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41
DER BETRIEB Live
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Herausgeber Betriebswirtschaft
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Ballwieser Ulrich Bantleon/Jens Siebert
Prof. Dr. Johanna Hey Zweiterwerb von Inhaberschuldverschreibungen über pari durch
Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff Kreditinstitute 2365
Friedrich Merz
Steuerrecht
Cornelius Link
Die Lizenzschranke – Legitime Reaktion des Gesetzgebers auf
schädliche Präferenzregime 2372
Magazin
Martin Wulf
Gastkommentar Steuerstrafrechtliche Tatentdeckung durch ausländische
Korruptionsermittlungen? 2377
Lars Christian Möller
Gesetzlicher Mindestlohn: Drei Keine nachträglichen Anschaffungskosten gem. § 17 EStG nach
Jahre und schon ziemlich weise Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG (F. Werth) 2383
Arbeitsrecht
Volker Matthießen
Die Kontrolle der Ermessensentscheidung nach § 16 BetrAVG im Konzern 2417
Existenz eines Anspruchs auf Teilurlaubstage bleibt ungeklärt (T. Isenhardt) 2423
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geht nur mit der Eule
Gewinnermittlung
Keine nachträglichen Anschaffungskosten gem. § 17 EStG
nach Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das
MAGAZIN
MAGAZIN MoMiG
RiBFH Prof. Dr. Franceska Werth, München
Gastkommentar
Gastkommentar M4
Mxx DB1251869 S. 2383
xxxxxxx
Lars Christian Möller
Aktuelle
Aktuelle Rechtsprechung
Rechtsprechung M6
Mxx VERWALTUNGSANWEISUNGEN
Meldungen
Anhängige Verfahren M8
Mxx Gewinnermittlung/Körperschaftsteuer
Behandlung von nach ausländischem Recht gegründeten
Kurzbeiträge
Kurzbeiträge M10
Mxx grundstücksverwaltenden Körperschaften und von ver
mögensverwaltenden gewerblich geprägten PersGes.
Interview
Meldungen M17
Mxx mit ausländischen Gesellschaftern ab dem Vz. 2009
xxxxxxxxxxx OFD NRW, Verfügung vom 05.09.2017
Handelsblatt Nachrichten M24 DB1250201 S. 2384
Standpunkte Mxx
xxxxx
Neue Datenbankinhalte M25 Einkommensteuer
xxxxx Abzugsverbot § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG
Standpunkte M26 OFD NRW, Kurzinformation ESt vom 06.09.2017
Stefan Greil/Dirk Schilling DB1251098 S. 2388
Christian M. Scholz/Hanjo Köhler
Internationales Steuerrecht
Handelsblatt Gastkommentar M30 Anwendung des § 1 AStG auf Fälle von Teilwert
abschreibungen und anderen Wertminderungen auf
Worte der Woche M32 Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen
OFD NRW, Verfügung vom 01.08.2017
DB1250897 S. 2388
BETRIEBSWIRTSCHAFT
ENTSCHEIDUNGEN
AUFSATZ
Gewinnermittlung
Handelsbilanzrecht/Rechnungslegung Verklammerung der Teilakte einer Fondsgesellschaft
Zweiterwerb von Inhaberschuldverschreibungen über zu einer einheitlichen Tätigkeit – Zuordnung des Ver
pari durch Kreditinstitute kaufs des Anlagevermögens bei Betriebseinstellung
WP/StB Prof. Ulrich Bantleon, Offenburg / StB Prof. Dr. Jens BFH, Urteil vom 08.06.2017 – IV R 6/14
Siebert, Villingen-Schwenningen DB1250008 S. 2389
DB1245600 (Kurzfassung vgl. S. M10) S. 2365
Körperschaftsteuer
Haftung der Organgesellschaft bei mehrstufiger Organ
STEUERRECHT schaft
BFH, Urteil vom 31.05.2017 – I R 54/15
AUFSATZ DB1252256 S. 2392
Steuerstrafrecht Umsatzsteuer
Steuerstrafrechtliche Tatentdeckung durch Zur Steuerbefreiung der Verwaltung von Unterstüt
ausländische Korruptionsermittlungen? zungskassen
RA Dr. Martin Wulf, Berlin BFH, Urteil vom 26.07.2017 – XI R 22/15
DB1247839 (Kurzfassung vgl. S. M13) S. 2377 DB1250015 S. 2395
Steuerberaterrecht KOMPAKT
Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung
des steuerlichen Beraters in den Jahren 2015-2017 Urlaubsrecht
(Teil 1) Existenz eines Anspruchs auf Teilurlaubstage
Richter am BGH a. D. Dr. Detlev Fischer, Karlsruhe bleibt höchstrichterlich ungeklärt
DB1251534 (Kurzfassung vgl. S. M14) S. 2401 RA/FAArbR Dr. Tilman Isenhardt, Köln
DB1249839 S. 2423
KOMPAKT Wettbewerbsverbot
Unbeabsichtigter Rücktritt vom nachvertraglichen
Unternehmensbewertung Wettbewerbsverbot
Squeeze-Out: Zur Bestimmung der angemessenen RA/FAArbR Dr. Stephan Vielmeier, Hamburg
Barabfindung unter Berücksichtigung des Börsen DB1237546 S. 2424
kurses
Dr. Frederik Ruthardt, Stuttgart Befristungsrecht
DB1251993 S. 2405 Bestätigung der Grundsätze zur
Abordnungsvertretung
RA Dr. Philipp Winter, LL.B., Berlin
ENTSCHEIDUNGEN DB1249270 S. 2425
ENTSCHEIDUNGEN
Insolvenzrecht
Vorsatzanfechtung: Zur mitwirkenden Rechtshand Verfahrensrecht
lung des Schuldners bei Vollstreckung eines Gläubi Zeugnisverweigerungsrecht bei unmittelbarer
gers aus einem Anerkenntnisurteil K ausalität zwischen Aussage und vermögens
BGH, Urteil vom 14.09.2017 – IX ZR 108/16 rechtlichem Schaden
DB1252267 S. 2411 BAG, Beschluss vom 02.08.2017 – 9 AZB 39/17
DB1250848 S. 2428
»DB1251383
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor fast drei Jahren bedeutete für das
Arbeitsrecht eine Zäsur. Das als Grundlage dienende Mindestlohngesetz (MiLoG)
geriet, zumal mit Blick auf den mit ihm verbundenen Eingriff in die Privatautonomie und
viele absehbare Fragen, erstaunlich kurz. Was haben Rechtsprechung und Praxis bis
heute daraus gemacht?
GASTKOMMENTAR
ihr geheißen: Sie füllt das
M indestlohngesetz mit Inhalt.“
ausgeblieben wie Entscheidungen über die Unionsrechts- MiLoG stellt, ist der Praxis daher zur Vorsicht bei der Ver-
oder Verfassungskonformität des MiLoG. Mit Wirkung zum tragsgestaltung zu raten. Auch wenn das LAG Nürnberg am
01.01.2017 hat die Mindestlohnkommission dann die erste 09.05.2017 (7 Sa 560/16) entschied, dass es einer solchen Her-
Erhöhung des Mindestlohns auf 8,84 € brutto auf den Weg ausnahme von Ansprüchen nach dem MiLoG nicht bedürfe,
gebracht. Ob es dagegen je zu der nach dem Gesetzeswort- bleibt letztlich eine Entscheidung des BAG abzuwarten.
laut möglichen Senkung kommt (gefordert wird in § 9 Abs. 1 Am 28.09.2016 (5 AZR 220/16) bestätigte das BAG, dass
MiLoG nur eine „Anpassung der Höhe“ und keine „Erhöhung“), Sonderzahlungen (wie z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld)
ist fraglich. auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar seien, wenn sie
Gegenleistung für erbrachte Arbeit wären und dem Arbeit-
Wie sich das BAG bislang positioniert hat nehmer dauerhaft verblieben. Vorsicht ist allerdings geboten
Nachdem das MiLoG Kernfragen (z.B. Für welche Tätigkeiten bei Frage des Auszahlungszeitpunkts: Dem BAG zufolge
muss der Mindestlohn bezahlt werden? Mit welchen Zah- sollen zwar auch Zahlungen, die später als bis zum Ende des
lungen kann der Mindestlohnanspruch erfüllt werden?) mit Folgemonats geleistet werden, Erfüllungswirkung haben. Eine
dröhnendem Schweigen beantwortet, war die erste Entschei- solche verspätete Zahlung würde indes ein Bußgeld gem. § 21
dung des BAG nur eine Frage der Zeit. Mittlerweile gibt es vier Nr. 9 MiLoG auslösen, so dass nur monatliche Sonderzahlun-
– streng genommen fünf – Urteile des höchsten deutschen gen „bußgeldfreie“ Erfüllungswirkung haben.
Arbeitsgerichts, die insoweit Beachtung verdienen:
Grundlegend, quasi ein wahrer „Fundus an Erkenntnis- Die jüngste Entscheidung des BAG
sen“, ist die Entscheidung des 5. Senats vom 25.05.2016 (5 AZR Jüngst entschied das BAG, dass sich die Höhe der Entgelt-
135/16). Das BAG stellt darin zunächst klar, dass sich alle fortzahlung an Feiertagen gem. § 2 Abs. 1 EFZG nach dem
Arbeitnehmer, auch solche mit höherem Lohn, auf das Min- gesetzlichen Mindestlohn richte und überdies tarif liche
destlohngesetz als Anspruchsgrundlage berufen könnten. Nachta rbeitszuschläge sowie ein tarifliches Urlaubsentgelt
Der Anspruch nach dem MiLoG entstehe für jede tatsächlich auf dessen Grundlage zu berechnen wären. Außerdem könne
geleistete Arbeitsstunde, also z.B. nicht bei Krankheit oder Urlaubsgeld nicht auf den Mindestlohnanspruch angerechnet
Urlaub, und müsse bezogen auf den Kalendermonat erfüllt werden. Auch bei der Bewertung dieser Entscheidung vom
werden. Erfüllung träte daher ein, wenn alle tatsächlich pro 20.09.2017 (10 AZR 171/16) ist Vorsicht geboten, denn Urlaubs-
Kalendermonat geleisteten Arbeitsstunden mindestens mit geld ist nicht gleich Urlaubsgeld. Eine Anrechnung wird nur
dem Mindestlohn vergütet würden. Zur Anrechenbarkeit von dann ausscheiden, wenn es sich dabei nicht um eine Gegen-
Leistungen vertritt das BAG einen umfassenden Entgeltbe- leistung für erbrachte Arbeit handelt. In der Praxis ist also
griff, d.h. alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des stets genau zu prüfen, was für eine Leistung sich hinter dem
Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer dauerhaft verbleiben, als solchen bezeichneten „Urlaubsgeld“ verbirgt. Und auch der
erfüllen den Mindestlohnanspruch, außer, sie werden ohne Satz „Zuschläge berechnen sich auf der Basis des Mindestlohns“
Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht oder gilt längst nicht in jedem Fall. Bei nicht gesetzlich vorgeschrie-
beruhen auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestim- benen Zuschlägen ist es vielmehr möglich, eine Berechnung
mung (als Lehrbuchfall hat sich der Nachtarbeitszuschlag auf der Basis eines niedrigeren vertraglichen Stundenlohns zu
gem. § 6 Abs. 5 ArbZG etabliert). vereinbaren. Dies hat das BAG bereits in seiner Grundsatzent-
Es folgte eine Entscheidung des 5. Senats vom 29.06.2016 scheidung vom 25.05.2016 (a.a.O.) klargestellt.
(5 AZR 716/15), in der dieser klarstellt, dass auch „Bereit-
schaftszeit“ mit dem Mindestlohn zu vergüten sei, denn das Fazit und Ausblick
Mindestlohngesetz differenziere nicht nach dem Grad der Die Rechtsprechung tut wie ihr geheißen: Sie füllt das MiLoG
tatsächlichen Inanspruchnahme. Voraussetzung sei, was nach und nach mit Inhalt. Grundlegende Fragen sind zwi-
in jedem Einzelfall zu prüfen ist, dass „vergütungspflichtige schenzeitlich geklärt. Die damit verbundene Rechtssicherheit
Arbeitszeit“ vorliege. ist erfreulich. Weitere Entscheidungen, insbesondere zur
Dagegen betrifft das Urteil des BAG vom 24.08.2016 (5 mindestlohnfesten Gestaltung von Ausschlussfristen, bleiben
AZR 703/15) nur mittelbar das MiLoG. Dort ging es darum, abzuwarten. Gleiches gilt für das Ergebnis der gem. § 23 MiLoG
ob Mindestentgelte nach der PflegeArbbV explizit von einer für das Jahr 2020 vorgeschriebenen Evaluation des MiLoG,
arbeitsvertraglichen Verfallklausel ausgenommen werden die womöglich eine neue Koalition ohne Beteiligung der SPD
müssen, damit diese nicht unwirksam ist. Weil das BAG dies durchführen muss. Das Thema Mindestlohn bleibt also (min-
bejahte und sich die gleiche Frage für Ansprüche aus dem destens) spannend.
BVerfG 29.09.2017 1 BvR 1440/17 Erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten – Aufrechnung von
Steuererstattungsansprüchen
– Verfassungsbeschwerde –
Vorgehend: BFH, Beschluss vom 08.03.2017 (VII R 13/15), RS1241311
EuGH 25.09.2017 Rs. C-548/17 Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 21.06.2017, eingereicht am
21.09.2017, zu folgenden Fragen:
1. Ist Art. 63 MwStSystRL unter Berücksichtigung der dem Stpfl. zukom-
menden Aufgabe als Steuereinnehmer für den Fiskus einschränkend
dahingehend auszulegen, dass der für die Leistung zu vereinnahmende
Betrag
a) fällig ist oder
b) zumindest unbedingt geschuldet wird?
2. Bei Verneinung der ersten Frage: Ist der Stpfl. verpflichtet, die für die
Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vor
zufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst
zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestands erhalten kann?
3. Bei Bejahung der zweiten Frage: Sind die Mitgliedstaaten unter Berück-
sichtigung der ihnen nach Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL zustehenden
Befugnisse berechtigt, bereits für den Besteuerungszeitraum der Steuer
entstehung von einer Berichtigung nach Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL
auszugehen, wenn der Stpfl. den zu vereinnahmenden Betrag mangels
Fälligkeit erst zwei Jahre nach Eintritt des Steuertatbestands verein
nahmen kann?
Vorgehend: Vorgehend: BFH, Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 21.06.2017
(V R 51/16), DB 2017 S. 2270; vgl. dazu Jacobs, Blog, DB1251456
BFH 20.09.2017 IV R 7/17 Sind bei einer GmbH & atypisch Still Forderungsverluste des stillen Gesell-
schafters gegen die GmbH bereits im Zeitpunkt der Veräußerung sämt-
lichen Anlagevermögens der GmbH und der Einstellung ihres Geschäfts-
betriebs realisiert, wenn mit einer Auskehrung von Vermögen an den
Forderungsi nhaber im Rahmen der Liquidation nicht mehr zu rechnen ist,
oder kommt es – infolge der Gleichstellung mit anderen Mitunternehmer-
schaften – auf den Zeitpunkt der Betriebseinstellung der atypisch stillen
Gesellschaft an?
– Zulassung durch FG –
Rechtsmittelführer: Steuerpflichtiger
Vorgehend: FG Niedersachsen, Entscheidung vom vom 22.03.2017 (9 K 92/15),
RS1244106; vgl. dazu Kreft, StR kompakt, DB1244192
BFH 20.09.2017 X R 8/17 Ist nach Einführung des § 10 Abs. 4b EStG durch das Steuerverein
fachungsgesetz 2011 bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkom-
mens der Verlustabzug gem. § 10d Abs. 2 EStG auch dann von dem um
den Erstattungsüberhang aus KiSt nicht erhöhten Gesamtbetrag der
Einkünfte vorzunehmen, wenn sich die erstatteten KiSt-Zahlungen in den
betreffenden Jahren als Sonderausgaben nicht steuermindernd ausgewirkt
haben?
– Zulassung durch FG –
Rechtsmittelführer: Steuerpflichtiger
Vorgehend: FG Baden-Württemberg, Entscheidung vom 02.02.2017 (3 K 834/15)
Themenauszug Referenten
· Innovation und Wachstum: Pflichten und › Prof. Dr. Dr. Manuel René Theisen
Herausforderungen für den Aufsichtsrat LMU München, Geschäftsführender Herausgeber
„Der Aufsichtsrat“, Tagungsleiter
· Corporate Compliance:
Die neue Verantwortung des Aufsichtsrats › Dr. Christine Hohmann-Dennhardt
Ehemaliges Vorstandsmitglied der
· Corporate Social Responsibility: Daimler AG und der Volkswagen AG,
Die neue CSR-Richtlinie und Auswirkungen Bundesverfassungsrichterin a.D.
auf die Überwachungstätigkeit › Georg F. Thoma
· Der gläserne Aufsichtsrat: Transparenz und Of Counsel, Shearman & Sterling LLP, Ehemaliges
Mitglied des Aufsichtsrats Deutsche Bank AG
neue Verhaltens-Kodizes für Aufsichtsräte
› Simone Menne
· Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand:
Mitglied der Unternehmensleitung / CFO,
Bemessung, Transparenz und rechtliche Boehringer Ingelheim, Mitglied im Aufsichtsrat
Aspekte BMW, Deutsche Post DHL
u.v.m. u.v.m.
I
n der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen zur andere Forderungen beschränkt. Deutschland hat von seinem
Zugangsbewertung für den Fall des Über-Pari-Erwerbs Wahlrecht für eine planmäßige Abschreibung des Unter-
börsenfähiger festverzinslicher Inhaberschuldverschrei- schiedsbetrags zwischen den Anschaffungskosten und dem
bungen vertreten. Auch die Bilanzierungspraxis der Banken ist Rückzahlungsbetrag einer Schuldverschreibung weder durch
hier nicht einheitlich. Nach h.M. wird die Schuldverschreibung § 340 e HGB noch einer anderen Regelung Gebrauch gemacht.
mit den vollen Anschaffungskosten aktiviert. Bei voraussicht- So stellt sich die Frage, ob in Deutschland die Nominalwert-
lich dauernder Wertminderung wird der Unterschiedsbetrag bilanzierung der Bankbilanzrichtlinie umgesetzt wurde.
anteilig abgeschrieben. Nach einer anderen Ansicht wird die Ansatzpunkt für einen aufwandswirksamen Anschaffungs-
Inhaberschuldverschreibung mit den Nominalwert aktiviert vorgang bietet der Wortlaut des § 253 Abs. 1 Satz HGB mit
und für das Aufgeld ein aktiver RAP gebildet, der über die dem Wort „höchstens“. Im Sinne einer richtlinienkonformen
Restlaufzeit aufgelöst wird. Schließlich wird die Meinung ver- Auslegung werden über pari erworbene Inhaberschuldver-
treten, den Unterschiedsbetrag zwischen Anschaffungskosten schreibungen zum Nominalwert bilanziert und der Unter-
und Nominalwert im Jahr der Anschaffung als Aufwand zu schiedsbetrag als Aufwand behandelt.
behandeln. Diese unterschiedlichen Ansichten in Theorie und
Praxis gilt es zu untersuchen.
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Digitalisierungsstrategien für Steuerabteilunngen: Prof. Dr. Walter Brenner,
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IT-Tax-Revolution: Datenmanagement, Institut für Wirtschaftsinformatik,
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bedingungen für interne Kon ntrollsysteme (IKS) Leiter Konzernsteuerabteilung, Siemens AG
Tax Compliance Management und Tax Technology: Franz Hruschka, Leitender Regierungsdirektor,
Neue Herausforderungen fürr das Steuerrecht Finanzamt München
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Steuerrecht | Kurz gefasst » DBL1251812
KURZBEITRAG
I
mmaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente oder Lizenzen Steuerwettbewerb gleich und würde die Vorbehalte gegen-
lassen sich leicht auf andere Rechtsträger bzw. über Staats- über der Aufgabe nationaler Besteuerungsrechte zugunsten
grenzen hinweg übertragen. Das hat in der Vergangenheit sekundärrechtlicher Vorgaben bestärken. Auch habe der
den internationalen Steuerwettbewerb angeheizt und bewirkt, Gesetzgeber weder die Grundfreiheiten der Unternehmen in
dass viele Staaten sogenannte Präferenzregelungen geschaffen ungerechtfertigter Weise beschnitten noch gegen den Gleich-
haben, die multinationale Konzerne zur Gewinnverlagerung heits- bzw. Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen.
nutzen konnten. Die Mitgliedstaaten von OECD und G20
haben solche Präferenzregime inzwischen als schädlich
eingestuft, wenn deren Anwendung nicht wenigstens an ein
Mindestmaß tatsächlicher Geschäftstätigkeit geknüpft ist. FAZIT
Legitimer Eingriff
Insbesondere den Kritikpunkt, jeder Mitgliedstaat müsse
akzeptieren, dass andere Staaten ihre Steuersätze – auch qua
Präferenzregelung – nach eigenem Ermessen festlegen dürfen,
hält er für nicht (mehr) haltbar. Das Unionsrecht sei nicht als
Foto: istock/ TheaDesign
KURZBEITRAG
Korruptionshandlungen: Ein
Musterfall im Steuerstrafrecht
Zusammenfassung des Aufsatzes „Steuerstrafrechtliche Tatentdeckung durch ausländische Korruptions
ermittlungen?“ von Wulf (DB1247839) auf S. 2377
Im Mai hat der BGH mit der „Panzerhaubitzen“Entscheidung über einen Sachverhalt
entschieden, der Stoff für eine Vielzahl steuerstrafrechtlicher Probleme bietet. Es ging
um Bestechungsgelder im internationalen Geschäftsverkehr.
A
ngeklagt in dem Verfahren (1 StR 265/16, RS1243072) § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG sein muss, dass der Steuerpflichtige die
war der Prokurist (A) eines deutschen Rüstungsunter- strafbare Zuwendung veranlasst hat. Das bedeutet für Gesell-
nehmens. Er war in die Bemühungen zum Verkauf von schaften, dass die Korruptionshandlungen den vertretungs
Panzerhaubitzen an die griechische Regierung eingebunden. In berechtigten Personen oder Organen zuzurechnen sein müssen.
diesem Zusammenhang hatte er eine Provisionsrechnung (P1) Handeln einfache Mitarbeiter ohne Auftrag und Kenntnis der
einer anderen deutschen Gesellschaft (B-GbR) freigezeichnet Geschäftsführung, greift das Abzugsverbot nicht ein. A hatte
und an die Buchhaltung weitergegeben. Die B-GbR leitete die aber erst nach der Zahlung von der Bestechung erfahren.
Zahlung an den damaligen griechischen Verteidigungsminister
weiter, der zugesagt hatte, den Kauf wohlwollend zu prüfen. Eine War die Tat vor der „Selbstanzeige“ entdeckt?
zweite Provision (P2) floss an einen in Griechenland ansässigen Rechtlich problematisch war hier vor allem die objektive
Handelsvertreter. Dieser nutzte einen Teil des Geldes, um – ohne Komponente. Im Zeitpunkt der Nacherklärung verfügten nur
Absprache mit A – einen Rüstungsdirektor in Athen zu beste- die griechischen Behörden über Erkenntnisse zur Tat, sodass
chen. Einen anderen Teil überwies er an A auf dessen Schweizer es darauf ankam, welche Voraussetzungen an eine Tatent
Konto zurück. Wegen dieser „Kickbacks“ und den daraus resultie- deckung durch ausländische Behörden zu stellen sind. Der
renden Kapitaleinnahmen hatte A eine Selbstanzeige eingereicht, Autor meint, der BGH habe sich dabei nicht ausreichend mit
nachdem in Griechenland Korruptionsermittlungen eingeleitet der Frage beschäftigt, ob die griechischen Behörden zum Zeit-
worden waren. punkt der Nacherklärung bei vorläufiger Bewertung bereits
Der Autor setzt sich detailliert mit den Urteilsgründen ausein davon ausgingen, dass eine Verurteilung wegen Steuerhinter-
ander. Unter anderem thematisiert er folgende Rechtsprobleme: ziehung in Deutschland wahrscheinlich war. Auch musste die
Wahrscheinlichkeit bestehen, dass die Griechen die erlangte
Strafbarkeit wegen der Weiterleitung von P1 Information wirklich an die zuständigen deutschen Strafver-
Es stellte sich die Frage, ob und in welchem Umfang sich A folgungsbehörden weitergeben. Der BGH behalf sich bei dieser
durch die Weiterleitung der durch die B-GbR eingereichten Frage mit einem – vom Autor kritisierten – Kniff: Er stellte
Provisionsrechnung, die später zu einem unrechtmäßigen darauf ab, dass die gewonnenen Erkenntnisse allein deshalb
Betriebsausgabenabzug geführt hat, nach § 370 AO strafbar weitergeleitet worden wären, weil in der konkreten Situation
gemacht hat. Der BGH bejahte eine Beihilfe zur Steuerhinter- ein Rechtshilfeersuchen aus Deutschland sehr wahrscheinlich
ziehung, weil As Beitrag die Begehung der Haupttat gefördert war.
hat und er dabei – in seiner Rolle als leitender Mitarbeiter, der
als Diplomkaufmann über langjährige Berufserfahrung in
Unternehmen verfügt – in dem Bewusstsein handelte, dass
der tatbestandliche Erfolg eintreten wird. Die Ausführungen FAZIT
des Senats machen deutlich, dass auch für Mitarbeiter, die
nicht unmittelbar mit der Bearbeitung der Steuererklärung ■■ Der BGH trifft viele wichtige und richtige Aussagen
im Unternehmen befasst sind, steuerstrafrechtliche Risiken zur Reichweite von § 370 AO.
bei der Verbuchung nicht abzugsfähiger Ausgaben bestehen. ■■ Die Sperrwirkung einer „Tatentdeckung“ durch
ausländische Behörden wird in dem Urteil jedoch
Strafbarkeit wegen der Bestechung durch den Vertreter bejaht, obwohl nach vorangegangenen Entschei-
Laut BGH führte auch diese nicht mit A abgestimmte Beste- dungen anderer BGH-Senate Anlass bestanden
chung durch den eingeschalteten Agenten zu einem unrecht- hätte, eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung
mäßigen Betriebsausgabenabzug, zu dem A Beihilfe geleistet zu veranlassen.
hat. Aus Sicht des Autors übersieht der BGH dabei jedoch, dass
Auslöser für die Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen nach
Steuerberaterhaftung: Aktuelle
Urteile im Überblick
Zusammenfassung des Aufsatzes „Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung des steuerlichen Be
raters in den Jahren 2015-2017 (Teil 1)“ von Fischer (DB1251534) auf S. 2401
Wie hat sich der IX. Zivilsenat des BGH in der jüngeren Vergangenheit zur Haftung des
Steuerberaters geäußert? Eine komprimierte Darstellung der maßgeblichen Entschei
dungen in der Zeit von Oktober 2015 bis August 2017.
