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Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS.................................................................................2
1. EINLEITUNG................................................................................................ 3
5 BIBLIOGRAPHIE........................................................................................ 24
Sekundärtexte...................................................................................................................................... 24
Um die Stellung des Bildes zu erläutern lässt Platon Sokrates die Trias Idee
– Ding – Bild vorstellen. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Das Ding, so
Sokrates, stelle eine Ausführung der Idee dar, das Bild beziehe sich auf das
Ding und stehe somit in einer grossen Entfernung von der Wahrheit, sprich:
von der Idee.2 Mit dieser Analogie soll in erster Linie verdeutlicht werden,
weshalb das Bild verwerflich sei. Doch aus ihr lassen sich interessante
Rückschlüsse auf das Verständnis dessen ziehen, was Platon mit dem
Begriff der Idee, griechisch
oder
bezeichnet:
Ausgehend von der Trias Idee –Ding – Bild entwirft Sokrates eine zweite
Analogie, die vom „Wesensbildner“, der die Ideen gemacht habe, über den
„Werkbildner“, der Dinge herstelle, zum Maler führt, der die hergestellten
Dinge nachahme.3
Die seltsame Annahme eines Wesensbildners gibt den Ideen den Hauch von
Materialität, denn sie legt nahe, dass die Ideen in gewisser Weise hergestellt
worden sind, wie alles andere auch. Seltsam ist die Einführung des
Wesensbildners deshalb, weil etwas Ähnliches an keiner anderen Stelle in
den erhaltenen platonischen Schriften auftaucht.4 Es wird daher vermutet,
dass sie aus einem rhetorischen Zwang gewachsen sei.5
Es soll hier nicht darum gehen zu entscheiden, wie ernst zu nehmen die
Vorstellung des Ideen-Machers ist, sondern darum, was uns diese Annahme
2
Politeia 595a ff.
Die Zitate stammen aus folgender Ausgabe: Platon, Sämtliche Werke in der Übersetzung von
Friedrich Schleiermacher, hrsg. v. Otto, Walter F. und Grassi, Ernesto, Reinbeck bei Hamburg:
Rowohlt, 1969 (1958), Band III.
3
Politeia 597a ff.
4
Vgl.: „The idea that a god has created ideas has disturbed every careful reader of Plato.“ Chermiss,
Harold: „On Plato’s Republic x, 597b“, in: American Jounal of Philology, 53, 1932, S. 233.
5
„[Plato’s] talk of a god making the Form can be explained as the completion of a hierarchy of
producers to match that of the picture, the bed, the Form.“
Janaway, Christopher: Images of Excellence: Plato’s Critique of the Arts, Oxford: Clarendon Press,
1995, S. 112.[= Janaway]
Die Vorlage für eine Idee, beispielsweise die Idee des Bettes, sei die Natur
oder das „Wesen“ des Bettes. Die Idee des Bettes zeichne sich vor allen
anderen Betten dadurch aus, dass sie die einzige sei, die „wahrhaft ist“.
Ideen sind per definitionem einzigartig, es gibt nichts, was mit der Idee des
Bettes identisch ist.
Anstelle des deutschen „wahrhaft“ wird im griechischen das „sein“ fast schon
tautologisch wiederholt, was zu der Vermutung einlädt, dass es sich bei
diesem „sein“ um eine reine Form des „Seins“ handeln muss. Sokrates stösst
uns mit der Nase auf die Tatsache, dass die Ideen „sind“, und zwar in einer
reineren Form des Seins als alles Andere: Eine Idee ist nichts Anderes als
sich selbst. Die Idee des Bettes nimmt einen klar definierten Platz ein
gegenüber allen anderen Ideen, Dingen sowieso. Der Idee des Bettes ist
keine andere Idee ähnlich, die teilt ihr Sein mit nichts Anderem. Und weil es
nichts gibt, was der Idee des Bettes ähnelt, ist sie nicht darstellbar –
zumindest nicht in einer Darstellungsform, die über die Ähnlichkeit
funktioniert.
Die Analogie Bild – Ding – Idee legt jedoch nahe, dass nicht nur das Bild ein
Abbild eines Dinges darstellt, sondern dass auch zwischen der Idee und dem
Ding eine Form von Abbildungsverhältnis besteht.
