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Amerika
in der Prophetie
Advent-Verlag Lüneburg
1995
Achtung!
Die CD-ROM-Ausgabe dieses Buches
darf weder als Datei noch als Druckerzeugnis
kopiert und verbreitet werden.
(V. 200020)
1
2
3
Titel der englischen Originalausgabe: Day of the Dragon
© 1993 by Pacific Press Publishing Association, Boise, Idaho (USA)
Übersetzung: Ursula Kaija
Redaktionelle Bearbeitung: Friedhelm Klingeberg
Theologische Fachberatung: Bruno Ulrich
Einbandgestaltung: Studio A Design GmbH, Hamburg
Titelfoto: Studio A Design GmbH
Satz: EDP
2. Auflage 1996
4
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Inhalt
8. H. R. 2797 ................................................................................... 96
5
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 1
1
E. G. White, „Der große Kampf zwischen Licht und Finsternis" (nachfolgend
abgekürzt „Der große Kampf"), Hamburg 1982, S. 582.
7
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
E. G. White, a.a.O., S. 566.567.
2
„Katholiken führen bei der Mitgliederzählung im 102. Kongreß in „Church
and State", Januar-Ausgabe 1991, S. 14.
3
E. G. White, a.a.O., S. 571.
4
ebd., S. 572.
8
AMERIKA IN DER PROPHETIE
sind die Katholiken, die den Kampf gegen die Abtreibung anführen
und sich weigern, in ihren Krankenhäusern Abtreibungen durchzu-
führen. Wie können dann die Adventisten (deren Ruf in dieser Be-
ziehung nicht makellos ist) im Buch „Der große Kampf" warnen:
„Durch den Anspruch der Kirche auf das Recht zur Sündenverge-
bung fühlt sich der Katholik berechtigt, zu sündigen, und die Ein-
richtung der Beichte, ohne die sie keine Vergebung gewährt, führt
dahin, dem Bösen Spielraum zu geben" 1?
Stellen wir uns vor, im Fernsehen würde der Beitrag „Was glau-
ben die Siebenten-Tags-Adventisten?" laufen. Der Reporter würde
folgendes Zitat vorlesen: „Wenn wir die entschlossene Grausamkeit
Satans verstehen wollen, die sich über Jahrhunderte hindurch ge-
zeigt hat, nicht bei denen, die niemals von Gott gehört haben, son-
dern genau im Herzen der Christenheit, dann müssen wir nur die
Geschichte der römischen Kirche betrachten" 2 - und dann würde
die Kamera eine Aufnahme von Mutter Teresa einblenden und
zeigen, wie sie ein Heim für AIDS-Kranke in New York eröffnet!
Zu einer Zeit, da Johannes Paul II. - einer der am meisten geach-
teten Männer der Welt - gesagt hat, daß „keine menschliche Autori-
tät das Recht hat, in das Gewissen eines Menschen einzugreifen"
und daß „eine ernsthafte Bedrohung von der Intoleranz ausgeht, die
sich in der Verweigerung der Gewissensfreiheit zeigt" 3, verkaufen die
Adventisten millionenfach ein Buch, das vor „dem Vordringen die-
ses so sehr gefährlichen Feindes der bürgerlichen und religiösen
Freiheit" 4 warnt!
Wenn „Der große Kampf" in der Öffentlichkeit zitiert wird - be-
sonders wenn dabei einzelne Aussagen aus ihrem Zusammenhang
gerissen werden -, wirken die Adventisten wie Frömmler oder Nar-
ren. Wir haben immer von einer Sichtung gesprochen. Die meisten
denken dabei an theologische Auseinandersetzungen oder an Ver-
folgung. Statt dessen wird es wohl eher so sein, daß sich viele Ad-
1
E. G. White, a.a.O., S. 568.
2
E. G. White, „The Great Controversy", Mountain View 1950, S. 570.
3
Papst Johannes Paul II. anlälich der Feier zum Weltfriedenstag am 1. Januar
1991.
4
E. G. White, „Der große Kampf", S. 567.
9
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Z. B. Jonathan Butler, „The World of E. G. White and the End of the World" in
„Spectrum", August-Ausgabe 1979, S. 12.
10
AMERIKA IN DER PROPHETIE
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AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 2
1
Siehe Clifford Goldstein, „Best Seller", Pacific Press, Boise, Idaho, 1990.
2
Clifford Goldstein, „The Saving of America", Pacific Press, Boise, Idaho, 1988,
S. 7f.
12
AMERIKA IN DER PROPHETIE
ger die katholische Kirche jemals die Art von internationaler Macht
ausüben, wie sie in der Offenbarung geschildert und im „Großen
Kampf" beschrieben wird, solange die Sowjetunion - eine höchst
streitsüchtige Supermacht, die den Vereinigten Staaten und dem
Vatikan unerbittlich feindselig gegenüberstand - aggressiv blieb? Ein
riesiges imperialistisches Reich mit 290 Millionen Menschen, be-
waffnet mit genügend strategischen und taktischen Atomwaffen, um
die ganze Welt hundertfach zu verbrennen, würde nicht einfach
über Nacht verschwinden. Der Kommunismus schien so fest ver-
wurzelt wie eh und je.
Etwa gleichzeitig mit dem Papstbesuch zogen sowjetische Trup-
pen mit Panzern im benachbarten Afghanistan ein, um ein Mario-
nettenregime zu unterstützen. Alles, was Präsident Jimmy Carter
daraufhin tat, war, Stabhochspringer und andere Athleten nicht zu
den Olympischen Spielen nach Moskau zu schicken.
Etwas später, als ein polnischer Elektriker namens Lech Walesa
einen Streik in einer Schiffswerft in Danzig anführte, eilte der neue
polnische Führer General Wojciech Jaruzelski in den Kreml, wo ihn
seine sowjetischen Auftraggeber davon in Kenntnis setzten, daß sie
diesen Streik mit ihren Truppen niederschlagen würden, wenn er es
nicht mit seinen täte.
Ohne Zweifel halfen die Aufstände in Ungarn (1956) und in der
Tschechoslowakei (1968) der Erinnerung des polnischen Generals
nach. Seine sowjetischen Kameraden waren bekannt dafür, bei ihren
europäischen Alliierten einzumarschieren, wenn sie sich ihren An-
ordnungen widersetzten. Jaruzelski kehrte nach Hause zurück, Wale-
sa wurde verhaftet, die „Solidarität" wurde zerschlagen, und die
Oberen in Moskau waren beschwichtigt.
In der Zwischenzeit war aus Saigon Ho Chi Minh Stadt gewor-
den, und die Roten Khmer übernahmen die Herrschaft in Kambod-
scha. Haile Selassies Regierung in Äthiopien wurde durch Marxisten
ersetzt, und in Nicaragua kamen die sozialistischen Sandinisten an
die Macht. Der Südjemen hatte eine marxistische Regierung, und
Fidel Castro machte den Yankees im Norden eine lange Nase und
sandte kubanische Truppen, um eine marxistische Regierung in
Angola zu unterstützen.
13
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kurz, während der meisten Zeit der achtziger Jahre schien die
adventistische Vorstellung von den Vereinigten Staaten, die der Welt
das Malzeichen des Tieres aufzwingen, bestenfalls weit entfernt -
schlimmstenfalls völlig ausgeschlossen.
Aber dann nahm die Geschichte einen völlig anderen Verlauf.
Ob es, wie der Japaner Fukuyama sagte, „das Ende der Geschichte"
war, darüber kann man streiten, aber daß es das Ende jener Ge-
schichte war, deren Ausgang jedermann voraussehen zu können
meinte, stand außer Frage.
Nach allgemeiner Erkenntnis mußte man davon ausgehen, daß
Ost und West schließlich in einen atomaren Konflikt geraten wür-
den, der mit Atomwaffen ausgetragen würde und letztlich zu unserer
Selbstvernichtung führen mußte. Keine unwahrscheinliche Szene,
wenn man die Fakten bedenkt. Allerdings: Gemä der Bibel wird
das Ende der Welt nicht durch einen nuklearen Ost-West-Konflikt
herbeigeführt. Früher oder später mußte sich etwas ändern - und
genau so kam es auch.
Es begann mit einem Todesfall. Leonid Breschnew - der Gene-
ralsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, der Mann,
dem zugeschrieben wurde, daß er die Sowjetunion aus einer militä-
rischen Unterlegenheit in ein militärisches Gleichgewicht (vielleicht
sogar eine Überlegenheit) mit den Vereinigten Staaten gebracht
hatte - starb.
Sein Nachfolger wurde Juri Andropow, der, obwohl Gerüchte
besagten, er sei insgeheim ein geheimer Liberaler, eine dunkle, un-
durchsichtige Figur war. (Die meisten Menschen im Westen wußten
nicht einmal, daß er verheiratet war, bis sie Fotos von seiner Frau
sahen, die an seinem Grab weinte.) Er wurde ersetzt durch Konstan-
tin Tschernenko, einem senilen Achtzigjährigen, der schon wenige
Monate später starb.
Dann erschien ein neues Gesicht, ein (für den Westen) unbe-
kannter Landwirtschaftsminister, jung genug, um keinen Spickzettel
zu brauchen, wenn er etwas Komplizierteres als „Guten Tag" und
„Auf Wiedersehen" sagen wollte. Das Gesicht mit dem charakteristi-
schen Muttermal gehörte zu Michail Gorbatschow. Gerade wie Gott
einst König Cyrus, „einen der wirklich erleuchteten Herrscher des
14
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
John Bright, „Geschichte Israels", Patmos-Verlag, Düsseldorf, 1966, S. 375.
15
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„The Washington Post" vom 2.12.1989, 1A.
2
Francis X. Murphy, C. SS. R., „Aggiornamento to Perestroika: Vatican Ostpoli-
tik" in „America" vom 19.5.1990, S. 494.
3
Clifford Goldstein, „Catholics, Communists, and Adventists" in „Adventist-
Review" vom 18.1.1990, S. 5.
16
AMERIKA IN DER PROPHETIE
17
AMERIKA IN DER PROPHETIE
reiches, vom persischen Reich bis zum britischen und jedem dazwi-
schen, hat eine neue Weltordnung eingeleitet. Warum also nicht
auch der Zusammenbruch der Sowjetunion? Die Welt ist nicht un-
beweglich und beständig geblieben, seit Ur, die Stadt Ibbi-Sins, von
den Elamiten verwüstet wurde, 500 Jahre bevor Mose die Kinder
Israel aus Ägypten führte. Das politische Gefüge der Welt ist niemals
gleich geblieben. Bis heute ist die Hälfte der Länder der Erde jünger
als vierzig Jahre.
„Eine Landkarte von Europa aus dem 19. Jahrhundert zu be-
trachten", sagt ein Artikel in der Zeitschrift „Atlantic", „heißt, die
unbekümmerte Unbeständigkeit der Geschichte zu erkennen, mit
den verschwendeten Preußen, Böhmen und kleinen Stadtstaaten,
ihren vergangenen habsburgischen, zaristischen und osmanischen
Reichen. Es wäre unvernünftig zu meinen, daß eine Landkarte aus
dem 21. Jahrhundert nicht noch gröere Überraschungen aufzuwei-
sen hätte."1
„Was auch immer nach dem Kalten Krieg kam", schrieb Fred
Barnes in „The New Republic", „das war die neue Weltordnung".2
Für George Bush bedeutete die neue Weltordnung die verschwom-
mene Vorstellung einer umfassenden Sicherheit unter dem Schutz
der Vereinten Nationen. Bevor Michail Gorbatschow selbst seine
Stellung verlor, sah er die neue Weltordnung als einen Platz, wo eine
durch Demokratie und „Perestroika" erneuerte Sowjetunion eine
positive und wohlhabende Rolle in der Bruderschaft der Völker
spielen würde. Auch Papst Johannes Paul II hat seine eigenen Vor-
stellungen von einer neuen Weltordnung (siehe Kapitel 4).
Als Bush diesen Begriff zum ersten Mal benutzte, betrachtete er
ihn wahrscheinlich nur als einen netten Ausdruck, wie „Lichtpunkte"
oder „von den Lippen ablesen". Obwohl seine Regierung im Jahr
1991 damit aufhörte, den Ausdruck zu verwenden, entwickelte er
eine Eigendynamik, besonders bei den Extremen des linken und
rechten Flügels, die mehr Spekulationen über diese beiden Wörter
1
David Lawday, „My Country: Right ... or What?" in „Atlantic Monthly" 7/1991,
S. 22.
2
Fred Barnes, „Brave New Gimmick" in „The New Republic" vom 25.2.1991, S. 15.
18
AMERIKA IN DER PROPHETIE
angestellt haben als über Henry Kissinger (das Tier?) oder Gorbat-
schows Muttermal (das Malzeichen des Tieres?).
Eustace Mullins, ein rechtsextremer Verschwörungstheoretiker,
warnt davor, daß Bushs Idee der neuen Weltordnung Teil eines
Planes sei, ersonnen von dem „Schwarzen Adel", der aus der briti-
schen Königsfamilie, den Rothschilds und den Rockefellers bestehe
und das Ziel einer einheitlichen Welt verfolge.
Die marxistische Publikation „Revolutionäre Arbeiter" bezeichne-
te diesen Ausdruck als das unheilvolle Schlüsselwort für den ka-
pitalistischen, spießbürgerlich-westlichen Imperialismus, der die nach-
sowjetische Welt ausnutzen und die Arbeiter überall ausbeuten wol-
le. Eine Schlagzeile hieß: „Die neue Weltordnung und der Absturz
der Pan Am 103". In dem Artikel warnte die Zeitung, die Vereinig-
ten Staaten hätten Libyen das Bombenattentat als Vorwand unterge-
schoben, um das Land bombardieren zu können.
Der Herausgeber des „Southern National Newsletter", einer Ver-
öffentlichung in Tennessee, die die Wiederherstellung der Konföde-
ration vertritt, warnt davor, daß die neue Weltordnung nichts ande-
res sei als eine weitere „Landaneignung durch die Yankees".
Sogar der Prediger und christliche Geschäftsmann Pat Robertson
veröffentlichte ein Buch von 268 Seiten, das er genau den Punkt
treffend „Die neue Weltordnung" nannte. „Ich bin gleichermaßen
davon überzeugt", schrieb er, „daß der Ausdruck ,neue Weltord-
nung' während der letzten 200 Jahre das entscheidende Schlüssel-
wort jener gewesen ist, die den christlichen Glauben und das, was
Papst Pius XI. ,die christliche Sozial-Ordnung' nannte, zerstören
wollten. Sie wollen sie durch eine weltweite sozialistische Diktatur,
die vom Okkulten inspiriert ist, ersetzen."1
Was auch immer die neue Weltordnung sein soll, der Ausdruck
schlug in der Tat auch bei vielen Adventisten eine bestimmte Saite
an. Und das sollte er auch, denn schließlich wird irgendeine Art von
neuer Weltordnung eingesetzt werden müssen, damit sich die Pro-
phetie so erfüllen kann, wie es nach unserer Überzeugung dem bib-
lischen Konzept entspricht.
1
Pat Robertson, „The New World Order", Word, Dallas, 1991.
19
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
E. G. White, „Der große Kampf", S. 616.
2
E. G. White, „Testimonies to the Church" Bd. 6, Pacific Press, Mountain View,
Calif., 1948, S. 18.
3
ebd., Bd. 9, S. 11.
20
AMERIKA IN DER PROPHETIE
mand vorstellen konnte. Es ist auch kein Zufall, daß der Zusam-
menbruch des sowjetischen Reiches genau in unser prophetisches
Drehbuch paßt. Wir hätten wissen sollen, daß es so kommen würde.
In jenem Artikel im „Adventist Review" schrieb ich: „Wenn mir
letztes Jahr jemand erzählt hätte, daß es innerhalb eines Jahres eine
Regierung der ,Solidarität' in Polen geben, daß die Berliner Mauer
fallen würde, daß die Kommunisten in der Tschechoslowakei, in
Ungarn, Ostdeutschland und Bulgarien die Macht verlieren und die
Sowjets diese Reformen sogar fördern würden - hätte ich geglaubt,
ich sei rückfällig geworden, aus der Gemeinde ausgetreten und ge-
rade dabei, Marihuana zu rauchen!"1
Wenn man mir weiter gesagt hätte, daß es mit dem Kommunis-
mus zwei Jahre später vorbei wäre, nicht nur in Osteuropa, sondern
selbst im Kreml; daß die Sowjetunion nicht mehr sowjetisch wäre
und noch weniger eine Union; daß all die Republiken sich abspalten
und unabhängige Staaten sein würden; und daß die sowjetische
kommunistische Zentralregierung verschwinden würde - dann hätte
ich glatt angenommen, nicht nur Marihuana zu rauchen, sondern
auf einem LSD-Trip zu sein!