I
n seinem Update zur Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund
BGH zur Steuerberaterhaftung legt der Autor einen ersten offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche
Schwerpunkt auf den Umfang der Pflichten, die Steuerberatern Insolvenzreife dem Mandanten nicht bewusst ist. Ohne einen
aus dem Mandatsverhältnis erwachsen. Maßgeblich dafür ist entsprechenden Auftrag müsse der StB aber nicht nach Insol-
der Auftrag, den der Mandant ausdrücklich oder den Umstän- venzgründen forschen. Ihn treffe keine Untersuchungspflicht
den nach erteilt. Aus ihm kann sich auch ergeben, dass bei hinsichtlich der Wirtschaftslage des Unternehmens.
einer Gestaltung die Interessen eines Dritten Gegenstand der
Beratungsleistung sind. Ebenfalls auf Basis des Auftrags ist zu
beurteilen, in welchem Umfang der Steuerberater Angaben seines
Mandanten bzw. die Unterlagen prüfen muss, die dieser ihm FAZIT
zum Erstellen des Jahresabschlusses vorlegt. Denkbar ist eine
Erstellung ohne Prüfung, ein bloßer Plausibilitätscheck oder eine ■■ Die verdichtete Darstellung der BGH-Rspr. ergibt
umfassende Beurteilung. Darlegungs- und beweispflichtig für den Leitlinien für die pflichtgemäße Mandatsarbeit.
Inhalt des Auftrags ist der Mandant. ■■ Das Pflichtenheft des Beraters bestimmt sich nach
dem Mandat, wobei sich die Rspr. bzgl. der Anfor-
Prüfungsmaßstab zur Belehrung von Mandanten derungen bei der Erstellung von Jahresabschlüssen
In den durch seinen Auftrag gezogenen Grenzen hat der Steu- und der Warn- und Hinweispflichten bei möglicher
erberater Mandanten ungefragt über die bei der Bearbeitung Insolvenzreife der Gesellschaft geändert hat.
auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren. ■■ Die Grundsätze zur konsolidierten Schadensbe-
Den dabei anzulegenden Prüfungsmaßstab hat der BGH rechnung hat der BGH weiter präzisiert: sind bei
2016 präzisiert: Der Berater hat sich bei der Auslegung ein- einer Gestaltungsberatung die Berücksichtigung
schlägiger Rechtsnormen grundsätzlich an der höchstrichter- der Interessen eines Dritten zum Gegenstand der
lichen Rechtsprechung zu orientieren. Fehlt solche Judikatur, Beratungsleistung gemacht worden, ist die Scha-
kann er die erforderlichen Kenntnisse etwa durch die Lektüre densberechnung auch unter Einbeziehung dieser
von Fachliteratur erwerben. Ungewöhnliche Gestaltungen, die Drittinteressen vorzunehmen.
weder Eingang in die Rechtsprechung noch in die Literatur
gefunden haben, hat er auf der Grundlage eigener, steuerrecht-
lich begründeter Überlegungen zu bearbeiten. Entscheidet er
sich auf dieser Grundlage für eine von mehreren vertretbaren
Lösungen, handelt er nicht schuldhaft.
KURZBEITRAG
Berechnungsdurchgriff bei der
Betriebsrentenanpassung
Zusammenfassung des Aufsatzes „Die Kontrolle der Ermessensentscheidung nach § 16 BetrAVG im
Konzern“ von Matthießen (DB1249260) auf S. 2417
Welche Rolle spielt die Wirtschaftslage des Konzerns, wenn eine Tochtergesellschaft über
die Anpassung oder Nichtanpassung der Betriebsrenten entscheiden muss? Die Rechtspre
chung hierzu entwickelt sich konstant – leider nicht immer zum Besseren.
N
ach § 16 BetrAVG sind Arbeitgeber verpflichtet, alle drei ressen der Betriebsrentner. Denn während Arbeitgeber bei Beste-
Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der hen eines Beherrschungsvertrags und guter Wirtschaftslage der
betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber Konzernmutter eine Anpassung nur schwer verweigern können,
nach billigem Ermessen zu entscheiden. Zu berücksichtigen tun Betriebsrentner sich im Vertragskonzern sehr schwer, einen
sind dabei einerseits die Belange des Versorgungsempfängers Anpassungsanspruch durchzusetzen, wenn die ökonomische
und andererseits die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Umstritten Situation des ehemaligen Vertragsarbeitgebers schlecht ist.
ist, wann bei konzernabhängigen Unternehmen auch die
Wirtschaftslage der Konzernobergesellschaft in die Ermes-
sensentscheidung einfließen muss. Der Beitrag widmet sich
dieser Frage und unterzieht die Rechtsprechung des BAG einer FAZIT
kritischen Überprüfung.
■■ Bei der Berufung auf eine schlechte Wirtschaftslage
Keine Erhöhung um jeden Preis geht es allein darum, ob dem Versorgungsschuldner
Schon bevor das BetrAVG die Anpassungsprüfungspflicht im eine ausreichende Eigenkapitalverzinsung verbleibt,
dreijährigen Turnus vorschrieb, nahmen BAG und BGH Unter- sodass seine Wettbewerbsfähigkeit nicht leidet.
nehmen nach Treu und Glauben in die Pflicht. Sie verlangten, ■■ Es wäre wünschenswert, den Abwägungsdurchgriff
unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Pensionär über die auf die Konzernmutter nicht nur bei Bestehen eines
Anpassung der Betriebsrente zu verhandeln und dabei dessen Beherrschungsvertrags, sondern auch im Vertrags-
Wunsch nach Erhalt des Lebensstandards ebenso zu berück- konzern zuzulassen. Mit Blick auf die Darlegungs-
sichtigen wie die eigene Wirtschaftslage. Hieraus hat sich der und Beweislast bedürfte es dann einer Differenzierung
bis heute geltende Rechtssatz entwickelt, dass die Anpassung je nach Gesellschaftsform der Untergesellschaft.
der Betriebsrente ganz oder teilweise unterbleiben kann, wenn ■■ In die Interessenabwägung einfließen müsste zudem
und soweit sie eine übermäßige Belastung des Unternehmens die Frage, wie die betroffene Gesellschaft die Lasten
verursachen würde. Das ist auch deshalb bedeutsam, weil die der Anpassung gegenüber anderen Konzernunterneh-
Vorgaben des § 16 BetrAVG grundsätzlich unabhängig von der men oder der Konzernmutter durchsetzen kann.
Einbindung des Arbeitgebers in einen Konzern sind und sich
somit die Frage stellt, wann ein Durchgriffs auf die Wirtschafts-
lage der Konzernmutter erlaubt oder gar geboten ist.
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Handelsbilanzrecht/Rechnungslegung »DB1245600
WP/StB Prof. Ulrich Bantleon, Offenburg / StB Prof. Dr. Jens Siebert, Villingen-Schwenningen
schuldverschreibung trotz ihrer Verbriefung wirtschaftlich lend“ geregelt.22 Eine generelle Regelung einer wirtschaftlichen
betrachtet eine Kapitalüberlassung des Inhabers der Schuld Betrachtungsweise lässt sich dem aber nicht entnehmen.23
verschreibung an den Emittenten.9 Die entgeltliche Kapital Die EU hat durch Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie
überlassung ist nach der BFH-Rspr. ein schwebendes Geschäft. 2013/34/EU24 ausdrücklich eine generelle Berücksichtigung
Der Zinsanspruch wird nur zeitanteilig bis zum jeweiligen des wirtschaftlichen Gehalts für die Bilanz und die GuV gere
Bilanzstichtag aktiviert und wird erst dann zu einem eigen gelt, allerdings bezogen auf den jeweiligen Geschäftsvorfall.
ständigen Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut). An den Davon kann der nationale Gesetzgeber gem. Art. 6 Abs. 3 der
Zwischenerwerber gezahlte Stückzinsen (Zwischenzinsen) Richtlinie 2013/34/EU abweichen, wovon der Gesetzgeber des
führen zwar zu einem eigenständigen Vermögensgegenstand, BilRUG25 allerdings keinen Gebrauch machen wollte.26
der aber in dem regulär entstandenen Zinsanspruch gegen Aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2013/34/EU lässt sich
den Emittenten später aufgeht.10 Das bedeutet, dass das Kre aber keine Bestätigung der umfassenden wirtschaftlichen
ditinstitut nach dem Erwerb der Schuldverschreibung keine Betrachtung i.S. von Moxter ableiten, 27 da in der Richtlinie
zukünftigen Zinsansprüche aktiviert. explizit auf den einzelnen Geschäftsvorfall und eben nicht auf
Im Hinblick auf den Ausgangspunkt muss geklärt werden, ob die Rechtsnorm abgestellt wird. Allerdings ist hinreichend klar,
und welche Rolle die wirtschaftliche Betrachtungsweise im dass die Ausgestaltung der zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse
Handelsbilanzrecht spielt. Zunächst lohnt sich jedoch noch mit ihren mannigfaltigen Gestaltungsmöglichkeiten weder die
ein kurzer Blick auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise Handelsbilanz noch die GuV beeinflussen darf.28 Insoweit lässt
im Steuerrecht. Dort ist die wirtschaftliche Betrachtungs sich von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sprechen.
weise nicht gänzlich unumstritten11 und hat eine wechselvolle In der Gesetzesbegründung29 des BilRUG wird davon ausgegan
Geschichte erlebt. Diese ist durch Überschwang, aber auch gen, dass diese wirtschaftliche Betrachtungsweise in Deutsch
durch ein Zurückdrängen zugunsten einer zivilrechtlichen land bereits unter Berücksichtigung der GoB umgesetzt ist. 30
Sichtweise geprägt.12 Eine konkrete Norm im HGB wird jedoch nicht angegeben. Sys
U.E. ist die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Handels tematisch sind die GoB gem. § 238 Abs. 1 Satz 1, § 243 Abs. 1 HGB
bilanzrecht weniger umstritten als im Steuerrecht, wobei es dafür der passende Ort, da auf die Buchführung und damit auf
allerdings auch deutliche methodische Unterschiede gibt. Geschäftsvorfälle Bezug genommen wird. Diese wirtschaftliche
Moxter vertritt die wirtschaftliche Betrachtungsweise als teleo Betrachtungsweise steht damit jedoch auch unter dem Vorbehalt
logische Auslegung aller Handelsbilanznormen und beruft sich anderer GoB. Das widerspricht nicht dem Unionsrecht, da die
dafür auf die Struktur des Handelsbilanzrechts.13 Andere Auto Richtlinie 2013/34/EU eine solche Abweichung durch die Mit
ren sehen die wirtschaftliche Betrachtungsweise in § 246 Abs. 1 gliedstaaten gem. Art. 6 Abs. 3 ausdrücklich zulässt.
Satz 2 HGB verankert,14 andere hingegen in § 238 Abs. 1 HGB.15 Es kann hier ungeklärt bleiben, ob der von Beisse vertretenen
Eine ausschließlich teleologische Auslegung des Handelsbilanz Ansicht zu folgen ist, die Bilanzrichtlinien der EU hätten wegen
rechts i.S. einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise lässt sich u.E. ihres eingeschränkten Anwendungsbereichs keine Auswirkung
nicht begründen, weil sie die subjektiv-historische Auslegung16 auf die Vorschriften für alle Kaufleute.31 Das wiederum hängt mit
jeder einzelnen Norm unberücksichtigt lässt. Die subjektiv-histo der Frage zusammen, ob es rechtsform- oder branchenspezifische
rische Auslegung wird zutreffend als demokratische17 Auslegung GoB geben kann.32 Der nationale Gesetzgeber ist über den zwin
bezeichnet18 und spielt in der Rspr. des BVerfG (mittlerweile) eine gend erforderlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2013/34/
bedeutende Rolle.19 Dies wird auch als eine Rückbesinnung der EU hinausgegangen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise von
Rspr. eingeschätzt.20 Außerdem ist noch das höherrangige Unions Geschäftsvorfällen gilt somit insb. auch für Einzelkaufleute.
recht zu beachten (vgl. Abschn. V. und VII.). Zusammenfassend lässt sich aufgrund der oben skizzierten
Der Gesetzgeber des BilMoG21 hat in § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB die wirtschaftlichen Betrachtungsweise feststellen, dass die Inha
wirtschaftliche Zurechnung i.S. der bisherigen Praxis „klarstel berschuldverschreibung eine Kapitalüberlassung des Inhabers
an den Emittenten ist. Damit ist jedoch nicht entschieden, ob
9 Vgl. BFH vom 29.11.2006 – I R 46/05, BStBl. II 2009 S. 955 = DB 2007 S. 718; a.A. Plewka/Schim-
§ 340e Abs. 2 Satz 3 HGB auf Inhaberschuldverschreibungen
mele, DB 1998 S. 2494 (2496), Hahne, DB 2003 S. 1397; a.A. für das BewG BFH vom 15.07.1998
– II R 40/97, BStBl. II 1999 S. 337 = DB 1998 S. 2503. anzuwenden ist. Dies erfordert insb. eine Beschäftigung mit
10 Vgl. BFH vom 18.12.2002 – I R 11/02, DStR 2003 S. 499 = DB 2003 S. 694. der Gesetzgebungsgeschichte des § 340e Abs. 2 Satz 3 HGB, die
11 Vgl. z.B. Kruse, Steuerrecht, Bd. I, 1991, § 6 IV 2. e), m.w.N. nicht durch eine generelle teleologische Betrachtung des Han
12 Vgl. ausführlich Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 2. Aufl. 2012, S. 1630 ff., m.w.N. delsbilanzrechts i.S. einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise
13 Vgl. Moxter, StuW 1989 S. 232 ff.
ersetzt werden kann.
14 Vgl. Böcking/Gros, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB, 3. Aufl. 2014, § 243 Rn. 6;
Ballwieser, in: MüKo-HGB, 3. Aufl. 2013, § 246 HGB Rn. 9; Braun, in: Clausen/Scherrer (Hrsg.), 22 Vgl. RegE BilMoG, BT Drucks. 16/10067 S. 47.
Kölner Komm. z. Rechnungslegungsrecht, 2011, § 246 HGB Rn. 38. 23 Vgl. Naumann/Breker/Siebler/Weiser, in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann (Hrsg.),
15 Vgl. Körner, BB 1986 S. 1950 (1951); W. Müller, in: Mellwig/Moxter/Ordelheide (Hrsg.), Einzel Handbuch des Jahresabschlusses, April 2017, I/7 Rn. 87; möglicherweise a.A. Kußmaul/Gräbe,
abschluß und Konzernabschluß, Beiträge zum neuen Bilanzrecht, 1988, S. 23; wohl auch Kuß- a.a.O. (Fn. 15), S. 384.
maul/Gräbe, in: Petersen/Zwirner (Hrsg.), BilMoG, 2009, S. 384. 24 ABlEU 2013, Nr. L 182 S. 19.
16 Vgl. weiterführend Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 8. Aufl. 2015, Rn. 778 ff. 25 BGBl. I 2015 S. 1245.
17 Aus diesem Grund auch differenzierend nach dem demokratischen Gehalt Waldhoff, in: Fleischer 26 Vgl. RegE BilMoG, BT Drucks. 16/10067 S. 47.
(Hrsg.), Mysterium „Gesetzesmaterialien“, 2012, S. 86 f. 27 A.A. Arbeitskreis Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft, NZG 2014 S. 892 (894).
18 Vgl. Hillgruber, in: Maunz/Düring (Hrsg.), GG, September 2016, Art. 97 Rn. 57; ausführlich Rüthers/ 28 Vgl. Hennrichs, WPg 2015 S. 315 (319).
Fischer/Birk, a.a.O. (Fn. 16), Rn. 730c, 778 ff.; dem Grunde nach auch Tipke, a.a.O. (Fn. 12), S. 1602 f. 29 Vgl. BVerfG vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11, DStR 2017 S. 1094; BGH vom 16.09.2016 – VGS 1/16,
19 Vgl. BVerfG vom 31.10.2016 – 1 BvR 871/13, 1 BvR 1833/13, NVwZ 2017 S. 617 und 25.01.2011 r+s 2017 S. 101; BFH vom 28.11.2016 – GrS 1/15, DStR 2017 S. 305; ablehnend Hohmann, StuW
– 1 BvR 918/10, NJW 2011 S. 842, beide m.w.N; ausführlich zur Entwicklung der Rspr. Fleischer, 2017 S. 177 ff., m.w.N.
in: Fleischer (Hrsg.), Mysterium „Gesetzesmaterialien“, 2012, S. 11 ff. 30 Vgl. RegE BilRUG, BT-Drucks. 18/4050 S. 44; skeptisch Lüdenbach/Freiberg, BB 2014 S. 2219 (2225).
20 Vgl. Drüen, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), AO/FGO, April 2017, § 4 AO Rn. 294. 31 Vgl. Beisse, BB 1999 S. 2181 (2184).
21 BGBl. I 2009 S. 1102. 32 Vgl. Ballwieser, a.a.O. (Fn. 14), § 243 HGB Rn. 72 ff., m.w.N.
IV. Einführung in die Bankbilanzrichtlinie sischen46 Sprachfassungen ergibt sich nur der – wenn auch sehr
An einer Bankbilanzrichtlinie der damaligen EG wurde seit bedeutsame – Grundsatz: Der positive Unterschiedsbetrag
den 1970er Jahren gearbeitet. Erst nach langwierigen Arbei zwischen den Anschaffungskosten und dem Rückzahlungs
ten33 konnte sie am 31.12.198634 veröffentlicht werden. Sie ist im betrag einer Schuldverschreibung ist als Aufwand in der
Kontext der Einrahmung durch die Vierte Richtlinie über den GuV zu verbuchen (Bilanzierung zum Nominalwert). Diesen
Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen Grundsatz kann der nationale Gesetzgeber für Kreditinstitute
(RL 78/660/EWG)35 und der Siebenten Richtlinie über den konso (auch) durch einen aufwandswirksamen Anschaffungsvor
lidierten Abschluss (RL 83/349/EWG)36 einzuordnen. Trotz der gang umsetzen (Zugangsbewertung).
Regelung als selbstständige Richtlinie sollte kein unabhängiges Eine Abschreibung des Unterschiedsbetrags ist gem. Art. 35
Normenwerk von der Vierten bzw. der Siebenten Richtlinie Abs. 3 Buchst. b Satz 2 der Bankbilanzrichtlinie nur bei Ausübung
geschaffen werden, da „die Kreditinstitute nicht außerhalb des des Mitgliedstaatenwahlrechts geregelt. Danach dürfen die Mit
für alle Unternehmen konzipierten Normenwerks stehen“37 kön gliedstaaten als Ausnahme regeln, dass der Unterschiedsbetrag
nen. Vielmehr sollten nur branchenbedingte Abweichungen von zeitanteilig bis zur Rückzahlung abgeschrieben wird oder den
der Vierten und Siebenten Richtlinie geregelt werden.38 Kreditinstituten – wie in Österreich erfolgt – ein entsprechen
In den Erwägungsgründen der Bankbilanzrichtlinie ist ausge des Wahlrecht gewähren. Gem. Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 3
führt, dass eine bessere Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse der Bankbilanzrichtlinie muss der Mitgliedstaat im Fall der
gewährleistet werden soll.39 Die Erwägungsgründe sind Teil des Gewährung des Wahlrechtes weiterhin regeln, dass der Unter
Rechtsaktes,40 also der Richtlinie. schiedsbetrag in der Bilanz oder im Anhang ausgewiesen wird.
Besonders relevant für die Untersuchung ist Art. 35 Abs. 3 Diese andersartige Regelung ist abschließend und gewährt keine
Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie. Dieser regelt den darüber hinausgehenden Optionen für die Mitgliedstaaten.47
Erwerb von Schuldverschreibungen über pari, während Art. 35
Abs. 3 Buchst. c Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie den Erwerb V. Verhältnis der Richtlinie zu nationalem Recht
unter pari regelt. Das Verhältnis von dem hier interessierenden Art. 288 AEUV verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Umsetzung
Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 Bankbilanzrichtlinie zu Art. 35 von Richtlinien in ihr nationales Recht. Es besteht eine Verpflich
Abs. 3 Buchst. a der Bankbilanzrichtlinie ist die speziellere tung zur richtlinienkonformen Auslegung48 der entsprechenden
Regelung zur allgemeineren. Das bedeutet, dass der Unter HGB-Regelungen. Grenze der richtlinienkonformen Auslegung
schiedsbetrag – vorbehaltlich der Ausübung des Mitgliedstaa bildet die Rechtsmethodologie.49 Soweit eine Richtlinie der EU
tenwahlrechts – zwingend als Aufwand zu behandeln ist. nicht oder nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt
Offenbleiben kann an dieser Stelle die Frage, inwieweit bei wurde, kann sie auch unmittelbar wirksam werden.50 Voraus
der Folgebewertung für eine Schuldverschreibung noch auf setzung dafür ist zunächst, dass die Richtlinie hinreichend klar
Art. 35 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie zurück und bestimmt ist. Die Wirkung der Richtlinie erstreckt sich auf
gegriffen werden könnte und ob dieser wegen der späteren den säumigen Mitgliedstaat und seine Behörden.
Einlösung der Schuldverschreibung zum Nominalbetrag eine Der EuGH fasst den Begriff des Staates recht weit, 51 sodass die
außerplanmäßige Abschreibung bei der Erhöhung des allge Einbeziehung des Abschlussprüfers oder des genossenschaft
meinen Zinsniveaus verhindert.41 lichen Prüfers als möglich erscheint. Der EuGH beschränkt
Noch nicht erörtert wurde bislang im Rahmen dieser Unter die unmittelbare Wirkung von Richtlinien im horizontalen
suchung, ob Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie Verhältnis zwischen Privaten nur dann, wenn diesen unmit
eine bestimmte Art der Umsetzung der Aufwandsbuchung regelt. telbar eine Verpflichtung auferlegt würde.52 Dieser Fragekreis
Schorr/Fritz gehen von einer erfolgsneutralen Anschaffung der kann jedoch an dieser Stelle noch offenbleiben, weil zuerst eine
Schuldverschreibung mit anschließender Sofortabschreibung richtlinienkonforme Auslegung des Gesetzes zu versuchen ist.
aus (Folgebewertung).42 Schwartze hingegen nimmt wohl an,
dass Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie eine VI. Umsetzung der Bankbilanzrichtlinie in Österreich
„Anschaffungskostenbewertung“ i.H. des Nominalwerts gebietet.43 Österreich hat im Hinblick auf den Beitritt zur EG das österrei
U.E. regelt der Wortlaut des Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 chische KWG durch das BWG53 abgelöst.54 Das Wahlrecht für
Bankbilanzrichtlinie weder das eine noch das andere. Aus den Unterschiedsbetrag wurde in Österreich entsprechend der
den deckungsgleichen deutschen44 , englischen45 und franzö Bankbilanzrichtlinie in § 56 Abs. 2 BWG geregelt.55
46 „…la difference doit être prise en charge au compte de profits et pertes.“
33 Zu den Einzelheiten vgl. Bader, in: Sonnemann (Hrsg.), Bankbilanzierung und Bankprüfung, 47 Zu dieser Unterscheidung vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 122 f.
1988, S. 15, 23 ff. und Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute, Bd. I, 1995, S. 28 ff. und Najderek, 48 Vgl. EuGH vom 10.04.1984 – Rs. 14/83, Colson und Kamann, ECLI:EU:C:1984:153 = DB 1984
Harmonisierung des Europäischen Bilanzrechts, 2009, S. 7 ff. S. 1042; st. Rspr. vgl. nur Geismann, in: v. d. Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Uni-
34 ABlEG 1986, Nr. L 372 S. 1. onsrecht, 2015, Art. 288 Rn. 55, m.w.N. und Hennrichs, WPg 2015 S. 315.
35 ABlEG 1978, Nr. L 222 S. 11. 49 Vgl. BVerfG vom 26.09.2011 − 2 BvR 2216/06, NJW 2012 S. 669; EuGH vom 24.01.2012 −
36 ABlEG 1983, Nr. L 193 S. 1. C-282/10, Maribel Dominguez/Centre informatique du Centre Ouest Atlantique, Préfet de la
37 Siehe Erwägungsgründe Bankbilanzrichtlinie, ABlEG 1986, Nr. L 372 S. 1. région Centre, ECLI:EU:C:2012:33 = DB 2012 S. 354.
38 Siehe Erwägungsgründe Bankbilanzrichtlinie, ABlEG 1986, Nr. L 372 S. 1. 50 Vgl. EuGH vom 22.09.1983 – Rs. 271/83, Ministère Public/Auern, EUGHE 83, 2727 = NJW 1984
39 Siehe Erwägungsgründe Bankbilanzrichtlinie, ABlEG, 1986, Nr. L 372 S. 1. S. 2022; weitere Nachweise bei Geismann, a.a.O. (Fn. 48), Art. 288 Rn. 47.
40 Weiterführend vgl. Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, 2013, S. 178. 51 Vgl. EuGH vom 12.07.1990 – Rs. C – 188/89, Foster/British Gas, ECLI:EU:C:1990:313 = NJW 1991 S. 3086.
41 Vgl. zu Letzterem Schwartze, Deutsche Bankenrechnungslegung nach europäischem Recht, 52 Vgl. EuGH vom 07.01.2004 – C-201/02, Wells, ECLI:EU:C:2004:12 = NVwZ 2004 S. 593; ausführ-
1990, S. 217 f. lich Ruffert, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 288 Rn. 63 ff.