„[Es gibt doch] viele Bettgestelle und Tische? – Wie sollte es nicht. – Aber Begriffe
( )gibt doch nur zwei für diese Geräte [...] Und pflegen wir nicht zu sagen, dass
die Verfertiger jedes dieser Geräte, auf den Begriff sehend
) , so der eine Bettgestelle macht, der andere Tische [...] ?“7
Für jede Klasse von Dingen ist eine Idee zuständig. Wenn ein Mensch nun
6
Politeia, 597d
7
Politeia 596 abc
Der Sehsinn, so Sokrates, sei durch seine Abhängigkeit vom Licht der
höchste aller Sinne. Die Idee Licht ist die Ursache, moderner ausgedrückt
die Bedingung der Möglichkeit jeder Visualität. Die Sonne wird wiederum von
Platon als sinnliche Analogie der Idee des Guten verstanden. 10 Das Licht, so
8
Die Informationen in diesem Abschnitt sind folgender Quelle entnommen:
Ars Graeca. Griechische Sprachlehre, hrsg. v. Leggewie, Otto, Paderborn: Schöningh, 1981.
9
Politeia 507e und 508b
10
Politeia 508b/c: „ich verstehe unter jenem [= das Licht / die Sonne] einen Sprössling des Guten
Platon lässt Sokrates in der Politeia eine klare Defintion des Begriffes
geben:
„Ich nenne aber Bilder [
] zuerst die Schatten [ ], dann die
Erscheinungen ] im Wasser und die sich auf allen dichten, glatten und
glänzenden Flächen finden, und alles dergleichen [...].“11
(),
welchen das Gute nach der Ähnlichkeit mit sich gezeugt hat
(
).“
11
Politeia, 510a
Das Abbild, so argumentiert Sokrates ein paar Dialogzeilen weiter, sei die
Darstellung eines realen Dinges. Da das reale Ding nun nur eine Ausführung
einer Idee und damit eine Reduktion der Wahrheit darstelle, stehe das Bild in
doppelter Entfernung von der Wahrheit. So weit so gut. Vor dem Hintergrund
eines Bildbegriffes, der jedem Bild ein konkretes, sichtbares Urbild zugrunde
legt, ist diese Argumentation nachvollziehbar. Für den modernen Menschen
ist das Verständnis vom Bild als Abbild der sichtbaren Erscheinungen
absurd. Bildern wird spätestens seit der malerischen Moderne
zugeschrieben, zur Darstellung von abstrakten, unsichtbaren Dingen fähig zu
sein. Liegt der Haken des platonischen Bildverständnisses einzig und allein
darin, dass Platon dem längst überholten Missverständnis aufsitzt, dass die
bildliche Darstellung mit der Abbildung von Sichtbarem gleichzusetzen sei?
„Gar weit von der Wahrheit ist die Nachbildnerei und deshalb, wie es
scheint, macht sie auch alles, weil sie von jeglichem nur ein Weniges )
trifft und das im Schattenbild “12
12
Politeia, 598b
Das Prinzip des Abbildens ist die sogenannte Mimesis, die Nachahmung
oder Imitation. Dieses Prinzip bezieht sich nicht nur auf das Abbild, sondern
auch auf die Schauspielerei oder die Literatur: Eine mimetische Darstellung
bedeutet grundsätzlich, dass der dargestellte Gegenstand oberflächlich
imitiert wird. Dazu ist, wie wir gesehen haben, kein Verständnis nötig,
weshalb mimetische Darstellungen nicht ernst zu nehmen seien. Doch
wieder stellt sich die Frage: Wenn man die Mimesis als Spiel bezeichnet,
13
Politeia, 602b
2.3 Mimesis
2.3.1 Die mimetische Produktion
Das Prinzip der Mimesis ist, wie gesagt, nicht auf die Herstellung von Bildern
beschränkt, sondern kommt auch in der Literatur vor. Einerseits ahmt die
poetische Literatur selbst Charaktere und deren Handlungen nach,
andererseits wird Literatur in der griechischen Kultur vor allem über die
Lesung rezipiert, die auch mimetisch sein kann. Die Mimesis ist es, was das
Bild als solches definiert und gleichzeitig als Vermittler von wahren Inhalten
disqualifiziert.
