־die ideale Sittlichkeit
und die Einheit der Menschheit, sie . vereinigen sich sonach
in der Idee des Messias, der nicht immanent sein kann in Gott,
weil er vielmehr immanent sein muß im Menschen. Und ״nicht
׳ein Mensch ist Gott“. Gott und Mensch bilden keine Identität,״
sondern Korrelation. Die Idealität Gottes erschöpft sich in seiner
Einzigkeit. Die Idealität des Menschen aber vollzieht der Messias in der
idealen Sittlichkeit der alles Widerstreits der Völker enthobenen
Einen Menschheit.
44. VII. Die k u ltu re lle E ig e n a rt Israels. Die kulturelle
Eigenart Israels bildet auch eine wichtige Disposition. Israel ist
•ein Volk zur Messiasschöpfung ohne Interesse ohne schöpferischen
; Anteil an der W issen sch aft. Man ist daher .irregeworden an der
lallgemeinen Geistigkeit dieser Kultur, und daher auch der o rig in e lle n
Eigenart des Volkes.
Man hat ferner auch aus diesem Mangel und seiner psychologi-
.sehen Deutung Schlüsse gezogen auf den Wert der religiösen Kultur
überhaupt. Und dieses Bedenken wiegt um so schwerer, als mit dem
Ausfall der Wissenschaften auch die reine, selbständige Philosophie in
301
dieser einseitig religiösen Literatur fehlt. Indessen muß auch dieses Be-
denken vor der Schöpfung des Monotheismus eingeschränkt oder hin-
fällig werden. Wir haben den Anteil der Vernunft am Monotheismus
erkannt, und daher diesen selbst als eine Art von Philosophie, wenn-
gleich nicht von wissenschaftlicher, betrachten müssen.
45. Der Monotheismus selbst und er allein vermag das Rätsel
aufzulösen, das seine isolierte Erscheinung in Israel stellt. Diese׳
E in s e itig k e it war notwendig für die erste Schöpfung dieses Ge-
dankens, der überall Ähnlichkeiten, nirgend aber Identität aufweist.
Und die Selbstbeschränkung erscheint um so erklärlicher für die
Durchführung dieses absonderlichen Gedankens.
Vor dem Interesse an diesem einzigen Gotte und an dem durch
ihn allein bestimmbaren Menschen weicht alles andere Interesse zu-
rück, das sonst die Völker des Altertums beherrscht. Daß es dem
jüdischen Volksgeiste nicht an der Anlage und Energie für dieses Inter-
esse fehlte, hat er später wohl außer Zweifel gestellt, aber zuerst sollte
der einheitliche Doppel begriff von Gott und Mensch sichergestellt
sein, bevor außerhalb dieser Korrelation liegende Fragen des Menschen-
geistes das Interesse in Anspruch nehmen durften.
46. Auch in der P oesie wiederholt sich diese Einseitigkeit. Nicht
Drama, auch nicht Lyrik im Sinne der Erotik, keine Anknüpfung des
Geistigen an den Eros — das Hohe Lied ist zugleich als Idyll nach
G rätz eine Satyre auf die Satrapie — überall Unterbindung der Poesie*
durch die Probleme der Sittenlehre, überall daher Hinrichtung und Ein-
schränkung des Menschlichen auf die Verbindung der Menschen, Ab-
lenkung aber vom Egoistischen. So führt die Poesie selbst zum
Messianismus hin.
Auch alle poetischen Fragen vom menschlichen Schicksal werden*
umgelenkt in solche der V orsehung, der Leitung durch den einzigen "
Gott. ״Es rühme sich nicht der Weise seiner Weisheit, der Held:
seines Heldentums, sondern es rühme sich, wer sich rühmen willy
der vernünftigen Erkenntnis meiner“ (Jes. 9, 22 ff.). Erkenntnis ist
Gotteserkenntnis. Gott aber ist der Vater aller Menschen und aller
Völker. Daher muß diese E rk e n n tn is sich ausbreiten auf alle Menschen,
ohne Unterschied der Stände, und auf alle Völker. ״Wahrlich, wie
die Kinder der Kuschiten seid ihr mir“ (Anm. 9,7). So führt
Arnos seinen Messianismus ein, indem er die Schwarzen mit den
Israeliten gleichstellt. Durch diese Konzentration der Erkenntnis
werden die Menschen ohne Unterschied für sie beansprucht. Und
30־J
auch von deren Methode dirigiert und daher auf der Erfahrung von
Wirtschaft, Recht und Staat aufgebaut. Nicht zwar der methodische
Grund ist die E rfa h ru n g , aber das faktische Urmaterial an das die
Methode ansetzen muß. Diesen Weg geht intuitiv vermöge des
Vernunftanteils der Religion auch der Prophet, indem er an der
Armut das Menschenleid objektiviert, und diese Armen nun, die
schon als die Frommen erkannt sind, zu Stellvertretern des Menschen-
leids macht.
63. Was ist der letzte Sinn dieser Stellvertretung, und was ist für
den ethischen Begriff der Geschichte mit ihr gewonnen ? Nicht nur
der negative Gewinn, den die Abkehr von allem Eudämonismus
bildet, ist von Wert, sondern diese Abkehr von den Äußerlichkeiten
des irdischen Glücks ist der erste Schritt zur positiven Erhebung,
zur Würde des Menschen.
Warum ist denn das sicherste Zeichen der Frömmigkeit die
D em ut? Nicht die asketische Verachtung des Irdischen ist ihr
wahrhafter Sinn, sondern vielmehr der Widerspruch zur äußerlichen
Gewähr menschlicher Realität, zur Macht, zum Glanz, zum Erfolg,
zur Herrschaft, zur Autokratie, wie zum Imperialismus; als Wider-
Spruch zu allen diesen Zeichen der menschlichen Hoffart, des eitlen
Stolzes und des Übermuts bildet die Demut den Widerpart des
idealen Menschen.
Hier möchte der Unterschied und der Fortschritt zu bezeichnen
sein von dem F rom m en zum D em ütigen. Der Fromme vertritt das
isolierte Ich: der Demütige trägt die ganze Menschheit an seinem
Busen. Daher kann er zum Stellvertreter des Leidens werden, weil er gar
nicht anders als im Leiden sein sittliches Dasein vollbringen kann.
Er kennt die Schuld der Menschen — wie sollte der Arme sie nicht
erkennen, der unter dem Unrecht der Weltwirtschaft leidet? — er
kann zwar die Schuld den Menschen nicht abnehmen, aber er leidet
unter diesem seinem die Mitmenschen einschließenden Bewußtsein.
Und indem er so um sie leidet, leidet er fü r sie. Denn sein
Leid ist das wahrhafte, das sittliche, dessen die Menschen ja in ihrer
Schuld gar nicht mächtig werden würden, auch wenn sie noch so
hart in ihren leiblichen Genüssen bestraft würden. Der Demütige ist
daher der wahrhaft Leidende, und er ist der Stellvertreter des Leidens.
Das Leiden selbst in seinem sittlichen Wesen kann nur er erleiden. Er
ist nicht sowohl der Stellverter als vielmehr der alleinige wahrhafte
Träger des Leidens.
313
65. XIV. Der ״Knecht des Ewigen“ ist der Messias, und hat als
solcher den ״Sproß Davids“ abgelöst. Weltfremd und abstrakt ist aber
niemals der Prophetismus geworden; wie hätte er es im Messianismus
werden können? Wenn der Gottesknecht schon nicht mehr den Königs-
sproß bedeuten darf, so kann er doch nicht der nationalen Erinnerung,,
der nationalen Geschichte fremd sein. Die jüdischen Exegeten haben
es früh erkannt, daß dieser Knecht des Ewigen nur Knecht sein
kann, wie jeder Israelit dies sein soll. So wurde ihnen dieser
Gottesknecht unverkennbar als das Vol k Israel selbst.
Wie nun aber der nationale Gesichtspunkt überall in diesem Mono-
theismus den Messianismus erweckt hat, so ist es auch hier geschehen.
Das Bild vom Armen, als dem leidenden Menschen, lichtet und klärt
nur den sozialen Horizont. Wenn nun aber der arme Leidende das Volk
Israel und als seine messianische Vollendung der ״Rest Israels“ ist,,
so rollt sich damit das Geschichtsbild auf. und das Volk Israel tritt
vor den Rat der Völker. Und jetzt erst erlangt das Leiden eine er-
höhte geschichtliche Kraft, welche das. soziale Elend übersteigt.
Das Elend der jüdischen Geschichte beginnt nicht erst mit dem.
Exil: denn der Verlust des nationalen Staates ist schon durch den
Messianismus bedingt. Darin aber ist die Tr agi k des j ü d i s c h e n
Volkstums in aller geschichtlichen Tiefe begründet. Wie kann ein
Volk bestehen und seine messianische Aufgabe erfüllen, wenn es des
allgemein menschlichen Schutzes entblößt wird, den der Staat für
das Volk bildet? Und dennoch ist solchergestalt die Lage des
jüdischen Volkes, und so muß es wohl auch der Sinn der jüdischen
Geschichte sein, wenn anders der Messianismus diesen Sinn aus-
macht. •
Wer den echten weltgeschichtlichen Messianismus der Mensch-
heit als die Aufgabe des jüdischen Volkes erkennt, der muß in
der jüdischen Geschichte den Wegweiser erblicken für dieses Ziel.
Es kann nicht die Frage sein, ob Gott es anders hätte einrichten
können, oder es künftig noch einrichten werde, sondern der Verlauf
der Geschichte selbst erteilt uns die Lehre, welche begrifflich der
Messianismus enthält.
66- Die jüdische Geschichte aber ist, als Geschichte betrachtet, mit-
hin inwiefern sie sittliche Ideen zur Darstellung bringt, eine fortlaufende
Kette des menschlichen, des nationalen Elends. Verachtet und durch-
bohrt sind allezeit diese Gottesknechte gewesen und abgeschnitten
vom Lande des Lebens. Und obwohl das Erstaunen nicht aufgehört
315
4ie H ü tte Davids, die zerfallene, und ihre Bisse ■vermauern und ihre
Trümmer aufrichten und sie wieder bauen, wie in den Tagen der
Torzeit . . dann sollen Tage kommen, ist der Spruch des Ewigen,
da holt der Pflüger den Schnitter ein und der Traubenkelterer den
Sämann. Da werden die Berge von Most triefen und alle Hügel
zerfließen. Dann will ich mein Volk Israel wiederherstellen . . .
Und ich bringe zurück die Gefangenschaft meines Volkes Israel . . .
Dann will ich sie einpflanzen in ihr LafTd, und sie sollen nicht
aus ihrem Lande, daß ich ihnen gegeben habe, wieder ausgerissen
werden“ (9, 8— 16).
Die Bedeutung des Arnos für den Messianismus liegt jedoch
nicht in seiner Beminiscenz an die ״Hütte Davids“, die übrigens
immer noch unterschieden ist von dem ״Throne Davids“, sondern
vielmehr in seinem Eifern gegen den O p fe rd ie n st und demgemäß
in seiner Sittenpredigt und seiner Strafpredigt gegen die Völker,
wie gegen Juda und Israel. Mit den Völkern zugleich verwirft er
auch Israel.
Er zuerst gibt dem Volksglauben von dem ״Tage*Jahves“ die
sittliche Deutung. ״An jenem Tage lasse ich die Sonne am Tage
untergehen und sende Finsternis auf die Erde am hellen Tage“
{8, 9). Aber aus der Strafandrohung erhebt er sich zu der Zu-
versieht: ״Siehe, Tage kommen, Spruch des Herrn, des Ewigen,
Tind ich werde Hunger senden, in das Land, nicht Hunger nach Brod
und nicht■ Durst nach Wasser, sondern zu hören die Worte des
Ewigen. Und sie werden schwanken von Meer zu Meer und von
;Nord nach Ost schweifen, zu suchen das Wort des Ewigen, aber sie
werden es nicht finden“ (8, 11 ff.). Das Suchen nach dem W orte
■Gottes allein, dieser Hunger tritt hier als das Dämmern eines anderen
Sinnes für den Tag Jahves auf. Und daraufhin erst kann die
Wiederherstellung Israels von Arnos geweissagt werden.
3. Dem Arnos ist M icha in seiner sittlichen Richtung verwandt.
Er eifert gegen den Götzendienst und fordert das ״Gotteshaus für
alle Völker“. Die Völker bekriegen Israel, aber aus dem Geschlechte
{Davids wird ein Herrscher aufstehen, unter dem alle Völker den
■Krieg nicht mehr lernen werden. Der Moralismus ist die Seele des
Messianismus bei Micha. ״Am Ende der Tage wird der Berg des
Hauses des Ewigen gegründet stehen auf dem höchsten der Berge
und er wird erhaben sein über die Hügel, und es werden strömen
zu ihm die Völker. Und viele Völker werden gehen und sprechen:
319
auf, laßt uns hinaufsteigen zum Berge des Ewigen und zum Hause,
des Gottes Jakobs, daß er uns lehre seine Wege, und daß wir wandeln
in seinen Pfaden, denn von Zion geht die Lehre aus und das Wort des ז
Ewigen von Jerusalem. Und er wird richten zwischen vielen Völkern und
Becht sprechen mächtigen Nationen bis in die Ferne, und sie werden
umschmieden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu
WUnzermessern. Nicht wird erheben ein Volk gegen das andere das
Schwert, und sie werden nicht mehr lernen den Krieg, und sie
werden sitzen ein jeder unter seinem Weinstock und unter seinem
Feigenbaum und niemand wird sie aufschrecken, denn der Mund des
Ewigen Zebaoth hat es gesprochen . . . Aber jetzt versammeln sich
über dich viele Völker, die da sprechen: sie werde entweiht, damit
sich ergötzen an Zion unsere Äugen. Sie aber kennen nicht die
Gedanken des Ewigen und verstehen nicht seinen Batschluß, daß er
sie zusammengebracht hat, wie Garben auf die Tenne. Auf und
drisch, Tochter Zions. Denn ich will dein Horn von Eisen machen,
und deine Klauen von Erz, auf daß du zermalmst viele Völker und
weihest dem Ewigen ihren Baub und ihren Schatz dem H errn der
g an zen E rd e “ (Kapit. 4, 1—4. 12- 14). Nationale Erinnerungen
durchdringen sich mit den Zukunftsgedanken ,der göttlichen Welt-
herrschaft.
4. Auch das 5. Kapitel geht von einem neuen David aus Bethlehem
aus und steigt zu dem Beste Jakobs empor. ״Und du, Bethlehem
Ephrata, die du klein sein solltest unter den Gauen Judas, von dir
wird mir hervorgehen der, der ein Herrscher sein soll in Israel, und
dessen Ursprung ist von ehedem, aus den Tagen der Vorzeit. Und
er wird auftreten und seine Herde weiden in der Macht des Ewrigen,
in dem Buhm des Namens des Ewigen, seines Gottes, und sie werden
wohnen bleiben, denn alsdann wird er groß dastehen bis an die
Enden der Erde . . . und es wird sein der B est Jakobs inmitten
vieler Völker, wie Tau vom Ewigen, wie Begentropfen auf das Kraut,
das auf Menschen nicht harrt, und nicht wartet auf Menschenkinder.
Und es wird sein der Best Jakobs unter den Völkern, inmitten vieler
Völker wie ein Löwe unter den Tieren der Wildnis, wie ein junger
Leu unter Schafherden, der, wenn er hindurchgeht, niedertritt und
zerreißt, ohne daß Jemand rettet . . An jenem Tage werde ich aus-
rotten deine Bosse aus deiner Mitte und vernichten deine Wagen.
Und ich werde ausrotten die Städte deines Landes und alle deine
Festungen zerstören. Und ich werde ausrotten die Zaubermittel aus
320
deiner Hand, und Beschwörer soll es nicht geben bei dir. Und ich
werde ausrotten deine Schnitzbilder und deine Malsteine aus deiner
Mitte. Und du wirst fortan dich nicht niederwerfen-'vor dem Werk
deiner Hände“.
Sehr charakteristisch sind die beiden aufeinanderfolgenden
Gleichnisse vom Tau und vom Löwen: das Unheil und das Heil
Beides muß der Messias bringen. Wenn das Heil hier vorausgeht, so
wird das Ziel vorangestellt, dem das Unheil, die an den Völkern zu
übende Vernichtung nur als Mittel gilt. Denn dieses Mittel der
Vernichtung wird auch an Israel vollstreckt, wie die folgenden Verse
dies besagen.
5. Das Bild vom Berg des Gotteshauses, zu dem alle Völker
strömen und den Krieg nicht mehr lernen werden, ist J e s a ja von
Micha gemeinsam. (Jes. 2, 1—5). Seinen eigenen Stil aber nimmt
Jesaja in demselben Kapitel an. ״Vefkrieclit euch in Felsenhöhlen
und verbergt euch in Erdlöcher vor dem Schrecken des Ewigen und
vor seiner glorreichen Pracht, (A. V. 10) wenn er sich erhebt,
zu schrecken die Erde.“ (A. V. 19). ״Der Augenstolz des
Menschen wird niedrig und gebeugt der Hochmut der Männer, und
erhaben wird der Ewige allein sein an jenem Tage. Denn ein Tag
kommt für den Ewigen Zebaoth über alles Stolze und Hohe und
Ragende, und es wird niedrig werden . . Lasset doch ab vom Menschen,
dessen Seele in seiner Nase ist; denn wofür ist er zu achten?“
(ib. 10—21).
Dies ist Hamlet-Stil. Das folgende dritte Kapitel weissagt
schwere Strafen zuerst für die schlechte Rechtspflege und dann
für den Hochmut und die Hoffart! Hoffart der Frauen. Dann
aber setzt das vierte Kapitel Avieder mit der Heilsbotschaft ein.
״An jenem Tage wird der Sproß des Ewigen zum Schmuck und
zur Ehre und die Frucht des Landes zur Hoheit und Herrlich-
keit werden für die Geretteten Israels. Und die in Zion über-
bleiben und übrigbleiben in Jerusalem, h e ilig wird genannt
werden jeder, der zum Leben aufgeschrieben ist in Jerusalem. Wenn
abgewaschen hat der Herr den Schmutz der Töchter Zions und
das Blut Jerusalems hinweggespült hat aus seiner Mitte mit dem
Geiste des Rechts und mit dem Geiste der Vertilgung“ (4, 2—4).
Auf die Übrigbleibenden, den späteren Rest, wird hier schon hin-
gewiesen.
6. Aber das neue Reich nach der Vertilgung des alten be-
321
Gleichnis: ״Und es wird sein das Licht des Mondes wie das Licht
der Sonne, und das Licht der Sonne wird sein siebenfach wie das
Licht von sieben Tagen am Tage, da der Ewige verbindet den Schaden
seines Volkes und die Wunde seines Schlages heilet“. (30, 26). Unheil
und Heil wechseln beinahe regelmäßig miteinander ab in diesen W~eis-
sagungen. Es ist irrig, die Propheten überhaupt gar nach diesen beiden
Losungen zu entscheiden: sie greifen fast überall in einander über.
Plötzlich tritt die Heilsverkündung besonders in einem der un-
mittelbar folgenden Kapitel ein, in dem die Zerstörung Jerusalems
angekündigt wird. Da heißt es mitten im Zusammenhänge: ״Bis
ausgegossen wird auf uns ein Geist von der Höhe, dann wird die
Wüste zum Fruchtlande und das Fruchtland wird für einen Wald
gerechnet. Und es wohnt in der Wüste das Recht, und die Ge-
rechtigkeit- läßt sich im Fruchtland nieder. Und die Wirkung der
Gerechtigkeit wird sein Friede, und der Ertrag der Gerechtigkeit
Ruhe und Sicherheit für immer“ (32,15,17). Der Messias wird
hier bezeichnet als ״ein Geist von der Höhe“ und seine Wirkungen
sind der F ried e und die Ruhe und Sicherheit, als die Werke der
Gerechtigkeit. Auch da, wo der Prophet nur mit Rücksicht auf
Israel den Messias zeichnet, ist nicht schlechthin die Wohlfahrt des
Landes verheißen, sondern diese bedingt durch Gerechtigkeit. Und
die Wohlfahrt selbst wird durch den Frieden zusammen gefaßt, der
wiederum, das allgemeine Symbol des Völkerfriedens, des Messias
für die Völker ist.
Ähnlich singt der Psalm (G8, 32, 33 und 67, 3—6): ״Es
werden dich bekennen Völker als Gott, es werden dich bekennen
die Völker allesamt“. Und ״Reiche der Erde, singet Gott“.
12. Z ep h an ia, ein Menschenalter vor dem Exil, kündigt das Straf-
gericht an über die Völkerwelt und über Juda. Auch bei ihm aber
heißt es plötzlich in der Zornrede: ״Dann aber werde ich den Völkern
eine reine Lippe schaffen, daß sie an rufen allesamt den Namen des
Ewigen, ihm zu dienen Schulter an Schulter . . . Und ich werde in
dir übriglassen ein demütiges und armes Volk, das Schutz suchen
wird beim Namen des Ewigen. ׳Der Überrest Israels wird nicht Un-
recht begehen, noch Lügen reden, noch wird in ihrem Munde gd-
funden werden trügerische Zunge“.
Wichtige Dinge formuliert der Prophet für den messiänischen
Tag. Erstlich die feine Lippe und die eine Schulter für den Gottes-
dienst aller Völker. Sodann definiert er den Rest Israels als das
demütige und arme Volk, dem Unrecht und Lüge fern sind. Aber
in dem Satze nach der reinen Lippe heißt es noch: ״Von jenseit
der Ströme Äthiopiens werden sie meine Anbeter darbringen als Ge-
schenk für mich“ (3, 10). Das ist ein neues Moment, welches wir
wiederholt finden werden bei Deuterojesaja (66, 20). Der messianische
Gedanke von der Bekehrung der Völker vereinigt sich hier mit dem
von der Wiederherstellung Israels in dem zartesten Ausdruck: daß
die Völker selbst die Gefangenen Israels als ein G eschenk Gott
darbringen werden.
13. Die Harmonisierung dieses Zwiespalts wird zum Grundproblem
bei Jerem ia. Auch bei ihm wird die Strafrede plötzlich unterbrochen
von der hoffenden Mahnung: ״Kehret zurück, ihr abtrünnigen Söhne,
denn ich habe euch geehelicht und ich nehme euch, einen aus einer
Stadt und zwei aus einem Geschlechte und bringe euch nach Zion.
Und ich werde euch Hirten geben nach meinem Herzen, daß sie
euch weiden in Erkenntnis und Vernunft. Und es wird geschehen,
wenn ihr euch mehret und fruchtbar seid im Lande in jenen Tagen,
Spruch des Ewigen, dann wird man nicht mehr sagen: die Lade des
Bundes Gottes! Und sie wird nicht, mehr in den Sinn kommen,
noch wird man ihrer gedenken, noch sie vermissen, und sie wird
nicht ferner angefertigt werden. In jener Zeit wird man Jerusalem
nennen Thron des Ewigen, und es werden sich zu ihr versammeln
alle Völker zum Namen des Ewigen nach Jerusalem, und sie werden
nicht ferner gehen nach der Starrheit ihres bösen Herzens“ (3, 16— 17).
Unmittelbar darauf aber verheißt er Heimkehr für Juda und Israel
in das Land ihrer Väter.
In der Strafrede gegen die treulosen Hirten, die ״verwahrlosen
und zerstreuen die Schafe meiner Weide, Spruch des Ewigen“ heißt
es ״ich selbst aber will sammeln den Best meiner Heerde aus allen
Ländern, dahin ich sie verstoßen habe und sie zurückführen auf
ihre Auen und sie sollen fruchtbar sein und sich mehren. Und ich
will bestellen über sie Hirten, die sie weiden sollen: Siehe, Tage
kommen, Spruch des Ewigen, da will ich errichten dem David einen
gerechten Sproß, der soll herrschen als König und weise handeln
und Becht soll er üben und Gerechtigkeit im Lande. In jenen
Tagen wird geholfen werden Juda und Israel wird wohnen in
Sicherheit, und dies sein Name, mit dem man ihn nennt: der Ewige
unsere Gerechtigkeit. Fürwahr siehe Tage kommen, Spruch des
Ewigen, da wird man nicht mehr sagen: so wahr der Ewige lebt.-
326
der die Kinder Israel herauf geführt- hat aus dem Lande Ägypten,
sondern: so wahr der Ewige lebt, der heraufgeführt und heimgeführt
hat den Samen des Hauses Israel aus dem Lande des Nordens und
aus allen Ländern, wohin ich sie verstoßen habe, und sie werden
wohnen auf ihrem Boden“ (23, 1—8).
Die Polemik gegen die nationale Selbstverhärtung, die dem
Messianismus widerstrebt, kann nicht schärfer durchgeführt werden
als in dieser Absage an den geschichtlichen Ursprung der Nation, der
zugleich der religiöse ist: die Befreiung aus Ägypten. Und nicht
die Wiederheimkehr ist es, durch welche die erste Befreiung über-
troffen würde, sondern darin allein wird der Vorzug der künftigen
Befreiung begründet, daß nach ihr .Recht und Gerechtigkeit im Lande
herrschen werde, daß Gott selbst erkannt werde, wie bei Jesaja, als
der Heilige Israels, so hier als ״unsere Gerechtigkeit“. Der Sproß
Davids heißt demgemäß auch ״der gerechte Sproß“.
14. Im Hinblick auf diese Gerechtigkeit, als den Hort des neuen
Reiches, gewinnt die Verwerfung der falschen Hirten den besonderen
Sinn, daß sie die Vertreter der ganzen bisherigen Lehre seien. Der
alten Lehre wird ,eine neue Lehre entgegengestellt und immer kommt
es dem Propheten auf die neue Lehre an. Selbst da, wo er in der
glühendsten Leidenschaft des Patrioten redet und mit den Tränen
des Elegikers, selbst da beschließt er seine Hoffnungen nicht mit• der
Verkündung der göttlichen Liebe, der Tröstung, des Gedenkens der
Jugendliebe, und er begnügt sich nicht mit dem Spruche: ״es segne
dich der Ewige, Wohnung der Gerechtigkeit, heiliger Berg“ (31,22),
für das neue Reich, sondern wiederum reißt er die alte Wunde auf.
״Fürwahr, Tage kommen, Spruch des Ewigen, und ich werde mit dem
Hause Israel und mit dem Hause Juda einen n euen Bund schließen,
nicht wie der Bund, war, den ich geschlossen habe mit ihren Vätern,
am Tage, da ich sie faßte bei ihrer Hand, um sie herauszuführen
aus dem Lande Ägypten — sie aber ,haben zerstört meinen Bund,
und ich hatte sie doch geehelicht — sondern dies wird der Bund
sein, den ich schließen werde mit dem Hause Israel nach jenen
Tagen, Spruch des Ewigen: ich werde geben meine Lehre in ihr
Inneres und auf ihr Herz werde ich sie schreiben, und so werde ich
ihnen zum Gotte sein, und sie werden mir sein zum Volke. Und
sie werden nicht ferner lehren einer seinen Anderen und einer seinen
Bruder und sprechen: erkennet den Ewigen! Denn sie alle werden
‘mich erkennen von Klein bis Groß. Spruch des Ewigen. ; Denn ich
327
werde vergeben ihrer Schuld und ihrer Sünde nicht ferner gedenken.
So spricht der Ewige, der gesetzt hat die Sonne zum Licht bei Tage,
die Ordnung des Mondes und der .Sterne zum Licht der Nacht, der
das Meer aufwühlt, daß seine Wogen brausen, Ewiger Zebaoth sein
Name: wenn diese Ordnungen je von mir weichen werden, Spruch
des Ewigen, dann sollen auch die Nachkommen Israels aufhören, ein
Volk vor mir zu sein alle Tage“ (31, 30—36).
15. Wiederum sehen wir das Herz des Patrioten in Eintracht
mit dem. Verkünder der neuen messianischen Lehre. Einen neuen
Bund wird Gott mit Israel schließen, indem er die Thora ihnen ins
Herz schreibt. Und diesen neuen Bund unterscheidet er von dem
alten durch die genaue Bestimmung, welche den Grund des neuen
Weltalters enthält: in jener Zukunft wird die Erkenntnis Gottes ein
Gemeingut aller sein.
Und in dieser Allgemeinheit der Erkenntnis wird Gott sich
erweisen als der wahrhafte Erlöser, der die Sünden vergibt. Viel
wichtiger als das Wort von dem Legen der Lehre in das Innere-ist
diese praktische Norm für die Religion und Sittlichkeit der Zukunft :
die Erkenntnis Gottes das Gemeingut aller!
16. An diese Reinigung von aller Schuld knüpft ein folgendes
Heilskapitel an. ״Siehe. Tage kommen, Spruch des Ewigen, da will
ich bestätigen das gute Wort, das ich geredet über das Haus Israel
und das Haus Juda. An jenen Tagen und in jener Zeit werde ich
sprossen lassen dem David einen Sproß der Gerechtigkeit und er
wird üben Recht und Gerechtigkeit im Lande“ (33, 15). Unter
dieser wiederholten Voraussetzung der Gerechtigkeit für den Sproß
Davids wird dem Throne Davids, wie auch den levitischen Priestern,
Fortbestand zugesichert. Aber der Prophet hatte ebenso auch die
Wiederherstellung von Aegypten, Moab, Amon und Edom verkündet.
Allen bösen Nachbarn hat er Exil und Wiederherstellung prophe-
zeit. ״Danach aber wird Ägypten wohnen, wie in den Tagen der
Vorzeit. Spruch des Ewigen“ (46, 26). ״Ich werde zurückbringen
die Gefangenen Moabs am Ende der Tage, Spruch des Ewigen. Bis
hierher das Gericht über Moab“, (48, 47). ״Hernach aber werde
ich zurückbringen die; Gefangenen der Söhne Ammons, Spruch des.
Ewigen“ (49, 6). ״Und es wird sein, am Ende der Tage werde ich
zurückbringen die Gefangenen Eloms, Spruch des Ewigen“ (ib. 39).
17. Und allgemein schon hatte Jeremia es verkündet für alle
N ach b arv ö lk er. Und es wird geschehen, nachdem ich sie hinweg-
328
gerissen habe, will ich mich ihrer wieder erbarmen, und will sie
heimbringen einen jeden in sein Erbe und einen jeden in sein Land.
Und es wird sein, wenn sie lernen werden die Wege meines Volkes,
zu schwören bei meinem Namen, so wahr der Ewige lebt, wie sie
mein Volk gelehrt hatten zu schwören beim Baal — sollen sie aut-
gebaut werden inmitten meines Volkes“ (12, 15, 16).
Die scheinbare Enge, die noch anstößig’scheinen könnte darin,
daß die Verschonung der bösen Nachbarn an die Bedingung der
Anerkennung Gottes gekhüpft wird, wird erstlich dadurch überwunden,
daß an die Verführung, die sie ausgeübt hatten, erinnert wird,
und sodann dadurch, daß sie ״inmitten meines Volkes“ wieder auf-
gebaut werden sollen. Damit ist auf ihre Aufnahme in das messia-
nische Israel hingedeutet.
18. Und der Prophet glaubt an die B ek eh ru n g der Völker.
״Ewiger meine Macht und meine Burg und meine Zuflucht am Tage׳
der Not: zu Dir werden die Völker kommen von den Enden der
Erde und werden sprechen: nur Trug haben unsere Väter geerbt,
Nichtiges, das nichts nützt. Kann wohl ein Mensch sich einen Gott
machen? Und sie sind kein Gott“ (16,19,20). Die Bekehrung
der Völker denkt sonach der Prophet als Selbstbekehrung, als die
Erkenntnis von der Nichtigkeit des Götterwesens.
19. Im Exil und vorher schon trat Je c h e sk e l auf. Wir haben
die Schwierigkeit in seiner historischen Stellung schon erwogen. Während
seine Vorgänger mit dem sittlichen Ideengehalt des Monotheismus allein
den Kampf gegen die Welt aufnahmen, haben wir in ihm eine Ver-
bindung von Idealismus und Realismus zu erkennen. Hier ist nun
vor allem zu beachten, daß sein praktischer Sinn, mit dem er das
Opferwesen festhält, wenngleich er es in seinem ethischen Geiste um-
gestaltet, ihn dennoch nicht von seinen Vorgängern gänzlich unter-
scheidet; denn wie sehr auch Jesaja und Jeremia das Opfer be-
kämpfen, verwerfen sie es doch nicht unzweifelhaft für die Zukunft,
sondern es verbleibt auch bei ihnen im Nimbus des symbolischen
Materials der historischen Tradition.
Und was die Anhänglichkeit Jecheskels an das sonstige Ritual des
Pentateuch betrifft, so hat er auch da seine reformatorische Selb-
ständigkeit bewahrt und keineswegs sich in absolute Abhängigkeit
gestellt. Für eine methodische Charakteristik bleibt daher nur die
Frage, ob und wie Jecheskel, als politischer, historischer und patrio-
tischer Realist, doch zugleich auch den idealen Sinn gewahrt und ge-
329
.21. Der zweite Teil seiner Keden betrifft das Israel der Zukunft.
Der Prophet eifert gegen die falschen Hirten. ״Und ich werde über
sie bestellen einen einzigen Hirten, der wird sie weiden, meinen
Knecht David, der wird sie weiden und der wird ihnen zum Hirten
sein. Und ich, der Ewige, werde ihnen Gott sein, und mein Knecht
David wird Fürst sein in ihrer Mitte“ (34,23, 24). Der Hirt wird
zum Fürsten, weil Gott allein der eigentliche Hirt ist. Mit diesem
Worte schließt das Kapitel, nachdem e s ' ״den Bund des Friedens‘■
auch mit den Tieren verkündet hatte: ״Aber ihr seid meine Herder
Herde meiner Weide, Menschen• seid ihr, ich euer Gott“ (ib. 30).
Die . Zusammenstellung von Herde und Mensch ist ganz im Stile des
Menschensohnes. Ihr seid meine Herde; denn ihr seid ja Menschen,,
deren ich mich erbarme. So läßt der Prophet des Menschensohnes
seinen Gott sprechen.
2*2.. Wichtig ist auch die Verbindung, welche sich bei Jecheskel
herstellt zwischen seiner neuen Theorie der Buße und dem Messianis-
mus. Die Läuterung Israels' wird zusammenhängend gedacht mit
der ״Heiligung des göttlichen Namens unter den Völkern. ״Und so
will ich meinen großen Namen heiligen, der entweiht ward unter
.den Völkern, den ihr entweiht habt unter ihnen, damit die Völker
erkennen, daß ich der Ewige bin“ (36, 23.) Aber nunmehr voll-
zieht sich diese Heiligung in der Läuterung Israels. ״Und ich werde
sprengen über euch reines Wasser, daß ihr rein werdet, von allen
euren Unreinigkeiten und von allen euren Götzen will ich euch
reinigen. Und ich werde euch gebeu ein neues Herz, und einen neuen
Geist werde ich geben in euer Inneres, und ich werde entfernen
das Herz von Stein aus eurem Fleische und werde euch geben ein
Herz von Fleisch. Und ich werde meinen Geist geben in euer
Inneres“ (ib. 25—*27). Hier ist es Gott, der einen neuen Geist und
ein neues Herz in das Innere legen wird, während für seine Theorie
der Buße die Variante erheblich ist, daß die Menschen selbst sich
das neue Herz schaffen sollen, (vgl. ob. S.)
Im folgenden Kapitel wird diese Läuterung durch Gott wieder-
holt, aber auch wieder hinzugefügt: ״Und so sollen die Völker er-
kennen, daß ich der Ewige bin, der Israel heiligt“ (37, 28).
23. Den Anfang dieses Kapitels bildet die Deutung des über-
kommenen Mythos von der A u fersteh u n g . Die Frage Gottes an den
Propheten lautet:. ״Menschensohn, werden wohl diese Gebeine wieder
lebendig werden? Ich aber antwortete: Herr, Ewiger, du weißt es“
(37, 3). Der Prophet erhält nun den Auftrag, diesen verdorrten Ge-
beinen zu weissagen, und sie werden wieder lebendig. ״Dann sprach
er zu mir: Menschensohn, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel.
Siehe, sie sprechen: verdorrt sind unsere Gebeine und verloren
unsere Hoffnung’ wir sind abgeschnitten . . Siehe, יnun will ich öffnen
eure Gräber und will euch herausführen aus euren Gräbern, als
mein Volk“ (ib. 11, 12). Diese politisch-messianische Nutzanwendung
von dem. Mythos der Auferstehung ist ein wichtiges Symptom für
den Rationalismus Jecheskels.
Als Auferstehung des Volkes vermag der Prophet •die in Persien
ihm bekannt gewordene Auferstehung anzuerkennen. Daher ist die
Hervorhebung ״mein Volk“, die sich auch in den folgenden Versen und
zwar an der letzten Stelle des Satzes wiederholt, besonders bemerkens-
wert. Es berührt sich schon hier die magische Lehre von der Auf-
erstehung mit dem Messianismus, und es ist bedeutsam, daß Jecheskel
bereits, ihr eine historische,, eine gleichsam geschichtsphilosophische
Deutung gibt. Das Volk kann nicht sterben. Sein Tod ist nur eine
Furchtillusion der Verzweiflung, welche von der messianischen Zuver-
sicht geheilt und beseitigt wird. Wie der Tod kein wirklicher ist,
so ist auch die Auferstehung nur die Verjüngung zu einem neuen
geschichtlichen Leben.
. 24. Für die Vergeistigung des Messianismus wurde es ein
wichtiges Mittel, daß der Perserkönig Cyrus selbst als Bote Gottes somit
als Messias zur Erlösung Israels anerkannt wurde. Damit war der
Zauber des Hauses Davids gebrochen. Und ferner auch war damit
der Gedanke der messianischen Ausgleichung aller nationalen Gegen-
Sätze und Hemmungen für den einheitlichen Gottesdienst zu anschatt-
lieber ■Bestimmtheit gelangt.
ln dieser Richtung bringt nun D e u te ro je sa ja und sein Nach-
folger die Vollendung. Nur ein einziges Mal erwähnt er, und zwar
nur in einer Ausdeutung, als ״der Gnaden Davids“ (55, 3) des David
überhaupt. Nach Jecheskel redet kein Prophet des Exils von einem
Nachkommen Davids. Deuterojesaja denkt den Messias vorzugsweise
für die Bekehrung der Völker. Daher verwandelt er den König-
sproß; der doch immer den Schein des nationalen Symbols an sich
trägt, schlechthin in den Gottesdiener, den Gottesknecht, der noch
dazu den Gegensatz zum Königssproß bedeutsam ausdrückt.
25. Von Anfang an war der K n ech t G.ottes in aller Deutlich-
keif als das Volk Israel bezeichnet, wie auch schon Jecheskel mehrfach
״meinen Knecht Jakob genannt hatte* (28, 25. 37, 25). ״Du aber,
Israel, mein Knecht, Jakob, den ich erwählte, . . und sprach zu dir:
mein Knecht bist du“ (41, 8, 9). ״Siehe, mein Knecht“ ich gebe
meinen Geist auf ihn, das Recht soll er den Völkern hinaustragen“
(W ellh au sen : die Wahrheit). ״Zur Wahrheit wird er hinausführen
das Recht“ (42, 1, 3). Er wird nicht ermatten und nicht• zusammen-
knicken, bis er auf Erden einsetzt das Recht, und auf seine Lehre harren
die Eilande . . Ich, der Ewige, habe dich berufen in Gerechtigkeit,
und deine Hand effSBt und dich behütet und ich will dich machen zum
Bund der Völker“ (H erzfeld : ״zum Bund der Menschen“, nach Vers
5 und 40, 7), ״zum Lichte der Nationen . . Ich, der Ewige, das ist
mein Name, und meine Ehre gebe ich keinem anderen“ (42, 1, 4—8).
״Nun aber spricht der Ewige, der mich gebildet von Mutterleib sich
zum Knechte: zu g e rin g i s t יs יdaß du mir Knecht seiest, aufr
zurichten die Stämme Jakobs und die Bewahrten Israels zurück-
zuführen, vielmehr gebe ich dich zum Lichte der Völker, daß mein
Heil reiche bis an das Ende der Erde . . und ich mache dich zum
Völkerbund“ (49, 5—8). Mit einer solchen Schärfe ist nirgend sonst
die Differenz formuliert worden zwischen dem nationalen und dem
menschheitlichen Berufe des Messias.
26. Daher kann von hier aus die höchste Idealisierung wiederum
einsetzen, welche dem Volke des Monotheismus für die Menschheit
zuerteilt wurde. Diese bringt der Schluß des 52. Kapitels des Deu-
terojesaja als Einleitung zum 53., in welchem das Idealbild des
Messias, als des Gottesknechtes, gefeiert wird.
Der reflektierende historische Stil dieses Kapitels läßt an sich
schon die messianische Idealisierung des Gottesvolkes, als des
Gottesknechtes, erkennen. ״Siehe, Erfolg haben wird mein Knecht,
wird emporkommen und sehr erhaben und hoch dastehen. Wie sich
viele über dich entsetzt haben — so entstellt, nicht mehr menschlich,
wrar sein Aussehen, noch seine Gestalt die von Menschenkindern —
so wird er auflfahren machen viele Völker; über ihn werden Könige
schließen ihren Mund, denn was ihnen nie erzählt worden,, das sehen
sie und was sie nie gehört, gewähren sie“ (52, 13—15). So lautet
die Einleitung zu dieser geschichtlichen Betrachtung über die Be-
freiung Israels aus seiner kläglichen äußeren Erscheinung.
An diese verheißende Prognose knüpft nun das folgende Kapitel
an nach einem Satze, in welchem wiederum die historische Reflexion
das Wort führt. ״Wer hätte unserer Kunde geglaubt, und der Arm
333 י
des Ewigen, über wem hat er sich offenbart? . . Er war ohne Gestalt
und ohne Schöne, daß man ihn anseben sollte, und ohne Aussehen,
um Lust an ihm zu haben. Verachtet war er und verlassen von
Menschen, ein Mann der Schmerzen und vertraut mit Krankheit, und
gleich einem, vor dem man das Antlitz verhüllt, so war er verachtet
und wir achteten sein nicht“ (53, 1—3). Bis hierher spricht die
Meinung, welche ein Entsprechen annimmt zwischen Leiden und
Strafe, wenngleich als Strafe hier die •Verachtung des Menschen sich
kundgibt. Jetzt kommt nun aber der Umschwung, und nicht nur
dahin, daß der Leidende unschuldig leidet, sondern sogar dahin, daß
er fü r den Schuldigen leidet.
Man kann nun fragen, wie der Prophet zu einer solchen Auf-
fassung kommen konnte, die doch nur mit dem Opfergedanken ver-
trägiich ist, welchen er jedoch überwunden hatte. Wie konnte diese
Ansicht ihm noch entstehen und bestehen vor dem Glauben an die Ge־
reehtigkeit Gottes? Indessen in dieser Konsequenz, welche keine Neben־
rücksichten, auch die auf Gott nicht achtet, bezeugt sich die ge־
waltige sittliche Energie des Propheten.
27. Das Problem des Bösen, welches die ganze biblische Lite-
ratur durchzieht, wird hier vom Individuum auf das Geschichtsbild
der Völker übertragen. Die Völker alle fröhnen dem Götzendienst,
und sie prangen in historischer Blüte. Israel allein leidet unter den
Verfolgungen der Götzendiener, und Israel hat den Beruf, nicht allein
den wahren Gottesdienst zu behaupten, sondern auch ihn unter die
Völker zu verbreiten. Ein solcher Widerspruch im Geschichtsbilde
zwischen Vergangenheit und Zukunft der Geschichte kann keine andere
Lösung zulassen als diese: in dem Leiden für die V ölker er-
w irb t Is ra e l das R ech t, sie zu bekehren.
Das geschichtliche Leiden Israels gibt ihm seine geschichtliche
Menschenwürde, seine tragische Mission, welche seinen Anteil an der
göttlichen Erziehung des Menschengeschlechts darstellt. Wie anders
könnte man diese Differenz zwischen der historischen Mission uud dem
historischen Schicksal auf heben? Es gibt keine andere Lösung, als
welche der Gedanke bringt: Es ist eben nicht ein trauriges Schicksal
der Juden, für die Verbreitung des Monotheismus zu leiden, sondern
das Leiden bildet vielmehr seinen tragischen Beruf; denn es beweist
den H e r z e n sa ri t e i 1■dieses Glaubens Volkes an der Bekehrung der Völker.
Es ist kein Machtgelüst und kein historischer; Instinkt, die• zu
dieser Laufbahn stacheln, sondern die freiwillig übernommenen Leiden
334
| Missetätern sich zählen ließ, während er die Sünde vieler trug und
!für die Missetäter sich treffen ließ“ (11. 1:2).
Um mit dem Letzten zu beginnen, so ist die Übersetzung des
letzten Wortes bei K au tzsch : ״und für ihre Missetat der Mittler
ward“ ganz unzulässig. Der Ausdruck ( )הפגיעwird nur von Vers (>׳
wiederholt. Was den Versen mit diesem Ausdruck Neuheit geben
dürfte, liegt in dem Ausspruch der F re iw illig k e it, mit welcher der
Gottesknecht das Leiden auf sich nimmt, vielmehr sich ihm bJoßstellt.
Diese Mühsal seiner Seele enthüllt die tragische Bedeutsamkeit, an
>der man sich nicht satt sehen kann, oder besser, die man schauen
und von deren Schau man sich sättigen, sich erfüllen soll.
Die Freiwilligkeit wird ausgedrückt durch ״seine Erkenntnis“.
Die Erkenntnis bedeutet hier die Gesinnung, welche darum besonders
gerecht machen wird den Gerechten, weil sie die Anerkennung des
Gerechten ihm einbringen wird. Daher erklärt sich auch die SiegesT
beute unter den vielen und Mächtigen, die ja nur entsprechend ist
seiner Bereitwilligkeit, die ״Sünde der vielen“ auf sich zu nehmen.
Und so erklärt sich die Nachstellung und Wiederholung des
Wortes für ״viele“ auch in dem Satze ״mein Knecht für viele“
(11, 12). Der Mehrheit der Menschen und der Völker wird hier der
Gottesknecht entgegengestellt, der sich treffen läßt für die Sünde
der Vielen. Diese tragische Gesinnung wird den Gerechten zu Ehren
und zur historischen Rechtfertigung bringen. Und das ist der Anr
teil an der Geschichtsbeute, der ihm zugesprochen wird. So endet
mit der messianischen Lösung auch diese Fabel von dem Leiden
Israels. Die Freiwilligkeit und die Erkenntnis schlagen endlich
vollends die Meinung aus dem Felde, daß sie sich auf die
Übernahme der Sünde beziehen könnten, und nicht vielmehr nur
auf die des Schuldopfers. Die Sünde kann der Gottesknecht mit
seiner Erkenntnis keineswegs freiwillig zu übernehmen haben! Seine
Erkenntnis von der göttlichen Erziehung des Menschengeschlechts
dagegen kann ihn zu der freiwilligen Übernahme des geschichtlichen
Leidens hinführen. Er trägt die Sünden für viele, er ladet sie auf
sich. So macht er sich selbst zum Schuldopfer, indem er die Last
der Sünde auf sich ־nimmt. Das Leiden stellt diese Last der Sünde
dar. Der Götzendiener erkennt diese Last nicht. Es ist die Er-
kenntnis des Gottesknechtes, welche die Enthüllung dieser Last bewirkt,
v Es ist immer hur rdas tragische Leid, für welches der Gottes-
knecht zum symbolischen Träger wird. Dahingegen würde er zum
gewöhnlichen Helden der Tragödie herabsinken, wenn er selbst die
Schuld der Menschen übernehmen sollte. Die Schuld bleibt dem
Schuldigen; aber das Leiden nimmt der Gerechte auf sich, der durch
diese Übernahme die Geschlechter der Menschen zur Versöhnung
mit Gott bringt.
Die Weltgeschichte mit ihrem messianischen Ziele vollzieht diese
Versöhnung Gottes mit den Völkern. Und das Volk Israel ist in
der Vision des Gottesknechtes mehr als der Priester, vielmehr das
Schlachtopfer, das sich dem Leiden bloßstellt durch seine Erkenntnis
von dem unersetzlichen Werte dieses Leidens für das geschichtliche
Heil der Menschheit.
33. Noch eine Bemerkung darf hier nicht unterdrückt werden.
Unverkennbar ist es, wie genau nach dieser hochpoetischen Vision
die Passionsgeschichte Christi verfaßt worden ist. Aber in der
modernen Bibelforschung deutet kein Werk darauf hin, daß dieser
Zusammenhang zwischen Dichtung und Geschichte besteht. Und
doch will sie nicht mehr nur Theologie, sondern Literaturgeschichte
sein. Möchte darin wenigstens noch das Geständnis zu erkennen
sein, daß die Bibelexegese nicht mehr Theologie und Beligion auf
Geschichte gründen will!
34. Hier möchte der Ort sein, frühere Prophetenreden'einzufügen,
weil sie der hier gewonnenen Entwicklung entsprechen. Das Schicksal
des Volkes hat doch vielleicht niemand so gewaltig dem Bilde des
Gottesknechtes verwandt geschildert wie J o e l, der im Tale Josaphat
(der Name bedeutet Gott richtet) ein Weltgericht über die Völker
verkündet. Aber in dieser frühen Prophetenzeit schon verbindet Joel
mit dem Gedanken des Weltgerichts nicht nur, daß in Jerusalem
״die Berge von Most triefen, die Hügel von Milch fließen“ (4, 18)
sondern mit dieser äußeren Beglückung des eigenen Landes verbindet er
das innerlichste Zeichen der messianischen Zukunft: ״Und es wird ge-
schehen hernachmals, da werde ich ausgießen meinen Geist a u f a lles
F le is c h , und es werden weissagen eure Söhne und eure Töchter,
eure Greise werden Träume träumen, eure Jünglinge Gesichte schauen.
Und auch auf die K nechte und die M ägde werde ich in jenen Tagen
ausgießen meinen Geist“ (3, 1, 2). In diesem sozialen Universalismus
vollzieht sich die Ähnlichkeit, abgesehen von dem Weltgerichte, zwischen
dem Knechte Gottes und dem Beruf des Propheten. Wie der Knecht
Gottes den Beruf des Messias verallgemeinert, so wird hier der des
Propheten auf das ganze Volk und in der echten Prägnanz, unter
22
338
anderer Name gegeben: es bleibt beim Rätsel, wenn man das jüdische
Yolk in seinem Naturinstinkt als die letzte Ursache betrachtet für
die Erklärung einer solchen kulturgeschichtlichen Eigenheit. Ohnehin J
würde von der anderen Seite, welche das Fehlen der E sch ato lo g ie
bildet, das Rätsel sich nur wiederholen und steigern. Wie ist es
zu erklären, daß von allen alten Völkern allein das israelitische dem
Mythos von der Unterwelt und ihrem beständigen Zusammenhänge
mit der Oberwelt widerstehen konnte? Wäre es die richtige Antwort
.auf diese Frage, wenn man den Messianismus als Ersatz der Escha-
tologie betrachten würde?
Offenbar wäre auch diese Antwort vielmehr nur eine neue Frage,
eine Wiederholung der alten. Denn wie ist es überhaupt zu ver-
stehen, daß ein altes Volk eine solche Anomalie darstellt gegenüber
den universellen Reizen dieses M}rthos, der überall in die reife
Kulturwelt eingreift? Oder sollte etwa diese Anomalie dadurch er-
klärbar werden, daß die .alte.■biblische Welt auch von der Unsterblich-
keit eine mächtige Anregung erfahren und in sich verarbeitet habe?