Im Jahr 1980 hatte ich Momente starker Zweifel in bezug auf die
prophetische Botschaft. Die Sowjetunion schien wie ein großer
brauner Bär über die Seiten der Offenbarung zu trampeln und un-
sere Interpretationen von Kapitel 13 und 14 zu vernichten. Während
solcher Augenblicke wies mich der Herr jedoch auf das Buch Daniel
hin, besonders auf die Kapitel 2 und 7. Unvermittelt breiteten sich
Bilder von Zehen aus Eisen und Ton, geflügelten Panthern und
sprechenden Hörnern wie ein Videofilm in meiner Vorstellung aus.
Die Botschaft war deutlich: Der Herr herrscht wirklich über die Völ-
ker. Wenn Gott so mächtig war, daß er den Aufstieg und Fall des
heidnischen römischen Reiches Jahrhunderte im voraus vorhersagen
konnte, dann konnte er mit dem sowjetischen Reich auch fertigwer-
den.
Also streckte ich meine Hände im Glauben aus und ergriff die
„feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an
1
Clifford Goldstein, „Catholics, Communists, and Adventists", S. 5.
21
AMERIKA IN DER PROPHETIE
dem, was man nicht sieht" (Hebräer 11,1). Ich sprach ein Gebet und
ging voran, mit unbeantworteten Fragen, aber auch mit einem festen
Vertrauen auf Gott. Zehn Jahre später, als sich unerwartete, welter-
schütternde Ereignisse vor meinen Augen entfalteten, wurden die
meisten jener Fragen beantwortet, und mein Vertrauen wurde reich-
lich belohnt.
22
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 3
Als sich der Rauch, Sand und Staub der „Operation Wüstensturm"
gelegt hatten, traten die Vereinigten Staaten nicht nur als Sieger über
den Irak hervor, sondern sie übernahmen auch die Führung in der
Welt. Noch wenige Jahre zuvor hatten Experten Amerikas Verfall
beklagt; nun sprachen sie von den Vereinigten Staaten als dem vor-
herrschenden militärischen und politischen Schwergewicht der Welt.
„Die einzig verbliebene Supermacht der Welt", formulierte das
„Time"-Magazin, 1 und die meisten Kommentatoren nahmen diese
Formulierung auf. Amerika ist nicht nur die Supermacht, sondern es
gibt nach Ansicht des Kolumnisten Charles Krauthammer „in der
nahen Zukunft keine Aussicht auf irgendeine Macht, die mit den
Vereinigten Staaten wetteifern könnte".2
Yassir Arafat, der Chef der palästinensischen Befreiungsorganisa-
tion PLO nannte Washington, D.C., „das neue Rom", 3 als er über
Amerikas neue Rolle als einzige Supermacht der Welt sprach. Das
neue Rom! Warum? Weil das alte Rom zu seiner Zeit die unbestrit-
tene Supermacht war und die Vereinigten Staaten jetzt diese Position
eingenommen haben.
Arafats Worte beschwören natürlich die adventistische Auslegung
der Prophetie förmlich herauf. In Daniel 7 träumte der Prophet von
vier Winden. Die „wühlten das große Meer auf" (Daniel 7,2), aus
1
„Time" vom 29.7.1991, S. 13.
2
Charles Krauthammer, „The Lonely Superpower" in „The New Republic" vom
29.7.1991, S. 23.
3
„Newsweek" vom 12.8.1991, S. 33.
23
AMERIKA IN DER PROPHETIE
dem vier Tiere kamen. Das erste war „wie ein Löwe und hatte Flü-
gel wie ein Adler", das zweite war „gleich einem Bären" (Vers 4),
das dritte war „wie ein Panther" (Vers 6), und das vierte war
„furchtbar und schrecklich und sehr stark", und es hatte „zehn Hör-
ner" (Vers 7).
Aus diesem vierten Tier brach ein weiteres, starkes kleines Horn
hervor mit „Augen wie Menschenaugen" und einem „Maul, das
redete große Dinge" (Vers 8). Dieses kleine Horn kämpfte „gegen
die Heiligen, und es behielt den Sieg über sie" (Vers 21). Es heißt
über das kleine Horn: „Es wird den Höchsten lästern und die Heili-
gen ... werden in seine Hand gegeben eine Zeit und zwei Zeiten und
eine halbe Zeit." (Vers 25)
Daniel legte mehr Nachdruck auf das kleine Horn, und er nann-
te uns mehr Einzelheiten darüber, als über jedes andere Tier in
dieser Prophezeiung - ein wichtiger Punkt, wenn man bedenkt, daß
auch die anderen Tiere große Weltreiche darstellten: Babylon (Lö-
we), Medo-Persien (Bär), Griechenland (Panther), viertes Tier
(Rom). Warum räumt die Prophetie dem kleinen Horn einen so
breiten Raum ein? Der Grund dafür kann nur darin bestehen, daß
es eine wichtige Rolle in der Welt spielen sollte, die den vorherge-
henden Reichen gleichgestellt oder sogar überlegen ist. Das kleine
Horn ist das päpstliche Rom. Jede andere Auslegung ergibt keinen
Sinn.
In Offenbarung 13 werden die Bilder von Daniel 7 wiederholt,
und damit besteht eine Verbindung zwischen den beiden Kapiteln.
„Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner
und sieben Häupter." (Offenbarung 13,1) Hier tauchen schon drei
Bilder aus Daniel 7 auf: das Meer, das aufsteigende Tier, die zehn
Hörner.
„Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine
Füe wie Bärenfüe und sein Rachen wie ein Löwenrachen." (Vers
2) Wieder haben wir hier Bilder aus Daniel 7 - Panther, Löwe und
Bär.
Das Tier in der Offenbarung hatte ein Maul, „zu reden große
Dinge und Lästerungen, und ihm wurde Macht gegeben, es zu tun
zweiundvierzig Monate lang" (Vers 5). „Und ihm wurde Macht ge-
24
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Vgl. auch Offenbarung 12,6.14.
2
Paul Kennedy, „The (Relative) Decline of America" in „Atlantic Monthly"
8/1987, S. 33.
25
AMERIKA IN DER PROPHETIE
eine Welt vor, die aus drei rivalisierenden Blöcken besteht: einer, der
in den westeuropäischen Staaten begründet ist; einer, der von Japan
beherrscht wird; und dem amerikanischen Block, dem schwächsten
und geplagtesten."1
1987 schrieb James Chase im „Atlantic Monthly", Amerika sei
nicht bereit, „die Struktur von Bündnissen in einer Weise zu verän-
dern, die aufrichtig die reduzierte Rolle eines erwachsenen Amerika
in der Welt reflektiert." 2 In einem etwas gewöhnlicheren Jargon frag-
te John McLaughlin schon vor Jahren: „Geht Amerika vor die Hun-
de?"3
Heute haben nicht zuletzt die Nachwirkungen des Golfkrieges
die Botschaft vom Untergang Amerikas eindeutig als Märchen ent-
larvt. Die Vereinigten Staaten haben zweifellos ihren wirtschaftlichen
Vorsprung verloren, obwohl Japan selbst sich in einer Rezessionsspi-
rale befindet und Deutschland durch die enormen Kosten der Wie-
dervereinigung angeschlagen ist. Doch auch dies hielt Amerika nicht
davon ab, den Bund gegen Saddam anzuführen, während unsere
reichen „Rivalen" durch den Krieg wie gelähmt waren. Die Deut-
sche Mark und der Japanische Yen haben sich nicht automatisch in
eine geopolitische Macht verwandelt. Welche wirtschaftlichen Prob-
leme Amerika auch hat, es hat eine Führungsrolle angenommen -
nicht nur für die Länder des Westens, sondern für fast die gesamte
Welt.
„Vor der Golfkrise", schrieb Krauthammer, „beklagten Amerikas
Untergangspropheten den Sturz der Nation von ihrem Thron an der
Spitze der Welt im Jahr 1950 - ein entscheidendes Datum für sie. Im
Jahr 1950 traten die Vereinigten Staaten in einen Krieg mit Nordko-
rea ein. Er dauerte drei Jahre, kostete 54.000 Amerikanern das Le-
ben und endete mit einem Unentschieden. Einundvierzig Jahre spä-
ter zogen die Vereinigten Staaten in den Krieg gegen den Irak, ein
Land von vergleichbarer Gröe. Er dauerte sechs Wochen, kostete
143 Amerikaner das Leben und endete mit einer Vernichtung des
1
Paul Mead, „On the Road to Ruin" in „Harper's" 3/1990, S. 61.
2
James Chase, „Ike Was Right" in „Atlantic Monthly" 8/1987, S. 40.
3
John McLaughlin, „Is America Going to the Gods?" in „National Review" vom
31.7.1987, S. 22.
26
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Krauthammer, a.a.O., S. 24.
2
ebd. S. 23.
27
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Zitiert in Paul Boyer, „When Time Shall Be No More", Harvard University
Press, Cambridge, 1992, S. 228.
2
Zitiert in ebd., S. 229.
3
J. N. Andrews, „Thoughts on Revelation 13 and 14" in „Second Advent Review
and Sabbath Herald" vom 19.5.1851.
28
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Wenn diese Auslegung, nach der Amerika der ganzen Welt das
Malzeichen des Tieres aufzwingt, schon vor nur zehn Jahren un-
glaublich erschien, wie mag sie dann erst in der Mitte des 19. Jahr-
hunderts gewirkt haben, als die Großmächte noch alle in der Alten
Welt zu Hause waren - Preußen, Frankreich, Österreich-Ungarn und
England?
Im Jahr 1851, als Andrews zum ersten Mal seine Erklärung des
Tieres mit den zwei Hörnern veröffentlichte, hatte Amerika eine
Armee für Friedenszeiten von etwa 20.000 Mann, nur ein Zehntel
der Soldaten, die im Kampf bei Waterloo teilnahmen. Im Jahr 1814
(weniger als 40 Jahre vor der Veröffentlichung des Andrews-Artikels)
verbrannten die Briten Washington, D. C. Im Jahr 1867 vernichteten
Sitting Bulls tapfere Krieger General Custers 7. U. S. Kavallerie-Regi-
ment. Das heißt, sechzehn Jahre nach Andrews' und nur acht Jahre
vor Ellen Whites Vorhersage (veröffentlicht 1884) kämpfte Amerika
noch gegen Indianer, und das nicht immer erfolgreich. Und dies
sollte das Volk sein, das die Welt zwingen würde, dem Tier ein Bild
anzufertigen?
Natürlich erwarteten die Pioniere einschließlich Ellen White, daß
diese Ereignisse noch zu ihren Lebzeiten eintreffen würden, und
tatsächlich hätte Christus damals wiederkommen können. Der Punkt
ist nur der, daß im 19. Jahrhundert die Erfüllung dieser Prophezei-
ungen nicht so wahrscheinlich erschien wie heute.
1
Ellen G. White, „The Spirit of Prophecy" Bd. 4, Pacific Press, Oakland, S. 278.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", a.a.O., S. 440.
29
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Tom Wolfe, „The Right Stuff", Bantam, New York, 1984, S. 201.
2
„Washington Post" vom 29.8.1991.
3
Zitiert in „Atlantic Monthly" 8/1992, S. 22.
4
„Baltimore Sun" vom 8.3.1992, S. 13A
30
AMERIKA IN DER PROPHETIE
31
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Washington Post" vom 24.5.1992, S. A23.
2
Krauthammer, a.a.O., S. 26.
32
AMERIKA IN DER PROPHETIE
nen das erste Tier anbeten, dessen tödliche Wunde heil geworden
war" (Vers 12).
Nachdem die USA keine Rivalen mehr haben und der Kalte
Krieg gezeigt hat, warum sie keine Konkurrenten mehr zulassen
sollten, ist diese Nation heute mehr als jemals zuvor in der Lage,
diese Rolle auszufüllen und schließlich zu einer Nation zu werden,
welche veranlaßt, „daß alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten,
getötet würden" (Offenbarung 13,15).
Es stimmt. Die USA werden nicht umsonst „das neue Rom" ge-
nannt.
33
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 4
34
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Siehe William Lee Miller, „The First Liberty", Alfred A. Knopf, New York,
1986, S. 281.282.
2
„Jerusalem Post" vom 21.4.1990, S. 2.
3
„Time" vom 13.5.1991.
35
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Baltimore Sun" vom 20.1.1992, S. 7A.
2
„Pope Was Vital to Fall of Communism, Says Gorbatschow" in „Newsnet Item"
18:391 vom 2.3.1992, Reuters News Service.
3
Malachi Martin, „The Keys of This Blood" (Die Schlüssel dieses Blutes), Simon
and Schuster, New York, 1990, S. 23.
4
ebd., S. 22.
5
„Newsweek" vom 15.10.1979, S. 4.
36
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Paul „ohne Zweifel den Vatikan wieder in den Mittelpunkt der in-
ternationalen Bühne gerückt hat".1
Nach Ansicht von Malachi Martin sieht sich der Papst selbst
nicht nur als ein Führer unter anderen in der Welt, sondern als der
eine, der aufgrund seiner Stellung die vorrangige religiöse und poli-
tische Autorität darstellen sollte. „Diese Autorität", schrieb Martin,
„diese Stärke, wird symbolisiert durch die Schlüssel des Petrus, ge-
waschen im Blut des Gott-Menschen Jesus Christus. Johannes Paul
ist und wird der einzige Besitzer der ,Schlüssel dieses Blutes' an je-
2
nem Tag sein."
An welchem Tag? An dem Tag, an dem Johannes Paul II. die
politische Vorherrschaft übernehmen wird, von der er glaubt, daß
seine Stellung ihn dazu ermächtigt. „Denn letztendlich", schrieb
Martin, „behauptet Johannes Paul II. mit dem Anspruch der Stell-
vertretung Christi, die oberste Gerichtsinstanz über die gesamte
Staatengemeinschaft zu sein."3
Nach Martins Meinung ist der zentrale Punkt der neuen Welt-
ordnung nach der Vorstellung Johannes Pauls II., daß weder der
unterdrückende Marxismus mit seiner gottlosen Ideologie noch der
materialistische Kapitalismus mit seinen finanziellen Ungerechtigkei-
ten akzeptabel sei, sondern daß beide verschwinden müten. „Das
Schwierigste an diesen beiden Modellen für die neue Weltordnung
ist für Papst Johannes", schrieb Martin, „daß keines von ihnen in
den moralischen Gesetzen verwurzelt ist, die von Gott durch die
Lehren Christi offenbart wurden, so wie sie die Kirche Christi lehrt
[d. h. die römisch-katholische Kirche]."4
In seiner ersten Sozial-Enzyklika („Centesimus Annus") nach
dem Zusammenbruch des osteuropäischen Kommunismus be-
schrieb der Papst die Probleme der beiden Systeme: „Die histori-
sche Erfahrung des Westens zeigt, daß, selbst wenn die marxistische
Analyse und ihre Grundlagen der Entfremdung falsch sind, dennoch
Entfremdung - und der Verlust des echten Lebenssinns - auch in
1
„Atlantic Monthly" 5/1980, S. 43.
2
Malachi Martin, a.a.O., S. 639.
3
ebd., S. 375.
4
ebd., S. 19.
37
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Centesimus Annus", Origins: CNS Documentary Service vom 16.5.1991, S. 16.
2
ebd., S. 6.
3
Malachi Martin, a.a.O., S. 22.
38
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 566.
2
Malachi Martin, a.a.O., S. 15.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 572.
4
Malachi Martin, a.a.O., S. 23.
5
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 571.
39
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Malachi Martin, a.a.O., S. 345.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 581.582.
3
Malachi Martin, a.a.O., S. 480.
4
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 449.
5
Malachi Martin, a.a.O., S. 375.
6
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 580.
7
Malachi Martin, a.a.O., S. 639.
8
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 572.
40
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Malachi Martin, a.a.O., S. 639.
2
Er hat u. a. „Die Verführung der Christenheit" (CLV) und eine wirkungsvolle
Studie über die Mormonen („The God Makers") geschrieben.
41
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Dave Hunt, „Global Peace and the Rise of the AntiChrist" [dt.: „Globaler Friede
und Aufstieg des Antichristen", Fliss-Verlag], Harvest House, Eugene, Oregon,
1990, S. 8 (Unterstreichung von Hunt).
2
ebd., S. 105.
3
ebd., S. 116.
4
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 581.
5
Dave Hunt, a.a.O., S. 139.
42
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 566.
2
Dave Hunt, a.a.O., S. 145 (Unterstreichung von Goldstein).
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 564.
4
Dave Hunt, a.a.O., S. 135.
43
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd.
2
ebd., S. 146.
3
„Time" vom 20.5.1991, S. 40.
4
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 579.
