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Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeine Bedeutung
2 Avantgarde in der Politik
3 Avantgarde in der Bildenden Kunst
4 Avantgarde in der Literatur
5 Avantgarde in der Darstellenden Kunst
6 Avantgarde in der Musik
7 Avantgardefilm
8 Charakteristik künstlerischer Avantgarden
8.1 Provokation
8.2 Innovation
8.3 Selbstreflexivität
9 Kritik am Avantgarde-Begriff
10 Literatur
10.1 Dokumente
10.2 Darstellungen
10.3 Zeitschriften
11 Weblinks
12 Einzelnachweise
Allgemeine Bedeutung
Im weitesten Sinn wird mit dem Avantgarde genannten Begriff dem
Bezeichneten eine 'Vorreiterrolle' zugewiesen. Unter Avantgardisten
versteht man Personen, die neue, wegweisende Entwicklungen anstoßen.
Im Gegensatz zum Trendsetter, der nur kurzfristige neue Moden anstößt,
sind die Veränderungen, die von der Avantgarde ausgehen, von
grundsätzlicherer und längerfristiger Wirkung.
Anstatt von „Avantgarde“ und „Moderner Kunst“ spricht man für die
Kunst der Gegenwart von Zeitgenössischer Kunst. Diese kann dabei
gleichermaßen Avantgarde-Strategien fortführen, auf der manchmal
verkrampften Suche nach Innovation neu erfinden, oder ältere
Traditionen wieder aufgreifen.
Avantgarde in der Literatur
Der Beginn der literarischen Avantgarden und damit der modernen
Literatur überhaupt kann im Ausgang des 19. Jahrhunderts mit dem
französischen Symbolismus bestimmt werden, mit Dichtern wie Stéphane
Mallarmé, Charles Baudelaire und Arthur Rimbaud, in Deutschland mit
Stefan George und den Dichtern des Expressionismus. Der Begriff der
Moderne ist allerdings umstritten. Einigen Theoretikern zufolge beginnt
die Moderne schon mit dem Beginn der Neuzeit und dem Ende des
Mittelalters. Zu den literarischen Avantgarden werden Surrealismus,
Dadaismus, Expressionismus sowie Scapigliatura und Futurismus
gerechnet.
Avantgardefilm
→ Siehe auch Avantgardefilm
Der Avantgardefilm trat schon in der Frühzeit der Kinematografie auf und
war damals wie später eng mit der bildenden Kunst verbunden. So gab es
in Frankreich, Italien und Deutschland Filmwerke, die aus dem
Futurismus, Dadaismus, Konstruktivismus und Surrealismus
hervorgingen. Mit der Entwicklung des kostengünstigen 16-mm-Films
erfuhr der Avantgardefilm nach dem Zweiten Weltkrieg einen neuen
Anstoß in Amerika, Europa, Australien und Japan. Diesmal hießen die
übergreifenden Begriffe Strukturalismus, Pop Art, Happening, Fluxus,
Konzeptkunst.
Der Film ist die einzige moderne Kunstform, die auf den Begriff
Avantgarde nicht verzichten kann, um sich von seinen anderen
kommerziellen wie künstlerischen Erscheinungsformen zu unterscheiden.
Verwirrend ist die nahezu synonyme Verwendung der Bezeichnung
Experimentalfilm. Der experimentelle Kurzfilm wurde besonders in den
1950er-Jahren als Vorstufe zum Spielfilm verstanden. Das hängt damit
zusammen, dass in Deutschland (mit Auswirkungen auf Österreich) im
intellektuellen Diskurs das Experiment abgewertet wurde – besonders
durch Hans Magnus Enzensberger 1962 in seinen „Aporien der
Avantgarde“ – da auch in der Kunst in der Zeit des Wiederaufbaus Nägel
mit Köpfen gemacht werden sollten.
Provokation
Zu jeder Zeit war der Antrieb in den Avantgarden, etwas Unerhörtes zu
tun, um damit das Bildungsbürgertum zu schockieren. Baudelaires
Gedichtsammlung Die Blumen des Bösen ist hierfür eines der ersten
Zeugnisse. Innovativ an diesen Gedichten war es, das hässliche
großstädtische Leben als Material für Lyrik überhaupt zuzulassen. Dieser
anti-bürgerliche Gestus zieht sich durch die gesamten Avantgarden. Einen
gewissen Höhepunkt erreicht er im Dadaismus, der das Publikum mit
Nonsens-Literatur brüskiert, und später im Wiener Aktionismus, der den
„guten Geschmack“ zum eigentlichen Angriffspunkt wählt und durch
extreme Performances provoziert.