Wir werden sehen, daß in charakteristischer Weise die ün-
Sterblichkeit durchaus dem biblischen Geiste nicht fremd geblieben,
sondern ־von ihm neu belebt und vergeistigt worden ist. Aber
gerade von dieser positiven Tatsache aus verstärkt sich die Bedeutung
der negativen: des Fehlens oder Zuriicktretens der Ausführungen,[
welche die Unsterblichkeit‘ in der Eschatologie gefunden hat. Die[
Unsterblichkeit bietet daher eine Verstärkung der Frage, welche der
Ausfall der Eschatologie bildet.
Nur durch positive Momente kann dieses negative erklärbar
־werden. Indessen konnte die Unsterblichkeit, obzwar sie, wie wir sehen
werden, durchaus vorhanden ist, doch nicht zu einer solchen Aus-
führung gelangen, durch welche ausdrücklich die Eschatologie er-
ledigt worden wäre. Und so bleibt die Frage nach dem positiven
Momente bestehen, welches jene Verdrängung bewirkt habe.
Die Rassenfrage verdirbt auch hier alle Methodik. Von ihr aus würde r
man zu so vagen-Oberflächlichkeiten sich verirren können, wie der so-'
genannte W irk lic h k e its s in n eine solche ist. Ein Volk sollte von<‘
Natur so verwahrlost sein, daß es nur ffür die Gegenwart Sinn hätte mit
deren beherrschender Macht, gptgegen aber allem Interesse an einer
überirdischem Welt! Gegen eine solche-Abnormität spräche ja schon
die Tatsache, daß dieses Volk vielmehr die Zukunft an die Stelle der
־Gegenwart und der Vergangenheit gesetzt hat. Und dürfte man
342
hinwiederum -einwenden, daß diese Zukunft eben immer nur als eine
irdische gedacht werde, beweise unwiderleglich, daß von der sinnlichen
Wirklichkeit das Verlangen dieses Volkes beherrscht worden wäre?
Aber dawider spricht ja die schier unbegreifliche Tatsache, daß
der Messianismus gerade aller politischen Gegenwartswirklichkeit, def־
eigenen, wie der fremden, Trotz bietet, sie herabsetzt und verachtet,,
sie erbarmungslos vernichtet, um an die Stelle dieser sinnlichen
Gegenwart eine neue Art von Übersinnlichkeit zu setzen, nicht eine
überirdische, sondern die der Zukunft. Diese Zukunft schafft eine
neue Erde und einen neuen Himmel, also eine neue Wirklichkeit.
Diese Schöpfung der Zukunft, als der wahrhaften politischen Wirklich-
keit, ist das große Werk des Messianismus. Und diese Schöpfung‘־
kann nur das Erzeugnis des Monotheismus selbst sein.
Ein anderes Bedenken aber muß hier noch erwogen werden. Wir
kennen zwar genugsam bereits den Anteil, den die Vernunft an der
Religion hat. Und wir wissen, daß dieser Vernunftanteil nicht etwa
schlechterdings von der Philosophie abhängig ist, sondern, daß er
selbst eben seine eigene Art von Philosophie ‘ausmacht. Und wir
konnten diese Eigenart anerkennen, weil wir die Eigenart der
Philosophie in der wissenschaftlichen Philosophie erkennen. Die
wissenschaftliche Philosophie ist Idealismus. ' Die Übersinnlichkeit,
welche hier von der Philosophie hervorgebracht wird, ist sozusagen
ilir täglich Brot, mit dem der P la to n ism u s sie für ewige Zeiten
versorgt hat. Das Gute, das Sittliche ist ״jenseit des Seins“, nämlich
jenseit des mathematisch-naturwissenschaftlichen Seins.
So hat Platon einen *neuen Raum geschaffen für die Ethik, und
dieser Raum deckt sich nicht mit dem Raume der Sinnlichkeit, soferii
diese das Gebiet der Erfahrung eröffnet. So schafft der Idealismus
der wissenschaftlichen Erkenntnis Raum für die Möglichkeit des
ethischen Idealismus. Auch hier ist die Jenseitigkeit nicht eine
überirdische Sinnlichkeit, und dennoch ist sie die Begründung und
die Gewähr einer von der Natur unterschiedenen sittlichen Welt.
Sollte nun, was dem wissenschaftlichen Idealismus gelungen ist und
nach seiner strengen Methodik gelingen konnte, auch möglich ge-
worden und als möglich verständlich sein bei der Religion kraft
ihres Vernunftsanteils zwar, aber ohne die technische Mitwirkung der
wissenschaftlichen Philosophie?
Ein neues Wunder stellt sich hier ein. Platon hat die Ethik be״
gründet mit dieser T ran szen d en z des Guten. Und von dieser Ethik
343
aus geht mit Überschreitung der Jahrtausende ein gerader Weg zti
K ant. Aber in diesen Jahrtausenden ist die Ethik doch nicht ohne'
Fruchtbarkeit geblieben, wenngleich nicht unzweifelhaft ־innerhalb
der eigentlichen Philosophie.
Wenn man nun aber schon zugestehen muß, daß die Wissen-
schäften überhaupt trotz oder besser wegen ihrer immanenten Philo-
sophie einen selbständigen methodischen Weg gegangen sind, so gilt
dies viel bestimmter noch von den Geisteswissen schäften und ihren
praktischen Anwendungen in R echt und S taat. Praktisch aber,
wie theoretisch, ist das M itte la lte r in den Wissenschaften von
Recht und Staat• abhängig geworden, zum mindesten ebenso von der
Religion, wie von der antiken und der fortgebildeten Philosophie.
Und nun entsteht die Frage, ob etwa von dieser Tatsache aus es
auch erklärlich werde, daß der Messianismus in sich selbst, als seine .
Art von Idealismus, seine Befreiung von der Eschatologie zu be-
wirken vermochte.
Diese Frage entsteht umso natürlicher, als eine Gegenfrage auf
P la to n gerichtet werden muß: wie ist es zu verstehen, daß dieser
Schöpfer des Idealismus, der von reinster Konsequenz in der
methodischen Ethik war, dennoch so schwankend und inkonsequent
werden konnte in seinen Entwürfen der P o litik ?
Diese Frage ist nicht zu beseitigen durch den Hinweis auf seinen
U to p ism u s, so daß in diesen von der Gegenwart sich scheinbar
abkehrenden Plänen der Gedanke der Zukunft sich ähnlich auspräge
wie im Messianismus. Denn eine solche Ähnlichkeit besteht in
Wahrheit ganz und gar nicht. Platon denkt bei seinem Idealstaate
durchaus nicht an eine E ntw ick lu n g der diesen Staat bildenden
Menschen. Und noch weniger denkt er für diesen-.Idealstaat an
andere Menschen oder gar an andere Völker als an die von vorn-־
herein angenommenen hellenischen Ackerbürger. Er denkt überhaupt
an keine Zukunft, es sei denn eine solche, welche nur die imauf-
hörliche Wiederholung der Gegenwart wäre.
Sein politischer Idealismus erkennt daher keine eigentliche
Zukunft, sofern diese eine neue eigenartige Schöpfung und Ent^
Wicklung wäre. Das Jenseits, welches er dem Guten einräumt, hat
nur die Bedeutung eines Jenseits zum Sein der mathematisch-natur-
wissenschaftlichen Welt. Es bedeutet aber nicht ein Jenseits zur
Vergangenheit und Gegenwart der geschichtlichen Erfahrung an der
344
... 13. Welche Vorstellung, ist es, die den ־Tod und besonders die
B e s ta ttu n g des Toten im biblischen Bewußtsein begleitet und.leitet?
Ein wichtiger Ausdruck tritt uns hier entgegen ״Er wird ein-
gesammelt zu seinem V olke.“ Der Ausdruck ist vieldeutige schon
dadurch, daß das Wort für Volk im Plural steht, so daß es auch
die Stämme oder überhaupt nur den Stamm bedeutet. Auch das ״Ein-
getanwerden“ ist vieldeutig; denn dieses Wort deutet etymologisch
hin auf das Zurückziehen und Enden und Abschließen; dennoch aber
soll ein neuer Anfang hier wieder gemacht werden.
14. Eine bestimmtere Passung enthält der Ausdruck: ״Du wirst
kommen zu deinen Vätern“ (1 M., 15, 15). Also Abraham hat hier
schon solche Väter. Die V äter sind bestimmter als der ungenaue
Ausdruck, für das Volk im Plural. Die Väter sind auch bestimmter
als die Ahnen. Die Vorväter bleiben Väter. So wird zwar: der
Ausdruck gebraucht, welcher die Familie begründet, aber diese wird
nicht als das einzelne Geschlecht gedacht. Daher unterscheiden sich
die Väter von den Ahnen, welche immer nur die Genien des Ge-
schlechts, des Fürsten- oder des Heroengeschlechts sind. Die Väter ־
sind die des einzelnen Menschen. Aber das Individuum wird durch
seine Seele, welche ja hier die Hauptrolle spielt, wenngleich nur als
stummer Ziischauer, zum Träger des Individuums; ohne Seele wäre
der einzelne ja nur das schlechthin vergängliche Lebewesen.
Wenn der Mensch also zu seinen Vätern eingeht, so wird er
dadurch über den Charakter des Einzelwesens hinausgehoben. Und
wenn die Väter ihrerseits ihn nicht mit seiner Heroenfamilie ver-
binden, so kann es nur ein weiterer Horizont sein, der sich damit
für die menschliche Seele erschließt: das V olk ist es, des Volkes
Seele ist es, in welche die Individualseele eingeht. Das Volk stirbt
nicht-, sondern es hat seine fortdauernde Geschichte. Und die
G e sc h ic h te , die Geschichte seines Volkes gibt der Einzelseele des
Menschen ihre Fortdauer. Die U n s te rb lic h k e it g ew in n t die
B ed eu tu n g des g e s c h ic h tlic h e n F o rtle b e n s de s In d iv id u u m s
im g e sc h ic h tlic h e n F o rtb e stä n d e seines Volkes.
Welche Perspektive eröffnet sich nun für die geschichtliche Be-
deutung der Unsterblichkeit durch den Messianismus, wenn nach ihm
der Individualseele ihre Unsterblichkeit verkürzt wird in dem ge-
schichtlichen Fortgange des Menschengeschlechts!
. 15.-Diese hohe, diese wahre Bedeutung der Unsterblichkeit erteilt-
die Bibel der Menschenseele, und in dieser Bedeutung der Unr
355
So wird aus der ״Seele alles Lebendigen“ der Geist der Heilig-
keit, der Geist der Menschlichkeit. Dieser Geist der Heiligkeit ist
nichts als Idee. Er bezeichnet die Aufgabe und daher die Kraft
zur Heiligkeit. Nur im Begriffe der Idee kann von ihm das Leben
.ausgesagt werden. Wenn anders er nun aber im tiefsten Sinne die
Menschenseele bestimmen soll, wie könnte man dann ihn ohne Ein-
fluß denken auf das Leben und Sterben, mithin auf das Fortleben
des Menschen?
21. Schon der Psalm kann es nicht mit dem Gotte der Heiligkeit
und der Erlösung vereinbaren, daß der Tod die Vernichtung des sitt-
liehen Individuums sein könnte. ״Du überläßt meine Seele nicht der ן
Unterwelt; Du gibstüeinen Frommen nicht, zu sehen die Vernichtung.“ j
(Ps, 16, 10) Es widerspricht dem Begriffe des Frommen, als des־
die Heiligkeit Anstrebenden, seines. Menschentums und seiner I n - J
dividualität verlustig zu gehen. Das Desiderat eines anderen Lebens!
ist iinumgänglieh. Denir die Vernichtung der Seele widerspricht
•dem Geiste der Heiligkeit, zu dem die Seele sich ausgeprägt hat.
22. Wenn nun aber natürlicherweise die Frage entsteht nach der
Art und näheren Bestimmtheit dieses Anderen, dieses Fortlebens, so
muß man zunächst bedenken, daß diese Frage dem Interessenkreise
des Mythos angehört. Und, der Mythos fragt so, wreil der Polytheis-
mus überhaupt so kausal fragt. Der Monotheismus dagegen hat in
der Einzigkeit Gottes nur die D ifferenz zur Bestimmung erhoben,
nicht aber etwa für die Existenz positive Merkmale angegeben.
So muß nun der Monotheismus auch bei der Unsterblichkeit
argumentieren. Wohin die Seele gellt, wenn der Leib stirbt? so
fragt der Mythos. Und er hat die Antwort fertig, daß die Seele
׳davonfliege, wie sie ja ein Schmetterling ist. Daher lebt sie auch
selbst eigentlich gar nicht fort, sondern das ״Schattenbild“ des
Menschen allein hat ein Fortleben, mithin der zweite Mensch, der im
irdischen Leben schon mit dem ersten vereinigt ist. Die Seele, die
■dävonfliegt, fliegt daher auch schlechthin ins Nichts; nur der
■Schatten hat eiii Fortleben.
Es ist demzufolge die mythische Unsterblichkeit eigentlich gar
nicht eine-solche-der Seele, sondern vielmehr nur die des Schatten-
:bilds;- de^^ehs.atoö: Die Seele aber ist geblieben, was sie*ursprüng-
lieh war: ein Lebensprinzip, und daher hat sie mit-■dem Leben ihre
;־Schuldigkeit getan und ausgespielt.
358
- 2 3 ;־:: Der Mythos fragt nicht, woher die Seele, woher das Lehen ge״־
1kommen 1sei. Diese "Frage ist mit-der allgemeinen Kosmogönie, die*
:zugleich auch eine Theogonie ist, erledigt. ־Alles hat seine Entstehung
und daher auch seinen Untergang; die Götter, wie der Kosmos׳: warum
sollte es nicht auch die Seele haben? Woher das יEntstehen ? Aus
dem Chaos. Damit ist für den Mythos alles erklärt und in Ordnung.
Und erst die auftauchende Wissenschaft stellt hiergegen neue Fragen^
die das Entstehen selbst zum Problem machen.
24. Der Monotheismus dagegen setzt dem Menschen einen anderen
U rsp ru n g : Gott hat den Menschen erschaffen. Und er hat ihn nicht
nur als Seele erschaffen, sondern auch als .Geist. Er hat seinen
Geist in den Menschen gelegt. Und er hat seinen Geist der Heilige
keit. in den Menschen gelegt, und diesem- daher den Geist der
Heiligkeit zuerteilt. Wenn jetzt die mythische Frage auch innerhalb
des Monotheismus nicht verstummt — in seiner primitiven Anlage*
; bleibt der Mensch immer ein mythischer Mensch י4 *לso. kann die*
Frage, wohin die Seele gehe, und was aus ihr; Zierde, nur ־in Ge-
mäßheit der Frage beantwortet werden, woher sie gekommen seir
und wer sie dem •Menschen gegeben habe.
Da Gott, als Geist, die Seele als Geist im Menschen begründet•
hat, so ist erstlich ihr Untergang unmöglich. Denn was als Geist
von Gott kommt, wird von Gott forterhalten. Die Schöpfung haben,
wir als unaufhörliche N eu erzeu g u n g erkannt. Ferner ist aber
auch positiv durch diesen Ursprung in Gott der Rückgang auf Gott
der Seele, als dem Geiste, vorgezeichnet. Der Geist ist ״der Anteil
aii der Gottheit vön oben“ (Hiob 31,2).
In demselben Sinne formuliert auch Kohelet dieses Problem ״Der
Staub kehrt zum ׳Staube zurück: der Geist aber kehrt zurück zu
Gott, der ihn gegeben“ (Koh. 12,7). Mit diesem Satze hat die*
Frage ihre positive Beantwortung gefunden. Die Seele geht nicht
in den Scheol, sondern sie geht dahin zurück, woher sie gekommen..
Sie ist Geist geworden, nämlich Geist der Heiligkeit, den Gott in:
den Menschen eingepflanzt hat. Der Tod kann daher nur die Heim-
kehr zu Gott sein.
Die Heiligkeit ist nun aber eine u n e n d lic h e Aufgabe. ״Wenn
sie nun dem Geiste des Menschen geworden ist, so ist dieser damit•
unvergänglich geworden. Alle Zweideutigkeit, die der Seele noch
anhaftete, insofern sie auch Hauchseele und Rauchseele war, ist
durch den Geist von ihr genommen. Und durch den Geist ist daher*
359
I
Teil der Seele (Nus) ist nach ihm unsterblich. Mithin sind es auch
nur diejenigen Menschenseelen, in denen das reine Denken organische
Tätigkeit zu werden vermag.
Oder vielleicht ist es auch nur Gott selbst allein, in dessen
Vernunft das Denken zur Energie wird. Darüber ist schon unter
4en alten Exegeten Streit gewesen, der sich auf das arabisch-jüdische
•Mittelalter ■fortgepflanzt hat. Jedenfalls aber ist der Eudämonismus
,von den Belohnungen im Jenseits durch diese intellektuelle Ex*״
Jklusivität entfernt worden.
367
hat clabei eine gute Vermittlung gebildet, insofern sie die geschieht-
liehe Bedeutung hervorgehoben hat. Diese Kontinuität der Ent-
Wicklung konnte nunmehr auch an die Erzväter angeknüpft werden,,
als an die Ahnen und die Vorbilder der Geschichte. Aus diesem,
geschichtlichen Gesichtspunkte, der in Verbindung trat mit dem
Grundgedanken der Frömmigkeit, den wir in der Gleichsetzung der
Frommen mit den Armen, in der endlichen Bezeichnung des Messias
als des Gottesknechtes und in dem stellvertretenden des Erdenleid&
erkannten, ist nun auch ein anderer Terminus zu würdigen, der
mit allen diesen Problemen zusammenhängt und ihnen einen neuen
Ausdruck gibt: das Verdienst der Väter ()זכות אבות.
Die alte Frage nach dem Verhältnis zwischen Verdienst und;
Schuld einerseits und Glück und Unglück andererseits hatte eine•
soziale Lösung gefunden in Gleichstellung der Armen und der
Frommen. Und diese Gleichung enthielt doch die Frage in sich
gegen Gottes Gerechtigkeit, wie diese vereinbar sei mit dem Leiden
des Unschuldigen. Der Knecht Gottes sollte in der Stellvertretung
des Leidens, und zwar ohne die Stellvertretung der Schuld über
diese Frage auch hinweghelfen. Hier besonders sollte der Messias
die entscheidende Hilfe bringen. Das Zeitalter; das er herauffahrt,,
wird diesen Mißständen ein Ende machen. Und offenbar wirkt
dabei der Gedanke mit, daß das stellvertretende Leiden des Armen
die soziale Entwicklung heibeigeführt hat. Immer aber steht diese,
ganze Gedankenreihe unter dem Gesichtspunkt, daß der Einzelne
und besonders eine einzelne soziale Gruppe Sittlichkeit vertrete*
persönlich individuelles Verdienst haben könne.
Eine ganz neue Frage aber entsteht nach der Möglichkeit des
individuellen Verdienstes überhaupt. Es ist doch nur ein Ausweichen״
wenn .in der Armut, im sozialen Leiden selbst schon der Ausdruck
des Verdienstes angenommen wird. Kann ein Individuum über-
haupt Verdienst haben? Kann die Erlösung diesen definitiven Sinn
haben, und widerspricht er nicht vielmehr ihrem Begriffe, sofern
dieser nur die Möglichkeit des unaufhörlichen Aufschwungs in
der Selbstheiligung bedeutet? V e rd ie n s t b eze ich n et den A b-
S chluß, den E rtra g ein er Rechnung. Die Rechenschaft aber, diu
der Mensch in der unaufhörlichen Buße ablegen muß, verträgt keinen
solchen Abschluß, so daß niemals ein Verdienst abgerechnet und fest-
gelegt werden kann. Das Verdienst des Menschen kann immer nur
373
bildet. ."Wie daher den Ausgang des Irrtums der Gedanke von einem
möglichen Übertreffen der Pflicht bildet, so endet er in dem von
der Erlösung durch einen Stellvertreter. Die Erlösung aber geht
auf die Sünde, während der Stellvertreter über das Plus des Ver-.
dien st es verfugt-.
Dahingegen steht die Versöhnung gar nicht in Frage beim
Verdienste der Väter, sondern einzig und allein die geschichtliche
Vorsehung Gottes, welche als Schutzwehr angenommen wird gegen
die Gefahr der sittlichen Überhebung des Individuums.: Das In-
dividuum hat überhaupt kein Verdienst, sondern dieses steht allein
den Vätern zu. Daher ist auch das Gedenken Gottes, welches so־
häufig, und auch hierbei angerufen wird, in diesem Sinne zu ver-
stehen. Wenn es heißt: ״er gedenkt der Liebe der •Väter“ , so
stehen die Väter hier im Genitivus objectivus. Gott gedenkt nicht
sowohl der Liebe der Väter zu ihm, sondern der Liebe Gottes zu
den Vätern, welche als der andauernde Grund der Geschichte Israels
gedacht wird. Und an diesen Sinn des Satzes schließt sich der
Folgesatz an: ״und er bringt den Erlöser ihren Kindeskindern“.
So bildet . das Verdienst der Väter keinen sachlichen Schatz von
Werten, sondern er besteht nur in einer geschichtlichen Idealität;,
im theodiceeischen Leitgedanken der Geschichte. Vor dieser. Ge-
schichte wirft das Individuum seinen Stolz und seine Selbstsucht
von sich ab, gewinnt dafür aber seinen Mut und seinen Trost. Mit
Vergeltung und Vergebung haben die Väter nichts zu schaffen; an
dem Werke der Vergebung, welches allein das Werk Gottes ist,
haben sie keinen Anteil. Dazu bedarf es ihrer nicht, geschweige
anderer sterblicher Menschen. Schon der Mörder Kain hat es nach
dem Midrasch ausgesprochen, daß er an Gottes Vergebungskraft
nicht verzweifelt: ״Himmel und Erde kannst du tragen, und nicht
meine Sünde!“ Hier kommt der Doppelsinn im hebräischen Worte
für Vergebung: nämlich das Tragen und Aufsichnehmen der Sünde
zu einem prometheischen Ausdruck. Gott muß die Sünden seiner
Ebenbilder auf sich nehmen können.
An dem Irrtum des Schatzes der Verdienste deckt sich auch
die Gefahr auf, welche überhaupt mit dem Problem der Vergeltung
verknüpft ist. Streng' sittlich ist nur die Strafe, welche der Büßende
sich-.selbst zuerkennt und auf sich nimmt, welche er daher für seine
Erlösung von Gott fordert: welche daher durch seine Erlösung ber
dingt ist. Die positive Seite der Vergeltung dagegen, der Lohn-,
379
; ־warten. Für das Individuum hingegen bestellt der Lohn nur in der^
[Handlung selbst, zu der es berufen ist, die ihm jedoch niemals
*zum*Verdienst werden kann, da ihr Maß niemals von ihm erreicht
wird, geschweige übertroffen werden könnte.. Für das Individuum
bleibt als höchster Lohn das Ziel, das ihm in der Nähe Gottes, in
4er Selbstannäherung zu Gott gesteckt ist.
< Es bleibt also bei dem Gedanken des Psalms, daß die Nähe
Gottes mein Gut sei. Und es bleibt daher auch bei dem Gedanken
Albos, daß diese Nähe Gottes auch erfülle, was das Jenseits zu
bedeuten habe. Denn auch die Vergeltung erfüllt sich schon in
der Unsterblichkeit der Seele, welche die des Geistes und seiner
unendlichen Selbstvervollkommnung in der unendlichen Entwicklung
4es Menschengeschlechts ist. Zu dieser unendlichen Entwicklung
des Seelenbegriffs, deren Gedanken wir . auch in dem oben an-
-gezogenen Midrasch wiederfinden konnten, muß die Nähe Gottes
!unausgeführt werden.
Alle diese Gedanken sind die Konsequenzen des Monotheismus
und seines Messianismus. In diesem messianischen Seelenbegriffe
über können wir auch den Gegensatz erkennen ebenso, wie zum
Gottesbegriffe, so auch zum Seelenbegriffe des Pantheismus. Vor
dem unendlichen Seelenbegriffe des Menschengeschlechts verschwindet
der Seelenbegriff des Universums. Die Menschenseele ist nicht
Weltseele. Ihre Unendlichkeit deckt sich nicht mit der des Welten-
begriffs. sondern sie muß immer eingeschränkt bleiben auf das
Spezifische des Menschenbegriffs und seiner Unendlichkeit. Das
Universum hat keine Sittlichkeit. Seine Unendlichkeit ist eine
mathematisch-physikalische, die nur für die mathematische Einsicht
und Forschung als eine Aufgabe gedacht werden kann, die jedoch
in dem sachlichen Werte jenes Begriffes schlechthin enthalten ist.
Dahingegen bleibt die Menschenseele immer nur eine, unendliche
Aufgabe, die niemals in einem abschließbaren Werte gegeben ist.
Auch von hier aus sieht man, daß aller Wert menschlicher
Sittlichkeit nur Stückwerk ist,, das niemals Verdienst sein kann.
Es bedarf immer der Versöhnung mit Gott, also der Gnade Gottes.
Und alles scheinbare Verdienst ist immer mit Sünde behaftet. Und
-es kommt dadurch nicht etwa eine Befleckung auf das sittliche
Menschen werk, denn auch die Sünde ist wie ein unwissentliches
Geschehen (Schegaga). So hängt Glied an Glied im System des
Monotheismus. Und so schließt sich dieses System der Korrelation.
381
daß der Empfang des Lohnes nicht zur Bedingung des Gottesdienstes
gemacht werde.
Es gibt ■einen anderen Ausspruch des Talmud, der die Autarkie
der Pflicht formuliert; ״besser der, der als ein Befohlener handelt
als der, der nicht befohlen ist, und handelt“. So wird die Handlung
}scheinbar durch den Befehl entselbstet, vielmehr wird ihr nur im
!Gebote Gottes ihr letzter Ursprung gesetzt. Dadurch aber wird
!dieser allem Egoismus, als Triebfeder, entrückt. Und weit hinweg
wird von diesem Ursprung abgerückt jeder Gedanke an den Erfolg,
geschweige an den Lohn. Das Gebot kommt von Gott. Er ist das
einzige Gut. Sein Gebot ist daher das Gebot der Güte. Was
könnte gegen dieses Gut ein Lohn zu bedeuten haben? Könnte er
■ein neues, ein eigenes Gut sein? Wir dürfen in dem Begriffe des Ge-
botes und seiner Identität mit der Pflicht den Grund erkennen,
welcher die Beligion vom Eudämonismus befreit hat. Aller Lohn
ist Eudämonismus. Die Pflicht, als das Gesetz Gottes, ist der
Widerspruch zum Eudämonismus. Das Gebot Gottes ist identisch mit
flem Gesetz der Sittlichkeit. Denn Gott ist der Bürge für die
autonome Sittlichkeit des Menschen, insofern er der Bürge ist für
die unendliche Entwicklung der menschlichen Seele.
Das Gebot Gottes ist der religiöse Ausdruck, der nicht wider-
sprechen darf, der vielmehr, vorbehaltlich des methodischen Unter-
schiedes, gleichkommen muß dem Grundgesetze der Autonomie.
!Wenn ich aus eigenem Willen handle, muß ich mir erst beweisen,
׳daß mein Wille nicht Affekt ist, sondern reiner Wille. Daher kann
auch die reine Ethik für ihre Anwendung auf den Menschen des
Begriffs der Pflicht nicht entbehren; sie muß das Sittengesetz in die
Pflicht verwandeln. Die analoge Verwandlung vollzieht die Religion
in der des Sittengesetzes in das Gebot Gottes. Nun aber läßt es
sich an unserem Verdienste der Väter deutlich erkennen, wie die
Religion an die Methodik der Ethik gebunden ist, und in welche
Gefahr sie gerät, wenn sie von dieser sich abtrennt. Der reine Wille
muß darin seine Probe bestehen, daß er dem Gesetze der Pflicht
sich unterwirft. Diese Unterwerfung ist keine Verletzung, sondern
vielmehr Bestätigung der Autonomie. Das Sittengesetz ist das Ge-
setz der sittlichen Vernunft. Wenn es zur Anwendung kommen
soll auf die psychologische Natur, auf den Seelenbegriff des Menschen,
so muß es als Gesetz der Pflicht formuliert werden. Das Sittengesetz
ist-das autonome Gesetz meiner Vernunft, sofern ich meinen Willen
383
was unsere Wohltätigkeit, was unsere Hilfe, was unsere Kraft, was*
unsere Tapferkeit?“ So wird ausführlich aller Eigenwert abgelehnt,
und auf Gott allein alle Hoffnung gerichtet. Aber von dieser Zu-
versieht auf Gott wird für das geschichtliche Verständnis und für
die Fortführung des Strebens und der Laufbahn auf Erden da&
Verdienst der Väter angerufen, in welchem ja das Verdienst Gottes•
um die Väter wiederum enthalten ist. Denn wie wir es im Gebete■
formuliert fanden, ist die Liebe der Väter nicht ihre eigene Liebe*.,
sondern vielmehr die Liebe Gottes zu ihnen. Und so wird das•
Verdienst der Väter zu einem anderen Ausdruck für den letzter!
und einzigen Halt des religiösen Bewußtseins, der in Gott besteht:
Das Verdienst der Väter ist das Verdienst, das Gott in seiner Liebe
zu ihnen, in seinem Bunde, den er mit ihnen schloß, ihnen verlieh*,
aber in ihnen vielmehr ihren Nachkommen verlieh. So wird das
Verdienst der Väter zu einem Panier für den Beruf des Volkes.
Wir gehen zu einem anderen Problem über, welches mit der
Unsterblichkeit zusammenhängt. Eine große Schwierigkeit bildet
für die persönliche menschliche Sittlichkeit, mehr als die Abschätzung*
von gut und schlecht mit Rücksicht auf Wohl und Übel, die An-
wendung der ethischen Unterscheidung selbst auf das Urteil über
die einzelne menschliche Handlung und über den Urheber derselben
als gut oder schlecht. Sollte man sich des Urteils überhaupt ent^
halten müssen, dann wäre die Gefahr des Indifferentismus und
Opportunismus unvermeidlich. Das Urteil muß daher auch persönlich
gewagt werden; es darf nicht nur dem Gerichte, noch gar in Demut
Gott anheimgestellt werden. Das Moralisieren ist eine unerläßliche•
Pflicht, von deren Ausübung die sittliche Lebendigkeit abhängt.
Indessen muß die Religion Kautelen schaffen, um den Übergriffen
des persönlichen Urteils vorzubeugen, um das Gebiet überhaupt
einzuschränken, das nicht überschritten werden darf.
Die Sprüche der Väter sind derjenige Teil der Mischna, der
in seinem ganzen Inhalt, in seinen sechs Abschnitten für das
Gebet in die Gebetordnung für den Sabbatnachmittag des Sommers
eingefügt worden ist. Und diesen Sprüchen der Väter wird vorausgeschickt
der Satz:. ״Ganz Israel hat Anteil am ewigen Leben (Olam haba)“.
Der Unterschied von gut und schlecht wird scheinbar hier gänzliclt
ignoriert. Wenn zunächst nun die Frage entsteht, wie diese
Ignorierung zulässig sei, so gilt die erste Antwort: daß ja die Buße
aind; die Erlösung daher für jedermann bestehe. Mithin steht
385
des Guten, und nur sie selbst mit ihrem Willen vermag das Gute*
auszuführen; nur sie allein ist der Handlung fähig. Nur sie hat
Vernunft und ist Vernunft in dem Doppelsinne der theoretischen
und der praktischen Vernunft.
Wegen dieser sachlichen, methodischen Auszeichnung der Seele־
begründet Platon ihre Unsterblichkeit. Denn sterblich ist der Leib,
und alles Sterbliche muß Leib sein, wie überhaupt Materie. Die־
Seele aber ist Geist in diesem logischen und ethischen Sinne. Daher
wird die Seele erst bei Platon von allem mythologischen Ursinn,.
der ihr anhaftet, sachlich befreit, wenngleich er in seinem dichterischen
Geiste selbst noch mit der Mythologie verwachsen bleibt. So werden .
alle Rätsel einfach gelöst, welche die Argumente, die Beweisgründe-
der Platonischen Unsterblichkeitslehre stellen müssen. Die eigent-
liehe These ist nur versteckt in der Unsterblichkeit, sie bezieht sich;
jedoch vielmehr auf den Begriff der Seele selbst, der nicht dem
sterblichen Leibe zuerteilt werden darf. An dem Vehikel der Un-
Sterblichkeit verfolgte Platon die Tendenz seiner Seelenlehre, durch,
welche seine ganze Ideenlehre so sehr bedingt ist, daß man versucht
werden könnte, beide identisch zu setzen.
In analoger Werse können wir uns auch den Zusammenhang״
der Begriffe in der jüdischen Unsterblichkeitslehre vorstellig machen.
Wir mußten von dem Gedanken ausgehen, daß die jüdische Frömmig-
keit gar nicht lehrhaft auf die Formulierung der Unsterblichkeit
ausgeht. Es hängt mit ihrer Selbsteinschränkung auf die Sittenlehre
zusammen, daß sie nicht die Seele schlechthin als Geist zu erhärten
hat, sondern nur als sittlichen Geist, als Geist der Heiligkeit. Da-
mit ist die Scheidewand von aller Körperlichkeit und Sterblichkeit
scharf genug gesetzt. Wer könnte glauben, daß die Heiligkeit
sterben könnte! Die jüdische Frömmigkeit mußte daher den Mythos*
verwerfen: ״du überlässest meine Seele nicht der Unterwelt; du
lassest deinen Frommen nicht sehen das Verderben“ (Ps. 16, 10).
Und da nun außerdem der Gottesbegriff die messianische Zukunft
erzeugte, so war auch für die Seele die Zukunft vorgesorgt. So׳
brachte der Messianismus dem Seelenbegriffe das Moment der Ent-
wicklung und machte die Seele zum messianischen Prinzip der Ent-
Wicklung.
An die messianische Entwicklung konnte sich nun aber auch
für das Individuum das Moment der Entwicklung anschließen, wie es
sich an sie anschließen mußte. Denn die Heiligkeit war in der
Versöhnung und Erlösung durch Gott gesichert worden. So war
der Mensch nicht nur das Symbol der Menschheit, sondern auch als
Individuum, als Person, als Ich wurde er zum berufenen Träger der
Heiligkeit. Und so erklärt es sich, daß, wenngleich in einem anderen
methodischen Zusammenhang, dennoch auch Jecheskel in demselben
Worte der Seele den Begriff des Menschen begründete. Was sonst
der Geist zu verwalten hat, darauf erstreckt sich hier das Interesse
nicht; mit der gespanntesten Energie aber richtet es sich auf den
religiösen Begriff des Menschen, der in seiner Sittlichkeit in der
Buße gegründet, durch die Versöhnung mit Gott erfüllt wird. Wa&
sonst die Unsterblichkeit bedeutet, das vertritt hier der Anteil Gottes
an der Menschenseele. Sie ist ״ein Teil der Gottheit von oben und
ein Erbteil- des Allmächtigen aus der Höhe“ (Hiob 31, 2). Wa&
bedarf es noch der Unsterblichkeit ausdrücklich oder gar ihres
Beweises, wenn der Menschenseele ihr Anteil an der Gottheit be-
stimmt ist?
So erklärt sich die Diskretion der jüdischen Glaubenslehre
gegenüber der dogmatischen Unsterblichkeit. Ohnehin liegt hier
die Grenzlinie der Mystik. Und wir haben überall gesehen, wie die
*Jüdische Glaubenslehre diese Grenze berührt, aber nicht überschreitet.
Die Differenz von Gott und Mensch soll immer gewahrt und rein
und genau eingehalten werden. Mit der Ausführung der Unsterb-
lichkeitsgedanken ist es schwer vereinbar, den Monotheismus vom
der Mystik abzusondern.
Wie bei Platon durch die Unsterblichkeit der Seelenbegriff al&
Inbegriff des Bewußtseins eruiert werden soll, so soll in der jüdischen
Unsterblichkeitslehre der Menschenbegriff für die Korrelation vom
Mensch und Gott zur Entfaltung kommen. Demgemäß empfängt
die Unsterblichkeit hier den der messianischen Zukunft analogen
Terminus der zukünftigen Welt, Olam hat in der hebräischem
Sprache schon die Nebenbedeutung der Ewigkeit.
Schon die zukünftige Zeit trägt diese Ewigkeit der Entwicklung
in sich. Und die Ewigkeit als Welt macht an sich die Menschen-
seele zu einem Träger der unendlichen Entwicklung. Aber diesa
Entwicklung hat immer die einheitliche Aufgabe, die Korrelation,
von Mensch und Gott zu steigern, zu erhöhen und inniger zu durch-
dringen. Daher ist es ein bestätigendes Symptom, daß der Begriff
der Frömmigkeit selbst durch dieses Vehikel der Unsterblichkeit dem
Menschenbegriffe gemäß verinnerlicht wurde. Diese Verinnerlichung:
396
Das Gesetz.
Die Korrelation von Gott und Mensch ist die Norm des Mono-
theismus. Auch in der Unsterblichkeit hat sich dieser Grund-
gedanke als leitend erwiesen. Die Unsterblichkeit soll den Menschen
zur höchsten, zur unendlichen Entwicklung bringen, und zwar als
Menschen, Der Polytheismus dagegen versteht außerhalb der Plato-
mischen Philosophie die Unsterblichkeit nur als Vergottung. Der
Mensch will Gott werden. Das ist die Sehnsucht des antiken
Menschen. Mit dieser Vergottung ist die antike Welt auch dem
Christentum gewonnen worden. Dahingegen hält der Monotheismus
in allen Begriffen die: Scheidewand aufrecht zwischen Gott und
Mensch.
Es ist sicherlich auch eine charakteristische Differenz zwischen
dem Mosaismüs und allem Polytheismus: daß der einzige Gott nicht
nur einzelne Befehle ergehen läßt an einzelne Menschen, sondern,
daß er Gebote gibt, die für alle Menschen als Gesetze gelten sollen;
an deren Befolgung seine Verehrung gebunden ist, zunächst für
das erwählte Volk, durch dasselbe aber für die messianisehe Mensch-
heit. So fordert es die Korrelation. Gott kann nicht isoliert bleiben
in seinem Olymp, sondern, als Schöpfer des Menschen und als Herr
der ganzen Erde, muß ׳er* den Menschen seine Gebote als Gesetze
399
für ihr Leben auferlegen. Das Gebot ist ein isolierter Befehl; das
Gesetz will als Grundgesetz der sittlichen Welt gelten.
Daher heißt das Gesetz auch vorzugsweise Lehre. Es ist nicht
«in subjektiver Befehl, sondern eine theoretische Unterweisung, die
*daher dem Menschen zur Pflicht werden kann. In allen Be-
:Zeichnungen ist der einzige Beziehungspunkt immer der Mensch
selbst;, nur der Ursprung liegt in Gott: Aber ׳niemals betrifft das
Gesetz das Wesen Gottes ; niemals wird es daher auch zu einer
Symbolik vom Wesen Gottes. Und ebensowenig wird es zu einem
Symbol für die Vergöttlichung der Natur. Nur der Mensch ist der
Gegenstand und das ׳Ziel des Gesetzes. Seine Versittlichung, seine
Vervollkommnung als Mensch ist der einzige Zweck des Gesetzes.
Er soll nicht etwa Gott werden, sondern er soll immer nur mehr
Mensch werden. Immer aber soll er nur Mensch bleiben.
Schon die erste Form des Gesetzes, das Opfer, prägt diesen
monotheistischen Charakter im Mosaismus aus. Daß die Aufnahme
des Opfers eine Konzession an die Mitwelt ist, darüber lassen die
Propheten keinen Zweifel aufkommen. Und die Philosophen, die
zugleich die Dogmatiker sind, bestätigen diesen unmittelbar klaren
Sachverhalt. Es wäre auch psychologisch nicht denkbar, daß die
Propheten mit solchem Nachdruck gegen die Opfer hätten eifern können,
wenn sie im Volke selbst nicht die Ahnung von der Unzulänglichkeit
des Opfers und seiner Unangemessenheit für die Verehrung des einzigen
Gottes hätten voraussetzen können. Wie sie nun aber dennoch das
Opfer zuließen und aufnahmen, so brachen sie ihm die Spitze des
Mysteriums ab, in welchem der heidnische Kult sein letztes Ziel
hat. In den Weihen, welche den Gipfel des Opferkultus bilden,
mit ihrer Askese, wie mit ihrer Buhlerei, soll eben die Differenz
zwischen Gott und Mensch aufgehoben werden. Eine solche Un-
mittelbarkeit hat der Israelit niemals in seinem Opfer: immer steht
der Priester zwischen ihm und Gott. Er könnte nur Priester
werden wollen, niemals aber Gott.
Das ist der eigentliche Grund auch für die Überwindung des
Hanges zum Menschenopfer. Der Mann oder das Weib, die dem
Gotte geopfert werden, sollen dadurch seinesgleichen werden. Ein
solches .Ziel -gilt J 1ier ~als Gotteslästerung,-4aher 40nnte-das Jdenscben-
opfer zum Greuel werden. Das Opfer sollte nur ein Erziehungs-
m ittel. werden und als solches Aufnahme finden für den Menschen,
als solchen. Und nun kam die Reform Jecheskels hinzu und machte
400
das Opfer zu einem Beiwerk für die eigentliche Erziehung, die der
Mensch in der Buße an sich seihst vollziehen soll, und auf Grund
deren er wiederum nur die Versöhnung mit Gott, aber keineswegs
das Aufgehen in Gott, die Vergottung erlangen soll.
So ist das Opfer vom Menschen aus, was die Schöpfung und
die Offenbarung von Gott aus sind. Und wie die Offenbarung das
notwendige Mittel der Korrelation ist, so auch das Gesetz. Offen-
barung und Gesetz sind daher identisch. Wäre das Gesetz nicht,
die notwendige Form für den Vollzug der Korrelation zwischen Gott
und Mensch, so wäre auch die Offenbarung nicht. So ist das Ger
setz Gottes ein notwendiger Begriff des Monotheismus.
Wir haben schon erwogen, daß das Gesetz Gottes keinen Wider-
spruch bildet zur Autonomie des sittlichen Willens. Nur in der
Methode der Formulierung des Begriffs besteht der Unterschied, dei*
der Unterschied ist zwischen Ethik, und Religion. Aber schon am
Opfer erhebt sich für den Inhalt ein wuchtiger Unterschied im Be-
griffe des Gesetzes. * Wir haben schon beachtet, wie das Deuteron
nomium die Satzungen und Rechte unterscheidet, wenigstens in den
beiden Namen. Maimonides aber definiert auch den inhaltlichen
Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen, und zwar dahin: daß
die Satzungen ( )הקיםdas ganze rituelle Gebiet, die Rechte dagegen
( )משפטיםdas rein sittliche und politische Gebiet betreffen. So ist
denn innerhalb der Religion selbst, weil innerhalb der Gesetze
Gottes, der Unterschied anerkannt zwischen diesen, sofern die Sitten-
gesetze für das menschliche Leben in Recht und Staat sind, oder
inwiefern sie ausschließlich oder vorzugsweise das innere Gebiet de&
Gottesdienstes betreffen. Die Opfer stehen hier voran, aber nicht
allein. Das göttliche Erziehungswerk trifft ausgedehnte Anstalten
und Vorkehrungen. Es muß von ihnen allen die Voraussetzung
gelten, daß sie zum sittlichen Erziehungswerk, des Menschen geT
hören, aber in weiten Bogen, die oftmals als Umwege erscheinen,
kann dieses Erziehungswerk sich ergehen. Diese zweite Bedeutung
des Gesetzes bildet die eigentliche Schwierigkeit aus dem Gesichts-
punkte der Ethik für das Gesetz der Religion. r
Wir haben von Anfang an. beachtet, wie der Monotheismus«
aus ,dem Polytheismus sich -.hindurchringt. Soeben haben wir es
wieder an dem Opfer beobachtet. ־Es ist die natürlichste Rücksicht*
auch Mas Gesetz in dieser polemischen Wurzel gegen den Polytheisr
mus zu erkennen. Maimonides besonders hat die ganze Ausdehnung
401
statutarisch sein kann wie das Gesetz mit seinen Werken. Und
mehr noch als in seinen eigenen Druckschriften finden sich in seinem
handschriftlichen Nachlaß oftmals wiederholte Äußerungen seines
Nachdenkens und Bedenkens über diese Differenz zwischen Judentum
und Christentum. Während er daher häufig im Sinne von Paulus
gegen das statutarische Gesetz eifert, besinnt er sich doch wiederum
auch gegen Paulus auf die gleich große Gefahr im statutarischen
,Glauben. Danach aber würde dieses ganze Problem des Gesetzes
gar nicht mehr der religiösen Dogmatik, sondern der praktischen
^Theologie und der Erziehungslehre angehören.
Gänzlich verkehrt ist dagegen die Gleichstellung des Gesetzes
mit dem Kirchenwerke. Denn dieses gilt ausdrücklich als apus
operatum. Die Gesinnung, der Glaube braucht dabei gar nicht
prinzipiell ausgeschlossen zu werden. Der Streit zwischen dem
Katholizismus und dem Protestantismus dürfte sich um einen toten
Punkt drehen, wenn nur in der Gesinnung, nur im Glauben, die
Differenz urgiert wird. Aber wenn selbst der Glaube und die Ge-
sinnung in das Kirchenwerk eingeschlossen werden, so bleibt es
dennoch als solches bedenklich und anstößig, weil nur die Kirche
als die Instanz geltend gemacht wird, welche das Werk als eine
persönliche Handlung zu weihen vermag. Wenn dieser Unterschied
schon für den Protestantismus ־bestehen mag, umso genauer und
grundsätzlicher für das jüdische Gesetz. Da gibt es keine Kirche,
kein Heiligtum, kein Gotteshaus und keine Gemeinde, von denen
die Heiligkeit über die gesetzliche Handlung ausstrahlen könnte.
In ihr selbst liegt die Heiligkeit; in ihr selbst vollzieht sie sich,
vom Menschen selbst wird sie erzeugt, und unvermittelt durch andere
Einflüsse und Mitwirkungen geht sie von der Handlung selbst auf
ihren Urheber über, auf ihren Urheber zurück. Daher wird die
gesetzliche Handlung niemals zu einem Werke, das seinen absoluten
Wert in sich selbst hätte, sondern das Werk ist vielmehr immer
nur Handlung, daher immer nur Ausfluß und Darstellung der Ge-
sinnung; Erzeugnis und Erzeugung der Person, als des Urhebers
der Handlung.
Sehr lehrreich ist der Doppelsinn des Wortes für Gesetz:
Mizwa heißt gleicherweise Gesetz und Pflicht. Die Korrelation von
Gott und Mensch wird in diesem Worte lebendig. Das Gesetz
kommt von Gott, die Pflicht aber vom Menschen. Und das Gesetz
ist ebenso zugleich Pflicht, wrie die Pflicht zugleich Gesetz. Gott
407
und ersetzt werden. Ein besonderer Moment darf nicht als heilig־
ausgezeichnet werden, und so darf auch nicht eine einzelne feierliche
Handlung aus dem Leben herausgehoben werden, um das Leben
zu idealisieren. Die Idealisierung bliebe bei einer solchen Aus-
Zeichnung doch nur eine symbolische. Sie muß aber real werden..
Der echte Wert der Idee muß in der Idealisierung zur Verwirk-
lichung gebracht werden. Die Wirklichkeit ist besser als alles
Symbol. Auf diese Verwirklichung geht die Tendenz des Gesetzes..
Daher erstreckt sie sich auf alle Handlungen.
So muß auch der Einwand, der viel Berechtigung zu haben ־
scheint, der gegen die Alleinherrschaft des Gesetzes über alle Auf-
gaben und Arbeiten des Lebens sich richtet, aus diesem höheren
sachlichen Gesichtspunkte gewürdigt werden. Er wird nicht hin-
fällig; er hebt eine wirkliche Gefahr hervor, die für die Geschichte-
der Religion ebenso, wie für ihre Fortführung innerhalb des Kultur-
lebens wahrlich besteht. Aber er bildet dennoch kein entscheidendes
Moment gegen den Wert des Gesetzes. Denn schon die durch seine-
Alleinherrschaft bedingte Indifferenz zwischen heilig und profan läßt
den großen Kulturwert dieser Souveränität des Gesetzes deutlich
erkennen. Aber auch abgesehen von dieser historischen Bedeutung
des Gesetzes ist der prinzipielle Wert des Gedankens der ausschlag-
gebende Maßstab. Wenn anders das Gesetz die sittliche Norm
theoretisch und praktisch in sich enthält, so darf seine Geltung
keine Ausnahmen erleiden. Und wenn der Bereich seiner Wirksam-
keit der anderen Kulturaufgaben wregen eingeschränkt werden müßte,,
so hat die Geschichte Maßnahmen zu entwickeln, welche die Aus-
gleichung der Kulturaufgaben und demzufolge die Einschränkung
einzelner in ihrer einseitigen Absolutheit anzustreben und herbeizu-
führen imstande sind. Solche Modifikationen der inneren Reform,
deren Spuren sich sogar schon im Talmud an wichtigen Formen sogar
der Rechtsgesetzgebung finden, beweisen vielmehr die Richtigkeit des
Grundsatzes, als daß sie ihn widerlegten.
Unsere methodische Grundnorm, welche die Korrelation zwischen
Gott und Mensch bildet, hat uns längst schon auf die in ihr ein-
geschlossene, ihr eingeordnete Korrelation zwischen Mensch und
Mensch geführt. Und dieser engeren Korrelation entspricht das
Sündenverhältnis zwischen Mensch und Mensch. xAber schon die Not-
wendigkeit, diese Gruppe von Sünden von der anderen Gruppe
zwischen Mensch und Gott abzusondern, macht diese Unterscheidung
411
Leben: Diese sind es: Verehrung für Mütter und Vater, Liebes-
tätigkeit, das Frtihaufstehen zum Lehrhäus morgens und abendsy
die Aufnahme der Wanderer, die Krankenpflege, die Aussteuer einer
Braut, die Totenbestattung, die Andacht im Gebete, das Friedens-
stiften unter den Menschen, aber das Studium der Lehre übertrifft
sie alle“.
Während es in der ersten Mischna heißt, daß diese Dinge kein
Maß haben, nämlich, daß ein solches von der Thora nicht festgesetzt
sei, wird in der anderen Mischna der Unterschied gemacht zwischen
den Früchten und dem Hauptgut. Dabei muß es auffallen, daß in
beiden Formen der Lohn nicht erwähnt wird. Die Früchte werden
als solche in diesem Leben genossen, für jenes Leben aber bleibt
das Hauptgut auf bewahrt , von dem aber die schon genossenen
Früchte ־keinen Abzug bewirken können. So wird das Hauptgut
innerlich von allein Lohne abgeschieden, und rückwärts dadurch
schon die irdische Frucht. Wenn aber das Hauptgut als solches
im ewigen Leben bestehen bleibt, so wird auch hierdurch dieses
bestätigt als das unendliche Leben und die unendliche Entwicklung
der Menschenseele.