44
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 581.
2
Francis X. Murphy, a.a.O., S. 496.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 571.
45
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Botschaft des Papstes Johannes Paul II. zur Feier des Welt-Friedenstages
(1. Januar 1991).
2
„John Paul Announces Historic Synod of All European Bishops" in „Religious
News Service" vom 23.4.1990, S. 4.
3
„Baltimore Sun" vom 20.1.1992, S. 7A.
4
„Pope: Christians' Roots Are Key to United Europe" in „Religious News Ser-
vice" vom 5.11.1991, S. 8.
5
„National and International Religion Report" vom 23.3.1992.
46
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Washington Post" vom 23.4.1990, S. A19.
2
Malachi Martin, a.a.O., S. 286.
3
ebd., S. 288.
47
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 616.
2
Malachi Martin, a.a.O., S. 22 (Kursiv hinzugefügt).
48
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 5
Der Untertitel des Buches „The Keys of This Blood", das 1990 veröf-
fentlicht wurde, lautet: „Der Kampf um die Weltherrschaft zwischen
Papst Johannes Paul II., Michail Gorbatschow und dem kapitalisti-
schen Westen". Seit seinem Erscheinen ist die Konkurrenz um ein
Drittel geschrumpft, da Gorbatschow die Herrschaft über sein eige-
nes Land nicht behalten konnte und noch weniger über die ganze
Welt. Nach Malachi Martins Drehbuch (das anscheinend auf der
Weltbühne gespielt wird), bleiben nur noch zwei Bewerber um die
Weltherrschaft übrig: der kapitalistische Westen (angeführt von den
Vereinigten Staaten) und Johannes Paul II. (der Führer des Katholi-
zismus) - die beiden Mächte aus der Offenbarung und dem Buch
„Der große Kampf", die am Ende die Welt wirklich beherrschen
werden!
Obwohl Martin Rom und die Vereinigten Staaten im Wettkampf
um die Weltherrschaft darstellt, zeigte das „Time"-Magazin sie be-
reits bei der Zusammenarbeit, was im Einklang mit der Prophetie
schließlich auch der Fall sein wird. Auf der Titelseite der Zeitschrift
war ein Bild von Papst Johannes Paul II. und Ronald Reagan zu
sehen, und die Überschrift hieß: „Heilige Allianz: Wie Reagan und
der Papst sich verschwörten, um Polens Solidaritätsbewegung zu
helfen und den Untergang des Kommunismus zu beschleunigen."
Der Kern des Artikels besagt, daß von 1982 bis zum Zusammen-
bruch des polnischen Kommunismus die Vereinigten Staaten und
der Vatikan unter der Führung von Papst Johannes Paul II. und
Ronald Reagan in einer heimlichen Operation zusammenarbeiteten,
49
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Time" vom 24.2.1992, S. 28.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 564.
3
Kenneth Kantzer, „Church on the Move" in „Christianity Today" vom
7.11.1986, S. 16.
4
David Wells, „Catholicism at the Crossroads" in „Eternity", 9/1987, S. 14.
50
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Keith Fournier, „Evangelical Catholics", Thomas Nelson, Nashville, 1990, S. IV.
2
Zitiert in „Church and State", 8/1988, S. 15.
3
Kantzer, a.a.O., S. 17.
51
AMERIKA IN DER PROPHETIE
und die Erlösung des Menschen durch Christus. Er hätte ebenso die
Heiligkeit des Sonntags und die unsterbliche Seele hinzufügen kön-
nen. „Aus diesen gemeinsamen Glaubenspunkten," so erklärte er,
„gewinnen viele Katholiken und viele Evangelikale klare Positionen
über Probleme um Gesetz und staatliche Ordnung."1
Ellen White schrieb: „Es setzt sich immer mehr die Ansicht
durch, daß wir in den wichtigsten Punkten nicht so weit auseinan-
dergehen, wie vermutet wurde."2
Eine katholische Zeitschrift schrieb: „In den letzten Jahren haben
evangelische und katholische Gruppen ihre Kräfte auf jeder Ebene
sozialer Aktivitäten vereint - von Basis-Protesten bis hin zur Durch-
setzung von Gesetzen im Kongreß, um Änderungen in der öffentli-
chen Ordnung zu bewirken - und sie haben bei einer Vielfalt von
gemeinsamen Interessen die Oberhand behalten."3
Ein Beispiel des politischen Bündnisses zwischen Katholiken und
Protestanten ereignete sich im April 1992, als Führer der römisch-
katholischen Kirche und der Südlichen Baptisten - der zwei gröten
religiösen Gruppen in den Vereinigten Staaten, die sich von ihrer
Geschichte her nicht freundlich gesinnt waren - beim Supreme
Court eine gemeinsame Eingabe machten, in der sie „ein gründli-
ches verfassungsrechtliches Überdenken" der Abtreibungsgesetzge-
bung in den Vereinigten Staaten forderten.4
Abgesehen von solchen gemeinsamen politischen und sozialen
Vorstößen hat sich noch eine andere Möglichkeit der Aussöhnung
zwischen Protestanten und Katholiken ergeben: Katholiken werden
als Evangelikale betrachtet.
„Wenn Sie sich, so wie ich, eher zu den Protestanten der refor-
mierten Tradition zählen," schrieb Colson in Keith Fourniers Buch,
„dann werden Sie vielleicht überrascht sein, sich bei Keiths Gedan-
ken mehr zu Hause zu fühlen als bei den Ansichten vieler Ihrer
1
William Bentley Ball, „Why Can't We Work Together?" in „Christianity Today"
vom 16.7.1990, S. 23.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 564.
3
Glenn Ellen Duncan, „Catholic Twin Circle", zitiert in „Church and State",
3/1989, S. 17.
4
„Religious News Service" vom 6.4.1992, S. 5.
52
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Keith Fournier, a.a.O., S. VI.
2
J. I. Packer, „Rome's Persistent Renewal" in „Christianity Today" vom
22.6.1992, S. 19.
53
AMERIKA IN DER PROPHETIE
54
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Ellen White schrieb, daß „es auch echte Christen in der römisch-
1
katholischen Gemeinschaft" gibt, aber sie sagt, „viele werden sich
2
noch zu seinem [Gottes] Volk bekennen," nachdem sie die Wahrheit
angenommen haben. Aber das ist nicht das, was Billy Graham meinte.
Viele Katholiken betrachten sich als echte Evangelikale. Keith
Fournier schrieb: „Ich bin ,evangelikal', weil es mich drängt, die gute
Nachricht von Jesus Christus zu verkünden. Wie ich schon früher
sagte, darf das Wort ,evangelikal' nicht nur für eine kleine Gruppe
von Christen reserviert bleiben. Es sollte vielmehr das stolze Eigen-
3
schaftswort aller Christen sein."
Ellen Whites Warnung in „Der große Kampf", daß Katholiken
und Protestanten ihre Feindschaft begraben und sich einander an-
nähern würden, ist Wirklichkeit geworden. Sie sagte niemals, daß
ihre Lehren vollkommen übereinstimmen müten; sie schrieb nur,
daß sie sich in den Punkten zusammenschließen würden, in denen
sie sich einig sind, und genau dies geschieht heute.
Schließlich werden sie sich zusammentun, um in einer gemeinsa-
men Anstrengung das Sonntagsgesetz durchzudrücken. In der Zwi-
schenzeit arbeiten sie zusammen, wann und wo immer sie können.
Jahrelang konnte man lesen: „Anglikaner rufen nach Einheit unter dem
5 6
4
Papst" ; „Lutheraner bitten den Papst um gemeinsames Abend-
mahl" ; „Neue Anzeichen von Wiedervereinigung" ; „Katholische
7
und lutherische Bischöfe halten gemeinsamen Gottesdienst ab."
Was diese Ereignisse im Licht des Buches „Der große Kampf" so
erstaunlich macht, ist die Tatsache, daß sich die grundlegende rö-
misch-katholische Lehre nicht geändert hat. Rom hat weder auf die
Messe, die Ohrenbeichte, die Marienverehrung (die sich sogar noch
vertieft hat), die unbefleckte Empfängnis, Marias Himmelfahrt, das
Fegefeuer, die päpstliche Unfehlbarkeit, die päpstliche Vorherrschaft
die „Der
1
Ellenauf
noch G. White, große
Lehre Kampf",
von der S. katholischen
566. Kirche als der allein ver-
2
ebd.
3
Keith Fournier, a.a.O., S. 49.
4
Dallas „Times Herald" vom 1.10.1989.
5
„Religious News Service" vom 29.10.1992, S. 1.
6
„Time" vom 17.3.1986.
7
„Religious News Service" vom 24.4.1992.
55
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 566.
2
ebd., S. 572.
56
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 6
Auf den ersten Blick schien es zu schön um wahr zu sein. Jerry Fal-
well, einst die Geißel der Liberalen, Feministinnen, Humanisten,
Homosexuellen, Bolschewiken, Demokraten und Atheisten, war
fleißig damit beschäftigt, die evangelikalen Forderungen der Liberty
Universität etwas herunterzuschrauben, um sich 60 Millionen Dollar
an Steuergeldern für seine in finanziellen Schwierigkeiten steckende
1
Schule zu sichern.
Organisationen der Neuen Christlichen Rechten wie das „Natio-
nal Christian Action Council", „Moral Majority" und das „Freedom
Council", jede davon gegründet, „um Amerika zu retten", konnten
sich selbst nicht helfen. Alle waren zusammen mit ihren Zeitschriften
wie „Fundamentalist Journal" und „Conservative Digest" den Bach
hinuntergegangen.
Jimmy Bakkers Schwäche für Geld und Jimmy Swaggarts
Schwäche für Frauen trugen mehr dazu bei, die finanziellen Zuwen-
dungen für den politischen Moloch der Neuen Rechten zu verrin-
gern, als die amerikanische Wählerschaft zum Untergang der Präsi-
dentschaftskampagne Pat Robertsons im Jahr 1988. Und heute, nach
zwölf Jahren Reagan und Bush, scheint die Neue Rechte, einst als
2
„das Mittelstück der konservativen Bewegung" bezeichnet, in der
politischen Bedeutungslosigkeit versunken zu sein.
1
Pamela Maize Harris, „Did Jerry Falwell Sell Out the Store for
Tax-Free
2 Bonds?". Siehe „Liberty" 8-9/1991, S. 2-7.
Sidney Blumenthal, „The Righteous Empire" in „The New Republic" vom
22.10.1984, S. 18.
57
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Thomas Atwood, „Through a Glass Darkly" in „Policy Review", Herbst 1990,
S. 44.
2
Zitiert in Clifford Goldstein, „The New Christian Right: Born Again?" in „Shab-
bat Shalom", April-Juni 1991, S. 4.
3
NICPAC, ACTV, NCAC, CLEAR-TV, CV, CWA, CSFC, FCPAC, CMA,
NCAP, EF, AFC, NPCF
58
AMERIKA IN DER PROPHETIE
59
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Letter from Robert Grant's „Christian Voice", 1986.
2
William Bole, „Battle escalates over proper place of religion in politics" in „Reli-
gious News Service" vom 1.8.1986, S. 1.
3
Zitiert in Jim Buie, „Praise the Lord and Pass the Ammunition" in „Church and
State", 10/1984.
4
Zitiert in David Aikman, „Washington Scorecard" in „Christianity Today" vom
21.10.1989, S. 23.
60
AMERIKA IN DER PROPHETIE
„der die Intelligenz und die Schlauheit besitzt, die vorher gefehlt
haben."
Die Neue Rechte hat auch ihre Rhetorik gemildert. Jimmy
Swaggarts Warnung an seine politischen Gegner: „Ihr habt euch
nicht gegen die tölpelhaften Fundamentalisten gestellt. Ihr habt euch
gegen Gott gestellt!" 1 wird jetzt durch eine gehobenere und weniger
sektiererische Methode ersetzt.
Statt z. B. den Streit um die Abtreibung einen Kampf zu nennen,
der verhindert, daß „dieser nationale Holocaust den vollen Zorn des
allmächtigen Gottes über dieses sündenbeladene, frevelhafte Volk
bringt", handelt es sich jetzt um eine Debatte über „die Rechte des
Ungeborenen"; das Schulgebet firmiert heute unter „Chancen-
gleichheit" für religiöse Werte; und aus der Forderung nach Steuer-
geldern für Privatschulen ist die „freie Wahl" der religiösen Erzie-
hung geworden.
Nicht mehr so oft, wenigstens nicht öffentlich, bezeichnen sie An-
sichten, die den ihren entgegenstehen, als „vom Teufel". Man spricht
in der Öffentlichkeit nicht mehr so oft von Homosexuellen als von
„Perversen und Sodomisten". Aktivisten werden angewiesen, Reden
wie „Gott berief mich, euch im Namen des Herrn Jesus Christus zu
warnen, daß eure politische Position gegen sein heiliges Wort ist" zu
vermeiden.
Trotzdem machen einige Aktivisten der Neuen Rechten zuweilen
auch heute noch Fehler. Im Jahr 1992 sandte Jay Grimstead, der
Vorsitzende des Senders „Neue Rechte in Kalifornien" einen Brief
an William B. Allen, einen Professor der politischen Wissenschaft,
der gegen Bill Dannemeyer, den Liebling der Konservativen, als
Kandidat für den US-Senat antrat.
Grimstead schrieb: „Wir fordern Sie im Namen Jesu Christi, des
Königs des Universums, auf, sofort von dem törichten Versuch, den
Senatorensitz zu erringen, zurückzutreten und öffentlich bekanntzu-
geben, daß Sie sich mit Ihrem Ansehen und Ihrer Kampagne hinter
Dannemeyer stellen und seine Bemühungen um den Sieg unterstüt-
zen". Grimstead warnte: Wenn Allen sich nicht von seinem „törich-
1
The Jimmy Swaggart Television Program, 5.1.1986.
61
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Zitiert in „Harper's" vom 24.5.1992, S. 24.
2
„Christian Coalition Expands Across the USA: Christian Activism on the Rise"
in „Christians' America", Official Newsletter of the Christian Coalition. Spring
1990.
62
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Rob Gurwitt, „The Christian Right Has Gained Political Power. Now What
Does It Do?" in „Governing", 10/1989, S. 52.
2
Zitiert in „The Christian Coalition: Ganging Up on the First Amendment" in
„Church and State", 4/1990, S. 12.
3
Kim Lawton, „Whatever Happened to the Religious Right?" in „Christianity
Today" vom 15.12.1989, S. 44.
63
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Einfluß auf Stellen auszuüben, die sie vorher nicht erreichen konn-
ten. Die meisten Amerikaner wissen nicht viel über Lokalpolitik; sie
beschäftigen sich nicht damit, und die meisten kümmert sie nicht
einmal - eine mangelnde Anteilnahme, die der Neuen Rechten zum
Vorteil dient.
Die Wahlbeteiligung ist gewöhnlich auch sehr niedrig, eine weite-
re Gelegenheit für die Neue Rechte, ihren Einfluß zur Geltung zu
bringen. „Es gibt keinen Zweifel darüber," schrieb Robert Dugan
von der NAE, „daß evangelikale Christen den Kulturkampf einzig
und allein mit dem Gewicht ihrer Stimmen gewinnen können."1
Ferner ist es sehr unwahrscheinlich, daß unabhängige Organisa-
tionen, die an der Basis arbeiten, mit dieser unaufdringlichen Me-
thode so sehr die Aufmerksamkeit feindlicher Medien auf sich zie-
hen, wie es die Scharen von Predigern in Washington taten, die
lauthals Bibelverse zitierten und erklärten: „Wir werden die Sache
für Jesus übernehmen! Halleluja!" Der wohl gröte Vorteil dieser am
Fußvolk und der örtlich orientierten Vorgehensweise ist die Tatsa-
che, daß zahlreiche unabhängige Gruppen, die über das ganze Land
verteilt sind, viel schwieriger zu entdecken sind als wenige, aber
deutlich wahrnehmbare Vertretungen in Washington. „Es wird
schwierig sein," warnt Joe Conn von der Organisation „Amerikaner
vereinigt für die Trennung von Kirche und Staat", „die Aktivitäten
so vieler kleiner Organisationen zu überwachen."
Die jüngste Ortspolitik in Kalifornien zeigt deutlich die Wirkung
dieser „Basis-Politik". In den ersten Jahren dieses Jahrzehnts errang
die Neue Rechte die Mehrheit sowohl in der Hälfte des republikani-
schen Zentralkomitees der Kreise als auch dem des Bundesstaates.
Im Kreis San Diego gewannen im November 1990 sechzig Aktive
der Neuen Rechten Sitze in Schulausschüssen, Wasserausschüssen
und im Stadtrat. Manche waren „Geheimkandidaten". Konservative
Evangelikale, die von Pat Robertsons Wahlkampf übriggeblieben
sind, verbleiben nicht nur in Positionen der Republikanischen Partei
des Bundesstaates, sondern streben darin auch die Führung an.