Innovation
Das übergreifende strukturelle Problem der Avantgarden ist hiermit
bereits gekennzeichnet. Avantgarden bilden eine eigendynamische Art der
Überbietungsform aus: Was gestern noch schockierte, ist heute schon ein
alter Hut. „War schon da, ist schon bekannt“, solche Urteile treffen
avantgardistische Projekte ins Herz. In und zwischen den Avantgarden
hat sich daher ein Entwicklungsmuster herausgebildet, das in immer
weiterer formaler Innovation zum Äußersten hin treiben musste. Gerade
nach den radikalen Experimenten der Avantgarden scheint das heute aber
kaum noch möglich. Kasimir Malewitschs „weiße Leinwand“, die
Nonsens-Gedichte der Dadaisten, das Schweigen der Musik in John
Cages Stück 4'33" sind nicht wesentlich überbietbar. Auch aus dieser
inneren Dynamik heraus haben sich die Avantgarden als Kunstrichtung
totgelaufen.
Selbstreflexivität
Ein weiteres Merkmal aller Avantgarden ist ihre Theoriebedürftigkeit. Je
extremer und extravaganter avantgardistische Kunstwerke auftreten, desto
notwendiger wird ihre außerästhetische, theoretische Kommentierung.
Avantgardistische Kunstwerke tendieren dazu, immer weniger aus sich
selbst heraus verständlich zu sein, sie laden von sich aus nicht zum
ästhetischen Kunstgenuss ein, sondern sind sperrig. Dass sich durch diese
Eigenart eine Dauerreflexion darüber etablierte, warum was aus welchem
Grund überhaupt noch als Kunst wahrgenommen werden kann, und was
Kunst überhaupt sei, ist als eines der großen bleibenden Verdienste der
Avantgarden zu verstehen.
Kritik am Avantgarde-Begriff
Am Ende des 20. Jahrhunderts geriet der Begriff der Avantgarde und die
damit verbundenen Vorstellungen zunehmend in die Kritik. Die
Annahme, dass Personen oder Gruppen im Prozess des Fortschritts
„voranschreiten“ und der Rest, der „Mainstream“, deren Beispiel folgt
oder folgen müsse, wurde zunehmend angezweifelt. Der Hintergrund zu
dieser Entwicklung ist einerseits im zumindest zeitweiligen Versiegen der
künstlerischen Avantgardebewegungen und im Scheitern vieler
politischer, revolutionärer Bewegungen zu suchen. Andererseits geht mit
den Ideen der Postmoderne auch eine bewusste Abkehr vom Konzept der
Avantgarde einher, die durch ihren Führungsanspruch als autoritär
kritisiert wird. Stattdessen wird das pluralistische Nebeneinander von
Entwicklungen und Bewegungen höher bewertet.
Literatur
Dokumente
Als die Surrealisten noch recht hatten. Texte und Dokumente, hrsg.
u. eingel. von Günter Metken, Stuttgart: Reclam, 1976
Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde
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Stuttgart und Weimar: Metzler, 1995
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Darstellungen
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Hubert van den Berg / Walter Fähnders (Hrsg.): Metzler Lexikon
Avantgarde, Stuttgart: Metzler 2009, ISBN 3-476-01866-0
Klaus von Beyme: Das Zeitalter der Avantgarden. Kunst und
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Suhrkamp 1974
Hannes Böhringer: Avantgarde. Geschichte einer Metapher, in:
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Hans Magnus Enzensberger: Aporien der Avantgarde, in
Einzelheiten II. Poesie und Politik Frankfurt am Main, Suhrkamp
1964, S 50ff
Walter Fähnders: Avantgarde und Moderne 1890–1933, 2.
aktualisierte und erweiterte Auflage Stuttgart/Weimar: Metzler 2010
(Lehrbuch Germanistik)
Erika Fischer-Lichte (Hrsg.): TheaterAvantgarde. Wahrnehmung –
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Uwe Fleckler / Martin Schieder / Michael F. Zimmermann (Hrsg.):
Jenseits der Grenzen. Französische und deutsche Kunst vom Ancien
Regime bis zur Gegenwart. Band III: Dialog der Avantgarden.
Köln: DuMont 2000
Thomas Hecken: Avantgarde und Terrorismus. Rhetorik der
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von Sven Beckstette online
(http://www.sehepunkte.de/2006/11/11010.html)
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Hans Vilmar Geppert / Hubert Zapf (Hrsg.): Theorien der Literatur
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Artikel behandelt u. a. die Bedeutung Nietzsches für die
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Astrit Schmidt-Burkhardt, Stammbäume der Kunst: Zur Genealogie
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Enno Stahl: Anti-Kunst und Abstraktion in der literarischen
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Winfried Wehle: Lyrik der Zweiten Moderne: Wandlungen einer
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PDF (http://edoc.ku-
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Zeitschriften
Forschung
Weblinks
Wiktionary: Avantgarde – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft,
Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
1. vgl. den Überblick von Peter Simhandl "Das Theater der
Avantgarde" in ders., Theatergeschichte in einem Band, Berlin:
Henschel, 3. überarbeitete Auflage 2007, S. 361–506
2. zitate.net (http://zitate.net/zitat_3345.html)