Unter dieser Kategorie von Geboten steht• nun obenan das
Gebot des Dekalogs, der Verehrung von Vater und Mutter. Im
Dekalog wird dabei aber gerade der Lohn verheißen. Es muß־
daher scheinen, daß dieser Lohn, der ja auch eigentlich kein persön-
lieber ist, sondern den Bestand des Staates sichert, hier näher durch
die Unterscheidung zwischen Früchten und Hauptgut charakterisiert
werden sollte. Ferner aber wird auch hier, und zwar ohne aus-
drückliehe Erwähnung der anderen Wohltätigkeit, die Liebestätig-
keit ausdrücklich genannt. Während in der ersten Mischna all-
gemein das Studium der Lehre bezeichnet wird, wird dieses hier
durch besondere Bestimmungen ergänzt, nämlich durch die Tätig-
keit im Lehrhaus und durch den frühen Besuch desselben am
Morgen und am Abend. Ferner werden soziale Pflichten spezialisiert;
die Gastfreundschaft gegen Wanderer, die Krankenpflege und die
Totenbestattung, und eine intimere Familienfürsorge in der Aussteuer
der Bräute. Neben diesen sozialen Pflichten, die noch vertieft werden
durch die der Friedensstiftung unter den Menschen, wird eine die
persönliche Innerlichkeit betreffende angeführt: die Andacht im Gebet.
Für diese Andacht steht hier ein Wort, welches sonst überhaupt
Nachdenken bedeutet, während der allgemeine Ausdruck für An-
414
der Lehre sich erheben konnte, muß er daher auf die Gesetze richten r
ob deren Ursache allein die Vernunft ist, oder ob noch' andere
Ursachen dabei mitwirken. Was bei Ibn Daud als Ursachen be-
zeichnet wird, das heißt bei Maimonides in der hebräischen Über-
Setzung Ibn Tibbons: Gründe. Die Kritik wird von vornherein
subjektiver; sie bleibt nicht bei historischen Ursachen stehen. Solche
sind im letzten Grunde doch immer nur Veranlassungen, keine be-
grifflichen Unterlagen. Die Gefahr, die man von Anfang an in der
Spekulation nach den Gründen der Gesetze befürchtet hat, besteht
in diesem Problem der Gründe wirklich. Man fragt wohl auch
nach Gründen für den Begriff Gottes; aber hier sind die Gründe,,
die gesucht werden, Beweisgründe. Der Begriff Gottes gilt als die
These, deren Eichtigkeit außer Zweifel gestellt, aber bewiesen werden
soll. Wenn dagegen bei den Gesetzen die Frage auf ihre Gründe
gestellt wird, so ist die Annahme der Richtigkeit nicht in gleicher
Weise eine Behauptung, wie bei der Idee Gottes. Die Frage richtet
sich zwar gegen die Skepsis, aber sie geht von ihr aus. Und nur
auf Grund der außer Frage gestellten These Gottes läßt sich die
neue Frage nach den Gesetzen zur Beantwortung bringen. Die
Gründe haben hier daher, als Beweisgründe, nicht dieselbe metlio-
disehe* Kraft, wie bei der Frage nach Gott.
Aber auch von diesem methodischen Unterschiede in der Be-
deutung der Gründe abgesehen, fordert der echte Rationalismus die
Gründe für die Gesetze in einer prinzipiellen Kritik, durch welche
die wissenschaftliche und die philosophische Richtung des Rationalis-
mus in seiner ^Tendenz auf den Idealismus hin bedingt wird.
Die Gründe können nach reifer Einsicht überhaupt nicht al&
Ursachen gedacht werden. Denn Ursachen gelten nur im Gebiete
der Naturerkenntnis. Hier dagegen, im Gebiete der Geisteswissen-
schäften, können die Ursachen nur Zwecke sein. Können nun die
gesuchten Gründe auch als Zwecke gedacht werden? Das ist
gegenüber aller Art positiver Gesetze, auch derer des Rechts und
des Staates, die Frage des Rationalismus, die ihn zur Unterscheidung
von Naturrechten, Naturreligionen u. s. f. führt. Für den Rationa-
- listen des Monotheismus kann nun aber nicht diey Naturreligion,,
ähnlich wie das Naturrecht, eine ausreichende Grundlage bieten;
für ihn besteht ja allein die des einzigen Gottes. Dieser aber wird
identisch mit der Sittlichkeit. Denn von seinem Wesen haben wir
ja nur die Erkenntnis in den Attributen der Handlung. Sein Wesen
417
bleibt uns daher entweder überhaupt, verborgen, oder nur als Urbild
der Sittlichkeit erkennbar. Daraus aber entsteht eine große Kon-
sequenz für die Frage nach den Gründen der Gesetze. *
Wenn wir soeben die Gründe in der Bedeutung der Zwecke
erkannt haben, so entsteht die Schwierigkeit, daß wir diese gesuchten
Zwecke identisch setzen müssen mit den zwei einzigen Zwecken,
die uns für die Religion Bestimmung erlangt haben: Gott und die j
Sittlichkeit. Diese Zwecke allein sind absolute Zwecke. Sie allein ;
haben ihren eigenen Wert in sich. Die Korrelation mit dem
Menschen ist in diesem Eigenwerte eingeschlossen. Denn die Sitt-
lichkeit ist ja im Wesen Gottes enthalten. Es kann daher keine
anderen Zwecke geben als diese beiden, die in dem einen Zwecke
Gottes sich vereinigen. Nur weil der Begrifl Gottes lediglich in dem
Begriffe dc~ Sittlichkeit erkennbar wird, nur deshalb ist diese
Spezialisierung der Zwecke zulässig und förderlich. Wenn nun aber
die Gründe der Gesetze als Zwecke gedacht werden müssen, so ent-
steht hier die Kollision mit den einzigen absoluten Zwecken, und
es wird der Schluß unausweichlich: daß die Gesetze selbst nicht
als Ziele gedacht werden können, in denen Zwecke sich verwirk-
liehen. Solche Ziele sind nur Gott und seine Sittlichkeit. Wenn
nun aber sonach die Gesetze nicht einen abgeschlossenen Eigenwert
haben können, in denen Erkenntnis und Handlung ihr Ziel erreichen,
so können auch die Gründe nicht logisch, überhaupt nicht subjektiv
als Zwecke zu denken sein: sie können nur als Mittel gedacht
werden.
Schon dies gilt einer Gläubigkeit, welche nicht vom Rationalis-
mus geleitet sein will, mit Recht als eine bedenkliche Gefahr.
Denn die Herabsetzung auf ein Mittel bringt das Gesetz auf die
Stufe der Relativität, der sie zu entgehen glaubt, wenn sie das
Gesetz lediglich als Gebot Gottes ansieht. Freilich widerspricht
eine solche Annahme dem Gedanken und dem Gebote der Gottesr־
erkenutnis. Als Gegenstand der Erkenntnis aber kann das Gebot
nur dadurch als Gebot Gottes begründet sein, daß Gott der Gott
der Heiligkeit oder der Sittlichkeit ist. Es muß also dabei ver-
bleiben, daß der letzte Grund des Gesetzes einzig und allein in der
göttlichen Sittlichkeit liegen darf. Damit ist die Folgerung gegeben,
daß alle Gebote daraufhin erwogen werden müssen, ob sie diesem
einzigen Zwecke als geeignete Mittel dienen können.
Der logische Zusammenhang also macht die Konsequenz unr
27
4.18
und spräche: Gott hat euch befohlen, daß ihr nicht zu ihm betet,
nicht fastet, nicht seine Hilfe sucht in der Zeit der Not, sondern
es sei euer Gottesdienst Gesinnung ohne Handlung.“ Als ein solches
Zugeständnis an die psychologische Natur des Menschen erklärt
Maimonides daher die ganze Opfergesetzgebung samt dem Altar
und dem Heiligtum. Und er macht sich selbst den Ein wand, daß
diese vielen Gesetze ohne einen selbständigen Zweck sein sollten,
aber er widerlegt ihn mit seinem teleologischen Grundgedanken von
der Natur des Menschen, die Gott nicht verändern wolle.
Seine Kritik erweist sich alsbald aber auch dadurch in ihrer
Positivität, daß er zwischen ersten und zweiten Zwecken unter-
scheidet, so daß die Opfer dem zweiten Zwecke zugeordnet werden,
das Gebet hingegen sich mehr dem ersten Zwecke nähere, und daß
Gott zwischen beiden Arten ״einen großen Unterschied gesetzt“ habe.
Im Fortgange nimmt er von Ibn Daud die Polemik Jeremias gegen
die Opfer auf und gibt ihr eine positive Begründung, welche dem
Grundgedanken seiner Ethik entspricht. Er interpretiert nämlich
die auffällige Polemik des Propheten durch die Darlegung seines
Hintergedankens: daß Gott beim Auszuge aus Ägypten, nämlich in
Mara, Sabbat und Gerichtsverfassung eingesetzt habe, und er deutet
Sabbat auf die Satzung ( )וזקund die Rechtsverfassung auf die
Rechte ()משפט. Nach dieser Deutung würden sogar auch die
Satzungen in die Kategorie der Sittengesetze zu rechnen sein, da
der Sabbat die soziale Gesetzgebung vertritt. ״Dies ist der erste
Zweck: die wahrhaften Erkenntnisse . . und der Zweck ist ferner
neben der Wahrheit der Erkenntnisse, die Entfernung des Unrechts
Ton den Menschen“. Die Opfergesetzgebung gehört daher nur
einem zweiten Zwecke an. Dieser Gedanke des Jeremia werde auch
durch die Psalmen bestätigt.
Im 35. Kapitel des Moreh erfolgt nun die Einteilung aller Gebote
in 14 Klassen, auf der Grundlage seiner Einteilung in seinem Kodex.
Die erste dieser Klassen umfaßt nun die ״Grunderkenntnisse“
()שרשיות. Bei diesen Grundgesetzen ist die Frage nach ihrem
Nutzen hinfällig; dadurch aber auch nach ihren Gründen. Die
zweite Klasse umfaßt die den Götzendienst betreffenden Gesetze und
was mit ihm zusammenhängt. Auch hier sei die ״Ursache bekannt“.
Die dritte- Klasse umfaßt die Gesetze über die ״Verbesserung der
Sitten“ ( )תקין המדות. Hierzu werden auch die Staatsgesetze ge-
rechnet. Die vierte Klasse enthält die sozialen Gesetze. Die fünfte
27*
420
die Beeilte zur Abwendung der Gewalt ( )והחמס מניעת העול, die sechste*
die gerichtlichen Strafen. Die siebente Klasse betrifft das Eigentum
mit allen Obligationen. Die achte Klasse geht endlich zu den im
engeren Sinne religiösen Geboten über, zu Sabbat und den Festen,,
!deren Gründe in der Schrift angegeben werden: ״zu einer wahren
!Einsicht zu gelangen oder zur Buhe des Körpers oder zu beidem“.
■Die neunte Klasse betrifft den Gottesdienst: ״Handlungen, welche•
die Erkenntnisse befestigen in der Liebe zu Gott“. Die zehnte und
elfte Klasse betreffen den Tempel und die Opfer. Die zwölfte die*
kultische Keinheit und Unreinheit. Die dreizehnte stellt die Speise-
verböte zusammen mit den Gelübden und Entsagungen und setzt׳
ihnen den gemeinsamen Zweck gegen Begierde und Lust. Die vie!>
zehnte enthält die sexuellen Gesetze, zu denen er auch die .Be״
schneidung rechnet.
Schließlich aber teilt er alle Gesetze in zwei Teile ein: Ge^
setze zwischen dem Menschen und Gott, und Gesetze zwischen dem
Menschen zum Menschen. ״Damit aber wird nicht etwa beabsichtigt,,
beide Gruppen voneinander abzusondern, und etwa die erstere als-
rein religiöse zu bezeichnen. Vielmehr heißt es: ״jedes Gesetz, es-
sei ein Gebot oder Verbot, welchem der Zweck innewohiit, zu lehren
gute Sitten oder Erkenntnis oder die Verbesserung von Handlungen,,
welche für den Menschen selbst bestimmt sind, so daß sie ihn ver-
vollkommnen, sie werden auch genannt Gesetze zwischen Mensch
und Gott“. Nach beiden Seiten also will diese neue Zweiteilung־
die vorhergehende Einteilung einheitlich beleuchten. Nicht die-
Opfergesetze und die ihnen ähnlichen betreffen etwa allein oder
auch nur vorzugsweise das Verhältnis zwischen Mensch und Gott,,
sondern es bleibt dabei, daß sie nur Mittelzwecke sind für den
einzigen wahren Zweck der Gotteserkenntnis und der wahren Gottes-
Verehrung in der menschlichen Sittlichkeit. Andererseits aber bleiben
auch die Sittengesetze nicht isoliert, sondern auch sie betreffen
mittelbar im letzten Zwecke nur das Verhältnis zwischen Mensch,
und Gott. Nicht allein also diejenigen Gesetze, welche gewöhnlich,
als vorzugsweise dem Verhältnis zwischen Mensch und Gott an-
gehörend gelten, werden als Mittel gewürdigt für den einzigen Zweck
der Sittlichkeit, sondern nicht minder auch die gemeinhin Vorzugs-
weise als Sittengesetze betrachtet werden, auch sie werden zu Mitteln
für den einzigen Zweck der Gotteserkenntnis und der Gottesverehrung►
Solche doppelte Kraft hat die Identität von Gott und Sittlichkeit►
In demselben Geiste hat Maimoniäes auch sein ״Buch der Ge-
setze“ ( )ספר המצותgeschrieben.
Übrigens ist der Ausdruck ״Zeremonialgesetz“ zuerst von Simeon
Duran TTÖB) gehräucht worden, und sodann von Albo (Ikkarim,
-3T20). ~~~
Die neuere Entwicklung des Judentums beginnt bedeutsamer-
weise erst im Zeitalter der deutschen Aufklärung; sie vollzieht sich
aber an der Stellung zum Zeremonialgesetz. Moses Mendelssohn
;hat nur indirekten Anteil an dieser inneren Entwicklung. Seine
Philosophie gehört nach ihren besten und tiefsten Tendenzen dem
.Zeitalter des großen Leibniz an. Während er aber aus dem Geiste
►dieser Philosophie das Verhältnis der Vernunft zur Religion über-
haupt unzweideutig klarstellt, verdunkelt er den Begriff des Juden-
־tums dadurch, daß er es auf eine Religion des Gesetzes einschränkt.
Die Vernunft der Religion sei ein Allgemeingut der Vernunft. Das
Eigentümliche der jüdischen Religion bestehe in der Verpflichtung
:zum Gesetz.
Mit dieser Auffassung des Judentums, welche im Widerspruch
:steht zur Geschichte der jüdischen Religion, wie wir sie überblickt
haben, verband nun aber Mendelssohn eine große, wir möchten
:sagen dürfen, messianische Tendenz, welche nicht nur den Juden,
:sondern auch der jüdischen Lehre selbst von Bedeutung geworden
ist. Er wandte sich unmittelbar an die deutschen Juden, aber diese 1
bildeten damals, wie im großen und ganzen noch heute, das Kultur-
band für die Juden aller Länder. Es könnte nun ein innerer Wider-
Spruch scheinen, daß Mendelssohn eine Neugestaltung des Kultur-
lebens der Judenheit und des Judentums bewirken konnte neben
oder gar etwa auf Grund seiner Isolierung des Judentums auf das
Gesetz. Seine politische, seine kulturelle Wirksamkeit war messianisch
seine innere religiöse Lehre und Praxis schien zum Hauptwerk zu
machen, was längst im Mittelalter als Nebenwerk erkannt war.
Dieser Schein des Widerspruchs fordert Erwägung und Auflösung.
An keinem Punkte dürfte der Gedanke so einleuchtend werden,
•daß Religion ein persönliches Erleben sei, wie bei dieser Frage des
Gesetzes. Die verwerfenden Urteile über das Gesetz erklären sich,
abgesehen von ..den vielen Blößen wissenschaftlich und geschieht-
lieh mangelhafter Kenntnis, zumeist aus einer Unkenntnis des
Lebens, aus einer Verständnislosigkeit dem religiösen Erleben des
Gesetzes gegenüber. Jülicher hat es ausgesprochen, daß eine
422
deutung haben, welche der Isolierung gerecht wird, sofern diese für
die Religion gewahrt bleiben muß, und durch das Gesetz Vorzugs-
weise gewahrt bleiben kann?
Beim Weltkriege dämmert allgemach eine andere Ansicht von
der Bedeutung der Nation auf. Ursprünglich dachte man sie nur
als die Naturgegebenheit eines Volkstamms. Die Politik lehrte und
zwang dazu, von dieser Wortbedeutung abzugehen und die Nation
als einen Erzeugungs ־und Gestaltungsbegriff des Staates anzunehmen.
So wurden Nation und Staat identisch. Aber kaum hatte sich die
Nation von ihrem Erdgeruch im idealen Staatsbegriffe gereinigt, da
wurde dieser wieder durch den Kampf der materiellen, der Wirtschaft-
liehen Interessen in seiner Idealität angegriffen, und wie die Einzel-
Staaten selbst gestärkt und zugleich vergiftet wurden durch die zwei-
deutigen Machtgelüste der wirtschaftlichen Herrschaft, so brach der
Völkerkrieg aus, als der Ertrag und die Konsequenz dieses materiellen
Antagonismus der Staaten. Die ideale Kulturbewegung des Staates
auf der nationalen Grundlage des Volkes und seiner Geschichte
wurde verengt und zugespitzt auf die wirtschaftliche Herrschaft.
Die Staatsidee schien mit dem Untergange bedroht durch den
Imperialismus.
Da erwuchs aus der Not eine neue Tugend, eine Erweiterung
des Staatsbegriffs, durch welche die Staatsidee zu ihrer Vollendung
kommt. Die Staaten konnten nicht isoliert bleiben. Und was sie
für den Krieg nicht vermochten, das werden sie auch im Frieden
nicht iiberwiuden können. Der Staat reift vor unseren Augen auf
zum Staatenbunde. Der Messianismus wird Faktor der Welt-
geschichte. Der Staat, als Einzelstaat auf die Nation gegründet,
baut sicli zum Staatenbunde aus. Und wie die Staaten sich ver-
binden, so müssen auch die Völker sich verbinden, sich innerlich
harmonisieren. Das ist die Logik der Sache, gegen die kein Wider-
spruch auf kommen kann.
Und was der Krieg zustandebringen wird an den Staaten,
und zwar nicht minder an den neutralen Staaten, wie an den krieg-
führenden, das hat sich längst in seiner geschichtlichen Kraft inner-
halb der einzelnen Staaten gezeigt. Man hat es für einen Krebs-
schaden gehalten, der den Organismus der Staaten bedrohe ; dessen-
ungeachtet muß man die Fremdkörper als einen organischen Faktor
im Staatsleben gebrauchen, mithin auch anerkennen. Wie der
Staatenbund, in dem die Idee des Staates gipfelt, keinen Wider-
427
Wechselbegriff des Staates. Die Nation ist die des Staates, und der
Staat ist der der Nation. Die Einheit, welche der Staat dar-
zustellen hat, wird hergestellt durch die Nation. Die Nation ist
daher ein idealer Begriff, dessen Bedeutung in der Konstituierung des
Staates liegt. Eine falsche Idealität oder eine nicht kulturell reine
ist dagegen die Bedeutung der Rasse. Ihre Gefährlichkeit liegt eben
in der Exklusivität, welche sie für den Staat fordert, während
dieser, wie im Staatenbunde der Völker, so im Einzelstaate der
Nationalitäten bedarf. Oder bedürfte er ihrer nicht, schon in dem
Sinne, daß er sie erhalten und entwickeln muß? Oder sollte er sie
etwa ausrotten dürfen? Schon an dieser Frage kann man sich für
die ideale Aufgabe des Staates den Nationalitäten gegenüber
orientieren. Der Staat ist auf die Nationalitäten angewiesen. Die
Nationalität steht nicht im Widerspruch zum Staate, sie kann daher
auch nicht im Widerspruch stehen zur Nation.
Gehen wir jetzt auf das Problem des Judentums zurück, so־
erkennen wir die Rückständigkeit des Zionismus im...Begriffe der
Nation. Wenn^ die IsoiierTing der jüdischen Gemeinde notwendig
BleibtT so~^ würde es der messianischen Aufgabe des Judentums
widersprechen, dieses in einem Sonderstaate zu isolieren. Folglich-
widerspricht dem messianischen Ideal auch die jüdische -Nation.
Wenn nun aber das Judentum im Gesetze dennoch eine
Isolierung ei fordern wollte, so wäre diese nicht eine illusorische
Aufgabe, wenn die Nation unzulässig wäre. Denn an die Stelle der
Nation tritt die Nationalität. Sofern sie notwendig ist, ist sie
keineswegs aussichtslos: denn sie ist möglich ohne den eigenen
Staat, und sie ist möglich innerhalb der einzelnen Kulturstaaten.
So fordert es die Idee des Staats für diesen selbst, wie für ihren.
Staatenbund. Es bleibt nur die Frage, ob die Nationalität eine not-
wendige Aufgabe bleibt, und die fernere Frage, ob sie durch die־
Isolierung im Gesetz vollziehbar wird.
Für den Sinn der Frage nach der Notwendigkeit der Nationali-
tät ist nun zuvörderst der Begriff der Notwendigkeit zu bedenken.
Die Notwendigkeit hat sich bei der Nation als eine relative erwiesen,
nämlich im Verhältnis stehend zum Begriffe des Staates. So wird
auch die Notwendigkeit der Nationalität nicht als eine absolute ge-
dacht werden können, sondern nur als ein Yerhältnisbegriff. Und
•es kann nicht zweifelhaft sein, daß die Nationalität nur zur Religion
in Verhältnis stehen darf. Schon dem Begriffe der Nation wurde
das Anthropologische, das Ethnische entzogen, und seine Idealisierung
wurde nur im Staate vollbracht. Der Stamm mit seiner physischen
,Grundlage wurde. dadurch keineswegs entwertet, nur wurde in ihm
.selbst die Idealität nicht erkannt, aber seine Idealisierbarkeit wird
anerkannt für die höchste menschliche Idealität, die des Staates.
In derselben Methodik.־geschieht nun auch die Idealisierung der
Nationalität. Keineswegs ist sie irrelevant oder gar minderwertig,
aber in ihr selbst liegt die Idealität nicht, zu der sie jedoch er-
hoben wird, sofern sie als Mittel dient für* die Errichtung und für
den Fortbestand der Religion. Für die Errichtung der Religion war
das Volk Israel notwendig. Diesen Sinn hat die Erwählung Israels.
־Und es ist auch unzweifelhaft, daß der Fortbestand des Monotheis-
mus an die Nationalität gebunden war, nachdem die Nation mit
Rücksicht auf den Staat, erledigt war. Esras Politik, welche die Ehe
mit heidnischen Frauen hintertrieb, war eine notwendige Religions-
politik. Aber zu allen Zeiten haben die tiefsten jüdischen Geister
die Nationalität nicht als Selbstzweck, sondern nur als das un-
•entbehrliche Mittel zur Erhaltung der Religion anerkannt. Ein
Wahlspruch ist der Satz des Gaon Saadja: ״unser Volk ist nur Volk
durch seine Lehren“ ()אומתנו אינה אומה כי אם בסנרגתיה. In dieser not-
wendigen Disposition der Nationalität für die Religion liegt ihre
Idealisierbarkeit, Und nur in dieser besteht ihr Anteil an der
Idealität.
Es kann nach Maßgabe der menschlichen, insbesondere auch
der politischen Verhältnisse innerhalb der Kulturreligionen, ihrer
inneren und äußeren Gesetze und Kämpfe, kein Zweifel darüber ent-
stehen, daß die Nationalität die notwendige Grundlage bleiben muß
für die. Forterhaltung der jüdischen Religion, solange diese im Gegen-
satz steht zu anderen Formen des Monotheismus. Es handelt sich
ulso bei dieser Frage um gar nichts anderes und nichts Geringeres
!als um den Eigenwert des jüdischen Monotheismus selbst. Wäre er
durch jene anderen Formen entwertet, ersetzt oder ersetzbar, so wäre
4*29
:nicht nur der bisherige Fortbestand ein Rätsel, sondern "auch der
künftige Fortbestand würde hinfällig. Wenn anders aber aus den j
Quellen des Judentums dieses als eine Religion der Vernunft erweis- !
bar ist, so ist dadurch der Fortbestand des Judentums begrifflich j.
gesichert. Es braucht gar nicht zur Frage zu werden, ob das5
Judentum allein die Religion der Vernunft sei; denn auch die
anderen Formen können ihren wesentlichen Anteil an der Vernunft
haben und behalten. Aber wenn das Judentum selbst auch als eine
Religion der Vernunft unbestreitbar ist, so ist sein Fortbestand eine
geschichtliche Notwendigkeit aus dem Prinzip der Vernunft. Und
wenn Experimente über seine Ersetzbarkeit selbst möglich wären, ׳so*
wären sie begrifflich unzulässig. Denn wenn mehrere Religionen je׳
ihren Anteil an der Vernunft haben, so darf keine derselben unter-
drückt werden. Der Gedanke, eine Religion durch die andere er-
setzen zu wollen, ist ebenso ein geschichtlicher Ungedanke, wie et
der Geschichtsphilosophie widerspricht, welche den Gedanken der
Absolutheit abzuwehren und in der Mannigfaltigkeit der Kultur ־/
erscheinungen den Anteil der Vernunft an ihnen. zu erforschen hat.(
Wenn religiöse Befangenheit zu einer wissenschaftlichen, zu
einer methodischen wird, und die Absolutheit des Christentums be-|
hauptet wird, so ist der Streit nicht auf dem Gebiete der wissen^
schaftlichen Methodik auszutragen, sondern schließlich an dem Streit-
problem .selbst. Wer den Monotheismus nur in der christlichen*'
Form anerkennt, der begreift nicht die Reinheit des jüdischen Mono-
theismus. ״Er ist einzig, und kein Zweiter ist ihm zu vergleichen
und ihm zu vergeseikchaft^ . hei® .es in einem. synagogalen
Gedichte von Gott. Der einzige Gott, Gott als Einziger, Gott das-
einzige Sein, das ist der Sinn des jüdischen Monotheismus. ״Erfüll’
davon dein Herz, so groß es ist“. Aber das ist der Unterschied von
Goethes Poesie; daß das Judentum nicht sagt: ״nenn es dann, wie׳
du willst“, sondern daß es auf dem Gedanken besteht uud seine־
Entwicklung und Durchführung anstrebt: ״sein Name ist einzig“.
Der Name hat den Begriff auszudrücken. Es darf nicht vielerlei
Namen, weil nicht vielerlei Begriffe von Gott geben. Das Mensch-
liehe steht in Korrelation mit ihm, aber durchaus nicht in Identität,
Und nur durch das Menschliche vermittelt, steht auch die Natur in
Relation zu ihm ; der Pantheismus aber, der Identität zwischen
Natur und Gott setzt, ist schlechthin der Widerspruch zum jüdischen
Monotheismus. So läßt es sich wohl begreifen, daß dieser selbst in
430
seiner Strenge ein schwieriges Problem der Kultur ist. die von deii
vielseitigen Interessen der Wissenschaft und der Kunst nach ver-
schiedenen Zentren hin schwankt. Das Judentum aber duldet nur
den einen Mittelpunkt für alles Geisteswesen: den' einzigen Gott,
der unvergleichbar ist mit allem, was der menschliche Geist zu er-
1denken vermag. Für das Judentum hat die geistige Welt ihren
festen Mittelpunkt, der in alle unendliche Weite der Kultur ans-
^zustrahlen vermag, nirgend aber von irgend welchen Kulturinteressen
sich verrücken läßt. Hier ist keine Skepsis möglich. Sie kann nicht
einmal als eine wohltätige Anregung gegen den Dogmatismus zu-
gestanden werden. Es gilt vielmehr, vom Dogmatismus aus den
Weg zu finden zu diesem höchsten Idealismus, vor dem alles Dasein
nichtig wird im Vergleiche zum einzigen Sein Gottes. Der Skep-
tizismus versperrt sich den Weg zu diesem Idealismus. Und als
eine Vereitlung des monotheistischen Problems *muß auch der Pan-
theismus erkannt werden.
Wenn anders nun die Erhaltung des Judentums und für diese
die der jüdischen Nationalität sowohl nach der allgemeinen Methodik
der , Geschichtsphilosophie wie insbesondere nach dem Gehalt der
Lehre vom einzigen Gotte, eine Notwendigkeit ist für die Geschichte
der Vernunft, so ist jetzt die Frage zu stellen nach der Notwendig-
keit des Gesetzes, nachdem wir diese Notwendigkeit in Relation er-
kannt haben auf die Religion.
Wie ein Gespenst erscheint uns jetzt der Satz, in welchem die
Gedankenfreiheit, welche so häufig in Talmud und Midrasch auf-
atmet, in titanischer Kühnheit sich ausspricht: ״die Gesetze werden
erledigt in der messianischen Zeit“. Sollte dies von allen Gesetzen
gelten? Die Ausnahme muß sofort gemacht werden: ״außer dem
Versöhnungstage“. Die Ausnahme ist sehr charakteristisch; sie
nimmt dem Satze das Beste seiner Kraft. Denn wie der Grund-
pfeiler der Religion, der V ersö l^ diese Religion ewig
bleiben muß, so erhebt sich von ihm aus die weitere Frage, ob nicht
noch andere Gesetze in diese Ausnahme einzubeziehen oder ihr an-
zugliedern sein möchten. Aber diese Frage muß vom messianischen
Endziel rückwärts gerichtet werden, und für diese eigentlich ge-
schiehtliche Erwägung ist es schon ein wichtiger Wegweiser, daß
auch im messianischen. Zeitalter nicht ausnahmslos das Gesetz
erledigt werden kann.
Die Frage von der Ewigkeit der Thora ist ein durchgängiges
431
reiches, sein. Hier gilt das Wort vom Erleben für die Beligion.
Wer das Leben unter diesem Joch der Gesetze nicht selbst erlebt
hat,; der kann es nimmermehr begreifen, daß dieses Joch als eine
!Himmelsleiter getragen wird. Und deshalb ist und bleibt es die
große Frage an die Zukunft, welche die Zukunft des reinen Monotheis-
mus ist, nicht ob überhaupt - dies ist keine Frage mehr — sondern
nur in welchem Grade der Ermäßigung das Joch der Gesetze behauptet
und noch immer inniger verklärt werden kann, damit es für alle Zu-
kunft seine Wirksamkeit nicht einbüße.
Die Plastik und die Malerei wurden von dem reinen Gottes-
dienste ferngehalten. Aber Heine hat es in seiner Dichtersprache
ausgesprochen, daß Moses Menschenpyramiden gemeißelt habe.. Und
dieses Kunstwerk der Menschen, als der Bekenner des einzigen
Gottes, ist ihm geglückt durch das Mittel der Gesetze. Die Gesetze
selbst können daher nicht ohne allen künstlerischen Wert sein, der
freilich vornehmlich in der Poesie sich kundtun konnte. In dieser
aber hat er alle Formen durchdrungen, die Tragik, wie das Idyll.
Sogar der christliche Nachbar hat nicht nur . an dem tragischen
Schauspiel des Gottesdienstes am Jomkippur Abend teilgenommen,
sondern nicht minder auch an dem Idyll der Sukka, an deren Luft-
gebäude, wie an ihrer naturpoetischen Ausschmückung er mensch^
liehen Anteil nahm. Und was bedeutet nun erst das Gesetz für
!die feierliche Veredlung des Lebens in der Verklärung des Todes
\ und der Ehrung des Toten in seiner Bestattung. Vom Beginne des
jjj
ןLebens, an dem der Bund Gottes mit Abraham an dem neugeborenen
j Sohne Abrahams erneuert wird, bis zum Abschluß des Lebens durch-
\ zieht das Gesetz alle Momente des Lebens, um sie zu festigen für
j den wahrhaften Gottesdienst, und um zugleich alle menschlichen
!Hantierungen in Verbindung zu setzen mit dem Gottesdienst und
\ durch diese Verbindung alles menschliche Tun zu verklären im
!Ewigen.
־. Nicht die Isolierung ist der einzige Zweck des Gesetzes, sondern
die Idealisierung alles irdischen Tuns mit dem Göttlichen. Der
Gottesdienst beschränkt sich nicht auf die Synagoge; das Gesetz,
erfüllt und durchdringt das ganze. Leben mit ihm. Aber freilich
wird dieses ganze Leben dadurch auf den einzigen Zweck hin ge-
richtet. Indessen ist es nur ein Urteil des Opportunismus, wenn
in dieser. Zwecksetzung eine Entfernung und Entfremdung von der
Kultur gefürchtet wird. Der Kultur wird ,dadurch, nur ein fester .
435 __
den einzigen Gott nicht lieben, wie einen Mann öder ein Weib.
Und doch liebt man ihn und sucht ihn, und bekennt dieses Ver-
langen, weil es ein wahrhaftes Erlebnis der Seele ist. Das ist!
freilich ein Wunder in der Geschichte der Seele, aber dieses Wunder j
ist eben der Monotheismus selbst. Und der literarische Ausdruck I
dieses Wunders ist der Psalm, die höchste Schöpfung des Monotheis-
mus. Denn der Prophet ermahnt zur Liebe Gottes. Der ׳Psalm aber
bekennt diese Liebe als das wirkliche Erlebnis der Seele. Und
dieses Bekenntnis des seelischen Erlebnisses ist der Psalm, als Gebet.
Jetzt haben wir die Ergänzung erkannt, welche der Psalm,
welche das Gebet der sittlichen Bußarbeit für das Gelingen der
Yersöhnung hinzuzubringen hat. Jetzt erkennen wir auch den rein
religiösen Faktor der Versöhnung, den wir vorher mit dem Vertrauen,
der Zuversicht auf Gott bezeichnet hatten. Wir fragten nach dem
genaueren Ausdruck für diese religiöse Bedingung, nach dem psycho-
logischen Ausdruck für diese sachliche Bedingung; das Gebet ist
diese psychologische Form des religiösen Faktors der Versöhnung.
Die Grundform der Beligion1, deren logischer Ausdruck die
Korrelation von Gott und Mensch ist, ist gleichsam psychologisch
die Liebe zu Gott. Und diese Liebe ist die Liebe der Psalmen, ist
die Liebe des Gebetes. Das Gebet ist Liebe. Man möchte den
Satz auch umkehren dürfen. Und ״is t nicht Idealisierung in der
Liebe im Grunde auch nur eine Abwandlung des Gebetes, in der
die geliebte Person mit aller Kraft des Gemütes für sie mit allen
Zaubern der Unendlichkeit bestürmt wird?
Die Lyrik hat noch eine andere psychologische Grundkraft,
welche der Idealisierung der geliebten Person zustatten kommt,
und welche im Gebete zu einer besonderen Heilkraft wird. Das
lyrische Gedicht ist das Bekenntnis eines Erlebnisses, aber nicht
eines der vielen Erlebnisse, nicht eines einzelnen vergänglichen, sondern
das Erlebnis wird zum Inbegriff des eigenen Lebens ausgespannt, j
Das Endliche, Vergängliche wird ein Unendliches, ein Ewiges. ־Es
ist also nicht ganz richtig, daß die Wirklichkeit, die Gelegenheit,
der eigentliche Inhalt des ,Liebesgedichtes sei. Die Gelegenheit wird
verewigt, und so wird die Wirklichkeit selbst zu einer unendlichen
Ferne. Wenn die Liebe als eine Wirklichkeit und Gegenwart be-
sungen wird, so wird die Lyrik zum Epigramm. Die Lyrik selbst
bedarf der Ferne, die daher zu einer Idealität der Wirklichkeit wird.
Und was räumlich die Entfernung bedeutet, das vollzieht sich als
442
für den Ursprung, wie für alle Fortführung der Bewegung. Hier
beachten wir nur den Quell der Antizipation für die Macht des
Gemütes.
Die Bedeutung der Sehnsucht im Gebet der Psalmen erschöpft
sich nicht in der Analogie mit der Sehnsucht der Liebe. Die Liebe zu
Gott ist eben doch von anderer Art als die innigste Liebe im Bund der
Geschlechter. Die Sehnsucht nach Gott ist die Sehnsucht nach Er- ;
lösung, nach Befreiung von der beengenden Last des Schuldgefühls.!
Die Sehnsucht entspringt hier der Angst- in der der Mensch in
Gefahr kommt, vor sich selbst zu fliehen, sich selbst zu verlieren.
Die Sehnsucht nach Gott entspricht daher dem Naturtriebe de&
Menschen, nicht an sich selbst zu verzweifeln, den Ankergrund
seines Selbstbewußtseins zu umklammern, um nicht in Verzweiflung
und Selbstaufgabe zu Grunde zu gehen. So ist die Sehnsucht die
Hoffnung auf Rettung in der Gefahr des Todeskampfes. Die Sehn-
sucht des Gebetes ringt sich aus dem Kampfe der Buße hervor zur
Hoffnung auf den Retter, den Erlöser.
Man erkennt immer deutlicher den Ursprung des Gebetes im
Psalm und in diesem in der Zwiesprache, welche die Buße zwischen
dem Ich und Gott führt . . Diesen dialogischen-Monolog konnte
die prophetische Rhetorik nicht erwecken: er konnte nur von der
Lyrik geschaffen werden, welche die Urform der Liebe in der Sehn-
sucht ist. Aber der Psalm idealisiert die Sehnsucht, in Analogie
zum Eros, durch den höchsten menschlichen Lebenszweck, den die
Erlösung von der Sünde bildet, zu dieser Freiheit des Gottvertrauens,
kraft welcher die Liebe zu Gott zugleich das Fundament wird für
die stete Neugründung des Ich.
Die Liebe zu Gott wurzelt in dem Glauben an den guten Gott.
Gut ist mehr als gütig, durch welchen Ausdruck die Bedeutung der
Güte für Gott in gefährlicher Weise abgeschwächt wird. Die Güte
Gottes ist schlechthin der Ausdruck der göttlichen Teleologie, des
höchsten Zweckes, den Gott für die Natur und die Menschenwelt
bildet. Und die Menschenwelt ist die Welt der menschlichen In-
dividuen. Die Güte Gottes bedeutet seine Vergebung der mensch-
liehen Sünde. Er ist ״gut und verzeihend ( “ ) טוב וסלה. Und auf
dieser Erlösung von der Sünde beruht der Bestand des Individuums,,
den die Sünde vernichtet.
Das Individuum ist nun gerettet. Das Gebet hat seinen Ab-
Schluß in dem Schluß der Tragödie, welche hier aber die wahrhafte
444
Lösung, die Kettung des Helden selbst erbringt. Das Gebet hat
die Grundform der Religion sichergestellt: die Korrelation von Gott
und Mensch. Die Sehnsucht hat Gott herbeigezogen für den Menschen.
Und die Erlösung, die Gott im Gebete verwirklicht, hat dem Indivi-
duum seinen Wert und seine Würde wiedergegeben. Jetzt ist das
Individuum nicht mehr nur in seinem Lebensgefühl wurzelnd; jetzt
:hat es seinen sittlichen Grund bestätigt. In dem religiösen Akte der
Buße und der Versöhnung hat das Gebet zugleich sich als sittlicher
Faktor bewährt. Umgekehrt aber kann man auch sagen, daß, während
die Bußarbeit ein rein sittlicher Faktor ist, der Hinblick auf Gott
genauer im Gebete erfolgt, welches danach zum eigentlichen religiösen
Faktor wird.
Das Individuum ist nunmehr beglaubigt, ist sittlich gerecht-
fertigt. Und es., ist der. Triumph der Religion, den sie im Gebete
begeht, daß sih selbst- diese sittliche Rechtfertigung dem Indivi-
duum zu verleihen berufen ist. Jetzt macht aber die Religion ihre
Ansprüche geltend, welche sie mit diesem ihrem Beistand zur sitt-
liehen Rettung des Individuums begründet. Das Individuum ist
jetzt nicht nur das Element der Allheit, das• Symbol der Menschheit,
sondern seine sittliche Natur gleichsam ist ihm, als dem Individuum,
als wäre dies ein absolutes Individuum, im *Gebete gewonnen. Die
Erlösung ist dem Menschen nicht nur in der Fiktion geworden, daß
ihm die Idee der Menschheit auferlegt ist — unter dieser Fiktion
hat der Mensch keine Sünde, und bedarf er keiner Erlösung — er
ist durch Sünde und Erlösung ein Individum geworden mit dem
Eigenwerte eines solchen, wenngleich dieser immer nur in den
.Momenten besteht, in denen der Aufschwung zur Versöhnung sich
vollzieht. Immerhin ist dadurch das Problem des Individuums auf-
gegeben, das religiöse Problem, welches ethisch gerechtfertigt ist.
Das religiöse Problem aber fordert für den Menschen, wie für Gott,
den Zusammenhang mit der Natur. Gott ist Schöpfer der Natur
und des Menschen, Schöpfervder Natur für den Menschen. Gott ist
im letzten Grunde -der Schöpfer des Menschen. Der Mensch aber
bedarf des Zusammenhangs mit der Natur; er ist nicht nur Geist
der Heiligkeit. Er ist , unsterblich, und seine Seele bedaif daher
für die Uhend־libhkeit ihrer Entwicklung auch der Ewigkeit der
Natur. Der Leib des Menschen kann seiner Seele nicht heterogen
sein. Die begriffliche Unterscheidung wird hier mit der sachlichen
-verwechselt. Die Seele des Menschen bedarf des biologischen Indivi-
Uh
aller Arten, und aller Quellen der Not, welche zur Voraussetzung
wird für das Erspähen aller möglichen Mittel der Hilfe, ist der
gedankliche Inhalt der Andacht des Gebetes.
ל. Ist nun einmal die eigene Person in aller ihrer ethischen
Zweideutigkeit dennoch von der Eeligion erobert, so macht sie als
hald eine Tugend aus der Not,, macht die Pflicht der Sorge für sie
zu einer berechtigten. Das Individuum braucht sich jetzt nicht mehr
vor dem Verdacht der Selbstsucht zu verteidigen. Da die Sorge
um die Person zur Pflicht, wird, so macht die Pflicht gegen sich
selbst das Selbst zu einem religiösen Gegenstand der Sorge, dem
dadurch Wert und Würde zuwächst. Die Angst um das eigene Leben
und seine Sicherung bleibt nicht Selbstsucht* sondern wird zur Pflicht
verklärt, an die sich daher das Gebet herumschlingen darf.
Und mit dem Individuum ist ja die Familie gewachsen, und
diese wiederum wird zu einer neuen schon rein sittlichen Stütze des
Individuums. Jetzt aber gewinnt das Gebet ganz neue Schwingen,
denn wenn das Gebet für das eigene Selbst noch immer mit dem
Verdachte der Selbstsucht belastet ist, so wird es für die engsten
Blutsgenossen zu einem Naturtrieb, der zum Himmel schreit. Es
{würde wie Selbstmord scheinen, wenn man nicht berechtigt wäre,
!jedes Mittel zu ergreifen, wenn das Herz pocht bei der Not der nächsten
! Angehörigen. Und nun hat die Eeligion das Gebet erschaffen, und
es sollte nur verwendet werden für die eigene Erlösung von der
Sünde, und nicht auch zur Befreiung von der höchsten Seelenangst
um das Leben der nächsten Lebensgenossen?
Hier erscheint wieder die Differenz zwischen Ethik und Eeligion.
!Die Ethik sagt, und für sie ist Platon der Kronzeuge, daß sie keinen
!Unterschied anerkennt unter den Menschen, daher >auch nicht den
|zwischen Eltern und Kindern. Die Eeligion aber sagt: ״Ehre deinen
Vater und deine Mutter.“ Du mußt deinen eigenen Vater so kennen
und ehren, als haben. Der Mensch ist für sie auch an diesem Punkte
nicht lediglich das S}mbol der Menschheit, sondern die Korrelation
zwischen Eltern und Kindern schafft einen eigenen Menschenwert, der
den Individuen einen selbständigen Wert erteilt, und dieser Wert
ist Würde. Dieses Gebot konnte nur entstehen auf dem Boden
einer nationalen Geschichte, welche ihr Wurzelgebiet legt in das
Fundament der Stammväter. Von ihnen gehen die Stämme aus,
welche das Volk zu ״Kindern Israels“ macht. So wächst aus der
Sorge: für. den Zubehör des Individuums in der Familie das Gebet
447
für Gott die Wahrheit zum höchsten Ausdruck seiner seihst. Nicht
die Einheit wird sein Siegel, sondern die Wahrheit.
Und was für Gott gilt, das muß erst recht gelten für den
Menschen, denn er ist als Mensch der Vernunft der Mensch der
Wahrheit. Wahrheit und Heiligkeit wären identisch, wenn nicht
die Heiligkeit sich einschränkte auf die Sittlichkeit, während die
Wahrheit das Theoretische mit dem Ethischen verbindet und so
noch mehr als die Heiligkeit zum Ideal der Vernunft und daher
zum Bindeglied zwischen Wissenschaft nebst Ethik und Religion
wird. Wenn der Mensch um seine höchsten Güter bitten muß, so
muß er um Wahrheit bitten. Und wenn das Gebet auf die Wahr-
heit gehen muß für den Menschen, so darf er nicht allein als
Symbol der Menschheit dabei gedacht werden, sondern auch für das
Individuum muß das Gebet auf die Wahrheit gerichtet werden.
Die Wahrheit wird für das Individuum zur Wahrhaftigkeit.
Wir müssen hier schon in das folgende Kapitel übergreifen. Die
Wahrhaftigkeit ist eine Tugend. Und wir werden dem Begriffe der
Tugend zu entnehmen haben, daß die Religion bei ihrer eigenen
Aufgabe bleibt, wenn sie im Gebet für die Wahrhaftigkeit des In-
dividuums Sorge trägt. In der Wahrhaftigkeit wird die Waffe ge-
schmiedet und in der beständigen Stählung erhalten, deren die Buß-
arbeit der Versöhnung bedarf. Sie kann nicht beginnen, und sie
kann keinen ebenmäßigen Fortgang haben, wenn nicht die Wahr-
haftigkeit der Jungbrunnen ist, aus dem das Individuum sich stets
neu verjüngt. Die Gefahren der Wahrhaftigkeit sind undurchdring-
lieh. Für keine Sorge um das Individuum ist das Gebet notwendiger
und so sehr die eigentlichste Kraftquelle, wie für die Wrahrhaftig-
keit. Denn die Lüge ist nicht nur eine äußere Schlange, sondern
Verstand und Herz verschlingen sich zu immer neuen Listen, um
die Quellen des Trugs zu verschleiern, und sogar auch um die der
Wahrhaftigkeit zweifelhaft und illusorisch zu machen. Alle Menschen-
kraft kann hier zu versagen scheinen und nur das Gebet noch aus-
helfen.
Es ist sehr bedeutsam, daß das Frühmorgengebet, das tägliche
Vorgebet, in dem wir schon mehrmals wichtige Schätze zu er-
kennen hatten, den Satz enthält, als Einleitung des schon an-
. geführten Gebetes, in welchem die Nichtigkeit aller• menschlichen
Kraft ausgesprochen wird: ״Immer sei der Mensch, gottesfürchtig
; im Verborgenen, und er bekenne die Wahrheit und sinne Wahrheit
29
450
noch das Opfer mit diesem. Hause gedacht werden (vergl. 1. Kön. 8,
27, 28, 29).
Aber das Haus bildet nicht nur einen Anstoß gegen Gott,
sondern als Bethaus auch gegen den Menschen. Muß nicht das
Gebet ursprünglich individuell sein? Ist das Gebet im Chorus,
natürlich oder nur das einsame? Muß nicht das Gebet, wo immer
es gesprochen wird, zuvörderst als das persönliche gedacht werden,
das nur jedes Individuum selbst und für sich selbst sprechen kann?-
Widerspricht nicht die Versammlung dem seelischen Charakter des
Gebetes ? Kann das Gebet dem Individuum seinen Herzensgrund er-
schließen und sichern, wenn es ihn in Eeih und Glied stellt zum
Gebete? Nicht das Haus allein bildet für Gott einen Widerspruch,
sondern das Versammlungshaus scheint ihn zu steigern für das
Individuum.
Alle diese Bedenken werden erledigt durch den Kern der Gebete,
der sie alle zusammenfaßt. Wir haben bisher diesen, Hauptinhalt
auf das Individuum bezogen. Aber das Individuum bedurfte des
Gebetes, um sich an Gott zu halten. Diese Selbstverbindung des
Individuums mit Gott kann auch vom Gebete nicht individuell ge־
faßt werden, sondern das Gebet wird zum allgemeinen menschlichen
Mittel der Verbindung mit Gott. Es ist also die allgemeine.
Menschlichkeit, die menschliche Gemeinschaft, kraft welcher das
Individuum auch nur seine eigene Verbindung mit Gott suchen und
erbitten kann. So wird der Begriff Gottes selbst- im Gebete zum
Beicli Gottes () מלכות שדי. Und der Mensch, wenn er sich als
Individuum gründen will, kann dies nur anstreben innerhalb der
Gemeinschaft des Gottesreiches. Daher ist das wichtigste Gebet
das Schlußgebet jedes Tages und jeder Gebetszeit: Alenu. In diesem
gewaltigen Gebete ist es die Gründung des Gottesreiches, welche
den Hauptpunkt bildet, den alles Andere umrankt. Wir kommen
darauf noch zurück; denn das Gottesreich bildet nur den Gipfel-
punkt der Gemeinschaft, die zuerst für die Individuen, als Betende,
zu begründen war.
Das Gebet begründet die Gemeinde. Daher ist es nicht sowohl
das des Individuums als das der Gemeinde. Wiefern es auch das
Individuum begründet, kann diese Begründung nur dadurch ge-
lingen, daß das Individuum der Gemeinde eingeordnet, daß . die
Mehrheit der Individuen in die Einheit der Gemeinde vereinigt
wird. Die Gemeinde ist der Urboden des Gottesreiches. Die
456
Israels ist die Gemeinde Gottes. So wird das Bethaus zum Ver-
sammlungshaius.
So wird auch das Wesen der Gemeinde und ihre Erhaltung zu
einem Hauptstück des Gebetes: Die Gemeinde tritt in der religiösen
Schätzung nahezu an die Stelle des Volkes. ״Wer sich absondert
von der Gemeinde, hat keinen Anteil am ewigen Lebena. Zu diesem
harten Worte versteigt sich die tiefe Einsicht von der Bedeutung der
Gemeinde. Die Gemeinde hat die Beligion erhalten und für die
Religion das Volk. Der Materialismus der Geschichtsauffassung, in
den sich hier der mangelhafte Glaube an die Wahrheit des Mono-
theismus flüchtet, kann sich nicht genugtun in der Verwunderung
über den Fortbestand Israels: die Gemeinde enthält die Lösung
dieses Bätsels. Die Gemeinde hat den Staat ersetzt. Und der
Staat mußte entsetzt werden durch den Messianismus. Aber wenn
sonach die Identität von Staat und Volk zu Grunde gehen mußte,
so erhob sich dagegen die Identität von Volk und Gemeinde. Das
Volk Israels ist die Gemeinde Israels geworden. Und hier ist auch
das Wort für die Versammlung in Gebrauch gekommen. Die Gemeinde
Israels wurde die Versammlung Israels.
Auch hier ist das Frühgebet wiederum heranzuziehen, das in
zwei Benediktionen dieses Gebet ausspricht. ״Gelobt sei“ usw. ״der
Israel krönt mit Verherrlichung“. In der Verherrlichung Israels
wird der Grund erbeten für die Verherrlichung Gottes. Israel ist
hier die Gemeinde Israels, die Grundlage der Religion. Und die
andere Fassung lautet: ״der Israel gürtet mit Heldenkraft*‘. Diese
Benediktion geht der vorigen voran. Wir lassen sie folgen, weil die
Verherrlichung das Ziel, die Gürtung das Mittel bildet. Die*
Heldenkraft ist nicht das SelbstzieJ, sondern sie wird nur für die
Verherrlichung erbeten, die das einzige Ziel ist. Auch diese
Benediktionen sind im Talmud verfaßt.