42 Vgl. Schorr/Fritz, DStR 2017 S. 1223 (1226). 53 öBGBl. 1993 S. 3903.
43 Vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 218. 54 Zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Göth, a.a.O. (Fn. 33), S. 41 ff.
44 „…muss der Unterschiedsbetrag als Aufwand in der GuV verbucht werden.“ 55 Vgl. Regierungsvorlage Finanzmarktanpassungsgesetz, 1130 der Beilagen zu den Stenographi-
45 „…the difference must be charged to the profit and loss account.“ schen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP S. 146.
sind Finanzanlagen nicht abnutzbar und können somit auch Wort „höchstens“ wird dementsprechend als missverständlich
nicht planmäßig abgeschrieben werden.70 Das muss insb. für bezeichnet.76
börsenfähige festverzinsliche Schuldverschreibungen gelten, Als Argumente für diese Neutralität von Anschaffungsvorgängen
deren Nominalwert (Rückzahlungsbetrag) sich über deren werden neben dem Realisationsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB,77
Restlaufzeit nicht verändert. Schwartze hat bereits früher das Einblicksgebot (Fair Value-Bewertung) gem. § 264 Abs. 2 Satz 1
zutreffend darauf hingewiesen, dass sich allgemeine Zinsverän HGB78, § 5 Abs. 7 EStG79 und die richtlinienkonforme Auslegung im
derungen nicht auf die Substanz einer Forderung auswirken.71 Hinblick auf die Art. 35 Abs. 1 Buchst. a und 39 Abs. 1 Buchst. a der
Mögliche Wertveränderungen am Markt sind u.a. vom Zins Vierten Gesellschaftsrichtlinie80 (RL 78/660/EWG) angeführt.
niveau und Zinserwartungen abhängig, deren Entwicklungen Der Hinweis auf § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB gegen einen aufwands
sich aber auch nicht zwingend planmäßig vollziehen. Die oben wirksamen Anschaffungsvorgang vermag bei einem niedrigeren
dargestellte h.M. zur Bilanzierung von über pari erworbenen Wertansatz als den Anschaffungskosten nicht zu überzeugen. Die
Schuldverschreibungen stützt sich daher wohl – ohne aus (Zins-)Politik der EZB spricht im Fall der festverzinslichen Schuld
drückliche Nennung – auf § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB. verschreibungen sogar eher für eine vorsichtige Bewertung i.S. des
Eine außerplanmäßige Abschreibung ist jedoch keine plan Imparitätsprinzips gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 HGB. Es drohen
mäßige, wie es Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 2 der Bankbilanz nämlich Verluste. Eine systematische Gesetzesauslegung ausge
richtlinie fordert. Außerplanmäßige Abschreibungen können hend vom EStG hin zum HGB würde einen entsprechenden Plan
den Jahresüberschuss rein rechnerisch gesehen zwar wie eine des Gesetzgebers voraussetzen. Ein solcher ist nicht erkennbar, eine
planmäßige Abschreibung beeinflussen, solange das Zinsniveau umgekehrte Maßgeblichkeit besteht nicht (mehr).
während der Restlaufzeit der jeweiligen Schuldverschreibung Anhand der Gesetzgebungsgeschichte lässt sich zunächst noch
unverändert bleibt. Das ist alles andere als gesichert und würde erklären, warum der Gesetzgeber das Wort „höchstens“ verwandt
bei einer späteren Erhöhung des Zinsniveaus zu einem entspre hatte. Es sollte nämlich eine rechtsformübergreifende Wert
chend hohen außerplanmäßigen Abschreibungsbedarf führen. obergrenze geregelt werden, aber keine rechtsformübergreifende
Es ist auch mit dem Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der Bank Wertuntergrenze. Eine solche sollte nur im Anwendungsbereich
bilanzrichtlinie innewohnenden Vorsichtsprinzip72 unvereinbar. der Vierten Gesellschaftsrichtlinie greifen. Durch § 253 Abs. 4 HGB
Eine Ausübung des Wahlrechtes gem. Art. 35 Abs. 3 Buchst. b a.F. sollte im Übrigen sichergestellt werden, dass es über die GoB zu
Satz 2 der Bankbilanzrichtlinie durch deutsche Rechnungs keiner allgemein geltenden Wertuntergrenze kommt.81 Der etwas
legungsvorschriften scheidet damit aus.73 Unionsrechtlich ist spätere RegE zur Umsetzung der Bankbilanzrichtlinie passt dazu
in Deutschland der Ansatz von über pari erworbenen Schuld nicht mehr. Dort wird ausgeführt, dass eine weitreichende Nomi
verschreibungen zum Nominalwert geboten. nalwertbilanzierung zu einer grundsätzlichen Durchbrechung des
Anschaffungskostenprinzips führen würde.82
IX. Ausnahmsweise aufwandswirksamer Angesichts dieser Ausführungen ist ein wenig überraschend, wenn
Anschaffungsvorgang im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum BilMoG83 von einer
Es stellt sich aber die Frage, ob in Deutschland Art. 35 Abs. 3 rein redaktionellen Änderung des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB ausge
Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie – Nominalwertbilan gangen und gleichzeitig von einem grundsätzlich fortbestehenden
zierung – richtlinienkonform umgesetzt worden ist. Anschaffungskostenprinzip ausgegangen wird.84 Nicht weiter aus
Der Wortlaut des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB mit dem Wort „höchs geführt wurden die Ausnahmen von diesem Grundsatz. Zusam
tens“ lässt den Ansatz einer Schuldverschreibung mit dem menfassend lässt sich festhalten, dass die Gesetzgebungsgeschichte
Nominalwertbetrag – und damit unter den höheren Anschaf zu § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB aufgrund der widersprüchlichen Aus
fungskosten – zu. In Höhe des Differenzbetrags entsteht ein führungen sich als wenig ergiebig für dessen Auslegung erweist.
sofortiger Aufwand (siehe Abschn. X.); dies ist aber keine Sofort Vor dem Hintergrund der vorhandenen Rechnungslegungsricht
abschreibung. Dadurch würde Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der linien ist eine richtlinienkonforme Auslegung des § 253 Abs. 1
Bankbilanzrichtlinie ausreichend Rechnung getragen werden. Satz 1 HGB überlegenswert. Art. 6 Abs. 1 Buchst. i der (neuen)
Die Behandlung des Zweiterwerbs einer Schuldverschreibung Vierten Richtlinie über den Jahresabschluss von Gesellschaften
als aufwandswirksamer Anschaffungsvorgang passt jedoch bestimmter Rechtsformen (2013/34/EU) enthält zwar noch das
nicht zu der ganz h.M. Diese geht vom Grundsatz der Erfolgs Anschaffungskostenprinzip,85 allerdings wird dieser Grundsatz
neutralität der Anschaffung aus 74 und nimmt damit eine durch Art. 8 Abs. 1 derselben Richtlinie aufgeweicht. Damit
Wertuntergrenze für die Zugangsbewertung zu Anschaffungs wurde das Anschaffungskostenprinzip gegenüber Art. 35 Abs. 1
kosten an.75 Der Wortlaut des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB mit dem Buchst. a der früheren Vierten Gesellschaftsrichtlinie etwas rela
tiviert. Dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Vertiefung, da das
70 Vgl. Schubert/Andrejewski/Roscher, in: Ellrott et al. (Hrsg.), Beck‘scher Bilanz-Kommentar, Verhältnis der Richtlinie (2013/34/EU) zur Bankbilanzrichtlinie
10. Aufl. 2016, § 253 HGB Rn. 460; Tiedchen, in: Hennrichs/Kleindiek/Watrin (Hrsg.), MüKo- für die richtlinienkonforme Auslegung entscheidend ist.
Bilanzrecht, 2013, § 253 HGB Rn. 12; Böcking/Gros, a.a.O. (Fn. 14), § 253 HGB Rn. 52; Merkt,
a.a.O. (Fn. 63), § 253 HGB Rn. 11; Kleindieck, in: Staub (Hrsg.), HGB, 5. Aufl. 2014, § 253 HGB, 76 Vgl. Tiedchen, a.a.O. (Fn. 70), § 253 HGB Rn. 12.
Rn. 85; Walz, in: Heymann (Hrsg.), HGB, 2. Aufl. 1999, § 253 Rn. 53. 77 Vgl. Tiedchen, a.a.O. (Fn. 70), § 253 HGB Rn. 13; Ballwieser, a.a.O. (Fn. 14), § 253 HGB Rn. 8.
71 Vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 218 f. 78 Vgl. Ekkenga, a.a.O. (Fn. 75), § 253 HGB Rn. 16.
72 Vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 218. 79 Vgl. Krumm, a.a.O. (Fn. 74), § 5 EStG Rn. 242.
73 Im Ergebnis auch Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 219. 80 Vgl. Ekkenga, a.a.O. (Fn. 75), § 253 HGB Rn. 16.
74 Vgl. BFH vom 14.12.2011 – I R 72/10, DB 2012 S. 488 und vom 26.04.2006 – I R 49, 50/04, BStBl. II 81 Vgl. Rechtsausschuss BT Drucks. 10/4268 S. 100; zur historischen Entwicklung vgl. ausführlich
2006 S. 656 = DB 2006 S. 1531; Ballwieser, a.a.O. (Fn. 14), § 253 Rn. 8; weiterführend Krumm, in: Blü- Leuschner, Die Anschaffungskosten, 2005, S. 15 ff.
mich (Hrsg.), EStG/KStG/GewStG, November 2016, § 5 EStG Rn. 241c, mit umfangreichen Nachweisen; 82 Vgl. RegE Bankbilanzrichtlinie-Gesetz, BT Drucks. 11/6275 S. 22.
einschränkend Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 7. Aufl. 2016, § 253 Rn. 13. 83 BGBl. I 2009 S. 1102.
75 Vgl. Tiedchen, a.a.O. (Fn. 70), § 253 HGB Rn. 12; Ekkenga, in: Clausen/Scherrer (Hrsg.), Kölner 84 Vgl. RegE BilMoG, BT Drucks. 16/10067 S. 52.
Komm. z. Rechnungslegungsrecht, 2011, § 253 HGB Rn. 16. 85 Vgl. Gröpl, in: Dauses (Hrsg.), EU-Wirtschaftsrecht, Juni 2016, J. Steuerrecht, Rn. 378.
Die Bankbilanzrichtlinie enthält die spezielleren, sektoralen führen daher regelmäßig zu keinem ARAP, es sei denn diese ist
Regelungen.86 Die Notwendigkeit solcher speziellen Regelungen ebenfalls zeitraumbezogen.95 Der Zwischenerwerber (= Verkäufer
war im Übrigen auch schon vor Inkrafttreten der Vierten Gesell der Schuldverschreibung) selbst erbringt i.H. des Unterschiedsbe
schaftsrichtlinie offen zu Tage getreten.87 Daher sah Art. 1 Abs. 2 der trags keine zeitraumbezogene Leistung an das Kreditinstitut.
Vierten Gesellschaftsrichtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten diese Trotzdem wird von Schwartze unter Berufung auf eine wirt
nicht vor der Bankbilanzrichtlinie anwenden mussten. Bestätigt schaftliche Betrachtungsweise vertreten, dass es sich bei dem
wird diese Einschätzung durch Erwägungsgründe der Bankbilanz Unterschiedsbetrag um zinsähnliche Aufwendungen handele.
richtlinie, wonach diese kein unabhängiges Regelwerk gegenüber Außerdem würden sich die Auswirkungen in engen Grenzen hal
den allgemeinen Bilanzrichtlinien sein soll. Materiell gerechtfertigt ten.96 Schon die aktuelle Zinsentwicklung – verursacht durch die
ist die Nominalwertbilanzierung durch das Vorsichtsprinzip des Politik der EZB – spricht gegen diese Sichtweise. Entscheidend ist,
Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie.88 dass die wirtschaftliche Betrachtung nicht auf den Unterschieds
Dagegen spricht u.E. auch nicht das Einblicksgebot gem. Art. 4 betrag beschränkt werden kann. Wirtschaftlich betrachtet ist
Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2013/34/EU. Das Einblicksgebot hat die Schuldverschreibung nach der BFH-Rspr. ein Darlehen des
nach der EuGH-Rspr. zu Art. 2 Abs. 3 der Vierten Gesellschafts Inhabers an den Emittenten (siehe Abschn. III.). Der Veräußerer
richtlinie jedenfalls dann keine Auswirkungen auf den Bilanz ist der vormalige Darlehensgeber, der sich für die Übertragung
ansatz (und damit auf die GuV), wenn dieser gerade durch eine dieser Position von neuen Darlehensgeber hat bezahlen lassen.
Bilanzierungsrichtlinie vorgegeben wird und dies dem Grund Gegen die Behandlung des Unterschiedsbetrags als ARAP
satz der Vorsicht entspricht.89 Die gegen diese Rspr. des EuGH im spricht ebenso die Bankbilanzrichtlinie selbst. Ausweislich der
Hinblick auf Art. 6 Abs.1 Satz 1 Buchst. h der Richtlinie 2013/34/ Erwägungsgründe der Bankbilanzrichtlinie sollte eine bessere
EU erhobenen Einwände spielen hier keine Rolle.90 Bei dem Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse von Kreditinstituten
Zweiterwerb von Schuldverschreibungen über pari sind nämlich aus verschiedenen Mitgliedstaaten erreicht werden. 97 Dazu
keine verdeckten Einlagen durch Gesellschafter gegeben. war es ausweislich der Erwägungsgründe erforderlich, auch
Gegen einen erfolgswirksamen Anschaffungsvorgang können einzelne Geschäfte grundlegend zu regeln.
auch nicht die GoB gem. § 238 Abs. 1 HGB angeführt werden. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 250 Abs. 1
Zum einen können diese nur dann greifen, wo Regelungen im HGB oder § 340e Abs. 2 HGB auf den Unterschiedsbetrag sind nicht
HGB fehlen.91 Zum anderen können die GoB nicht im Wider erfüllt. Dafür wäre zunächst eine planwidrige Lücke im HGB erfor
spruch zum Unionsrecht stehen. derlich. Planwidrig ist eine Lücke, wenn etwas im Gesetz geregelt
Somit ist Folgendes festzuhalten: Aufgrund der richtlinienkon sein sollte, dies tatsächlich aber nicht der Fall ist.98 Aufgrund obiger
formen Auslegung des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB werden über pari richtlinienkonformer Auslegung des § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB fehlt
erworbene börsenfähige, festverzinsliche Inhaberschuldver es bereits an einer planwidrigen Lücke im Gesetz. Abgesehen davon
schreibungen zum Nominalwert bilanziert und der Unterschieds wäre eine Analogie zu § 250 Abs. 1 HGB oder § 340e Abs. 2 HGB
betrag als Aufwand behandelt. Daher bedarf es keines Rückgriffs wegen fehlender Richtlinienkonformität ausgeschlossen.
auf eine unmittelbare Wirkung der Bankbilanzrichtlinie.
XI. Ausweis des Unterschiedsbetrags in der GuV
X. Keine Bildung eines Aktiven Rechnungsabgrenzungs Es stellt sich noch die Frage, wie die aufwandswirksame
postens Anschaffung einer Schuldverschreibung in der GuV nach der
Für den Unterschiedsbetrag ist kein Aktiver Rechnungs RechKredV ausgewiesen wird. Bei Kreditinstituten gibt es
abgrenzungsposten (ARAP) zu bilden. In einer Kommentierung im Hinblick auf Art. 27 Nr. 18 bzw. Art. 28 A. Nr. 11 der Bank
des § 340e Abs. 2 Satz 3 HGB wird ausgeführt, dass ohne diese bilanzrichtlinie immer noch außerordentliche Aufwendun
Regelung der Unterschiedsbetrag als ARAP gem. § 250 Abs. 1 HGB gen. Trotzdem scheidet ein Ausweis als außerordentlicher
darzustellen wäre.92 Diese Ansicht ist zwar im Kontext mit § 340e Aufwand gem. § 340a Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. Formblatt 3
Abs. 2 Satz 1 HGB geäußert worden. Allerdings führt die Nominal Posten 21 (Staffelform) grds. aus, da es sich beim Erwerb von
wertbilanzierung gem. § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB zu einer ähnlichen Schuldverschreibungen über pari bei einem Kreditinstitut nor
Lage, sodass eine Überprüfung dieser Ansicht geboten ist. malerweise um eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit handelt.
Im steuerlichen Schrifttum wird die Bildung eines ARAP abgelehnt, Für die Frage der Außerordentlichkeit von Aufwendungen
wenn ein Zwischenerwerb der Schuldverschreibung stattgefunden kann auf § 277 Abs. 4 HGB a.F.99 zurückgegriffen100 werden.
hat. Begründet wird es mit der fehlenden Zinsregulation durch den Für den Fall der ebenfalls aufwandswirksamen Anschaffung
Zwischenerwerber.93 Diese Ansicht ist u.E. zutreffend. In Überein einer Forderung gem. § 340e Abs. 2 Satz 1 HGB fehlt eine spe
stimmung mit der BFH-Rspr. und der h.M. ist davon auszugehen, zielle Regelung in der RechKredV.101 Die h.M. behandelt den
dass die Bildung eines ARAP neben einer Ausgabe auch eine Vor Sofortaufwand bei einem Forderungserwerb über pari nicht
leistung für eine Gegenleistung erfordert.94 Zahlungen an Dritte als Zinsaufwand, sondern als Minderung des Zinsertrags. Es
86 Vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 132.
87 Ausführlich Bader, a.a.O. (Fn. 33), S. 15, 23. 95 Vgl. BFH vom 19.01.1978 – IV R 153/72, BStBl. II 1978 S. 262; Schiefelbein, Transitorische RAP
88 Vgl. Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 218. nach Handels-/Steuerbilanz und IAS/IFRS, 2015, S 48.; ähnlich Göth, a.a.O. (Fn. 33), S. 312.
89 Vgl. EuGH vom 03.10.2013 – C-322/12 (GIMLE SA), ECLI:EU:C:2013:632 = NZG 2014 S. 36; vgl. 96 Vgl. dazu Schwartze, a.a.O. (Fn. 41), S. 218 f.
dazu Dziadkowski, IStR 2014 S. 461, 463 f., m.w.N. 97 Siehe Erwägungsgründe Bankbilanzrichtlinie, ABlEG, 1986, Nr. L 372 S. 1.
90 Vgl. Schön, ZHR 178 (2014) S. 373, 385. 98 Vgl. ausführlich zur Lückenfüllung Rüthers/Fischer/Birk, a.a.O. (Fn. 16), Rn. 832 ff. und Larenz,
91 Vgl. Pöschke, in: Staub (Hrsg.), HGB, 5. Aufl. 2014, § 238 HGB, Rn. 43, m.w.N. Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 370 ff., m.w.N.
92 Vgl. Böcking/Morawietz/Torabian, a.a.O. (Fn. 63), § 340e HGB Rn. 24. 99 Vgl. Kessler/Freisleben, in: Hennrichs/Kleindiek/Watrin (Hrsg.), MüKo Bilanzecht, § 277 Rn. 88,
93 Vgl. Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Hrsg.), EStG, April 2017, § 6 Rn. B 600 „Wertpapiere“. m.w.N., insb. zum Abstellen auf das jeweilige Unternehmen.
94 Vgl. BFH vom 14.11.2012 – I R 19/12, HFR 2013 S. 987 = RS0767676; weitere Nachweise zur 100 Vgl. Rechtsausschuss BT Drucks. 18/5256 S. 86.
Rspr. und Literatur bei Scheel, RAP und steuerliche Gewinnermittlung, 2010, S. 43 ff. 101 Vgl. Kröll/Balzer, in: Heymann (Hrsg.), HGB, 2. Aufl. 1999, § 340e HGB Rn. 19.
handele sich nämlich wirtschaftlich um eine Korrektur des im Es ist keine Anhangangabe gem. § 35 Abs. 1 Nr. 2 RechKredV
Marktvergleich zu hohen Nominalzinses.102 zu machen, solange es zu keinem entsprechenden Wertverlust
Da es sich im Fall des Sofortaufwands bei Über-pari-Erwerb durch eine Erhöhung des Zinsniveaus oder zu einer Bonitäts
gerade nicht um Aufwendungen mit Zinscharakter handelt, die verschlechterung des Emittenten der jeweiligen Schuldver
im Zusammenhang mit der zeitlichen Verteilung eines Unter schreibung kommt. § 35 Abs. 1 Nr. 2 RechKredV verpflichtet
schiedsbetrags stehen, greifen die Grundgedanken des § 28 Satz 2 nämlich (nur) zur Offenlegung von noch nicht vorgenomme
RechKredV bzw. des § 29 Satz 2 RechKredV nicht. Gegen die nen Abschreibungen auf den Buchwert.106
Behandlung als Zinsaufwand im Fall des Sofortaufwands spricht Aufgrund der Üblichkeit des Erwerbs von Schuldverschreibungen
zudem, dass es sich bei der Zahlung des Differenzbetrags an den über pari liegt grds. kein außerordentlicher Sachverhalt vor (siehe
Zwischenerwerber um keinen Zins handelt (s.o. Abschn. X.).103 Abschn. XI.), sodass die Anhangangabe gem. § 340a Abs. 2 Satz 5
Der Unterschiedsbetrag ist auf den Zwischenerwerber und nicht Hs. 2, Satz 6 HGB sowie § 35 Abs. 1 Nr. 4 RechKredV nicht greift.
auf den Schuldner der Schuldverschreibung zurückzuführen. Die Intransparenz im Anhang ist die Folge des durch den
Es handelt sich damit um keine Zinsregulierung. Abgesehen Gesetzgeber gem. § 340c Abs. 2 Satz 1 HGB gewährten Wahl
davon würde eine Minderung der Zinserträge gegen das Ver rechts zur Durchbrechung des Verrechnungsverbots.
rechnungsverbot des § 246 Abs. 2 Satz 1 HGB verstoßen. § 340c Im Fall der Wesentlichkeit107 ist aber eine Erläuterung der Nominal
Abs. 1 Satz 1 HGB ist nicht erfüllt, weil es sich um einen sofort wertbilanzierung bzw. deren Ergebnisauswirkung im Lagebericht
aufwandswirksamen Anschaffungsvorgang handelt (s.o.) und im Rahmen der Darstellung der Vermögenslage (hier: Wert
daher keine Abschreibung der Schuldverschreibung erfolgt. papieranlage) und der Ertragslage (hier: Bewertungsergebnis)
Stattdessen ist der Differenzbetrag gem. § 340c Abs. 2 Satz 2 gem. § 340a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 289 Abs. 1 Satz 1 HGB notwendig.
HGB i.V.m. § 33 RechKredV als Aufwendungen im Zusammen
hang mit Wertpapieren unter GuV-Posten 15104 gem. § 340a XIII. Behandlung in der Steuerbilanz
Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. Formblatt 3 (Staffelform) bzw. GuV Nr. 8 Abweichend von der Handelsbilanz sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1
gem. Formblatt 2 (Kontenform) zu erfassen. Es erfolgt explizit EStG generell die Anschaffungskosten anzusetzen. Dies folgt aus
keine außerplanmäßige Abschreibung; damit ist eine spätere dem Bewertungsvorbehalt gem. § 5 Abs. 6 EStG,108 der § 6 EStG
Zuschreibungspflicht gem. § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB nicht rele zur steuerlichen Generalnorm für die Bewertung macht.109 Nach
vant. Der Gesetzgeber hat hier im Rahmen der Überkreuzkom einem Zwischenerwerb einer Inhaberschuldverschreibung sind als
pensation die Durchbrechung des Verrechnungsverbots – in Anschaffungskosten der gesamte aufgewendete Betrag, also inklu
Übereinstimmung mit Art. 34 Abs. 2 der Bankbilanzrichtlinie – sive des Unterschiedsbetrags zum Nominalwert, anzusetzen.110 Eine
mit der Gewährung eines entsprechenden Wahlrechts erlaubt. Teilwertabschreibung ist – vorbehaltlich eines Bonitäts- oder Liqui
ditätsrisikos – bis maximal auf den Nominalwert möglich, wenn der
XII. Darstellung im Anhang und im Lagebericht Wert nach der Anschaffung dauerhaft gesunken ist (Wahlrecht).111
Gem. § 340a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind die Die Finanzverwaltung verzichtet bei den hier in Rede stehenden
Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang anzu festverzinslichen Wertpapieren auf die Bagatellgrenze von 5%,112
geben. Damit ist die Nominalwertbilanzierung von Schuldver die sonst bei aktienbasierten Wertpapieren angewendet wird. Die
schreibungen anzugeben. Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 3 der Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz berechtigt zur
Bankbilanzrichtlinie fordert die Angabe des Unterschieds Bildung von aktiven latenten Steuern gem. § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB.
betrags nur im Fall der planmäßigen Abschreibung. Dies macht
auch Sinn, da die Nominalwertbilanzierung aus Sicht der EU der XIV. Zusammenfassung
Regelfall ist und daher keine Angabepflicht im Anhang geregelt Börsenfähige festverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen des
wurde. Aus § 340a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 264 Abs. 2 HGB folgt Anlagevermögens, die Kreditinstitute aufgrund des gesunkenen
nichts Anderes. Der EuGH hat bereits entschieden, dass ein allgemeinen Zinsniveaus von Zwischenerwerbern über pari
richtlinienkonformer Bilanzansatz gerade kein Anwendungsfall erwerben, sind im Rahmen der Zugangsbewertung mit deren
des Einblicksgebots sein kann (siehe Abschn. IX.). Nominalwert anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem
Eine gesonderte Angabe des Betrags der sofortigen Aufwands Nominalwert und den Anschaffungskosten ist als Aufwand zu
buchung ist grds. nicht erforderlich. Selbst wenn der Betrag erfassen. Rechtsgrundlage ist § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB, der im Hin
der sofortigen Aufwandsbuchung von außergewöhnlicher blick auf Art. 35 Abs. 3 Buchst. b Satz 1 der Bankbilanzrichtlinie
Größenordnung oder Bedeutung ist, scheidet die Anwendung richtlinienkonform auszulegen ist. Dies widerspricht weder dem
von § 285 Nr. 31 HGB gem. § 340a Abs. 2 Satz 5 Hs. 1 HGB aus. Einsichtsgebot noch den GoB. Steuerbilanziell sind hingegen die
Ein periodenfremder Aufwand gem. § 340a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. gesamten Anschaffungskosten, also inklusive des Unterschieds
§ 285 Nr. 32 HGB ist nicht gegeben. Dazu wäre die Korrektur einer betrags anzusetzen. Aus dieser Abweichung ergibt sich das Akti
Fehleinschätzung105 des jeweiligen Kreditinstitutes erforderlich. vierungswahlrecht für latente Steuern gem. § 274 Abs. 1 Satz 1 HGB.