Es scheint, als ob der Nachbildner an der Verurteilung der mimetischen
Darstellung die meiste Schuld trage. Denn würde er sich nicht wie ein
Eine mimetische Darstellung sei nur dann erlaubt, wenn über sie ein „guter“
Charakter und damit gute Prinzipien dargestellt werden. Die Mimesis wird zu
einem an sich neutralen und damit bekanntlich ungefährlichen Prinzip, das
zu positiven oder negativ bewerteten Zwecken genutzt werden kann. Das
würde bedeuten, dass die Gefährlichkeit einer mimetischen Darstellung von
der Intention ihres Herstellers abhängt, namentlich ob dieser etwas Gutes
und Schönes darstellen will oder nicht.
Zwischen der Möglichkeit einer sinnvollen und einer gefährlichen
mimetischen Darstellung zu unterscheiden, bedeutet demnach, zwischen
moralisch „guten“ und „schlechten“ Künstlern zu differenzieren. 16 Diesen
14
Politeia 396a-c
15
Politeia 396c
16
Vgl.:„The distinction between the good and bad senses of imitation is [...] a distiction between two
Würde der Dichter der Verbreitung der Wahrheit zuliebe auf Ruhm und Ehre
verzichten, wäre das Problem aus der Welt geschafft. Aber kurz darauf räumt
Sokrates ein, dass er nie im Leben auf die Poesie verzichten wollte, da sie
doch einfach Lust bereite.20 So schlimm kann es um die mimetische
Darstellung also nicht stehen. Das einzige wirkliche Problem, das sie stellt,
ist die Tatsache, dass sie gegen den Verstand arbeitet – aber das bereitet
wie gesagt wiederum Lust, was ja auch nichts völlig Verwerfliches sein kann.
Doch eine Frage bleibt: Weshalb wird einem Prinzip, das auf der
Verkümmerung der Verstandestätigkeit beruht, in der Erziehung der Jugend,
dem Fundament eines Staates, ein so zentraler Platz eingeräumt?
19
Politeia, 605a
20
Politeia, 607c
21
Janaway, S. 98
Damit ist der Begriff der Mimesis auf eine Formel gebracht: Mimesis bedeutet
„Nachahmung“ oder „Imitation“, die einfache Wiedergabe eines Dinges. Auf
der Seite des Produzenten ist eine Differenzierung zwischen „guter“ und
„schlechter“ Mimesis denkbar, es kommt dabei auf die Wahl des
Nachgeahmten an.
Auf der Seite des Rezipienten wirkt Mimesis zwar entweder gut oder
schlecht, die Wirkungsweise bleibt jedoch stets dieselbe: Da die Imitation auf
einer Täuschung beruht, muss, um eine mimetische Darstellung richtig
wahrnehmen zu können, der Verstand des Rezipienten ausgeschaltet
werden. Das macht die Mimesis einerseits zu einer Gefahr, andererseits
bietet sie die Möglichkeit zu einer Erziehung, die nicht ausschliesslich über
die Verstandesebene funktioniert. Die mimetische Darstellung bedeutet im
22
„Oder hast du nicht bemerkt, dass die Nachahmungen, wenn man es von Jugend an stark damit
treibt, in Gewöhnungen und in Natur übergehen [...]?“
Politeia, 595d
In den platonischen Abhandlungen über die Darstellung und die Mimesis fällt
nie der Begriff des .
Wann immer von Bildern die Rede ist, wird vom
gesprochen, das von Schleiermacher mit „Schattenbild“ übersetzt
wird. Zufall? Oder könnte es sein, dass das Wort
, wie es von Platon
benutzt wird, eine Sonderform von Bild darstellt, die nicht auf derselben
niederen Stufe rangiert, wie die „Schattenbilder“?
„Du wirfst, sprach ich, eine Frage auf, welche einer Antwort durch ein Bild
(
) bedarf. – Du aber, sagte er, denke ich, pflegst ja nicht
durch Bilder zu reden (
). – Sei’s drum! Antwortete ich. Du
spottest also noch, nachdem du mich in einen so schwer auszuführenden Gegenstand
hineingeworfen? Höre denn mein Bild, damit du besser siehst, wie mühsam ich es
bilde. Denn so schwierig ist das, was gerade den Vortrefflichsten mit dem Staate
begegnet, dass es auch nirgends etwas ganz Ähnliches gibt, sondern von vielerlei her
muss man zusammenbringen, womit man sie vergleichen und was man zur
Verteidigung für sie sagen will, wie die Maler Bockhirsche und andere dergleichen
Mischlinge zeichnen.“24
23
Vgl. z.B.: „[Plato] says neither that painting is dangerous not that he will exclude it from the
model state. And the reason is plain: in Plato’s experience of it, painting neither masquerades falsely
as knowledge, nor corrupts our moral judgements by the appeal it makes to emotions. Poetry does
both.“
Janaway, S. 132.