Das Volk, als die Gemeinde, entspricht dem Ich der Psalmen,
dieser Grundform des Gebetes. Der Psalm hat die lyrische Stil-
form. Er bekennt die Liebe der Seele zu Gott. Er fühlt diese
Liebe als Sehnsucht zu Gott. Das lyrische Bekenntnis muß im
Dialog den Monolog singen. . Die Seele vereinigt die beiden Personen
des Dialog; denn die Seele ist an sich von Gott gegeben, mithin-
nicht ausschließlich die Menschenseele. So kann sie Gott suchen
und zu Gott und mit Gott sprechen. Schon die Propheten haben
Israel in der Liebe mit Gott verbunden, daher als Braut und Eheweib
458
bezeichnet; Nach dem Midrasch wird Israel an zehn Stellen die Braut
Gottes genannt. Auch als Schwester und als Freundin wird Israel
bezeichnet. Stücke des Frühgebetes werden als ״Liebe“. (Ahabah)
benannt/ Und in das Gebet des Neujahrstages werden die Verse
aus Jeremia aufgenommen: ״ist denn ein so teurer Sohn mir
Ephraim oder ein Kind des Ergötzens“ (Jer. 31, 19). In allen
Symbolen der Liebe besingen Propheten und Psalmen den Bund
Gottes mit Israel und den Bund Israels mit Gott. Und diese -
Grundform der Liebe macht das Gebet zu seinem Grundstock, den
es weiter äusbaut.
Im Gebete wird die Gemeinde die Liebende und die von Gott
Geliebte. Sulamith wird zum Symbol besonders für die religiöse
Poesie des späten Altertums und des Mittelalters. Die Liebe zu
Gott verschmilzt das Gebet mit der Liebe zur Gemeinde. Die
Gemeinde ist das Volk und die Keligion. Der echte Sinn des
Gebetes findet hierin keinen Widerspruch mit der messianischen
Menschheit. Sie ist das Ziel, das jedoch nicht erreicht, auch nicht
erstrebt werden kann ohne die Erhaltung der Gemeinde. Es ist
nicht Partikularismus, wenn die Mehrzahl der jüdischen Gebete auf
die Erhaltung Israels gerichtet wird. Es fehlt wahrlich nicht an
zahlreichen Gebeten, welche allgemein den Menschen betreffen:
״alles Fleisch“. Die allgemeinen Vernunftbeziehungen, wie die Er־
kenntnis, werden auf den Menschen gerichtet. ״Du begnadest den
Menschen mit Erkenntnis, und lehrest den Sterblichen Einsicht“,
heißt *es ipi täglichen Hauptgebet. Aber die Konzentration auf die
Gem einde Israels muß immer festgehalten werden, denn in ihr wird
der Schwerpunkt der Religion gesichert. Hat doch sogar die Kirche
den Namen Israels angenommen, obwohl sie Israel zur Völker weit
erweitert haben will.
Die Gemeinde muß daher auch zu einer besonderen Verpflichtung'
werden für das Gebet des Individuums. Und das Gebet muß daher
als das besondere Mittel anerkannt und ausgestältet werden für die
Erhaltung und Fortentwicklung der Gemeinde. Die Gemeinde ist
die Trägerin und Fortpflanzerin der Religion. Daher müssen alle
Rücksichten, welche für das Gesetz gelten, in erhöhtem Maße für
das Gebet bestimmend werden. Sicherlich darf die Erhaltung der
Gemeinde nicht auf das Gebet beschränkt werden. Aber die wichtigen
Bedingungen, welche neben dem Bethause das Lehrhaus vertritt, und
welche in den Perikopen auch das Bethaus mit aufnimmt, alle die Grund-
459
Seele. Und meine Seele, wie Staub sei sie allen. Öffne mein Her?,
deiner Lehre, und deinen Geboten jage nach meine. Seele. Und alle,
die Böses über, mich sinnen, bald zerstöre ihren Ratschluß und
mache zunichte ihr Ansinnen. Tue es um deines Namens willen,
tue es um deiner Rechten willen. Tue es um deiner Heiligkeit
willen. Tue es um deiner Lehre willen, auf daß gerettet werden
deine Freunde. Hilf mit deiner Rechten und erhöre mich. Es
mögen wohlgefällig sein die Worte meines Mundes, und der Ge-
danke meines Herzens vor dir, Ewiger, mein Fels und. mein Erlöser. “
In solcher Demut schließt das Hauptgebet. Die Seele schweige
gegen Verfluchungen und sie sei Staub gegen Jedermann. Auf
diese Demut wird die Hoffnung auf Gottes Beistand gegründet.
Diese Demut — wir werden sie als Tugend uoch genauer zu
betrachten haben — ist ja der Seelenzustand, den der Psalm zum
Ersatz des Opfers einstellt. ״Ein zerbrochenes und geknicktes Herz,
du, Gott, verachtest es nicht.“ (Ps. 51,19). ״Die Opfer Gottes
sind ein zerbrochener Geist.“ (ebendas.). Das Gebet ist Vorzugs-
weise auf die Versöhnung mit Gott gerichtet. Das Gebet- soll das
Opfer ersetzen für die Herbeiführung der , Versöhnung. An die
Stelle des geschlachteten Tieres tritt das zerbrochene Herz. So
entsteht die .Demut in der Korrelation des Menschen zu Gott. Hier
zeigt sich der Zusammenhang des Individuums mit der Opfer-
gemeinde, die nun zur Betgemeinde wird, und in ihr erst kommt
das Individuum zur Hervorhebung. Aber wie es nicht, bei dem
Individuum verbleiben kann, so auch nicht bei der Gemeinde Israels.
Selbst Sodom und Gomorrha gegenüber müßte ja Abraham schon
um Vergebung ihrer Sünden zu seinem Gotte beten.. Und Mose
betet ״vertilge mich aus deinem Buche“ (*2. Mose 3*2,3*2), wenn Gott-
dem Volke nicht verzeihen will. Auch das Individuum kann und
will nicht bestehen .ohne die Gemeinde. Und der Messianismus:
fordert, daß die Gemeinde sich erweitert zu der der Menschheit.
Wir haben zuerst noch des dritten Hauptstückes des. Gebetes zu
gedenken: des Sanctus (Keduscha). Das dreifache Heilig ist bei der
Berufung Jesajas entstanden, und wir haben erwogen, wie diese drei-
fache Wiederholung der Auffassung Jesajas von Gott, als dem
heiligem Gotte, entspricht. Zu der Einzigkeit Gottes tritt die Heilig-
keit hinzu. Und die Heiligkeit ist nicht nur eine Ergänzung,
sondern eine Begründung der Einzigkeit. Von aller Zahlbestimmung
wird durch die Heiligkeit die Erkenntnis Gottes abgelenkt. In der
467
was du geschaffen hast, auf daß dich fürchten alle Werke und sich
niederwerfen vor dir alle Erschaffenen, und auf daß sie sich vereinigen
allesamt zu einem Bunde.“ Dieser eine Bund aller Menschen ist der
höchste Erfolg der göttlichen Weltregierung. In diesem einen Bunde
der Menschheit vollführt sich das Reich Gottes auf Erden. Der Bund
Gottes mit Noah vollendet sich in diesem Bunde Gottes mit der
Menschheit. Der Bund der Menschheit, als der Vereinigung aller
Menschen, ist der Bund des Menschen mit Gott. Dieser Bund ist
das Zeichen, ist die Gewähr der Weltregierung Gottes.
Die Weltregierung unterscheidet den Monotheismus vom.
Pantheismus. Was ist der Unterschied der Regierung von der Ent-
Wicklung? Der Entwicklung muß das Ziel gesetzt werden; sie kann
es sich nicht selbst setzen. Nur die Regierung kann es ihr setzen.
Die Regierung ist die Vorsehung, vereinigt mit der Allmacht. Diese•
aber ist kein neues Attribut. Sie ist vielmehr identisch mit dem
Begriffe Gottes, als der Bürgschaft für die Realisierung der Sittlich—
keit auf Erden. Die Weltregierung ist die Zwecksetzung und Zweck-
erfüllung der Welt in ihrer doppelten Bedeutung, als Natur und
als Menschenwelt.
Die Weltregierung, als Zwecksetzung und Zweckerfüllung der
Welt. Sie ist der Sinn und Inhalt des Monotheismus. Daher
schließt dieses Gebetstück mit dem Höre Israel. Und vorher wird
die Ewigkeit Gottes ausgesprochen: ״ich bin der erste und ich bin
der letzte, und außer mir ist kein Gott“ (Jes. 44,6). Ebenso*
wird in der sich anschließenden Benediktion die Herrschaft Gottes
über die ganze Erde, ״über alle Bewohner der Welt, als deiner
Erde“ angerufen. Und alle Wesen werden erkennen, daß sie von
Gott geschaffen sind. Das Gottesreich ist die Schöpfung und diu
Vorsehung, das ist die Regierung Gottes. Als solcher Weltregierer
ist er ״der Gott der Wahrheit“. Und er ist geprieseu als ״König־
über die ganze Erde“. Die Weltregierung ist die sittliche Welt-
Ordnung. Wenn anders Sittlichkeit und Natur methodisch verschieden
sind, so muß die Weltordnung, als sittliche, in Weltregierung be-
stehen. Darin begründet sich die Differenz zwischen dem Monotheis-
mus und dem Pantheismus.
Die sittliche Weltordnung des Gottesreiches, als des Weltreiches,,
erfordert das Weltgericht. Wir wissen, wie der Mythos von diesem
Gedanken beherrscht wird. Er gibt dem Weltgerichte die Folge des
Weltuntergangs, aus dem höchstens eine Welterneuerung und ein
469
auch heim Neumond. Aber auch bei der Offenbarung am Sinai er-
scholl unter ;Donner un d Blitz gleichfalls die Stimme des Sehofar. יEs
.wird daher auch zum ersten Instrument im Halleluja der Psalmen.
Und es wird daher auch zum Horn des Messias. '
' Das Neujahr feiert nicht nur die Weltregierung und das Welt-
gericht, sondern auch die messianische Welterlösung. Das Sehofar
ist das Symbol des Messias. Daher heißen die Gebetsstücke, welche
die Welterlösung enthalten, Schofarot. ־
Und als die Posaune der Welterlösung verwandelt sie dept
Schrecken ihres Tones in Freude, in ewige Freude, in Freude der
Ewigkeit.
Diese messianischen Gebete bilden den Höhepunkt des jüdischen
Gebetes. In ihnen löst sich das Gebet von allen Schranken des
nationalen Partikularismus, von allen des Individualismus los. Das
Individuum enthebt sich seiner natürlichen und seiner empirischen
Individualität, aber auch die Gemeinde schwingt sich hinaus über
ihre empirische Wirklichkeit und zu ihrer Aufgabe, zu ihrer Zukunft
empor in dem ״einen Bunde“ der Menschheit. Das Weltgericht
wird Weltversöhnung, nnd in dieser erst vollendet sich die göttliche•
Weltregierung. Das Reich Gottes ist das höchste Gut der Religion.
Und dieses höchste Gut ist der höchste Inhalt- des Gebetes.
So wird das Gebet zu dem religiösen Grundmittel der
Idealisierung des Menschen. Auch die Religion, wenn anders sin
Eigenart hat, muß Anteil haben neben der Sittlichkeit an der
Idealisierung, an der Erhöhung des Menschen zur Idee seiner Auf-
gäbe. In der Buße steht die Religion in Wettstreit mit der Ethik.
Die Sittlichkeit leitet die Bußarbeit des Menschen. Aber die Zu-
versieht auf Gott vollbringt das Gelingen der Erlösung.
Jetzt erkennen wir im Gebet, welches die Bußarbeit durchzieht,,
aber auch wie ein Triumphgesang abschließt, ein neues Moment des
Wettstreits der Religion mit der Sittlichkeit. Die Ethik definiert
sich selbst ihren Gott, als den Bürgen der Sittlichkeit auf Erden.
Aber über die Definition hinaus, über das Postulat dieser Idee hinaus
versagen ihre Mittel. Die Religion bringt in Gottvertrauen die Zu-
versieht auf diese messianische Erfüllung der ethischen Gottesidee
aus ihrer Eigenart hinaus. So wird das Gebet, als die Sprache der
Korrelation des Menschen mit Gott, zum Sprachorgan des Messianis-
mus, und daher zur Weltsprache der Menschheit. In den Psalmen,
hat diese Weltsprache der Menschheit ihr Amt angetreten, den
471
Die Tugenden.
Es gibt nur eine Sittlichkeit, aber die Ethik, wie auch d ie .
Religion, haben zu allen Zeiten Tugenden in Mehrheit und Yer-
schiedenheit aufgestellt. Die Gleichstellung von* Tugend und Sitt-
lichkeit hat verhängnisvoll gewirkt für die Ethik; denn aus der
Mehrheit und Verschiedenheit der Tagenden hat man auch auf
die Relativität des Sittengesetzes schließen zu dürfen geglaubt, j
Denn wenn es nur eine Sittlichkeit gibt, so könnte es auch nur
eine Tugend geben.
Die Einheit der Tugend ist ein Satz in der Lehre des Sokrates.
Die Lehre des Sokrates aber ist mehr die Vorbereitung als der wirk-
liehe Beginn der Ethik. Der Beginn vollzieht sich erst mit der
Idee des Guten, daher nur erst mit der Ideenlehre Platons. Die
Idee aber wird vorbereitet durch den Begriff, den Sokrates zum
Problem des Wissens macht. Das Gute ist bei Sokrates der Begriff
des Guten. Und durch den Begriff des Guten und in ihm entsteht
das Wissen des Guten. Dieses Wissen ist aber noch nicht Er-
kenntnis, wie solche durch die Idee gegründet wird.
Daher erklärt es sich, daß Sokrates, wie auch Platon noch in
seinen vorbereitenden Dialogen, das Gute gleich behandelt mit der
Tugend, und das Wissen des Guten mit dem Wissen der Tugend.
Daher erklärt sich in der Lehre *des Sokrates auch die Yer-
bindung der beiden Sätze: des Satzes von der Einheit der Tugend
mit dem Satze von der Tugend als Wissen.
Die Tugend als Wissen bedeutet bei Sokrates nicht dasselbe
wie bei Platon. Bei Platon genügt es nicht, daß der Gedanke des
Guten zum Begriffe erhoben wird. Vom Begriffe selbst muß noch
Begründung, Rechenschaft gegeben werden. Diese Rechenschaft des !
Begriffs vollzieht die Idee. Wenn daher bei Platon das Gute als
Wissen gilt, so bedeutet diese Geltung: daß das Gute ein Gegen-
4:73
Praxis führt, ist durch die Unterscheidung der Idee des . Guten von
den mathematischen Ideen sicher angebahnt. Diesem Wege zur
Praxis muß die Tugend zugeführt werden. Es wird dies nicht aus-
drücklich von Platon ausgesprochen,, aber von mehreren Seiten
aus muß dies als seine Tendenz gedacht werden. Erstlich ;wird so־
seine Abweichung von dem Grundsätze der Sokratischen Lehre, den
die Einheit der Tugend bildet, erklärlich. Platon nimmt vier
Kardinaltugenden an, *offenbar weil er sie als Speziahyege zur Sitt-
lichkeit erkennt und als solche auszeichnen zu müssen glaubt. Ferner
ergibt sich ja diese Tendenz aus meiner ganzen Systematik. Seine
Ethik entwirft er in . seiner. Staatslehre. In der politischen Praxis-
also stellt er seine ethische Lehre dar. Man kann daher seine Staats-
lehre seine Tugendlehre nennen. Die Sittlichkeit, als die Ideenlehre
des Guten, ist jetzt, wie Theorie und Praxis, von der Tugend unter-
schieden. ,
Bei Aristoteles ist die Konsequenz charakteristisch, mit welcher
seine Verwerfung der Idee des Guten nach sich zieht erstlich die
Aufhebung der Ethik, als eines Wissens, ferner aber auch die Auf-
lösung der Ethik in die Tugendlehre. Und auch hier hinkt der
nicht überwundene Platonismus nach in der Unterscheidung der
Denktugenden (dgerai ötavor\d1uaC) von den ethischen Tugenden
(dgerai rfiiuai). Jetzt ist bei Aristoteles alle Ethik in Tugendlehre־
aufgelöst, da das Gute als Erkenntnis vereitelt ist.
Aber noch eine andere Konsequenz ist verhängnisvoll für den
Aristotelismus. Das Gate wird aufgehoben in die Eudämonie. Was-
bei Sokrates ein religiöser •Reformgedanke war, — die Eudämonie־
ist bei ihm der moralische Glaube an die guten, nicht an böse-
Götter — das wird bei Aristoteles das biologische Fundament der
Ethik. Und das Prinzip der Lust, das Platon bei den Sophisten
bekämpfte, wird jetzt wieder hergestellt.
In der Eudämonie geht die klassische Philosophie der Griechen
zu Grabe, und ihre Auflösung in den Streit der Stoa und des Epikur
wird eingeleitet. Die Lust wird negativ oder positiv der Schwer-
punkt der Ethik, in welche die wissenschaftliche Philosophie sich
auflöst. Wo die wissenschaftliche Philosophie auf hört, hat der
Idealismus aufgehört. Und wo der Idealismus auf hört, ist der
Dualismus unvermeidlich zwischen Materialismus und Spiritualismus.
Dieser Dualismus ist der Charakter der Stoa und bei günstigster
Beurteilung auch des Epikureismus.
476
ewicht des Denkens wird der Affekt zur Ehre; beim Übergewicht
es. Affektes wird er zur Liebe. Und je nach der Verschiedenheit
ieser Affektmotoren des Willens unterscheiden sich die Tugenden
Is die ersten Grades, welche die absolute Gemeinschaft begründen,.!
on den Tugenden zweiten Grades, welche die relativen Gemein- j
)haften begründen.
Die Ehre ist der erste reine Affekt. Die Paradoxie des Aus-
rucks verschwindet, wenn man statt Ehre Ehrung sagt, welche»
leich der Achtung ist, und die Tätigkeit erkennbar macht, welche־
leichartig ist mit der Liebe, der anderen Affektart. Aber Ehre
)Ibst ist als Affekt zu behaupten. Sie ist die Losung, die Feuer-
iule für den Wüstenweg der sittlichen Wanderung.
Ehre ist auch ein Hauptausdruck für das Wesen Gottes. Im
chrifttum seihst kann man in der Ehre Gottes, die daher nicht gut
bersetzt wird als die Herrlichkeit Gottes, die Spur des Weges er-
ennen, auf dem der Monotheismus sich vom Anthropomorphismus
)szuringen sucht. Unter der Herrlichkeit Gottes läßt man immer
och den Lichtglanz erscheinen, unter dem Gott sich offenbare. Die•
Ihre Gottes, dagegen stellt das Urbild der Sittlichkeit klar, in
elchem allein das Wesen Gottes besteht. Demgemäß bleibt die
Ihre nicht der Schleier vor dem Geheimnis Gottes, der ohnehin
3hon dadurch zerreißt, daß die Ehre Gottes die Fülle der ganzen
irde wird (Jesaja 6, 3), sondern sie wird das eigentliche Binde-
littel für die Korrelation von Gott und Mensch. Die' Ehre Gottes
ann schon deswegen nicht die Herrlichkeit Gottes in einem mysti-
311en Sinne bedeuten, weil sie ja auch übergeht auf die Ehre des
[enschen. Die Ehre wird zu einem Synonym für die Seele. Im
egen Jakobs sagt er gegen Simeon und Lewi: ״in ihren Rat
omme nicht meine Seele, mit ihrer Gemeinde vereinige sich nicht
leine Ehre. (1. M. 49, 6). Und im Psalm baut sich das ganze־
frische Bewußtsein des Menschen gleichmäßig auf den Begriffen
er Seele und der Ehre auf. ״Darum freue sich mein Herz und es
״ohlocke meine Ehre.“ (Ps. 16, 9). ,;Es frohlocken die Frommen
1 Ehre.“ (Ps. 149, 5). Wie der Psalm Gott zum ״König der
Ihre“ macht (24, 7), und wie ״die Himmel die Ehre Gottes ver-
ünden“ (Ps. 19, 2), so wird die Seele des Menschen zu seiner Ehre,
a seiner Ehre wird die Person des Menschen gegründet, genauer
och als in der Seele. Die Ehre ist die Grundkraft seines Willens,,
as Schutzmittel seiner Persönlichkeit.
478
weil sie eben in der Erkenntnis Gottes begründet wird. Das Ver-
hältnis der Erkenntnis zum Willen des Menschen ist das Verhältnis
der theoretischen zur sittlichen Vernunft des Menschen. Und wie
die theoretische Vernunft ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit
in den Denkgesetzen hat, die auch Gott nicht verletzen kann, so hat
die sittliche Vernunft ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit in
der Freiheit des Willens.
Die Freiheit des Willens hat das Deuteronomium formuliert in
dem Satze: ״siehe ich lege dir heute vor das Leben und das
Gute oder den Tod und das Böse (5. Mos. 30,15), ״und du sollst
wählen das Leben“ (5. Mos. 30, 19). Die Wahl des Guten ist die
Aufgabe des Menschen. Die Freiheit dieser Wahl ist die Grund-
bedingung der sittlichen Vernunft. Für sie, für die Freiheit des
menschlichen, als des sittlichen Willens, kann es keine Schranke in
Gott geben. Der Wille Gottes, das Wesen Gottes, erfordert diese
Freiheit des menschlichen Willens. Ohne diese Übereinstimmung
könnte Gott nicht das Urbild der Sittlichkeit sein.
Der Talmud hat den Satz geprägt: ״Alles ist in der Hand
Gottes, ausgenommen die Gottesfurcht“ (Berach. 33 b). Wir haben
diese Freiheit des Menschen als seine Verantwortlichkeit erkannt
und wir werden sie alsbald in einer neuen Ausführung für die
Tugend zu erwägen haben. Jetzt betrachten wir nur die Be-
deutung des Tugendweges nach dem Verhältnis zwischen der mensch-
liehen Freiheit und der Allmacht Gottes mit Rücksicht auf den
Begriff der Tugend.
Die Freiheit des Willens macht die Tugendwege erkennbar als
die Stufen ( )מעלותin der Annäherung an Gott, in welcher wir die
menschliche Selbstvervollkommnung erkannt haben. Würde der
notwendige Abstand von Gott in der Abhängigkeit von Gott ge-
gründet, so wäre die Furcht Gottes das alleinige Prinzip. Nun
ist aber trotz des notwendigen Abstands dennoch die Annäherung
geboten, und es werden Stufen dieser Annäherung, also Steigerungen
und Höherentwicklungen angenommen: darin erweist sich das Prinzip
der Liebe in seiner positiven Kraft. Und in dieser positiven Liebe
zu Gott, welche die höhere Annäherung an ihn bewirkt, bezeugt sich
die Freiheit des menschlichen Vernunftswillens. Gott bleibt der
Wegweiser zur Tugend, aber die Vernunft des Menschen, welche in.
der Freiheit seinen Willen begründet, klärt diesen Willen zum,
Willen der Liebe. Und die positive Kraft dieses Willens der Er-,
483
anderer Begriff kann diese Befugnis mit ihm teilen; jeder andere
Begriff hat es mit sich selbst allein zu tun. Es muß aber einen
Begriff geben, dessen Aufgabe es ist, mit allen anderen Begriffen zu
־tun zu haben, und zwar sie nicht allein, einen jeden für sich, zu
kontrollieren, sondern auf seine Übereinstimmung mit allen anderen
zu prüfen. Diese Übereinstimmung der großen Gattungen der Er-
kenntnis, die sich auch auf das dritte Glied des Systems, die Ästhetik,
zu erstrecken hat, ist der eigene Begriffsinhalt der Wahrheit.
Die Wahrheit gehört auch zu den Grundbegriffen der Erkenntnis,
•die nicht zu eindeutiger Feststellung im wissenschaftlichen Gebrauche
gekommen sind, und diese Mehrdeutigkeit ist ein schlimmes Symptom
für die wissenschaftliche Methodik, insbesondere יauch innerhalb der
Philosophie. Indessen für die Religion muß dieser Mangel an ein-
deutiger Bestimmtheit zu einem besonderen Schaden werden, da die
Methodik der Religion mindestens ebensosehr ein Streitobjekt •ist,
wie der Gottesbegriff und der religiöse Inhalt überhaupt. Wenn
dem Glauben ein Erkenntniswert, ein Vernunftanteil aberkannt, und
in dieser Aberkennung gerade der Eigenwert der Religion zu be-
gründen versucht wird, so muß der Begriff der Wahrheit hinfällig
werden. Denn was wäre Wahrheit ohne das Fundament der wissen-
schaftlichen Erkenntnis! Dann kann die Wahrheit nur auf das Ge-
fühl oder gar auf das Erleben gestützt werden, und diese Stützen
sind lediglich subjektiver .Art. Und diese logische Subjektivität
kann keinen Grund abgeben für die ethische, für die Subjektivität
der Persönlichkeit. Religion muß Wahrheit sein. Da sie aber
methodisch weder mit der wissenschaftlichen Logik, noch mit der
systematischen Ethik identisch ist, so folgt daraus der wichtige
Schluß, daß ihre Wahrheit unterschieden sein muß von der der
beiden anderen Erkenntnisarten; daß ihr allein die Wahrheit eigen-
tümlich sein muß, während die anderen Erkenntnisarten einen anderen
methodischen Erkenntnis wert für die Wahrheit einsetzen müssen.
Dieser Eigenwert der Wahrheit für die Religion entspricht dem
Eigenwert des Gottesbegriffs und demgemäß auch der Eigenart des
Menschenbegriffs in der Religion und durch die Religion. Wie die
Religion einen eigenen Gottesbegriff und einen eigenen Menschen-
begriff begründet, so erklärt es sich auch, daß ihr allein der Begriff
der Wahrheit zustehen muß, der denjenigen Erkenntniswert bedeutet,
welcher auf die Korrelation von Gott und Mensch gerichtet ist und
deren Geltungswert bezeichnet.
486
In der; Schrift ist daher die Verbindung Gottes mit der. Wahr-
heit von durchgängigem Gebrauche. Freilich , hat das Wort in der
biblischen Religion, nicht einen philosophischen Sinn. Das Wort:
אמתgehört der Wurzel an, welche Festigkeit betrifft. Ihm ent-
spricht daher auch das Wort, welches Glauben und Treue ( )אמונה
bedeutet. Derselben Wurzel gehört das Wort an, welches als Be-
stätigungsformel für einen Ausspruch, insbesondere daher auch für
den Segensspruch in der Gemeinde als Amen in den Weltgebrauch
gekommen ist. Es ist daher auch teils mit dem Worte der Liebes-
tätigkeit ()חסד, teils mit dem Frieden ( )שלוםin durchgängiger
Verbindung. Wie kann die Wahrheit für das sittliche Bewußtsein
besser begründet werden als durch die Verbindung mit Gott? Und
wie kann für das religiöse Bewußtsein Gott besser begründet werden
als. durch Verbindungen, w ie. die mit der Heiligkeit, mit der
Liebe und Gerechtigkeit: was unterscheidet die mit der Wahrheit-
von den anderen Verbindungen? Es ist unverkennbar, daß das
prophetische Bewußtsein sich gedrängt fühlte, den Reizen und
Illusionen des Bilderdienstes in einer ganz anderen Geltungsweise
das Sein Gottes entgegenzustellen. Auch das Leben erschien noch
nicht genügend, um den einzigen Gott von den toten Götzenbildern
zu unterscheiden. Bei Jeremia wird es deutlich, wie er dieser
falschen Realität der Götzenplastik den Gott der Wahrheit entgegen-
stellt: ״Wer sollte dich nicht fürchten, König der Völker“.
(Sehr bedeutsam ist hier diese Benennung Gottes für die Völker)-
״Denn dir gebührt es ־unter allen Weisen der Völker, und in
ihrer ganzen Herrschaft ist nicht deinesgleichen. Allesamt sind sic
roh und töricht, eine Zucht von Eitelkeiten, Holz ist es. Ge-
hämmertes Silber aus Tarsis ist es gebracht, und Gold aus Uphas,.
das Werk eines Künstlers und von den Händen eines Edelschmieds,,
aus blauem und rotem Purpur ist ihr Gewand, das Werk weiser.
Künstler sind sie allesamt. Aber der Ewige ist ein Gott der Wahr-
heit, er ist ein lebendiger Gott und ewiger König“. (Jeremia, 10,.
7—10). Kautzsch übersetzt: ״Jahve jedoch ist wahrhaftig Gott“. Nicht
allein daß die Wortstellung diese Übersetzung unrichtig macht, wird־,
sie auch dem Sinn dieses mächtigen Satzes gar nicht gerecht, der
nicht nur die Wahrheit des ewigen Gottes von dem nichtigen Tand
der kunstvollen Götzenbilder unterscheidet, sondern auf Grund dieser
Wahrheit, dieser wahrhaften Realität auch die Verbindung zwischeu
Gott und Leben begründet, sowie auch die zwischen Gott und dem.
48?
König der Völker, der der ewige König, der König der Welt und
der Ewigkeit ist. In allen diesen Verbindungen bezeugt sich der
Gott der Wahrheit.
Der Talmud hat den Satz geprägt: ״das Siegel des Heiligen,
gelobt sei er, ist Wahrheit“ (Sabb. 55a). Warum nicht Heilig-
keit? Warum nicht Liebe und Gerechtigkeit? Warum überhaupt
nicht der Inbegriff der dreizehn Attribute? Wie kann überhaupt
eine Eigenschaft als das Siegel Gottes bezeichnet werden, die nicht
in diesen allein legitimierten Attributen enthalten ist?
Das Sprachgefühl hat hier den Ausschlag gegeben, in den drei-
zehn Eigenschaften ist allerdings auch die Wahrheit mit enthalten,
nur in der Verbindung mit der Liebe, in welcher sie vorzugsweise
als Treue gedacht wird. Aber das hebräische Sprachbewußtsein hat
in jener vorherrschenden Bedeutung der Treue doch auch die Wahr-
heit mitgedacht. Und während die Liebe in den Folgesätzen mehr
erläutert wird, geschieht dies nicht mit dem Worte, welches hier
als Treue gewöhnlich gedacht wird, vielmehr aber hier in der
Grundbedeutung der Wahrheit steht, welche hier nicht weiter aus-
geführt werden kann. Also auch in den legitimen Attributen ist
die Wahrheit anerkannt.
Denken wir hier wiederum an das Deuteronomium, wie es den
einzigen Gott durch die Weisheit seiner Gesetze beglaubigen will,
so wird uns der Zusammenhang einleuchtend und geläufig, den das
prophetische Bewußtsein zwischen seinem Gotte und der Wahrheit
herzustellen beflissen sein mußte. Der Offenbarer weiser Gesetze,
auf deren Annahme auch die Weisheit und Vernünftigkeit des Volkes
beruhen soll, konnte nur als Wahrheit gedacht werden. Seine weisen
Gesetze sind wahre Gesetze. Der Prophet Maleachi charakterisiert
so gegen die Priester den Bund Gottes mit Lewi. ״Die Lehre der
Wahrheit war in seinem Munde . . denn die Lippen des Priesters
sollen wahren die Erkenntnis, und die Lehre soll man suchen von
seinem Munde; denn ein Bote des Ewigen Zebaot ist er“. (Mal. 2,
6— 7). Die Lehre der Wahrheit wird hier verbunden m it|der Er-
kenntnis und mit der Thora als Erkenntnis. Durch diese ^Ver-
bindung soll der Priester zu einem Boten Gottes werden.
Audi der Segensspruch über die Thora am Schlüsse für den
Abschnitt eines jeden zur Thora Aufgerufenen hat diesen Wortlaut:
״Gelobt sei“ usw. ״der uns die Lehre der Wahrheit gegeben und
das ־ewige Leben in uns gepflanzt hat“. Auch in diesem Segens-
Spruche ist die Verbindung bedeutsam, die hier zwischen der Lehre
der Wahrheit und dem Leben geschlossen wird. Nur auf der Wahr-
heit der Lehre gründet sich das ewige Leben. Wenn man nicht
innerhalb der Lehre selbst den Glaubenssatz des ewigen Lebens als
enthalten gedacht hätte, wäre diese Verbindung nimmermehr möglich
geworden. Wie nun aber diese Verbindung hergestellt ist, so kann
das ewige Leben keine andere Bedeutung und keine andere Gewähr
haben als in dieser Wahrheit der Lehre. Daher ist auch charakte-
ristisch, daß das ewige Leben nach diesem Segensspruche uns nicht
verheißen wird, sondern daß es in uns, in unser Inneres gepflanzt
sei. Die Pflanzung unseres Inneren, unsere Seele, sie selbst ist die
Pflanzung des ewigen Lebens. Der Gott der Wahrheit kann uns
nicht eine Seele gegeben haben, die vergänglich wäre mit unserem
Körper und wie unser Körper. Die Wahrheit bedeutet hier überall
das Echte, gegenüber dem Schein, gegenüber den Gebilden der
Phantasie. Die Wahrheit ist aber auch mehr als alle Wirklichkeit,
welche von der Phantasie nachgeahmt wird. Wie Gott das einzige
Sein ist, so ist er auch die Wahrheit. Denn Wahrheit ist das
einzige Sein, das daher durch keinen anderen Geltungswert be-
zeichnet werden kann. Gott ist nicht wirklich, und er ist auch
nicht lebendig in der Bedeutung von Lebewesen. Maimonides hat
mit kräftigem Griff hier Einhalt geboten. Nur die Wahrheit allein
ist der Geltungswert, der dem Wesen Gottes entspricht.
Die Wahrheit ist das Wesen Gottes, so muß sie mindestens in
einem Attribute beglaubigt sein. Und dieses Attribut kann nicht
ein körperliches, ein sinnliches sein. Als ein Attribut der Handlung
muß es gegründet sein in einem Attribute der Erkenntnis, wenn-
gleich diese Erkenntnis auf die Handlung bezogen ist. Aber die
Wahrheit, als eine Wahrheit der Erkenntnis, schließt jede Art von wie
immer sich selbst übersteigender Sinnlichkeit aus: daher die Intuition
und die Mystik. Die Wahrheit ist Wahrheit der Erkenntnis; zwar
nicht in der wissenschaftlichen Erkenntnis beschlossen, aber für die
sittliche Erkenntnis, also auch für die Religion in ihr begründet.
Die Intuition, wie alle Mystik, steht in Widerspruch zur logischen
Vernunft. Es wäre zu untersuchen, ob die Kabbala mit aller ihrer
dialektischen Vielseitigkeit sich mit der Wahrheit bescheidet, oder
sie überflügeln und entsetzen will. Gott ist Wahrheit — bedeutet
uns: nur die Vereinigung von theoretischer und ethischer Erkenntnis,
nur die Vereinigung beider Kraftquellen des wissenschaftlichen Be-
wußtseins kann die Idee Gottes erfüllen.
489
»
nun aber einen eigenen Gott und einen eigenen Menschen. Und da
diese beiden religiösen Begriffe durch die Ironie der bildenden
Kunst verletzt werden, so sucht sich das religiöse Bewußtsein bei
einer anderen Richtung des ästhetischen Bewußtseins Zuflucht, um
der Einheit des menschlichen Bewußtseins, wie* die Kultur es ger
staltet, nicht an einem wichtigen Gliede verlustig zu gehen. Und.
was das religiöse Bewußtsein an der bildenden Kunst verliert, das
ersetzt es sich reichlich durch die lyrische Poesie. Auch hier be-
währt sich die religiöse Wahrhaftigkeit. Der Monotheismus macht
keine Zugeständnisse an die bildende Kunst, denn dabei würde der:
einzige Gott in Gefahr kommen, und ihn darf keine Symbolik be-_
drohen. Es ist bedeutsam, wie der Hohn über die Götzenbilder bei
den Propheten wie in den Psalmen in dem Gedanken ausgesprochen
wird, daß die Götzendiener sich schämen werden. Man entstellt
diesen Gedanken durch die Übersetzung: sie werden zu Schanden
werden. Das hebräische Wort ( ) יבושוbedeutet die innere Scham, die
den Menschen überkommt. Diese Scham ist das Symptom der
Wahrhaftigkeit, die alsdann im Götzendiener aufkommen wird. Der
Götzendienst hat sie unterdrückt. Wahrhaftigkeit ist ebenso Wirkung
wie Voraussetzung der wahren Gottesverehrung.
Diese Wahrhaftigkeit ist wiederum auch der Grund für die Psalmen
in ihrer Einzigkeit. Nur die Wahrhaftigkeit konnte diese Urkraft!
der Lyrik erzeugen, in solcher Reinheit der Sehnsucht nach einem
geistigen Wesen, in solcher Freiheit von aller Erotik, wie der
griechische Eros selbst bei Platon sie nicht vollkommen erreichen
konnte. Diese Liebe zu Gott, die alle Gewalt der Leidenschaft hatv
klagt und jammert und jauchzt und jubelt; die mit ihren Tränen
die Lagerstätte netzt., und der die Eingeweide brennen. Diese Liebe
wird doch niemals von einem Reize angewandelt, der die Keuschheit
entstellt und die Unschuld auf hebt. Ein so schwieriges Problem,,
das von allen dämonischen Schwierigkeiten umzingelt wird, konnte
nur durch die schlichte Wahrhaftigkeit eines Glaubens gelöst werden,
für den es keinen Zweifel und keinen Bedeutungswandel geben kann.
״Denn nicht ein Mensch ist Gott (1. Sam. 15, 29)“. Es ist ganz lehr-
reich, daß es in diesem Verse weiter heißt: ״daß er lügen könnte“.
Wäre er ein Mensch, so könnte er nicht der Gott der Wahrheit
sein. Und; so kann auch der Mensch nur wahrhaftig werden durch
die Wahrheit seines Gottes, der nicht Mensch ist.
Nur mit der bildenden Kunst steht der Monotheismus in ab-
496
solutem Widerspruch; aber die Poesie ist in der Lyrik durch ihn
zu einer Höhe gekommen, welche ohne die Psalmen auch von der
deutschen Lyrik nicht erreichbar erscheinen müßte. Nur die ge-
schichtliche Vermittlung macht die geschichtlichen Rätsel lösbar.
Und da der deutsche Geist den Einfluß der Psalmen nicht verschmäht■
hat, so dürfen diese als die geschichtliche Ursache angesprochen
werden für die Wahrhaftigkeit, welche allein das deutsche Lied in
der Weltlyrik auszeichnet.
Man könnte für die Wahrheit des einzigen Gottes Anstoß nehmen
an dem einzigen Volke, dem er sich offenbart hat. Man könnte
einen Defekt der Wahrheit in der Erwählung Israels vermuten und
demzufolge auch einen solchen in der jüdischen Wahrhaftigkeit.
Indessen ist nun auch von diesem Gesichtspunkte aus die Ent-
Wicklung zu bewundern, welche der Monotheismus im Messianismus
erlangt hat. Das erwählte Volk wird zur erwählten Menschheit.
Der einzige Gott stellt seine Wahrheit wieder her. Und auch Israel
behauptet seine Wahrhaftigkeit. Denn es selbst wird nun zum
Symbol. Der Mensch, das Volk darf Symbol werden, nur nicht der
einzige Gott. Und mit dem Volke Israel wird seine ganze nationale
Geschichte zu einer Symbolik. Ein Symbol wird der Tempel, wie
Zion und Jerusalem. Symbol wird das Volk endlich im Knechte
des Ewigen, dieser letzten Gestalt in der Symbolik des Messias. Denn
auch der Messias ist ein Symbol für die einheitliche Durchführung
des Gedankens vom einzigen Gotte. Und die jüdische Wahrhaftig-
keit erlangt ihren tiefsten und sichersten Halt in diesem Glauben
an den Messias, in dieser Zuversicht auf Erden. Alle Zuversicht
auf die Macht des Guten prägt sich in dem symbolischen Gebete
aus: ' ״deinen Knecht David laß bald erblühen״. Oder in dem
anderen Gebete: ״gelobt seist du Ewiger, der erblühen läßt das
Horn des Heils ״. Der Thron Davids ist jetzt in das andere Symbol
übergegangen, welches das Horn des Heils bildet.
Ohne diese Selbstverwandlung des auserwählten Volkes in die
messianische Menschheit hätte sich allerdings die jüdische Wahr-
haftigkeit schwerlich behaupten können. Da jedoch von Anfang an
die logische Kraft der Wahrheit des einzigen Gottes immerfort die
Perspektive auf die• messianische Menschheit offengehalten hat, se
konnte zwar nationale Beschränktheit nicht grundsätzlich ausgerodet
werden, aber die religiöse Wahrhaftigkeit wurde doch nicht angetastet.
Sie blieb immer festgewurzelt in dem Zusammenhang des einzigen
Gottes mit der einzigen Menschheit.
497
(Ps. 120, 2). ״Allen Weg der Lüge hasse ich“ (Ps. 119, 12).
״Der Lügen redet, bestehe nicht vor meinen Augen“ (Ps. 101, 7).
Endlich das herrliche Wort an den Helden: ״schreite, reite für die
Sache der Wahrheit“ (45, 5). Auch die Sprüche haben die Wahr-
haftigkeit eingeschärft. ״Die Sprache der Wahrheit besteht auf
immer“ (Sp. 12,'11). ״Wahrheit erwirb und verkaufe sie nicht“
(ib. 23, 23). ״Ein Greuel des Ewigen ist die Lippe der Lüge“
(ib. 12, 22). Herrlich ist auch das Wort: ״Wahrheit wird hervor-
sprossen aus der Erde“ (Ps. 85, 12), und ״an Wahrheit hast du
Wohlgefallen im Innern“ (ib. 51, 8). Und die Propheten klagen
über das Unrecht im Lande durch die Klage über Lug und Trug.
Die Wahrheit wird dabei in Verbindung gebracht mit der Gerechtig-
heit, wie negativ auch mit der Liebe. ״Keine Wahrheit und keine
Gerechtigkeit“ (Hos. 4, 1). Die Wahrhaftigkeit wird überall in der
Schrift als das Fundament der Frömmigkeit erkannt.
Die Rücksicht auf das Recht, welches die Zeugenaussage und
den Eid fordert, verband sich mit der religiösen Ehrfurcht vor Gott,
durch dessen Anrufung der Eid vollzogen wurde, um auch durch
-diese gerichtliche Form der Aussage die Pflicht der Wahrhaftigkeit
zu verstärken. ״Schwört nicht bei meinem Kamen zur Lüge“
(3. Mos. 19. 12). Dieses Verbot ist im Dekalog nach der rabbini-
sehen Auffassung der Sinn des dritten der zehn Gebote. Hier aber
tritt das andere Wort für die Falschheit ( )שואein. Der Eid
selber aber ist ja nur die Verstärkung der Aussage, und er beruht
daher auf der Wahrhaftigkeit, die auf die angerufene Wahrheit
Gottes gegründet wird. Indessen wird die Wahrhaftigkeit auch auf
die Persönlichkeit des Menschen gegründet, welche die Seele vertritt,
die wiederum auch durch die Ehre vertreten wird. Die Ehre aber
ist selbst nur ein Ausdruck für den Wert, für die Würde des
Menschen. Die Lüge verfälscht in der Aussage, in der Sprache die
Ehre des Sprechenden, des in der Sprache seine Seele bezeugenden
Menschen. Die Ehre ist der Affekt, der die Wahrheit von Gott auf
den Menschen überträgt, auf den Mitmenschen und auf das Selbst
des Menschen.
Der Talmud hat die Schärfung des Gewissens für strenge Wahr-
haftigkeit durch ein Verbot angestrebt, welches schon durch seine
Benennung erziehlichen ■Wert hat: den Diebstahl der Meinung.
( (גניבת דעת. ״Es ist verboten, die Meinung der Geschöpfe zu be-
stehlen, sogar die des Götzendieners“ (Chul. 94 a). Und Jona;
32*
500
Gerondi erklärt: ״diese Sünde gilt schwerer bei den Weisen Israels
als die Beraubung des Götzendieners. Und wir sind verpflichtet
auf die Umzäunung der Wahrheit (Wahrhaftigkeit), denn sie ist;
eines der Fundamente der Seele“ (; היראהd). Bei den harmlosesten
Dingen gilt es daher als Diebstahl, wenn in Bezug auf sie eine falsche-
Meinung erweckt wird. An der Meinung, an einer indifferente!!
Ansicht kann Diebstahl begangen werden. Jede Täuschung ist
Diebstahl. Es gibt der Wahrhaftigkeit gegenüber keine gleich-
gültige Äußerung. Sie ist ein .Fundament der Seele, und die Seele
wird erschüttert, wenn auch nur in irgend einer Meinung eine-
Täuschung begangen wird. Das ist der hohe Wert dieser rabbinischen
Steigerung des biblischen Gebots der Wahrhaftigkeit: daß eirt
Gleichgültiges (döiäcpoQov) vor dieser strengen Ethik nicht zu-
lässig wird.
So lautet ein fernerer Ausspruch des Talmud: ״wer sein Wort
wechselt־, der ist, als ob er Götzendienst übte“ (Sanhedrin 92 a). Und
ein anderer (häufig vorkommender) Ausspruch lautet: ״wer bestraft
hat die Menschen des Zeitalters der Sintflut und des Turmbaues,,
der wird bestrafen denjenigen, der nicht besteht auf seinem Worte-
(Baba mez. 48 a)“. So wird hier die Unwahrhaftigkeit dem Götzen-
dienst gleichgestellt, und ihre Vergeltung mit derjenigen, welche in
der Vorgeschichte die menschlichen Frevler erreicht hat. Keine
Kasuistik und kein Probabilismus schützt hier die absolute Sünde
der UnWahrhaftigkeit, die teils dem Götzendienst, teils den Vor-
Stadien der religiösen Kultur zugerechnet wird.
Die Ehre ist der bewegende Affekt des reinen Willens, der alle
Stufen des Menschenbegriffs bis zur Menschheit hin zu begründen
hat. Aber innerhalb und unterhalb dieser großen Abteilungen im
Begriffe des Menschen vollziehen sich ferner noch engere Gliederungen
der menschlichen Gemeinschaft. Die Tugendwege müssen sich auch
auf diese relativen Gemeinschaften hin richten; sie können nicht nur
die großen Heerstraßen für das Individuum und für die Menschheit
bahnen. Unter dem Gesichtspunkte des Mitmenschen treten die
mannigfachen relativen Gemeinschaften hervor, wie die Familie,.
Stamm und Volk, Korporationen des Berufes und Verpflichtungs-
verbände von mehr oder weniger verbindendem Charakter; sie alle
bedürfen der Pflege durch die ־Tugend. Der Affekt, der den Willen
bei diesen Tugenden zweiten Grades leitet, ist die Liebe, welche von
der Bibel für alle Tugenden angenommen wurde. Wir haben die
501
sie läßt in der Nachsicht mit meiner Schwäche, wie mit der meines
Mitmenschen, die Liebe vorwalten vor der strengen Ehre. Die Liebo
läßt Nachsicht üben mit meiner Schwäche und Unzulänglichkeit,-
wie in der Beurteilung des Mitmenschen mit seinen entsprechenden
Mängeln. So wird die Bescheidenheit zu einer Stütze meiner
Menschenliebe, wie meiner eigenen Selbstachtung, deren ich in den
mannigfachen Stadien meines sittlichen Selbstbewußtseins mannigfach
bedarf, bevor der große Bußweg in der Versöhnung mit Gott seinen
Abschluß findet. Auf diesem großen Wege muß ich mannigfach
versuchen, mich mit mir selbst zurechtzufinden. Und dazu bedarf
|ich der Selbsterkenntnis der Bescheidenheit, die vor den großen
ןFragen mich zur Demut^ führt. Bescheidenheit und Demut werden
so zu Hilfen der Wahrhaftigkeit. In ihnen besteht die relative-
Tugend zur absoluten der Wahrhaftigkeit.
Was zunächst die Verbindung der Wahrheit mit der Liebe be-
trifft, auf welcher die Ergänzung der Bescheidenheit zur Wahrhaftig«
keit beruht, so waren wir schon aufmerksam auf die vielfache
Verbindung dieser beiden Begriffe in den Eigenschaften Gottes►
In den Psalmen heißt es: ״Liebe und. Wahrheit begegnen sich
(Ps. 85, 11) oder, ״küssen sich“ (ebendas.). Die Demut kann
im direkten Ausdruck nicht von Gott ausgesagt werden, umso
charakteristischer ist die Aussage bei Mose. ״Und der Mann Mose
war sehr demütig von allen Menschen, die auf der Oberfläche der
Erde sind.“ (4. Mos. 123 )י. Keine geistige oder seelische Eigen-
schaft sonst rühmt der Pentateuch von Mose, außer seinem pro־
phetischen Verhältnisse zu Gott; unter allen menschlichen Eigen-
schäften aber wird seine Demut bezeugt. Ein höheres Zeugnis von
der Bedeutung der Demut im Urteil der Schrift kann nicht gedacht
werden. Die Demut allein schützt den Menschen vor der Gefahr
des Stolzes auf seinen Menschenwert, der doch nur erst gegründet
wird in seiner Gottesfurcht, in seiner Unterwerfung unter die Wahr-
heit Gottes.
Der viel zitierte Ausspruch Michas gewinnt von dieser Einsicht
aus eine neue Bedeutung. Der Ewige fordert vom Menschen nicht
nur ״Becht zu üben und die Liebestätigkeit zu lieben“. Auch
dieser scheinbare Pleonasmus ist bedeutsam. Beim Becht genügt esr
es zu üben; bei der Liebestätigkeit genügt die Tat nicht, auch nicht
die Gesinnung der Pflicht; hier wird noch die Liebe gefordert. Die
Liebestätigkeit darf nicht nur aus Pflicht geübt werden: sie muß
503
aus der Liebe erblühen. Die Pflicht verwandelt sich hier in Liebe;
oder die Ehre verwandelt sich in Liebe. *
Nun aber bleibt es [nicht bei diesen Forderungen für den
Propheten], sondern er fügt noch hinzu: ״und demütig zu wandeln
mit deinem Gotte“. (Micha 6, 8). Der Prophet läßt es nicht be-
wenden bei den Forderungen, Gott zu lieben und zu ehrfürchten,
sondern, wie er sich an die Natur des Menschen wendet, so ergreift
er diese in der Demut, als ob er in ihr den tiefsten Grund des
Menschen erfaßte. Und er nennt auch nicht schlechthin die Demut;
es erklärt sich so vielleicht auch, daß sein Ausdruck nicht lautet:
vor Gott, sondern ״mit Gott“.' Bei jeder Kelation mit Gott ist
Demut die Voraussetzung für den Menschen. Unter dieser Be-
dingung kann sich die Korrelation zwischen Mensch und Gott recht-
fertigen, aber der Pantheismus widerspricht dieser Demut. Und sie
widerlegt daher auch jede Assoziation des Menschen im Gottesbegriff. •
Es ist nicht etwa als ein Widerspruch hiergegen zu betrachten,
sondern vielmehr als Bestätigung, daß der Talmud, worauf wir
schon Bezug genommen hatten, der Größe Gottes in der Schrift
immer zugesellt erklärt seine Demut. Sie wird daher, ebenso wie
die Liebe, eine Ergänzung zur Wahrheit Gottes. Wenn wir aber
die Beispiele beachten, welche der Talmud in jener in da,s Gebet
des Sabbatausgangs aufgenommenen Stelle anführt, so sind es immer
die sittlichen Eigenschaften Gottes, vermöge deren er die Niedrigen
und Gedrückten beschirmt, den ״Geist der Niedrigen belebt“, den
Fremdling liebt, Vater der Waisen und Anwalt der Witwen ist. Gott
liebt die Gedemütigten, darin besteht seine Demut.