Der erfolgswirksame Anschaffungsvorgang der Schuldverschrei
106 Vgl. Krumnow/Sprißler et al., a.a.O. (Fn. 4), § 35 RechKredV Rn. 9.
bung ist auf eine Entscheidung des Gesetzgebers und nicht des
107 Zur Wesentlichkeit Winkeljohann, in: IDW (Hrsg.), WP Handbuch, 15. Aufl. 2016, F. Tz. 1345 sowie
jeweiligen Kreditinstitutes zurückzuführen (kein Wahlrecht). Grottel, a.a.O. (Fn. 105), § 289, Rn. 23 ff.
108 Vgl. Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 456, 458; zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch
102 Vgl. Kröll/Balzer, a.a.O. (Fn. 101), § 340e HGB Rn. 19; Scharpf/Schaber, a.a.O. (Fn. 1), S. 1040; BFH vom 26.9. 2007 – I R 58/06, BStBl. II 2009 S. 294 = DB 2008 S. 214 und vom 08.06.2011 – I R
Bieg, Bankbilanzierung nach HGB und IFRS, 2. Aufl. 2010, S. 406. 98/10, BStBl. II 2012 S. 716 = DB 2011 S. 1834.
103 Auf die Problematik des Saldierungsverbots im Fall der Darstellung von Zinsanomalien hinweisend 109 Vgl. Werndl, a.a.O. (Fn. 93), § 6 Rn. A 193.
mit Lösungsvorschlägen und einer empirischen Untersuchung Weigel/Sierleja, in: Böcking et al. 110 Vgl. Werndl, a.a.O. (Fn. 93), § 6 Rn. B 600 „Wertpapiere“.
(Hrsg.), Beck`sches Handbuch der Rechnungslegung, November 2016, Bd. III, B 901, Rn. 50 ff. 111 Vgl. BFH vom 08.06.2011 – I R 98/10, BStBl. II 2012 S. 716 = DB 2011 S. 1834 (zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
104 Vgl. allgemein Bieg, a.a.O. (Fn. 102), S. 356 und DGRV, a.a.O. (Fn. 1), C. II, Rn. 271. 112 Vgl. BMF vom 02.09.2016 – IV C 6 – S 2171-b/09/10002 :002, DOK 2016/0666535, BStBl. I 2016
105 Vgl. Grottel, in: Ellrott et al. (Hrsg.), Beck‘scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl. 2016, § 285 HGB Rn. 915. S. 995 = DB 2016 S. 2143, Tz. 22 f., Beispiel 6.
1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode „Deutschlands Zukunft 4 Veröffentlicht von Ismer/Haselmann/Kaul/Ruf unter dem Titel „Quellensteuern auf Lizenzge-
gestalten“ S. 65. bühren und Schachteldividenden – Empfehlungen zur deutschen Abkommenspolitik“.
2 Für das im Gesetzgebungsverfahren um weitere ertragsteuerliche Regelungen angereicherte 5 Ismer/Haselmann/Kaul/Ruf, Quellensteuern auf Lizenzgebühren und Schachteldividenden –
Gesetz stimmten im Bundestag die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis90/Die GRÜNEN Empfehlungen zur deutschen Abkommenspolitik, S. 333.
bei Enthaltung der Fraktion Die Linke, der der Gesetzentwurf insb. aufgrund der Beschränkung 6 Entschließungsantrag des Landes Hessen vom 02.07.2015, BR-Drucks. 318/15 und Beschluss
auf den Nexus-Ansatz nicht weit genug ging, vgl. BT-Drucks. 18/12128 S. 24 ff. der Finanzministerkonferenz, vgl. http://hbfm.link/2417 sowie Beschluss des Bundesrates vom
3 BT-Drucks. 18/11233 S. 1, 9. 16.12.2016 zum Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz, Plenarprotokoll 952 S. 517 (C).
Fällen die streitgegenständliche Regelung nicht generell Eine Schlechterstellung des grenzüberschreitenden Sach
grenzüberschreitende Zahlungen vom Abzug ausschließt, verhalts gegenüber dem Inlandsfall tritt allerdings dann ein,
sondern nur solche, bei denen der ausländische Staat sowohl wenn die Steuerbelastung des Stpfl., z.B. aufgrund einer nie
von der Behandlung im Inland als auch von der Besteuerung drigen GewStBelastung, weniger als 25% beträgt.36 Denn dann
anderer Mitgliedstaaten abweicht. Dass im Urteilsfall die führt die Anwendung der Formel des § 4j Abs. 3 EStG in der Tat
unionsrechtliche Prüfung anhand des allgemeinen Diskri dazu, dass nicht nur die Steuerbelastung beim Lizenznehmer,
minierungsverbots i.S.d. Art. 12 EGV (Art. 18 AEUV) sowie sondern auch die Gesamtsteuerbelastung von Lizenznehmer
des allgemeinen Rechts auf Freizügigkeit i.S.d. Art. 18 EGV und Lizenzgeber im grenzüberschreitenden Fall höher als im
(Art. 21 AEUV) erfolgte, 32 dürfte keinen Unterschied machen, Inlandsfall ist.
da die Vergleichbarkeit auch zwingende Voraussetzung für
eine Diskriminierung im Rahmen der Grundfreiheiten ist. 3. Statthaftigkeit einer Beeinträchtigung
Jedenfalls in den Fällen, in denen der ausländische Staat Sollte eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten zu bejahen
Lizenzeinnahmen keiner Besteuerung unterwirft (sei es durch sein, wäre diese nur statthaft, wenn sie Situationen betrifft,
eine Steuerbefreiung, durch Ansatz eines NullSteuersatzes, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie
durch vollständige Erstattung der auf sie zuvor erhobenen durch einen vom Unionsrecht anerkannten zwingenden Grund
Steuern oder auch durch Unterlassen einer Erhebung der des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In diesem Fall muss
Steuern), dürfte es danach unter Zugrundelegung dieser Rspr. die Beschränkung zudem geeignet sein, die Erreichung des
bereits am Merkmal der Vergleichbarkeit mit dem Inlands verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das
sachverhalt fehlen, bei dem die Lizenzeinnahmen grds. vom hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.37
Einkünftekatalog des § 2 EStG erfasst werden.
Inwieweit der Sachverhalt anders zu beurteilen ist, wenn der a) Vergleichbarkeit
andere Staat die Einnahmen aufgrund eines schädlichen Prä Ob die Zahlung einer Lizenzgebühr, die beim Empfänger auf
ferenzregimes nicht vollständig freistellt, sondern lediglich grund eines schädlichen Präferenzregimes niedrig besteuert
niedrig besteuert, lässt sich aufgrund der bisherigen Rspr. des wird, mit anderen Lizenzzahlungen vergleichbar ist, ist eine
EuGH schwer vorhersagen. Im Ergebnis kann die Beantwortung Wertungsfrage. Wie unter IV. 2. a) dargestellt, hat der EuGH
dieser Frage jedenfalls dann offenbleiben, wenn die Maßnahme in der Vergangenheit zwar bereits bei Zahlungen, die beim
zugleich die Voraussetzungen für eine Beschränkung erfüllt (vgl. Empfänger keiner korrespondierenden Besteuerung unterla
nachfolgend unter b)). Die Bejahung einer Diskriminierung in gen, eine Vergleichbarkeit verneint. Aus der Perspektive des
diesen Fällen würde allerdings zu dem kuriosen Ergebnis führen, Zahlenden, für den jede Lizenzzahlung eine durch den Betrieb
dass damit (nur) diejenigen Staaten vor dem Vorwurf der Diskri veranlasste Aufwendung i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG darstellt, dürfte
minierung gefeit wären, die selbst ein schädliches Präferenzre dagegen eine Vergleichbarkeit generell zu bejahen sein.
gime unterhalten oder erstmalig einführen würden.
b) Rechtfertigung
b) Allgemeines Beschränkungsverbot Im Bereich des Steuerrechts hat der EuGH bereits diverse
Eine Beschränkung einer der Grundfreiheiten setzt voraus, ungeschriebene Rechtfertigungsgründe anerkannt, insb.
dass eine Regelung die Ausübung dieser Freiheit unterbindet, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerflucht und
behindert oder weniger attraktiv macht.33 Gegen die Annahme missbräuchlichen Praktiken, die ausgewogene Aufteilung
einer Beschränkung könnte zumindest in bestimmten, der Besteuerungsbefugnis, die Verhinderung doppelter Ver
in der Praxis allerdings wohl den Regelfall darstellenden, 34 lustberücksichtigung oder die Kohärenz des Steuersystems.38
Konzernsachverhalten sprechen, dass § 4j EStG gerade nicht Mit Blick auf das innerhalb der OECD/G20 über Jahre hinweg
darauf abzielt, grenzüberschreitende Sachverhalte gegenüber gebildete gemeinsame – und insb. in den BEPSBerichten zum
Inlandssachverhalten zu benachteiligen, sondern im Gegenteil Ausdruck gekommene – Verständnis, dass steuerschädlicher
die ansonsten deutlich günstigere Gesamtsteuerbelastung bei Wettbewerb nicht nur zu missbilligen, sondern auch tatsäch
Inanspruchnahme eines nicht Nexuskonformen Präferenz lich durch die Mitgliedstaaten einzudämmen ist, ist durchaus
regimes an das Besteuerungsniveau im Inlandsfall annähert. denkbar, dass der EuGH auch die Bekämpfung schädlichen
In der Begründung des Urteils in der Rs. C311/08 (SGI) 35 hat Steuerwettbewerbs als eigenständigen Rechtfertigungsgrund
der EuGH eine Beschränkung deshalb bejaht, weil bei einer anerkennen wird. 39 Unabhängig davon könnte § 4j EStG aber
gemeinsamen Betrachtung die Gefahr einer Doppelbesteue auch schon von einem oder mehreren der o.g. Rechtfertigungs
rung bestehe, da der andere Staat den im Ansässigkeitsstaat gründe erfasst sein. Neben dem Rechtfertigungsgrund der
hinzugerechneten Betrag ebenfalls besteuern könnte. Eine Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken kommt z.B. auch
solche Doppelbesteuerung ist aber bei § 4j EStG von vorne der Rechtfertigungsgrund der Kohärenz in Betracht. Jedenfalls
herein ausgeschlossen, da die Höhe der Besteuerung beim dann, wenn es sich wie im Fall des § 4j EStG beim Begüns
Empfänger Tatbestandsvoraussetzung ist und sich somit jede tigten und Belasteten zwingend um nahestehende Personen
Besteuerung beim Empfänger zwangsläufig beim Stpfl. steu handelt, sollte die insoweit ansonsten regelmäßig geforderte
ermindernd auswirkt. Steuersubjektsidentität 40 der Möglichkeit der Mitgliedstaaten,
32 Forsthoff in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 49 AEUV Rn. 125. 36 Entsprechendes gilt, wenn der Hebesatz des Lizenzgebers im Inlandsfall erheblich unter dem
33 Vgl. zuletzt zur Niederlassungsfreiheit Urteil vom 07.09.2017, a.a.O. (Fn. 27), Rn. 54, m.w.N. des Lizenznehmers liegt.
34 Vgl. z.B. EU-Kommission, Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt, SEK (2001) 1681, S. 292, 37 EuGH vom 07.09.2017, a.a.O. (Fn. 27), Rn. 57, m.w.N.
wonach der weit überwiegende Teil des Welthandels konzernintern erfolgt. Dies dürfte erst 38 Kokott/Ost, EuZW 2011 S. 496.
recht bei den von § 4j EStG erfassten Rechteüberlassungen der Fall sein. 39 Ähnlich Benz/Böhmer, DB 2017 S. 206.
35 Vgl. z.B. EuGH vom 21.01.2010 – Rs. C-311/08, SGI, RS0848407, Rn. 52. 40 EuGH vom 24.02.2015 – Rs. C-559/13, Grünewald, RS1046346; vgl. auch Kokott/Ost, EuZW 2011 S. 496.
in nach allgemeinem Verständnis als wettbewerbsschädlich beim Empfänger voraussetzen, die durch die deutsche
eingestuften Situationen ein „level playing field“ wiederher Finanzverwaltung nicht überprüfbar sind und auch nicht im
zustellen, nicht grds. entgegenstehen. 41 Entscheidend sollte Wege der Amtshilfe durch die ausländische Steuerbehörde
vielmehr sein, ob das mit der Regelung verfolgte Ziel grds. als beizubringen wären. Denn für die – nicht Nexuskonforme
für eine Rechtfertigung der Beschränkung geeignet anzusehen – Besteuerung des Empfängers (und damit die ausländische
ist.42 Dies dürfte bei § 4j EStG wohl unstreitig der Fall sein. Steuerverwaltung) spielt es grds. keine Rolle, ob bestimmte
Aufwendungen (z.B. der Lohn eines Arbeitnehmers oder
c) Verhältnismäßigkeit bestimmte Sachkosten) bei der Entwicklung des für § 4j
Das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4j EStG erfüllt auch EStG maßgeblichen Rechts angefallen sind. Sofern Ziel des
die Voraussetzungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und § 4j EStG auch sein sollte, anderen Staaten einen Anreiz zur
Angemessenheit. Anpassung ihrer nicht Nexuskonformen Präferenzrege
Insb. sind keine milderen, gleich geeigneten Mittel zur Errei lungen zu geben oder von der Einführung solcher Regime
chung des gesetzgeberischen Ziels ersichtlich. abzusehen, oder verbundene Unternehmen zu veranlassen,
– Ein Abstellen auf irgendeine „tatsächliche wirtschaftliche solche Regime zu meiden, würde dies zudem durch die
Tätigkeit“ des Empfängers wie bei § 8 Abs. 2 AStG wäre Fiktion eines hypothetischen Nexuskonformen Präferenz
bei § 4j EStG kein taugliches Ausschlusskriterium. Denn regimes konterkariert werden.
bei den vom BEPSAktionspunkt 5 erfassten schädlichen
Präferenzregelungen ist nicht entscheidend, ob der Stpfl. V. Verfassungsrecht
im jeweiligen Staat keiner tatsächlichen wirtschaftlichen In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist § 4j EStG insb. an Art. 3
Tätigkeit (i.S. eines „ganz oder gar nicht“) nachgeht, son GG (Grundsatz der Steuergerechtigkeit, Gebot der Besteue
dern dass die Regelung eine überproportionale Begüns rung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, Folgerichtig
tigung gemessen an den vom NexusAnsatz akzeptierten keit) sowie dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3,
– insb. eigenen – (Forschungs)Tätigkeiten gewährt. Art. 19 Abs. 4 GG) folgenden Bestimmtheitsgebot zu messen.
– Bei einem „umgekehrten Tax Credit“ – wie z.B. von Drum-
mer43 vorgeschlagen – würde die durch § 4j EStG bereinigte 1. Art. 3 GG
Gesamtsteuerbelastung zwar eher dem nominalen Steuer Art. 3 GG bindet den Steuergesetzgeber an den Grundsatz
satz des Stpfl. aus KSt, SolZ und GewSt entsprechen als die der Steuergerechtigkeit. 47 Dies bedeutet einerseits, dass die
pauschalierende Regelung des § 4j EStG. Allerdings würden Besteuerung grds. an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
sich dadurch neben finanzverfassungsrechtlichen Auftei ausgerichtet und eine gesetzliche Belastungsentscheidung
lungsfragen dieselben Probleme ergeben, die seinerzeit zur grds. folgerichtig i.S. einer Belastungsgleichheit umgesetzt
Abschaffung der Abziehbarkeit der GewSt von der ESt und werden muss.48
KSt durch Einführung des § 4 Abs. 5b EStG geführt haben. Andererseits gebietet der Grundsatz der Steuergerechtigkeit
– Ein niedrigerer Wert als 25% in § 4j Abs. 2 und 3 EStG aber auch, dass der Gesetzgeber bei Bedarf bestehende Unge
würde zwar zwangsläufig immer zu günstigeren Ergeb rechtigkeiten ausgleicht. Das Gebot, wesentlich Gleiches gleich
nissen für den Stpfl. führen. Gleichzeitig würde sich § 4j und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, kann nicht
EStG dadurch aber auch von dem beabsichtigten Ziel der nur für ungleiche Belastungen, sondern muss auch für ungleiche
Annäherung der Gesamtsteuerbelastung an das inländi Begünstigungen gelten. Eine solche ungleiche, den Gesetzgeber
sche Steuerniveau entfernen, sodass eine Absenkung des zum Handeln auffordernde Begünstigung liegt dabei nicht
Werts zwar ein milderes, nicht aber ebenso geeignetes schon deshalb vor, weil ein multinationales Unternehmen auf
Mittel wäre, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. grund des abweichenden ausländischen Steuerrechts anders
– Ritzer/Stangl/Karnath44 legen § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG so aus, als ein rein inländisches Unternehmen besteuert wird. Als nicht
dass lediglich der Teil der Aufwendungen dem (anteiligen) (mehr) akzeptabel hat der Gesetzgeber aber den Wettbewerbs
Abzugsverbot unterliegen soll, der bei einer Nexuskonfor vorteil angesehen, den sich multinationale Unternehmen unter
men Ausgestaltung des schädlichen Präferenzregimes nicht Nutzung der als steuerschädlich einzustufenden Präferenzre
begünstigt wäre. Dies findet m.E. im Gesetz keine Stütze.45 gime verschaffen können. Wenn der Gesetzgeber die Grenze
Denn die niedrige Besteuerung ergibt sich bei einer Zahlung zwischen abziehbaren und nicht abziehbaren Betriebsausgaben
in ein schädliches Präferenzregime insgesamt (und nicht dort zieht, wo OECD und G20 auch stellvertretend für die billig
nur teilweise) daraus, dass die Einnahmen beim Empfänger und gerecht denkenden Steuerzahler die Grenze zum unfairen
diesem Regime unterliegen. Auch dieser Ansatz würde zwar Steuerwettbewerb gezogen haben, ist der Vorwurf, der Gesetzge
den Stpfl. regelmäßig weniger belasten als die Anwendung ber habe den ihm zugebilligten weitreichenden Entscheidungs
des § 4j EStG auf die gesamten Aufwendungen.46 Allerdings spielraum49 nicht in verfassungskonformer Weise ausgeübt oder
dürfte in ihm das Risiko eines strukturellen Vollzugsdefizits eine unzulässige Missbrauchsbekämpfungsnorm mit einem
angelegt sein. Denn dieser Ansatz würde Feststellungen atypischen Fall als Leitbild geschaffen,50 nicht nachvollziehbar.
41 So wohl auch EuGH vom 07.09.2004 – Rs. C-319/02, Manninen, DB 2004 S. 2023; Kokott/Ost, Aufgrund der Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 4j
EuZW 2011 S. 496. EStG auf nahestehende Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG wäre es
42 EuGH vom 06.10.2015 – Rs. C-66/14, FA Linz, RS1167950, Rn. 44, m.w.N. insb. auch zu kurz gegriffen, bei der Bewertung alleine die steu
43 Drummer, IStR 2017 S. 602.
44 Ritzer/Stangl/Karnath, DK 2017 S. 401. 47 BVerfG vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11, DB 2017 S. 1124, Orientierungssatz 1a.
45 Eine entsprechende Änderung hatten die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft im Rahmen 48 BVerfG vom 04.12.2002 – 2 BvR 400/98, DB 2003 S. 860 ,m.w.N.
der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf gefordert; die Stellungnahmen sind auf der In- 49 Vgl. dazu BVerfG vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11, DB 2017 S. 1124, Orientierungssätze 1a und 1b
ternetseite des Deutschen Bundestags unter http://hbfm.link/2418 abrufbar. sowie Rn. 98 ff.
46 Ähnlich zum Verfassungsrecht z.B. Heil/Pupeter, BB 2017 S. 1947. 50 Heil/Pupeter, BB 2017 S. 1947.
erliche Belastung des Stpfl. durch die Versagung des Betriebs VI. Zusammenfassung
ausgabenabzugs zu betrachten. Vielmehr müssen auch die Mit der Einführung der Lizenzschranke hat der Gesetzgeber in
Möglichkeiten verbundener Unternehmen, ihre Vertragsge unionsrechtlich und verfassungsrechtlich zulässiger Weise auf
staltungen einfacher als fremde Dritte an die neue Rechtslage die von OECD und G20 als schädlich identifizierten Präferenzre
anzupassen, die Minderung der Konzernsteuerquote aufgrund gime reagiert. Dass es dem Gesetzgeber nicht durch höherrangi
der präferenziellen Besteuerung beim Empfänger sowie die ges Recht verwehrt ist, eine Regelung wie § 4j EStG einzuführen,
Wirkung der Regelung, eine Gesamtsteuerbelastung herzu ist auch deshalb richtig, weil jedes andere Ergebnis faktisch einer
stellen, die annähernd der Steuerbelastung im vergleichbaren Kapitulation vor unfairem Steuerwettbewerb gleichkommen
Inlandsfall entspricht, berücksichtigt werden. würde und die bereits heute vielfach anzutreffenden Vorbehalte
gegenüber einer – in ihrer tatsächlichen Wirkung häufig nicht
2. Bestimmtheitsgebot von vorne herein vollständig abzuschätzenden – Aufgabe natio
Auch mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot ist ein Verstoß naler Besteuerungsrechte zugunsten sekundärrechtlicher Rege
nicht ersichtlich. Zwar enthält § 4j EStG neue Rechtsbegriffe lungen bestärken würde. Denn es erscheint unwahrscheinlich,
(z.B. Regelbesteuerung, Präferenzregelung). Diese lassen sich dass z.B. die Zins und Lizenzrichtlinie in ihrer heutigen Form
aber ohne Weiteres nach allgemeinen Kriterien auslegen. verabschiedet worden wäre, wenn die Mitgliedstaaten seinerzeit
Gesetzliche Vorschriften brauchen nur so bestimmt zu sein, bereits die Auswüchse, die die schädlichen Präferenzregime
wie dies nach der Eigenart der zu regelnden Sachverhalte mit seither genommen haben, vorhergesehen hätten. Dies gilt umso
Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Es genügt, dass die mehr in Anbetracht der aktuell stattfindenden Arbeiten zur
Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach Einführung einer gemeinsamen KStBemessungsgrundlage.
einrichten können.51 Dies ist bei § 4j EStG der Fall. Der Verweis
auf Kapitel 4 des OECDBerichts ist vor dem Hintergrund, dass Redaktionelle Hinweise:
die von der Regelung erfassten Präferenzregime in der vom – Zur Lizenzschranke vgl. auch Ritzer/Stangl/Karnath, DK 2017
Bundestag beschlossenen Fassung gerade an den Vorgaben S. 401 = DK1244511;
von OECD und G20 gemessen werden sollen, ebenfalls nicht – zur Entwurfsfassung vgl. Ritzer/Stangl/Karnath, DK 2017 S. 68 =
zu beanstanden.52 DK1227407;
51 BVerfG vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87 S. 234 = DB 1993 S. 236; vom 08.01.1981 – 2 – zum RegE vgl. auch Benz/Böhmer, DB 2017 S. 206 = DB1227655;
BvL 3/77, 2 BvL 9/77, BVerfGE 56 S.1. – zur Lizenzschranke vgl. auch Brandt, DB1238097 und DB 2017
52 So im Ergebnis auch Heil/Pupeter, BB 2017 S. 1947. S. 1483 = DB1241198 und Lüdicke, DB 2017 S. 1482 = DB1240023.
Steuerstrafrecht »DB1247839
RA Dr. Martin Wulf, Berlin
Jahre 20032005 gingen erst bei der KKG ein, nachdem Vorwurf des Prozessbetrugs wurde aufgehoben, da der BGH es
der A im Juni 2003 altersbedingt aus dem Unternehmen jedenfalls als möglich ansah, dass die Klagerücknahme seitens
ausgeschieden war. der KKG durch eine Täuschung seitens des Angeklagten im
2. Der zweite Teil der Provisionen war für den in Griechen Prozess erreicht worden sei und weil das LG diese Möglichkeit
land ansässigen P bestimmt, der dort als Agent und Han – aus der Sicht des BGH – nicht hinreichend bedacht hatte.
delsvertreter im Auftrag für die KKG tätig geworden war. Die nachfolgenden Anmerkungen konzentrieren sich auf die
Auch ihm war eine erfolgsabhängige Provision zugesagt steuerstrafrechtlichen Aspekte des Falls, einschließlich der
worden. P rechnete diese Provisionen unter dem Namen Frage der strafbefreienden Selbstanzeige. Die Ausführungen
der ihm zuzurechnenden Gesellschaft O Consultings Ltd. des 1. Strafsenats zum Betrug und auch die knappen Anmer
mit Sitz auf Zypern ab. P hatte zugesagt, den mit ihm seit kungen zum Umfang der gegen die KKG festzusetzenden
Studientagen befreundeten A an den erfolgsabhängigen Geldbuße nach § 30 OWiG bleiben hier außen vor.
Provisionen zu beteiligen. In den Jahren 2002 und 2004
überwies der P deshalb insgesamt rund 657.000 € auf II. Steuerhinterziehung zugunsten der K-KG
ein schweizer Konto des A, die dort verzinslich angelegt Der BGH geht für das Veranlagungsjahr 2002 von einer
wurden. Darüber hinaus verwendete der P aus eigenem vollendeten Steuerhinterziehung hinsichtlich der Gewinn
Entschluss, und ohne dazu von den Verantwortlichen feststellungen der KKG aus, da die an die BGbR gezahlten
der KKG aufgefordert worden zu sein, einen Teilbetrag Provisionen zu Unrecht als Betriebsausgaben geltend gemacht
i.H.v. 750.000 € dazu, den Ka – einen stellvertretenen Rüs worden seien. Soweit ersichtlich handelt es sich damit um die
tungsdirektor im Verteidigungsministerium in Athen – zu erste BGHEntscheidung überhaupt, in der die ausgeurteilte
bestechen. A hatte eingeräumt, dass der P einmal ange Steuerhinterziehung auf der Zahlung von „Bestechungsgel
setzt hatte, von entsprechenden Forderungen des Ka zu dern“ im internationalen Geschäftsverkehr resultiert.2
berichten. Er habe hierüber aber nichts wissen wollen.