24
Politeia 487e /488a
Zwar gibt es nirgends ein Schiff, das genau so beschaffen ist, auf dem sich
genau dieselben Ereignisse abspielen, wie dasjenige, das Sokrates in
seinem sprachlichen Bild zur Verteidigung des Philosophen beschreibt.
Es ist auch ziemlich unwahrscheinlich, dass es dieses Schiff je geben wird.
Trotzdem ist es denkbar – und an dieser Stelle sogar sehr sinnvoll, es zu
25
Taureck, Bernhard H. F.: Metaphern und Gleichnisse in der Philosophie, Frankfurt a. M.:
Suhrkamp Verlag 2004, S. 340.
Ein Bild kann einen Sachverhalt nur klären, wenn der Rückbezug zu dem
stattfindet, was das Bild eigentlich, jenseits seiner Oberfläche, darstellen soll.
Diesen Rückbezug überlässt Sokrates dem Hörer, er weist lediglich darauf
hin, dass dieser Rückbezug stattfinden soll.
„Ich glaube auch nicht, sprach ich, dass du das Bild erst wirst vorerklärt sehen
wollen, wie es wirklich dem Verhalten der Staaten gegen die wahren Philosophen
gleicht, sondern dass du schon verstehst, was ich meine. – Sehr wohl, sagte er
[=Adeimantos].“ 26
26
Politeia 489a
„images are quite clearly distinguished from truth or reality and are offered merely
as the next best thing when truth or reality is, for whatever reason, impossible to set
out or explore.“30
Das Bild sei, so die These, das nächstbeste, um einen schwer in Worte zu
fassenden Gegenstand darzustellen. Überhaupt sei, so andere Autoren, sei
das Hauptargument für die Benutzung eines sprachlichen Bildes die
Tatsache, dass es eben Dinge gebe, die anders nicht fassbar seien als im
Bild. Doch damit bleibt die Frage noch nicht geklärt, was das Bild denn
tatsächlich gegenüber einer Erklärung, die nach dialektischen Prinzipien
funktioniert, für Vorteile hat.
Das sprachliche Bild stellt in jeder Hinsicht eine Analogie zu den Ideen dar.
Die Ideen, so haben wir im ersten Teil gesehen, zeichnen sich dadurch aus,
dass sie in der Sphäre der Gedanken existieren, aber gleichzeitig in einer
Form von innerer Visualisierung abrufbar sind. Ebenso das sprachliche Bild
bei Platon: Es existiert nur in der Sphäre der Gedanken, einerseits weil
essprachlich ist, andererseits weil es in der wahrnehmbaren Welt nichts gibt,
was dem gleicht, was es darstellen soll. Gleichzeitig funktioniert das
sprachliche Bild über die Aktivierung eines inneren Sehsinnes. Der Befehl
„Sieh!“ steht implizit am Anfang jedes sprachlichen Bildes Platons.
Die Verlegung des höchsten sinnlichen Prinzips ins Innere des Menschen, in
die Welt der Gedanken, resultiert in einer Form von Wahrnehmung, die
derjenigen der Ideen sehr nahe kommt. Die Kombination von Sichtbarkeit
und Denken scheint das Tor zu den Ideen weiter zu öffnen, als es dem
abstrakten Begriff möglich ist.
Das sprachliche Bild funktioniert als mimetische Darstellung nicht auf der
Verstandesebene.
30
Pender, Elisabeth E.: Images of Persons Unseen. Plato’s Metaphor for the Gods ans the Soul, Sankt
Augustin: Academia, 2000, S. 44.
Platons Dialog Gorgias“, in: Heinrich, Richard (Hrsg.): Bilder der Philosophie, Wien/München:
Oldenbourg Verlag, 1991, S. 173.
Primärtext
Platon, Sämtliche Werke in der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, hrsg. v.
Otto, Walter F. und Grassi, Ernesto, Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, 1969 (1958),
Band III.
Sekundärtexte
Pender, Elisabeth E.: Images of Persons Unseen. Plato’s Metaphor for the
Gods ans the Soul, Sankt Augustin: Academia, 2000.
Tate, J.: „Imitation in Plato’s Republic“, in: Classical Quaterly, 22, 1928, S.
16-23.