1
Robert Dugan, „Winning the New Civil War", Multnomah, Portland, Oregon,
1991, S. 189.
64
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Fred Clarkson, „California Dreamin'" in „Church and State", 10/1991, S. 5.
2
Aus einem Werbeprospekt, herausgegeben von der Christian Coalition, Chesa-
peake, Virginia.
3
Guy Rodgers, „New Wave of Christian Activists on the Scene" in „Christian
American", 3-4/1992, S. 23.
65
AMERIKA IN DER PROPHETIE
66
AMERIKA IN DER PROPHETIE
son zu zitieren, „das Bild eines Mannes, der in den Mund eines
anderen uriniert".
Die moralische Agenda der Neuen Rechten im Jahr 1990 unter-
scheidet sich nicht sehr von der des Jahres 1980. Diesmal jedoch -
da sie einen weltlicheren Ton anschlägt und ihre Auffassungen nicht
mehr auf eine Zorn-Gottes-Theologie, sondern auf einfache Moral
und gesunden Menschenverstand gründet - kann sich die Bewe-
gung der Unterstützung vieler Amerikaner sicher sein, die zwar nicht
notwendigerweise mit ihren religiösen Ansichten übereinstimmen,
jedoch mit ihren politischen Anliegen sympathisieren. Man braucht
kein einmal-gerettet-immer-gerettet-in-Zungen-redender-vor-der-
Trübsal-entrückter Bibelfundamentalist zu sein, um nicht zu wollen,
daß Steuergelder zur Unterstützung von Robert Mapplethorpes
Homo-Erotik ausgegeben werden.
Zweifellos ist der moralisch hohe Standard, den die Neue Rechte
in vielen Angelegenheiten deutlich gemacht hat, ihr gröter Aktiv-
posten. Sogar die meisten Leute, die für die freie Entscheidung sind,
mögen keine Abtreibung, sondern sehen sie nur als die beste von
schlechten Möglichkeiten an. Und welcher verantwortungsbewußte
Bürger, weltlich oder religiös, ist nicht angeekelt von den Verbre-
chen, den Drogen und dem moralischen Verfall in unseren Städten?
Wer ist nicht besorgt über die amerikanischen Schulen, die Jugend,
die Moral und die Kultur? Wenigstens unternimmt die Neue Rechte
einen ernsthaften Versuch, diese moralischen Probleme in Angriff
zu nehmen, und schon diese Anstrengung allein wird ihr Anhänger
und Macht einbringen.
So lange die Neue Christliche Rechte gegen unser moralisches
Elend nicht nur Einspruch erhebt - was jeder tut, von Jesse Jackson
bis David Duke - sondern mit ganzer Kraft daran arbeitet, es zu
lindern, wird sie immer mächtiger werden.
„Die Strategie gegen die amerikanische radikale Linke", schrieb
Pat Robertson in einem Brief an die Mitglieder seines Clubs der 700,
„sollte die gleiche sein wie die, die General Douglas MacArthur
gegen die Japaner im Pazifik anwandte ... ihre Festungen umgehen,
sie dann umzingeln, sie isolieren, sie bombardieren und dann die
Anführer in einem Mann-gegen-Mann-Kampf aus ihren Schutzbun-
67
AMERIKA IN DER PROPHETIE
kern treiben. Die Schlacht um Iwo Jima war nicht angenehm, aber
unsere Truppen haben sie gewonnen. Die Schlacht um die Seele
Amerikas wird auch nicht angenehm sein, aber wir werden sie ge-
winnen!"1
Offensichtlich hat Robertson seit seines 1988 fehlgeschlagenen
Wahlkampfes mehr getan als Beten. Obwohl die Neue Rechte es
vermieden hat, ihre bekanntesten Führer wie Falwell einzusetzen,
wie sie es in den achtziger Jahren noch getan hat, hat Robertson
diese Aufgabe übernommen. Neben seinem Club der 700, seiner
juristischen Fakultät, seinen politischen Organisationen und seinen
blühenden Geschäftsunternehmen gelingt es Robertson, beinahe
jedes Jahr ein neues Buch unter seinem Namen zu veröffentlichen.
Sein Buch „The New World Order" (1991) 2, welches sogar die
Bestsellerliste der „New York Times" stürmte, warnt vor einer ge-
heimen Verschwörung, in die Illuminaten, der Rat für Ausländische
Beziehungen, die Trilaterale Kommission und die Vereinten Natio-
nen verwickelt seien, die alle versuchten, „den christlichen Glauben
zu zerstören" und „ihn durch eine vom Okkultismus inspirierte sozi-
alistische Weltdiktatur zu ersetzen", die aus „Trunkenbolden, Dro-
genhändlern, Kommunisten, Atheisten, Satansverehrern des New
Age, weltlichen Humanisten, grausamen Diktatoren, habgierigen
Geldwechslern, revolutionären Mördern, Ehebrechern und Homo-
sexuellen" 3 bestehen würde.
Einen Abschnitt widmet er auch den Zehn Geboten. „Die Uto-
pisten haben über die Weltordnung geredet", schrieb er. „Ohne es
näher auszuführen: die Zehn Gebote prägen die einzige Ordnung,
die den Weltfrieden bringen wird." 4 Dann faßt er jedes Gebot kurz
zusammen. Beim vierten klagt er, daß es keine religiösen Sonntags-
gesetze mehr gibt, sondern nur solche, die „offensichtlich einen deut-
lich weltlichen Zweck haben." Er schrieb auch: „Nur wenn den Leu-
ten erlaubt wird (durch Sonntagsgesetze?), von ihrer Arbeit auszuru-
1
„Pat Robertson's Perspective", 4-5/1992, S. 4.
2
Die neue Weltordnung.
3
Pat Robertson, „The New World Order", Word Publishing, Dallas, 1991,
S. 227.
4
ebd., S. 233.
68
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 236.
2
ebd., S. 20.
69
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Unsere Kinder sind unmöglich", Trobisch-Verlag.
2
Rat für Familienforschung.
70
AMERIKA IN DER PROPHETIE
daran, daß die Bedürfnisse und Werte der Familie bekannt sind und
respektiert werden."1
Doch obwohl sich das „Family Research Council" auf Washing-
ton konzentriert, wirbt Dr. Dobson für lokale und regionale Verbin-
dungen im ganzen Land. Eine Schlagzeile im „Religious News Ser-
vice Report" lautete: „Die Dobson-Organisation unterstützt die Bil-
dung von Pro-Familien-Verbindungen." 2 Dr. Dobsons eigene Litera-
tur sagt aus, daß „viele der hauptsächlich familienbezogenen öffent-
lichen Auseinandersetzungen auf Bundes- oder Ortsebene gewonnen
oder verloren werden. Deshalb ist es wichtig, daß die verschiedenen
Aktivgruppen, die sich in jedem Bundesstaat für die traditionellen
Werte einsetzen, zusammenarbeiten, um ihre Ziele zu erreichen.
In diesem Sinn hat sich "Focus on the Family" aktiv daran betei-
ligt, diesen Gruppen zu helfen, ihre Bemühungen durch die Bildung
staatenweiter Pro-Familien-Verbindungen zu koordinieren. In etwa
der Hälfte der US-Staaten hat schon eine dieser Verbindungen ihre
Tätigkeit aufgenommen: das Ziel ist es, in allen 50 Staaten Pro-
Familie-Verbindungen zu bilden."3
Wie die meisten anderen Organisationen der Neuen Rechten ar-
beitet auch Dobson in aller Stille. Der Sprecher von „Focus on the
Family", Michael Jameson, sagt, Dr. Dobson „möchte keine genaue
Beobachtung durch die Medien". 4 Dobson hat auch seine Anhänger
gebeten, „ihre Mitgliedschaft in dieser Organisation und sogar deren
Existenz geheimzuhalten".5
„Dobson ist auf leisen Sohlen in die Politik gegangen", hieß es in
einem Persönlichkeitsprofil der „Washington Post", „ohne die Pres-
sekonferenzen und den Pomp seiner Vorgänger wie Pastor Jerry
Falwell. Dies zeigt den Reifungsprozeß eines gewissen Teils der E-
1
Aus einer undatierten Werbebroschüre, herausgegeben vom „Family Research
Council".
2
„Dobson Organization Aiding the Formation of Pro-Family Coalitions" in „Reli-
gious News Service" vom 24.2.1989, S. 2.
3
ebd., S. 35.
4
ebd., S. 2.
5
ebd., S. 15.
71
AMERIKA IN DER PROPHETIE
72
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Amerikanische Zentrale für Gesetz und Gerechtigkeit.
2
Keith Fournier, „Tear Down This Wall!" in „Law & Justice", Winter 1992, S. 1.
73
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 591 (rev.).
2
Jerry Falwell, „Listen America!", Bantam Books, New York, 1980, Vorwort.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 593.
74
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd. (rev.)
2
Vereinigung für bürgerliche Freiheit in Amerika (USA).
3
Undatierter ACLU-Brief.
4
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 445 (rev., Betonung hinzugefügt).
75
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„National and International Religious Report" vom 24.8.1992, S. 1.
2
„Washington Post" vom 21.8.1992, S. A28.
3
„Wall Street Journal" vom 20.8.1992, S. A10.
76
AMERIKA IN DER PROPHETIE
77
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 7
Der Unsinn
der Neuen Rechten
Ein beliebtes Thema unter den Führern der Neuen Rechten ist die
Forderung, daß unsere Nation zu der guten alten Zeit zurückkehren
muß, als noch Frömmigkeit herrschte.
„Wenn wir wieder lernen, daß eine rechtschaffene Regierung von
einem rechtschaffenen Volk kam, das das Königreich Christi aufrich-
ten wollte", schrieb Dr. James Kennedy, „dann wird es möglich sein,
die gottlosen Gesetze unserer Generation umzukehren."1
Franky Schaeffer schrieb: „Wir müssen die Schönheit und die
Fülle an Liebe einer christlichen Nation wiederherstellen, die uns
einst ausgezeichnet hat."2
„Ich lade euch ein", schrieb Pat Robertson, „euch einer Armee
von christlichen Patrioten anzuschließen, die daran arbeiten, Ameri-
ka wieder für Gott zu gewinnen."3
Tim LaHaye sagte: „Ich weise darauf hin, daß diese Nation 150
Jahre lang auf biblische Grundsätze gebaut war, die die Freiheit, den
allgemeinen Anstand und die häusliche Ruhe sicherten." 4 „Es ist
schockierend zu erkennen", schrieb Robert Dugan, „wie weit unsere
1
Vorwort zu Catherine Millard, „The Rewriting of America's History",: Horizon
House, Camp Hill, Penn., 1991.
2
Franky Schaeffer, „A Time for Anger: The Myth of Neutrality", Crossway,
Westchester, Ill., 1982, S. 78.
3
Christian Coalition-Werbebrief von Pat Robertson vom 1.1.1992.
4
Tim LaHaye, „Faith of Our Founding Fathers", Wolgemuth & Hyatt, Brent-
wood, Tenn., 1987, S. 190.
78
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Nation von ihrer früheren Achtung vor dem von Gott gegebenen
Recht auf Leben abgewichen ist."1
Originalton Jerry Falwell: „Gott segnete dieses Volk, weil es in
seinen Anfängen bemüht war, Gott zu ehren und die Bibel, das
unfehlbare Wort des lebendigen Gottes. Jeder, der sorgfältig die
amerikanische Geschichte studiert, stellt fest, daß unsere große Nati-
on von frommen Männern auf göttliche Prinzipien gegründet wurde,
damit sie eine christliche Nation sei."2
Man fragt sich allerdings, worin diese „göttlichen Prinzipien" ei-
gentlich bestanden. Fand man sie in der Ausrottung und Hinschlach-
tung Tausender und Abertausender amerikanischer Ureinwohner
durch ein „rechtschaffenes Volk, das das Königreich Christi aufrich-
ten wollte"? Waren sie wirksam bei der Versklavung von Millionen
von Schwarzafrikanern, auf deren Schweiß und Blut diese „christli-
che Nation" errichtet wurde? Fand man sie während der Frühzeit in
der Verfolgung religiös Andersdenkender, als Amerika „bemüht
war, Gott und die Bibel zu ehren"? Oder wurden sie etwa am besten
erkannt am Schicksal der Millionen von Kindern, die gezwungen
wurden, bis zu sechzehn Stunden am Tag in heißen Fabriken zu
arbeiten, wo sie manchmal in Maschinen fielen, die ihnen die
Gliedmaßen wegrissen oder sie gar töteten?
Die bedeutungsvollste Aussage über Amerikas glorreiche christli-
che Vergangenheit - als es „auf biblische Grundsätze gebaut war,
die die Freiheit, den allgemeinen Anstand und die häusliche Ruhe
sicherten" - stammt von jemandem, der die Wirklichkeit dieser
Grundsätze am eigenen Leibe erlebte, dem ehemaligen Sklaven
Frederick Douglass:
1
Robert Dugan, „Winning the New Civil War", Multnomah, Portland, Ore.,
1991, S. 175.
2
Jerry Falwell, „Listen, America!", Bantam, New York, 1980, S. 25.
79
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Frederick Douglass/Benjamin Quarles (Hg.), Prentice Tall, Englewood Cliffs, N.
J., 1968, S. 46-48.
2
E. G. White, „Frühe Schriften von Ellen G. White", Wegweiser-Verlag, Wien,
1993, S. 262.
80
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
John Whitehead, „The Second American Revolution", David C. Cooke Publish-
ing, Elgin, Ill., 1982, S. 19.
2
„Most Christians Don't Know or Act Their Faith, Gallup Says" in „Religious
News Service" vom 10.5.1990, S. 10.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 589.
81
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Jesus hat nicht die Christen im Stich gelassen; sie haben ihn ver-
lassen, und was sie durch ihre unfähigen Prediger und Lehrer nicht
erreichen können, das wollen sie durch staatliche Gesetzgebung
bewirken.
„Als die Kirche am Anfang dadurch verderbt wurde, daß sie von
der Einfachheit des Evangeliums abwich und heidnische Gebräuche
und Gewohnheiten annahm", schrieb Ellen White in „Der große
Kampf", „verlor sie den Geist und die Kraft Gottes. Um die Gewis-
sen der Menschen zu beherrschen, suchte sie den Beistand der
Staatsgewalt. Die Folge war das Papsttum, eine Kirchenmacht, wel-
che die Staatsgewalt beherrschte und sie zur Förderung ihrer eige-
nen Absichten, vornehmlich zur Bestrafung der Ketzerei, einsetzte.
Damit die Vereinigten Staaten dem Tier ein Bild machen können,
muß die religiöse Macht den Staat so beherrschen, daß dieser auch
von
1
der Kirche zur Durchführung ihrer eigenen Absichten eingesetzt wird" -
genau das ist es, was die Neue Rechte zu tun versucht.
„Die Christen müssen nun versuchen, dieses Land zurückzuge-
winnen, einen Wahlbezirk nach dem anderen, einen Kreis nach dem
anderen, einen Staat nach dem anderen", sagt Robert Reed von der
„Christian Coalition". „Ich glaube aufrichtig daran, daß wir noch zu
meinen Lebzeiten ein Land sehen, das wieder von Christen regiert
wird."2
Aber wann wurde dieses Land jemals von Christen regiert? Fast
alle Präsidenten bekannten sich zu irgendeinem Glauben, aber dies
machte sie kaum zu Christen. Manche waren Säufer, Ehebrecher,
und einer sogar ein Unitarier. Richard Nixon behauptete, ein Christ
zu sein - während er illegal Bomben auf Kambodscha werfen ließ,
seine politischen Gegner ausspionierte und gleichzeitig versicherte:
„Ich bin kein Gauner" (obwohl er in Wirklichkeit einer war). Wievie-
le unserer Präsidenten waren wiedergeboren in dem ursprünglichen,
lebenverändernden Sinn, den Jesus selbst gelehrt hat?
Der einzige wirklich Gläubige im Weißen Haus seit Jahrzehnten,
Jimmy Carter, wurde hinausgeworfen (mit Hilfe der Neuen Rechten)
1
ebd., S. 443 (Betonung hinzugefügt).
2
„Robertson's New Coalition Growing in Money and Membership" in „Religious
News Service" vom 15.5.1989, S. 1.
82
AMERIKA IN DER PROPHETIE
und durch einen Mann ersetzt, der kaum in die Kirche ging und
dessen Frau einem Astrologen erlaubte, teilweise seine Reiserouten
zu planen. Und trotz der von der Neuen Rechten betriebenen Revi-
sion der Geschichte, mit der versucht wird, sie nachträglich zu E-
vangelikalen zu machen, waren nur wenige der Gründerväter jene
wirkliche Christen, von denen Robert Reed phantasiert.