Nachdem in Griechenland Korruptionsermittlungen einge 1. Vollendung durch unrichtige Gewinnfeststellung
leitet worden waren, reichte der A im Januar 2014 über seinen („Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile“)
StB eine Selbstanzeige mit geschätzten Zahlen zu den von Die Vollendung der Steuerhinterziehung soll nach Auffassung
P erhaltenen „KickBacks“ und zu den daraus entstandenen des BGH vorliegend in der Variante der Erlangung von „Steuer
Kapitalerträgen bei den Finanzbehörden ein. In der Folgezeit vorteilen“ eingetreten sein. Damit setzt der 1. Strafsenat seine
kam es zu einer Zusammenarbeit der griechischen und der bisherige Rspr. fort, wonach bereits der Erlass eines unzu
deutschen Ermittlungsbehörde im Wege der internationalen treffenden Bescheids über die einheitliche und gesonderte
Rechtshilfe. Der A wurde wegen Steuerhinterziehung ange Gewinnfeststellung zur Vollendung nach § 370 Abs. 1 AO
klagt, und zwar zum einen als Täter hinsichtlich des unge ausreicht. 3 Diese Rspr. ist erheblicher Kritik vonseiten der
rechtfertigten Abzugs von Betriebsausgaben auf Ebene der Literatur ausgesetzt.4 In seinen neueren Entscheidungen geht
KKG („Provisionen B“) und zum anderen als Täter wegen einer der BGH auf diese Kritik aber überhaupt nicht mehr ein, da
zu eigenen Gunsten begangenen EStHinterziehung („Provi der Senat seine eigene Rspr. insoweit wohl als gefestigt und
sion P“ und Kapitalerträge daraus). abgeschlossen ansieht.
Neben dem Vorwurf der Steuerhinterziehung wurde mit Allerdings kommt auch der 1. Strafsenat später – wenn er
der Anklage auch der Vorwurf des Betrugs erhoben. Denn die Frage der Strafzumessung und die Frage der Steuerhin
im Zusammenhang mit den begonnenen Ermittlungen hatte terziehung „in großem Ausmaß“ erörtert – nicht umhin, auf
die KKG ihren ehemaligen Mitarbeiter A vor dem ArbG auf die Steuerverkürzung als den eigentlichen Taterfolg einzu
Schadensersatz wegen der erhaltenen „KickBackZahlungen“ gehen. Denn erst wenn die zu niedrige Gewinnfeststellung
verklagt. Es handelte sich um eine Stufenklage, mit der im sich als Grundlagenbescheid in den Folgebescheiden (hier
ersten Schritt Auskünfte über etwaige Zahlungen verlangt den KStBescheiden der beteiligten Kommanditisten etc.)
wurden. A beantragte Klageabweisung und bestritt formal niedergeschlagen hat, ist es möglich, das Ausmaß der Rechts
die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Nach dem Austausch gutsbeeinträchtigung zu bestimmen. Die durch Umsetzung
von Schriftsätzen und noch vor Durchführung eines ersten der zu niedrigen Gewinnfeststellung ausgelöste Steuerver
Verhandlungstermins nahm die KKG ihre Klage zurück. Die kürzung wird in dem Urteil mit etwa 148.000 € angegeben.
Staatsanwaltschaft sah hierin einen Prozessbetrug des A. Damit lag der Verkürzungsbetrag i.S.v. § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO
Das LG München verurteilte den A wegen Beihilfe zur Steuer im vorliegenden Fall deutlich über dem Grenzbetrag für eine
hinterziehung hinsichtlich der Gewinnfeststellung der KKG 2 Vorangegangen zu § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG bislang nur BGH vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09,
(allerdings nur bezogen auf die Provisionsrechnungen der AUB/Siemens, RS0799717 = wistra 2010 S. 484, Rn. 49 ff. – dort ging es aber um den eher
BGbR aus dem Jahr 2002) und wegen täterschaftlich began untypischen Fall von verbotenen Zahlungen an Betriebsräte nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG;
gener Steuerhinterziehung hinsichtlich der eigenen ESt 2004. ergänzend verweist der BGH selbst auf die zu § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG bislang ergangene steuer
liche Rspr., insb. BFH vom 14.05.2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014 S. 684 = RS0699088, sowie vom
Dagegen wurde der A durch das LG vom Vorwurf des Prozess
14.07.2008 – VII B 92/08, BStBl. II 2008 S. 850 = DB 2008 S. 1953.
betrugs freigesprochen. 3 Grundlegend BGH vom 10.12.2008 – 1 StR 322/08, BGHSt 53 S. 99 (104 ff.) = RS0798532 =
Der BGH bestätigte die Verurteilung wegen Steuerhinterzie wistra 2009 S. 114; vom 02.11.2010 – 1 StR 544/09, RS0799919 = NStZ 2011 S. 294; vom
hung. Die hinsichtlich der ESt eingereichte Selbstanzeige sah 22.11.2012 – 1 StR 537/12, RS0802194 = NJW 2013 S. 1750; zuletzt vom 12.07.2016 – 1 StR
der 1. Strafsenat ebenso wie das LG als unwirksam an. Die 132/16, RS1213922 = wistra 2016 S. 410; Jäger, in: Klein (Hrsg.), AO, 13. Aufl. 2016, § 370
Rn. 122, m.w.N.
Revision der Staatsanwaltschaft, die teilweise eine weiter
4 Beckemper, NStZ 2002 S. 518; Sorgenfrei, wistra 2006 S. 370; Hellmann, in: HHSp, AO, § 370
gehende Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erreichen Rn. 299 ff. (November 2011); Wulf, Stbg 2011 S. 418; Schmitz/Wulf, in: MünchKomm-StGB,
wollte und die den Freispruch hinsichtlich des Betrugsvor 2. Aufl. 2015, § 370 AO Rn. 103 f.; Gaede, in: Esser/Rübenstahl u.a. (Hrsg.), Wirtschaftstrafrecht,
wurfs angriff, war in Teilen erfolgreich. Der Freispruch vom 2017, § 370 AO Rn. 200-203; alle m.w.N.
„Steuerverkürzung in großen Ausmaß“, der nach neuerer Rspr. leitenden Mitarbeiter, der als Diplomkaufmann über eine
mit einheitlich 50.000 € pro Veranlagung angegeben wird. 5 langjährige Berufserfahrung im unternehmerischen Bereich
Gleichwohl hat der Senat in dem vorliegenden Fall wegen verfügt, sah der BGH diese Voraussetzungen ohne Weiteres
der Umstände des Einzelfalls nicht beanstandet, dass das als erfüllt an. Wenn der A meinte, sich einer Freizeichnung
LG keinen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung der eingegangenen Rechnung nicht entziehen zu können,
angenommen hat.6 dann wäre er nach Auffassung des BGH rechtlich verpflichtet
gewesen, bei der Weiterleitung darauf hinzuwirken, dass die
2. Steuerhinterziehung wegen nicht abzugsfähiger Zahlung dem Ergebnis der KKG außerbilanziell hinzugerech
Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (Vz. 2002) net werden würde. Indem A die Rechnung freizeichnete, an die
Die Feststellung von Steuerhinterziehungen auf der Basis von Buchführung weiterleitete und nicht auf eine entsprechende
§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG stellt fachlich hohe Ansprüche an die Verbuchung hinwirkte, habe er den Bereich „neutraler“ Zuar
Ermittlungsbehörden, da es im Ausgangspunkt zunächst um beit verlassen, die Steuerhinterziehung des Jahres 2002 i.S.d.
originär strafrechtliche Rechtsfragen der Korruptionsvor Tatbestands gefördert und sich mithin wegen Beihilfe nach
schriften geht (§§ 331 ff. StGB). Darauf aufbauend sind dann § 27 StGB strafbar gemacht. 8
steuerliche Fragen zu prüfen (Voraussetzungen und Auswir Die Ausführungen des Senats sind an dieser Stelle wenig über
kungen der NichtAbzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG), raschend. Sie zeigen eindringlich, dass auch für Mitarbeiter,
die dann wiederum zu steuerstrafrechtlichen Konsequenzen die nicht unmittelbar mit der Bearbeitung der Steuererklärung
(§ 370 AO) führen. Derartige Fälle erfordern eine enge inhalt im Unternehmen befasst sind, steuerstrafrechtliche Risiken
liche Abstimmung zwischen den Finanz und den Strafverfol bei der Verbuchung nicht abzugsfähiger Ausgaben bestehen.
gungsbehörden. Sie zeigen zudem, wie sich verhindern lässt, dass zweifelhafter
Der vorliegende Fall war deshalb noch relativ einfach in Vertriebsaufwand zu steuerstrafrechtlichen Problemen führt:
den Griff zu bekommen, da schriftliche Dokumente und ein Wären die Aufwände zwar handelsrechtlich verbucht, aber
Geständnis des in Griechenland vernommenen Agenten P zu steuerlich als nicht abzugsfähig behandelt worden, so wäre
den Korruptionszahlungen vorlagen. Der BGH erwähnt knapp, dem A wegen der an die BGbR gezahlten Provisionen nichts
dass es nach der Struktur des Bestechungstatbestands aus passiert.9 Eine steuerliche Verfehlung (mit der daran anknüp
§ 334 Abs. 1 StGB nicht darauf ankommt, dass der damalige fenden langen Verjährungsfrist nach § 376 AO) hätte dann
griechische Verteidigungsminister ohnehin entschlossen war, nicht vorgelegen und mögliche Korruptionsvorwürfe gegen
die von den deutschen Herstellern angebotenen Panzerhaubit ihn waren bei Aufdeckung der Sachverhalte bereits verjährt.
zen zu erwerben. Denn da es sich bei der Auswahl des Lieferan
ten um eine Ermessensentscheidung handelte, war es bereits 3. Strafbarkeit durch Unterlassen wegen einer „Garanten-
tatbestandsmäßig, wenn der Minister sich nur irgendwie stellung“ für die Folgezeiträume (Vz. 2003-2005)?
von dem versprochenen und gewährten Vorteil beeinflussen In zeitlicher Hinsicht folgt der BGH mit bemerkenswerten
ließ. Darüber hinaus musste der BGH auf die Probleme des Ausführungen der vom LG vorgenommenen Beschränkung
zeitl ichen Anwendungsbereichs des EUBestechungsgesetzes der strafrechtlichen Haftung. Die Staatsanwaltschaft hatte
nicht näher eingehen. Dieses Gesetz, das den Anwendungsbe gefordert, dass der A auch hinsichtlich der als Betriebsaus
reich des deutschen Korruptionsstrafrechts auf ausländische gaben verbuchten Rechnungen der BGbR aus den Jahren
Amtsträger erstreckte, ist im September 1998 in Kraft getre 20032005 wegen Steuerhinterziehung verurteilt werden muss.
ten. Damit wäre die (erste) Provisionsvereinbarung zwischen Der A sei insoweit als „mittelbarer Täter“ zu behandeln, da er
der KKG und der BGbR aus dem März 1998 allein wohl nicht alle Umstände gekannt habe und insoweit mit „überlegenem
ausreichend gewesen, um die nachfolgende Zahlung der Pro Wissen“ hinsichtlich der Personen gehandelt habe, die als seine
visionen als tatbestandsmäßig einzuordnen. Der Senat weist Nachfolger im Unternehmen gutgläubig die Verbuchung der
aber darauf hin, dass diese Vereinbarung in den Jahren 2000 nach seinem Ausscheiden noch eingegangenen Rechnungen
und 2001 jew. verlängert wurde, sodass Handlungen vorlagen, veranlasst hätten.
die als Abschluss einer Unrechtsvereinbarung im zeitlichen Der Senat weist zur Erörterung dieser Frage einleitend darauf
Anwendungsbereich des IntBestG ausgelegt werden konnten.7 hin, dass für die Veranlagungsjahre 20032005 wegen des
Einen ersten inhaltlichen Schwerpunkt der Entscheidung zwischenzeitlichen Ausscheidens des A aus dem Unterneh
bildet die Frage, ob und in welchem Umfang sich der A durch men nur eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch
die interne Weiterleitung der durch die BGbR eingereichten Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) oder wegen Beihilfe durch
Provisionsrechnungen nach § 370 AO strafbar gemacht hat. Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 27 und § 13 StGB)
Die Verteidigung hatte eingewandt, dass der A nur für kauf in Betracht kommen konnte. Der A sei aber insoweit nicht als
männische Aufgaben zuständig war und dass er für die steu „Garant“ i.S. der allgemeinen Systematik der Unterlassungsde
erliche Geltendmachung der weitergeleiteten Rechnung nicht likte anzusehen. Selbst wenn man unterstellt, dass A durch die
verantwortlich gewesen sei. Dies ließ der BGH nicht gelten. Die Beauftragung der BGbR und die Zusammenarbeit mit dem
Voraussetzungen einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung seien P jew. Beiträge zu Bestechungshandlungen in Griechenland
erfüllt, sobald der Beitrag des Betroffenen die Begehung der leistete und demnach gegen Vorschriften des Korruptions
Haupttat nur „fördert“ und er dabei in dem Bewusstsein han strafrechts verstoßen hat, wäre ein solches Verhalten nach
delt, dass der tatbestandliche Erfolg eintreten wird. Bei einem Auffassung des BGH nicht geeignet, eine „Garantenstellung
kraft Ingerenz“ für die Steuererklärungen der KKG in den
5 BGH vom 27.10.2015 – 1 StR 373/15, RS1196622 = wistra 2016 S. 157.
6 Vgl. i.E. BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 52-55. 8 Vgl. hierzu BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 21-24.
7 Vgl. BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 17-18; die Frage, ob die „Verlängerung“ für sich das 9 Zur praktischen Vorgehensweise in solchen Fällen Spatscheck/Wulf, in: Streck/Mack/Schwed-
Merkmal der Unrechtsvereinbarung erfüllen kann, wird in der Entscheidung nicht thematisiert. helm (Hrsg.), Tax Compliance, 2. Aufl. 2016, Tz. 3.413-3.419, m.w.N.
Jahren 20032005 zu begründen. Denn die Beteiligung an einer Provisionen finanziert wurden, nicht bei der Bemessung der
Bestechung löse „keine Garantenstellung für die Erfüllung steuerstrafrechtlichen Vorwürfe für das Jahr 2002. Zwar ging
steuerlicher Pflichten des Bestechenden aus“. Folgerichtig das Gericht durchaus davon aus, auch hinsichtlich dieses
könne die NichtVerhinderung oder NichtErschwerung der Betrags lägen nicht abzugsfähige Betriebsausgaben vor. Der A
Steuerhinterziehung des Unternehmens dem ausgeschiedenen habe von den Zahlungen an Ka aber keine „positive Kenntnis“
Mitarbeiter nicht als Steuerhinterziehung durch Unterlassen gehabt.
oder als Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Unterlassen An dieser Stelle greift der BGH ein und kritisiert, dass das LG
angelastet werden. Es fehlt an einer rechtlichen Verpflichtung – augenscheinlich – davon ausgegangen sei, eine Strafbarkeit
und einer damit korrespondierenden „Sonderverantwortlich des A setze positive Kenntnis voraus. Dies wäre selbstverständ
keit“ für die Verhinderung von Straftaten.10 lich nicht zutreffend. Denn eine Strafbarkeit wegen Beihilfe
Die Ausführungen des BGH an dieser Stelle sind sehr ausführ käme bereits dann in Betracht, wenn der A nur mit bedingtem
lich und betonen zutreffend, dass das Institut der Begründung Vorsatz hinsichtlich der Begehung der Haupttat und hinsicht
von Handlungspflichten unter dem Gesichtspunkt der „Inge lich seines eigenen „fördernden“ Beitrags gehandelt hätte.
renz“ durch den Schutzzweck der Normen begrenzt ist, die die Es erscheint aber fraglich, ob die vom BGH in diesem Punkt
Pflichtwidrigkeit des Vorverhaltens begründen. Auch wenn ausgesprochene Aufhebung des Strafausspruchs und Zurück
§ 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG als steuerliche Vorschrift konzipiert verweisung an das LG zutreffend waren, oder ob nicht der
ist, um einen „Beitrag zur Bekämpfung der Korruption“ zu BGH selbst einen Punkt übersieht. Denn Auslöser für die
leisten, reicht der Zusammenhang umgekehrt nicht so weit, NichtAbzugsfähigkeit von Aufwendungen nach § 4 Abs. 5
dass der Beteiligte an einer Korruptionsstraftat rechtlich Nr. 10 EStG ist, dass der „Stpfl.“ die strafbaren Zuwendungen
zum Einschreiten verpflichtet ist, um nachfolgende Steuer veranlasst hat. Die NichtAbzugsfähigkeit ist in gewisser Weise
verkürzungen zu verhindern. I.Ü. ist durchaus streitig, ob die Sanktion für ein Fehlverhalten, das dem Stpfl. zuzurechnen
allgemeinen (und im Rahmen von § 13 StGB anerkannten) sein muss. Dies bedeutet für Gesellschaften, dass die tatbe
Garantenpflichten geeignet sind, das Blankett der „Pflicht standsmäßigen Korruptionshandlungen den vertretungsbe
widrigkeit“ i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auszufüllen, sodass nach rechtigten Personen oder Organen zuzurechnen sein müssen.13
der wohl h.M. jedenfalls nur eine Beihilfe durch Unterlassen in Dies setzt mindestens Kenntnis der Verantwortlichen von
Betracht gekommen wäre, selbst wenn man das Vorliegen von dem Fehlverhalten von Mitarbeitern voraus. Handeln einfache
Ingerenz hätte bejahen wollen.11 Mitarbeiter ohne Auftrag und Kenntnis der Geschäftsführung,
so greift das Abzugsverbot nicht ein.14
4. Steuerhinterziehung hinsichtlich der Zuwendung an den Einen Auftrag der KKG an den P zur Vornahme von Beste
Rüstungsdirektor K aus dem Jahr 2002? chungshandlungen war nicht erteilt worden. Den Feststellun
Hinsichtlich eines weiteren Details war die Revision der Staats gen nach setzte der P seinen Ansprechpartner A auch nicht in
anwaltschaft allerdings erfolgreich. Das LG hatte festgestellt, Kenntnis, bevor er die Bestechungszahlung ausführte. Soweit
dass neben der (über die BGbR organisierte) Bestechung des aber die Geschäftsführung hinsichtlich dieser Zahlung gut
Verteidigungsministers auch eine Bestechungszahlung an gläubig war und der Prokurist A erst nachträglich von der
den Rüstungsdirektor Ka vorgenommen worden war. Ka war durch P geleisteten Bestechungszahlung erfahren hatte, wäre
wegen anderer Vorwürfe verhaftet worden und hatte gestan die außerbilanzielle Hinzurechnung von zwei weitergehenden
den, im Zusammenhang mit dem Erwerb der Panzerhaubitzen Fragen abhängig gewesen:
mindestens 750.000 € von dem P erhalten zu haben. Dieses 1. Führt die nachträgliche „Genehmigung“ solcher Zahlun
Geständnis führte zu der Verhaftung des P in Griechenland. gen zum Abzugsverbot und
Die Staatsanwaltschaft hatte dies zum Anlass genommen, 2. ist die Entscheidung eines Prokuristen an dieser Stelle
für die an P geleisteten Provisionen insgesamt von nicht wirksam, um das steuerliche Abzugsverbot auszulösen?
abzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG Orientiert man sich an den Sachverhaltselementen, die durch
auszugehen und hatte den A auch insoweit als Täter einer den BGH in der Revisionsentscheidung mitgeteilt werden, so
Steuerhinterziehung (zugunsten der KKG) angeklagt. ist schon zweifelhaft, ob von einer „Genehmigung“ gesprochen
Das LG stellte hierzu fest, dass P seitens der KKG nur mit den werden kann. Sollte der A nur nachträglich mit der Zahlung
„üblichen Unterstützungstätigkeiten“ beauftragt und „nicht konfrontiert worden sein und dem P dann erklärt haben,
mit Bestechungen“ betraut gewesen sei. Die Bestechung des Ka dass dies nicht in seinem Sinn gewesen sei,15 so lässt sich
sei „aus eigenem Entschluss“ des P hin erfolgt. Ausdrücklich kaum von einer nachträglichen Zustimmungsentscheidung
habe er hierüber gegenüber dem A und den Verantwortlichen
der KKG nicht berichtet. Allenfalls habe er gegenüber dem A 13 Allgemeine Auffassung, vgl. nur Wied, in: Blümich (Hrsg.), EStG, § 4 Rn. 902 (Okt. 2015); Spilker,
einmal entsprechende Forderungen des Ka erwähnt.12 Das LG in: Kirchhof/Söhn (Hrsg.), EStG, § 4 Rn. Q 16 (Juli 2015); Bode, in: Kirchhof (Hrsg.), EStG, 13. Aufl.
berücksichtigte auf dieser Tatsachenbasis die Zuwendung an 2014, § 4 Rn. 229; Stapf, DB 2000 S. 1092 (1097); Gotzens, DStR 2005 S. 673 (676) – alle unter
Hinweis auf die zutreffenden Aussagen im Erlass des BMF vom 10.10.2002, BStBl. I 2002 S. 1031
den Ka, die mittelbar aus den von der KKG an P gezahlten
= DB 2002 S. 2297, Rn. 7 (missverständlich insoweit Spatscheck/Wulf, a.a.O. [Fn. 9], Rn. 3.409).
10 BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 74-86. 14 Streitig ist, welche Voraussetzungen i.E. für die Zurechnung bei einer Gesellschaft erforderlich
11 Gegen eine Anwendung von § 13 StGB auf § 370 Abs. 1 AO Gaede, a.a.O. (Fn. 4), § 370 AO sind: das BMF (a.a.O. [Fn. 13]) stellt auf „vertretungsberechtigte Personen und Organe“ ab und
Rn. 136; Schmitz/Wulf, a.a.O. (Fn. 4), § 370 AO Rn. 331; Kasiske, wistra 2014 S. 100; Reichling/ will auch die nachträgliche Genehmigung ausreichen lassen; Heinicke, in: Schmidt (Hrsg.), EStG,
Lange, NStZ 2014 S. 311; im Ergebnis ablehnend wohl auch Ransiek, in: Kohlmann (Hrsg.), 36. Aufl. 2017, § 4 Rn. 611, will neben den Handlungen der Geschäftsführer ausdrücklich auch
Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 224 (Nov. 2012); a.A. dagegen Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt die Handlungen von Prokuristen für eine Zurechnung genügen lassen.
(Hrsg.), Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 Rn. 237-238; der BGH neigt zu der von Joecks 15 BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 60: „Zwar habe P zu einem nicht mehr feststellbaren
vertretenen Auffassung (vgl. BGH vom 09.04.2013 – 1 StR 586/12, RS0802476 = wistra 2013 Zeitpunkt dazu angesetzt, dem Angeklagten mitzuteilen, dass K einen Teil der von ihm erhalte-
S. 314), musste diese Frage bislang aber nicht abschließend entscheiden. nen Provision fordern würde. Allerdings habe ihn der Angeklagte mitten im Satz mit der Äuße-
12 BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 60. rung gestoppt, dass er davon nichts hören wolle und dass dies nur ihn, P, etwas angehen würde“.
sprechen. Auf die Frage der „Vertretungsmacht“ würde es dann halb die Frage, worin genau die „Leistung“ des A zu sehen ist,
schon nicht mehr ankommen. Auf dieser Sachverhaltsbasis die zur Steuerpflicht der Rückvergütung führt.
wäre es dann objektiv nicht möglich, von nicht abzugsfähigen Der BGH fasst die Feststellung des LG mit der Formulierung
Betriebsausgaben auszugehen. Der „Freispruch“16 des A hin zusammen, der A habe die Zahlung aufgrund stillschweigen
sichtlich der Bestechungszahlung an den Rüstungsdirektor Ka der Einigkeit mit dem P für seine „Mitwirkung am Erfolg des
hätte bestehen bleiben müssen. Projekts“ erhalten sollen. Der BGH verweist hierzu auf die
Rspr. des BFH, wonach kein synallagmatisches Verhältnis von
III. ESt-Hinterziehung zu eigenen Gunsten (§§ 370, 371 AO) Leistung und Gegenleistung gefordert wird, sondern es ausrei
Das LG hatte den A ergänzend wegen EStHinterziehung (zu chend sein soll, wenn der Empfänger die Zahlung nachträglich
eigenen Gunsten) in Bezug auf das Veranlagungsjahr 2004 als eine „im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun,
verurteilt. Dem lagen Überweisungen der O Consultants Ltd. Dulden oder Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche“
aus Zypern auf ein Konto des A bei einer Bank in der Schweiz annimmt.18
zugrunde, die für die Jahre 2001, 2002 und 2004 feststellbar Der BFH betont in seinen Entscheidungen allerdings auch
waren. Sodann waren dort bis zu der Auflösung des schwei immer wieder, dass „nicht jede Einnahme, die durch eine
zer Kontos Kapitalerträge entstanden.17 Für die Strafbarkeit Tätigkeit ausgelöst wird, auch zu Einkünften gem. § 22 Nr. 3
wegen EStHinterziehung für das Jahr 2004 kam es maß EStG“ führt.19 Man kann deshalb die Frage stellen, ob es als
geblich auf die Zeitabläufe an. Denn der A selbst hatte den auslösendes Moment ausreicht, dass der P dem A eine Erfolgs
maßgeblichen Sachverhalt in einer am 06.01.2014 abgegebenen beteiligung für eine Tätigkeit gewährte, die der A im Interesse
„Selbstanzeige“ gegenüber seinem EStFA offengelegt. Damit seines Arbeitgebers und im Rahmen seiner nichtselbststän
hätte Straffreiheit oder zumindest eine Verfahrenseinstellung digen Tätigkeit jedenfalls erbringen wollte und musste. Es
nach § 398a AO eintreten können. Das LG ging aber davon aus, wäre zur weiteren Präzisierung des Begriffs der „sonstigen
dass die Erklärung vom 06.01.2014 wegen der vorhergehenden Einkünfte“ durchaus wünschenswert gewesen, wenn der BGH
Tatentdeckung nach § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO unwirksam gewesen insoweit auf den Veranlassungszusammenhang näher einge
sei. Denn wenige Tage zuvor, am 03.01.2014, war der P von den gangen wäre.
griechischen Ermittlungsbehörden vernommen worden und
hatte dabei angegeben, erhebliche Geldbeträge an den A in 2. Sperre der Selbstanzeige durch Tatentdeckung
die Schweiz überwiesen zu haben. Den griechischen Behör (§ 371 Abs. 2 Nr. 2 AO)
den lagen zu diesem Zeitpunkt auch die Kontoauszüge der O Der BGH sah das Schreiben vom 06.01.2014, in dem der Sach
Consultants Ltd. vor. Über diesen Ermittlungsstand in Grie verhalt und geschätzte Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt
chenland war in den Tagen vor dem 06.01.2014 in deutschen worden waren, nicht als wirksame Selbstanzeige an, da zuvor
OnlineMedien auch bereits berichtet worden. bereits Tatentdeckung i.S.v. § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO eingetreten
sei und bestätigte insoweit die Rechtsauffassung des LG.