Diese Erfindung einer neuen göttlichen Eigenschaft beweist mit
besonderer Überzeugungskraft, daß die Attribute überhaupt .die;
Musterbilder der menschlichen Sittlichkeit sind. Im buchstäblichen
Sinne kann man ja die Demut nimmermehr als eine Eigenschaft
Gottes denken, wie seine Gerechtigkeit, und seine Liebe. Aber was
Eigenschaft Gottes genannt wird, ist gar nicht Eigenschaft im
logischen, sondern nur im ethischen Sinne. Das Attribut steht nicht
im logischen Verhältnis zur Substanz, sondern vielmehr nur im
ethischen Verhältnisse zur Substanz des Menschen. Nur in dieser
Bezogenheit auf den Menschen kann die Mischna, die Demut Gottes
denken. Im Grunde kann aber auch die Gerechtigkeit nur so bei
Gott gedacht werden. Diese Belehrung ist dieser Mischna von der
Demut Gottes zu entnehmen.
504
auch als Psychologe, wie als Ethiker, indem er sich an die Mischna
hält, welche die Demut zur Kardinaltugend macht. Abgesehen von
der messiansichen Identität, abgesehen von dem sozialen Vehikel der
Armut, ist rein ethisch für die Anwendung auf die psychologische
Natur des Menschen die Demut gleichwertig mit der Pflicht.
Deuterojesaja hat Recht in seinem Selbstbewußtsein: ״weil der
Ewige mich gesalbt hat, zu künden den Demütigen“ (61, 1). Und der
ganze Psalter ist der Notschrei der Demütigen, aber auch die Zu-
versieht der Demütigen. ״Er wird die Demütigen krönen mit Heil“
(149,4). Die Demut wird schlechthin zur Frömmigkeit, daher zum
Seelengrund des messianischen Bewußtseins.
Und was die Demut gegen Gott bedeutet, das ist zugleich die
Bescheidenheit vor dem Menschen. Das jüdische Bewußtsein fühlt
keinen Unterschied zwischen Demut und Bescheidenheit. Wer Demut
vor Gott hat, hat Bescheidenheit vor dem Menschen. Und man
kann auch gar nicht anders Bescheidenheit vor den Menschen haben
als auf Grund der Demut vor Gott. Das menschliche Selbstbewußt-
sein ist von zu viel verstrickenden Gefahren des Selbstgefühls um-
zingelt, als daß es die Bescheidenheit bewahren und behaupten
könnte, wenn sie nicht gerichtet wird durch die Demut vor Gott.
Vor Gott sind ״alle Menschen gleich. Da gibt es nicht hoch und
niedrig. Vor Gott sind alle Helden nichts und alle Weisen wie
ohne Einsicht, und die Männer des Ruhms, als wären sie nicht
gewesen“. So lauten die Worte im Frühgebet, dem wir schon manche
fromme Weisheit entnommen haben. Und daher ist es auch nicht
übertrieben, wenn das Schlußgebet der Schemone Esre lautet: ״und
meine Seele, wie Staub sei sie allen“. Der Staub-erinnert an das
Ende alles Menschenglücks. ״Von Staub bist du und zu Staub wirst
du“. An diesen Staub des Ursprungs und des Menschenendes soll
die Seele gemahnt werden. In dieser Weisheit vom Ursprung und
vom Ende des Menschenlebens begründet sich die Demut als eines
der Fundamente der Seele, und demgemäß als das Fundament der
Frömmigkeit, als der erste Tugendweg zur Annäherung an Gott.
Kapitel XVIII.
Die Gerechtigkeit
ist die zweite Tugend ersten Grades. Sie steht obenan unter den
Eigenschaften Gottes. ״Gerecht ist der Ewige in allen seinen Wegen
und liebevoll in allen seinen Handlungen . . . deine Gerechtigkeit
ist ewige Gerechtigkeit“. (Ps. 119, 142). Die Gerechtigkeit ist der
Heiligkeit gleich. ״Und der heilige Gott wird geheiligt dureh
Gerechtigkeit“ . (Jes. 5, 16). Die Gerechtigkeit ist das Attribut des
Messias. ״Und es wird sein Gerechtigkeit der Gurt seiner Lende“
!(Jes. .11, 5). Das Aufhören der Kriege ist das negative Kennzeichen
(des messianischen Zeitalters; das positive aber ist auch subjektiv im
j Lernen und in der Gewöhnung die Gerechtigkeit. ״Sie werden nicht
den Krieg lernen (Micha 4, 3). Positiv; heißt es: "״Gerechtigkeit
lernen die Bewohner der Erde“ (Jes. 26, 10). So wird die Gerechtig-
keit zum Kennzeichen des messianischen Zeitalters.
Aber zum absoluten Gebot hat der Pentateuch die Gerechtig-
keit gemacht: ״Gerechtigkeit, Gerechtigkeit sollst du nachjagen“
(5. M. 16, 20). Sie wird auch hier zum fundamentum regni.
Freilich tritt eine Homonymie für das hebräische Wort ()צדקה
mit der Frömmigkeit überhaupt ein. Aber gerade auch dieser . Be-
deutungswandel beweist die Grundkraft der Gerechtigkeit. Sie
schwächt sich nicht etwa ab in der Wohltätigkeit, sondern sie uni-
versalisiert sich vermittelst dieser sozialen Tugend zur Frömmigkeit
überhaupt. Denselben Prozeß, den wir bei der Armut und der
Demut verfolgen konnten, gewahren wir auch hier bei der Gerechtig-
keit und der Wohltätigkeit. Und wie die Demut, so wird auch die
Gerechtigkeit durch •dieselbe soziale Vermittlung zur Frömmigkeit
schlechthin.
Die Demut wird nicht bezweifelt als eine tatsächliche Tugend;
denn der Arme stellt sie dar. Aber die Gerechtigkeit? ״Ein Mensch
507
ist nicht gerecht auf Erden“ (Koh. 7, 20). Mit der Gerechtigkeit
wird die Frömmigkeit überhaupt zum Ideal des Menschen. Diese
Sentenz formuliert die Spruchdichtung: ״der Gerechte ist da&
Fundament der Welt“ (Spr. 10, 25). Endlich schließt mit dem
Bilde der Frömmigkeit das Idealbild ab, welches Deuterojesaja an
die Stelle des Fastens setzt. ״Und es wird vor dir hergehen deinn
Gerechtigkeit, die Herrlichkeit des Ewigen wird dich einsammeln“
(Jes. 58, 8). Hier wird die Gerechtigkeit zum Dokument, zur
Legitimation für die Aufnahme in den Bund des ewigen Lebens.
Wie die Gerechtigkeit das Fundament des Staates und der
Schwerpunkt der sozialen Ethik ist, so wird sie auch zum Rechts-
prinzip und zur Norm der bürgerlichen Rechtschaffenheit. Sie־
wird das Grundmaß für Maße und Gewichte (3. Mos. 19, 36).
Die Gerechtigkeit ist das Prinzip der Gerichtsverfassung, welche-
den Grundstein der noachidischen Gesetzgebung bildet. ״Ihr sollt
Gerechtigkeit richten zwischen dem Menschen und seinem Genossen“.
(5. Mos. 1, 16). Über nichts klagen die Propheten mehr als über das
falsche Gericht. Daher machen sie Gott zum Anwalt des Fremdlings,
der Waise und der Witwe. Auf der Gerechtigkeit beruht die׳
jüdische Theokratie, beruht deren Möglichkeit, weil sonst die-
Religion nicht identisch werden könnte mit der Staatsverfassung,
weil sonst Gott nicht König sein könnte in Israel, nicht König־
werden könnte in der Menschheit, in der ganzen Erde. Alle Zwei-
deutigkeiten, die mit dem Begriffe der Theokratie verknüpft sind,
werden gehoben durch die Gleichheit des Prinzips der Gerechtigkeit
für die Religion und für den Staat. Die Gottesverehrung fordert
ebenso die Gerechtigkeit, wie sie die Grundnorm ist für alle Staats־
Verfassung. In der Gerechtigkeit wird jeder Staat zur Theokratie,]
wird der Begriff der Religion verwirklicht im Staate. 1
Es ist charakteristisch, daß Samuel, der zugleich Richter und
Prophet war, in dem sich daher die Theokratie gleichsam personi־
fizierte, an das Königtum abdanken mußte, in welchem sich der
Richter vom Propheten schied, wodurch die Personifikation der Theo־
kratie aufgehoben wurde. Und ebenso charakteristisch ist es, daß Samuel
in seiner Abschiedsrede an das Volk sich für seine Amtsführung
auf kein Moment so sehr berief, wie auf seine Gerechtigkeit und
seine Rechtschaffenheit: ״Wessen Ochsen oder wessen Esel habe ich
.weggenommen? Wen habe ich bedrückt, wem Gewalt abgetan? Von
wem habe ich Sühnegeld . . genommen?“ (1. Sam. 12, 3).
508
wird. So erklärt sich die Verbindung der Begriffe Liebe und Ge-
rechtigkeit bei Gott, wie beim Menschen. ״Ich der Ewige rede Ge-
rechtigkeit, verkünde Billigkeit“ (Jes. 45, 19). ״Der Liebe, Becht
und Gerechtigkeit übt im Lande“, denn an diesen habe ich Wohl-
gefallen Spruch des Ewigen (Jer. 3, 20).
Auch die Verbindung mit dem Frieden, auf die wir später noch
eingehen werden, ist hier zu berücksichtigen. Zumal der Talmud
mit diesem Terminus in der Formel ״wegen der Wege des Friedens“
{ ) מפני דרכי שלוםeine analoge Einschränkung der Gerechtigkeit durch
führt, wie mit der Billigkeit in dem soeben betrachteten Terminus.
Dennoch bleibt die Gerechtigkeit mit der Gerichtsverfassung
das absolute Fundament des Staates und jeder sozialen Gemeinschaft,
als deren oberstes Prinzip. Es ist daher charakteristisch für die
Propheten, daß sie sich für das Armenrecht nicht auf Liebe und Er-
barmen berufen, sondern auf die Gerechtigkeit. Auch für den Ver-
brecher selbst ist die Gerechtigkeit die wahrhafte Liebe. Die Ge-
rechtigkeit rettet dem Verbrecher seine Verantwortlichkeit und in
dieser seine Menschenwürde. Andererseits aber entdeckt die Ge-
rechtigkeit, welche die Seelenzustände des Menschen prüft und deren
Beeinflussung durch Mitwelt und Umgebung, den Kontrollgedanken
der Schegaga, welche eine Versöhnung alles Unrechts herbeibringt,
die wirksamer ist und wahrhafter selbst als alles Opfer und auch als
alle Buße. Im Prinzip der Schegaga ist auch der Anteil des Milieus
mitinbegriffen in der Sünde des Individuums.
Auch hier müssen wir auf den wundersamen Gedanken zurück-
kommen, durch den der Messianismus seine Krönung erlangt hat:
den Gedanken vom Gottesknecht. Dieser wird zum Stellvertreter
des Leidens und damit zum Symbol einer Strafreform überhaupt.
Ursprünglich war die Stellvertretung bei der Strafe schon durch
*den Mosaismus verpönt. Und Jecheskel überträgt diese Ablehnung
׳der Stellvertretung von der Strafe auf die Sünde. Dennoch aber
bleibt es ein richtiger Satz der Erfahrung, den die primitive
Form auch des Mosaismus festhält in der ursprünglichen Fassung
׳des Satzes: er ahndet die Schuld der Väter an den Kindern“.
Die Kinder sind aber doch unschuldig. Und ihre Schuld wird doch
für sie, als Kinder, eher kleiner als größer, ״wenn auch sie mich
hassen“. (2. Mos. 20, 5)
Was hilft dagegen aller Nachdruck und alle Steigerung in dem
Nachsatz, der die Liebe bringt auf die Tausende, vollends wenn
511
auch hier nur die notwendige Bedingung ״denen die mich liebend
geltend gemacht wird. .
Die ganze Mythologie von der Erbschuld und von dem Leiden
als Strafe, konnte nur entwurzelt werden durch den kühnen Axthieb,
zu dem die soziale Einsicht den Mut verlieh. Die Strafe Gottes
würde Unschuldige treffen, wenn das Leiden schlechterdings nur
Strafe wäre. Die eigentlichen Träger des Menschenleids sind die
Armen ()עניים. Daher muß die Strafe Gottes einen anderen
Sinn haben, als daß sie nur Leiden verhängte. Daher muß auch
das Leiden anderen Sinn haben, als daß es nur als Strafe zu be-
urteilen wäre. Das Leiden ist nicht Strafe. Das Leiden der Menschen,
welches als das soziale Leiden der Armen hauptsächlich zu würdigen
ist, steht unter der Hand Gottes. Und Gott ist, als Gott der Ge-
rechtigkeit, zugleich der Gott der Liebe. Gerechtigkeit und Liebe
sind Wechselbegriffe im Wesen Gottes. Das Leiden der Armen be-
ruht auf der mit der Liebe vereinigten Gerechtigkeit Gottes. Die
Gerechtigkeit ist Liebe, keineswegs ausschließlich Strafgerechtigkeit.
So wird die Gerechtigkeit, contraponderiert durch die Liebe, zum
Prinzip der Theodizee. So wird die Gerechtigkeit zum Hebel der
Stellvertretung des Leidens, welches von der Strafe getrennt ist.
Die Leiden werden ״Leiden der Liebe“ ( )ייסורין של אהבה. Diese
Theodizee geht dem Propheten bei der Geschichte seines Volkes
auf; mit ihr verklärt sich ihm das Leiden des Exils. Sein Patriotis-
mus wird ihm im Messianismus zu einer Philosophie der Geschichte.
Auch hier bezeugt die Religion ihren eminenten Anteil an der Ver-
nunft. Nicht nur Individuen leiden für ihr Zeitalter, sondern Völker
werden auserwählt, das Volk Israel wird dazu auserwählt, um für
die Menschheit zu leiden. Daß die Erwählung Israels seine Be-
strafung bedeutet, diese Einsicht hatte schon Arnos ausgesprochen.
Aber daß diese scheinbare Bestrafung vielmehr eine Stellvertretung
des Leidens sei, das ist die neue Einsicht Deuterojesajas. Jetzt
schwindet aller Dünkel und allen Verdacht von der Erwählung Israels.
Die Erwählung zur Lehre des einzigen Gottes ist zugleich die Er-
wählung zu dem stellvertretenden Leide für die Götzendiener, wie
für. alle Völker, die noch nicht zur Erkenntnis des einzigen Gottes,
ausgereift sind. Auch dieser Sinn der Erwählung verletzt nicht die
Gerechtigkeit Gottes, die nunmehr in einer universellen Theodizee
der Entwicklung des Menschengeschlechts sich zu bewähren hat.
Auch der Polytheismus hat seinen Kulturwert. Aber trotz allein
512
י(אשהwie der Kriegsheld der Held des Heeres ( )גבור חילgeworden ist.
Wie aber bei dieser Benennung des Weibes, deren Hymnus den be-
deutsamen Abschluß der Sprüche Salomonis bildet, nicht an ihre
Kriegstüchtigkeit gedacht, wie vielmehr das Heer nur allgemein
als der Macht- und Verwaltungsbezirk der Tapferkeit und der
Pflichttreue gedacht wird, so hat sich dieser Bedeutungswandel im
Begriffe des Heldentums vollzogen, der die Übersetzung dieses
Ehrentitels der Frau in das biedere Weib erwirkt hat. Wie hat
sich dieser Bedeutungsabstieg vollzogen?
In den Sprüchen der Väter heißt es: ״wer ist ein Held? Und:
•die Antwort lautet: ״wer seinen Trieb bezwingt“ ()הכובש את יצרו. I
Jetzt ist der Held sogar zum Asketen geworden. Aber wer seine
Leidenschaft bändigt, ist dadurch nicht Asket, sondern der wahre
Held, der sich von der Sinnlichkeit nicht beherrschen läßt, nicht ihr
Sklave wird, sondern ihr Herr, der daher auch ihre Kräfte gebraucht,
während der Asket durch den Nichtgebrauch der sinnlichen Kräfte
sich negativ zum Sklaven der Leidenschaft macht. Wer die sinn-
liehen Triebe bezwingt, der beherrscht sie und nimmt ihre Sklaven-
dienste an.
Hier berühren sich jüdische und griechische Ethik und bezeugen
die Verwandtschaft, die auf der Gleichheit der Vernunft beruht.
Hier ist die Gemeinschaft der Vernunft erkennbar, welche Sokrates
und Platon in Analogie setzt mit den Propheten. Hier liegen die
Quellen, welche Orient und Occident verbinden, welche von den
Juden in Alexandria als Urströme des Monotheismus betrachtet,
welche hinwiederum innerhalb der Stoa mit gleichartigen Zuflüssen be-
fruchtet wurden. Der Kampf gegen die Souveränität der Sinnlichkeit
ist der Urgeist des Platonismus, der auch die beste Lebenskraft des
Neuplatonismus bildet, von dem die Stoa ihren Schlachtruf her-
genommen hat. Auf diesem Urboden der Vernunft scheinen die
Unterschiede zwischen Monotheismus und Polytheismus zu ver-
schwinden, als wären sie nur sekundäre Differenzen gegenüber der
Alternative: Sinnlichkeit oder Vernunft.
Dennoch aber muß der Monotheismus gerade auch an diesem
Scheidewege der Vernunft seine Spezialkraft bewähren. Und es ist
vielleicht der höchste Triumph des Judentums, auch dem Platonismus
gegenüber, seine sittliche Übermacht aus seiner Gotteslehre herzuleiten.
Dieser Vorzug vor der Platonischen Ethik zeigt sich in allen großen,
wie in den Einzelfragen der Staatslehre, nicht minder aber auch in
33 *
516
Alle anderen Gebote der Thora dürfen hintan gesetzt werden, wenn
^ein irdischer Angriff die Tötung verhängt auf ihre Befolgung. Wenn
dagegen der Götzendienst, Mord oder Blutschande unter Todesan-
drohung gefordert wird, so gebietet der Talmud das Martyrium.
So wird die Tapferkeit zu einer menschlichen Lebenstugend. Denn
über dem Juden in seiner ganzen Geschichte hat das Damokles-
schwert geschwebt, um ihn zum Götzendienst oder zur Verleugnung
seines reinen Monotheismus zu verführen. Man kann daher in
historischer Nüchternheit das Leben der Juden als ein Leben der
Tapferkeit bezeichnen. Es will dagegen nichts sagen, daß das n
Privatleben der einzelnen vielfache Flecken enthalten mag; sie f
ändern nichts an dem geschichtlichen Charakterbild dieser Tugend:
dieser religiösen Menschengruppe. Es hat überall viel Leiden unter ;
den Menschen gegeben, und ebenso viele Märtyrer in verschiedener
Gestalt. Auch der Weise, auch Sokrates hat den Giftbecher trinken
müssen. Er hat aber dabei nur gebüßt für seine philosophische
Lehre und für deren praktische Bedeutung, welche seine Stadt-
genossen ihm zuerkannten. Die Anklageschrift lautete zwar dahin,
daß er neue Götter einführen wollte. Aber diese waren doch nur
Begriffe seiner Theorie, nicht aber geschichtliche Werte. Er selbst
opfert dem Asklepios einen Hahn. So erkennt er selbst den
historischen Wert der vaterländischen Gottheit an. Daher ist auch
sein Martyrium nicht sowohl ein religiöses als ein theoretisches: das
Selbstopfer des Philosophen.
Der jüdische Märtyrer dagegen ist ein Held für den einzigen
Gott Israels, der nicht allein sein Gott, der Gott seiner Theorie und
sei es auch seines Glaubens ist, sondern zugleich der Gott seiner
Väter, der Gott seiner Geschichte, der deshalb auch als der Gott der
Menschheit gedacht werden kann. Die jüdische Tapferkeit ist daher
schlechthin eine Tugend der Geschichte, des geschichtlichen Menschen,
nicht des individuellen. Und der Messianismus bricht dem Nationalis-
mus das Bückgrat-, so daß die Tapferkeit des Juden auch nicht nur
zu einer bloß nationalen Tugend herabgesetzt, werden kann. Die
menschliche Tapferkeit des Juden ist als geschichtliche Tugend, die
menschheitliche Tapferkeit, die Tapferkeit^für die Wahrheit des
religiösen Ideals der Menschheit. Das ist der Lebensnerv dieser
Tapferkeit, daß die Menschheit, die allgemach zu einer ethischen
Idee geworden ist, ihrem Ursprünge im Messianismus gemäß, eine
religiöse Idee ist, die höchste, aber unfehlbare Konsequenz des
. 518
allen ihren Völkern und Geisteszweigen mit wirken muß, für die aber,
wie vor Jahrtausenden, so noch am heutigen Tage jeder Jude die Tugend
der Tapferkeit als sein geschichtliches Los auf sich nimmt, mit der
ganzen Lebensfreudigkeit des Todesmutes, mit der ganzen Weltüber-
Windung des ewigen geschichtlichen Lebens für den tiefsten und den
heiligsten Gedanken des menschlichen Geistes. Die stellvertretende
Gerechtigkeit ist die jüdische Tapferkeit.
Kapitel XX.
D ie T r e u e .
Auch für die Treue ist die Homonymie in dem Worte für
Wahrheit ( )אמתvorab zu beachten. Die Treue beruht objektiv
auf der Wahrheit und subjektiv auf der Wahrhaftigkeit. Dennoch
hat sie sich als eigene Tugend abgesondert in dem Worte, welches
zugleich den Glauben bedeutet ( )אמונה. Beide Worte -ent-
stammen der Wurzel, welche Festigkeit bedeutet. Durch die Treue
wird jedes Verhältnis, sowohl das zwischen Mensch und Mensch, wie
das zwischen Gott und Mensch, bekräftigt. Der Bund ()ברית
ist das Werkzeug der Treue. Daher schließt Gott einen Bund mit
Noah, mit Abraham, mit Israel. Und Gott setzt Bundeszeichen ein:
am Himmel den Begenbogen für die Erhaltung der Natur und
als soziales Bundeszeichen für das Arbeitsverhältnis unter den
Menschen den Sabbat.
Das Gedenken ist demgemäß die psychologische Funktion .der
Treue. So gedenkt Gott des Bundes mit den Vätern. Und Israel
soll der Wohltaten Gottes gedenken. Indem es aber der Befreiung
aus Egypten gedenken soll, wird das Gedenken zugleich zu einer
aktiven Tugend umgeprägt: du sollst gedenken, daß du ein Sklave
warst im Lande Egypten. Durch dieses Gedenken verwandelt es
sich selbst in die soziale Tugend der Fremdenliebe, sowie in die
der milden Behandlung des Sklaven und der Förderung seiner Be-
freiung.
So führt das Gedenken zur Dankbarkeit, welche eine spezifische
Form der Treue ist. Der Dank darT zwar nicht gefordert werden,
aber diese Einschränkung gilt nur für denjenigen, dem die Dankbar-
keit gebührt, nicht aber für den, der sie schuldet. Die Dankbarkeit
ist eine Form der Treue, welche zunächst gegen das eigene Selbst-
bewußtsein zu üben ist, gegen den Zusammenhalt der Gedanken,
Bestrebungen und Gefühle, welche das Menschenherz bewegen, und
welche in Konnex und Gegenwirkung stehen mit den Handlungen
521
in jeder Stadt ein“ (Baba batra 21a). So gipfelt die Ehe im Unter-
rieht, und dieser Gipfel ist hinwiederum verbunden mit der Wurzel,
welche überhaupt die Erkenntnis für die Religion bildet.
Diese Einsetzung des Unterrichts in den Mutterboden der
Familie hat nun aber auch erheblich beigetragen zur Beseligung und
Beseelung überhaupt des Thorastudiums, welches an sich selbst daher
zu einem Hauptgegenstand der Treue wurde. Das biblische Grund-
gebot schärfte die Vorschrift des fortwährenden Studiums bei Tag
und bei Nacht, daheim und auf der Reise im Selbststudium und im
Unterricht der eigenen Kinder ohnehin mit Nachdruck ein. Dazu
kam die religiöse Würde und Weihe, welche die Thora selbst und
damit auch ihr Studium umgab. So wurde dieses Thorastudium in
seinem ausgedehnten Umfang zu einem geradezu wissenschaftlichen
Studium, welches ohne Ausnahme das ganze Volk ergriff, zu einem
Akt, einem Lebensakt der Treue für das ganze Volk, das daher wohl
Armut und Elend, aber niemals eigentliches Proletariat aufkommen
ließ; denn das gelehrte Proletariat ist ein gedanklicher Widerspruch.
Erkenntnis stiftet immer Aristokratie, die ohnehin nur Schein ist,
wenn sie nicht Aristokratie des Geistes ist. Die Israeliten haben
sich immer nach dem Spruche des Talmud als Königskinder be-
trachtet. Die Treue am Studium der Lehre hat den vornehmen
Charakter der Volksseele nicht untergehen lassen unter den Be-
drückungen der Jahrtausende.
Die Gerechtigkeit hat die Sozialgesetzgebung der Religion
hervorgebracht. Aber diese selbst war sich der Schranken ihrer
Wirksamkeit bewußt. Die Tugend ersten Grades mußte eine
Tugend zweiten Grades zur Hilfe rufen. Diese bildet das Almosen,
das die Homonymie in dem hebräischen Worte für Gerechtigkeit
( )צדקהhervorgerufen hat. Auch das Almosen ist eine Form der
Treue, der der Mensch bedarf für den Zusammenhalt seines Bewußt-
seins. Bei der sozialen Gerechtigkeit kann es für das private Be-
wußtsein nicht sein Bewenden haben. Denn dieses ist leider gar
zu sehr von der Einsicht durchdrungen, daß alle soziale Gerechtig-
keit nur eine ideale Norm ist, deren Verwirklichung vielfach ge-
hemmt und vereitelt wird. Würde das Almosen nicht nachhelfen,
so bliebe die Kluft zwischen dem sozialen Ideal und der politischen
Wirklichkeit zu einer schreienden Herausforderung, vor welcher dio
Harmonie des Bewußtseins gar nicht zur Ruhe kommen könnte.
Das Bewußtsein müßte alle Fäden abreißen, welche seinen eigenen
524
über nur eine relative Tugend ist, so muß sie doch als solche von
unvergänglichem Bestände sein. Was die Einheit bedeutet für das
psychologische Bewußtsein, dasselbe bedeutet die Treue für das
moralische. Zu dieser Erhaltung, Stärkung, Läuterung, Veredlung
und Erhöhung der Treue sollen die Benediktionen des Gebetes die
Anleitung geben. Die Lobpreisungen sind Danksagungen, deren
der Mensch bedarf, um sich zur Treue zu erziehen, um sich in der
Treue die Einheit seines Bewußtseins in jeder geistigen Hinsicht zu
sichern.
Was wäre am letzten Ende aller Erfolg der Gerechtigkeit und
nicht minder auch aller Tapferkeit, wenn beide absolute Tugenden
nicht auf den Beistand rechnen könnten, der ihnen von dieser
Tugend zweiten Grades sicher ist. Mehr noch, als die Bescheiden-
heit die Wahrhaftigkeit unterstützt, werden die Gerechtigkeit und.
die Tapferkeit von der Treue geradezu begleitet. Sie ist daher
nicht nur eine Aushilfe oder gar ein Ersatz, sondern ein stets mit-
wirkendes Supplement. Sie greift daher auch in die Wahrhaftigkeit
hinüber, und die Bescheidenheit selbst läßt sich als eine Form der
Treue betrachten, nämlich der Selbstprüfung vor dem Selbstbe-
wußtsein.
Kapitel XXI.
Der F r i e d e .
Unter den Ausdrücken mit welchem der Talmud die absolute
Gerechtigkeit einschränkt, wird einer benannt: ״wegen der Wege des
Friedens“ ( ) מפני דרכי שלום. So wird der Friede gedacht als eine
relative Tugend neben der absoluten der Gerechtigkeit, und er
vertritt so das Rechtsprinzip der Billigkeit, wie die anderen
Ausdrücke. Aber ebenso ist der Friede auch ein Komplement
zur Tapferkeit und tritt in Analogie zur Treue, wie in den Aus-
drücken: ״Friede und Treue“ (2. Kön. 20. 19; Jerem. 33. 6; Sech.
8, 19). Es ist charakteristisch, daß die Wortfolge nicht umgekehrt
lautet; denn das Wort für Treue (Emeth) bedeutet auch Wahrheit
und Wahrhaftigkeit, welche Tugenden ersten Grades sind.
Auch die Tapferkeit bedarf einer Selbstkorrektur nicht minder
als die Gerechtigkeit. Sie darf nicht als eine Leidenschaft gelten,
die Selbstzweck wäre im Heldenleben des Menschen. Das Ziel der
wahrhaften Tugend der Tapferkeit liegt keineswegs in der animali-
sehen Kraft des Heldentums, sondern vielmehr in einer Mäßigung
und Selbstbeherrschung, in welcher der Tapfere sich selbst den
Zügel anlegt. Die Selbstbeherrschung, die Bändigung der Leiden-
schaft ist die wahre Tapferkeit. Sie ist gleichbedeutend mit der
vernünftigen Erkenntnis Gottes. Diese Korrektive liegen mithin
noch innerhalb der Tapferkeit, aber sie bereiten die entsprechende
Tugend zweiten Grades vor.
Die Griechen haben ein schwer übersetzbares Wort für diese
Harmonie der Seelenkräfte als höchste Tugend eingesetzt ao^cpQoavvri.
Auch hier macht sich ein Unterschied geltend zwischen Platon und
Aristoteles. In der Ethik des reinen Willens haben wir diese die
Tugendwege abschließende Tugend als Humanität bezeichnet. Die
ganze Harmonie der Menschlichkeit in allen ihren Höhen, wie ihren
Kondescendenzen auf die menschliche Schwachheit bedarf einer be-
sonderen Richtung, in welcher das ganze Seelenwesen des Menschen
3ine Ausgleichung sucht. Diese Harmonisierung der gesamten
ittlichkeit bezeichnet die Bibel mit dem Frieden.
Man könnte unter den Attributen Gottes den Frieden vermissen,
ndessen wird er genugsam dort vertreten. Schon die Langmut
)ארך אפיםist eine Kraft des Friedens. Und ebenso die Sünden-
ergebung, das ״Tragen der Sünde“. Die Sünde ist ein Widerstreit
;egen den Beruf der Seele. Indem Gott die Sünde trägt, auf sich
limmt, stellt er den Frieden der Seele her. So fehlt unter den
Attributen Gottes durchaus nicht dieses Urbild für den Abschluß
ler menschlichen Tugend.
Aber es wird so erst erklärlich, wie der Friede als ein Werk
Jottes in so durchgängiger Nachdrücklichkeit bezeichnet wird. Ur-
!prtinglich bedeutet das Wort Vollkommenheit, dann schwächt es
sich ab zum Wohlbefinden aller Art, steigert sich wieder zur Be-
leutung des Grußes, der wiederum charakteristisch als Friedensruf
״Friede mit euch“ bezeichnet wird. Bildad sagt: ״der Frieden
macht in seinen Höhen“ (Ijob 25, 2). Diesen Vers hat das Gebet
mfgenommen, als Schlußsatz der Schemone Esre. Und der Deutero-
jesaja setzt den Frieden an die Stelle des Guten. Man sieht, daß
äer Frieden zur Quintessenz der göttlichen Attribute wird. Und
demgemäß wird er das Symbol der menschlichen Vollkommenheit,
der Harmonie des Individuums und der Vollendung des Menschen-
geschlechts. Denn der Friede ist das Wahrzeichen des messianischen
Zeitalters, und zwar nicht nur als Gegensatz zum Kriege, der ver-
schwinden wird, sondern auch positiv, insofern er den Inbegriff aller
Sittlichkeit bildet. Der Messias heißt daher ״Fürst des Friedens“
( )שר שלום. Die Einheit des menschlichen Bewußtseins wird hier
durch den Frieden der Seele ausgedrückt.
Daher ist es ein gutes Wort: ״Gerechtigkeit und Frieden
küssen sich“ (Ps. 85, 11). Der Kuß besiegelt diesen Ausgleich der
Gerechtigkeit mit dem Frieden.
Der Priestersegen schließt mit dem Frieden, mit der Einsetzung
des Friedens. Das Geben ist eine Abstumpfung des hebräischen
Wortes, welches Einsetzung bedeutet, wie bei der des Königs. In dieser
Einsetzung des Friedens wendet Gott sein Antlitz den Menschen-
kindern zu. So läßt sich dieser Satz als eine Antwort betrachten
auf das Gesuch Moses, das Angesicht Gottes zu erkennen. Der
Friede ist dieses Angesicht, diese Vorderseite Gottes, und alle Rück-
seiten, alle Wirkungen und Folgen sind solche des Friedens. Die
528
Ich bestreite seine Möglichkeit. Es ist ein eitles Wort, das einen־:
solchen Begriff bezeichnen will.
Mit dieser Überwindung, mit dieser Ausschließung des Hasses-
aus dem Inventar der Seelenkräfte bahnt sich der Seelenfriede an.
Jetzt erst kann ich• Ruhe erlangen in meinem Gemüte; jetzt auch
erst wahre und beständige Zufriedenheit. Solange der Haß mich,
bedroht, der fremde, wie der eigene, so lange kann ich mich keines
Friedens getrosten und keiner echten Zufriedenheit. Wenn die
Kriegsjammer uns nicht umtobten, so bildete schon das Gespenst des
Krieges, die bloße Kriegsgefahr, wie den Widerspruch gegen den
Weltfrieden, so auch gegen den Seelenfrieden. Wir haben ihn nicht,,
kein Volk hat ihn, die Menschheit hat ihn nicht, solange das Gespenst
des Völkerhasses der eigentliche Todesengel ist, der mit seiner Sense
die Welt durchschreitet. Aber auch das Individuum kann den Frieden
seiner Seele nicht erlangen ohne die Sicherung des Weltfriedens.
Der Messianismus verbindet die Menschheit mit jedem Einzelmenschen..
Für meinen eigenen Frieden bedarf ich der Zuversicht, daß der
Völkerhaß ausgetilgt werde aus dem Kulturbewußtsein der Mensch-
heit. Die Völker hassen sich nicht. Aber die Habsucht erweckt den
Neid, und Habsucht und Neid spiegeln dem Menschen das Scheinbild
vor, das man als eine Seelenkraft ausgibt und daher als solche zu
beglaubigen vermeint. Aller Haß ist eitel und grundlos. Aller Haß
ist nichts als Illusion, als Umdeutung und Beschönigung der mensch-
liehen Gemeinheit, welche die Habsucht und die Selbstsucht und
deren Affekt, der Neid bilden. Erkennet das. Trugbild einer falschen
Volkspsychologie, welche der Haß bei allen Völkern bildet; erkennet
in gründlicherer Psychologie, welche von der Ethik erleuchtet wird,
׳daß der Haß ein falscher Faktor des Seelenlebens sei, und der schwerste
',Teil der Sündenlast entfällt dem Menschenherzen. Es gibt keinen
״Haß, wo der Friede sein Zelt im Herzen aufgeschlagen hat. ״Das
Zelt des Friedens“ ( ) סכת שלוםist daher ein Terminus des Gebetes.
Das Zelt ist die Hütte, welche eine so tiefe symbolische Bedeutung
erlangt hat, daß ihr ein Fest gewidmet worden ist. Das Hüttenfest
ist das eigentliche Friedensfest in der Wüstenwanderung des irdischen
Daseins. Der Friede macht das ganze Leben zu einem Fest. Der
Friede bringt den Naturfrieden in die Menschenwelt, die Grund-
Stimmung der Naivität in die Weltbetrachtung. Wir glauben nicht
mehr an die Geschichtserfahrung, welche sich als Geschichtsweisheit
ausgibt, daß es immer so war und immer so bleiben wird, daß die
535
VTenschen und die Völker einander hassen, und daß der Haß eine
Triebkraft des menschlichen Bewußtseins wäre. Wir trauen dem
Pessimismus nicht; wir verachten seine Weisheit, weil wir den Sinn
der Welt tiefer und richtiger begriffen haben. Der Pessimismus
wurzelt in dem psychologischen Irrgedänken, daß der Haß eine
wirtschaftliche Ordnungskraft im Haushalt der Natur wäre, wie der
Kampf ums Dasein, der unzählige Keime ausrottet, um sie aus dem
Wettkampf auszuschalten. Wir bestreiten zwar die Tendenzen zur
Ausrottung nicht, so wenig wie die Beseitigung der minderwertigen
Keime, aber wir unterscheiden das Seelische von allem Materiellen
auch im Organischen, und wir weisen die Analogien zwischen beiden
Beichen, zwischen dem der Natur und dem der Sittenwelt, als Irr-
lichter zurück. Die Keime, die miteinander kämpfen, hassen einander
nicht. Wenn die Menschen und die Völker miteinander kämpfen,
so kämpfen sie gegeneinander als Organismen, und als Lebewesen
scheinen sie auch einander zu hassen. Aber so wahr Gottes Odem
in der Nase des Menschen haucht, so wahr lebt Geist in dem j
Menschentier. Und so wahr Geist, Gottes Geist in dem Herzen des !
Menschen lebt, so ist es nicht Haß, der seine Tatkraft beschwingt.
Wäre es selbst Haß, was vielmehr der Doppelkopf von Neid und
Habsucht ist, so wäre dennoch dieser Weg des Menschenherzens nicht
sein gerader Weg. Und wie er die Tugend, wie er die des Friedens
zu erdenken vermag, so vermag er auch das Todbild des Hasses zu
entlarven. Er suche nur den Frieden. Er sei nur, wie die Mischna
sagt: ״ein Schüler Arons“. (Abotl, 12), ״er suche den Frieden und
jage ihm nach“ (ebendas.), und das Gespenst des Hasses wird
vor ihm in ein Nichts verschwinden. Der Friede ist die Seelenkraft,
welche alle Gespenster, die die Sittlichkeit, die Reinheit der Seele
bedrohen, verscheucht und zunichte macht. Der Pessimismus ist
ein solches Gespenst des Rationalismus und des Idealismus. Wenn
anders aber der Seelenfriede auf dem Fundamente der Erkenntnis
beruht, so kann der Pessimismus nicht schrecken: denn er ist nicht
eine Erkenntnis der Vernunft, sondern eine Eingebung der Mystik.
Er widerspricht der Güte und der Vorsehung Gottes. Das ist ja
eben die tiefe Kraft des Messianismus, daß er sich in die Seelenkraft
des Optimismus verwandeln konnte. Es sei hier wiederum hin-
gewiesen auf den wichtigen Satz des Talmud, daß die Seele, wenn
sie vor den himmlischen Richter geführt wird, Antwort zu geben hat
auf die Frage: ״hast du gehofft auf das Heil“ ? Das Heil aber ist der
Weltfriede. Diese Hoffnung soll der Jude in seinem Herzen tragen
536
das Einzige und das Beste, was ich von seinem nunmehrigen Dasein
sagen kann. Daher bekundet sich sein Gedächtnis für den Überleben-
den in dem unvergänglichen Gefühl der Dankbarkeit und der aus
ihr fließenden Mahnung zur Liebespflicht und zum Verharren
im Gehorsam, wie die Vorfahren ihn befolgt haben. Könnte man
noch daran zweifeln, daß der Friede eine Hauptkraft der jüdischen
Tugend sei, so würde dieser Zweifel allein schon durch die jüdische
Auffassung des Todes widerlegt. Der Tod ist die Welt des Friedens.]
Nicht besser, nicht seliger kann man den Tod preisen, als indem
man ihn durch den Frieden von der Welt des Kampfes, von dem
Leben der Irrungen und des Streites unterscheidet. Das Leben soll
den Frieden suchen: es findet ihn im Tode. Daher ist der Tod
nicht das wirkliche Ende des Menschenlebens, sondern vielmehr das
Ziel, der Siegespreis des Lebens mit allem seinem Streben. Wer
den Frieden liebt, kann den Tod nicht fürchten. ״Der Ewige ist
mein Hirt, mir fehlt nichts . . auch wenn ich gehe im Tale des
Todesschattens, fürchte ich nichts Böses, denn du bist bei mir“
(Ps. 23). Der einzige Gott ist bei mir auch im Tod. Das ist
der Höhepunkt in dem Gedanken, in der Gesinnung des Friedens.
Dieser Höhepunkt kann durch keinen Humor überstiegen werden.
Es ist charakteristisch für das jüdische Bewußtsein, daß es den Tod
nicht fürchtet. Diese Singularität erklärt sich nur aus der absoluten
Freiheit von jeder Furcht der Höllenstrafen. •Das ist die Kraft des
Friedens, des Gottesfriedens im jüdischen Gemüte, daß es Gott nicht
als einen Höllenrichter in sich aufkommen läßt. Gott ist dem Juden
nur der Gott der Versöhnung, auch als Richter nur der Richter zur
Versöhnung. So gibt es keine Todesfurcht im jüdischen Gemüte.
Und daher hat auch das Seelengedächtnis nicht Sorge zu tragen für
das Seelenheil der Verstorbenen in dem Sinne, daß dieses vor den
Qualen der Höllenstrafen durch die Bitten der Nachlebenden geschützt
werden könnte. Wir feiern das Andenken unserer Toten in der ן
frommen Hoffnung, daß ihre Seelen vereinigt werden mit den Seelen!
unserer Erzväter und Erzmütter. Diese Vereinigung mit der Ge-
schichte unseres religiösen Volkes ist unsere einzige Sorge bei dem j
Seelengedächtnis.
ö
Wie die Erzväter selbst zu ihren Vätern und zu II
ihrem Volke eingesammelt wurden, da sie starben, so stirbt auch
heute noch jeder Jude in der Hoffnung dieses geschichtlichen Fort-
lebens in dieser Vereinigung mit den Ahnherren seines Geschlechtes.
So ist der Tod ein geschichtliches Fortleben. Und in diesem Fort-
leben waltet und herrscht der Friede, der allen Erdenkampf besiegt hat.
544
Der Friede ist daher auch in dem erhöhten Sinne ein Tugend«״
weg, daß er den Weg führt zum ewigen Leben. Auf der Bahn des
Friedens kann es keine Todesfurcht geben, der Friede als der Friede
des ewigen Lebens, wird selbst zum ewigen Frieden, zum Frieden
der Ewigkeit. Die Ewigkeit aber ist der Sinn, das Ziel, der Zweck
des gesamten Menschenlebens. Alles Zeitliche führt zur Ewigkeit,
wenn es den richtigen Weg geht. Und dieser rechte Weg ist der
des Friedens. Der Friede ist die Tugend der Ewigkeit.
Es ist bedeutsam für das jüdische Sprachbewußtsein, daß das
hebräische Wort Olam für Welt zugleich die Ewigkeit bedeutet:
״Auch die Welt hat er in sein Herz gegeben (Koh. 3,11). Diese
Welt ist auch die Ewigkeit, so daß man auch die Ewigkeit, als in
das Herz des Menschen von Gott gegeben, übersetzen kann. Der
Friede erklärt diesen Widerspruch, der sonst in diesen beiden Be-
deutungen erkannt werden müßte. Die gegenwärtige Welt kann
freilich nicht die Ewigkeit bedeuten; sie ist vergänglich. Und der
Mythos des Weltuntergangs und der Welterneuerung konnte keine
Aufnahme finden in einem religiösen Bewußtsein, welches Gott zum
Schöpfer der Welt schon deshalb machen mußte, weil dieser Gott
der Schöpfer des Menschen und seines heiligen Geistes sein sollte.
Aber für dieses religiöse Bewußtsein, dem die We!t die Schöpfung
und die Offenbarung Gottes ist, konnte weder die Welt, noch gar
der Mensch schlechterdings vergänglich sein. Die Ahnung der Un-
Sterblichkeit des Menschen und der Ewigkeit der Welt bekundet
sich in diesem tiefen Worte der Sprache. Auch die spätere Sprache
hat noch diese Ahnung festgehalten, indem sie den Friedhof oder
Gottesacker, wie das schöne deutsche Wort lautet, ״das Haus der
Ewigkeit“ ( )בית עולםnennt. Der Tod ist der Frieden. Und das
Grab ist das Haus der Ewigkeit. Diese Ewigkeit ist das wahre
Ende der Welt, das Ziel der irdischen Welt. Und zu dieser Ewigkeit
hin leitet der Tugendweg des Friedens. Aber diese Ewigkeit ist nur
die Fortsetzung des irdischen Lebens — dieselbe Wortwurzel umfaßt
beide Seiten des Daseins — so ist der Friede, wie er zur Ewigkeit
führt, ebenso auch der Wegweiser zum irdischen Leben, zum Anfang,
der in ihm für alles geschichtliche Fortleben liegt. Der Friede ist
das Wahrzeichen der Ewigkeit und ebenso die Losung des mensch-
liehen Lebens in seinem individuellen Verhalten, wie in der Ewigkeit
seines geschichtlichen Berufes. In dieser geschichtlichen Ewigkeit
vollführt sich die Friedensmission der messianischeii Menschheit.
Anmerkungen.
Nach den Aufzeichnungen des Verfassers zusammengesteilt
und ergänzt von L. Rosenzweig.
־שבת ודינין ב מ ר ה איפקוד וגו׳ מ א ת היא הכונ ה הר א שונ ה כ מו ש ב א רנו וכף הגה כ ב ר
־התבאר ל ך ש ה מצוה ה ר א שונ ה ל א היו ב ה דב רי עולה וזבח א ח ר שה ם על צד הכונ ה
:השנית כ מו שזכרנו.
Seite 211, 32 — Tosefta zu Sanhedrin 7
א ד ם נ ב ר א יחידי ו ל מ ה נ ב ר א יחידי ב עו ל ם ש ל א יהו צדיקים או מ רי ם אנו בניו
.־של צדיק ו שלא יהו הר שעים או מ רי ם אנו בניו של ר שע
Abc n d m a h l: Das Symbol des A. und Noah nicht mehr A. und noch nicht
das Symbol des Gesetzes 405. Abraham 135; A. und Eva 152.
A b erg la u b e: Monotheismus und A diap h oron : s. I n d if f e r e n z
A. 272 f.; Gebet• und A. 447 471; Ägypten*. Auswanderung nach Äg.
A. und Opferfeier 202. als Vorbedingung des jüd. Mono-
A bkehr: A. von der Sünde 227 237 241. theismus 43; Befreiung aus Äg. und
Abraham : Gottes ewiger Bund mit die Offenbarung 49; die Fremden-
A. 137 469; der Israelit als Sohn liebe und der Ägypter 139 146 520;
A. 133 139; Noah nicht mehr Adam Äg. und der messianische Völker-
und noch nicht A. 135; A. gegenüber gedanke 322 327: die Thora als An-
Sodom 222 466 509: 246; 353: 467. denken an die Befreiung aus der
A b so lu th e it: der Gedanke der A. ägyptischen Sklaverei 508: Absage
und die Geschichtsphilosophie 429; an die Befreiung aus Äg. bei Jeremia
absolute und relative Notwendigkeit 326; die Propheten und die ägyp-
428; die Allheit als absolute Ge- tische Kunst 62.
meinschaft 476; der Mensch als ab- Ä s th e tik : Ä. und Religion 169 171
solutes Individuum 193 f.; die A. des 185 187 188 189 494 f. 536; die Äg.
Christentums 429. und der Begriff der Wahrheit. 485;
A bson d eru n g: A. Israels 273; A und keine ästhetische Deutung des Lei-
Gesetz 402; vgl. Iso lie ru n g . dens Israels 276; Rührung als Be-
A b str a k tio n : A. und Urbedingungen weismittel des ästhetischen Bewußt-
361; sittliche A. und Aktualität 228 f.; seins 536; vgl. lAehe. K u n s t , B e w u ß t-
die abstrakten Ausdrücke für Gott se in .
104: der Mensch der sozialen Sitt- Ä s c h y lo s : 10 198.
lichkeit eine A. 210 239; das neue A ffek t: die Religion und die Trieb-
Ich keine A. 240: die Heiligkeit des kräfte des A. 7 f .; A. und Denken
Menschen als A. 130: die ökonomische 476 f.; Wille, reiner Wille und A. 382;
A. des Armen 172; A. und Mythos die A. des Willens 476 ff.; Mitleid
bei Plato 349 ff.: die stoische Moral A. des reinen Willens 165: Mitieid
nur A. 161 162. als A. in der Stoa 162: bei Spinoza
A ch d u th ( 48 :( א ח דו ת. 20 163: Wille und A. bei Gott 175;
A c h tu n g : 278. die Affekte bei Gott 189; die A. der
A ch t zehn g e b e t (Schemone-Esre): Ehre und Achtung 278 (s. K h r e )\
105 258 445 458 465 ff. 467 f. 505 die Liebe als A. 278 478 500 f.:
514 527. Reue als Gefühlsausdruck eines A.
Adam: der Israelit als Sohn A. 133: 239; die Seh nsucht das idealistische
554
der Handlung (109 (תוארי ה מ ע ש ה mung mit der A. der sittlichen Yer-
bis 115 189 252 313 416 f. 476 488 nunft 278; A. und Stellvertretung
490; das A. als Vorbild 189; die 310; die A. der Sittlichkeit und die
A. Gottes als Tugendbegriffe für den Idee Christi 405.
Menschen 476 480 f. 503 527 u. ö.; A u to r itä t: Autoritätsglauben und
Heiligkeit und Güte als A. Gottes ־ Wahrhaftigkeit 497.
128 245; die A. Gottes und die A viceb ro n : s. Salomo Ibn Gabirol.
Wahrheit als A. 486 487 488 f.; die
Schuld als A. des Individuums 161. B aal: das Opfermahl der Baalsver-
A u fe r ste h u n g : Unsterblichkeit und ehrer 202.
A. 348—398 (A. als Herabsetzung B .a b y lo n ien : die babylonische Be-
der Unsterblichkeit 352; als Hebel deutung des Sabbat 182: die Pro-
für die Formulierung der Unsterb- pheten widerstehen der Kunst in B.
lichkeit 355 371 f .; die Verbindung 62; babylonisch-griech. Hymnus und
von A. und Unsterblichkeit 364) monotheistischer Psalm 30 250 439ff.;
A. und Messianismus (Jecheskel) . Gebetübersetzungendii bab; ,Zeit 459;
331 308 355 363; A. und heiliger Weissagungen des Untergangs B. 322•
Geist 126; die A. bei Plato 351; B ach ja i. Pak u da: unterscheidet
bei den jüd. Religionsphilosophen Vemunftgrundsätze und Vorschriften
371; A. als Tugend in der Mischna 479. des Gehorsams 415; Religion und
A u fgab e: in Ethik und Religion nur Philosophie 497; zehn Worte für das
unendliche A. 239; Gott als die un- Vertrauen auf Gott 248; über An-
endliche Lösung der unendlichen A. näherung, Auferstehung. Unsterblich-
243; die Menschenseele als unendliche keit 371; Einheit Gottes, Einigung
A. 380; das Ich als A. 239; die des Herzens, Einigung des Gottes-
Heiligkeit als unendliche A. 112 129 dienstes 531.
240 f. 262 356 358. B arb a ren : B.. Hellenen und die Idee
A u fk lä ru n g : 283 421 425. der Menschheit 281.