In seinen frühesten Tagen, lange vor der offiziellen Trennung
von Kirche und Staat, hatte Amerika mehr Nichtchristen als jedes
andere christliche Land. Der baptistische Erzieher und Kirchenfüh-
rer Dr. William Keucher schrieb: „In Georgia standen zur Zeit der
zweiten verfassunggebenden Versammlung weniger als 500 Leute in
den Kirchenbüchern. Eine Missionsgesellschaft in Europa schrieb im
gleichen Artikel über die missionarischen Bedürfnisse und Möglich-
keiten in North Carolina und den dringenden Bedarf an Missiona-
1
ren in Indien und China."
Wie der Historiker Robert Handy in seinem Buch „A Christian
America" schreibt, schien die Situation zu Beginn des achtzehnten
Jahrhunderts „nicht günstig für die Kirchen Amerikas zu sein ...
Wahrscheinlich waren im Jahr 1800 weniger als zehn Prozent der
Bevölkerung der Vereinigten Staaten Kirchenmitglieder." Und ob-
wohl viele Leute, die nicht in den Kirchenverzeichnissen standen,
sich mit kirchlichen Angelegenheiten beschäftigten, „waren die Aus-
2
sichten nicht sehr vielversprechend".
Im Gegensatz dazu besuchen heute mehr als 40 Prozent der
Amerikaner jede Woche einen Gottesdienst (in Großbritannien nur
14 Prozent, in Frankreich 12 Prozent). Jede Woche gehen mehr A-
merikaner in die Kirche als zu allen sportlichen Ereignissen zusam-
men. Neunzig Prozent der Amerikaner glauben an die Existenz
Gottes. Und über 90 Prozent beten manchmal während der Woche.3
1
William F. Keucher, „Myths: They Must Be Confronted Before They Distort the
Realities of Today" in „Liberty", 7-8/1992, S. 7.
2
Robert Handy, „A Christian America", Oxford University Press, New York,
1981, S. 27.28.
3
George Gallup und Jim Castelli, „The People's Religion", MacMillan, New
York, 1989, S. 33.48. Zitiert in Gary Wills, „Under God: Religion and American
Politics", Simon & Schuster, New York, 1990, S. 16.
83
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd.
2
Mark Noll, Nathan Hatch, George Marsden, „The Search for Christian Amer-
ica", Helmers and Howard, Colorado Springs, 1989, S. 16.
84
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Tim LaHaye, „Faith of Our Founding Fathers", S. XI.
2
Zitiert in Clifford Goldstein, „Faith of Our Fathers" in „Liberty", 1-2/1989, S. 11.
3
Brief von James Madison an Robert Walsh, 2.3.1819. Zitiert in Rovert S. Alley,
„James Madison on Religious Liberty", Prometheus, Buffalo, 1985, S. 81.
85
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Amerikas [USA] Verabredung mit seiner Bestimmung.
2
Pat Robertson, „America's Date With Destiny", Thomas Nelson, New York,
1986, S. 115.
3
Der Glaube unserer Gründerväter.
4
Tim LaHaye, „Faith of Our Founding Fathers", S. 110.
5
John Eidsmoe, „Christianity and the Constitution" (Das Christentum und die
Verfassung), Baker Book House, Grand Rapids, Mich., 1987, S. 131.
6
ebd., S. 208.
86
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87
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88
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1
Tim LaHaye, S. 113.
89
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1
Allein die Schrift (als Grundlage des Glaubens).
2
„A Bill for Establishing Religious Freedom", 1777.
3
Thomas Jefferson, „Notes on the State of Virginia", hg. von William Peden,
Norton, New York, 1982, S. 160.
4
John Eidsmoe, a.a.O., S. 245.
90
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Zitiert in Edwin S. Gaustad, a.a.O., S. 51.
91
AMERIKA IN DER PROPHETIE
natürlich nicht tut. Statt dessen wird sie weiterhin die Lüge über die
religiösen Überzeugungen der Gründerväter verbreiten, um damit die
Lüge ihrer Strategie der Annäherung zu unterstützen, und Millionen
von Amerikanern werden weiterhin beiden Glauben schenken.
Die Neue Rechte benutzt jedoch noch eine weitere Masche, um
die Geschichte Amerikas umzuschreiben und damit ihre politischen
Ziele zu verfolgen. Es handelt sich um die Gründungsklausel des
Ersten Zusatzartikels zur Verfassung, die besagt: „Der Kongreß soll
kein Gesetz bezüglich der Gründung einer Religion erlassen ..."
Obwohl die Bedeutung dieser Aussagen völlig klar zu sein scheint,
sagen die Neue Rechte und andere, dies bedeute nur, daß der Kon-
greß keine Religion der anderen vorziehen, aber durchaus alle Reli-
gionen gleichwertig unterstützen dürfe.
„Es gibt viele Urteile des Obersten Gerichtshofes", schrieb Keith
Fournier, „die ausdrücklich bestätigen, daß die Regierung Religion
in Amerika nicht nur tolerieren, sondern auch positiv unterstützen
muß." 1 Der höchste Richter des Obersten Gerichtshofes der Verei-
nigten Staaten, William H. Rehnquist, stimmt dem zu. Er sagt daß
die Gründungsklausel lediglich „die Gründung einer Staatsreligion
und das Bevorzugen einzelner religiöser Sekten und Konfessionen
untersagte". Aber sie verbot der Regierung nicht, so meint er, „die
Religion auf unparteiische Weise finanziell zu unterstützen".2
Wer hat nun recht? Da James Madison die Gründungsklausel
schrieb, sollte er wissen, was sie bedeutete - und glücklicherweise
hinterließ er ein Dokument, das seine Ansicht über dieses Thema
erkennen lät. Auch, weil „Virginia den logischen Grund und den
vorläufigen Entwurf für den Ersten Zusatzartikel zur Verfassung und
seine spätere Auslegung lieferte", 3 kann uns seine Geschichte heute
helfen, die Bedeutung der Aussagen über die Religion zu verstehen.
Nach dem Revolutionskrieg waren die Staatsführer in Virginia
besorgt über den Verfall der moralischen Zustände und über „die
1
Keith Fournier, „Tear Down This Wall!" in „Law & Justice", Winter 1992, S. 4.
2
Zitiert in Leonard Levy, „The Establishment Clause", MacMillan, New York,
1986, S. XII.
3
Thomas Buckley, „Church and State in Revolutionary Virginia, 1776-1787",
University of Virginia Press, Richmond, 1977, S. IV.
92
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Unzucht, die Bosheit und die Verbrechen", die sich rasch ausbreite-
ten. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, schrieb Patrick Hen-
ry, der beliebteste Politiker in Virginia, einen Gesetzentwurf für die
Allgemeine Steuerveranlagung zugunsten der Religion. Jeder Steu-
erzahler konnte selbst bestimmen, welcher Kirche sein Geld zu-
kommen sollte, und wenn er keine besondere Konfession wählte,
sollte das Geld in den Bau von Kirchenschulen fließen.
Der Gesetzentwurf, eingebracht im Jahr 1784, war besonders „als
Zuschuß und Unterhalt für mehrere Geistliche und Lehrer des Evan-
geliums" gedacht, „die verschiedenen Überzeugungen und Konfessionen
angehören", und für die Instandhaltung ihrer Kirchen. Im Fall der
Quäker und „Mennoniten", die keine Geistlichkeit unterhielten, sollte
das Geld in einen allgemeinen Fonds fließen, „der ihre besondere
Art des Gottesdienstes fördern" sollte. Kurz, Henrys Allgemeine
Steuerveranlagung war eine frühe Version dessen, was nach Ansicht
der Vertreter der staatlichen Unterstützung der Kirchen im 20. Jahr-
hundert der Erste Zusatzartikel zur Verfassung zulät: gleichberech-
tigte und unparteiische staatliche Unterstützung aller Religionen.
James Madison schoß mit scharfer Munition dagegen. Zuerst ge-
lang es ihm, Patrick Henry aus dem Parlament zu drängen, wo er
durch seine feurigen und mächtigen Reden Unterstützung für die
Allgemeine Steuerveranlagung gefunden hatte, und ihn auf den
Stuhl des Gouverneurs zu setzen, wo er den Streit nicht mehr beein-
flussen konnte. Dann zögerte Madison die Abstimmung hinaus, was
ihm selbst Zeit gab, Kräfte dagegen zu sammeln und sein berühmtes
„Memorial and Remonstrance" zu schreiben.
„Wir erheben Einwände gegen diesen Gesetzentwurf", schrieb er
in der letzten Zeile des ersten Abschnittes, und dann begann er
jeden der nächsten fünfzehn Abschnitte mit einem „Weil" und führte
detailliert die Gründe für seinen Widerstand gegen die Allgemeine
Steuerveranlagung an. „Weil", sagte er, dieser Gesetzesentwurf „ei-
nen gefährlichen Mißbrauch von Macht" darstellt, der die meisten
Grundfreiheiten bedroht. „Weil", sagte er, fünfzehn Jahrhunderte
„kirchliche Vorherrschaft" Aberglaube, Scheinheiligkeit und Verfol-
gung hervorgebracht hatten, und dieser Gesetzesentwurf das gleiche
erreichen könnte. „Wer sieht nicht", warnte er, „daß die gleiche
93
AMERIKA IN DER PROPHETIE
94
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Joel Hunter, „Prayer, Politics and Power", Tyndale House, Wheaton, Ill. 1988,
S. 37.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 445f (Betonung hinzugefügt).
95
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 8
H. R. 2797
96
AMERIKA IN DER PROPHETIE
97
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Es war jedoch nicht so, und die Organisation entließ ihn. Als er
und ein anderer Indianer, Galen Black, der aus dem gleichen
Grund entlassen worden war, Arbeitslosengeld beantragten, wies das
Arbeitsministerium von Oregon ihren Anspruch mit der Begrün-
dung zurück, die zwei Männer hätten ihre Arbeitsstelle wegen „mit
der Arbeit verbundene Fehlverhalten" verloren. Smith und Black
reichten Klage gegen diesen Bescheid ein. Sie argumentierten, daß
der Staat von der Verfassung her ihren Anspruch nicht abweisen
könne, da ihr Genuß von Peyote religiös begründet sei.
Ein Berufungsgericht in Oregon hob die Bescheide des Arbeits-
ministeriums auf, und vier Jahre, nachdem Smith und Black ihre
Arbeit verloren hatten, verfügte der Oberste Gerichtshof von Ore-
gon, daß die Klausel der freien Religionsausübung aus dem Ersten
Zusatzartikel zur Verfassung den zeremoniellen Genuß von Peyote
schütze. Staatsbeamte wandten sich daraufhin mit dieser Verfügung
an den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, der sich,
nachdem er den Fall einmal nach Oregon zurückgesandt hatte,
schließlich bereit erklärte, die Sache „Arbeitsministerium gegen
Smith" anzuhören.
Als 1990 die 6:3-Abstimmung gegen Smith verkündet wurde,
protestierten die verschiedensten Gruppen des politischen und reli-
giösen Spektrums gegen diese Entscheidung - vom konservativen
Christian-Rutherford-Institut bis zur „American Civil Liberties Uni-
on", 1 vom „American Muslim Council" 2 bis zum „National Council
of Jewish Women", 3 von der „Home School Legal Defense Associa-
tion" 4 bis zu „People for the American Way".5
Der Nationale Kirchenrat sprach von einer „Entscheidung mit ka-
tastrophalen Folgen". 6 Der „American Jewish Congress" bezeichnete
1
Vereinigung für bürgerliche Freiheit in Amerika (USA).
2
Rat Amerikanischer Muslime.
3
Nationalrat Jüdischer Frauen.
4
Vereinigung zur Verteidigung des Schulunterrichtes im Elternhaus.
5
Menschen für den Amerikanischen Lebensstil.
6
Zitiert in Mitchell Tyner, „Is Religious Liberty a ,Luxury' We Can No Longer
Afford?" (Ist religiöse Freiheit ein ,Luxus', den wir uns nicht länger leisten kön-
nen?) in „Liberty", 9-10/1990, S. 5.
98
AMERIKA IN DER PROPHETIE
sie als „verheerend für die Rechte der freien Religionsausübung aller
Amerikaner, besonders jener, die einer religiösen Minderheit ange-
hören". 1 Der Abgeordnete Stephen J. Solarz sagte: „Mit einem Fe-
derstrich entfernte der Oberste Gerichtshof sozusagen die religiöse
Freiheit - unsere erste Freiheit - aus der Verfassung."2
Forest Montgomery von der „National Association of Evangeli-
cals" sagte, die Entscheidung habe „die Klausel der freien Religions-
ausübung aus dem Ersten Zusatzartikel zur Verfassung gelöscht". 3
Auch David L. Miller, Herausgeber von „The Lutheran", 4 beklagte
die Entscheidung. Er sagte: „Der gröte Verlierer ist vielleicht die
amerikanische Gesellschaft. Die Seele der Nation steht auf dem
Spiel." 5 Sogar die Beisitzerin Sandra Day O'Connor, die dem Urteil
im Fall Smith zustimmte, sagte, die Urteilsbegründung des Gerichtes
sei mit der Grundverpflichtung unserer Nation gegenüber dem indi-
viduellen Recht auf Freiheit nicht vereinbar" und verunglimpfe „den
ursprünglichen Sinn und Zweck der Verfassung".
Und all das wegen einer Verfügung des Obersten Gerichtshofes,
die einem Indianer das Arbeitslosengeld verweigerte, der wegen des
Genusses von Peyote entlassen worden war?
Nicht ganz. Die Sache, um die es eigentlich ging, war nicht die
Entscheidung, die möglicherweise schlecht war, sondern die Ansicht
der Mehrheit, niedergeschrieben von Richter Antonin Scalia, die
unbestreitbar schlecht war. Scalia entzog den Schutz der religiösen
Freiheit den Gerichten und legte ihn in die Hände von Wählern
und Gesetzgebern - nicht unbedingt der sicherste Ort, besonders für
den Glauben religiöser Minderheiten.
„Wir stehen nun vor den düsteren Aussichten von Volksentschei-
den", sagte der Abgeordnete Solarz, „die bestimmen, welche religiö-
1
ebd.
2
Darrell Turner, „Religious groups press to overturn decision curtailing freedoms"
(Religiöse Gruppen versuchen, Entscheidungen zu kippen, die die Religionsfrei-
heit einschränken) in „Religious News Service" vom 2.7.1992, S. 8.
3
Zitiert von Ruth Marcus in „Reigns on Religious Freedom?" (Grenzen der
Religionsfreiheit) in der „Washington Post" vom 9.3.1991.
4
„Der Lutheraner".
5
David Miller, „Religious Freedom Is Under Fire" (Die Religiöse Freiheit unter
Beschuß) in „The Lutheran" vom 17.7.1991, S. 8.
99
AMERIKA IN DER PROPHETIE
sen Praktiken geschützt werden und welche nicht. Religion ist von
nun an der Tagespolitik von Interessengruppen unterworfen, die
viele unserer Entscheidungen beeinflußt. Sie wird das Thema von
Postkarten-Kampagnen sein, von 30-Sekunden-Werbespots, von wis-
senschaftlichen Umfragen und gesetzgeberischem Kuhhandel." 1
Mit dem Urteil im Fall Smith hat sich Amerika weit von der Zeit
entfernt, als der Oberste Gerichtshof anerkannte, daß der Zweck der
ersten zehn Zusatzartikel der Verfassung darin bestand, „bestimmte
Angelegenheiten den Wechselfällen der politischen Ausein-
andersetzung" zu entziehen, „um sie jenseits der Reichweite von
Mehrheiten und Regierungsbeamten zu plazieren".
Vor dem Fall Smith urteilte das Oberste Gericht, daß bestimmte
Rechte, einschließlich jenem des Rechtes auf freien Gottesdienst,
„nicht einer Abstimmung ausgeliefert werden" oder „vom Ergebnis
einer Präsidentschaftswahl" abhängig sein dürfen. 2 Jetzt kann, wie
Richter Scalia im Fall Smith zugab, „wohl gesagt werden, daß es
jenen religiösen Praktiken, die nicht weit verbreitet sind, einen relati-
ven Nachteil einbringen wird [wenn man die Toleranz gegenüber
bestimmten religiösen Praktiken dem politischen Prozeß überlät]".3
Welche Folgen hatte der Fall Smith?
Die große Frage bezüglich des Paragraphen über die freie Reli-
gionsausübung ist: In welchem Umfang schützt die Verfassung die
freie Ausübung der Religion? Vor Jahren stellte der Oberste Ge-
richtshof fest: „Der Absatz über die freie Religionsausübung beinhal-
tet zwei Begriffe - Freiheit des Glaubens und Freiheit des Handelns.