1. ESt-Hinterziehung in Bezug auf „Kick-Back-Zahlungen“ Der genannte Sperrgrund setzt sich aus einer objektiven Kom
Der Vorwurf der EStHinterziehung gegen den A setzte voraus, ponente (Steuerstraftat ganz oder teilweise entdeckt) und
dass die durch den P veranlassten Rückflüsse für den A steuer einer subjektiven Komponente (Täter wusste dies oder musste
pflichtige Einnahmen darstellten. Denn die in der Schweiz bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen)
erzielten Kapitalerträge allein hätten nicht ausgereicht, um zu zusammen. Rechtlich problematisch war hier die objektive
einer Steuerverkürzung „in großem Ausmaß“ zu führen, die Komponente, da im Zeitpunkt der Nacherklärung nur die
wiederum Voraussetzung dafür war, dass die Verhältnisse des griechischen Behörden über Erkenntnisse verfügten, sodass
Jahres 2004 bei Beginn der Ermittlungen im Jahr 2014 noch es darauf ankam, welche Voraussetzungen an eine Tatentde
verfolgt werden konnten. ckung durch ausländische Behörden zu stellen sind. Subjektiv
Der BGH bestätigt die Annahme des LG, dass die Rückvergü ging es um die Frage, ob der A die Presseberichte zur Kenntnis
tungen für den A im Jahr 2004 zu sonstigen Einkünften i.S.v. genommen hat, die über den Stand der Ermittlungen in Grie
§ 22 Nr. 3 EStG geführt hätten. Dies war nach den Besonder chenland berichtet hatten. Dies war vor allem eine Frage der
heiten des Sachverhalts nicht selbstverständlich. Denn die Beweiswürdigung.
vorliegende Konstellation weicht von den typischen KickBack
Sachverhalten ab. Im typischen Fall soll der Rückfluss den a) Objektive Voraussetzungen
Mitarbeiter dazu motivieren, unter Verletzung der Interessen Zur Beschreibung der objektiven Voraussetzungen verwendet
seines Arbeitgebers die Vergabe von Aufträgen o.Ä. zu beein der BGH seit über 30 Jahren eine feststehende Formel.20 Danach
flussen. In diesen Fällen ist der KickBack die Gegenleistung liegt Tatentdeckung vor, „wenn bei vorläufiger Tatbewertung
für die erfolgte Einflussnahme. Im vorliegenden Fall handelte die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses
der A dagegen hinsichtlich der Erlangung des Auftrags voll gegeben ist“. Die Formulierung geht auf die grundlegende
und ganz im Interesse seiner Arbeitgeberin. Es stellt sich des Entscheidung des seinerzeit zuständigen 3. Strafsenats vom
16 Achtung: Technisch handelt es sich gerade nicht um einen Teilfreispruch, sondern die Betriebs- 18 Grundlegend BFH vom 21.09.2004 – IX R 13/02, BStBl. II 2005 S. 44 = DB 2004 S. 2727; zur nach-
ausgaben aus der „Provision P“ sind Gegenstand der Beihilfetat, für die A hinsichtlich der „Provi- träglichen Gewährung eines Entgelts auch bereits BFH vom 21.09.1982 – VIII R 73/79, BStBl. II
sion B“ zu Recht wegen Beteiligung an der Steuerhinterziehung verurteilt wurde. 1983 S. 201 = DB 1983 S. 754; der BGH verweist zusätzlich auf BFH vom 25.02.2009 – IX R 33/07,
17 Die Sachverhalte für die Jahre 2001 und 2002 waren strafrechtlich verjährt, mutmaßlich weil RS0763909 = DStR 2009 S. 1529, sowie auf seine eigene Entscheidung im Fall „Gribkowsky“,
vor Einführung der verlängerten, strafrechtlichen Verjährungsfrist (25.12.2008) bereits die alte, BGH vom 06.09.2016 – 1 StR 575/15, wistra 2017 S. 104.
fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen war; für die Veranlagungsjahre nach 2004 dürfte eben- 19 So auch in der vom BFH zitierten Entscheidung vom 25.02.2009, a.a.O. (Fn. 18), DStR 2009
falls Verjährung eingetreten sein, da die Steuerverkürzung aus den nichterklärten Kapitalerträ- S. 1530.
gen allein kaum die Grenze zum „großen Ausmaß“ überschreitet. 20 BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 30-31.
13.05.1983 zurück.21 Diese Formel hat nachfolgend sowohl der 5. c) Entdecker muss die erlangte Information an die zuständigen
Strafsenat in seiner „Konzertveranstalter“Entscheidung vom Strafverfolgungsbehörden weitergeben
05.04.2000 als auch der 1. Strafsenat in seiner „Selbstanzeige“ Schließlich muss bei der Tatentdeckung durch Dritte neben
Entscheidung vom 20.05.2010 bestätigt. 22 Sie sollte eigentlich der Erfassung des Sinngehalts hinzukommen, dass der „Ent
zum Ausdruck bringen, dass der Kenntnisstand für eine decker“ die erlangte Information an die zuständigen Strafver
Tatentdeckung über einen bloßen Anfangsverdacht hinausge folgungsbehörden weitergeben wird. Anderenfalls begründet
hen muss.23 In der neueren Rspr. verblasst dieser ursprüngliche die Kenntniserlangung durch ihn keine erhöhte Verurteilungs
Bedeutungsgehalt der Formel zunehmend. Auch im vorliegen wahrscheinlichkeit. Der BGH konnte bei seiner Entscheidung
den Fall wird nicht klargestellt, ob der Senat der von ihm zitier auf ein Urteil aus dem Jahr 1987 Bezug nehmen, in dem sich
ten Rspr. inhaltlich folgt oder ob er in Wirklichkeit heute einen der seinerzeit für das Steuerstrafrecht zuständige 3. Strafsenat
Anfangsverdacht ausreichen lassen will. Konkret begnügt sich mit einer ähnlichen Konstellation auseinandergesetzt hatte.25
der 1. Strafsenat mit der Formulierung, für die griechischen Dort ging es um Beweismittel, die die örtliche Polizei bei einer
Ermittlungsbehörden sei es „nach kriminalistischer Erfah- Durchsuchung in der Schweiz erlangt hatte und aus denen
rung ausgesprochen naheliegend“ gewesen, dass die für sie auf das Vorliegen einer (versuchten) Steuerhinterziehung in
sichtbaren Zahlungen in die Schweiz in Deutschland nicht Deutschland geschlossen werden konnte. Der BGH hob das
als Einnahmen versteuert würden. Ob damit ein Ermittlungs erstinstanzliche Urteil auf und verwies das Verfahren an das
stand eingetreten sein soll, der über einen Anfangsverdacht LG zurück mit dem Auftrag, Feststellungen dazu zu treffen,
hinausging, wird nicht recht deutlich. ob bis zum Tag der Selbstanzeige in der Schweiz Umstände
eingetreten waren, die es wahrscheinlich machten, dass die
b) Vorläufige „Bewertung der Verurteilungswahrscheinlichkeit“ Schweizer Behörden von sich aus Rechtshilfe leisten würden.
Sicher ist, dass auch im Fall der Tatentdeckung durch einen Eine solche Prüfung war auch im vorliegenden Fall erfor
Dritten jener Dritte eine rechtliche Bewertung vornehmen derlich. Ob aber am 06.01.2014 davon auszugehen war, dass
muss. Denn ohne die vorläufige „Bewertung der Verurtei die griechischen Behörden von sich aus Erkenntnisse nach
lungswahrscheinlichkeit“ ist die Entdeckung begrifflich nicht Deutschland übermitteln würden, die im Inland zur Verurtei
denkbar. Zwar wird man bei der Entdeckung durch Dritte lung des A führen würden, darf mit einem Fragezeichen verse
keine rechtliche Subsumtion erwarten können, sondern eine hen werden. Eine autonome Auskunftserteilung griechischer
Parallelwertung in der Laiensphäre als ausreichend erachten.24 Behörden scheint bis heute Seltenheitswert zu haben. Der BGH
Gerade bei ausländischen Behörden ist aber zu verlangen, legt dies auch nicht zugrunde, sondern behilft sich mit einem
dass sie den rechtlichen Gehalt der erlangten Erkenntnisse Kniff: Er stellt darauf ab, dass die in Griechenland gewonnenen
zutreffend einordnen. Genau genommen hätte also geprüft Erkenntnisse in der gegebenen Situation („hohes Medieninter
werden müssen, ob die griechischen Behörden am 06.01.2014 esse“) voraussichtlich „an die deutschen Ermittlungsbehörden
bei vorläufiger Bewertung davon ausgingen, dass in Deutsch auf deren Ersuchen“ weitergeleitet worden wären.26 Die Tatent
land die Verurteilung wegen EStHinterziehung für das Jahr deckung soll danach in Griechenland eingetreten sein – die
2002 wahrscheinlich war. Dies setzt mindestens Mal voraus, notwendige Verurteilungswahrscheinlichkeit wird dann aber
dass die griechischen Behörden überhaupt davon ausgingen, daraus abgeleitet, dass die deutschen Behörden aufgrund von
dass der Rückfluss des Geldes in Deutschland steuerbar war. Medienberichten aufmerksam wurden (ohne die konkrete Tat
In Anbetracht der Tatsache, dass dies schon nach deutschem zu entdecken) und eigene Rechtshilfeersuchen nach Griechen
Recht keine Selbstverständlichkeit ist, sind die Ausführun land richteten. Diese Lösung erscheint zweifelhaft. Denn nach
gen zur vermeintlichen Tatentdeckung im konkreten Fall dem ursprünglichen Verständnis soll es darauf ankommen, ob
m.E. nicht ausreichend. Es fehlt jede Feststellung dazu, wie der Dritte von sich aus die Erkenntnisse offenbaren wird und
die griechischen Ermittlungsbeamten die steuerliche Situa nicht darauf, ob er auf Nachfrage bereit wäre, die Informatio
tion in Deutschland am 06.01.2014 einschätzten. Hätten die nen mit den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu teilen.
griechischen Behörden über die Frage der Steuerpflicht von Die Kritik ist an dieser Stelle zugegebenermaßen etwas spe
Rückflüssen in Deutschland am 06.01.2014 noch überhaupt kulativ, da über die weitere Entwicklung des Sachverhalts auf
nicht nachgedacht oder hätten sie es für gut möglich gehalten, Basis der in Griechenland am 06.01.2014 vorliegenden Erkennt
dass solche Rückflüsse in Deutschland steuerfrei sein könnten, nisse wenig gesagt werden kann. M.E. kann dieses Problem
so hätte objektiv keine Tatentdeckung vorgelegen. der Sachverhaltsermittlung aber nicht dadurch überbrückt
Auch der Umstand, dass die Rückflüsse verschleiert worden werden, dass man sich mit der Wahrscheinlichkeit eines aus
waren, war kein eindeutiges Indiz für eine Steuerpflicht. Denn Deutschland heraus veranlassten Rechtshilfeersuchens behilft.
offenkundig verhielt sich der A durch die Entgegennahme
des Rückflusses pflichtwidrig gegenüber seinem Arbeitgeber. IV. Fazit
Schon dies war ausreichender Anlass für ihn, um über eine Die Entscheidung des BGH vom 09.05.2017 behandelt unglaub
Verschleierung nachzudenken. lich viele Rechtsprobleme und Details. Nur ein Teil von ihnen
konnte hier besprochen werden. Steuerstrafrechtlich illustriert
der Fall eine ganze Reihe der Praxisprobleme, die sich bei der
21 BGH vom 13.05.1983 – 3 StR 82/83, NStZ 1983 S. 415 = wistra 1983 S. 197. Aufarbeitung von Korruptionszahlungen ins Ausland stellen
22 BGH vom 05.04.2000 – 5 StR 226/99, RS0787067 = wistra 2000 S. 219 (225 f.), und vom können. Der BGH trifft wichtige Aussagen zur Reichweite
20.05.2010 – 1 StR 577/09, RS1005409 = wistra 2010 S. 304 (306 f.).
von § 370 AO, denen zuzustimmen ist. Fraglich erscheint, ob
23 Vgl. i.E. BGH vom 13.05.1983, a.a.O. (Fn. 21); nachfolgend bestätigt auch durch BGH vom
24.10.1984 – 3 StR 315/84, wistra 1985 S. 74 (75).
24 In diesem Sinne auch Joecks, a.a.O. (Fn. 11), § 371 Rn. 317, unter Hinweis auf Blumers, wistra 25 BGH vom 13.05.1987 – 3 StR 37/87, wistra 1987 S. 293.
1985 S. 87: Der Dritte muss das Verhalten „in seinem Sinngehalt“ erfassen. 26 BGH vom 09.05.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 37.
die Konstellation der selbstständigen Vornahme von Beste hätte, eine weitergehende Aufklärung des Sachverhalts zu
chungshandlungen durch den ausländischen Handelsvertreter veranlassen.
steuerlich zutreffend eingeordnet wurde, denn die Anwendung
von § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG setzt bei Gesellschaften voraus, dass Redaktionelle Hinweise:
die vorgenommene strafbare Zuwendung ihren gesetzlichen – BGH vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16, RS1243072;
Vertretern zugerechnet werden kann. – zur Steuerhinterziehung großen Ausmaßes vgl. Talaska, DB 2016
Bei der Beurteilung der strafbefreienden Selbstanzeige setzt S. 673 = DB1195683;
der BGH seine restriktive Rspr. fort. Die Sperrwirkung einer – zur Selbstanzeige vgl. Talaska, DB 2015 S. 944 = DB0694475; Buse,
„Tatentdeckung“ durch ausländische Behörden wird in dem DB 2015 S. 89 = DB0689700;
Urteil bejaht, obwohl nach den vorangegangenen Entschei – zur steuerlichen Transparenz durch ein Tax Compliance System
dungen anderer BGHSenate eigentlich Anlass bestanden und die Anforderungen nach IDW PS 980 vgl. Risse, DB1247081.
Kompakt
Verwaltungsanweisungen
EU/EWRHerkunftsstaat gesellschaftsrechtlich der Gründungs geäußert hat. Die weitere Klärung durch den BFH im Haupt
theorie folgt. Folgt der EU/EWRStaat der Sitztheorie, kann sacheverfahren (vgl. FG SachsenAnhalt vom 25.05.2016 –
nach ausländischem Gesellschaftsrecht mit der Verlegung des 3 K 1521/11; Az. der Revision: I R 81/16) bleibt abzuwarten.
Verwaltungssitzes eine Auflösung der im Ausland gegründeten Rechtsbehelfsverfahren in gleichgelagerten Fällen, in denen
KapGes. einhergehen. Dies hat zur Folge, dass das Vermögen und sich der Einspruchsführer auf das genannte Revisionsverfah
die Einkünfte den Gesellschaftern unmittelbar oder mittelbar ren beruft, sind gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhend zu stellen.
über eine anzunehmende PersGes. zuzurechnen sind (Hinweis Hinweis: Erzielt die ausländische KapGes. aus der Verwal
auch auf die BGHUrteile vom 27.10.2008 – II ZR 158/06, DB tung mehrerer inländischer Grundstücke Einkünfte, ist eine
2008 S. 2825 und II ZR 290/07, RS0723965). Nach dem EuGH einheitliche Gewinnermittlung für die gesamte inländische
Urteil vom 16.12.2008 – Rs. C210/06, Cartesio, DB 2009 S. 52, gewerbliche Betätigung zu erstellen. Die Vermietung mehrerer
verstoßen die nationalen Vorschriften des Gesellschaftsrechts inländischer Grundstücke stellt aufgrund des sachlichen, insb.
der Mitgliedstaaten nicht gegen die Grundfreiheiten des EGV, organisatorischen, wirtschaftlichen und/oder finanziellen
wenn sie den nach ihrem nationalen Recht gegründeten Gesell Zusammenhangs eine wirtschaftliche Einheit dar.
schaften verwehren, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu Im Rahmen der Gewinnermittlung sind alle Wirtschaftsgüter,
verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft des nationa die mit der inländischen Einkunftsquelle im wirtschaftlichen
len Rechts des Mitgliedstaats, nach dessen Recht sie gegründet Zusammenhang stehen (Analogie zu § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG),
wurde, zu behalten. Durch Onlineabfragen bei ausländischen als (fiktives) Betriebsvermögen der ausländischen KapGes. ein
Handelsregistern kann die rechtliche Existenz der ausländischen zuordnen. Dies sind nach Auffassung der Finanzverwaltung
Gesellschaften überprüft werden (vgl. auch Arbeitspapier Prü neben der Immobilie insb. auch Mietkonten, Mietforderungen
fung der rechtlichen/tatsächlichen Existenz von ausländischen sowie Verbindlichkeiten. Zur Erfassung der Wirtschaftsgüter
KapGes.). Darüber hinaus sollte in Zweifelsfällen über das BZSt in der Eröffnungsbilanz bei erstmaliger Gewinnermittlung
geklärt werden, ob die ausländische Gesellschaft rechtsform nach § 4 Abs. 1 EStG ab dem Vz. 2009 vgl. BMF vom 16.05.2011
wahrend ihren Verwaltungssitz ins Inland verlegen kann. (a.a.O., Rz. 8). Diese Zuordnung hat zur Folge, dass ab dem
Vz. 2009
2. Einkunftsart im Rahmen der beschränkten Steuer – jede für Betriebsvermögen zulässige AfAMethode in
pflicht Anspruch genommen werden kann und
Ab dem Vz. 2009 erzielt die ausländische Körperschaft aus – Teilwertabschreibungen vorgenommen werden können
der Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke (allerdings nur soweit die Gewinnermittlung durch
aufgrund der durch das JStG 2009 erfolgten Gesetzesände Betriebsvermögensvergleich erfolgt, vgl. H 6.7 Teilwertab
rung gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f schreibung EStH 2015)
Doppelbuchst. aa EStG. Diese Umqualifizierung der in den vor Hinsichtlich eines möglichen Wegfalls einer steuerverstrickten
angegangenen Vz. bei ausländischen KapGes. als Überschuss Darlehensverbindlichkeit wird gebeten, das BFHUrteil vom
einkünfte i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu erfassenden Einkünfte 07.12.2016 – I R 76/14 (BStBl. II 2017 S. 704 = DB 2017 S. 759) zu
aus Vermietung und Verpachtung erfolgt kraft gesetzlicher beachten. Danach gehört die Wertveränderung der Fremd
Fiktion (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG). Die Annahme finanzierungsverbindlichkeit für den Grundstückserwerb
gewerblicher Einkünfte bedeutet aber nicht, dass eine fiktive jedenfalls dann nicht zu den inländischen Einkünften aus
inländische Betriebsstätte begründet wird. Vermietung und Verpachtung oder aus Veräußerung i.S.d. § 49
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG, wenn der durch den Verzicht auf die
3. Ermittlung der Einkünfte im Rahmen der beschränkten Darlehensforderung entstehende Vermögenszuwachs nicht
Steuerpflicht in einem entsprechenden Veranlassungszusammenhang zur
3.1 Allgemeines Vermietung oder Veräußerung des in Rede stehenden Grund
Die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa EStG stücks steht.
gewerblichen inländischen Einkünfte der ausländischen Die Übertragung stiller Reserven auf Reinvestitionsgüter
KapGes. sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu ermitteln. Die oder die Bildung von Rücklagen nach § 6b bzw. § 6c EStG
Gewinnermittlung kann grds. entweder durch Einnah ist mangels inländischer Betriebsstätte weiterhin nicht
menüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder durch zulässig. Bei Rechtsbehelfen sind die sich aus dem Erlass des
Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG erfolgen. Die Verpflich FinMin. NRW vom 01.06.2016 ergebenden Berichtspflichten
tung zur Führung von Büchern richtet sich nach §§ 140, 141 zu beachten.
AO. Nach § 140 AO sind für die Besteuerung Bücher zu führen, Die Zinsschranke i.S.d. §§ 4h EStG, 8a KStG ist ab dem
wenn diese bereits nach „anderen Gesetzen als den Steuer Vz. 2009 unmittelbar anwendbar; die ergänzende Regelung
gesetzen“ zu führen sind, wobei auch ausländische Rechts des § 8a Abs. 1 Satz 4 KStG ist durch die Umqualifizierung der
normen eine Buchführungspflicht nach § 140 AO begründen Einkünfte in diesen Fällen nicht mehr einschlägig. Bei den
können (vgl. BMF vom 16.05.2011, BStBl. I 2011 S. 530, Rz. 3 ausländischen KapGes., die mit ihren im Inland belegenen
bzw. R 4.1 Abs. 4 Satz 2 EStR 2012). Besteht keine Verpflichtung Immobilien beschränkt steuerpflichtig sind, handelt es sich
zur Buchführung gem. § 140 AO und werden die Umsatz und/ um Betriebe i.S. der Zinsschranke. Der Betrieb umfasst dabei
oder Gewinngrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten, ist die sowohl die inländischen als auch die ausländischen Betriebs
ausländische Gesellschaft – mit Wirkung für die Zukunft – zur teile. Für die Anwendung des § 4h EStG i.V.m. § 8a KStG ist
Führung von Büchern aufzufordern (vgl. § 141 Abs. 2 AO). jedoch nur auf die inländischen Betriebsteile abzustellen.
An dieser Rechtsauffassung wird grds. weiterhin festgehalten, Verwaltet die ausländische KapGes. mehrere im Inland bele
auch wenn der BFH mit Beschluss vom 15.10.2015 (I B 93/15, gene Grundstücke, sind diese für Zwecke der Anwendung der
BStBl. II 2016 S. 66 = DB 2015 S. 2847) ernstliche Zweifel daran Zinsschranke zusammengefasst zu betrachten.
Gewinnermittlungszeitraum ist nach § 4a Abs. 1 Satz 2 waltende KapGes. auch keine „fiktive“ inländische Betriebs
Nr. 2 EStG grds. das Kalenderjahr. Eine Zustimmung zur stätte (vgl. auch BMF vom 16.05.2011, BStBl. I 2011 S. 530 =
Umstellung auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirt DB 2011 S. 1192, Rz. 15). Etwas anderes gilt nur bei nach dem
schaftsjahr nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG kann Recht eines anderen EUMitgliedstaates gegründeten KapGes.
regelmäßig nur erteilt werden, wenn die ausländische KapGes. mit Geschäftsleitung im Inland; insoweit liegt (zumindest)
ins deutsche Handelsregister eingetragen wurde. eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte i.S.v. § 12 AO
vor (vgl. koordinierten Ländererlass vom 20.05.2005, BStBl. I
3.2 Besonderheiten bei der Ermittlung von Veräußerungs 2005 S. 727 = DB 2005 S. 2439).
gewinnen
Mit BMFSchreiben vom 12.09.2013 (BStBl. I 2013 S. 1163) II. Gewerblich geprägte PersGes. als Erwerber von im
wurde das BMFSchreiben vom 15.12.1994 (BStBl. I 1994 Inland belegenen Immobilien
S. 883) aufgehoben, sodass sich die Gewinnermittlungsart Vorbemerkungen: Soweit es um die Einordung und Behand
auch bei Veräußerungsvorgängen wie vorstehend unter Tz. 3.1 lung nach innerstaatlichem Recht geht, gelten für die Bestim
beschrieben nach den allgemeinen Grundsätzen bestimmt. mung der Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 i.V.m. §§ 13 ff. EStG
Darüber hinaus ist folgende Besonderheit zu beachten: keine Besonderheiten. Insb. gilt der § 15 EStG mit allen seinen
Erwerben ausländische KapGes. ohne inländischen Sitz und/ Varianten auch für Auslandssachverhalte.
oder Betriebsstätte im Inland belegene Immobilien, die nicht
vermietet werden, aber zur Weiterveräußerung bestimmt sind, 1. Inländische gewerblich geprägte PersGes. mit
so können durch das bloße Halten der Immobilien zwischen ausländischen Gesellschaftern
Erwerb und Veräußerung laufende Kosten entstehen – sog. Die Tätigkeit einer inländischen gewerblich geprägten,
„Betriebskosten“. Diese laufenden Grundstücksaufwendun ausschließlich vermögensverwaltenden PersGes. gilt als
gen sind im Rahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppel Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG). Die gewerb
buchst. bb EStG von der inländischen Bemessungsgrundlage liche Prägung besteht auch, wenn eine ausländische KapGes.
abziehbar. Dabei hat der Abzug der laufenden „Betriebskosten“ die Komplementärstellung übernimmt. Gesellschafter, die
in der Weise zu erfolgen, dass diese – in Abhängigkeit von im Inland mangels Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufent
der Gewinnermittlungsart – nach Maßgabe des Aufwands halts nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, erzielen aus
bzw. Abflussprinzips zu berücksichtigen sind. Dies hat zur der Beteiligung inländische Einkünfte i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 2
Konsequenz, dass u.U. während möglicher Leerstandszeiten Buchst. a EStG, wenn im Inland eine Betriebsstätte i.S.d. § 12
steuerlich zu berücksichtigende Verluste entstehen können. AO unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter i.S.d. § 13
Sofern bei Abzug der laufenden „Betriebskosten“ noch nicht AO bestellt ist. Bei einer Veräußerung des Gesellschaftsanteils
feststeht, ob der Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG erzielt der beschränkt steuerpflichtige Gesellschafter in die
verwirklicht ist bzw. zukünftig verwirklicht wird, ist der ent sem Fall inländische Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
sprechende Bescheid insoweit ggf. vorläufig i.S.d. § 165 AO zu i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
erlassen. Verfügt die PersGes. weder über eine Betriebsstätte noch
über einen ständigen Vertreter im Inland (z.B. Ausübung
4. Anordnung des Steuerabzuges nach § 50a Abs. 7 EStG der Geschäftsführung durch im Inland gegründete GmbH
Wenn eine Gefährdung des inländischen Steueranspruchs mit ausländischem Verwaltungssitz), erzielt der beschränkt
vorliegt, kann zu dessen Sicherung die Anordnung des steuerpflichtige Gesellschafter inländische Einkünfte gem.