A u fsch w u n g : die Erlösung als Mo- B a r m h e r z ig k e it: B. Gottes 189;
ment des A. 271 (vgl. 239 f.); das B. und Liebestätigkeit 411
sittliche Individuum als Träger des B a u k u n st: die Propheten und die
unendlichen A. 359 ff. 362 444; A. B. 66.
im Gebet 442 471 vgl. M om en t, B au r, Ch1\: 182.
D u rch g a n g . B e d e u tu n g : B. und Wortform 73.
״Aug um A u g e “: 146 f. 181 508. B e d in g th e it: logischeB des Werdens
A u se rw ä h lu n g : s. E rw ä h lu n g . durch d. Sein 74 f.: die Grundbe-
A u slä n d e r ()נ כ רי:. Antinomie zwischen dingtheit des Menschen die Grund-
Israeliten und A. 134 139 ff. : der A. lehre der Religion 129.
als Mitmensch 140 f.; die Rechte B e e in f lu s s u n g : Anomalie histori-
des A. in der Stoa 161; A. und scher B. in der Stellung der Pro-
liea 179. pheten zur Kunst 62.
A u ta rk ie: A. der Pflicht 382. B e fr e iu n g : die B. von der Sünde u.
A u to n o m ie: A. des Willens in der das neue Ich 219 f. 221: die Erlö-
Ethik und das Individuum 209 219; sung als B. 244 271 276; Selbster-
A. in der Buße 237; A. des Willens kenntnis und B. 237; vgl. E rlö su n g ,
und das Gesetz Gottes 237 382 400 V ergebung.
407; die Erlösung in Übereinstim- B e g r iff: B. als selbständiges Problem
557
die B. als Wiederkehr und Wieder־ C. und die Wirklichkeit Gottes 186;
herstellung 289; B. und Messianis- das Opfer C. 236 405: Reinigung
mus 330; die Pflicht der B. und nur durch Gott und vor Gott 263;
das Verdienst der Vater 372 374; das Leiden nicht als Idealbild des
B. und Anteil am ewigen Leben 385; Menschen (als das Göttliche) darzu-
Gesetzesübung und B. 263 264: der stellen 270 275; Idee C. und der
Gedanke der B. bei Jona 289; die Menschheit 282: cap. 53 des Deutero-
Zwiesprache der B. im Psalm als jesaja und die Passionsgeschichte
Ursprung des Gebets 443, 470; — C. 337 518; C., die Heiligen und
die zehn B u ß ta g e : 260f. der Thesaurus meritorum 377; C.
als die Bedingung für die Erlösung
C haos: Ch. im Mythos 70; Oh. in 389: und Paulus’ Stellung zum Ge-
der Genesis 74: ist logisch nur das setz 404 f.: die Idee C. und die
Unbestimmte 76; die Erneuerung Autonomie der Sittlichkeit 405; die
nicht die Erneuerung aus d. Ch. 81; Auferstehung C. und der Sabbat 432;
Ch. und Kosmos 169. die Gottheit C. als Symbol 493; die
C h r iste n tu m : C. und di e Verbin düng Passionsgeschichte C. ist die Ge-
* von Gott und Mensch 122; das Lei- schichte Israels 518.
den .des Menschen sein Gegenstand C ohen: ״Logik der reinen Erkenntnisa_
20; der Gedanke des Opfers als 73; ״Ethik des reinen Willens“ 165
Grundlage des C. 200; Gottesreich 195 476 480 484 526; ״Ästhetik des
und Himmelreich 364 f.; der Pneu^ reinen Gefühls“ 536; ״Deutschtum
matismus des C. 476; C. als Welt- und Judentum“ 106.
religion und der Menschheitsbegriff C redo quia absurdum : 497. /
282; die Behauptung der Absolut- C resca s: unterscheidet Grundlehren
heit des C. 429; die jüd. Religions- und Glaubens Wahrheiten 431.
Philosophen und das Chr. 281 f.; C usari: s. Jehitrla H a lew i.
Trennung von C. und Judentum in C yrus: 331.
der Bedeutung des Sabbat 181; im
Begriff der Frommen der Völker der D äm on en : 45.
Welt 389: Gesetz und Glaube als D a n ie l: das ״Reich des Himmels“ 364.
Differenz zwischen Judentum und C. D a n k b a r k e it: D. als spezifische Form
406; jüdische Gottesverehrung und der Treue 520; D. und die Hanno-
christliche Symbolik 493: Lebens- nie des Bewußtseins 521; die Treue
geschichte Christi als Differenz der D. in den Segenssprüchen 524 f.
zwischen C. und Judentum 518; die D an te: 350.
Sprache des Judentums im C. als D a sein : Sein und D. 51 f. 430; Über-
Übersetzung 460 f .; christlicher Geist Schätzung des D. durch den Logos
in der übersetzten Bibel 462 f.; altes 56; sinnliches D. und religiöses
Testament und christliche Kultur 464; Sein 271 f.; die Frage nach Sinn
Bibelkritik des C. 431; Philo als und Wert des menschlichen D. 287;
Vorarbeiter des C. 281; der Bilder- das D. des Menschen aufgehoben in
sturm in der Geschichte des C. 63; das Sein der Zukunft 293 (vgl 291);
die c h r is to lo g is c h e Deutung des das ewige D. der Individualseele 397;
Gottesknechts 311. vgl. S e in , A u fs c h w u n g .
C h r istu s: C. u. die Frage des Bildes D avid : die Davidische Poesie als
(Gottessohn) 63; ’ die Wirklichkeit Kultursymbol 296; Davids Autorschaft
560
Problem des Gesetzes und die reli- E ife r : der E. als Tugend in der
giöse Dogmatik 406. Mischna 479.
)ram a: warum kein D. in der jüd. E ig e n a r t: E. und Eigenwert der
^ationalliteratur? 30 167 (vgl. 301); Religion s. E th ik (E th ik u n d R e lig io n ) ;
Redekunst an Stelle des D. in der E. der griechischen Philosophie und
hebr. Poesie 44; D. und Dionysien Wissenschaft 11; E. des Philoso-
172; vgl. tra g isc h . phischen in den *biblischen Quellen
)u: die Entdeckung des D. und das 11; das Eigentümliche des Prophe-
Ich 17; Korrelation von Ich und D. tismus 154;Js. historische E. 29; die
193 209 nationale E. Israels 299; die kultu-
)u a lism u s: persischer D. und Mono- relle E. Israels 300—304; E. des
theismus 55; D. als Charakter der jüdischen Geistes in der Identität
Stoa und des Epikureismus 475; von Religion und Sittenlehre 39;
vermeintlicher D. in der Frage der der Eigenwert des jüdischen Mono-
Schöpfung 77; I). in der Paradies- theismus 428: E. des Monotheismus
sage 292. im Gehet 438 ff.; kein abgeschlosse-
3 סran, Simeon: 421. ner Eigenwert der Gesetze 417 436;
D urchgang: Selbsterkenntnis der die kulturgeschichtliche Eigenheit
Sünde als Durchgangspunkt 234; des Messianismus 341: Eigenwert
Schuld, Leiden, Erlösung als D. 262 der Wahrheit für die Religion 485.
267 271; vgl. A u fsch w u n g , M om ent. E ig e n s c h a ft: E. Gottes 503; ״die
D urch prüfen : D. und Verlassen der 13 E.“ Gottes 109 ff. 245 261 481
Wege* 238 241. 506: und die Wahrheit 487.
E ig en tu m : Israel Gottes E. ()□ג ל ה
E b en b ild : s. B ild . 173 174 285: und der messianische
Echad () א ח ד: E. im Schma 48 465; Völkergedanke 322; die Gottesfürch-
vgl. A ch d u th , E in z ig k e it. tigen als E. 339; Einschränkung des
E ckw in kel: 177 411 Eigentumrechtes 176 ff. 508.
Ed0 in: 61 139. E in fa c h h e it: Einzigkeit und E. 52.
E goism u s: E. und Pflicht 382: 220; E in f a lt : E. und Wahrhaftigkeit 492;
508. Vgl. d«HA heit.
Eh e: Bild von der E. Gottes mit Israel E in h e it: E. bei den Eleaten 46 f.
317 (vgl. 175); die Treue als Sinn 48; Einheitlichkeit der Erkenntnis
der E. 521 f.; die jüdische Ehegesetz- auf Grund der Scheidung der Pro-
gebung 522; E. und Unterricht 523. bleme 78; E., Vielheit, Zusammen-
Ehre: die E. als Affekt 278 477 499 gesetztheit 41 47; E. der Einzelheit
500: die E. begründet alle Stufen und der Mehrheit 131 f.; E. als ne-
des Menschenbegriffs 278 499 500; gatives Attribut 47 489; E. Gottes
die E. Gottes und die E. des Men- 37 45 47 263 u. ö.: E. und Einzig-
sehen 477: die E. als Synonym für keit 41 48 68 236 286: E. Gottes
Seele 477 499; die Tugenden der und Gottesliebe 185: E. Gottes und
E. als Tugenden der Allheit 478; E. der Menschheit 39 252 300: E.
F. und Wahrheit 499; E. und Be- von Liebe und Gerechtigkeit ist E.
scheidenheit 501 f.; vgl. H errlic h k e it. Gottes 261; Heiligkeit und E. Gottes,
E h r fu r c h t: Liebe und E. 481; die 114: E. Gottes, E. der Sittlichkeit;
״Tage der E.“ 260 467. E. des Menschen 151 f. 299 448; E.
E id: E. und Wahrhaftigkeit 499. des Menschen in der Liebe zu Gott
36
562
186: der Mensch als sittliche E. 228; bedeutet Einheit der Sittlichkeit 299;
die E. des Ich 39 221; E. und Ge- die E. Gottes in christlicher Über-
meinschaft 230: die Gemeinde als Setzung 37 462 vgl. A c h d u th , E c h a d ,
E. der Mehrheit 456; die Seele als E in fa c h h e it, G ott, M o n o th eism u s,
Prinzip der E. der Person 291; die U n vergleich ba t heit.
E. des Staates 427: die E. der Tu- E 1e a t e n : 46 f. 68; vgl. P a rm e n id e s,
gend (Sokrates) 472 ;־Einigung und X m ophan es.
E. des Herzens 447 f. 465 531; See- E lia s: E. der Vorbote des Messias
lenfrieden und E. des Herzens 531; 125 289.
Juden tum einheitlicher Begriff für El oh im: E. und Jahve (elokistische
die E. der Religion 36 37 39; — E. und jahvistische Quellen) 44 f.
d es B e w u ß tse in s höchstes Problem E l sc h a d d a y (45 :( א ל שדיf. 73114;
der systematischen Philosophie 447; vgl. A llm a c h t, S elb stg en ü g sa m k eit.
E. d. B. und die Liebe zur Idee 187; E lte r n : E. als Symbol der Väter 379;
E. d. B., ästhetisches und religiöses das Gebot der Elternehrung 379 413
Bewußtsein 494 f .; E. des religiösen 414 446 522
B. und die E. Gottes 37; E. d. B. E m a n a tio n : E. und Immanenz 74;
im Gebet 450: die Treue und die Urgrund der E. ein mythologischer
E. d. B. 521 ff.: E. d. B. durch den Urgrund 76.
Frieden der Seele ausgedrückt 527. E m a n zip a tio n : 425.
E in ig u n g s. E in h e it. E m p fin d u n g : Denken, E. und Wirk-
E in s a m k e it: E. nur transitorischer lichkeit (Gottes) 186.
Zustand 456. ״E n de der T a g e “: von den Propheten
E in s e it ig k e it : geschichtliche E. des als politische Zukunft gedacht 340
Monotheismus in seiner Stellung zur (vgl. 294); vgl. E sch atologie.
Plastik 62; E. der sittlichen Kultur- E n d lich : s. W erd en , U n en dlich keit.
interessen in der Alleinherrschaft E n td e ck u n g : die E. des Menschen
d. Gesetzes 408. als Mitmenschen 131—167: E. des
E in z e lh e it s. E in h e it. Menschen durch die Sünde s. S ü n d e .
E in z ig k e it: die E. Gottes 41—57 E n th a ltu n g : E. als Tugend 479 483.
299 429 f. 493 f. u. u.: E. und Einheit E n tw ic k lu n g : der Begriff der E. in
41 48 68 236 286; die E. als ein- den Geisteswissenschaften 2 ff. 208;
zige Ursächlichkeit 70; Immanenz das Ewige und die E. 97 f.; Naivität
der Schöpfung in der E. Gottes 74 der geschichtlichen E. 115; der
76 (vgl. 68 ff.); Vergeistigung der Versöhnungstag als Musterbeispiel
Offenbarung als Folge der E. Gottes für das Prinzip der E. 259; E. als
95; die E. Gottes und die Korrela- Fortschritt in der Geschichte des
tion von Gott und Mensch 121 f.; Menschengeschlechts 294 (vgl. 288);
der einzige Gott und das einzige die messianische E. des Menschen-
Volk 134 (vgl. 86 285); einziger geschlechts 340 (343 f.) 355 361;
Gott und einzige Menschheit 496; und die unendliche E. der Menschen-
E. und Liebe Gottes 185; E. Gottes seele 361 370 380 388 394 397 413;
und die Unsterblichkeit der Seele 360; die E. und der Fortbestand des ge-
und das einige Herz (Schma) 465; schichtl. Individuums 363 394; Strafe
Heiligkeit und E. Gottes 466 f. 476; und E. 366; Regierung und E. 468;
E. Gottes in dem Begriff Gottes als die Stufe als positiver Fortschritt
Wahrheit 484 f.; der einzige Gott in der E. 483; Gerechtigkeit Gottes
563
als Prinzip der Theodizee der E. und B. 381; E. und Gesinnung 105;
des Menschengeschlechts 511; vgl. die universelle Forderung der E. im
M enseh engeseh lech t. Monotheismus 106 301 ff. 498 523
E p ik u r: 162 475. u. Ö.: und der Anteil der Juden an
E p os: Monotheismus und nationales der Kultur 106: Gottesverehrung
E. (Bibel) 43 f. 84. zur Gotteserkenntnis 59 301 f. 307
E r: der Er und das Ich 17; und das 412 481; Gotteserkenntnis und Ge-
Es 19: der Er wird zum Du 19. bot 417 f.; die E. im Gebet 105 451
453 ff. 458 465: E. Gottes als sitt-
E rb arm en : E. Gottes 94; als Aus-
liehe E. 381; religiöse E und Wahr-
druck für die Liebe Gottes (□ ) ר ח מי
heit (Wahrhaftigkeit) 448 ff. 498: E.
175.
und Liebe Gottes 58 f. 104 f. 169
E rb a u u n g s- und E r z ie h u n g s-
189 367 f. 369 381 412 451 f. 481;
lit e r a t u r : 35.
Gotteserkenntnis und Martyrium
E r b b e s itz : der E. Israels 322.
483; die E. im messianischen Zeit-
E rb sü n d e: 118 213 511.
alter *293 322 327 f.: die E. der
E r fa h ru n g : Forderung und E. 149
Sünde 223 f.; E. und Bekenntnis in
(vgl. 179); die E. und die Probleme
der Buße 239; Auflösung der Offen-
der Geschichte, Ethik, Religion 279 f.
barung in E. 303; die E. des Gottes-
312.
knechts 336; E. und Aristokratie
E r fo lg : E. und Handlung 242 f. 382;
523; Seelenfrieden und E. 530 f .;
der Glaube an den E. des Gebets
der Baum der E 100 vgl. L eh re ,
447: vgl. Z ie l, L o h n .
T hora, S tu d iu m , W issen , X a tu r e r -
E r fü llu n g : die Menschheit als die k e n n tn is, Selbsterken ntyi /V.
E. des Menschen 16. E r la ß ja h r: 179 508.
E r h a b e n h e it: E. der Natur und E. E r le b e n : das religiöse E. des Gesetzes
Gottes (Ps. 104) 54 57. 421 f. 434; Lyrik, Gottesliebe und
E r h a ltu n g : die Schöpfung bedeutet | Erlebnis 440 ff. (vgl. 249): Wahrheit
E. des Menschengeschlechts 175; E. und E. 485.
des Menschengeschlechts als Inhalt E r lö su n g : von der Sünde zur E. 220
des Bundes mit Noah 295; die E. 272; E. und Individuum 220 f. 444
des geschichtlichen Individuums und 479 493: Gott und Mensch bei der E.
die Wiederbelebung 363 f.; E. der 221 ff. 236 238 271 479; Leiden und E.
jüdischen Nationalität 427—430; vgl. 268 27011'. 275 ff.; göttliches Gericht
F o rtb esta n d .
und E. 260; die E. als Moment des
E r in y e n : 198. Aufschwungs 271 276 f. 372; die E.
E r k e n n tu is : die Grundfrage aller E. als Weg zum Selbst 275: E. und
4; Einheitlichkeit der E. auf Grund Verdienst 372; und das ״Verdienst
der Scheidung der Probleme 78; der Väter“ 374 f. (vgl. 378): E. und
theoretische und praktische E. 83 Anteil am ewigen Leben 385; E. und
101 169; und die Wahrheit 484 f . ; Unsterblichkeit 3961'.: Gebet und
E. und Erfahrung 280; E. der Einen E. 443 470 493; Gottv er trauen und
Substanz b. Spinoza 20; E. und E. 439 441 470 479; die E. Israels
Handlung 127 239 414 437; E., Sitt- • die E. der Menschheit 220 276 f.;
lichkeit und heiliger Geist 123 126 ff.; christl. und jüd. Sinn im Begriffe
E. und Willen 482 (bei Schopenhauer der E. und des E r lö se r s 389 462;
163 f.); Zweck und E. 108; Pflicht G. als E r lö se r von der Sünde 244 ff.
36*
564
327 447; der Erlöser und das Leiden Kant Schöpfer der systematische»
270; vgl. V ergebung, V ersöh n u n g. E. 123 283; anthropologische E. 20;
E rn eu eru n g : Schöpfung als ״E. der E. und Metaphysik 19 80 164 283;.
Welt“ (7 8 (דזדוש העול םff.; die E. philosophische E. und Sophistik 96;
des Geistes als s. Gründung 119 der Prophetismus u. die philos. E.
450 f.; der Tag des Gerichts als E. 105; E. und Soziologie 115; E. und.
der Welt 289׳: Rechtswissenschaft 280; E. und
E ros: die Bedeutung des E. 168 440; Religion 13ff. 37 115 133 157 166
keine Anknüpfung an den E. in der 187 188 192 f. 194—197 198 209 217
israelitischen Poesie 301; der griech. 219 234 237 239 265 271 278-280'
E. u. das Gebet des Psalms 440 495. 311 342 400 445 f. 448 470 478 485
E r sc h e in u n g : die E. an den drei 497; Mythos, E. und Religion b.
Festen 411. Plato 349; E. und Politik b. Plato
E r s t lin g e : 177 401 411. 3431*. 349 351; praktische E. und
E r w ä h lu n g : die E. Israels 173 f. 428; internationale Politik b. d. Propheten
und die messianiscke E. der Mensch- 346; Gott in der E. 54 279 470;
heit 174' 286 322 339 496; als Vor- Menschenbegriff in der E. 14ff. und
bedeutung f. d. messianischen Beruf das Du 17 ff.; das Problem des Mit-
Israels 305 f .; die E. als Prärogativ menschen u. die E. 132 f.; der Mensch
der Bestrafung 306 511 f .: E. und als ethisches Wesen u. die Strafe
Sündenbekenntnis 259;. die Wahrheit 265; Sittlichkeit theoretisch In-
des einzigen Gottes u. die E. Israels halt der E. 127; Sittengesetz und
496. Pflicht in der E., Sittengesetz und
E r zieh u n g : E. durch die Strafe und Gebot Gottes i. d. Religion 382;.
göttliche Vergeltung 366; das Gesetz Tugend und Sittlichkeit in der E.
als sittliches Erziehungsmittel 399 472 475; E. und Tugendlehre bei
400 405 407; die E. des Menschen- Aristoteles 475; E. und Pessimismus
geschlechts und d. Begriff d. Toleranz 21; das Leiden in E. und Religion
61; und die Selbsterziehung des 22 157; ethische Autarkie i. Leiden
Menschen 127: Israels Anteil an der Israels 334; E. und Mitleid 20 ff.
E. . des Menschengeschlechts 333; E. 165 f.; der ethische Begriff der Seele
der Welt durch Gott 288. b. Plato 351 ff. 357 393; E. und
E s c h a to lo g ie : E. und Messianismus Schöpfungsbegriff 77; der Affekt in
57 340 f. 343 f. 361 f. 364 516; Fehlen d. E. 165; Grenze d. E. im Problem
der E in d. jüd. Quellen 341 ff. 367 f .; der Schuld 196; Zwecklehre der E.
vgl. ״E n d e d e r Tage,u J e n se its, ׳U n - 217; E. und- Individuum 209 217;
S terblich keit. E. und Willensfreiheit 212 f. 216;.
E s o te r is c h : die Schöpfung als exo- E. und Gewissen 218; der Sabbat
terische und e. Lehre 78 f. u. die ethische Bedeutung d. Mono-
E sra (und N eh em ia): ihre Politik theismus 183; ethischer Begriff der
31; E. als Begründer der Gemeinde Weltgeschichte 311; Wahrheit und
204; E. der Schreiber 303 (; ס ו פ ח E. 498; Gerechtigkeit Schwerpunkt
Esras Religionspolitik 428. d. sozialen E. 507; ethische Ein*
E s se n z : 52; vgl. S e in . seitigkeit im jüd. Gesetz 408 ff.;
E th ik : E. und Logik 78 81 105 123 jüdische u. griech. E. unterschieden
169 217 283 381; Platos Begründung i. d. Demut 504 f., in d. Gotteslehre
d. ethischen Idealismus 342 472; 515 f., verbunden i. Kampf gegen d.
565
F. des jüdischen Volkes ohne Staat F. und Treue 526; Tapferkeit und-
.296 ff. (vgl. 174) 314 ff.: Israels F. F. 526 537: F. und Freude 538 ff.
. u. das Gesetz 402f. 424ff.; d. Be- 540; F. als Grundkraft d. Menschen-
deutung d. Gemeinde f. Israels F. seele 536ff.: F. als Harmonisierung
457: F. d. Judentum als Religion d. d. Sittlichkeit 527; Gott als Zweck
Vernunft 429; d. Wahrheit d. einzi- ist Gott als F. 528 f.; d. Versöhnlichkeit
gen Gottes letzter Grund f. d. F. des F. und die Versöhnung m. Gott
der Juden 184 (429 f.) 494; der F. 537 541; F. als Zweck des Menschen
des Monotheismus u. die Nationali- 536 540 542; das ״Zelt des F.“
tat 428 ff.; Seelenfrieden u. Studium (534 ( ס כ ת שלום: der Tod als P.
als Voraussetzung von Israels F. 542ff.; der F. als F. der Ewigkeit 544;.
530 f. ; vgl. E rh a ltu n g , Iso lie ru n g . Leiden Israels : u. der F. der Men-
F 0 r 11eb e n : die Seele als Prinzip des sehen 334; F. als Wahrzeichen des
F. 29üf.: das Problem d. F. nach messianischen Zeitalters 324 527 f ;
d. Tode 05 6ff.: vgl. ־U n sterb lich k eit. . F. als Wesen des jüd. Gemüts 541 ff.;
F o r ts c h r itt: Entwicklung als F. 294. S e e le n fr ie d e u. Erkenntnis 530f.
F r e ih e it: s. A u to n o m ie, W ille . 535 541; S. und Einheit d. Herzens
F r e is t ä d t e : 147. 531; Friede Gottes, S. und d. Liebe
F r e iw illig k e it : F. im Leiden des 529: S. und Haß 532 534 ff.; S. und
Gottesknechts 336. jüd. Festesfreude 540.
F r e m d liu g (1 :( גרsi aelis, Ausländer u F r ö m m i gk e i t : der Ausdruck für F.
F. 134: F. und Gasifreund 135 139; ( = ) צ ר ק ״Wohltätigkeit 176 412 f.
die Humanität im F. 140; F. und 479 506 509: die jüd. F. 264 268
Menschenliebe 169 386: der F. u. die in d. Begriff ״Verdienst d. Väter“
Schegaga 255 vgl. E re n id lin g -B e isa ß . 373 und die Unsterblichkeit 394
F r e m d lin g -B e i saß () גר תו שב: (vgl. 357);. Versöhnungstag und F.
Rechtsgleichheit des F. 141 146 f. 259; die F. als höchste Stufe der
179 386 f .; religiöse Gleichstellung jüd. Tugendlehre 389 479 f.; Wahr-
des F. 147 f.: der F. als politischer haftigkeit und F. 499: Gerechtigkeit
.11. naturrechtlicher Begriff 390ff.; d. und F. 506 f .: F. und Armut s. Ar-
F. als Mitmensch 144 169 387; als m u t: Grundbedeutung des F rom -
Bruder 146; F. = Hoachide = men 388; vom Frommen zum De-
Fromme d. Völker der Welt j41 mütigen 312 504; Gott u. der F.
142 11. 387 ff.; das Gebot der Liebe 388; die ״From m en der V ölk er
des F. 148 170; der F. und d. ewige der W e lt“ 141 ff. 387—393; als-
Beben 387; die F r e m d e n g e s e tz - Grenzbegriff zw. Religion 11. Sitt-
g eb u n g 145 ff. 179; F. u. Nächsten- lichkeit 142 389; -ד- Noachide =
liebe 169. Fremdling 143 387 ff.; die ״Fr. d.
Freude: F. und Frieden 038 ff.; F. und V. d. W.“ 11. das Volk Israel 315;.
Rührung 538; Mitfreude u. Mitleid die ״Fr. d. V. d. W.“ und die Un-
538; Seelenfrieden jüd. Festesfreude Sterblichkeit 388 f. 396; die Fr. und
539 540 f. die Weisen d. V. d. W. 392 393.
F r e u n d s c h a ft: 521 538. F u n k tio n : Religion allgemeine F. d.
F r ie d e : Der Friede 526—544; F. u. menschlichen Bewußtseins 8: der
Vollkommenheit 24 55 304 527 528f. heilige Geist als F. der Korrelation
54u; F. und Wahrheit 486; Ge- zw. Gott u. Mensch 122.
rechtigkeit und F. 510 526 527 537; F u rch t: die F. der Sünde als Tugend
567
479 483; F. Gottes und Tugendweg G ebot: der Wille der Vernunft als G.
4821; vgl. G o ttesfu rch t, E h r fu r c h t . Gottes 237; G. Gottes identisch mit
Pflicht 382 406 f .; Autonomie und G.
G anzheit () ת מי מו ת: G. ist Einfalt Gottes 237 382 400 407; G. Gottes
492; vgl. E i n f a l t . u. die Unschuld der Menschen 292;
? a s tfr e u n d : der Fremdling und der Befolgung der G. und Lohn 379; G.
griech. G. 135. u. Gesetz 398 f.; Unterscheidung von
Gebet: Das Gebet 438—471; Entste- rein sittlichen und religiösen G. 257
hung des G. 230 438; das G. als 410 ff, .414 ff.: die Frage nach den
Sprachform des Gottvertrauens (Re- Gründen der G. 402 f. 416 ff. 497 f.;
ligion) 384 439 441 444 471; das Maimonides über die Gründe der
G als Grundkraft der religiösen Ide- G. 402 416 ff. 418—421; Gotteser-
alisierung 471; polytheistisches und kenntnis und G. Gottes 417 530;
jüd. G. 492 (vgl. 4391;; die Er- die G. Gottes als Wahrheit 489 f.;
kenntnis (Lehre) im G. 105 451 Sabbat als Inbegriff aller G. 508;
453 ff. 458 462 464 465; das G. und (vgl. 184) die ״sieben G. der Söhne
die Korrelation von Gott u. Mensch Noahs“ 142 386 ff. 479: die sozialen
444 447 1 450 451 453 455 466 470; G. im 3. B. Moses 244; vgl. D ekalog ,
Individuum und G. 443—448 453 G esetz, V o rsch rifte n .
455—459; Gesetz und G. 404 438; G e b r e c h lic h k e it: 22 259.
G. Urform des Monotheismus 438 ff.: G edanke: G. und Wirklichkeit 433;
Andacht und G. 439 442: Liebe und das Gebet als Äußerung des G. 439;
G. 441 457 1; die Sehnsucht des G. G e d a n k e n fr e ih e it 430.
442 1 492 1: G. und Erlösung 443 1 G ed en k en : G. und Weltgericht 469;
470 493; G. und Versöhnung• 448 der ״Tag des G.1469 (; יום חזכרון) ־
466: Opfer und G. 230 438 467: G. und Treue 520.
das G. als Pflicht 447; Einigung G efü h l: das reine G. als Kraft des
des Herzens ini G. 4471 465; der Bewußtseins 187; Gesetz und reli-
Glaube an den Erfolg des G. 447; giöses G. 433 (vgl. 4211 462): Ge-
Psalm und G. 439 ff. 442 443 471 betsprache und religiöses Eigenge-
493: das G. als G. der Gemeinde fühl 464; das Leiden als G. 160;
455—459 462 (vgl. 446 f.); das tag- Wahrheit und G. 485: Abstraktion
liehe Morgengebet 257 383 411 ff. an Stelle Menschengefühls in der
449 450 451 453 457 458 505 530 Stoa 161.
u. ö.; Gebet-Zyklus 35 467 493 u. Ö.; G egen w art: die G. bei Griechen u.
die Stammgebete 364 f. 453 463 ff. Juden 97; s. Z u k u n ft.
465 ff.; die messianischen G. als G e ist: die Weltgeschichte des G. und
Höhepunkt des jüdischen G. 467—470; d. Begriff d. Toleranz 61: das Prin-
Gebetstellen 269 313 458 496 503 zip d. Entwicklung u. die Begriffe
u. ö.; das Sündenbekenntnis in der des G. 208: Korrelation zw. Gott u.
Gebetsliturgie 256; G. bei der Dar- Mensch im G. gegründet lOlff. 121
bringung der Erstlinge 177; das 3581; der G. Grundbegriff der Reli-
B e th a u s als Haus der Versammlung gion 103; Offenbarung des einzigen
453—458: die hebr. G e b e tsp ra c h e Gottes im G. 87 90ff.; der G. Gottes
459 —465; vgl. Au:ht\eh n gehet, A len u , im Messias 107 (vgl. 118 321; : der
K a d d is c h , Sein n a, A gen de, L itu r g ie , G. Gottes u. das Volk 102; Er-
H y m n u s } P r o p h e tis m u s . neuerung des G. als s. Gründung
568
.. 119; Seele und G. 103 356ff. 367 die menschliche G. 524; vgl. Ge -
394 f.; das soziale Leiden als geisti- Seilschaft.
ges Leiden 158: der ״neue Geist“ G em üt: Absonderung des G. für das
b. Jecheskel 95 102 227 242 f. 329f.; Gebet 439; Friede als Wesen des
: Ausgießung des G. (Joel) 102 289 jüd. G. 541 ff.
302; der Messias als ״G. von der G en ie: 42 297.
Höhe“ 324: G. und heiliger Geist G e n u g tu u n g (satisfactio): das Yer-
118 120 f.; vgl. H e ilig e r G e ist, H e ilig - dienst als G. 375 f.
keit. G e r e c h tig k e it: der Ausdruck für G.
G e is t e s w is s e n s c h a ft e n : 343 416 ( = ) צ ד ק הWohltätigkeit 176 411 506
484. 509 523; G. und Liebe Antinomie
G e is t ig k e it : Heiligkeit, G. und Sitt- i. d. geschichtlichen Welt 299: Liebe
lichkeit 89 114 144. vgl. G eist. und G. Gottes 87 109 114 245 260f.
G e le h r t e , der: der G. als Begründer 290 299 310 359 369 f. 508 509 f.
der religiösen Verfassung 303: der 511 516 ;יG. allein bei Gott 151 506;
Jude als G. ein Weiser 531. die G. Gottes u. das Unglück des
G elü b d e ( ) נ ד ר: G. und Widmung411. Gerechten 153 372 und das soziale
G em ein d e: die G. Grundwort des Leiden 160 und das unschuldige
Deuteronomium 204; die G. einzig Leiden (Israels) 333 f. 5121*. u. die
entsprechende Einheit f. d. einzige Kränkung des ]STatidnalgefühls durch
Aufgabe der Religion 231 457 f.; die d. Propheten 285; der heilige Gott
G. als Ersatz des Staates 31 231 f. durch (soziale) G. geheiligt 128 215
457; Staat. G., Individuum u. Opfer 245 506; G. Gottes u. Sündenverge-
231 234 (vgl. 457): G. und Indivi- bung 246 262: G. Gottes nur in Be-
duum 253 455 ff. 466: das Sünden- zogenheit auf d. Menschen denkbar
bekenntnis und die G. 256: das Ge- 503: G. als Hort d. messianischen
bet als Gebet der G. 455—459; die Reiches 324 326 327 506; Die Ge-
G. als Einheit d. Mehrheit 456: die rechtigkeit 506—513: der neue Weg
G. ürboden d. Gottesreiches 455 f.; der G. (Jecheskel) 228; Wahrheit u.
G. und Israels Fortbestand 457; G. 499; G. als Attribut d. Messias
Volk u. G. 457 f.: die G. und das 506; G. als Gebot 506; G. und
Ich der Psalmen 457 f.; Gott und d. Frömmigkeit 506 f.; G. als Staats-
G. 458; die G. Israels u. die messi- und Rechtsprinzip 507 ff.; G. und
anische Menschheit 456 458 466; die Frieden 510 526 f. 537; G. und
jüd. G. und der moderne Kultur Staat Schegaga 510: G. und Billigkeit 509;
425: das hebr. Wort für G. 453; G. als Prinzip d. Theodizee 511; G.
vgl. E sr a . und Tapferkeit 516 u. Treu!‘ 525;
G em ein ge füh l: das Mitleid als G. soziale G. und Almosen 523: die
in der Stoa 162. S t r a f g e r e c h t ig k e it Gottes u. die
G e m e in sc h a ft: die G. erzeugt den Unsterblichkeit 369 f.; Korrektur d.
Mitmenschen 159 165; die G. ist Str. Gottes 305; Gott, Mensch und
Wechselwirkung 159: Einheit und die Str. 509 516; das Leben des
G. 230; die menschliche G., das G e re ch te n ,u. Jecheskel 224 f.; der
Individuum u. das Gebet 455: die Gottesknecht als der G. 336. vgl.
Mehrheit als relative, die Allheit als E th ik , S ta a t, S o z ia l, L iebe.
absolute G. und die Tugenden 476 f. G e ric h t: göttliches G. und Erlösung
500; Wohltätigkeit als Treue gegen 260 f.; die Bilder vom jüngsten G. 350.
569
messianischen Zeitalter 430; G., G;e- die jüd. Glaubenslehre u. die Un-
setze u. Religion 431—437; G. und Sterblichkeit 395; der G. an Christus
religiöses Gefühl 433 (vgl. 421 f. 462); als Bedingung f. d. Erlösung 389;
G. und Kultur 408 ff. 410 432 434 f.; — G la u b e n sa r tik e l: ihre Formu-
G. u. Sittlichkeit 435: das G. nicht lierung d. Maimonides 431; — G lau -
nur Zaun, sondern Symbol d. Lehre b e n s g e m e in s c h a f t: 270. vgl.
436 403 f.; das G. als Verbindung Gottesverehrung.
zw. Erkenntnis u. Handlung 437ff.; G le ic h b e r e c h tig u n g : sittliche und
das G. der Wahrheit 484f. 487 489f.; religiöse G. der Menschen 389.
der künstlerische Wert der G. 434; G le ic h g ü lt ig k e it : die G. gegenüber
Fortdauer 11. Notwendigkeit des G. sozialen Unterschieden 153—156.
424 ff. 430ff. 434: die Macht des G. G l e i c h h e i t : die G. der Menschen im
im modernen Judentum 423; Men- selben Schöpfer begründet 181, als
delssohns Stellung zum G. 421—423; Voraussetzung der G. der Volks-
das G. und der Fortbestand d. Juden genossen 138; das Problem der sozi-
184 402 f.; Paulus und das G. 292 alen Ungleichheit 149 176; Rechts-
404 ff.: — einzelner Fall und G. in gleichheit des Fremdlings 146 f.; —
d. Wissenschaft 197: — G e s e t ze s - d. G l e i c h s t e l l u n g d. Menschen
Übung ist Anleitung z. Buße 264; im Sabbat 183.
— Gott als G e s e t z g e b e r d. Men- G l e ic hn i s : jesajanisehe G. für die
sehen i. d. Heiligkeit 112: — Ge- messianische Zeit 323 f.
s e t z l i c h k e i t u. Religion der Ver- Gnade: die G. Gottes 94 152 175
nun ft 12 f .: Gott als G. 484; Indivi- 264; auf d. Grenzlinie d. Liebe und
dualität d. Künstlers letzter Grund Güte 246; die Gerechtigkeit u. der
der G. seines Werkes 42. vgl. Ge- Friede als G. 537.
hot, S itte n g e se tz, V o rs c h rifte n , R itu a l, Goethe: G. und das alte Testament
S ab b a t, T hora, Gebet, E rz ie h u n g . 464; im ״Faust” 20 63 196 265 .429
G e s i n n u n g : die G. als Grundfaktor 528; in d. ״Grenzen d.Menschheit“ 63.
aller religiösen Tätigkeit 414; Er- Götter: die G. im mythischen Be-
kenntnis und G. 105; Gott ist Er- wußtsein 160 169 199 358; Stamm-
kenntnis und Bekenntnis 239; die götter 289: die Korrelation von
gesetzliche Handlung und die G. des Mensch und G. (Opfer) 199; das
Urhebers 406; כונהbedeutet G. 439. Wesen d. G. in der Teilung d. Ge-
Ge wi ss e n : 218 23S. walten wie der Affekte 299; die G.
G e w i s s e n s f r e i h e i t : derNoachide u. und das Problem v. Schuld u. Strafe
das Prinzip der G. 144; vgl. T oleran z. 197 345; die G. der Unterwelt und
G e w i ß h e i t : G. der wissenschaftl. Er- die Bibel 353: Gott und G. 51 60ff.;
kenntnis und G. der Ethik 123. G., Göttinnen 11. Gottesliebe 185; —
Gewöh n un g: die G. an die Lehre 452. G ö t te r bi l d : G. und Porträt 162 s.
Glaube: G. und Vernunft (Wissen, B ild . vgl. P o ly th e ism u s.
Erkenntnis) 107 485 497 530; G., G ö t ze nd i e ns t : • Ausrottung des G.
Vertrauen, Wahrheit 248 264 486 (vgl. Vorbedingung d. Monotheismus 60
520); G., Gesetz, Kirchenwerk 405f.; 274 401; Kampf d. Propheten gegen
G. und Treue (520 ( ; א מונ הd. Glau- den G. 62 ff. 273 486; Geißelrede d.
bensgedanke d. Reformation u. der Jesaja gegen d. Götzenbilder 64ff.;
krit. Idealismus 123; der G. an den das Deuteron, gegen den G. 86 232;
jüd. Gott u. der Noachide 143 390: Wurzel des G. im Opfer 200; der
571
G. im altjüd. Bewußtsein nicht nur von G. und Mensch 122 125; Kor-
religiöser, sondern auch sittlicher relation zwischen G. und Mensch 3$
Begriff 1401; Götzendiener u. Men- 82 83 92 95 100 116 133 151 154 f.
schenliebe' 139 1; Heiligkeit und G. 157 160 167 175 188 1931 196 236
126; der Noachide u. die Enthaltung 244 251 1 258 2641 2701 300 3C2
vom G. 142 390; die Leiden Israels 3801 395 397 398 406 410 424 423
u. die Götzendiener 173; Götzen- 441 444 447 448 450 466 476 477
diener u. Gottesknecht 336; und 485 497 503 516; G. als Geist 103;
Martyrium 383 517; Gesetz und G. Erkenntnis und Liebe G. 58 1041
401: G. und der Gott d. Wahrheit 169 189 3671; G. und die soziale
486 4941; Verbot des G. u. Haß 533. Ungleichheit 149 ff. 452 ff.; G. und
G o tt: Sein, Einheit und G. bei den das Leiden 158; Gottesliebe und
Eleaten 46 1; G. als das Sein und Menschenliebe 168 ff.; G liebt den
der Seiende 48 ff.; das einzige Sein Fremdling 148 170 386; die Liebe
des einzigen Gottes 51 430; G. als Gottes zum Menschen 171 172 ff.;
der Seiende der G. Israels 50; das und seine Liebe zu Israel 173 ff. r
Sein der Welt und das göttliche Ausdrücke für die Liebe Gottes 175
Sein 68 ff.; Handlung und Sein G. 457 1; der Sabbat Inbegriff d. Got-
109 : die Schöpfung das Sein G. 75; tesliebe 183; — Liebe des Menschen
s S e in ; philosoph. Gottesbegriff (279) zu G. 185 ff. 249 (als Grundgebot 91);
und G. der Religion 23 ff. 42 47; Liebe und Gottesbegriff 5 8 1 1851;
Anteil der Gottesidee am Urproblem Liebe zu G. als Liebe zur Idee 187
der Philosophie 484; Idee Gottes als bis 189; Liebe zur Sittlichkeit ist
Grundlegung 217; G. und Materie Liebe zu G. 19*2; die Sehnsucht nach
54: G. und Welt 46 1 52; Vermitt- G. 190 1 (s. S eh n su ch t): Nähe
lung zwischen G. und Natur durch die Gottes 20 1901 249 (vgl. 191);
Einzigkeit ausgeschlossen 56: Korre- neu er Begriff von G. und vom
lationG. mit der Natur 135 ff. 429 444; Menschen 208: neuer Gottesbegriff
Einheit G. und die Natur 411 68; für den neuen Menschenbegriff
G. kein Schicksalsbegriff 26 223; des sündigen Individuums 215 ff.
die Einzigkeit G. 41—57 338 4291; 217 219 1 221 ff.: Gott und Mensch
in der jüd. Sittenlehre 38 (vgl. 28), bei der Erlösung und Versöhnung
Einheit und Einzigkeit G. 41 48 68 221 1 271;der .neue Mensch u.
236: Einheit G. nur negatives Attri- die Korrelation mit Gott 227 233
but 47: Einheit G., Einheit der Sitt- 2351 271 330; G. als Erlöser
lichkeit, Einheit des Menschen 1511 von der Sünde 236 244 ff. 327 378
299: der tiefste Sinn der Einheit 447: Reinigung ״vor Gott** *233 ff.
G. 263: G. als Person und die Ge- 238 263 272; G. der Versöhnung
fahren der Bezeichnung 48 ff. (vgl. 83): 233 543: G. und die Buße 2371
Offenbarung und Geistigkeit G. 84 ff. 241 ff. 272 (vgl. 263); G. der Ver-
92 ff. 284 (vgl. 186); G. als Urbild gebung •299 300 345; G. als nnend-
nicht abbildbar 61 ff.; Wesen und liehe Lösung d. unendlichen Aufgabe
Wirkungen G. 9 3 1 ; Heiligkeit G. 243; Heiligkeit und Güte G. 244 ff.;
111 1 120 127 1 189 215 221 355; G. nicht das Gute, sondern der Gute
G. als der ״Heilige Israels“ (Jes.) 245 257 264 3461 (vgl. 290): die
1131 240 244 355; Entstehung des Güte Gottes und die Korrelation von
heiligen Geistes in der Korrelation G. und Mensch 251; das Wesen G.
572
Geist und h. G. 118 1201: der h. 357 ff. 367 394; H. und Individuum
G. als Vollziehung der Korrelation 356 395; H. und gesetzliche Hand-
v. Gott u. Mensch 117 120—130; lung 406; H. und Wahrheit 449 486 f.
h. G. Geist d. Menschen wie der 497; die H. als Tugend 479; H. und
Geist Gottes 119 302; der h. G. als Opfer (H. als Absonderung) 111 113
Funktion der Vereinigung 122; der 115 126 355 409; — der Mensch
h. G. als sittlicher Geist 123 126 kein Heiliger 130; die Indifferenz
302: der h G. des Menschen u. die zw. heilig u. profan im Gesetz 409 f.;
Sünde 1181 124; Handlung als der Zehnte als ״das Heilige“ 177.
Kriterium des h. G. des Menschen vgl. H e ilig e r G e ist , H eilig u n g .
125 127; Heiligkeit und h. G. 126 H e ilig tu m : die Wiederaufrichtung d.
128 302: der h. G. des Menschen u. das H. im Gebet 467.
Böse 214; der h. G. u. d. Messias H e ilig u n g : H. und Selbstheiligung
102 118 302 321: Unsterblichkeit u. 241 518; Selbstheiligung des Men-
h. G. 359 394; der h. G. Ausdruck sehen ist H. Gottes 128 518: Un-
1 Wahrhaftigkeit 490; der h. G. im Sterblichkeit in der unendlichen Auf-
jüd. Monotheismus 1221; der h. G. gäbe der H; 359; H. des göttlichen
als Mittel des messianischen Uni- Namens 330 376 408 f. 518.
versalismus 302; der h. G. in der H ein e: 434.
Tugendlehre 1251; Isolierung des H eld: Heroen tum die erste Idealität
1). G. ein Irrtum 129: die Lyrik und d. Menschen 150; der H. (Heroe) im
der h. G. 124. vgl. H eilig k e it. Polytheismus (Mythos) 168 290;
H e ilig k e it: das sog. Heiligkeitsgesetz Ahnen als Genien des Heroenge-
u. das Deut. 111: die H. als Sitt- schlechts u. die Väter 354; tragisches
liohkeit in der Korrelation von Gott Leid des H. 26 159 f.; die Gefahren
n Mensch 111 123 127 244 299 355 des Heroentums u. das ״Verdienst
449 476: H., Geistigkeit u. Sittlich- d. Väter“ 373 f.; Begriff u. Bedeu-
keit 114 467: die H. Gottes u. des tungswandel d. Heldentums 514ff.;
Menschen 112 127: die neue H. (der Held u. Märtyrer 377 383 517 f.; d.
״Heilige Israels“) bei Jesaia 1131 religiöse Heldenleben 516 ff. 526;
240 244 355; H. Gottes als Inbegriff Heroismus als Eigenschaft Gottes
d. Gerechtigkeit u. Liebe Gottes 114 514 f.; der Messias ohne Symptome
299 506: die H. als Vollzugsmittel des Heldentums 313; — die H e ld e n -
der Korrelation von Gott u. Mensch sa g e d. Völker u. die altbiblische
120 —130 (s. S elb sth eilig u n g ) ; H. und Geschichtsschreibung 272.
heiliger Geist 126 128 302; Gott als H e lle n e n tu m s. G riech en .
Heiliger nicht sowohl Vorbild als H e r a k lit: Einheit von Sein u. Werden
Urbild 189 (vgl. 405 476); H. und 77; der Krieg d. Vater aller Dinge
Güte Gottes 244ff.; H. und Einzig- 528.
keit Gottes 4661 476; die H. als H erd er: erkennt d. Messianismus im
unendliche Aufgabe 112 128 129 Prinzip des Monotheismus 284; H.
24( יf. 262 276 358; der G. der H. Nährvater Goethes im alttestamentl.
ist Idee 457: Erneuerung d. Geistes Geiste 464.
der H. in d Versöhnung 262; H. H erm en eu tik : das Stilproblem der
ist ideale Menschlichkeit 300; Grund- talmudischen H. 463; die 13 Regeln
gebot der H. und das Böse 214; H. der H. 481.
und Unsterblichkeit der Seele 355 ff. H eroe s. H eld.
37
578 י,
" Id ee: .1.* und Begriff 472: I. und 39, 29) 95 102 227 242 f. 329 330;־
• Wirklichkeit 24 187 189 410 (im ,,die Seele sündigt“ (Jeck. 18, 4 20)
Gesetz) 433: I. und Realisierung 23 223 491 (vgl. 305 395); von Je-
(religiöse I. und Gesetz) 403 433; remia (Jesaia) zu Jech. 224 227 2391
die I. Gottes 187 416 484; die Liehe 246; Gott als Eigner der Menschen-
zur I. als die Liebe zu Gott 187 ff.; seele (Jech. 18, 2 - 4 ) 224 395 (vgl.
Immanenz der Verzeihung in der I. 25); Sünde der Eltern und Strafe־
Gottes 251; unsichtbare I. und Bild der Kinder (Jech. 18, 5—32) 224 ff.:
(Gottes) 61 ff.; die I. des Menschen 305 510; der neue Weg der Gerech-
281: Geschichte als I. der Zukunft tigkeit 228; die Sündenvergebung;
der Menschheit 294 f .; Ideen und Ein- Gottes Mittelpunkt des Monotheis-
richtungen in der Geschichte 204 ff.; mus 246; der Gedanke der Buße-
D ie I. des M e s s ia s und d ie 230 289 330 395; J. der nationale
M e n sc h h e it 278—316: die Motive Politiker im Geiste des Deut. 298•
in der I. des Messianismus 287 ff.; (vgl. 231 f.); gegen nationalistischen
I. als Urbilder zu Handlungen 187; Hochmut (Jech. 16, 1—3 46 48) 306
Wert des geschichtlichen Lebens in 329; Patriotismus •und Universalis-
den sittlichen I. 311; das Leben d. mus 308; J. und der Messianismus
I. und das Gebot der Heiligkeit 356 f.; (J. 11, 15—19; 16, 1—3 46; 34,23
die I. des Guten 56 124.474 (s. Gute): 24 30; 36, 23, 25—27; 37, 28: —
die I. Christi 472; Id een le h r e s. 28, 25; 37,25) 3 2 8-332; Aufer-
P la to . stehung und Messianismus (Jech. 37,
I d e n t it ä t : I. und Einheit bei Par- 3 11 12) 331 355 363: Israel als
menides 48; Einzigkeit Gottes als Gottesknecht 332; ewiger Bund.
1. mit dem Sein 48; I. und Korre- (Jech. 16, 60) 469; J. und die sozi-
lation 100; I. von Macht und Recht alen Propheten 212 ff. 215 220 ff.
im Selbsterhaltungstrieb 266; I. 223 ff.; ״Hirt und Herde“ (Jech. 34y
zwischen Gerechtigkeit und Liebe 12 17) 246 330; ״Menschensohn*
bei Gott 310; keine I. zwischen Geist ( א ד םp ) 247 330; J. als Vorbildner
der Menschen und Geist Gottes 104; d. Psalmen 250: J. Anhänglichkeit
scheinbare I.-Verbin düng des Indivi- an den Ritual 328.
duums mit dem Leibe 361; I. vnn J eh u d a H a le w i: als religiöser Dich-
Religion und Sittenlehre als Erzeug- ter und als Philosoph 35; unter-
nis des jüd. Volkes 38 f. scheidet Vorschriften und sittliche
I d y lle : das messianische Zeitalter Grundsätze 415: Unsterblichkeit u»
keine I. 293; das I. der Seligen und Nähe Gottes 368 371; Vergeltung
die Malerei 350; das I. der Sukka und Bestrafung 371.