Der erste ist absolut, aber es liegt in der Natur der Dinge, daß es der
zweite nicht sein kann."4
1
„Testimony of Congressman Stephen J. Solarz Concerning the Religious Free-
dom Restoration Act Before the House Subcommittee on Civil and Constitutio-
nal Rights" (Stellungnahme des Kongreßmitgliedes Stephen J. Solarz betreffs der
Gesetzesvorlage zur Wiederherstellung der Religiösen Freiheit vor dem Unte-
rausschuß für zivile und konstitutionelle Rechte im Kongreß) vom 14.5.1992.
2
West Virginia State Board of Education gegen Barnette (Erziehungsministerium
von West Virginia gegen B.) (1943).
3
Arbeitsministerium gegen Smith (1992).
4
Cantwell gegen den Staat Connecticut (1946).
100
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Warum nicht? Weil nicht alles, was unter der Rubrik „Religion"
firmiert, vom Ersten Zusatzartikel zur Verfassung geschützt werden
sollte. Angenommen, es entsteht ein Kult, der der alten kanaaniti-
schen Praxis des Kinderopfers oder der hinduistischen Praxis des
Sati huldigt (dem Verbrennen einer Witwe mit der Leiche ihres
Mannes auf Beerdigungs-Scheiterhaufen). Kein Gericht unseres Lan-
des würde solche Dinge erlauben, egal wie fest verwurzelt solch eine
religiöse Tradition sein mag oder wie fest man daran glaubt.
Obwohl zum Beispiel Polygamie ein wesentlicher Bestandteil
der Religion der Mormonen ist, erlauben die Gerichte diese Praxis
nicht, denn „der Staat hat absolut das Recht, Polygamie und alle
anderen offenen Verstöße gegen die aufgeklärte Denkweise der
Menschheit zu verbieten, ungeachtet des Vorwandes religiöser
Überzeugungen, denen zufolge sie vertreten oder ausgeübt wer-
den".1
Sollten jedoch alle religiösen Praktiken, die im Widerspruch zur
„aufgeklärten Denkweise der Menschheit" stehen, geächtet werden,
oder besteht der eigentliche Zweck des Absatzes über die freie Reli-
gionsausübung nicht vielmehr darin, Praktiken von religiösen Min-
derheiten vor dem Zugriff der Mehrheit zu schützen? Sollte der
Oberste Gerichtshof dennoch einen Unterschied machen zwischen
Sati und dem rituellen Genuß von Peyote? Wo und wie sollten die
Gerichte die Grenze ziehen?
In den vierziger Jahren sah der Oberste Gerichtshof die religiöse
Freiheit als ein „Grundrecht" an - vorrangig und kostbar -, das um-
fassenden Schutz erforderte, mehr als zum Beispiel die Vertragsfrei-
heit oder die wirtschaftliche Freiheit. Die Regierung mußte mit einer
strengen Prüfung durch die Gerichte rechnen, wenn sie jemandem
eine Ausnahmegenehmigung verweigerte, dessen religiöse Überzeu-
gungen mit einem Gesetz in Konflikt standen.
Ein Fall im Jahr 1963, in dem es um den adventistischen Sabbat
ging, lät die strikte Verfahrensweise deutlich werden. In einer Situa-
tion ähnlich der von Smith verlor die Siebenten-Tags-Adventistin
1
„The Late Corporation of the Church of Jesus Christ of Latter Day Saints versus
United States" (Die frühere Körperschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen
der Letzten Tage gegen die Vereinigten Staaten) (1890).
101
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Summary of Statement of Douglas Laycock Before the House Subcommittee
on Civil and Constitutional Rights" (Zusammenfassung der Erklärung von D. L.
vor dem Unterausschuß für zivile und konstitutionelle Rechte im Kongreß vom
13. und 14.5.1992.
102
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Sherbert gegen Verner (1963).
2
Der Staat Wisconsin gegen Yoder (1972).
103
AMERIKA IN DER PROPHETIE
lich, ein Sonntagsgesetz zu erlassen, das für alle Bürger gilt, ein-
schließlich der Adventisten. Wollte man dieses Gesetz ändern oder
eine Ausnahme erwirken, müte man sich an das Parlament des
betreffenden Staates wenden. Hätte man dort keinen Erfolg, wäre
das eben schlicht und einfach Pech.
Scalia schrieb, und vier andere Richter stimmten dem zu: „Die
über hundertjährige Geschichte unserer Rechtsprechung zugunsten
der freien Religionsausübung" hat deutlich gemacht, daß die Verfas-
sung „keine Einzelperson von der Verpflichtung entbindet, ein
,gültiges und neutrales Gesetz von allgemeiner Anwendbarkeit' zu
befolgen", auch wenn das Gesetz vielleicht „zufällig" eine religiöse
Handlungsweise beeinträchtigt.1
Für Scalia würde die Anwendung des Grundsatzes, zwingende
staatliche Interessen nachweisen zu müssen, „in allen Gremien und
auf alle Handlungen, die angeblich auf religiösen Vorschriften basie-
ren ... die Tür öffnen für vom Verfassungsrecht geforderte religiöse
Ausnahmen jeder nur denkbaren Art - von der Wehrpflicht ... bis
zur Steuerzahlung" und „Gesetzen bezüglich der Grausamkeit ge-
genüber Tieren ...". Eine derartige Verfahrensweise würde, so erklär-
te er, zur „Anarchie" auffordern.2
Doch die über hundertjährige Geschichte der Rechtsprechung
zugunsten der freien Religionsausübung zeigt, daß die Verfassung
sehr wohl darauf abzielt, einzelne von der Verpflichtung zu entbin-
den, ein Gesetz zu befolgen, das ihr religiöses Leben beeinträchtigt.
Dies ist der eigentliche Sinn und Zweck des Schutzes der freien Re-
ligionsausübung.
Der Ausdruck, daß der Kongreß „kein Gesetz" erlassen soll, das
die freie Ausübung von Religion verbietet, bezieht sich nicht not-
wendigerweise nur auf Gesetze, die speziell religiöse Belange berüh-
ren, (und von denen sogar Scalia sagt, daß sie verfassungswidrig
sind), sondern auch auf Gesetze „allgemeiner Anwendbarkeit", die
religiöse Handlungen „zufällig" verbieten würden. Kein Wunder,
daß Richter Blackmun in seiner abweichenden Stellungnahme den
1
Arbeitsministerium gegen Smith (1992).
2
ebd.
104
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Leo Pfeffer, „God, Caesar, and the Constitution" (Gott, Caesar und die Verfas-
sung), Beacon Press, Boston, 1975, S. 144.
105
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
„Testimony on the Religious Freedom Restoration Act presented by Dean
Kelly, counselor on religious liberty to the National Council of Churches, to the
subcommittee on Civil and Constitutional Rights of the Committee on the Judi-
ciary of the House of Representatives" (Stellungnahme zur Gesetzesvorlage über
die Wiederherstellung der Religiösen Freiheit von D. K., Berater beim Nationa-
len Rat der Kirchen in Sachen Religiöse Freiheit, vor dem Unterausschuß für
zivile und konstitutionelle Rechte des Rechtsausschusses des Parlaments) vom
13.5.1992.
2
„Salvation Army gegen Department of Community Affairs" (Heilsarmee gegen
die Abteilung für komunale Angelegenheiten).
3
„St. Bartholomäus-Kirche gegen die Stadt New York".
4
Bekleidungsstücke mancher Mönchsorden aus zwei auf den Schultern verbun-
denen Tuchstreifen, die auf Brust und Rücken getragen werden.
5
„Friend gegen Kolodzieczak".
106
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 591.
2
Ellen G. White, „Testimonies to the Church", Bd. 5, S. 451.
3
H. R. 2797: To protect the free exercise of religion (Um die freie Religion-
sausübung zu schützen), 102nd Congress, 1st Session, 26 June 1991.
107
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Vereinigung evangelischer Christen.
2
Union für die bürgerliche Freiheit in (US-)Amerika.
3
Statement of Nadine Strossen, president, and Robert S. Peck. legislative counsel,
American Civil Liberties Union on H. R. 2797, The Religious Freedom Restora-
tion Act regarding protection of religious liberty before the U. S. House Judicia-
ry Committee Subcommittee on Civil and Constitutional Rights (Stellungnahme
von N. S., Vorsitzende, und R. S. P., juristischer Berater, von der Union für
bürgerliche Freiheit in Amerika zu H. R. 2797, Gesetzentwurf zur Wiederherstel-
lung der Religiösen Freiheit zum Schutz derselben vor dem Unterausschuß für
zivile und konstitutionelle Rechte des Rechtsausschusses des US-Kongresses), 13
May 1992.
108
AMERIKA IN DER PROPHETIE
führen, die Herz und Seele der Rechtsprechung bezüglich der freien
Religionsausübung ist".1
Doch H. R. 2797 stieß auf Widerstand, besonders unter den Ka-
tholiken, die befürchteten, daß der Gesetzentwurf als Schlupfloch für
die Abtreibung dienen könnte, besonders wenn das Urteil im Fall
„Roe gegen Wade" vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staa-
ten verworfen würde (was jedoch nicht geschah). Mark Chopko,
Berater der United States Catholic Conference, 2 gab vor dem Unte-
rausschuß zu Protokoll, es sei die Absicht von H. R. 2797, „religiös
begründete Forderungen nach Abtreibung einzubeziehen".3
Zusammen mit anderen unterstützte Chopko eine alternative
Version, genannt H. R. 4040, die besagt: „Nichts in diesem Geset-
zesentwurf darf so ausgelegt werden, daß irgendeine Person da-
durch zu einer Handlung bevollmächtigt wird, die ... jede Begren-
zung oder Einschränkung von Abtreibungen, des Zugangs zu Ab-
treibungsmöglichkeiten oder der Finanzierung von Abtreibungen
in Frage stellt."4
Die Verfechter des Gesetzes zur Wiederherstellung der Religiö-
sen Freiheit befürchteten, daß die Problematik der Abtreibung den
Gesetzentwurf abwürgen würde, oder daß die geänderte Version
niemals durchgebracht und das ganze Projekt dadurch zunichte
gemacht würde. Und genau dies geschah auch. Am 5. Oktober 1992
war H. R. 2797 im Senat „gestorben". Der Gesetzentwurf wird aber
1
Statement of Robert P. Dugan, Jr., director, Office of Public Affairs, National
Association of Evangelicals on H. R. 2797, the Religious Freedom Restoration
Act, before the Subcommittee on Civil and Constitutional Rights of the House
Committee on the Judiciary, 13 May 1992 (Stellungnahme von R. P. D., Leiter
des Büros für öffentliche Angelegenheiten der nationalen Vereinigung evan-
gelischer Christen zu H. R. 2797 an gleicher Stelle).
2
Katholische Vereinigung in den Vereinigten Staaten.
3
Testimony of Mark E. Chopko, general counsel on behalf of the United States
Catholic Conference before the Subcommittee on Civil and Constitutional
Rights of the Judicary Committee of the United States House of Representatives
on H. R. 2797, the Religious Freedom Restoration Act of 1991, 13 May
1992
(Stellungnahme von M. E. C., allgemeiner Berater der katholischen Vereinigung
4
in den Vereinigten Staaten an gleicher Stelle).
H. R. 4040, 102nd Congress, 1st session. Ohne Datum.
109
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Die Amerikanische Kirche der Indianer.
2
Ein Zweig der Mennoniten.
3
Stephen Macedo, „The New Right v. the Constitution" (Die Neue Rechte gegen
die Verfassung), Cato Institute, Washington, D. C., 1987, S. 22.
110
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 593 (Betonung hinzugefügt).
2
Robert Bork, „The Tempting of America" (Die Versuchung Amerikas), Simon
& Schuster, New York, 1990, S. 2.
3
ebd., S. 256.
111
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Es ist schlicht und einfach zuviel verlangt, ein 200 Jahre altes Do-
kument so zu interpretieren, wie es die Gründerväter in einem Volk
von weniger als vier Millionen Menschen taten, und dabei an-
zunehmen, daß diese Auslegung allen Bedürfnissen, Herausforde-
rungen und Problemen eines Volkes gerecht wird, das 200 Jahre
später existiert und eine sechzig mal gröere Bevölkerung umfaßt.
Die Verfassung kann heute nicht einfach so angewandt werden, wie
es die Gründerväter taten, weil sie nicht mit unseren Problemen zu
tun hatten.
Der politische Satiriker P. J. O'Rourke schrieb: „Die Verfassung
ist ein durchweg geradliniges Werk, ziemlich kurz und bündig -
einundzwanzig Seiten lang (in der Großdruckversion) - und enthält
eine vollständige Bedienungsanleitung für ein Volk von 250 Millio-
nen Menschen. Das Handbuch für einen Toyota Camry, in dem nur
1
fünf Leute Platz haben, ist viermal so lang."
Welche Probleme auftreten, wenn man ein Dokument, das um
1780 geschrieben wurde, auf Menschen anwendet, die in den späten
neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts leben, zeigt sich an folgendem
Beispiel.
Im US-Staat Connecticut gab es eine veraltete Vorschrift, die die
Geburtenkontrolle verbot. Rechtsgelehrte der Universität Yale klagten
dagegen, und in dem Fall „Griswold gegen Connecticut" verwarf
der Oberste Gerichtshof dieses Gesetz als verfassungswidrigen Ein-
griff in das „Recht auf Privatsphäre". Richter Douglas begründete
den Mehrheitsbeschluß: „Sollten wir etwa der Polizei erlauben, den
heiligen Bereich ehelicher Schlafgemächer nach verräterischen An-
2
zeichen für die Benutzung von Verhütungsmitteln zu durchsuchen?"
Doch wie logisch Douglas' Einstellung auch klingen mag, ein
kleines Problem bleibt: An keiner Stelle beschäftigt sich die Verfas-
sung mit dem Recht auf Privatsphäre, ganz zu schweigen vom Recht
auf die Benutzung von Verhütungsmitteln. Bork argumentierte des-
halb, daß es für keines von beiden ein verfassungsmäiges Recht
gibt und daß das Gesetz, das er selbst für schlecht hielt, außer Kraft
1
P. J. O'Rourke, „Parliament of Whores" (Ein Parlament von Huren), Vintage
Books, New York, 1991, S. 11.
2
„Griswold v. Connecticut" (1965).
112
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Robert Bork, a.a.O., S. 225
113
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Zitiert in Clifford Goldstein, „The New Christian Right: Born Again?" (Die
Neue Christliche Rechte - eine Wiedergeburt?) in „Shabbat Shalom", 4-6/1991,
S. 6.
2
Derek Davis, „Original Intent" (Ursprüngliche Absicht), Prometheus Books,
Buffalo, 1991, S. XVI.
114
AMERIKA IN DER PROPHETIE
man sie richtig auslegt, auf wen sie anzuwenden sind, oder auch nur
darüber, wie sie anzuwenden sind. Dem Schutz, den sie geboten
haben, wurde nur durch ihre Deutung an den Gerichtshöfen Fleisch
und Blut gegeben. Aber, wie der Fall Smith bewiesen hat, können
die Gerichte sehr schnell das „Fleisch" von den „Knochen" dieser
Erklärungen „abnagen".
Was der Fall „Lee gegen Wiseman" (in dem es 1992 um ein Ge-
setz über Gebete in staatlichen Schulen ging) ebenfalls aufzeigte, war
die Tatsache, daß diese Nation genau eine Stimme - eine Stimme! -
davon entfernt war, den ersten zehn jener sechzehn Worte genau
das anzutun, was der Fall Smith den letzten sechs antat - nämlich,
sie beinahe zu zerstören.
Zweifellos wird der derzeitige Präsident Bill Clinton Richter an
die Gerichtshöfe berufen, denen der Schutz unserer Freiheitsrechte
ein Anliegen ist. Gleichzeitig gehen jedoch gerade diejenigen Richter
bald in Pension, die ein besonderes Gespür für die Bedeutung der
religiösen Freiheit entwickelt haben. Deshalb wird sogar unter Clin-
ton die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs für die Tren-
nung von Kirche und Staat weiterhin eine große Gefahr bedeuten.
Nachdem Ellen White auf den Schutz des Ersten Zusatzartikels
der Verfassung der Vereinigten Staaten hingewiesen hatte, schrieb
sie in „Der große Kampf": „Nur durch offenkundige Verletzung
dieser Schutzmauer nationaler Freiheit kann irgendein religiöser
Zwang durch die Staatsbehörden ausgeübt werden."1
Mit dem Fall Smith haben wir gerade solch eine offenkundige
Verletzung „dieser Maßnahmen zum Schutz der Freiheit der Nation"
erlebt.