Steuerabzugs nach § 50a Abs. 7 EStG zweckmäßig sein. Der § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG.
Vergütungsschuldner (Mieter, Pächter, Grundstückserwer Mit dem Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung
ber) ist auf Anordnung des FA verpflichtet, für Rechnung der (InvStRefG) vom 19.07.2016 wurde in § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG ein
beschränkt steuerpf lichtigen KapGes. einen Steuerabzug neuer Satz 2 eingefügt. Aufgrund des eingefügten Verweises
i.H.v. grds. 15% der gesamten Einnahmen (Miete, Pacht, Ver auf § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG ist sichergestellt, dass in einem
äußerungspreis) einzubehalten und abzuführen. Unterlässt solchen Fall auch mittelbare Veräußerungsvorgänge durch
der Vergütungsschuldner pflichtwidrig die Vornahme des die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. bb
angeordneten Steuerabzugs, haftet er nach § 50a Abs. 5 Satz 4 EStG erfasst werden. Damit liegen nunmehr bei der Veräu
EStG für die Einbehaltung und Entrichtung der Steuer. Weitere ßerung von unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen
Ausführungen dazu enthalten der Leitfaden zum Steuerabzug an einer vermögensverwaltenden PersGes. inländische Ein
nach § 50a EStG (i.d.F. des JStG 2009) unter Tz. IV sowie das künfte aus Gewerbebetrieb vor. Die Änderung des § 49 Abs. 1
BMFSchreiben vom 02.08.2002 (BStBl. I 2002 S. 710 = DB 2002 Nr. 2 Buchst. f EStG ist gem. § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den
S. 1635). Vz. 2017 anzuwenden (in diesem Zusammenhang vgl. auch FG
München vom 29.07.2013 – 7 K 190/11).
5. GewSt Bringt ein ausländischer Gesellschafter einer inländischen
Die ausländischen grundstücksverwaltenden KapGes. sind gewerblich geprägten PersGes. seinen Mitunternehmeranteil
grds. nicht bereits nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG als „Gewerbe in eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ein, sind
betriebe kraft Rechtsform“ gewerbesteuerpflichtig. Mangels grds. die im Zeitpunkt der Einbringung bestehenden stillen
Betriebsstätte im Inland liegt regelmäßig kein Gewerbebetrieb Reserven nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern, wenn das
im Inland i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG vor, sodass dann die laufen deutsche Besteuerungsrecht aus der späteren Veräußerung
den Vermietungseinkünfte keiner GewSt-Pflicht unterliegen. der Anteile an der KapGes. beschränkt oder ausgeschlossen
Durch die Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG durch ist. Dies geschieht regelmäßig, wenn der Gesellschafter in
das JStG 2009 begründet eine ausländische grundstücksver einem anderen DBAStaat ansässig ist, weil das ausschließli
ausländische Unternehmen mehrere neue Revisionsverfah Es wird gebeten, in vergleichbaren Fällen zu prüfen, ob ein
ren anhängig, in denen im Hinblick auf die von der Steuer Ruhenlassen des Einspruchs bzw. eine Aussetzung des Klage
verwaltung praktizierte Nichtanwendung der vorgenannten verfahrens möglich ist, bis über diese neuen Revisionsverfah
Urteilsgrundsätze erneut über die Rechtsfrage zu entscheiden ren durch den BFH entschieden worden ist.
sein wird, ob eine DBANorm, die inhaltlich Art. 9 OECDMA
entspricht, gegenüber der Einkünftekorrektur nach § 1 AStG Redaktionelle Hinweise:
Sperrwirkung entfaltet. – Zur Sperrwirkung des Abkommensrechts gegenüber nationalen
Beispielhaft wird auf folgende Verfahren hingewiesen: Einkünftekorrekturvorschriften vgl. Graw, StR kompakt, DB1249853;
– I R 73/16 – zur Nichtanwendung der o.g. Urteilsgrundsätze in vergleichbaren
– I R 5/17 Fällen vgl. BMF vom 30.03.2016, DB 2016 S. 801 = DB1197948.
Entscheidungen
Gewinnermittlung »DB1250008 vertrag war – für jede Tranche gesondert – frühestens kündbar
zum 15.06.2003, danach jew. zum Quartalsende. Lt. Beteiligungs
Verklammerung der Teilakte einer Fondsgesell- prospekt der KG sollten die WG im Fall der Kündigung veräu
schaft zu einer einheitlichen Tätigkeit – Zuord- ßert werden. Die bei Fortsetzung des Leasingvertrags nach dem
nung des Verkaufs des Anlagevermögens bei Be- 15.06.2003 zu zahlenden Mieten sollten dann neu ausgehandelt
werden, wobei die Mietzahlungen aber in jedem Fall bis zu dem
triebseinstellung als laufende Geschäftstätigkeit für jede Tranche genannten Amortisationszeitpunkt (spätestens
15.09.2008) die vollen Anschaffungs und Neben/Finanzierungs
Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – Fondsgesell- kosten der KG abdecken sollten. Für den Fall der Kündigung
schaft – Veräußerung beweglicher Wirtschaftsgüter durch durch die GmbH 1 musste diese an die KG eine vertraglich fest
Fondsgesellschaft – Abgrenzung Veräußerungsgewinn/laufen- gelegte Abschlusszahlung leisten. Nach dem Prospekt werden
der Gewinn bei Verkauf von Anlagevermögen – Verklammerung die Kommanditisten für den Fall ihres vorzeitigen Ausscheidens
von Teilakten zu einheitlicher gewerblicher Tätigkeit wirtschaftlich so gestellt, als wäre der Leasingvertrag zwischen
EStG § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1 der KG und der GmbH 1 zu diesem Zeitpunkt gekündigt und die
Satz 2, § 100 Abs. 2 Satz 2, § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1; AO § 119 Abs. 1, KG liquidiert worden.
§§ 122, 169 Abs. 1 Satz 1, § 171 Abs. 2, 4, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Im Prospekt der KG wurde prognostiziert, dass bei Kündigung
Buchst. a, § 181 Abs. 1 Satz 1, § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, des Leasingvertrags durch die GmbH 1 zum 15.06.2003 ein
§ 193 Abs. 1, § 194 Abs. 2, § 197 Abs. 1 positiver Totalgewinn der KG unter Einbeziehung des Erlöses
1. Betreibt eine Fondsgesellschaft (GmbH & Co. KG) den aus der Veräußerung der WG erzielt werden wird. Bei Fortset
Ankauf, die Vermietung und den anschließenden Ver zung des Leasingvertrags bis zum 15.09.2008 weist die Prog
kauf beweglicher Wirtschaftsgüter, ist eine Verklam nose – ohne Einbeziehung eines Erlöses aus der Veräußerung
merung dieser Teilakte zu einer einheitlichen Tätigkeit der WG – ebenfalls ein positives Gesamtergebnis der KG aus.
nur zulässig, wenn bereits bei Aufnahme der Geschäfts Der Leasingvertrag wurde zum 15.06.2004 durch Kündigung
tätigkeit feststand, dass sich das erwartete positive der GmbH 1 beendet, die die WG von der KG erwarb. Seither
Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Erlöses befindet sich die KG in Liquidation.
aus dem Verkauf der vermieteten (verleasten) Wirt Die Kläger erklärten die Kündigung ihrer Beteiligung an der
schaftsgüter erzielen lässt. KG mit Wirkung zum 28.02.2003, während andere Komman
2. Bei einer solchen Verklammerung ist der Verkauf dieser ditisten beteiligt blieben.
Wirtschaftsgüter Teil der laufenden Geschäftstätigkeit, Das FA gab den Gewinnfeststellungsbescheid 2003 für die KG, in
selbst wenn die bisherige unternehmerische Tätigkeit dem erklärungsgemäß u.a. ein für die Kläger begünstigter Veräu
insgesamt eingestellt wird. ßerungsgewinn festgestellt wurde, an die K GmbH als benannte
3. Wird im Prospekt der Fondsgesellschaft (auch) ein Ge Empfangsbevollmächtigte der KG bekannt. Die K GmbH hatte
schäftskonzept vorgestellt, dessen Ergebnisprognose als Geschäftsbesorger der KG das FA im Januar 1996 gebeten, sie
ein positives Gesamtergebnis ohne Einbeziehung eines in Zukunft als Empfangs und Zustellungsbevollmächtigte zu
Veräußerungserlöses in Aussicht stellt, spricht dies führen. Sie war in den Vorjahren von der KG auch jew. als Emp
regelmäßig gegen die Annahme einer einheitlichen fangsbevollmächtigte benannt, nicht aber in der Feststellungser
Tätigkeit. klärung für 2003. Aufgrund der im Dezember 2007 begonnenen
BFH, Urteil vom 08.06.2017 – IV R 6/14 Außenprüfung für die Jahre 2003 und 2004 behandelte das FA
den aus der Veräußerung der WG im Jahr 2004 erzielten Gewinn
Die Kläger sind ehemalige Kommanditisten der X GmbH & Co. und die an die Kläger anlässlich ihres Ausscheidens in 2003
KG in Liquidation (KG), einem in 1995 gegründeten Mobilien gezahlten Abfindungen als laufenden Gewinn. Die Vermietung
LeasingFonds, der bewegliche Wirtschaftsgüter (WG) erwarb sowie der An und Verkauf der WG auf Ebene der KG aufgrund
und verleaste. Die KG erwarb mit Ende 1995 in vier Tranchen eines einheitlichen Geschäftskonzepts seien zu einer unterneh
bewegliche WG und vermietete diese an die GmbH 1 (Leasing merischen Tätigkeit verklammert, sodass auch die Gewinne
nehmerin) zu einer feststehenden Leasingrate. Der Leasing aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile den laufenden
Einkünften zuzuordnen seien. Das FA erließ am 29.09.2010 unter nicht ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam ist. Die
Hinweis auf die Bp einen geänderten Feststellungsbescheid 2003, Bindung an das Klagebegehren gilt in diesen Fällen nicht (BFH
der neben einem verringerten Gesamtgewinn für die Kläger vom 25.04.2006 – X R 42/05, BStBl. II 2007 S. 220 = DB 2006
weiterhin darin enthaltene begünstigte Veräußerungsgewinne S. 1535; vom 15.04.2010 – IV R 67/07, RS0765174 = BFH/NV
feststellte. Der gem. § 129 AO geänderte Bescheid vom 07.02.2011 2010 S. 1606). Der Feststellungsbescheid ist jedoch wirksam
– ebenfalls an die K GmbH bekannt gegeben – enthielt bei innerhalb der Festsetzungsfrist bekannt gegeben worden.
unverändertem Gesamtgewinn keine begünstigten Veräuße
rungsgewinne mehr, sondern stellte für die Kläger jew. laufende Wirksame Bekanntgabe des Feststellungsbescheids …
gewerbliche Einkünfte fest. 2. a) Die Bekanntgabe des Gewinnfeststellungsbescheids 2003
Die hiergegen erhobene Klage war erfolglos. an die K GmbH als Empfangsbevollmächtigte der Kläger war
wirksam. Haben die Feststellungsbeteiligten nach § 183 Abs. 1
AUS DEN GRÜNDEN Satz 1 AO einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten
Die Revision der Kläger ist begründet. Der aus der Veräuße bestellt, wirkt die ordnungsgemäße Bekanntgabe an diesen für
rung der Kommanditanteile erzielte Gewinn ist als begünstig und gegen alle Feststellungsbeteiligten (§ 183 Abs. 1 Satz 5 AO).
ter Veräußerungsgewinn festzustellen. Eine Einzelbekanntgabe an ausgeschiedene Gesellschafter
nach § 183 Abs. 2 Satz 1 AO ist bei fehlendem Widerruf der
Umfang des Klagebegehrens Vollmacht durch diese nicht erforderlich.
I. Das Klagebegehren richtet sich sowohl gegen die versagte b) Zwar muss gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO eine Empfangsvoll
Feststellung von Gewinnen aus der Veräußerung ihrer gesam macht von allen Feststellungsbeteiligten erteilt werden, jedoch
ten Kommanditanteile und deren Tarifbegünstigung gem. kann diese auch nach Rechtsscheingrundsätzen bestehen (BFH
§ 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG als auch gegen die Höhe der vom 05.05.2011 – X B 139/10, RS0766105 = BFH/NV 2011 S. 1291;
(ihnen zugerechneten) laufenden gewerblichen Einkünfte. HHSp, § 183 AO Rn. 54; ablehnend Tipke/Kruse, AO/FGO, § 183
1. In dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 2003 AO Rn. 11). Die Bevollmächtigung muss dann nicht ausdrücklich
werden für die Kläger jew. nur noch laufende gewerbliche Ein erfolgen, wenn der durch entsprechendes Auftreten erzeugte
künfte festgestellt, in denen ihre Gewinne aus der Veräußerung Rechtsschein der Bevollmächtigung dem Vertretenen zurechen
der Kommanditanteile enthalten sind. Die Kläger begehren bar ist. Hiernach ist die K GmbH zumindest nach Rechtsschein
daher zulässigerweise, Gewinne aus der Veräußerung ihrer grundsätzen als Empfangsbevollmächtigte der KG i.S.d. § 183
Mitunternehmeranteile als selbstständige „andere Besteue Abs. 1 Satz 1 AO zu behandeln, da sie wie ein umfassend Bevoll
rungsgrundlagen“ gem. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO und mächtigter gegenüber dem FA aufgetreten ist. Sie hatte das FA
deren Tarifbegünstigung festzustellen. Diese Gewinne sind als mit Schreiben vom Januar 1996 gebeten, sie als Empfangs und
„andere Besteuerungsgrundlage“ in die Einkünftefeststellung Zustellungsbevollmächtigte zu führen. Außerdem wurde sie
einzubeziehen (BFH vom 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015 von der KG in den Vorjahren jew. als Empfangsbevollmächtigte
S. 536 = DB 2015 S. 593). Auch die Qualifikation des Veräuße benannt. Die Kläger haben seit ihrem Beitritt die Bekanntgabe
rungsgewinns als Bestandteil der außerordentlichen Einkünfte der Feststellungsbescheide an die K GmbH rügelos akzeptiert.
i.S.d. § 34 EStG ist eine selbstständig festzustellende andere
Besteuerungsgrundlage (BFH vom 09.12.2014 – IV R 36/13, … innerhalb der Feststellungsfrist
BStBl. II 2015 S. 529 = DB 2015 S. 413). Nicht festzustellen ist, ob 3. a) Der angefochtene Feststellungsbescheid erging innerhalb
daneben auch die Tarifbegünstigung gem. § 34 Abs. 3 EStG zu der Feststellungsfrist (FFrist). Die reguläre am 31.12.2009
gewähren ist. Dies ist erst bei der EStVeranlagung zu entschei abgelaufene vierjährige FFrist wurde durch die im Dezember
den (BFH vom 09.12.2014, a.a.O.; vom 17.12.2014, a.a.O.). 2007 bei der KG begonnene Bp gehemmt, sodass die FFrist
2. Das auf diese Feststellung gerichtete Begehren betrifft nicht vor Unanfechtbarkeit des aufgrund der Bp erlassenen
zugleich auch die Höhe der den jeweiligen Klägern zuge Feststellungsbescheids 2003 vom 29.09.2010 abläuft (§ 171
rechneten laufenden gewerblichen Einkünfte. Denn mit der Abs. 4 Satz 1, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO).
Feststellung solcher Veräußerungsgewinne geht zwangsläufig Die Bp beruhte auch auf einer wirksam an die KG bekannt
eine entsprechende Reduzierung der (ihnen bisher zugerech gegebenen Prüfungsanordnung (PA), da diese an die K GmbH
neten) laufenden gewerblichen Einkünfte einher (BFH vom als Empfangsbevollmächtigte (Bekanntgabeadressatin) mit
08.06.2000 – IV R 65/99, BStBl. II 2001 S. 89 = DB 2000 S. 2355). Wirkung für die KG (Inhaltsadressatin) bekannt gegeben wor
den ist. Eine Bekanntgabe an die Kläger war nicht erforderlich.
Keine Beschränkung des Klagebegehrens bei Die gewerblich tätige KG ist im Hinblick auf die festzustellen
Unwirksamkeit des Bescheids den Einkünfte ihrer Gesellschafter als Prüfungssubjekt selbst
II. 1. Der Senat könnte den angefochtenen Feststellungsbe Inhaltsadressatin (BFH vom 12.02.2015 – IV R 63/11, RS1047082 =
scheid 2003 bei Unwirksamkeit infolge fehlerhafter Bekannt BFH/NV 2015 S. 832), die Bekanntgabe der PA kann jedoch auch
gabe oder bei Ablauf der Festsetzungsfrist aufheben. Die an den Bevollmächtigten als Bekanntgabeadressaten nach § 197
Aufhebung hätte zur Folge, dass der ursprüngliche Feststel Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO erfolgen. § 183 AO findet
lungsbescheid vom 29.09.2010 wieder in Kraft träte, in dem auf die Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung keine Anwen
für die Kläger u.a. jew. begünstigte Veräußerungsgewinne dung (BFH vom 16.03.1993 – XI R 42/90, BFH/NV 1994 S. 75).
festgestellt worden sind. Zwar darf das Gericht nicht über Die K GmbH war als Empfangs und Zustellbevollmächtigte
das Klagebegehren hinausgehen. Aber auch wenn nur die auch zur Entgegennahme der PA berechtigt und damit richtiger
Änderung eines Bescheids beantragt wird, kann das Gericht Bekanntgabeadressat, da sie als Geschäftsbesorger der KG seit
diesen insgesamt aufheben, wenn der Bescheid wegen ein 1996 aufgetreten ist. Die sich auf alle steuerlichen Verhältnisse
getretener Festsetzungsverjährung rechtswidrig oder wegen des Vollmachtgebers beziehende Vollmacht umfasst auch die
PA, solange dem FA kein Widerruf der Vollmacht zugeht. Die KG b) Der Verkauf des Anlagevermögens auf Ebene der KG als
wurde auch zutreffend als Inhaltsadressatin der PA bezeichnet, Teilakt deren laufenden Geschäftstätigkeit setzt nach der Rspr.
auch wenn im Prüfungsjahr 2003 bereits zahlreiche Komman des BFH voraus, dass der Ankauf, die Vermietung und der
ditisten aus der KG ausgeschieden waren. Veränderungen im Verkauf der WG durch die KG zu einer einheitlichen Tätigkeit
Gesellschafterbestand berühren die Adressatenstellung einer verklammert sind, was hier nicht gegeben ist.
PersGes. nicht, solange diese zivilrechtlich noch nicht vollbe
endet ist. Das Fehlen des Zusatzes „i.L.“ in der PA für 2003 ist Voraussetzungen einer Verklammerung
unerheblich, da sich die KG in 2003 noch nicht in Liquidation aa) Der BFH bejaht eine derartige Verklammerung, die auch
befand. I.Ü. würde das Fehlen dieses Zusatzes nicht zur inhalt bei Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit zu einem
lichen Unbestimmtheit der PA führen, da klar war, dass die KG laufenden Gewinn führt, wenn nach dem Geschäftsplan WG
Subjekt der Prüfung sein sollte. gekauft, für eine beschränkte und hinter der Nutzungsdauer
Das FA musste keine Erstreckungsanordnung nach § 197 Abs. 1 zurückbleibende Zeit vermietet und anschließend wieder
Satz 3 i.V.m. § 194 Abs. 2 AO den Klägern persönlich bekannt verkauft werden sollen und der aufgrund dieses Konzepts
geben. Diese ergeht nur, wenn die Verhältnisse der Gesellschafter, insgesamt erwartete Gewinn nicht allein aus dem Nutzungs
die nicht mit Feststellungen der Gesellschaft zusammenhängen, entgelt, sondern nur unter Einbeziehung des Verkaufserlöses
mit geprüft werden sollen. Hier ist jedoch die Frage, ob die Kläger erzielt werden kann (BFH vom 01.08.2013, a.a.O., Rn. 19; vom
aus der Veräußerung ihrer gesamten Mitunternehmeranteile 01.08.2013 – IV R 19/11, RS0768142 = BFH/NV 2014 S. 75).
laufende Gewinne erzielt haben, Gegenstand des Feststellungs bb) Bei einer solchen „Verklammerung“ werden immer die
verfahrens für die KG nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Grenzen einer privaten Vermögensverwaltung überschrit
b) Der Ablauf der Feststellungsfrist wurde weiter nach § 171 ten, wenn nach einer kurzfristigen Vermietung der WG deren
Abs. 2, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO durch den Änderungsbescheid Veräußerung erforderlich ist, um überhaupt einen Gewinn zu
vom 07.02.2011 gehemmt, da in dem Bescheid vom 29.09.2010 erzielen (BFH vom 22.01.2003 – X R 37/00, BStBl. II 2003 S. 464
eine offenbare Unrichtigkeit enthalten war, indem das FA = RS0753690; vom 26.06.2007 – IV R 49/04, BStBl. II 2009 S. 289
bei Erlass des Feststellungsbescheids den Teil des Prüfungs = DB 2007 S. 1957).
berichts nicht ausgewertet hat, in dem das Vorliegen eines cc) Bei Fondsgesellschaften mit einem derartigen Geschäftskon
Veräußerungsgewinns verneint wurde. zept ist eine Verklammerung der Teilakte zu einer einheitlichen
Tätigkeit rechtlich nur dann zulässig ist, wenn bereits im Zeit
Begünstigter Veräußerungsgewinn bei Veräußerung punkt der Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch die Fonds
eines Mitunternehmeranteils gesellschaft festgestanden hat, dass sich das erwartete positive
III. 1. Die Kläger haben in 2003 aus der Veräußerung ihrer Gesamtergebnis nur unter Einbeziehung des Erlöses aus dem
gesamten Kommanditanteile keinen laufenden Gewinn, son Verkauf der vermieteten (verleasten) WG erzielen lässt (BFH
dern einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 vom 01.08.2013, a.a.O.). Nur dann können auch im letzten Akt
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG erzielt, wenn dieser die Veräußerungshandlungen aufgrund der Einheitlichkeit der
„außerordentlich“ ist, also eine atypische Zusammenballung Tätigkeit der laufenden Geschäftstätigkeit zugeordnet werden.
von Gewinnen vorliegt (BFH vom 23.10.2013 – X R 3/12, BStBl. II Diese rechtliche Beurteilung wird durch den BFH gestützt
2014 S. 58 = RS0700600). Danach müssen alle stillen Reserven, (BFH vom 11.08.2010 – IV B 17/10, RS0765445 = BFH/NV 2010
die in den wesentlichen Betriebsgrundlagen z.B. eines gesamten S. 2268 und vom 24.09.2010 – IV B 34/10, RS0765540 = BFH/NV
Mitunternehmeranteils angesammelt wurden, in einem einheit 2011 S. 241). In beiden Fällen wurde eine Verklammerungs
lichen Vorgang aufgelöst werden (BFH vom 17.12.2014, a.a.O.). wirkung bejaht, da lt. Prospekt die zunächst vermieteten WG
(Flugzeugleasing) nach Ablauf der Leasingzeit von der Lea
Abgrenzung laufender zum Veräußerungsgewinn: singnehmerin übernommen werden sollten und nur durch den
Laufender Gewinn nur bei einheitlicher Tätigkeit Erlös ein positives Gesamtergebnis zu erzielen war.
2. Die Gewinne aus der Veräußerung der gesamten Komman
ditanteile sind tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Würdigung der Einzelfallumstände
Abs. 1 EStG, da die Teilakte Ankauf, Vermietung und Verkauf dd) Das Vorliegen einer solchen Verklammerung der Teilakte
der WG im Streitfall nicht zu einer einheitlichen Tätigkeit ver hängt von einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab.
klammert werden können. Bei Fondsgesellschaften haben das im Prospekt dargestellte
a) Es kann dahinstehen, ob die Tarif begünstigung dann Geschäftskonzept und die voraussichtliche Ergebnisprognose
ausscheidet, wenn zwar der gesamte Mitunternehmeranteil eine gewichtige Indizwirkung. Wird nach der Ergebnisprognose
veräußert worden ist, dieser Gewinn aber aus einer Gesell ein positives Gesamtergebnis auch ohne Einbeziehung eines
schaft stammt, die selbst bei Veräußerung ihres gesamten Veräußerungserlöses in Aussicht gestellt, spricht dies regelmäßig
Anlagevermögens im Rahmen einer Betriebsaufgabe keinen gegen die Annahme einer einheitlichen Tätigkeit, sofern nicht
tarifbegünstigten Gewinn erzielen könnte, weil diese Veräu dessen Realisierung von vornherein als ausgeschlossen erscheint.