434. J e n s e it s : der mythische J.-Gedanke
J e c h e s k e l: J. und Sokrates 23; J. und der Prophet 291 293; Diesseit
Meister der politischen Praxis 31; und J. 295: das platonische u. das
• der Gottes wagen ( ) מ ר כ ב הin der messianische J. 343 f. 351 516; das•
Vision J. 78; J. und das Opfer 31 Himmelreich des J. und das Gottes-
204—208 221 224 230ff. 235 328; reich d. messianischen Zukunft 364 f .;
und die Entdeckung des Individuums Lohn und Strafe ihi J. 366 ff. 381
in der Sünde 25 212 215 ff. 220 ff. 383; das Verdienst der Väter u. das
223 ff. 235; ״das neue Herz () ל ב חד ש Problem der jenseitigen Welt 381 383.
und der neue Geist“ (Jech. 36, 26 27; J e r e m ia : J . der tragische Prophet 298 r
581
. die Bekehrung der Völker u. Wieder- (Jes. 6,3) 477; Vermischung von Gott
. herstellung Israels Grundproblem bei und Mensch (Jes. 40, 18) 4&7; Geißel-
J. 325; s. Patriotismus 31 326 f .; rede über die Götzenbildner (cap. 44)
der ״neue Bund“ bei J. (31, 31—34) 6 4 ff.; der ״neue Geistu () רו ח הד שה
. 95 102 206 222 227 327 329; gegen bei Jes. .95 329;. die Verwerfung des
d. Opfer (Jer. 7, 22) 203 387 419 Opfers. (Jes. 1, 10—'20) : 202 f. (vgl.
• (vgl. ,328); Schuld und Strafe (Jer. 328); Opfer und Unrecht (Jes. 1, 13
;; 31, 29 30) 222 f.; von J. zu Jecheskel 15) 201 f .; Gottesdienst und soziales
j 224 227 239 246: Gottes Allgegen- Mitleid (Jes. 58, 7) 172; der Sabbat
. ־wart (Je1\ 23, 23 24) 191); Gottes- (Jes. 56, 2; 58, 13) 184; ,.Hirt und
erkenntnis (Jer. 9, 22 ff.) 301: Gott Herde“ (Jes. 40, 11) 246: Volk und
der Gute (244 ( ; טו בdie Liebe zw. messianische Menschheit 298: der
Gott und Israel (Jer. 31, 19) 458; messianische Universalismus (Jes. 2,
Bund Gottes (Jer. 2, 2) 469); sozi- 2) 299: Patriotismus und üniversa-
; aler Sinn des Sabbat (Jer. 17, 27) lismus 308 331: die messianischen
184 ;׳der Ausdruck der :Sehnsucht Stellen (2, 1 - 5 1 0 -2 2 ; 4, 2—4: 9,
<■ bei J. 175 249; ״Hirt und . Herde“ 1 5 - 6 : 11, 1—16; 19, 12 21—25;
(Jer. 31,10) 246 325; ״Menschensohn“ 25, . 6 - 8 ; 29, 18—21: 30, 26: 32,
(□* אדp) 247; messianische Stellen 15—17) 320—324; Israel u. d. Völker
. (3, 14—17; 23, 1—8: 31, 23; 31,31 am messianischen Tag (Jes. 66, 20)
bis 36; 33, 14 15: 46, 26; 48, 47; 325; Namen für d. Messias 309: Geist
49, 6 39: 12, 15 16) 325—328; Durch- d. Messias (Jes. 11,2) 102: d. ״Knecht
. prüfen der Wege (Kl. Jer. 3, 40) 238; d. Ewigen“ als d. neue Messiasbild
. der Gott der Wahrheit (Jer. 10, 7—10) im Deuterojesaja (41, 8 9 ; 42, 1 3
486 489 ; Wahrhaftigkeit des Herzens 4—8: 49, 5—8; 52, 13—15: 53) 307
(Jer. 32,41) 492; Gerechtigkeit und 331 ff.: das cap. 53: 315 33 2 -3 3 7
Liebe (Jer. 3, 20) 510: Friede und (vgl. 518): Gerechtigkeit als Attribut
Treue (Jer. 33, 6) 526 : Jesaia u. J. des Messias (Jes. 11, 5) 506; als
als Vorstufen für den Stil der Psal- Kennzeichen des messianischen Zeit-
men 250. alters (Jes. 26, 10) 506); Gipfel des
J e r u s a le m : 232 324 496 (als Symbol). Messianismus (Jes. 56. 7) 140; der
J e s a ia : neuer Begriff von Gott als ״Tag des Herrn“ (Jes. 13): 288 (vgl.
dem ״Heiligen Israels“ (Jes. 6, 3; 321); die künftige Welt (Jes 64, 3)
29, 19; 47, 4; 57, 15) 113 f. 240 244 368; Jenseits (Jes. 64, 3) 291: mes-
(vgl. 215): die Heiligkeit Gottes sianischer Trost (Jes. 25, 8) 20 323;
(Jes. 5, 16; 8, 13) 128 214 f. 245 506; Messias und Frieden (Jes. 53. 5) 528;
Heiligung (Jes. 8, 13) 120: das drei- Erwählung Israels 511: Menschen-
fache Heilig 113 466; der heilige Verachtung (Jes. 2, 22) 210: Haus
Geist (Jes. 63, 10 11) 117; Gott das des Gebetes (Jes. 56. 7) 453: Wahr-
einzige Sein (Jes. 44, 6; 45,6) 51; heit des Herzens (Jes. 24, 14) 492;
Unvergleichbarkeit Gottes (Jes. 40, die Demütigen (Jes. 61, 1) 505; Ge-
25) 51; Herrlichkeit Gottes (Jes. 6, 3) rechtigkeit (Jes. 58, 8) 507; Gerech-
53; Ewigkeit Gottes (Jes. 44, 6; 48, tigkeit und Liebe (Jes. 45, 19) 510;
12) 53 468; Gott und das Nichts Friede an Stelle des Guten 527;
. (Jes. 45, 7) 55 (vgl. 266); Gott Seelenfriede (Jes. 57, 19) 541; Friede
. ״Schöpfer des Bösen“ (Jes. 45, 7; 266 des Humors (Jes. 40, 1) 541: Humor
304 (vgl. 24 55): die Ehre Gottes b. J. 64; Ironie 66: seine Berufung
582
1
587
hältnis von Gott und Mensch 491; Seelenfrieden 530 f. vgl. T h ora
der Sinn des L. 260; L. und Schuld T r a d itio n , E r k e n n tn is , W issen .
26; Sünde und das Gesamtbild des L eh rer: Mose der Nationallehrer des
menschlichen L. 241; L., Tod und Monotheismus 88 91.
Sünde 260; das L. als Leiden des L e h r h a u s: das Bethaus als L. (בי ת
Menschen 265 310; L. und Seelen- 453 ( ה מ ד ר שf. 458 f.
prinzip 349 ff. 357; echter Wert d. L ehr stan d : L. und Prophetenschulen
L. in den sittlichen Ideen 311; die 303.
Heiligkeit als Ideal des L. u. der L eib : der Leib als Organismus und
Tod 356 f.; L. und Tod im Gebet Materie 361; L. und Seele 22 352 ff.
445 f.; Gott und L. 486; Differenz 361 393 f. 444. vgl. U n sterb lic h k e it ,
des anderen L. vom irdischen L. A u fersteh u n g .
356 (vgl. 383); der ״Bund des L.a L e ib n iz : L. und das Prinzip der le-
als Ausdruck für das Fortleben 376; bendigen Kraft 69: L. u. die deut-
das künftige L. als Ideal des sitt- sehe Aufklärung 283; L. und Mai-
liehen L. 371 (vgl. 388); — das monides 391.
0׳
ew ig e Leben als das unendliche L eid : Metaphysik des L. 21 157 265;
L. 413; das e. L. und die Frommen das L. als Wesen des Menschen 171
der Welt 388ff.; der Fremdling u. (vgl. 26): das L. und die Ethik 21 f.;
das e. L. 387; ״Ganz Israel hat An- und die Entstehung der Religion
teil am e. L.“ 384 ff. 397: die Wahr- 21 f.; L. als soziales Leiden 156 ff.
heit der Lehre und das e. L. 488; (soziales als geistiges L. 158); phy-
Gerechtigkeit u. der Bund des e. L. sisches und soziales L. 156—159;
507; der Friede als der Friede des L. und Armut 27 157 158 167 305
e. L. 544. vgl. E icig k e it, K o sm o s , 312 445 511: Spinoza und das so-
N a tu r tr ie b } Seele, Tod , W elt. ziale L. 163: der Arme als Stell-
L ehre: Ursprung der L. im Herzen Vertreter des L. 312 334 369; L. u.
und Mund (Deut. 30, 11—14) 94 f.; Mitleid 19 ff. 161 ff.; Schuld und L.
schriftliche und mündliche L. 30 f. 159 ff. 173 310 ff.; L., Schuld, Indi-
85 97; die geschriebene L. der Juden viduum 161; L. des Menschen L.
ist das ungeschriebene Gesetz der amMenschen (Strafe) 165 (vgl. 274)f.;
Griechen 97; nationale Fruchtbarkeit L. und Strafe 266 f. 511 (vgl. 310
der mündlichen L. 33; ihre Authen- 333); Sünde und L. 26 267 304;
tizität 303; Auflösung d. Offenbarung Sünde und L. (Strafe) nicht als Ur-
in Erkenntnis in der mündlichen L. sache und Wirkung zu denken 268;
303; Entstehungszeit der mündlichen L. u. Sündenvergebung 267; L. als
L. und das Bibelwort 464; Gesetz Staffel zur Erlösung (Buße) 268
und L. 399 431 436 (vgl. 403 f.); 270 f. 275; das L. Mittel, nicht
die Gewöhnung an die L. 452; Gebet Zweckvollendung (nicht Idealbild d.
u. L. 454 458 f. 462 464; die Wahr- Menschen) 267 269 270 275 ff.: der
heit der L. 488 489 f. u. das ewige Leidende leidet unschuldig für den
Leben 488: alte und neue L. bei Schuldigen 174 333 336; stellver- K
den Propheten 326; — das S tu d iu m tretendes L. im leidenden Subjekt
der L. als Grundform d. Menschen- 173: der Messias nicht Stellvertreter
wesens 412 f.; als Fundament der der Schuld, sondern des Leidens
Religion 414; St. d. L. als Inbegriff 310 ff. (vgl. 336 f. 269); das L. des
aller Gebote 454 530; St. d. L. u. Unschuldigen 11. die Gerechtigkeit
588
Gottes 372 (vgl. 153 160); das mes- L u. Sehnsucht 189 ff. 249 442 f.•
sianische Volk als Stellvertreter des sinnliche L. u .. Göttesliebe 185 f.
: L. 315; Gott und das L. 26.158 310; 249 44 0 ff.; ästhetische u. religiöse
das L. Erbteil des jüd. Stammes 35 L. 169 J88 189 440 f ; L. Gottes
173 174 275 f. 333 511; das L. Isr ; zum Menschen 172 f.; Sinn der L.
raels Symbol. Ausdruck für die Ver- Gottes 184 f .; L. und Handlung 188
söhnung mit Gott 276; . L. leidet für bis 192 ; Güte u. L. Gottes (Psalmen)
die Völker 269 f. 511; das L. Israels 245 f. 846 f. 443; die L. Gottes zum
י und die Bekehrung der Völker 333 Individuüm in der Versöhnung (Er-
336: das Erdenleid des Individuums lösung) 478 f . : die L. Gottes zu Israel
im Gebet 445; das L. als Indifferentes 173 f. (Ausdrücke dafür 175 457 f.);
i. d. Stoa 19 153 ff. und Spinozas die L. der Väter als die L. Gottes
. Seelenkunde 21: das L. im Pantüe- zu ihnen 378 384 396; die L. zwi-
ismus 265 f.: das L. der Tragödie sehen Gott u. der Gemeinde 458;
. 171. vgl. M essia s, M itle id , S tra fe , im Sabbat Inbegriff der L. Gottes
Übel, U n sch u ld. z. den Menschen 183 f.; die L. in
L e id e n s c h a ft : das Mitleid als L. der Gerechtigkeit Gottes, messianische
in der Stoa 162; Affekt u. L. 531; Zeit und Unsterblichkeit 369 f.; die
L. und Haß 531; Seelenfrieden und L. Gottes und das Weltgericht 469;
L. 529 531. . Chessed, Gunst, L. (388 ( ; א ה ב הL.
L e itu n g : L. der Welt durch Gott 288. und Ehrfurcht 481; L. und Beschei־
L ie b e : Die L. als Affekt 278 478 denheit 502; Wahrheit u. L. 502;
500 f .: L. und Erkenntnis (Gottes) Treue, Freundschaft, L. 521; Friede
. 58 f. 104 f. 169 189 367 f. 369 381 Gottes, Seelenfriede u. die L. 529;
412 481; Gerechtigkeit und L. An- — L. als ־Geschlechtsliebe 168 249
tinomie in der geschichtlichen Welt 440: L. u. Lyrik 189 f. 249 440 f.
299: L. und Gerechtigkeit Gottes 457 f.; die L. im Polytheismus, Pan-
87 109 114 245 260 f. 290 299 310 theismus, Monotheismus 59. vgl.
359 369 f. 508 (511 ( צ ד ה ה ו הסד: M ensch en liebe, N ä ch sten lieb e, G ott,
L. innigster Ausdruck der Korrelation G erech tigkeit, H in g a b e, L y r ik .
zwischen Gott und Mensch 105 478; L ie b e S tä t ig k e it (“iDH )ג מילו ת: L.
Verehrung, L., Dienst begriffliche als Vergeltung für die Wohltaten
Einheit 59 307: das Problem der Gottes 411 f.; Wohltätigkeit (Almo-
religiösen L. 168—192; ihre drei sen) und L. 176 412 413 479 509;
Grundformen 169 478 u. die vierte L. und Wahrheit 486: L. u. Liebe
Art 478; religiöse L. beginnt mit 502 f.
der Menschenliebe 171 f. 478: Gebot L ite r a tu r : religiöse L. als Quelle
der L. des Fremdlings 148; Grund- des jüdischen Volksgeistes 36: die
gebot der L. zu Gott 91 185; die Bibel als nationale L. 84; d. Quellen
L. des Menschen zu Gott 185 ff. des Monotheismus national-literarisch
440 ff. 479; L. zur Idee als L. zu bedingt 43 633: die literarische
Gott 187—191; L. und Gottesbegriff Eigenart des alten Israel 272; der
1851*.; L. zur Sittlichkeit ist L. zu Friede des Humors in der jüd. L.
Gott 192; die L. zu Gott als psy- des Abendlandes 541: die moderne
chologische Grundform der Religion Bibelforschung will Literaturge-
441; L. zu Gott bedeutet d. Willen schichte sein 337.
58; L. zu Gott und Annäherung 482 f.; L itu r g ie : 1. Dichtungen als histori-
589
sehe Quellen 35; die alte L. u. ihre L. 171; das Pririzip der L. in der
Fortsetzung im Ma. 35; der Name Ethik des Aristotelismus 475.
Gottes in d. L. 408; die 13 ״Eigen- L yk u rg: 98.
schäften“ in der L. yon Neujahr u. L y r ik : Sehnsucht und L. 189 190
Versöhnungstag 261 ; die L. des 249 442 492; die Liebe in der L•
Versöhnungstags u. des Neujahrs 189 f. 249 440 457 f .: die lyrische
256 ff. 260 f. 467 ff. (vgl. 247). vgl. Stilform der Psalmen 111 249 846
A g en d e, Gebet, M u ssafgebet, H y m n u s . 440 ff. 457 492; L. der Psalmen nur
L ö s e g e ld : Freilassung statt L. 509. ohne Plastik möglich 67; die L.
der Psalmen und die Entdeckung d.
L o g ik : L. und Wissenschaft 196;
heiligen Geistes 124; und das Opfer
״L. der reinen Erkenntnis“ 73; log.
250; und die Wahrhaftigkeit 490;
Entfaltung der Ideen und die Ge-
lyrische Liebe und Gottesliebe 440 ff.
schichte 206 f .: log. Bedingtheit d.
457 f.; Verhältnis von Gott und
Werdens durch das Sein 74; L. u.
Mensch Problem der monotheistischen
Ethik 123 169 217 283 381; L. und
L. 67 (vgl. 801); L. eine jüdische
Recht 32; L. u. Religion 188 485.
Volksquelle 80; L. in der hebr.
L. der Prinzipien und der Mono-
Poesie 44: die Wirklichkeit als un-
theismus 70 (vgl. 123); L. u. Pro-
endliche Ferne in der L. 441; die
phetismus 105; ein e L. in allen
deutsche L. und die Psalmen 496.
Stilformen der mündl. Lehre 33,
vgl. P o esie, P sa lm e n .
log. Theorie u. das Gesetz 32; L.
und Ethik im Schöpfungsproblem 76
M acht: Mythos und M. 290; der
78 81; die log. Bedeutung der Ver-
Machtbegriff der Geschichte 811;
einigung in der Korrelation v. Gott
Identität von M. u. Recht im Selbst-
und Mensch 122. vgl. E r k e n n tn is ,
erhaltungstrieb 266; nicht die M. in
E th ik .
Gott anzusprechen, sondern sittliche
L o g o s: das Mittelwesen des L. 55 f. Kräfte 289.
116 236; Plato, Philo u. der L. 56 M aim on id es: M. Klassiker des Ra-
124 281. vgl. P h ilo . tionalismus 73 891 415 f. 418; Grund-
L oh n: L. und Strafe 155 299 im Jen- tendenz, alle Dogmatik in ethischen
seits 366 f. 381: das Problem der Rationalismus aufzulösen 365 (vgl.
Vergeltung u. der L. 378ff.; Pflicht 189 391 456); M. Brennpunkt des
u. L. 379 (der Talmud darüber 3811); Kampfes an der Grenze von Religion
Befolgung der Gebote u. L. in Thora u. Philosophie 34 (vgl. 497): M. u.
und Mischna 379 413: L. und In- Aristoteles 369 371; M., Spinozaj
dividuum 380; Handlung, L. und Kant, Leibniz 391; ״Buch der Ge-
Staat (Volk) 3791 413; d. Gebot setze« (437 421 ( ; ס פ ר ה מ צו תFor-
der Elternehrung u. die Lohnver- mulierung der Glaubensartikel 431;
heißung 379 413; der L. des Ar- Deutungen des Gottesnamens El
beiters 180. vgl. S tra fe , V erdien st. schaddaj 45 f .; das Problem der
L ü g e: Verbot der L. 4981; L. und ״negativen Attribute« 71 7 3 ff.: das
Ehre 499; L. gleich Götzendienst Problem der Schöpfung 72 ff. 78;
500; hebr. Benennungen 498. vgl. M. zur Offenbarung am Sinai 86.
W a h rh a ftig k e it. die Eigenschaften Gottes 109: M.
L u st: L. und Unlust 7 269 368 393 und die Nähe Gottes 369 371; Gott
532; religiöse Liebe u. ästhetische als Gott der Wahrheit 488; gegen
590
495 497 503 und die Wahrhaftigkeit 306); Erlösung Israels als Erlösung
497 und die Demut 503. vgl. I n d i- der M. 220 276 f.; Versöhnungstag
v id u n m , Seele, G ott, M itm en sch . Symbol f. d. Erlösung der M. 277;
Men sehen ge s c h le c h t : d. Schöpfung die Idee des Messias u. die M. 278
bedeutet Erhaltung des M. 175; d. ! bis 816; Mensch, M., Gott der M.
Einheit der Menschen d. Ewigkeits- in Ethik u. Religion 278ff. 471 (vgl.
wert der M. 300: Entwicklung des 517); die messianische Erwählung d.
M. im Messianismus 340 3431 361 M. 174 286 322 339 496; die Idee
(vgl. 288 294); Gott, Israel u. das der M. in ihrer geschichtl. Entwick-
M. 174. vgl. M en sch h eit, E rz ie h u n g , lung 281—284; Autonomie zw. Volk
E n tw ick lu n g . und messianischer M. als Schwer־
M en sch en h a ß s. H a ß . punkt d. jüd. Geschichte 298; der
M e n sch en leb en : der Wert d. M. 260. einzige Gott u. die messianische M.
M e n sc h e n lie b e : die allgemeine M. 496; d. Zukunft der M. als Inhalt
in der Religion 168ff. 386ff.; die des Bundes m. Noah 295; die Ge-
religiöse Liebe beginnt mit der M. schichte als Idee d. Zukunft der M.
171 1 478: Gottesliebe u. M. 168ff. 294f. 3081; Individuum als Indivi-
521; Gott, Israel u. die allgemeine duum der M. 362; der Messias als
M. Gottes 1731; Mitleid u. M. 1691 Vater der M. 362; Weltregierung
529: Armut Urform derM. 172; die Gottes u. der Bund derM. 468: die
M. als messianische Konsequenz des Gebete Israels u. die messianische
Monotheismus 386: Menschheit, M. u. M. 458 466 4701; die Demut sach-
Geschichte 309; die M. und Gottes lieh es Fundament der messianischen
Schöpfung des M. 138; Liebe u. M. 521; M. 504; die menschliche Tapferkeit
Selbstliebe undM. 478; Bescheidenheit d. Juden als menschheitliche Tapfer-
als Stütze der M. 502: die M. und keit 5171; die Geschichte der 1־eli-
die Götzendiener 139; das Gebot d. giösen M. 236. vgl. M ensch en ge -
M. und der ״grundlose Haß“ 533; schlech t, M e ss ia n is m u s. '
die M. im Talmud 138. M e n s c h lic h k e it; die empirische M.
M e n sc h e n o p fe r : 200 236 399 469. 276; Urgepräge d. allgem. M. in d.
M en sch en soh n (□330 2471 :(; בן אד Religion 9; Heiligkeit ist ideale M.
vgl. M ensch. 300; die Sünde als S. der M. 235;
M en sch en tu m : Selbstläuterung des Harmonie der M. als Tugend 526.
M. 263; der Prophet (Hiob) Symbol M e ssia n ism u s; M. u. Eschatologie
des M. 268: die Tapferkeit Triumph 57 3401 3431 3611 364 516; M. u.
desM. 516; 265; 2741 Utopismus 125 365; d. Wissenschaft-
M e n sch en w ert s. W e r t . liehe u. der messianische Idealismus
M ensch en w ü rd e s. W ü rd e . 342 ff.; Moralismus u. M. (b. Micha)
M e n sch h e it: der Mensch als M. in 318: Eudämonismus vom M. abge-
der Ethik 16 ff. 22; der Mensch als löst 365; M. u. Optimismus 535;
Mensch d. M. 28211 456; Idealität messianische Religion u. Weltreligion
des Menschen in der Einheit der M. 35; M. als Konsequenz d. Mono-
300; die Würde des Menschen in d. theismus 24 300 309 3451 386 471
Idee der M. begründet 57: M. als (von Herder erkannt 284); M. und
Allheit im Begriff d. Erlösung 220; Monotheismus in der Unsterblichkeit
Monotheismus und M. 174; Israel d. Menschengeistes 362 397 398; M.
als Symbol der M. 174 297 496 (vgl. I u. Natirmalgeist (Partikularismus)
593
284 ff. 2981 305 ff. 325 ff. 328 329 Ewigen“ 59 306 f. 331 ff. 496; der
332 424 427 517 (vgl. 84ff.): messi- Geist Gottes im Messias 102: der
anische Idealisierung der National- heilige Gei§t und der M. 118 302
geschichte Israels 309; der M. Sinn 321; die soziale Bedeutung des M*
der jüd. Geschichte 314 ff.; M. tilgt 307 372; die Symbol. Leidensgestalt
Unterschied zw. Ideal u. Wirklich- d. M. 269 275; der M. Stellvertreter
keit 25; M. ist Herrschaft d. Guten d. Leidens, nicht der Schuld 310 ff.
auf Erden 24; die Motive i. d. Idee (vgl. 336 f.); der M. Symbol f. Israel
des M. 287—316 (Mythos d. Welt- 269 307; der M. immanent i. Men־
Untergangs 287—290; Insel d. Seligen sehen 300; nationaler u. menschheit־
291; das goldene Zeitalter 292—294: licher Beruf d. M. 332: der M. als
die Flutsagen 295; der jüd. Staat Vater d. Menschen 362; d. unendliche
295—299; d. Heiligkeit Gottes 299 Entwicklung d. Menschenseele u. d.
bis 300: die kulturelle Eigenart unendliche Kommen d.M. 370; Bedeu-
Israels 300—304; der ethische Rigo- tung des M. als Idee 293; d. Namen
rismus 304—305; Niederlegung d. f. den M. 309 321; das Messiasbild
nationalen Schranke 305—306; Idea- 313; der Friede als Wirkung des M.
lisierung d. Messias 306—307; Idea- 324 527 f. 542; d. Wahrhaftigkeit i.
lisierung d. Natiohalgeschichte 307 Glauben an den M. u. d. Messianis-
bis 310: d. Begriff d. Stellvertre- mus 496: Gerechtigkeit als Attribut
ters 310—313; Israel als Gottes- d. M. 506: — d. messianischen Stellen
knecht314—316); jüd. Gotteserkennt- b. d. Propheten erläutert 317—347;
nis u. der M. 302; d. ״Rest Israels“ Mendelssohns messianische Tendenz
u. der M. 305 f. 314ff.; der messia- 421 f. vgl. (lo ttesreich , P ro p h eten ,
nische Leidensberuf Israels 315 336; Z e ita lte r .
der messianische Völkergedanke 298 M etaph er: die Liebe als Mitleid
322 ff. 327 f. 339; die messianische keine M. 171; die M. von Gott als
Zukunft als Ideal (i. Gegensatz zu Vater der Menschen 175.
Gegenwart u. Vergangenheit) 293f. M e ta p h y sik : M. der Naturlehre 77;
340 ff. 343 f. 361 531; Aufhören der M. und Ethik 19 164 283; und Re-
Sünde im M. 345 f.; das Gesetz im ligion 70 164: das metaphysische
messian. Zeitalter 430: Buße u. M. Problem von Sein und Werden zum
330; Auferstehung u. M. 331; M. ethischen 80: das metaphysische
Bürge f. d. unendliche Entwicklung Bewußtsein beginnt mit den Göttern
d. Menschenseele 361: M. und Un- 169: Einheit Gottes und die M. 41;
Sterblichkeit (ewiges Leben) 355 363 die Platonische M. und die Gottes-
364 ff. 371 387 ff. 389 395 f. 397 f. lehre des Judentums 516; Kausalität,
516: der Ausländer als Mitmensch M. undTeleologie 252 (vgl.241): dieM.
u. d. M. 140 386 ff. : M. u. ethischer des Leidens 21 157; die metaphysische
Sozialismus 365; Isolierung und Charakteristik des Mitleids (Schopen-
messian. Mission 424; die Gemeinde hauer) 20 f. 163 f. 171; M. des Pes-
Israels u. die messian. Menschheit simismus 21; Physik und M. in der
456 458 466; die Erwählung Israels talmudischen Terminologie d. Schöp-
u. die messianische Erwählung der fung 78.
Menschheit 174; d. Idee d. M e ssia s M eth od ik : Scheidung der Methoden
u. die Menschheit 278—316; Idea- und Einheit der Methoden 78;
lisierung des Messias im ״K n e c h t d. die wissenschaftliche M. im Ver-
38
594
hältnis ■•».von Philosophie und Ge- religiösen Geboten 257 411 ff. ; die
*schichte 207; M. der Geschichts- Frommen1 der Völker der Welt 389;
Philosophie 430; die Wahrheit und Handlungen zum Namen Gottes 408;
die M. der Wissenschaft und der Gesetz als Zaun der Lehre 436;
Religion 157-485 498; die'M. in d. das Studium der Lehre wiegt alle
Schätzung des Talmud '106 f.; me- Gebote auf 454 530; Einteilung der
thodischer Akt des philosophischen Tugenden( ־Aboda Sara 20b u. Sota)
Bewußtseins bei Aeschylos 198 ;־M. 479 ff. 483 504; Pflicht der Wahr-
und Inhalt in der Ethik 15 279 400; haftigkeit 498. vgl. ‘ S prü ch e d er
die M. 1der Ethik *und die Religion V ä te r , ’ T alm u d. ־
18 f. *27 194 • 265 •278 ff. 311 400 (s. M issio n : die M. Israels 315: histo-
״Ethik und Religion“ unter ,E thik)-. rische M. und historisches Schicksal
die Religion als methodisches Problem 333; Seelenfriede u: geschichtliche
im System der Phylosophie 14 f.; M. 531.
die wissenschaftliche M. u. die Be- M itg e fü h l s. M itle id :
hauptung d. Absolutheit d. Christen- M itle id : Leid und M. 19 ff. 161 ff;
tum s 429; meth0 dologische B edeutung metaphysische Charakteristik des M.
der Quellen des Judentums 28; me- 20 f. 164 171; Schopenhauer und
thodischer Unterschied in der Be- Spinoza über das M. 20 163 f.; die
deutung der Gründe für die Gesetze Stoa und das M. als Affekt 161 ff.;
416: das Individuum u. die metho- das M. als psychischer Faktor 161 ff.;
dischen Mittel der Geschichte* 15. M. keine Reflexbewegung 21 163 165;
M icha: die messianischen Stellen bei M. als ethischer Faktor 20 164 165 f.;
M. (4, 1—4 11—13; 5, 1—3 6—7 M. und sozialer Gedanke 163; das
9—12) 318—320: Aufhören der M. mit ' dem Armen und die Ent-
Kriege (M. 4 5 0 6 (3 ;׳M. 6, 8: 39 stehung des Mitmenschen (M. und
201 247 502 f. Religion) 164—167 170 f. 266 (vgl.
M ic h a e lis , Johann David: M. und 22);' das M. als Urform d. Menschen-
der Zusammenhang des Fremdlings liebe 169 f. 529 ; Gottesdienst und
mit dem Nächsten 145. soziales M. 172; Liebe u. Mitleid
M id rasch : 31 32; philosophische Gottes zu den Menschen im Sabbat
Spuren 34; biblischer Urgeist im 184; Mitfreude u. M. 538: M. in d.
M. 463: Gedankenfreiheit 430; Kain antiken Tragödie 161.
und Gottes Vergebungskraft 378: M itm en sch : Nebenmensch und M.
Handlung das Dokument des heiligen 132 f. 159 160 164 170 188 193: die
־Geistes 125: Israel Braut Gottes Ethik beruht auf dem Problem des
458; Unsterblichkeit und Aufer- M. 133; D ie E n td e c k u n g d es Men-
stehung •364 ;• Abfassung der Gebete se h e n a ls M. 131—167; der Mensch
im M. 463. ■
; ־ ' als Lebewesen schon M. (im Noachi-
M ikr okosm us: der M. des Menschen •d e n ) 142; die Vorbereitung des M.
280 f. 349. - in den Anfängen des bibl: Mono-
M ild e (388 ( ה ס ד. ׳theismus 135—138; der Ausländer
M isch n a: philosophische Spuren 34; als M. 140; der M. als Glied eines
der Noachide in den ältesten Be- Volkes‘ u. die Mehrheit der Völker
richten der M. 143 ; Feier des alten 134; der Mensch als M. in der Kor-
*Versöhnungstages 255; ; Unterschei- relatioh von Gott ־u. Mensch 133;
düng von rein sittlichen und rituell- Gott u. der Fremdling als M. 144
595
über dem Götzendienst 60 274 (vgl. M ose: die Berufung Moses 4 5 f. 49;:
139); M. und Kunst (Plastik) 61 ff.; die Gestalt Moses b. d. Offenbarung
M. u. Prophetismus 154; monotheist. am Sinai 86; M., Gott und Israeli
Heiligkeit 1661; die Mission des 87 ff. 284 502: M als Vermittler,
heiligen Geistes im jüd. M. 122; Verkünder und Lehrer 88 91; s. Rede
der M. und der Fremdling als Mit- im Deuteron. 29; Moses tragisches
mensch 144; der M. und die rel'igi- Leben u. Tod u. der reine Mono-
Öse Liebe 169 ff. 386 440; die Sitt- theismus 88 f. 120; der Mann M. 89;
lichkeit des M. im Sabbatgesetz M. und das Ewige 98; M. und der
181 ff.; M. und Sünde 223; M. und heilige Geist 1171; M. u. die Heili-
זOpfer 232 ff.; die Versöhnung Angel- gung Gottes 881 120; M. steht über
* punkt des M. 253; Tragik des M. Aron 303; Moses Demut 89 313 502;
im Begriff des Menschensohns 248; M. und die Gemeinde (Ex. 32,32)
der Versöhnungstag Tag des M. 466; M. und die Rotte Korah 509;
259 ff. 263;. Kulturtiefe des reinen M. M. und das Gesetz 434.
im öffentlichen Sündenbekenntnis Motiv": Verstrickung neuer u. alter
256; das Leiden symbolischer Aus- M. in der Geschichte 2061
druck für die Aufgabe des M. 276; M otor: der Affekt als M. des reinen
der M. Trost der Geschichte 185; Willens i. d. Ethik 165.
M. und Menschheit 174; M. Ursache M overs: 182.
für den Begriff der Weltgeschichte M u ssa fg eb et: M. d. Neujahrs 4671L
309 (vgl. 290); M. u. Messianismus (vgl. 260).
s. M e s s ia n is m u s ; das messianische M y ste rie n : die Propheten und dio
Zeitalter als Erfüllung des M. 338; Eschatologie d. M. 27; kein Mysterium
Mythos, und M. im Problem der Un- i. d. Offenbarung 97.
Sterblichkeit 3571; Gesetz und M. M y stik : Intellektualismus u. M. 36;
4231 432; Gebet und M. 438 ff. 470; M. und Monotheismus 106 125; Ver-
Psalm und M. 30 250 439 ff.; Gottes- bindung von Gott u. Mensch in der
haus u. M. 4541; M. u. hebräische M. 122 127 191 249; Scheidung v.
Gebetsprache 465; Poesie, M. und Religion und M. im Problem der
Wahrhaftigkeit 4951; Eigenwert d. Unsterblichkeit 360 368 370 ff. 395;
jüd. M. u. die andern Formen des Platos Seelenbegriff u. die M. 393;
M. 428 ff. 4601: M. im Islam 1071 d. Heiligkeit Gottes, die M. und
281 im Christentum 281; M. und Jesaia 1281; keine M. in der Sünden-
persischer Dualismus 55; M. und Vergebung Gottes 251; die Wahrheit
Sophistik 528; M. u. Aberglaube 272 d. Erkenntnis und die M. 488 (vgl.
M oral: Unterscheidung zw. dem Reli- 157): M. und Pessimismus 535; der
giösen u. Moralischen 155; Moralis- Tod in der M. 1561; M. und Ge-׳
mus die Seele des Messianismus b. meinde 256; M. isoliert das Indiyi-
Micha 318; innerer Zusammenhang duum im Gebet 456.
d. Prophetismus mit wahrhafter M. M yth o s: Mythologie und Religion 14
156; Moralisieren als Pflicht u. die 23 167 197 222 290 350 355 357
Religion 384; das moralische Be- 363; Mythen u. Sagen im Beginn d.
wußtsein u. d. Treue 525; d. stoische jüd. Nationalliteratur 29 48 93; d.
M. 162; die pantheistische M. 266. Monotheismus wächst aus dem M.
Mord: 143 383 517. heraus 70 84 100; die mytliolog.
M osaism u s: 85 120 203 204 510. Ansicht d. Schöpfung u. ihre Ober׳־
597
Windung 74ff. 78ff.; das mythische schichte 115; Friede und N. in der
Bewußtsein i. Polytheismus und der Weltbetrachtung 534.
Monotheismus 160 167 169; Heilig- Name: der N. Gottes 338 408 467,* .
keit im M. 111; mythol. und mono- der einzige Gott u. der einzige N.
theistische Liebe zu Gott 190: 408 429 467 518; der N. Gottes u.
mytholog. Ursprung des Opfers 202 das Gottesreich 409; Heiligung des
238 (vgl. 199); mythische Vorberei- göttlichen N. als Grundgebot 330
tungen des Messianismus 287 ff.; d. 409 f. 118/
Seelengedanke im M. 290 ff. 348 358; N a s ir ä e r : 409.
der M. feiert die Macht !290'; der M. N a tio n a l: der Mensch als n. Mensch
der Unterwelt u. der jüd. Geist 290f. 282; n. Sonderheit (Volk) u. Univer-
341 367 394; die mythische Unsterb- salismus 286 (vgl. 496); n. Geschichte
lichkeit 349 351 355 357 ff. 360 363 als Beginn der jüd. Nationalliteratur*
366 ff. 370ff.; der M. das Morgenrot 29; Naivität in der Bearbeitung d.
der Kultur 293; Abstraktion u. M. n. Urgeschichte 44: das Ewige als
bei Plato 349 394; .Schuld als Lei- Grund der n. Geschichte 98; der In-
densgrund in M. und Tragödie 159 halt der Offenbarung u. die Konti-
212. vgl. M ystik . nuität der n. Geschichte 90 f .; der
n. Ursprung u. die ״Satzungen und
Bechte“ 91; Quellen des Monotheis-
N a ch b a r v ö lk er: 327. vgl. Volk. mus n.-literar. bedingt 133; die n.
N a c h le b e n : das N. nach d. Tode Aufgabe des Monotheismus und der
156; vgl. A u fersteh u n g , U n sterb lich - n. Gegensatz zu andern Völkern 134;
keit. die n. Geschichte als Unterlage für
N a c h le s e : 177 508. die Liebe des Fremdlings 148 169;
N ä c h s t e : der Fremdling als N. 144f. die n. Geschichte u. d. Gottesknecht
(vgl. 138); der N. falsche Über- 314ff.; n. Geschichte u. das Gebot
Setzung von Bea (462 ( ר עf. vgl. der Elternehrung 446: n. Geschichte
A n d ere. u. Sozialpolitik 386; der 11. Vorzug
N ä c h s t e n lie b e : der wahrhafte Sinn des Leidens in Israels Geschichte
d. Gebotes d. N. 144: die N. und 275 f.; n. Geschichte Israel als Sym-
d. Gebot der Liebe d. Fremdlings bolik 496; der n. Sinn des relig.
148; die geschichtl. Quellen der N. Judentums 36; Propheten u. Natio-
169; כ מוךb. Gebot der N. 183: die nalismus 31: Propheten gegen n.
Verleumdung der jüd. N. 462. Hochmut 306 329; n. Originalität u.
N a ch w u ch s: N. im siebenten Jahre güttl. Offenbarung 84 f. 284: nur
177 508. Gott gründet dem Monotheismus
N ä h e: die N. Gottes 91; ״N. Gottes“ eine n. Stätte 89; Durchdringung
nicht Vereinigung 191 368; die N. n.־polit. mit monotheist. Motiven im
Gottes 1t. die Unsterblichkeit 368 f. Deuteron. 87; n. Erinnerungen und
380; die N. Gottes u. die Sehnsucht messian. Gedanken bei Micha 319;
des Gebets 442; N. und Verzeihung n. Schranke u. Messianismus (״Best
Gottes 249: ״N. Gottes“ im 73. Psalm Israels”) 305f. 307 314ff. 326 328
20 190 249 380; N. u. Annäherung 329; n. Urwüchsigkeit u. das Ge-
) (התקרבות191 369. schichtsbild der messian. Zukunft
N a iv it ä t: die N. im Stil der Bibel 308; n. und menschheitl. Beruf des
44 272: der naive Gang der Ge- Messias 332; der ..Tag des Herrn“
598
a's n. Ehrentag 289; das Gesetz jahr u. Gottesbegriff 183 (vgl. 42):
als n. Ferment 423; n., religiöse, Widerstreit zwischen N. u. Messia-
staatl. Isolierung 424 f .; der histor. nismus 284ff. 298f. (vgl. 84ff. 005f.);
Instinkt der N a tio n und das Gesetz die epische Urform des N. 44; der
402 : die alten Formen des Kultus griechische Geist u. die neuen Volks-
und der 11. Geist der Völker 423; geister 297; d. Sittlichkeit des griech.
Nation u. Staat 525 ff. u. die Ent- Volksgeistes i. d. ungeschr. Ge-
Stellung des Zionismus 4jß5; jüd. setzen 96; Volksgeist u. Hegelscher
Religion, jüd. Staat, jüd. Nation 425; Weltgeist 424. vgl. Volk.
— Nation und N a t io n a lit ä t 427; N a t io n a lg e s c h ic h t e : N. noch nicht
jüd. Nation u. messian. Ideal 427: Geschichte 309; messian. Idealisie-
Erhaltung der jüd. Nationalität als rung der N. Israels im Deut. 309.
יNotwendigkeit 427 430; jüd. N. und N a tio n a lis m u s : der N. d. Deuteron.
Religion 428ff.; die staatenlose N. 86 309; der N. der Erwählung über-
Symbol für die Einheit der Staaten- wunden 339; Messianismus und N.
bund-Menschheit 298: der staatlich- 507. vgl. X a tio n a L
nationale Gesichtspunkt und d. hebr. N a t io n a llit e r a t u r : die Literatur d.
Gebetssprache 459 461. Juden als N. 28ff.; die Bibel als
N a tio n a lis m u s \ nationale Literatur 84.
v .. , . , .., > s. n a t io n al.
Nationalität f N atu r: N. im Problem Werden und
N a t i 0 n a 1b e w u ß t's e i n : N. als ge- Sein 77; N. und Gott im Sein 52;
schichtliches Bewußtsein 373; N. u. Korrelation zw. Gott und N. 136
Monotheismus im Deuteron.. 86 90 429 444; Einheit Gottes und die N.
232 (vgl. 284); der Gedanke d. Er- 41 f. 68; Gott u. die Schönheit der
wählung, das N. und d. Monotheis- N. 54; Teleologie der Sittlichkeit
mus 173 (vgl. 305); das N. ruft als aus der Kausalität der N. 54: Zu-
Menschen zunächst die Israeliten an sammenhang der Menschen mit der
133: Menschheitsgedanke (Messianis- N. 444; — N. im Mythos 294; N.
mus) u N. bei den Propheten 285 ff. bei den Eleaten 46; Selbständigkeit
305 ff. 308: Jeremia gegen das N. der N. im griech. Denken 55. vgl.
298: Nationallehrer (Mose) und N. , ,
Kosmos Pantheismus TJniversum,
88: das N. und der Schatz d. ״Ver- W e lt
dien-stes der Väter” 376. N a tu r e r k e n n tn is: sittl. Erkenntnis
N a tio n a lg e fü h l: N. u. Menschen- und N. 126 299; N. u. Wahrheit
liebe 138: der Gott der Gerechtig- 484: N. und Geisteswissenschaften
keit u. die Kränkung des N. durch 416.
die Propheten 285; N. und ,,ה ל כ ה N a tu r g e s e t z lic h k e it : 262 265.
33 “ ל מ ש ה משיני. N a tu r in stin k t: N. des jüd. Volkes
N a t io n a lg e i st: N. Urgrund für die als letzte Ursache für die kultur-
Individuen 28: Ursprünglichkeit d. geschichtl. Eigenheit d. Messianis-
N. in den literar. Quellen d. Juden- mus 341.
tums 28 ff. 35 f.; Israels Volksgeist u. N a tu rfried en : 293 321 323 340 534;
der einzige Gott 28 30; Monotheismus vgl. W e ltfrie d en .
Schöpfung des jüd. N. 42; Urkraft N a tu r p o e s ie : N. im Ps. 104: 54;
des N. in der ״mündl. Lehre“ 31 33; N. bei Hosea 317.
Doppelheit des einheitl. N. 31; N a tu r r e c h t: N.- und Völkerrecht
Originalitätd. Volksgeistes im Sabbat- 283; N. und Naturreligion 416; der
599
0. und das Deuteron. 84 ff.: 0. und 0. und Gesetz, 399 401 404 405
d. ״Satzungen u. Rechte“ 90; 0. u. 409;' Opferung Isaaks 469; Opfer-
die Tradition 303; der Dekalog die Symbolik als Entstellung der Wahr-
eigentliche 0. 85; kein Mysterium heit 491 f. vgl. Jecheskel, P r ie s te r .
in d. 0. 97; das Ewige, die 0. und Opf e r g e s e tz g e b u n g : 32 115.
das a priori der Erkenntnis 97: der O p fe rk u ltu s: 399 419.
Mittler Moses u. die 0. 88 f. 284 f., ־O p fe r r itu a l: 233 336 251 () כ פ י ה
die erste 0. und der Gottesname 46 254 f. vgl. O pfer.
49 f.: hebr. Ausdruck für d. 0. 92; O p p o r tu n ism u s: 384 434 498 508.
0 . und der Noachide 386 : 0. und O p tim ism u s: 0 . und Pessimismus
Unsterblichkeit 397: 0. und Gesetz 21 522 535; 0. und Messianismus
400; Wochenfest als Fest der 0. 402; 535; 0 . des Psalms (73) 20.
vgl. Theophcm ie. O r estes: 198.
O n k e lo s: 186. Organ: Vernunft 0. der Begriffe 6.
O n to lo g ism u s: 0. und Attributen- O rgan ism u s: descriptiv gewonnener
lehre 52; 0. kein Schutz gegen Pan- Begriff des 0. 2; geistiger 0. 4;
theismus 52. der Leib als 0 . 361; d. Stoffwechsel-
o p era su p e r e r o g a to r ia : 377. O. und das Ich 19.
O pfer: 0. und Gesinnung 32; 0. u. O r ie n t: 0 . und Occident 515.
die Einheit Gottes 32; d. Heiligkeit O r ig in a lit ä t: nationale 0. und gött-
und das 0. 111 113 115 126 355 liehe Offenbarung 85; sittliche 0.
409; 0. u. Sittlichkeit 113 115 224 des Monotheismus im Sabbatgesetz
409; 0. und die Korrelation von 183. vgl. U rsp rü n g lich k eit:
Mensch u. Gott 233 236 399 401; O r p h isc h e T h e o lo g ie : 199 350.
das 0. und die Götter 199 f .: 0. u.
Kultus 200 f. 203 ff. 231; 0. und P a n p sy c h ism u s: 360.
Gebet 438 467; — mytholog. Ur- P a n th e is m u s : 243; P. nicht Reli-
Sprung des 0. 202; 0. im Deuter, gion 47; Religion u. Sittlichkeit im
und bei Jecheskel 31: Kampf der P. 38; P. ästhet. Idealisierung der
Propheten gegen das 0. 200 ff. 221 Natur 64; setzt Identität zw. Natur
(vgl. 318) 328 399 491 ff.; Grund- u. Gott 429: Ontologismus kein
fehler des Tieropfers 200 491; 0. Schutz gegen P. 52; Verneinung d.
u. sittliches Unrecht 201 ff.; Satzung j Seins der Welt kein Schutz gegen
und Recht anstelle des 0. im Deu- | P. 68; Unterscheidung d. Mono-
teron. und bei Maimonides 203 386f. | theismus vom P. im Begriff d.
vgl. 419; Umformung des 0. bei Schöpfung 74, im Problem von Sein
Jecheskel und seinen Nachfolgern und Werden 77, in der Vereinigung
204 ff. 230 f. 232—238 328 399 f. d. Menschen m. Gott 83 122 124
491 f . ; Demut als Ersatz des 0. 466 י 127 191 262, im Begriffe des In di-
(vgl. 250); 0. und Versöhnung 221 j viduums 124, in der Unsterblichkeit
400; 0. und individuelle Buße 230 i 360: Monotheismus, P. und die Welt-
234 238; 0. und die Einheit der regierung 468 ; der heilige Geist in
Gemeinde 231 234; 0. und die Ver- P. und Judentum 123 f (vgl. 262);
tiefung des Monotheismus 232 ff.; Gottes Liebe als ästhet. Liebe im
0. nur für die Sünde d. ״Schegaga“ P. 188; amor intellectualis 347; P.
234 ff. 255; das 0. ״vor Gott“ 233ff.; und das Leiden 265; das Selbst in
0. und die Lyrik der Psalmen 250; P. und Religion 266; der Seelen-
601
P. und Sittlichkeit 498; Religion u. 474 f.; eth. Pr. u. Religion 22; The-
P. bei d. Propheten 29 467 u. soz. orie u. Pr; bei Sokrates u. d. Pro-
F»ag6 26 29 148f. 154 167 289. pheten 166.
846; p. Bedeutung des Israeliten 133; P r e d ig t: P. im Talmud 32.
־p. Antinomie zwischen Israel u. d. P r ie s t e r : der Pr. u. d. sittl. Selb-
Ausländer 139 ff: 145; p. Wirklich- ständigkeit d. Menschen 233 236
keit u. jüd. Monotheismus 296; 399 491 f.; Symbol. Handlungen des
Durchdringung national - politischer Pr. 232 f. 235 f. 491: die Funktion
m. monotheist. Motive im Deuter. des Pr. u. das Attribut Gottes 251 f.;
87 91; relig., polit.. u. sittl. Bewußt- Pr. kein karuspex 289: Pr. und
sein 153 f.; messian. Zukunft als das messian. Reich 327; der Hohe-
neue pol. Wirklichkeit 340 342; pol. priester u. der Versöknungstag 254 f.;
Begriff der Nation 424 ff.; P. und — -Propheten u. Pr. 36 148 302.
Dogmatik 390; pol. Horizont d. Al-
P r ie s t e r s e g e n : Friede als Abschluß
tertums 285; Rousseaus pol. Ideen
des Pr. 527 540.
283.
P o ly th e is m u s : Monotheismus u. P.: P r in z ip : Logik der Prinzipien u. d.Mo-
über Gott u. Uuiversum 41; über notheismus 70(vgl.l23); d. ersten Ver-
das Sein Gottes 47 51; über Korre- nunft-Pr. auch Pr. der Glaubenslehre
lation zw. Gott u. Mensch als der 107 ; erste . Yernunftsätze מו שכלו ת
zw. Religion u. Sittlichkeit 151; ר א שונו תals. Pr. bei d. jüd. Philos.
über soz. Leiden 160 167; über d. d. Ma 96: d. Kontinuität ein Pr. der
LTnsterblichkeit 398; über d. Gebet Geschichte 207; Pr. der Entwicklung
492 (vgl. 439 !.)Entwicklung des Mono- 2 208 259; Seele als Pr. des Fort-
theismus aus dernP. 43115 400; Liebe lebens u. Pr. der Einheit d. Person
Gottes u. d. P. 59 168 185; Heilig- 290 f .; Pr. des Gesetzes in s. rela-
keit von Dingen im P. 111; Schuld, tiven Notwendigkeit 433: P 1*. der
Opfer, Reinigung im P. 199 (vgl. Isolierung Israels 303; d. Wahrheit
254): die Feste im P. 254: vorzeitl. in den Prinzipien d. Methodik 498;
Unschuld im P. 345: P. als Kultur- Pr. d. lebendigen Kraft bei Leibniz
wert u. Sünde 511 f.; keine Toleranz 69.
des Monotheismus gegenüber d. P. P r iv a tio n : Pr. (fxr!) als Zwischenbe-
60 139. gegenüber d. Kunst des P. griff zw. Bejahung u. Verneinung 71;
63; jüd. Nationalismus gegen den Pr. als unendl. Urteil 72; Yerbin-
P. 86; Schwerpunkt des P. im My- düng d. Negation mit d. P 1*. durch
thos 167; P. fragt kausal 357; ün- Maimonides 73; neuer Sinn d. Pr.
terschied zw. Religion u. P. 169; P. 75 f.; Ursprung des Endlichen in d.
im Übergang zur Rel. in Griechen- Negation d. Pr. 76.
land 199. — P. im Gottesnamen P r o b a b ilism u s: 500.
Elohim? 44. P rob lem : Religion als method. Pr.
P o s it iv : negative Attribute Gottes u. 2 14 ff.; Judentum das Pr. eines Be-
posit. Bestimmungen 71 ff.; neue Po- griffs 4; Pr. d. ״negat. Attribute“
sitivität in der Privation 73 76. als Grundproblem 70: Scheidung d.