Weitere werden folgen.
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 443.
115
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 9
Der Schwindel
mit den Sterbeerlebnissen
Ich war schon überall gewesen, von Lappland bis zum Japanischen
Meer, aber meine seltsamste Reise ging gerade bis zum nächsten
Häuserblock. Nicht, daß es dort irgend etwas besonders Aufregen-
des gegeben hätte. Das nicht. Merkwürdig war auch nicht, wohin ich
ging, sondern wie ich dort hinkam: Ich flog, und zwar genau durch
die Zimmerdecke!
Ich hatte mich auf meinem Bett im Studentenwohnheim von
Gainesville, Florida ausgestreckt, um ein Nickerchen zu machen.
Bald nachdem ich meine Augen geschlossen hatte, fühlte ich ein
eigenartiges Prickeln in meinen Zehen, das rasch meinen Körper
hinaufkroch, bis es sich in meinem Kopf festsetzte.
Es schien, als flöge ich durch einen surrenden Windkanal, gefüllt
mit einem grauen, knisternden Nebel, ähnlich den atmosphärischen
Störungen auf einem leeren Fernsehkanal. Ich fühlte, wie ich meinen
Körper verließ, durch die Decke schoß und im gleichen Augenblick
von Nebel umgeben außerhalb des zweigeschossigen Appartements
zweier Freunde schwebte, die einen Block weiter wohnten. Zu ver-
stört, um zu schreien, riß ich mich zusammen, setzte mich auf und
starrte mein Zimmer an.
Diese Erfahrung fesselte mich.
Am nächsten Tag traf ich in einem Reformhaus Siebenten-Tags-
Adventisten, die mir sagten, daß ich vom Teufel getäuscht worden
sei. Was ich über diese Erfahrung dächte, sei falsch. Nichts aber, was
sie sagten, konnte mich davon abhalten zu glauben, in jenem Erleb-
116
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Verlyn Klinkenborg, „At the Edge of Eternity" (Am Rande der Ewigkeit) in
„Life", 3/1992, S. 65.
2
ebd., S. 73.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 553.
117
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Ihre Warnung vor dem Spiritismus ist so eindringlich wie die vor
dem Sonntagsgesetz, denn der Spiritismus wird bei Satans letztem
Betrug eine zentrale Rolle spielen.
„Mit Ausnahme derer, die durch die Macht Gottes im Glauben
an sein Wort bewahrt bleiben", sagte sie, „wird die ganze Welt die-
sem Blendwerk in die Arme getrieben werden."1
Die Welt ist bereit. Rund um den Globus, in fast jeder Kultur,
jeder Glaubensüberzeugung und jedem Land werden Menschen auf
die große Lüge vorbereitet. Zweiundvierzig Prozent der Amerikaner
glauben zum Beispiel, daß sie bereits Kontakt mit Toten gehabt
haben. Zweiundvierzig Prozent! Wenn so viele schon glauben, daß sie
Verbindung mit Toten hatten, wie viel mehr müssen dann wenigs-
tens glauben, daß die Toten weiterleben?
Im Jahr 1988 erschien in der Zeitschrift „Esquire", die sich nor-
malerweise nur solch beschaulichen Themen wie den besten Sushi-
Restaurants in Manhattan oder Ivana Trumps Amouren widmet, ein
Artikel des Bestseller-Autors Michael Crichton, in dem er das Zu-
sammentreffen mit seinem verstorbenen Vater auf der Astralreise
schilderte.
„Es war nicht leicht mit meinem Vater. Jetzt erschien er, während
ich ungeschützt war, in einem veränderten Bewußtseinszustand. Ich
fragte mich, was er tun würde, was geschehen würde. Mein Vater
sah aus wie früher, nur durchsichtig und neblig, wie alles andere an
diesem Ort ... Plötzlich umarmte er mich. Im Augenblick der Um-
armung sah und spürte ich alles, was in meiner Beziehung zu mei-
nem Vater geschehen war, alle Gefühle, die ich hatte, und warum
ich ihn mißverstanden hatte, all die Liebe, die uns wirklich verbun-
den hatte, und all die Verwirrung und Mißverständnisse, die sie
zugeschüttet hatten ... Eine Wunde, die mich jahrelang gequält hatte,
war geheilt."2
Captain Tommy Clack, der in einem Feuergefecht in Vietnam
verletzt worden war, erzählte, wie er seinen Körper verließ: „Um
mich herum waren Leute, mit denen ich gedient hatte und die ge-
1
ebd., S. 563.
2
Michael Crichton, „Travels With My Karma" (Reisen mit meinem Karma) in
„Esquire", 5/1988, S. 98.
118
AMERIKA IN DER PROPHETIE
storben waren. Sie bewegten sich von mir weg, es gab keine Kom-
munikation mit Worten. Sie hatten keine körperliche Gestalt, aber
ich wußte, es waren Dallas, Ralph und Terry, und sie kannten
mich."1
„Er [Satan] hat die Macht, den Menschen die Erscheinung ihrer
abgeschiedenen Freunde vor Augen zu führen", schrieb Ellen White
in „Der große Kampf". „Die Nachahmung ist vollkommen; das be-
kannte Aussehen, die Worte, die Stimme werden mit unglaublicher
2
Deutlichkeit wiedergegeben."
In „Family Circle" schilderte eine Frau ihr Sterbeerlebnis folgen-
dermaßen: „Ich bemerkte, daß ein blauer Nebel meinen Körper
3
umgab, und ich schwebte vom Operationstisch."
Reader's Digest beschrieb das typische Phänomen: „In vielen Fäl-
len wird von verschiedenen akustischen Empfindungen berichtet ...
ein wirklich durchdringendes summendes Geräusch ... Gleichzeitig
haben die Menschen oft das Gefühl, rasch durch eine Art dunklen
Raum gezogen zu werden. Ich habe gehört, daß er als eine Höhle,
ein Brunnen, ein geschlossener Raum, ein Tunnel geschildert wird
... Nach Durchqueren dieses Tunnels wird eine sterbende Person
vielleicht feststellen, daß sie von einem Punkt außerhalb auf ihren
eigenen Körper hinuntersieht ... Worte und Sätze, die in diesem
Zusammenhang von verschiedenen Personen gebraucht wurden,
beschreiben einen Nebel, eine Wolke, einen Dunst, ein Energiemus-
4
ter."
Diese Beschreibungen ähneln auch meinem okkulten Erlebnis:
ein lautes summendes Geräusch, die Bewegung durch einen Tunnel,
das Gefühl, sich außerhalb des Körpers zu befinden, ein Nebel -
obwohl ich nicht zu sterben und nicht einmal dem Tod nahe sein
brauchte, um all dies zu erleben. Das einzige, was fehlte, war eine
Begegnung mit den „Toten". Kein Zweifel, hätten meine Erfahrun-
gen weitergeführt, wäre auch dies geschehen.
1
Verlyn Klinkenborg, a.a.O., S. 71.
2
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 554.
3
Charles Panati, „Is There Really Life After Death?" (Gibt es wirklich Leben
nach dem Tod?) in „Family Circle", 11/1976, S. 78.
4
Ralph Moody, Jr., „Life After Life" (Leben nach dem Leben) in „Reader's
Digest" vom 1.1.1977, S. 194-215.
119
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Bei meiner Suche nach der Wahrheit wurde ich anfällig für den
Okkultismus, 1 und der Teufel, der meine Sehnsucht nach spirituellen
Erfahrungen sah, sandte mir einige, aber von der falschen Sorte.
Hätte ich mich nicht zu Jesus bekehrt, wäre ich nicht wenige Tage
nach jenem Erlebnis wirklich wiedergeboren worden, dann hätte ich
mich im Netz des Teufels verfangen.
Ich hätte damit keineswegs alleingestanden. Sterbeerlebnisse sind
inzwischen fast eine Selbstverständlichkeit geworden. Auf der gan-
zen Welt erforschen Ärzte, Psychologen, Soziologen, Biologen und
Philosophen derartige Erfahrungen. Es gibt ein „Journal für Sterbe-
erlebnisse" und eine „Internationale Gesellschaft für Grenzerfah-
rungsstudien". Meinungsforscher schätzen, daß „acht Millionen A-
merikaner Sterbeerlebnisse hatten".2
Obwohl ähnliche Phänomene schon weit früher im „Tibeta-
nischen Buch der Toten" berichtet worden waren, wurden Sterbeer-
lebnisse frühestens Mitte der siebziger Jahre - mit dem Buch „Life
After Life" des Psychiaters Raymond Moody, jun. - für Millionen
von Amerikanern zum Thema. Das Buch, 1976 veröffentlicht, be-
richtet von Moodys Interviews mit etwa fünfzig Personen, die ge-
storben und wieder ins Leben zurückgekehrt waren. „Life After
Life" wurde über sieben Millionen Mal verkauft und hat eine In-
dustrie ins Leben gerufen, die seit damals ständig gewachsen ist.
Jahre bevor ich Adventist wurde, las ich „Life After Life" im Col-
lege. Obwohl mich der Gedanke störte, daß diese Menschen nicht
wirklich tot gewesen waren, empfand ich ein überwältigendes Gefühl
des Wohlseins, des Trostes und der Gewißheit, daß das Leben nicht
mit dem letzten Herzschlag zu Ende war.
Hier schien es, wenn auch keinen Beweis, so doch mindestens
einen starken Hinweis dafür zu geben, daß wir nicht nur nach unse-
rem Tod weiterleben - daß also unsere kurze, bedeutungslose Exis-
tenz nicht alles ist -, sondern daß wir auch keine wiedergeborenen
Christen sein müssen, um ins Jenseits zu kommen. Die meisten Be-
fragten waren nicht übermäig religiös und noch weniger fromme
1
Siehe Clifford Goldstein, „Best Seller", Pacific Press, Boise, Idaho, 1990.
2
Verlyn Klinkenborg, a.a.O., S. 66.
120
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Christen, und doch trafen sie „Gott", oder eine mächtige, liebevolle
Erscheinung, die in einer freundlichen und liebevollen Art zu ihnen
sprach, bevor sie auf den Erdboden zurückgesandt wurden.
Ellen White sagt über den Spiritismus: „Man spricht von der
Liebe als der Haupteigenschaft Gottes, erniedrigt sie aber zu einer
schwachen Gefühlsseligkeit, die wenig Unterschied macht zwischen
dem Guten und dem Bösen. Gottes Gerechtigkeit, seine Verdam-
mung der Sünde, die Forderungen seines heiligen Gesetzes werden
nicht beachtet."1
Eine biblische Grundlehre besagt: „Sie [die Menschen] sind alle-
samt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben
sollten." (Römer 3,23) Jesus Christus ist unsere einzige Hoffnung auf
Erlösung: „Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer
Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir
sollen selig werden." (Apostelgeschichte 4,12) Doch nur wenige keh-
ren von ihrem Sterbeerlebnis mit der Überzeugung zurück, daß sie
Sünder sind und das Versöhnungsblut Christi benötigen. Der Apos-
tel Johannes schrieb: „Denn das ist die Liebe zu Gott, daß wir seine
Gebote halten." (1. Johannes 5,3)
Wenn das so ist, warum kehren dann jene, die Sterbeerlebnisse
hatten, nicht mit der Aufforderung ins Leben zurück, Gottes Gesetz
zu gehorchen? Warum warnen die „Toten" nicht vor dem kommen-
den Gericht, das in der Bibel beschrieben wird? Viele der „Toten",
mit denen Verbindung aufgenommen wurde, waren niemals Chri-
sten gewesen, und jene, die berichten, sie hätten die Toten getroffen,
werden infolge dieser Begegnungen höchst selten zu überzeugten
Christen.
„Statt dessen", hieß es in einem Artikel in „Christianity Today",
„werden sie mißtrauisch gegen religiöses ,Sektierertum' ... Die Be-
kehrung der modernen ,Seher' erfolgt nicht zu einer ernsten Fröm-
migkeit, sondern zu einer Spiritualität, deren Betonung auf Freude
und Gelächter liegt."2
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 560.
2
Rodney Clapp, „Rumors of Heaven" (Gerüchte vom Himmel) in „Christianity
Today" vom 7.10.1988, S. 19.
121
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Zitiert in „Religious News Service" vom 31.12.1991, S. 3.
2
Pat Robertson, „Pat Robertson Answers" (Pat Robertson antwortet), Thomas
Nelson, Nashvill, 1984, S. 36.
3
ebd.
122
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
James Kennedy, „Evangelism Explosion", Tyndale House, Wheaton, Ill., 1983,
S. 102f.
2
Zitiert in Floyd C. McElveen, „The Beautiful Side of Death" (Die schöne Seite
des Todes), G. T. M., Grand Rapids, o. J., S. 87.
3
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 559.
123
AMERIKA IN DER PROPHETIE
gelehrt hat." 1 Während der Apostel Paulus den Tod als den „letzten
Feind" betrachtete, betonte der Autor beispielsweise, daß „im Ge-
gensatz dazu der Seher in einem Sterbeerlebnis im Tod einen ausge-
sprochenen Freund entdeckt".² Obwohl Sterbeerlebnisse „grund-
sätzlich nichts über ein Leben nach dem Tod ,beweisen', so vermit-
teln sie bestenfalls wenn auch zweifelhafte, bruchstückhafte und
verzerrte Eindrücke von einer anderen Welt".2
Die Zwiespältigkeit von „Christianity Today" zeigt, wie gefährlich
Sterbeerlebnisse sogar für erwachsene, vorsichtige Christen sein
können, die das Wesen des Menschen und des Todes nicht verste-
hen.
In dem Buch „Immortality: The Other Side of Death", das 1992
veröffentlicht wurde, benutzen zwei Christen Sterbeerlebnisse, um
ihren Lesern „entdecken zu helfen, was uns auf der anderen Seite
des Todes erwartet". Obwohl sie zugeben, daß in Sterbeerlebnissen
„manchmal okkulte Elemente vorhanden sind", tun sie diese Fälle
3
als reine „Nachahmungen" ab, die „echte voraussetzen". Dann füh-
ren sie verschiedene Beispiele von Sterbeerlebnissen aus der Bibel
an, einschließlich der Vision des Stephanus „vor seinem Tod" und
des Gleichnisses vom „armen Lazarus", da seine „Erfahrung nach
dem Tod Ähnlichkeiten mit einigen der Sterbeerlebnisse aufweist,
4
die wir besprochen haben".
In den letzten Jahren haben Christen eine Flut von Büchern ge-
schrieben, in denen vor New Age gewarnt wird. Doch wie viele
Bücher und Artikel auch von Autoren wie Constance Cumbey,
Dave Hunt, F. LaGard Smith und anderen gegen Shirley MacLaine,
Channeling 5 und harmonische Annäherung geschrieben werden
mögen, solange diese Christen die Wahrheit über den Zustand der
1
Rodney Clapp, a.a.O., S. 17.
2
ebd., S. 21.
3
Gary Habermans and J. P. Moreland, „Immortality: The Other Side of Death"
(Unsterblichkeit: Die andere Seite des Todes), Thomas Nelson, Nashville, 1992,
S. 92.
4
ebd., S. 93.
5
„Kanalisieren", d. h. aufgrund medialer Fähigkeit Botschaften aus dem trans-
zendenten Bereich (z. B. Verstorbene) empfangen und übermitteln können
(„New Age Wörterbuch", Herder-Verlag, S. 30).
124
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Toten nicht kennen, sind auch sie alle anfällig für die Täuschungen
des Spiritismus.
In einem Artikel gegen New Age in „Christianity Today" schrieb
Brooks Alexander vom „Spiritual Counterfeits Project", 1 ein vorherr-
schendes Thema bei New Age sei die „Urlüge", daß „es keinen Tod
gibt". 2 Welche Ironie, denn wenn Brooks Alexander die traditionelle
christliche Vorstellung vom Zustand der Toten vertritt (und das tut
er sicherlich), dann glaubt er trotz seines Angriffes gegen diese „Ur-
lüge" selbst daran.
Nach der Veröffentlichung einer Ausgabe des „Liberty Alert", in
der ich Sterbeerlebnisse als eine „dämonische Halluzination" 3 be-
zeichnete, erhielt ich einen energischen Brief von einem adventisti-
schen Pastor, der mich wegen solch einer pauschalen Aussage zur
Rede stellte. Zuerst dachte ich: Vielleicht habe ich wirklich zu stark
formuliert, doch während ich ihm antwortete, wurde meine Über-
zeugung immer sicherer.
Erstens: Alle diese Personen denken, daß ihr Geist oder ihre Seele
ihren Körper verlät, eine Anschauung, die der wichtigen biblischen
Lehre über die Natur des Menschen als Ganzheit widerspricht. Zwei-
tens: Viele haben die „Toten" getroffen, die wie körperlose Geister
umherschweben, ein Phänomen, das ebenfalls unbiblisch ist.
Drittens: Kaum jemand kehrt im Bewußtsein der Notwendigkeit
der Reue, der Bekehrung und des Glaubens an Jesus Christus als
persönlichen Erlöser zurück. Die wenigen Ausnahmen sind eine
verschwindende Minderheit gegen die Tausende oder sogar Millio-
nen, die in dem Glauben zurückkehren, sie hätten schon das ewige
Leben. Und schließlich täuschen Sterbeerlebnisse Millionen in der
ganzen Welt vor, daß man „keineswegs des Todes stirbt".
Wenn das nicht dämonisch ist, was ist es sonst? In einem Artikel
in „Psychology Today" erklärt der Psychologe und Experte Ronald
1
Projekt Geistliche Fälschungen.
2
Brooks Alexander, „Theology From the Twilight Zone" (Theologie aus der
Zwielichtzone) in „Christianity Today" vom 18.9.1987, S. 25.
3
Clifford Goldstein, „Near-Death Deceptions" (Täuschungen bei Sterbeerlebnis-
sen) in „Liberty Alert", 6-7/1992, S. 1.
125
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ronald Siegel, „Accounting for ,Afterlife' Experiences" (Erklärung der Sterbeer-
lebnisse) in „Psychology Today", 1/1981, S. 75.
2
ebd., S. 70.
3
Zitiert in „Harper's", 8/1988, S. 34.
126
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 561.
2
„Time" vom 30.12.1991, S. 62.
3
Mary Stewart Relfe, „Read About the Man Who Spent 5½ Days in Heaven"
(Lies über den Mann, der 5½ Tage im Himmel weilte) in „Relfe's Report" Nr.
55, 8/1984, S. 2.
127
AMERIKA IN DER PROPHETIE
tet ... Nach und nach hat er die Vorbereitungen für sein Meisterstück
des Betrugs in der Entwicklung des Spiritismus getroffen. Er hat sein
Ziel noch nicht völlig erreicht, seine Bemühungen werden aber in
der allerletzten Zeit von Erfolg gekrönt sein."1
Diese Worte schrieb sie vor mehr als 100 Jahren. Seitdem hat der
Einfluß des Spiritismus deutlich zugenommen. Fast die ganze Welt
wird davon in der einen oder anderen Form getäuscht. Kein Wun-
der, daß Ellen White in „Der große Kampf" so viel Zeit darauf ver-
wendet, davor zu warnen. Möglicherweise hat der Teufel mit seinen
jüngsten spiritistischen Aktivitäten „die Vollendung seiner Absich-
ten" schon erreicht.
Wenn nicht, dann ist er nahe daran.
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 563.
128
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 10
Satans
erfolgreichste Täuschung
1
Ellen G. White, „Der große Kampf", S. 606 (rev.).
129
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Wir wissen es nicht. Dennoch lehren die Bibel und der Geist der
Weissagung, daß dies eine weltweite Problematik sein wird, und daß
jeder einzelne sie gut genug verstehen wird, um eine bewußte Wahl
zwischen der Treue zu Gottes Gesetz und der Treue zum menschli-
chen Gesetz treffen zu können.
Ellen White schrieb dazu: „Niemand aber wird den Zorn Gottes
erleiden, ehe nicht die Wahrheit vor der Tür seines Herzens und
Gewissens Einlaß begehrt hat und verworfen worden ist." 1 Auf wel-
che Weise alle Völker in die letzten Ereignisse verwickelt werden, ist
uns nicht offenbart worden. Die folgenden Ausführungen beschrei-
ben deshalb nur, wie sich das Endzeitszenario entwickeln könnte.
In den letzten Tagen seines irdischen Dienstes warnte Jesus vor
Menschen, die sich fälschlicherweise als Christus ausgeben. „Wenn
dann jemand zu euch sagen wird: Siehe, hier ist der Christus! oder
da!, so sollt ihr's nicht glauben. Denn es werden falsche Christusse
und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder
tun, so daß sie, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten
verführten." (Matthäus 24,23.24)
Ellen White schreibt in „Der große Kampf", daß Satan selbst als
der vollkommene falsche Christus erscheinen wird. „Als krönende
Tat in dem großen Drama der Täuschung wird sich Satan als Chris-
tus ausgeben ... In verschiedenen Teilen der Erde wird Satan unter
den Menschen als ein majestätisches Wesen von blendendem Glanz
entsprechend der Beschreibung des Sohnes Gottes in der Offenba-
rung des Johannes erscheinen (Offenbarung 1,13-15). Die Herrlich-
keit, die ihn umgibt, wird von nichts übertroffen, was sterbliche Au-
gen je gesehen haben."2
Dieser Betrug könnte Christen verführen, doch wie steht es mit den
Moslems in der Sahara, den Juden in Galiläa oder den Buddhisten im
Himalaya? Inwiefern könnte Satans „krönende Tat" sie betreffen?
Eine mögliche Antwort liegt in den Endzeitvorstellungen dieser
anderen Glaubensüberzeugungen. Wir Christen sind nicht die einzi-
gen, die einen Erlöser erwarten. Juden, Buddhisten, Hindus und
1
ebd.
2
ebd., S. 624f (rev.).
130
AMERIKA IN DER PROPHETIE
131
AMERIKA IN DER PROPHETIE
132
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
Erleuchtete.
133
AMERIKA IN DER PROPHETIE
keit auf sich gezogen. Jesus Christ Lightning Amen, ein Einsiedler
mittleren Alters, der irgendwo in der Wüste von Arizona leben soll,
ist weniger bekannt, hat aber ebenfalls eine Anhängerschaft.
Alle großen Religionen der Welt weisen mindestens zwei wichti-
ge Ähnlichkeiten auf, die bei Satans großer Täuschung eine Rolle
spielen könnten: Alle erwarten die Ankunft eines göttlichen Retters
und den Beginn eines Zeitalters des Friedens, und alle sind in sich
selbst uneins über die Natur seines Erscheinens.
In „Der große Kampf" beschreibt Ellen White die Verwirrung
vor der Wiederkunft. Sie zitiert Offenbarung 12,12: „Weh aber der
Erde und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und
hat einen großen Zorn und weiß, daß er wenig Zeit hat." Sie be-
zieht diesen Vers auf die letzte Zeit: „Schrecklich sind die Ereignis-
se, die diesen Ausruf der himmlischen Stimme veranlassen. Der
Zorn Satans nimmt zu, je weniger er Zeit hat. Seine Täuschungen
und Zerstörungen erreichen ihren Höhepunkt in der trübseligen
Zeit."1
Historisch gesehen verstärkte sich messianischer Eifer in den ver-
schiedenen Glaubensrichtungen immer in Krisenzeiten, weil die
Menschen ihre einzige Hoffnung in einem göttlichen Erlöser sahen.
Man stelle sich die messianischen Erwartungen von Hindus, Juden,
Moslems, Christen und sogar Buddhisten vor, wenn sie sich einer
„Zeit so großer Trübsal" gegenübersehen, „wie sie nie gewesen ist,
seitdem es Menschen gibt, bis zu jener Zeit" (Daniel 12,1), zumal die
meisten die Ankunft des Messias ohnehin während einer Zeit der
Trübsal erwarten.
Dann, inmitten dieses großen Aufruhrs, wird Satan „in verschie-
denen Teilen der Erde" in unübertrefflicher Herrlichkeit erscheinen.
Er kommt als ein „majestätisches Wesen von blendendem Glanz" in
die islamische Welt, so wie der Mahdi erwartet wird. Die Moslems
verneigen sich auf ihren Gebetsteppichen vor dem „Richtig Geführ-
ten", der die tausend Jahre des Friedens einleiten wird.
In einer Herrlichkeit, die alles übertrifft, „was sterbliche Augen je
gesehen haben", erscheint er bei den Hindus, die ihn als Kalki se-
1
ebd. S. 624.
134
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd. S. 625.
2
ebd.
3
ebd.
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AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 626.
136
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Kapitel 11
Trends
Letztes Jahr besuchte mich ein Adventist in meinem Büro bei der
Generalkonferenz. Er sagte: „Die Botschaft des Großen Kampfes
war für Ellen Whites Zeit wichtig, aber für unsere Zeit ist sie über-
holt."
Überholt? Wenn er gesagt hätte, daß einiges Material, die Spra-
che oder manche Quellenangaben heute nicht mehr aktuell seien,
könnte ich dem zustimmen. Würde Ellen White das Buch „Der
große Kampf" heute schreiben, würde sie Pat Robertson und Erzbi-
schof Runcie zitieren, nicht aber Charles Beecher. Sie würde andere
Worte benutzen als Romanisten, Papisten und Papisterei, die heute
altmodisch klingen. Sie würde eher über Astralprojektionen, Sterbe-
erlebnisse und Channeling sprechen als über Spiritismus im allge-
meinen. Ja, in diesem Sinn könnte man das Buch als überholt be-
trachten - aber kann man tatsächlich sagen, daß sein Grundanliegen
unsere Zeit nicht mehr betrifft?
Über die Jahre haben Adventisten als Deutung der Prophetie
zahlreiche falsche Vorhersagen gemacht, und diese Fehler haben die
Einstellung mancher unserer Eschatologie gegenüber verhärtet. Es
wurde uns versichert, die Türkei werde im Rahmen der letzten Er-
eignisse eine Hauptrolle spielen; der erste Weltkrieg sei der Anfang
vom Ende; der zweite Weltkrieg sei Harmagedon; die „Könige des
Ostens" aus der Offenbarung seien die japanische Armee; die Juden
würden nie mehr eine Heimat in Palästina haben, Präsident John F.
Kennedy werde das Sonntagsgesetz einführen und kein Mensch
werde je den Mond betreten.
137
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 14.
2
ebd., S. 445.
138
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AMERIKA IN DER PROPHETIE
der Prophetie mit den Worten: „Und jetzt habe ich's euch gesagt,
ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es nun geschehen wird."
(Johannes 14,29) Die Prophetie soll uns nicht zu Wahrsagern ma-
chen, die kühn die Zukunft voraussagen. Vielmehr soll sie unseren
Glauben stärken, wenn die Prophezeiungen eintreffen. Und wenn
die prophetischen Entwicklungen der vergangenen Jahre unserem
Glauben keine Kraft gegeben haben - dann wird uns kaum etwas
anderes noch stärken können.
Trotzdem gehen innerhalb der Adventgemeinde die Angriffe ge-
gen das Schrifttum Ellen G. Whites weiter. Manche reiten auf dem
Thema „Plagiat" herum. Andere behaupten, das „Evangelium" neu
entdeckt zu haben, und interpretieren es auf eine falsche Weise, die
die Erklärung des Untersuchungsgerichts in „Der große Kampf"
widerlegt. Sie singen und tanzen immer noch nach der gleichen
müden alten Melodie. Was sie brauchen, ist eine neue Musik.
Diese „neue Musik" ist geschrieben worden, von jenen, die -
während sie ihre große Bewunderung für den Großen Kampf zum
Ausdruck bringen - all seine „Fehler" aufzeigen und ihre eigenen
Zeitpläne, „Lösungen" und Neuinterpretationen anbieten, die in
Wirklichkeit nur den Glauben an die ganze Botschaft untergraben.
Keine Frage, Satan haßt das Buch „Der große Kampf", und er
benutzt die Extremisten aller Richtungen, um unseren Glauben an
die darin enthaltene Botschaft zu schwächen. Warum? Nicht einfach
nur deshalb, weil dieses Buch seine Pläne entlarvt, sondern weil jede
seiner Seiten vom ersten bis zum letzten Kapitel das erlösende Op-
fer Jesu bezeugt.
Im Mittelpunkt aller Schilderungen seiner Berichte über die
Frühkirche, die Finsternis des Papsttums, die Reformation, die
Millerbewegung, den letzten Kampf, das Millennium und in der
Beschreibung der Ewigkeit, die uns „reichere und immer herrlichere
Offenbarungen Gottes und Christi bringen" wird, 1 stehen immer das
Kreuz von Golgatha und die Erlösung, die Jesus für jeden Menschen
vollbracht hat, der sie annimmt.
1
ebd., S. 677.
140
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 35.
2
ebd., S. 316f.
3
ebd., S. 477.
4
ebd., S. 483f.
5
ebd., S. 623f.
141
AMERIKA IN DER PROPHETIE
1
ebd., S. 672f.
2
ebd., S. 650f.
142
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Wer unter Gebet das Buch „Der große Kampf" liest, wird zu
dem Buch geführt, das dahinter steht: zur Bibel - und wer sich auf
die Bibel verlät, wird sich von den Täuschungen, denen die Welt
erliegt, nicht in die Irre führen lassen. „Das Nachgebildete wird dem
Echten so genau gleichen", schrieb Ellen White über Satans letzten
Betrug, „daß es unmöglich sein wird, beide zu unterscheiden, außer
durch die Heilige Schrift."1
Und schließlich: „Der große Kampf" schreit die Nähe der Wie-
derkunft Christi geradezu heraus. Gewiß, wir haben all das schon
vorher gehört. Die Wiederkunft Jesu steht schon seit 100 Jahren
nahe bevor. Doch niemals zuvor haben die Weltereignisse so genau
zusammengepaßt wie heute. Es gab immer wichtige Aspekte, die
nicht „stimmten": die Sowjetunion, der US-amerikanische Anti-
Katholizismus, der sich ausbreitende Kommunismus, der starke
Schutz des Ersten Zusatzartikels über die Trennung von Kirche und
Staat in den USA - und vieles mehr. Nichts davon ist heute noch
ein Hindernis.
Wir kennen weder Tag noch Stunde. Das sollen wir auch nicht.
Ellen White verurteilt all jene, die für alles ein Datum festsetzen,
vom Spätregen bis zum Ende der Gnadenzeit und dem Erlaß der
Sonntagsgesetze. Sie warnt: „All unsere Brüder und Schwestern
sollen sich in acht nehmen vor jedem, der einen Zeitpunkt festsetzen
will, an dem der Herr sein Wort erfüllt bezüglich seiner Wiederkunft
oder bezüglich jeder anderen besonderen Zusage."2
Wir mögen keine Daten kennen, aber wir sollten in der Lage
sein, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Und wer die Geschichte der
Siebenten-Tags-Adventisten ernst nimmt, muß davon begeistert sein,
was sie verkündigen. Jesus kommt, um uns heimzuholen, und wir
haben heute mehr Hinweise auf die Erfüllung dieser Zusage als
jemals zuvor. Wir müssen nur daran glauben, seinem Wort vertrau-
en und gehorchen, als ob unser ewiges Schicksal davon abhinge -
denn genau so ist es. Wir sind der Wiederkunft zu nahe, um uns
jetzt abzuwenden.
1
ebd., S. 594.
2
Ellen G. White, „Testimonies to Ministers", Pacific Press, 1962, S. 55 (Hervorhe-
bung C. Goldstein).
143
AMERIKA IN DER PROPHETIE
Als Adventisten haben wir allen Grund, der Gabe der Prophetie
zu vertrauen. Die Angriffe gegen das Buch „Der große Kampf", die
Gleichgültigkeit, die wachsende Skepsis ihm gegenüber - auch dies
sind Trends, vor denen wir im voraus gewarnt worden sind und
deren Auftreten unseren Glauben stärken sollte. Durch die Erklä-
rung der Bibel mit Hilfe ihrer prophetischen Gabe hat Ellen White
den besonderen Wert dieser Gabe mehr als deutlich gemacht, und
nirgendwo wird dieser besondere Wert deutlicher als in dem Buch
„Der große Kampf".
Trotzdem müssen wir auf der Hut sein: „Der große Kampf" wird
mit Sicherheit noch viel Haß und Verärgerung auslösen. Wir werden
vor der Welt wie Narren, Idioten und Possenreißer dastehen - we-
gen dieses Buches, das alle aufstacheln wird, die die darin enthalte-
nen Wahrheiten ablehnen. Das bewirkt es ja auch bei Adventisten,
die jene Wahrheiten selbst heute schon abweisen. So wird es wohl
auch bleiben.
Tatsächlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder werden wir
uns bedingungslos dem Heiligen Geist übergeben, und „Der große
Kampf" wird uns noch enger in die Arme Christi treiben, oder wir
weisen den Geist Gottes zurück und werden in die Fänge dessen
gelockt, der auf Golgatha Christi Blut vergossen hat und auch uns
endgültig vernichten will.
„Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu
kämpfen gegen die übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebo-
te halten und haben das Zeugnis Jesu ... Das Zeugnis Jesu aber ist der
Geist der Weissagung." (Offenbarung 12,17.19,10)1
1
Hervorhebung von C. Goldstein.
144