P r a g m a tism u s: 20. P 1*. u. Einheitlichkeit d. Erkenntnis
P r a x is: Theorie u. Pr. 497; beide 78; das Gute im Pr. der Erkenntnis
verbunden im Judentum 29 35 412 473; P 1*. des Stils eines National-
414 437 ff.: Tugend,'Wissen u. Pr. geistes 44.
605
111 249 - 346 440 ff. 457 492; Lyrik der Völker) 51; — 97, 7 (Scham
der P. mir ohne Plastik möglich 67 der Götzendiener) 66 495; — 101,
495; das neue Lied der P. 347; P. 7 (Verbot ,der Lüge) 498 f. — 104
und Gebet 438 439 ff. 442 443 471 (Gott'"und' Naturschönheit) 54; —
(vgl. 463 493); das Ich der P. und 106, 2 (Heldentaten Gottes) 514;
die Gemeinde 457 f.; das Halleluja — 111, 8 (Wahrheit der Gebote
der P. 470. ״Gesang der Stufen“ Gottes) 4894.: — 115, 8 (Scham
483; babyl.-griech. Hymnus und der Götzendiener) 66 495: — 118,
monotheist. P. 30 250 439 ff.; Psal- 1: 247; — 119; 29 (Verbot der
menpoesie ist Heldenpoesie d. Frie- Lüge) 498 4: 119, 51 86 (Wahr-
dens 542; die P. u. die deutsche heit der Gebote Gottes) 489 4;
Lyrik 496; die P. in der Welt- 119, 142 (Gerechtigkeit Gottes)
literatur 471. 506: 119, 160 (Wahrheit d. gött-
Ps. 8 (Optimismus) 20; — 15, 2 liehen Wortes) 489; — 120, 2
(Wahrhaftigkeit; 490; — 16, 9 (Verbot der Lüge) ;498 4 : '— 130,
(Ehre u. Seele) 477: 16, 10 (Seele 4 (Güte Gottes) 245; — 136, 1
u. Scheol) 291 357 394: — 19, 2 , (messian. Güte Gottes) 346 4; —
(Ehre u. Seele) 477; 19, 9 (Wahr- 137. 5 (Treue der Dankbarkeit)
heit der Gebote Gottes) 489 f.; 521; — 139, 1' (Gott als Geist)
— 22, 4 (Heiligkeit Gottes) 114; 103: — 145, 9 (Güte Gottes) 245;
— 23, 1 (Gott als Hirt) 247; 23, 145, 18: 4 ,149 — ;492( ־die De-
4 (d. Tod als Friede) 543; — 24, mütigen) 505; 149, 5 (Ehre und
7 (Ehre u. Seele) 477; — 25, 8 Seele) 477; — 150, 6 (Messianis-
(Güte Gottes) 245: — 31, 19 (Ver- mus, Universalismus) 305 467.
bot d. Lüge) 498; — 33, 3 (d. P s y c h o lo g ie : fragt nach den Quellen
neue Lied) 347; — 34, 15 (suche des Bewußtseins für den Inhalt der
den Frieden) 528; — 35, 19 (Haß Wissenschaft 1: die Ethik von Kant
269 533; — 38, 20 (Haß) 533; nicht als P. erdacht 283; P. und
— 45, 5 (Verbot d. Lüge; Demut) Ethik 534; ps. Scheidung zwischen
498 f. 504; — 51 (Bußpsalm) 118; Wissen und Gefühl 462; der ps. Irr-
51, 7 (Gebrechlichkeit der Men- gedanke des Pessimismus 535; der
sehen) 248; 51. 8 (Verbot der Haß in d. P. 531 534; die Liebe zu
Lüge) 498 f .; 51, 12 (Sündhaftig- Gott als ps. Grundform der Religion
keit) 118 f. 121 450; 51, 19 (das 441; die Liebe des Fremdlings ps.
demütige Herz) 250 466 491 (vgl. Grundlage für die Liebe des Mit-
419): — 67, 3 - 6 (Messias) 324; menschen 148; Zweideutigkeit in d.
— 68, 32 f. (Messias) 324; — 69, ps. Bedeutung des Leidens 156ff.;
5 (Haß) 533, — 71, 9 (das Alter) die falsche P. vom Menschen als
445; — 73: 54; 73, 18 (Nähe einem Heiligen 130; Opfer als ps.
Gottes) 20 190 f. 249 369 380; —
Werkzeug 233; die Demut u. d. ps.
85, 11': 502 527; 85, 12 (Verbot Natur, d. Menschen 505; d. Prophet
der Lüge) 498 f.: — 86, 5 (Güte als Psychologe 167; das ps. Problem
und Sündenvergebung Gottes) 250;
d. ta-lmud. Hermeneutik 463.
86, 11 (Einigung des Herzens)
447; — 90, 4 (Sehnsucht) 185; P y g m a lio n : 185.
— 91, 1 (Israels höchstes Lebens- P y th a g o r a s: 297 351 (Platos Pytha-
glück) 512; — 96, 5 (die Götter goräismus).
607
Q u elle: Qu. wird Urquelle 10; die beinahe rationale Auflösung d. Fak-
Quellen des Judentums 3 27 ff. 40 43; tums d. Offenbarung i. Deut. 94;
lit. Quellen u. der Begriff der Reli- Maimonides als Klassiker des R. 72
gion 4; methodolög. Bedeutung 28; 73 391 415f 418; der ethische-R.
Doppelheit der relig; 1 Qu. 30 (vgl. des Maimonides 189 365 (vgl. 391)
133) ; Vernunft als Qu. der Religion , 456.
5 1 ; die bibl. Qu. u. d. Philosophie R aum : R. keine Schranke für d. Sein
11 49 123; Bibelexegese.als Quellen- Glottes 52, ; t R. (□ ) מ קוals Gottes«
gebiet d/Judentums 34; elohist. u. name 53.
jahvist. Qu. 45; bibl. Qu. und ihre R ea k tifo n :;das Mitleid keine R. 165;
mythischen Urelemente 70. Aktivität und R. 165.
Q u ietism u s: 243 530 531.
R e a lis ie r u n g : Idee und. R. 433 (vgl.
R a b b in isch : r. Sittenlehre 269; das 403).
r. Schrifttum u.. die Fortwirkung d. R e c h e n s c h a ftle g u n g : 106 107 472;
Vernunftanteils in d. Religion des R. und Verdienst 372f.
Monotheismus 79; die Rabbinen u. R e c h t: 279; R. und Logik 32: Ethik
die bibl. Ausdrücke 1 d. Affekte bei und Rechtswissenschaft 280; Ur-
Gott 189; r. Erklärung von Gen. I, sprung des R. von Gott 411; das R.
1: 75; Sünde n. Opfer nach r. Gesetz Grundlage d. menschl. Sittlichkeit
234; die r. Ausgestaltung des Ver- 386; Rechtsgleichheit u. Menschen-
söhnungstages 259; r. Änderung an begriff 387 (vgl. 144 169); d. seelische
den 13 ״Eigenschaften“ 261; das r. Moment im R. 180: die Schuld und
Schrifttum über Lohn u. Strafe in das R. 195; Schuld und ׳Strafe im
jenem Leben 367; die Rechtslehre Rechts verfahren 2281; Gerechtigkeit
der r. Literatur und der (Fremdling- als Rechtsprinzip 507; Gerechtigkeit
Beisäß 390; die r. Entwicklung u. und das Rechtsverfahren der Billig-
der Terminus d. ״Frommen d. Welt“ keit 509; Identität von Macht u. R.
3921; die r. Gesetzgebung und die im Selbsterhaltungstrieb 266: der
Ehe 522; R a b b in ism u s 135 257 Noachide, das R. und der Staat 142
261 303 f. 144; israelit. Fremdenrecht 145ff.;
B a ch e; (DpJ) R. poet. Ausdruck für Rechtsverfahren und Verbot d. Lüge
Strafe 369. 498; Rechtsgesetz und Rechtssystem
B a sch i: R. über d. Knecht d. Ewigen im ״Gesetz“ (Halacha) 32; R. und
307; zu Jes. 63, 11: 117; zu Ps. 119, Gericht in d. ״Satzungen u. Rechten“
160: 489; zu Sabbat 31a: 106. 90; Spuren innerer Reform in der
R a sse: jüd. Volksgeist und Rasse- Rechtsgesetzgebung 410: Erneuerung
einheit 36; Rassenbegriff des jüd. der Rechts- und Staatslehre in der
Volkes 341 344; Rassenbedeutung d. Renaissance 283; vgl. R e ch tsve rfa s-
Nation 425 427. s u n g , G esetz, S a tzu n g e n u n d R echte.
R a tio n a lism u s: R. und Idealismus R e c h tfe r tig u n g : sittliche R. d. In-
416 418; die Wahrhaftigkeit als dividuums im Gebet 444: die ver-
Kräftigung des R. 497 f . ; der R. u. mißte R. Israels im Laufe der Ge-
die Frage nach den Gründen der schichte 3351
Gesetze 416ff.; jüd.-philos. R. und R ech tsfo rm en : 230.
seine Bibel 192; Rationalisierung d. R e c h ts v e r fa s s u n g : R. des Staates
biblischen Schöpfungswortes 72 f.; 16. vgl. G e ric h tsv erfa ssu n g .
608
sozialpolit. Geist R.s. 283 f.; R. u. Symbol des S. und. d. Symbol des
Herder 284. Gesetzes 405.
R uhe: Sein der R. (Gott) als Urgrund S alom o ib n G ab irol: als religr
der Bewegung 53. Dichter u. Philosoph 30; sein Ringen
R ührung: 363; R. als Zeugnis des mit dem Pantheismus 125 415.
Seelenfriedens 536ff.; Träne u. R. S a m u e l: S. als Personifikation der
536: Mitfreude und Mitleid in der Theokratie und die Gerechtigkeit
R. 538. (1. S. 12,3) 507; 1. Sam. 2,2 (Hei-
ligkeit und Einheit Gottes) 114;
S a a dj a : unterscheidet Vernun ftgrund- 1. Sam. 12, 24 (Wahrhaftigkeit des•
sätze und Vorschriften des Gehör- Herzens) 492; 1. Sam. 15, 29 (Gott
sams 415; S. über Nationalität und kein Mensch) 300 495; 1. Sam. 21,.
Religion 428; S. u. die Frage nach 12—14 (Leichnam der Erhängten)
der Ewigkeit der Thora 431; der 509.
Titel seines Buches (Glauben und
S a n c tu s: 113 466 f.
Wissen) 497.
S a a ls c h ü tz : 176. S a tir e : 250 350 (Plato u. das Pro-
S a b b a t: der S. als Inbegriff aller blem der S. in den Mythen v. Hades).
Gebote 508; als soziales Grundgesetz S a tu r n a lie n : 162.
181—184 305 432 508 (vgl. 520 540); ״S a tz u n g e n und R e c h te “ (0 חקי
Inbegriff der Liebe Gottes 183; der 28 ( ו מ שפ טי םf. 31 114 144 177 285
S. Ausdruck für d. Sittlichkeit 183f.; 400 414; ihr sittl. Charakter 32 38;
als Gipfel relig. Innigkeit 184; als ihr Inhalt und Charakter 90 ff.; das
Schutzpatron des jüd. Volkstums 184; Heilige wird durch die S. zum Sitt-
als intimster Vertreter des Gesetzes liehen 123; S. u. R. anstelle des
184; Prinzip der Gerechtigkeit u.S.508; Opfers 203 387; Unterschied der bei-
S. als Stiftung d. sozialen Menschen- den Begriffe bei Maimonides 400
freude 140; S. als Symbol der all- 414 415 ff. 419; das ״Brot meiner
gern. Menschenrechte 183 401; — Satzrag“ (452 ( ל ה ם חקיf. (vgl. Ge-
babylon. u. monotheist. Bedeutung richtsverfassung 142 ;)דיניםvgl.
des S. 182; die beiden Begründun- D e u te ro n o m iu m , R e ch t , Z eu g n isse.
gen d. S.־Gesetzes (in Ex. u. Deut.) S a u l: 101.
182 f. 401; der S. als Vollendung Scham : Sch Symptom der Wahr-
der Schöpfung 182 401 508; S. bei haftigkeit 495; Sch. der Götzen-
Maimonides 419; S. im modernen dien er als Ziel bei Jesaja, d. Psalm
Judentum 423 432; Seelenfriede u. d. synagog. Poesie 64 66 495.
jüd. Sabbatfreude 541; — S ab b at- S c h a tz : das Verdienst der Väter als
j a h r (Levit. 25, 1— 6) 178 401. Schatz der Nachkommen 376; vgl.
S a c h a r ja : S. u. d. Messianismus T h esa u ru s m e r ito ru rn .
(2,15; 8,16 22 23; 9,9 10; 14,9) S ch au en : Sch. ( )חו הund Idee 308.
338 f. 408 467; der Name Gottes S c h a u fä d e n : ihr Symbol. Charakter
338 408 467; Verbot der Lüge (7,9) 403 405.
498; Friede und Treue (8,19) 526. S e h e c h in a : Wurzel und Bedeutung
S a ch e: S. und Subjekt (Sittlichkeit von Sch. als Gottesname 53.
u. Gott) 245. S ch eg a g a : ^( )שגגד׳Sünde als Sch.
S a c h s, Michael: 64. 147 234 f. 380 397; Sch. und Ver-
S a k ra m en t: S. und Ritual 304; d. geoung 255 ff.; Sch. u Gerechtigkeit
39
610
S. und Unsterblichkeit 348 ff. 393 ff. S e in : S. als eigene Grundlegung 77;
396 398; S. u. Erlöser 493; S., Ver- Monotheismus u. Seinsproblem 46;
söhnung, Wahrheit 491 f.; Seelisches S. und Dasein 51 f. 430; Gott als
u. Materielles i. Organischen 535; das einzige Sein 48 ff. 50 51 70
Eriede als Grundkraft der S. 536; 430; das S. Gottes und der Gottes-
I n d iv id u a ls e e le u. allgem. Men- name 46; und die Schechina 53;
schenseele 305; I.u. Menschheitsidee Raum u. Zeit keine Schranken f. d.
339; L u. Volksseele 354; unendl. S. Gottes 52 f .; Handlung u. S.
Entwicklung der I. 36 t 370 380 Gottes 109; göttl. Sein u. zeitl.
383 394 397 413; der messian. Be- Werden 53 68 ff. 74 ff.; die Substanz
griff der 1. u. d. Unsterblichkeit des S. für d. Bewegung 69 74; S.
362 369 397; S. im Messianismus Gottes u. Schöpfung 74 75; sinnl.
und Pantheismus 380; Seelenbegriff Dasein u. relig. S. 271; S. u. Wer-
u. Menschenbegriff 389; S. im Deut. den im Mythos 287; S., Einheit, Gott
4 ,1 5 : 85; S. als Vernunft (b. Plato) bei den Eleaten 46 f.; S. der Zukunft
394; Platos Seelenbegriff u. die Un- u. der Gott der Geschichte 294;
Sterblichkeit 348 ff. 393; S. im My- Wahrheit als einziges S. 488 489.
thos 291 348 358; das seel. Moment S e lb s t : 165 241 270 439: das S. in
im Recht 180: Ehre als Synonym Pantheismus u. Religion 266; d. S.
für S. 477 499; lyr. Liebe u. Gottes- als religiöser Gegenstand d. Sorge
liebe als Erlebnis der S. 249 440 ff. 446 478: das S. und die Anerken-
457 f . ; ״S. wie Staub“ 505; Rein- nung d. Leidens als gerechter Strafe
heit der S. 4 501; Harmonie der 267 ff.; die Erlösung als Weg zum
S e e le n k r ä fte als Tugend 526: S. 275; die relativen Tugenden und
Staat u. S. in der griech. Philosophie das S. 513; vgl. Ich, I n d iv id u u m .
280. vgl. H er:,, U n sterblichkeit'. S e lb s ta c h tu n g : Bescheidenheit und
S e e l e n f r i e d e s. F ried e. S. 502.
S e e le n g e d ä c h t n is : Sinn des S. 543. S e lb s t ä n d ig k e it : S. der Religion
S e e le n W a n d eru n g : S. als Seelen- als Religion d. Vernunft 14 (s. E i -
dauer der Individuen i. d. Geschichte g e n a rt); die methodische S. der Ethik
des Volkes 355. 278 ff. (s. E th ik ): die S. der Willens-
S e g e n s s p r u c h : allgem. Anweisung arbeit i. d. Buße 237.
für den S. 529; die S. und die Treue S e lb s ta n b e tu n g : S. und Martyrium
der Dankbarkeit 524; S. über die 377. — S e lb sta n n äher 11 ng
Thora 487 1; S. beim Anblick eines (369 :(( התקרבותvg1. 191); s. als
Weisen 393. höchster Lohn des Individuums 380 (s.
Seh er: der Prophet als S. 308. N ä h e). — S el b s t b e f r e i un g : die Be-
S e h n su c h t: S. als Prinzip der Ent- freiung vom Schuldbewußtsein als S.
Wicklung 370; S. des Gebets als 234 (s. S e lb stb e w v ß ise in ). — S e lb s t-
Hoffnung auf d. Erlöser 443 493; b e h e r r sc h u n g : Tapferkeit als S.
S. nach der Gottesnähe 190 249 526. — S e lb s t b e s tr a fu n g : S. des
442; S. und Sündenvergebung 249; Sünders im Bekenntnis der Sünde 229.
S. bei Jeremia u. in d. Psalmen 175 — ־S e lb stb e w e g u n g : die Seele das
249; S. und Gottesliebe d. Psalmen Prinzip der S. 349. — S e lb stb e -
189 4421 493 ; Wahrhaftigkeit in der w u ß tsein : 443 447 505: die Sta-
S. 193; S. u. Lyrik 189 190 249 dien des sittlichen S. 502: S. und
442 492. physisches Leiden 19: kritisches S.
39 י
612
S o z io lo g ie : Sittlichkeit der S., Ethik, Lohn (I, 5): 379 381; die zwei
Religion 115; Nebenmensch und S. Tafeln (6, 2): 90: 264 (Aboth II);
133; Sünde u. Individuum vom so- 384 f.; 397 515; 535 f l 12); v g l/
ziologischen Standpunkt 211 215. M iseh n a .
S p e is e g e s e tz e : 32 402; vgl. Z ere - S ta a t: St. als Vermittler zw. d. empir.
m o n ieen . Individuum u. d. Menschen als Träger
S p e k u la tio n : rel. Praxis u. philos. der Idee der Menschheit 16 210 279;
Sp. im Judentum 35; spekulatives St. als höchste menschliche Idealität
Urverhältnis von Gott zu den Göt- 428; St. u. Sittlichkeit 143 379: St.
tern u. der Natur 43. u. Monotheismus 230; St. u. Kirche
S p in o za : S. über das Mitleid 20 163; 231; St. u. Gemeinde 231 234 457;
S, u. das soziale Leid 163; S. über St. u. d. Noachide 144: u. d. Fremd-
die Liebe bei Gott 168; deus sive ling-Beisaß 141 390 ff.: St. der
natura 52; praemium virtutis virtus Propheten 26; Jecheskel, s. Nach-
379; S.’s Polemik gegen Maimon. folger u. d. St. 230; Religion u. St.
im Begriff des Fremdling-Beisaß in d. israelit. Theokratie 148 401;
391 ff.; S.’s Mißverhältnis zum Mo- der jüd. S ta a t als Vorbereitung d.
notheismus 412; S. als Quelle eines Idee d. Messianismus 295 ff.; Polis
fundament. Mißverständnisses d. jüd. u. Weltstaat 295; Staatenlosigkeit
Religion 391; S. und die Stoa 163; Israels 174; kein St. und doch Volk
S. und Schopenhauer über Willensfrei- 297 457; als Symbol f. d. Einheit
heit 164. der Staatenbund-Menschheit 299;
S p ir itu a lis m u s : 19 475 476. die Propheten, d. Untergang u. d.
S p rach e: S. Ausdruck der Vernunft Wiederherstellung des .jüd. St. 298
438 459; Gebet die Sprache der 306 314 ff. (vgl. 415); prakt. An-
Religion 438 459; Gebet als Sprach- Wendung d. Geisteswissenschaften in
form des Gottvertrauens 439; als Recht u. St. 343; Handlung, Lohn
S. der Gemeinde 459 462; die hebr. u. St. 379; Nation, St. u. d. Ent-
Gebetssprache u. die Kultursprachen stehung d. Zionismus 425 ff.; moder-
459—465; S. des Judentums i. ner Kulturst. u. jüd. Glaub ensge-
Christentum als Übersetzung 460 f.; meinde425; jüd. Religion, jüd. Staat,
Gebetssprache ist Gefühlssprache jüd. Nation 425; St. u. Imperialis-
462; Gebetsspr. 11. relig. Eigenge- mus 426; St. u. Staatenbund in d.
gefühl 464. Gegenwart 426 (vgl. 16); Nationali-
S p rach form : innere Spracht*. 465. tat, Nation u. St. 427; staatl.-nat.
S p r ich w o rt: S. von d. Schuld der Gesichtspunkt u. hebr. Gebetssprache
Väter u. d. Strafe d. Kinder 224 ff. 459 461; Staat u. Seele in d. griech.
S p r u c h d ic h tu n g : 30. Philosophie 280; Platos Staatslehre
S prüche S a lo m o n is: Spr. 6, 23: u. Tugendlehre 475; Erneuerung d.
489; Spr. 14, 31: 181; Spr. 16, 32: Staatslehre aus d. Renaissance 283;
514; Spr. 30, 8: 452. — Wahrhaftig- vgl Volk, P o litik , R ech t , V o lk stu m .
keit (Spr. 12, 19: 12, 22: 23, 23)
S t aa t enbun d : St. als Ideal d. Staates
499; Demut (Spr. 15, 33; 18, 12)
16 426; St., Individuum u Mensch-
504; Gerechtigkeit (Spr. 10, 25) 507;
heit 17 210; Staat d. Propheten u.
Hymnus auf das Weib als Abschluß
d. St. 26: vgl. S ta a t.
der Spr. 515 522.
Sprüche der V äter: 34; Pflicht u. S t a a t e n lo s ig k e it : s. S ta a t.
616
Thora 31 ff.: talmudische Bibel- terricht und Familie) 522 f.; — San-
exegese 33; T. und Bibelvers (Stil- he drin 63 b (Götzendienst u. Sin-
Problem der talmud. Hermeneutik) nenlust) 140; Sanh. 74 a (Martyrium
463; zwei Grundlehren als esoteri- wegen dreier Gebote) 383 517; Sanh.
sehe Lehre im T. 78; der T. u. die 92 a (Wahrhaftigkeit) 499 f.; Sanh.
innere Einheit der Gesetze 407; 105 a (die Frommen der Völker der
Spuren innerer Reform im T. 410 Welt) 388 f. 392; — M akkot 23 a
431; Gebete aus dem T. 313 450 (Strafrecht) 508 f.; — M en ach oth
451 457 465; der Sohn Noahs 137 48 a (Schuld u. Unschuld) 262; —
141 ff.; Opfer für die 70 Völker- C hulin 94 a (Wahrhaftigkeit) 499 f.
schäften 148; der heilige Geist 125 f .; vgl. M iseh n a .
Änderung an den 13 Eigenschaften T an ch um a, Midrasch: T. Schemini
261; Echad im Schma 465; Demut 149 b (Sinn der Gesetze) 524.
Gottes 313 503; Versöhnungstag im T a n ta lu s: 198.
Ausbau des T. 255; Sündenbekennt- T a p fe r k e it: D ie T. 514—519; die
nis und Gemeinde 256; Reinheit d. platonische T. 516; Gerechtigkeit u.
Seele 450; die Frommen der Völker T. 516; die jüdische T. 517 ff.; Ge-
der Welt und Israel 315; die an- •rechtigkeit, T., Treue 525; T. und
dern Völker des Monotheismus 282; Friede 526 537: T. als Selbstbe-
die Israeliten als Königskinder 523; herrschung 515 526; vgl. H eld.
Unterscheidung von rein sittlichen T a r ta r u s s. U n te n reit.
und religiös-ritualen Gesetzen 410 ff. T ä tig k e it: Gott der Urgrund d. T.
414; der Sabbat der Menschen we- 74; vgl. A kH m tät.
gen 508; Unsterblichkeit, Auferste- T e f illin : ihr symb. Charakter 403f.
hung und messian. Zeitalter 364; T e le o lo g ie : T. der Sittlichkeit und
Pflicht und Lohn 381 f.; Studium d. Kausalität der Natur 54 (Überein-
Lehre 412: Gerechtigkeit u. Friede Stimmung beider in der Wahrheit
526 (vgl. 510); die Gefahren der 484); in der Schöpfungsfrage 81;
Welt 451; — B erach. 19a (Buße) T. im Verhältnis Gottes zum Men-
263; Berach. 336 (Eigenschaften sehen 252; des Maimonides Aus-
Gottes) 109 452 482: Berach. 34b führung der T. u. das Problem der
(künftige Welt; Kraft der Buße) Gesetze 41 8 ff.; die Güte Gottes
368 385: Berach. 54 a (Anweisg. für Ausdruck der •göttlichen T. 443;
den Segensspruch) 529; — S a b b a t ethische T. und Darwinismus 310;
31a: 106 535; Sabb. 55a (Gott ist das Leiden keine Dysteleologie 267;
Wahrheit) 448 487; — Jom a 9b T em p el: d. T. im Polytheismus 454.
(grundloser Haß) 5331; Jom. 85 b der T. als Symbol 496; der T. als
(Versöhnungstag) 263; — Sukka Ausdruck für Synagoge 454.
42 a (Unterricht und Familie) 522 1: T!estarnent, Altes: 29 464 (A. T. u.
— J e r u s c h .N e d P. 9: 138;— Ke- christl. Kultur); Neues: 460 f.
tu b o t IIa (Noachide) 143; — N e- T h eo d iz ee : das Leiden u. die theo-
d arim S b : 367; — B ab a Kam a 38 dizeische Organisation der sittlichen
(Autarkie der Pflicht) 382: — B ab a Welt 19 267 f. 269 511; das Leiden
m ezia 30 b (Rechtsverfahren der der Juden in theodizeischem Lichte
Billigkeit) 509; B. m. 48 a (Wahr- 315 334 511; Sünde und Th. 244;
haftigkeit) 499 1: — B aba b a tra das Verdienst der Väter als theo-
9 b (Almosen) 524; B. b. 21 a (Un- dizeischer Leitgedanke d. Geschichte
619
378; Gerechtigkeit als Prinzip der und Menschenliebe 138; Th. und
Th. 511; Th. und die Ausrottungs- Fremdling 387; Befolgung der Ge-
forderung gegenüber d. Polytheis- bote u. Lohn in der Th. 379; die
mus 139. Frage der Ewigkeit der Th. 430 f.;
T h e o g o n ie : 358. Th. u. Talmud 31 ff.; Auffindung
T h eo k ra tie : das Prinzip der Th. der Th. 431; Pflege der Th. als
144; wahrer Sinn der th. Verfassung Grundbedingung der Religiosität
143; die israelit. Th. 148; die Th. 451 480; Thorastudium als Tugend
nicht Hierarchie 303; Th. u. Kirche 479 480 f. 523; Verlesung der Th.
231; Gerechtigkeit und Th. 507. an Sabbat und Festtag 454; vgl.
T h e o lo g ie : 283 337 406 (praktische G esetz, E r k e n n tn is , L eh re, P en ta teu ch ,
Th.); vgl. O rph isch e Th., P r o te s ta n t T ie r o p fe r s. O pfer.
tis m u s . Tod; 154 290f. 335 340; der T. als
T h eop h an ie* Gefahr einer Materi- metaphysisches Übel (vgl. 156 f.
alisierung der Th. u. das Deuter. 445) kein Thema für Ethiker 156;
85 f. und die jüd. Schrifterklärung der T. kein Symbol des Verhältnisses
92 ff. 110; geistige Th. u. geistiger von Gott u. Mensch 491; der T.
Vermittler 87; die Th. wird Aposto- im biblischen Bewußtsein 354 362
lat 87; die Th. u. das a priori u. 543: der Prophetismus u. der T״
a posteriori 97; die Th. und die 13 156; Leben, T. und Sünde 260; d;
Eigenschaften Gottes 109 245 261 Heiligkeit als Ideal des Lebens u.
(vgl. 49ff.); die Th. bei d. zweiten der T. 356; der T. Heimkehr der
Tafeln (Ex. 34, 7) 198; Ausdruck d. Seele (Geistes) zu Gott 358 f. das.
Erbarmens in der Th. 175; vgl. messianische Aufhören des T. 323
O ffenbarung. 331; Übernahme des T. zur Heili-
T h eo rie: in der Th. Wurzel für alle gung des göttlichen Namens 376
Entwicklung des Menschen 414; 518; der T. als Friede 542 f.; keine
theoretische u. sittliche Vernunft d. Todesfurcht im jüd. Gemüt 543;
Menschen 482 (s. E rk e n n tn is, V er- Verklärung des T. 434. vgl. A u f -
n u n ft)\ Th. u. Praxis (Philosophie u. ersteh u n g, G rab, L eben.
Religion) 497; Th. und Praxis bei T o d e s str a fe : Talmud 11. T. 508.
Sokrates u. den Propheten 166; T o le r a n z : T. und Götzendienst 6 0 f.
keine Scheidung von Th. u. Praxis 274; der Noachide t . das Prinzip
(theoret. u. prakt. Erkenntnis weise) der T. 144 147 393.
im Judentum 29 412 414 437 ff. T o s e p h ta : 392.
T h e sa u r u s m erito ru m : Th. in. u. T o te n g e r ic h t: 367 369.
das ״Verdienst der Väter“ 376 ff. T r a d itio n : die Authentizität der T.
383. vgl. S c h a tz. 303; 363 vgl. L eh re.
Thora: die Th. als Dokument der T ränen: 20 323; T. u. Rührung 536.
Vernunft und der ״Einsicht“ 144; T r a g isc h : Begriff des Menschen 26
Einheit der Tb. 257; die Th. ״nicht 313: Leben 11. Tod als tr. Grund-
im Himmel, sondern in deinem Her- fragen 260; die tr. Rolle der Kultur
zen“ 33; die ursprüngliche Th. der im sozialen Leid 159; tr. Abschluß
noachidischen Verpflichtungen 144; der platonischen Tapferkeit 516; die
Th. und Offenbarung 85 285; die tr. Mission Israels 333; die Tragik
Gabe der Th. (. ) מתן תורדals techn. des jüd. Volkstums 314 ff.: Humor
Ausdruck für Offenbarung 97; Th. und Tragik im jüd. Gemüt 541; die
620
Tragik im J־om Kippur-Gottesdienst bis 501; die jüd. Tapferkeit als ge-
434; — T r a g ö d ie Produkt des Po- schichtliche T. 517; vgl. d ie ein%el-
lytheismus 167; die Schuld als Grund n en Tugenden.
des Leidens in der Tr. 159 f. 197 T u g en d leb re : T. der Ethik 278 476
.222; (griech.) Tr. und (römische) 480 ff. (vgl. 475); die jüdische T.
Komödie 162; das Mitleid in der 313 389 479 ff.; T. des Talmud und
antiken Tr. 161; Moses Leben und der heilige Geist 125 f.; die religi-
Tod als Tr. 88 f. öse T. und der Haß 532.
T r a n s su b sta n tio n : 405. T yp u s: der Mensch als T. in der
T r a n s z e n d e n z : T. des Guten bei Kunstliebe 188; der Arme als T.
Plato 342 ff. des Menschen 159; die Waise und
T reu e () א מונ ה: D ie Tr. 520—525; Witwen als Typen der Armut 172.
T. u. die Einheit des Bewußtseins
521 ff ; Wahrheit u. T. 486 487 520;' Ü bel: das Böse ist beim Propheten
Frieden u. T. 526; T., Freundschaft, das Ü. 24 266 304 (vgl. 55); keine
Liebe 521; Bund u. T. 520; Wohl- Korrespondenz zwischen Schlechtig-
tätigkeit als Tugend der T. 523 f.; keit und Ü. 22; Objektivierung des
T. u. Familie 522; T. als Sinn der Ü. in der Armut 156 ff.; Grund des
Ehe 521 f.; T. und Segenssprüche Ü. keine theoretische Frage für die
524 f. vgl. D a n k b a rk e it , Gedenken. Ethik 23.
T r in itä t: die Tr. als Vergesellschaf- Ü b erm en sch : 88 383.
tung 56 282; Tr. als Symbol Ü b e rsc h u ß : Verdienst u. Ü. 375 ff.
493; Zwiespalt der Trinitätslehre Ü b e r se tz u n g : das Problem der Ü.
476; Tr. und Unsterblichkeit 57. 460; für den jüd. Monotheismus
T r ö ltsch : 176. 460 ff.; christl. Geist in der Ü. der
T u gen d : die Tugend als Wissen Bibel 462.
(Sokrates) 236 472 ff. (vgl. 166); Ü ber S in n lic h k e it: s. S in n lic h k e it .
Begriff der T. 449: T. ursprünglich U m fang: U. und Inhalt des Begriffs
Mannhaftigkeit 474 514; der jüd. der Religion 13 ff.
Begriff der T. und das ״Verdienst U m kehr: hebr. Wort ( ) ת שו ב הu. die
der Väter“ 375; von der Sünde zur Buße 228 f.; Sünde u. ü. 226 f.; U.
T. 23; T. und Sittlichkeit 472 475 u. Individuum 228 f ; die U. als Rück-
(im jüd. Monotheismus 476 481) kehr zu Gott 242; Abkehr und U.
D ie T u g en d en 472—505; T. und 241; U., keine Umführung 237.
Tugenden 472 ff. 476; T., Wissen u. U n b e stim m te s: das Chaos logisch
Praxis 474 f.; das Gute u. die T. nur das U. 76.
472 474 f.; Einheit der Tugenden U n e n d lic h k e it: in Ethik u. Religion
(Sokrates) 472 f. 474 f .: Einteilung nur unendliche Aufgaben u. Ziele
der Tugenden 126 476 ff. 500; Tu- 239 f.: Gott als U. 103 243; religi-
genden der Religion und T. der öse Analogie zum sittlichen Begriff
Sittlichkeit 480 f .; die Tugenden als der U. 291; der Begriff des Unend-
Stufen 481 ff.; als Maße (481 (; מ דו ת liehen, die Negation u. Privation 72
Freiheit des Willens, Gott und die 76; Problem der menschlichen Hand-
Tugendwege 4 82 f.; die relativen lung als u. Aufgabe 129; die u.
Tugenden als Einschränkungen d. Menschenliebe Gottes 173: die Hei-
Selbst 513; — die T. der Wahr- ligkeit als u. Aufgabe 358; die u.
haftigkeit als erste T. 449 ff. 490 Entwicklung der Menschenseele 361 f.
621
370 380 383 394 397 413 und das Aufhebung der U. in der Paradies-
u. Kommen des Messias 370; die sage 292; Gesetz und Unschuld (b.
U. des Menschenbegriffs und die U. Paulus) 404.
des Universums 380; das ewige Le- U n s te r b lic h k e it: 271 291; die my-
ben als das u. Leben 413; Auf- thisch-mystische U. 348 ff. 352 355ff.
schwung zur U. im Gebet 471; — 360 363 366 f. 368 370 ff.; Ursprung
die U. der Welt bei Arist. 72; die der ü . im Seelenprinzip d. Kosmos
Wirklichkeit als u. Ferne in der 349; U. und Eschatologie 341; Seele
Lyrik 441; U. des Genies alleiniges und U. bei Plato 348 ff. 393 f.; Un-
Gesetz in der Kunst 297. S te r b lic h k e it u nd A u f e r s t e ־
U n g le ic h h e it s. G leich h eit. h u n g 348—398; d. religiöse Be-
deutung der U. der Seele f. d. Men-
U n g lü ck : das U. des Gerechten 153
sehen 352 ff.; die geschichtliche Be-
(vgl. 372 f.) ; die Armut als Vertreter
deutung der U. 354; Sünde und U.
d. menschl. U. 156 158.
356 397 : Erlösung und U. 396 f.;
U n h e il: s. H eil. Heiligkeit und U. 355 ff. 357 ff. 394;
U n iv e r s a lis m u s : Erkenntnis und U. U. als U. des heiligen Geistes 359
3011: U. und Volkssonderheit 286; 394: U. und Vergeltung 359 366 f.
Patriotismus und U. 308 331; Par- 380; dieU. im Problem des sittlichen
tikularismus und U. im Gebet 467; Individuums 359 360 f.; Selbstent-
der ethische U. in keinem Gegen- wicklung als einziger Sinn der U.
satz zur bäuerlichen Ursprünglich- 369; Menschenbegriff und U. 387 ff.
keit d. sozialen Verhältnisse 176. 395; U. als Konsequenz d. Mono-
sozialer U. bei Joel 337; U. und theismus 398 (vgl. 362); die U. und
heiliger Geist 302; der messianische d. Korrelation von Gott u. Mensch
U. bei Jesaja 299; der U. der Kirche 397 f .; Messianismus und U. 355 363
u. der des Messianismus 304; vgl. 364 ff. 371 387 389 397 f.; die mes-
N a tio n a lb e w u ß ts e in . sian. Bedeutg. der U. für d. Indivi-
U n iv ersu m : 41 164 165 (sittliches duum 362 369; Erzväter, messian.
U.) 380 (U., Unendlichkeit, Sittlich- Zukunft und jüd. U.-Lehre 363 367
keit). vgl. K o sm o s, N a tu r . 372 ff. 395 f.; Verbindung von U. und
Auferstehung 364 (s. A u fersteh u n g ) ;
U n lu st s. L u st.
Seele und U. 348 ff. 393 ff.; Seele
U n m it te lb a r k e it : U. als Bedeutung und Scheol 291 341 357 394; Den-
d. 87 ; פגים אל פניםU. in Gott und ken und U. 366 f. 371; U. und Pro-
Volk 89; U. mit Gott u. der Prie- phetie 368; Strafgerechtigkeit Got-
ster 399 491; U. des Gedenkens tes und U. 369 f . ; Eudämonismus
und Wahrhaftigkeit (i. d. Psalmen) von der U. abgelöst 365 f .; U., Ver-
493. ehrung, Liebe 370; persönl. Urteil
U n r ec h t: Opfer u. sittliches U. 201ff.; über gut u. schlecht und die U.
U. darf nicht herrschen in I. 273. (künftiges Leben) 385; das ״Verdienst
U n sch u ld : leidende U. 174 333 336; d. Väter“ als Idealisierung der U.
und die Gerechtigkeit Gottes 372 396 (vgl. 378); Zusammenhang d.
(vgl. 153); Gott macht unschuldig Begriffe i. d. jüd. U.-Lehre 394ff.;
262; das Hochgefühl d. wiederer- dogmatische U. und jüd. Glaubens-
langten U. 264; — vorzeitliche U. lehre 395: U. und Gesetz 405; die
des Menschen i. Polytheismus 345; U. der Menschenseele in christl. und
622
Kraft des Friedens 527; vgl. E r • 481 f.; Zweck, Ursache u. V. 108;
lö su n g , V ersöh n u n g. das Yernuiiftwesen d. Menschen als
V e r g e is tu n g : vgl. G eist. Individuum 193; der Wille d. V.
V e r g e ltu n g : 151 152; Unsterblich- als das Gebot Gottes 237; Y. als
keit u. Y. 359: u. Eudämonismus Anlaß des Leidens 275; theoret. u.
366 f. 369 f.; V. als Motiv der sittl. Y. 482 (vgl. 83 101); V. u.
mythisch-myst. Unsterblichkeit 371; Erkenntnis 497 498; Sinnlichkeit
Y. als Aufgabe d. sittl. Kultur 369; oder Y. 515; Seelenfrieden als Frie-
Selbstvervollkommnung u. Strafver- den d. Y. 530; — religiöse Y. im
geltung 376 380 516; V. u. d. ״Yer- Messianismus 344; Seele als Y. bei
dienst d. Väter“ 378 396; das Pro- Plato 394; V. bei den jüd. Philo-
blem d. Y. u. d. Lohn 378 ff.; Y. sophen 96 107; Menschheit als Yer-
u. Liebestätigkeit 411; vgl. V er- nunftwesen bei Kant 283; Y. 11. Re
sö h m m g . ligion bei Mendelssohn 421; Kom-
plikation d. Y e r n u n ftm o tiv e bei
V e r g e s e lls c h a ftu n g : Y. ( 3 1 8 ( שיתוף
Terminus 56 282. tiefsten Grundbegriffen d. Kultur 42.
V e r h e r r lic h u n g : Y. Israels als Y e r n u n ftg r u n d s ä tz e : Y. () שכליו ת
Grund für d. Y. Gottes 457. 11. Vorschriften des Gehorsams
V e r la n g e n : das V. nach Gott 249. ) ( שמעיות415.
V e r m ittlu n g : Y. zw. Ich und Mensch- Y e r n u n ft s ä t z e :vgl. In te llig i b ilia ,
heit 17; Y. durch den Logos 56; P rin zip .
keine persönl. Y. zw. Gott u. Mensch V ersa m m lu n g : Y. Grundwort d.
116 121; Vereinigung als Ausschluß Mosaismus 204; Gemeinde Israels
der V. 122; Unsterblichkeit und die als Y. Israels 457; Bethaus als
unmittelbare Korrelation zw. Men- ״Haus d. Y.“ 453—459. vgl. B et -
schenseele 11. Gott 396 (vgl. 358 h au s, S yn agoge.
389). V er sö h n u n g : D ie V e r sö h n u n g 209
V ern ein u n g: Bejahung u. Y. — Sein —253; die Y. Angelpunkt d. Mono-
u. Werden 75; die Privation als theismus 253; Opfer u. V. 221;
Zwischenbegriff zw. Bejahung u. V. Sühne u. Y. 147 233 (vgl. 251 f.);
71. Y. d. Menschen mit d. Widersprüchen
V ern u n ft: Religion als Religion d. s. Individuums 221 f. u. d. V. mit
Y. 3 f. 5 f. 8 ff. 11 18 157 301 303 Gott 222 (vgl. 234 478 f.); Y. und
342 429 484 511 u. ö.; Y. Religion Schegaga 234 255; der einzige Gott
u. Sittenlehre 39; Y. u. d. Möglich- als Gott d. Y. 236 253 439; Y. mit
keit einer Mehrheit von Religionen Gott abhängig von der Y. zw. Mensch
39; Fortbestand d. Judentums als u. Mensch 259 411 537; Y. als Rei-
Religion d. Y. 429; Y. u. Schöpfung nigung d. Menschen 261; Y. u.
73 101: Y. u. Offenbarung 82 f. 84 Demut 264; Y. mit Gott u. d. Lei-
95 96 98; Glaube u. Y. 107 485 497; den Israels 276; individuelle Y. u.
der Mensch als Yernunftwesen Korre- d. ״Verdienst d. Väter“ 374 f. 378;
lat zum Gotte der Offenbarung 92 Gottvertrauen u. Y. 439 441 470 479
95; D ieS eh ö p fu n g d .M en sch en in 516; Gebet u. Y. 448 466; Wahr-
der Y. 99—108; Y. u. Gott 101; d. haftigkeit u. Y. 449 492; Y. als
V. als Grundlage der Korrelation Wechselwirkung der Liebe zw. Gott
von Gott u. Mensch 102 f .; sittl. u. Mensch 478 f.; Y. als Losung d.
Y. d. Menschheit u. Allmacht Gottes sozialen Freiheit 508; Versöhnlich-
625
keit des Friedens n. die V. mit Gott Menschheit 297 457 496; messian.
537 541; vgl. B u ß e , E rlö su n g , V er- Zukunft u. die Völker 298 828;
gebung. Antinomie zw. V. u. messian. Mensch-
V e r sö h n u n g sg e b e te ( 35 :( ס ל י ח ו ת. heit als Schwerpunkt der jüd. Ge-
V e r sö h n u n g sle h r e : 255. schichte 298 305 314 ff. 496; der
V e r sö h n u n g sta g : 254—277; der V. messian. Völkergedanke 322 f. 327;
u. d. Feste 254 402: der alte V. im — Unsterblichkeit d. Individuums in
Opferritus 255 402 ; der V. in rabbin. der Geschichte s Volkes 354 f. (vgl.
Ausgestaltung 255 259 f. 402; als 308 331 363); V. Verdienst. Lohn,
der Tag des Monotheismus 263; — 373 379; V. u. Gemeinde 457; V. als
Schegaga u. Vergebung am V. 234 relative Gemeinschaft 500 (vgl. 476);
255; V. u. Buße 263 f; u. d. Über- Ägypten u. das jüd. V. 508: vgl.
nähme d. Leidens 270; V. u. d. Ich Is r a e l , B e st h r a e is.
u. Wahrheit d. Gottesdienstes 490 ff. u. Umkehr 241; der ■W. als Inbegriff
493; Gebet u. Wahrheit des Indi- der Handlungen 242.
viduums 449 ff. 492; W. als Kräfti- W e ise r : die Tugend der W. in der
gung des Rationalismus 496 f.; W. Stoa 162; die Frommen u. die Wei-
u. Wahrheit in den Fragen der Er- sen der Völker der Welt 392 393;
kenntnis 498; W. der jüd. Religiosi- der Jude als Gelehrter ein Weiser
tat 493 flv u. d. Fortbestand der 581.
Juden 494; die jüd. Wahrhaftigkeit W e llh a u se n : 332.
im Glauben an den Messianismus W e lt: Gott, Welt, Einheit 46 f. 52;
496; Poesie, Monotheismus u. W. keine Einheit zwischen W. u. Sein
495 f.; W. in der Sehnsucht 493; 48; Sein der W. u. göttliches Sein
W. in der prophet. Tendenz gegen 68 ff. (vgl. 544); Unendlichkeit der
den Opferdienst 491 f .; hebr. Aus- W. u. das Problem der Schöpfung
drücke für W. 490; W. als Funda- bei Aristoteles 72; der Gedanke d.
ment der Frömmigkeit 499; Pflicht W. als des Aion 287 294; die
der W. in Schrift u. Talmud 498 ״künftige Welt“ u. die ״künftige
bis 500; Ergänzung der W. in der Zeit“ 363 365 370 395 456; die
Bescheidenheit 500 f. 525; W. und Frommen der W. u. das ewige Le-
Treue 525; vgl. E id , E in f a lt, L ü ge, ben 388 ff.; Mensch, Gott u. die
Un m itte lb a r k eit, W ah rh eit. Gefahren der W. 451; W. u. Ewig-
W ah r h e it: W. als Gesetz des not- keit (□544 (צול. vgl. F r ö m m ig k e it ,
wendigen Zusammenhangs der Na- K o sm o s , L eben, N a tu r .-
turerkenntnis mit der sittl. Erkennt- W eltb ü r g er tu m : weltb. Geist der
nis 484 488; Eigenwert der W. f. Philosophie 283; weltb. Bedeutung
die Religion 485; d. Begriff Gottes der ״Menschheit“ bei Kant 284; W.
als Begriff der W. 484 f. 486 f. 488 f. u. nationales Eigenbewußtsein 286;
498 (vgl. 448 ff. 468); die W. als W. bei Jesaia 322 f.
Attribut u. die Attribute Gottes 486 W eltjen rich ter: der W. als Bundes־־
487 488 f.; die Gebote Gottes als genösse des Menschen 469; Gott als
W. 489 f.; W. u. Wahrhaftigkeit W. u. die Gerechtigkeit 509.
449 ff. 451 490 493 f. 498 501; W. W e lte r lö su n g : die messianische W.
u. Heiligkeit 449 486 f. 497; W. als im Gebet des Neujahrs 470.
W. der Erkenntnis 488 f .; die Lehre W e lte r n e u e r u n g : Weltuntergang n.
als W. 489; die W. der Lehre und W. 287 294 468 544.
das ewige Leben 488; Symbol und W elt flu c h t: der Gedanke der W. b.
W. 491 f.; W. u. Gerechtigkeit 499; Plato 351 516; Zufriedenheit und
Ehre u. W. 499; W. u. Liebe 502. W. 530.
a h r s a g e r e i s. G ö tze n d ie n st. W e ltfr ie d e n : der messianische W.
sä 3
a ise : W. u. Witwe als Vertreter als Naturfrieden 293 321 f., W. und
der Armut 172 177 f. (vgl. 145 f. 148). Seelenfrieden 534; der W. als Glau-
W ech sel: W. u. Werden 69; Sub- bensartikel d. Juden 536.
stanz* u. Wechselwirkung 69; Ge- W e ltg e r ic h t : Weltuntergang u. W.
moinschaft ist Wechselwirkung 159; 289 290; W. u. Weltbund Gottes
Reaktion als Wechselwirkung 165; 469; W. bei Joel 337.
Wechselwirkung der Ideen u. Ein- W e ltg e s c h ic h te : s. G eschichte.
richtungen in der Geschichte 207. W e ltk r ie g : 210 423 426 534.
W eg: der Ausdruck \J. für die Sünde W e ltm is s io n : die V/. Israels 276.
627
Z ucht: ״Bücher der Zucht“ 35. Z u v er sic h t: Z. auf Gott und das
Z u fa ll: 288; Zufälligkeit 79. Verdienst der Väter 884 397; Sehn-
Z u fr ie d e n h e it: Z. und Erkenntnis sucht und Z. 493; vgl. V e rtra u e n .
530 f.; Z. als religiöse Tugend 529 f; Zweck: Z., Ursache und d. Vernunft
Z. und Seelenfrieden 529 f. 534. 108; Z. und Kausalität 109 216;
Z u ku n ft: Antizipation der Z. 442; Z. und Ziel 191 417; Handlung, Z.
Platos polit. Idealismus u. die Z. und die Korrelation von Gott u.
343; d. Jenseits u. der Begriff der Mensch 110 191 252; d. Zwecklehre
Z. 291; messian. Verwandlung in Z. der Ethik u. das Individuum 217;
292 f. 340 f. (vgl. 366); messian. Z. Gott u. Sittlichkeit als absolute Z.
als Ideal der Geschichte 243 f. 340 f. 417; erste u. zweite Z. bei Mai-
361 f.; neue Wirklichkeit d. messian. monides 419; Heiligkeit als Z. des
Z. 342 344; messian. Z. u. jüd. Un- Menschen 112; das Leiden als Mittel, >
sterblichkeitslehre 363 367 f .; die nicht als Zweckvollendung 269 270ff.;
Zeit der Z. 293: das Sein der Z. Gründe (der Gesetze) als Mittel,
und der Gott der Geschichte 294 Dicht als Z. zu denken 417 f.; Welt-
308; Aion und Z. 294; das Gottes- regierung als Zwecksetzung u. Zweck-
reich nicht nur Z., sondern Gegen- erfüllung d. Welt 468; der Friede
wart 365 456; der Rest Israels als als Prinzip des Z. 528: vgl. Teleologie ,
Israel der Z. 305 f. 315. U rsach e, K a u s a litä t.
Zunz: über den Segen des Gesetzes
Z w e ck m ä ß ig k eit: Wahrheit und Z.
436.
484.
Z u rech n u n g: die Z. des Verbrechers
196. Z w e ife l: Z. u. Verlangen nach Gott
Z u s a m m e n g e s e tz th e it: Einheit u. 219.
Z. 41; Einheit Gottes schließt Z. aus Z w ie g e sp r ä c h : Z. mit Gott i. Mo-
47; Einzigkeit Gottes, Einfachheit u. nolog d. Gebets 440.
Z. 52. | Z w in g li: 405.
Berichtigung:
Seite 553: N am en - und S a c h r e g is te r statt Inhaltsverzeichnis.