ßerung als letzter Akt ihrer laufenden Geschäftstätigkeit zu
werten ist (z.B. BFH vom 01.08.2013 – IV R 18/11, BStBl. II 2013 Keine Verklammerung im Streitfall: Begünstigter
S. 910 = DB 2013 S. 2482). Für diesen Fall wäre es wohl unerheb Veräußerungsgewinn
lich, ob die Gesellschaft ihr Gesamthandsvermögen oder der c) Hiernach kann die Veräußerung der WG durch die KG nicht
Mitunternehmer seinen Gesellschaftsanteil veräußert, sodass als Teilakt ihrer laufenden Geschäftstätigkeit gewertet werden,
in beiden Fällen ein laufender Veräußerungsgewinn vorläge da bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit der KG nicht feststand,
(BFH vom 14.12.2006 – IV R 3/05, BStBl. II 2007 S. 777 = DB dass sich ein erwartetes positives Gesamtergebnis nur unter
2007 S. 494). Einbeziehung des Erlöses aus dem Verkauf der WG erzielen lässt.
aa) Zwar ist eine Verklammerung der Teilakte zu einer ein Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermö
heitlichen Tätigkeit auch dann möglich, wenn die KG in ihrem gen der E AG nahm das FA die A GmbH (als Rechtsnachfolgerin
Gesellschaftsvertrag die Veräußerung der WG nicht ausdrück der B GmbH) mit auf § 191 i.V.m. § 73 sowie § 45 Abs. 1 AO
lich als Unternehmensgegenstand formuliert hat oder wenn gestützten Haftungsbescheid vom 18.07.2011 für einen Teil der
sie nicht zur Veräußerung der WG an die Leasingnehmerin zu rückständigen KSt 2001 und 2002 sowie Solidaritätszuschläge
festen Konditionen verpflichtet war. 2001 und 2002 der E AG i.L. in Anspruch. In diesem Bescheid
bb) Die KG hat aber in ihrem Prospekt ein positives Gesamt hatte das FA unter dem Gesichtspunkt einer „Veranlassungs
ergebnis auch ohne Einbeziehung eines Veräußerungserlöses haftung“ den Haftungsanteil durch den Anteil des Einkommens
in Aussicht gestellt für den Fall der Fortsetzung des Leasing der B GmbH (originäres Organeinkommen) an der Summe der
vertrags bis zum 15.09.2008. Die Verwirklichung dieses Kon (aller) positiver Organeinkommen bei der E AG bestimmt. Die
zepts erscheint auch nicht als von vornherein ausgeschlossen. weiteren Gesellschaften, die mit der E AG in den Jahren 2001
Dieses entscheidende Indiz spricht dagegen, dass ein positives und 2002 eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft gebil
Gesamtergebnis allein unter Einbeziehung des Erlöses aus dem det hatten, wurden ebenfalls nach dieser Berechnungsmethode
Verkauf der WG hätte erzielt werden können. Unerheblich ist, nach § 73 AO im Haftungswege in Anspruch genommen. Maß
dass bei Verwirklichung dieses Szenarios eine geringe Rendite nahmen betreffend anderweitige (ggf. gesamtschuldnerische)
als bei einem vorzeitigen Verkauf der WG prognostiziert wird, Haftungsinanspruchnahmen (z.B. solche nach § 69 i.V.m. § 34
da bei dieser Prognose ein evtl. Veräußerungsgewinn nicht AO sowie nach § 71 AO) wurden vom FA nicht ergriffen.
berücksichtigt wurde. Ebenso kommt es nicht darauf an, dass Im Einspruchsverfahren hatte die A GmbH u.a. die Auffassung
die Kläger und andere Kommanditisten vorzeitig aus der KG vertreten, sie könne wegen fehlender unmittelbarer körper
ausgeschieden sind und so behandelt wurden, als wäre der schaftsteuerrechtlicher Organschaft zur E AG nicht nach § 73
Leasingvertrag zu diesem Zeitpunkt beendet worden. Denn AO in Haftung genommen werden. Gegen die ablehnende Ein
ein erheblicher Teil der Anleger blieben nach Fortsetzung des spruchsentscheidung vom 10.02.2012 hatte sie Klage erhoben.
Leasingvertrags über die Grundmietzeit hinaus Gesellschaf Das Klageverfahren ist vom Kläger nach der Eröffnung des Insol
ter der KG, sodass die hierfür erstellte Prognose verwirklicht venzverfahrens über das Vermögen der A GmbH aufgenommen
werden konnte. worden. FG Düsseldorf wies die Klage ab (Urteil vom 19.02.2015
d) Nach alledem ist für die Kläger aus der Veräußerung ihrer 16 K 932/12 H(K), DK 2015 S. 344 = GmbHR 2015 S. 1116).
gesamten Mitunternehmeranteile ein Gewinn festzustellen,
welcher der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. AUS DEN GRÜNDEN
Abs. 2 EStG unterliegt. Haftungsbescheid wird aufgehoben
1 … 8 Die Revision ist begründet; da die angefochtene Ent
Redaktionelle Hinweise: scheidung Bundesrecht verletzt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO), ist
– Volltext-Urteil online: RS1250008; sie – wie ebenfalls der Haftungsbescheid und die Einspruchs
– dazu vgl. auch Levedag, StR kompakt, DB1251957. entscheidung des FA – auf die Revision hin aufzuheben (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
Erhebungszeiträume ergeben haben und in vorangegangenen mit dem Ende der sachlichen Steuerpflicht eine Unternehmen
Erhebungszeiträumen noch nicht berücksichtigt worden sind. sidentität nicht mehr gegeben sein kann.
Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gem. § 10a Satz 6 bb) Bei einer PersGes. ist für die Bestimmung der Unterneh
GewStG gesondert festzustellen. mensidentität auf die von ihr nach dem Gesamtbild ausgeübte
2. Hierbei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die während werbende Tätigkeit abzustellen, auch wenn eigentlich die
eines Erhebungszeitraums zu einem (anteiligen) Untergang des Mitunternehmer Träger des Verlustabzugs sind. Denn eine
vortragsfähigen Fehlbetrags (Gewerbeverlustes) führen, so auch PersGes. kann auch bei an sich selbstständigen Tätigkeiten zur
der (anteilige) Wegfall der Unternehmensidentität (BFH vom gleichen Zeit nur einen Gewerbebetrieb unterhalten (BFH vom
07.09.2016 – IV R 31/13, BStBl. II 2017 S. 482 = DB 2016 S. 3017). 07.09.2016, a.a.O.; vom 13.04.2017 – IV R 49/15, RS1242106 =
Die Kürzung des Gewerbeertrags um Verluste aus früheren DStR 2017 S. 1428). Hieraus kann jedoch nicht gefolgert wer
Erhebungszeiträumen setzt nämlich die Unternehmens und den, dass bei gewerblichen PersGes. stets Unternehmensiden
Unternehmeridentität voraus (BFH vom 24.04.2014 – IV R 34/10, tität zu bejahen sei. So kann eine PersGes. mehrere Betriebe
BStBl. II 2017 S. 233 = DB 2014 S. 1526). Hierüber ist bereits im nacheinander betreiben, wodurch die Unternehmensidentität
Verlustfeststellungsbescheid des Erhebungszeitraums zu ent deshalb auch dadurch wechseln kann, dass die Gesellschaft
scheiden, in dem der hierfür maßgebliche Umstand eingetreten ihre ursprüngliche Tätigkeit und damit ihren Gewerbebetrieb
ist, und nicht erst im GewStMessbescheid des nachfolgenden einstellt und – ggf. nach einer Phase von gewerbesteuerrechtlich
Verlustabzugsjahres. Eine Bindung an das im GewStMessbe noch unbeachtlichen Vorbereitungshandlungen – eine anders
scheid festzustellende Merkmal der sachlichen Steuerpflicht gelagerte werbende Tätigkeit und damit einen wirtschaftlich
(§ 184 Abs. 1 Satz 2 AO) besteht nicht, auch soweit das Merkmal nicht identischen neuen Gewerbebetrieb aufnimmt (BFH vom
der sachlichen Steuerpflicht für die Beurteilung des Merkmals 03.04.2014 – IV R 12/10, BStBl. II 2014 S. 1000 = DB 2014 S. 2327;
der Unternehmensidentität von Bedeutung ist. vom 13.10.2016 – IV R 21/13, BStBl. II 2017 S. 475 = RS1229616).
cc) ... dd) Diese Grundsätze gelten auch bei einer gewerblich gepräg
Unternehmensidentität kann auch bei gewerblich ten PersGes., die nicht originär, sondern nur aufgrund der Fiktion
geprägter PersGes. entfallen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG gewerblich tätig ist. Auch bei
II. 1. Auch bei einer gewerblich geprägten PersGes. (§ 15 Abs. 3 dieser ist die Unternehmensidentität Voraussetzung des Abzugs
Nr. 2 Satz 1 EStG) ist die Unternehmensidentität Vorausset des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG (a.A. z.B. Blümich/
zung des Abzugs des Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG. Drüen, § 10a GewStG Rn. 56; Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a
a) Eine Gleichbehandlung dieser PersGes. mit KapGes., bei Rn. 25). Denn für den Beginn der GewStPflicht kommt es
denen die Unternehmensidentität für den Fortbestand eines (auch) bei einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden
Verlustvortrags nach § 10a GewStG keine Bedeutung hat (BFH PersGes. auf den Beginn der werbenden Tätigkeit an, die von
vom 25.11.2009 – I R 18/08, RS0764855 = BFH/NV 2010 S. 941; bloßen Vorbereitungshandlungen abzugrenzen ist (BFH vom
vom 26.02.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014 S. 1016 = RS0699003), 20.11.2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004 S. 464 = DB 2004 S. 1021).
scheidet aus. Die wegen der Verschiedenheit der Rechtsfor Damit kommt es auch bei dieser zu einer geänderten Unterneh
men unterschiedliche Behandlung gilt auch hinsichtlich der mensidentität, wenn z.B. die Gesellschaft ihre ursprüngliche
Unternehmensidentität als Voraussetzung des Abzugs des werbende Tätigkeit einstellt und – ggf. nach einer Phase bloßer
Gewerbeverlustes (BFH vom 28.04.1977 – IV R 165/76, BStBl. II Vorbereitungshandlungen – eine wirtschaftlich anders gelagerte
1977 S. 666 = RS0996301). PersGes. sind nämlich – im Gegen werbende Tätigkeit aufnimmt. Bei einer solchen Konstellation ist es
satz zu KapGes. – nicht schon kraft Rechtsform gewerbe für die Frage des Wegfalls der Unternehmensidentität unerheblich,
steuerpflichtig, sondern nur bei gewerblicher Tätigkeit i.S.d. ob die neue Tätigkeit originär gewerblich (§ 15 Abs. 2 EStG) ist.
§ 15 Abs. 3 EStG, wobei Nr. 2 der Vorschrift die gewerblich
geprägte PersGes. regelt. Folglich wollte der Gesetzgeber auch Unternehmeridentität auch bei gewerbesteuerlicher
gewerbesteuerrechtlich keine Gleichbehandlung der PersGes., Organschaft
auch nicht soweit sie keine originär gewerbliche Tätigkeit aus c) Die o.g. Grundsätze zur Unternehmensidentität sind auch
üben, sondern gewerblich geprägt sind. Dieser gesetzlichen bei organschaftlich verbundenen Unternehmen – hier der
Differenzierung liegen hinreichend sachliche Unterscheidungs Klägerin als Organträgerin und der EGmbH als Organge
gründe zugrunde, etwa die Unabhängigkeit einer KapGes. vom sellschaft – zu beachten. Es gilt jedoch die Besonderheit, dass
Wechsel ihrer Mitglieder sowie die Ausgestaltung der Haftung während der Dauer der Organschaft entstandene Verluste der
(BVerfG vom 24.03.2010 – 1 BvR 2130/09, RS0818701 = FR 2010 Organgesellschaft auch nach deren Beendigung nur von dem
S. 670). Gewerbeertrag des Organträgers abgesetzt werden können
b) aa) Demzufolge muss für den Verlustabzug auch bei (BFH vom 27.11.2008 – IV R 72/06, RS0763574 = BFH/NV 2009
gewerblich geprägten PersGes. Unternehmensidentität der S. 791). Die Frage des Endes der sachlichen Steuerpflicht und
gestalt vorliegen, dass der im Anrechnungsjahr bestehende damit der Unternehmensidentität ist daher in Bezug auf den
Gewerbebetrieb identisch ist mit dem Gewerbebetrieb, der (ehemaligen) Organträger – hier die Klägerin – zu prüfen, was
im Jahre der Entstehung des Verlustes bestanden hat (BFH das FG zutreffend getan hat.
vom 07.08.2008 – IV R 86/05, BStBl. II 2012 S. 145 = DB 2008
S. 2290; vom 07.09.2016, a.a.O.). Der Charakter der GewSt Fehlende Unternehmensidentität im Urteilsfall
als Objektsteuer lässt es nicht zu, dass Verluste des einen 2. Die Würdigung des FG, dass die Unternehmensidentität
Gewerbeb etriebs bei einem anderen Gewerbebetrieb, also spätestens zum 27.12.2003 entfallen sei, ist zumindest mög
einem anderen Steuergegenstand, berücksichtigt werden. Die lich und damit für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend.
im bisherigen nunmehr beendeten Gewerbebetrieb entstan Das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin hat sich unter
denen Verluste können nicht mehr berücksichtigt werden, da Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale im Laufe des
Streitjahres 2003 geändert. Unerheblich ist, dass die Klägerin wenn die Arbeitnehmer kein Anlagerisiko tragen und der
zunächst originär gewerbliche Einkünfte und sodann als nun Arbeitgeber zur Zahlung an das Altersversorgungssystem
gewerblich geprägte PersGes. gewerbliche Einkünfte nach § 15 gegenüber seinen Arbeitnehmern gesetzlich verpflichtet ist.
Abs. 3 Nr. 2 EStG erzielt hat. BFH, Urteil vom 26.07.2017 – XI R 22/15
Spätestens mit der Anwachsung des Vermögens der AKG und
der damit verbundenen Fortführung des Betriebs der AKG Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der
durch die Klägerin ist ein anderes Unternehmen entstanden. Verwaltung von Versorgungseinrichtungen nach § 4 Nr. 8
Die nach der Anwachsung ausgeübte Tätigkeit als Immobilien Buchst. h UStG oder Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 6. EGRL
verwalter ist gegenüber dem bisherigen Zementhandel eine (nunmehr Art. 135 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) steuerbefreit
wesentlich andere. Dafür spricht auch, dass die Klägerin im sind und infolgedessen der damit in Zusammenhang stehende
Rahmen ihres Zementhandels kein eigenes Personal beschäf Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
tigte und nur einen Kunden, die EGmbH, hatte, während sie Die Klägerin ist eine Verwaltungsgesellschaft für betriebliche
als Verwalterin zahlreiche Arbeitnehmer beschäftigte und Versorgungswerke. Sie erbrachte in den Streitjahren 2003 und
ihren Kundenkreis deutlich ausgeweitet hat. 2004 u.a. Verwaltungsleistungen an die Versorgungskasse X
Unerheblich ist, dass die Klägerin bereits in 2003 die künftige (VKM) sowie fünf weitere betriebliche Altersversorgungswerke
Herstellung von Betonsteinen in der ihr weiter gehörenden (freie Unterstützungskassen). Diese Verwaltungsleistungen
Produktionshalle erwogen und geprüft hat. Die bloße Absicht bestanden darin, dass die Klägerin ein Konzept erstellte und
der künftigen Nutzung der Halle zu Produktionszwecken, führt Unterstützungskassen einrichtete, allgemeine Verwaltungs
nicht zu der Annahme, die Klägerin habe das Unternehmen tätigkeiten für die Unterstützungskassen erbrachte und
„Zementhandel“ fortführen wollen, da sie tatsächlich in 2005 Informationen zur betrieblichen Altersversorgung, Leistungs
mit der Herstellung von Betonsteinen begonnen hat. Die Absicht prognosen und Finanzierungsstatus sowie versicherungsma
oder Planung der Aufnahme einer originär gewerblichen Tätig thematische Gutachten und Berechnungen erstellte.
keit begründet noch nicht die Annahme einer fortbestehenden Hierbei schloss die Klägerin mit Unternehmen (Trägerun
Unternehmensidentität. Bei der Ankündigung eines Geneh ternehmen), die ihren Arbeitnehmern (Leistungsanwärtern)
migungsantrags und dem Auftrag an einen Unternehmens individuelle oder gesamtbetriebliche Altersversorgungszu
berater für das Genehmigungsverfahren handelt es sich um sagen gewährten, zum Zwecke der Einrichtung einer freien
bloße Vorbereitungshandlungen, die gewerbesteuerrechtlich Unterstützungskasse einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Bei
unbeachtlich sind. Beabsichtigt eine GmbH & Co KG eine origi den Unterstützungskassen handelte es sich um gemischte
när gewerbliche Tätigkeit und ist sie zugleich wegen § 15 Abs. 3 Unterstützungskassen, die sowohl durch Entgeltumwand
Nr. 2 EStG gewerblich geprägt, beginnt der Gewerbebetrieb lung als auch ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert
nicht bereits mit der Aufnahme der vorbereitenden Tätigkeiten. wurden. Die Trägerunternehmen vereinbarten z.B. mit der
Die von der Klägerin in der Phase ihrer gewerblichen Prägung VKM, die Versorgungszusagen über die VKM abzuwickeln.
durchgeführten Vorbereitungshandlungen hinsichtlich einer Die VKM schloss ihrerseits eine Versicherung zugunsten
künftigen (wieder) originär gewerblichen Tätigkeit erlauben der Leistungsanwärter ab und erteilte diesen anschließend
nicht den Schluss, dass sich allein dadurch die vorherige origi unter Bezugnahme auf das jeweilige Trägerunternehmen eine
när gewerbliche Tätigkeit ohne Unterbrechung fortgesetzt habe. Versorgungsbescheinigung, die eine betragsmäßig bezifferte
Folglich können die Gewerbeverluste 2003 und der zum Alters, Invaliditäts und Hinterbliebenenversorgung aufwies
31.12.2002 festgestellte Gewerbeverlust bei der Verlustfeststel und in der darauf hingewiesen wurde, dass der jeweilige Leis
lung auf den 31.12.2003 wegen fehlender Unternehmeridentität tungsanwärter keinen Rechtsanspruch auf die Leistungen der
nicht mehr berücksichtigt werden. VKM habe. Bei Eintritt des Versorgungsfalls hatte der Leis
tungsanwärter lediglich gegen das Trägerunternehmen einen
Redaktioneller Hinweis: Anspruch, nicht aber gegen die Unterstützungskasse. Die
Volltext-Entscheidung online: RS1250777. Trägerunternehmen mussten zur Absicherung der Ansprüche
Einzahlungen in einen Pensionssicherungsverein vornehmen,
über den dann bei Zahlungsunfähigkeit des Trägerunterneh
mens die Zahlungen an den Leistungsanwärter gewährleistet
Umsatzsteuer »DB1250015 wurden.
In ihren UStErklärungen für die Streitjahre, denen das FA
Zur Steuerbefreiung der Verwaltung von zunächst zustimmte, sah die Klägerin ihre Umsätze an die
Unterstützungskassen freien Unterstützungskassen als steuerpflichtig an und machte
darauf anteilig entfallende Vorsteuerbeträge geltend.
Vorsteuerabzug – Steuerfreie Verwaltungsleistungen – Un- Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA mit
terstützungskassen – Sondervermögen – Organismen für Bescheiden vom 15.02.2011 die UStFestsetzung für die Streit
gemeinsame Anlagen – Risikotragung – Richtlinienkonforme jahre und versagte hierbei den Vorsteuerabzug in vollem
Auslegung Umfang, da die Umsätze der Klägerin als Umsätze aus der
UStG § 4 Nr. 8 Buchst. h, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1; Verwaltung von Versorgungseinrichtungen i.S.d. Versiche
RL 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6: MwStSyStRL Art. 135 rungsaufsichtsgesetzes (VAG) steuerbefreit seien und die dem
Abs. 1 Buchst. g geltend gemachten Vorsteuerabzug zugrunde gelegten Ein
Die Verwaltungsleistungen von betrieblichen Versorgungs gangsleistungen in Zusammenhang damit stünden. Die in den
einrichtungen sind jedenfalls dann nicht nach § 4 Nr. 8 Rechnungen der Klägerin ausgewiesene USt werde demzufolge
Buchst. h UStG steuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig, wegen eines unberechtigten Steuerausweises geschuldet.
Ausschluss des Vorsteuerabzugs … Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums gehen davon
19 1. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unter aus, …
nehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und 25 b) Nach Auffassung der Finanzverwaltung umfasst die Steuer
sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein befreiung nicht nur Versorgungseinrichtungen, die der Versiche
Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. rungsaufsicht unterliegen, sondern auch andere Versorgungsein
richtungen. Mit der Formulierung „Versorgungseinrichtungen
… bei steuerfreien Verwendungsumsätzen i.S. des Versicherungsaufsichtsgesetzes“ verweise der Gesetzgeber
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist die Steuer für die Liefe nur auf die Definition von Versorgungseinrichtungen in § 1 Abs. 4
rungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb VAG, wonach darunter Einrichtungen zu verstehen sind, die
von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Leistungen im Todes oder Erlebensfall, bei Arbeitseinstellung
Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwen oder bei Minderung der Erwerbstätigkeit vorsehen (BTDrucks.
det, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. 12/7686 S. 7; ebenso BMF vom 18.12.1997, DB 1997 S. 2576;
Abschn. 4.8.13 Abs. 20 Sätze 1 und 4 UStAE; ebenso Sobotta, in:
Steuerfreiheit für die Verwaltung von Versorgungs Reiß/Kraeusel/Langer [Hrsg.], UStG § 4 Nr. 8 Rn. 119; Philipowski,
einrichtungen nach § 4 Nr. 8 h UStG … in: Rau/Dürrwächter [Hrsg.], UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 581; Handzik, in:
20 a) Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG in der für Offerhaus/Söhn/Lange [Hrsg.], § 4 Nr. 8 UStG Rn. 347; a.A. wohl
das Streitjahr 2003 geltenden Fassung vom 09.08.1994 (BGBl. I Wäger, in: Sölch/Ringleb, USt, § 4 Nr. 8 Rn. 280).
1994 S. 2058) die Verwaltung von Sondervermögen nach dem
KAGG, in der für das Streitjahr 2004 geltenden Fassung vom … dass auch nicht der Aufsicht unterliegende
15.12.2003 (BGBl. I 2003 S. 2676), die Verwaltung von Sonder Versorgungseinrichtungen erfasst werden
vermögen nach dem Investmentgesetz und die Verwaltung von 26 Die Verwaltungsleistungen der Klägerin für die Unterstüt
Versorgungseinrichtungen i.S.d. VAG. zungskassen als Einrichtungen, die diese Risiken abdecken
sollen, fallen somit nach dieser Auffassung unter diese Steuer
… beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d 6. EG-RL befreiungsvorschrift.
21 b) Diese Steuerbefreiung beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. d
Nr. 6 RL 77/388/EWG. Danach befreien die Mitgliedstaaten Bei richtlinienkonformer Auslegung sind aber nur solche
unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer Versorgungseinrichtungen steuerfrei, …
korrekten und einfachen Anwendung der Befreiung sowie zur 27 c) Der Senat kann offenlassen, inwieweit er dieser Auffas
Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen sung folgt. Jedenfalls sind bei richtlinienkonformer Auslegung
und etwaigen Missbräuchen festsetzen, u.a. „die Verwaltung nur solche Versorgungseinrichtungen von der Steuerbefreiung
von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sonder umfasst, die nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 RL 77/388/EWG
vermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“. als Sondervermögen einzustufendes Vermögen verwalten.
Wortlaut erfasst zwar möglicherweise auch die … die als Sondervermögen einzustufendes Vermögen
Verwaltungsleistungen der Klägerin, … verwalten
22 2. Gemessen daran steht der Klägerin, wie das FG im Ergeb 28 Dies ist bei dem von der Klägerin verwalteten Sondervermö
nis zutreffend entschieden hat, der begehrte Vorsteuerabzug zu. gen nicht der Fall.
… die Vorschrift ist aber einschränkend auszulegen Begrenzte Ermächtigung der Mitgliedstaaten …
23 Die streitbefangenen Umsätze sind nicht steuerfrei. § 4 Nr. 8 29 aa) Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 RL 77/388/EWG ermächtigt
Buchst. h UStG erfasst zwar nach dem Wortlaut „möglicher die Mitgliedstaaten, den Begriff „Sondervermögen“ zu definie
weise“ auch Verwaltungsleistungen, wie sie die Klägerin in ren (vgl. EuGH vom 07.03.2013 – Rs. C424/11, Wheels Common
den Streitjahren erbracht hat (a und b); jedoch erfordert eine Investment Fund Trustees u.a. EU:C:2013:144 = DB 2013 S. 854
richtlinienkonforme Auslegung eine einschränkende Anwen = MwStR 2013 S. 157, Rn. 16; vom 13.03.2014 – Rs. C464/12,
dung der Steuerbefreiungsvorschrift (c). ATP PensionService, EU:C:2014:139 = DB 2014 S. 696 = MwStR
2014 S. 294, Rn. 40). Diese den Mitgliedstaaten somit übertra … keine Organismen für gemeinsame Anlagen i.S.d.
gene Definitionsbefugnis ist jedoch durch das Verbot begrenzt, OGAW-RL dar …
der vom Unionsgesetzgeber verwendeten Formulierung der 33 (1) Die Unterstützungskassen, in denen das Kapitalvermö
Befreiungsvorschrift zuwiderzuhandeln. Ein Mitgliedstaat gen zusammengeführt wird, sind nach den i.S.d. § 118 Abs. 2
kann insb. nicht, ohne den Wortlaut des Begriffs „Sonderver FGO bindenden und i.Ü. zwischen den Beteiligten unstreitigen
mögen“ zu missachten, auswählen, welchen von den Sonderver Feststellungen des FG kein Organismus für gemeinsame Anla
mögen die Befreiung gewährt wird und welchen nicht. gen i.S. der OGAWRichtlinie.
… zur Definition von Fonds, die unter den Begriff … und sind auch nicht mit derartigen Fonds vergleichbar
„Sondervermögen“ fallen 34 (2) Sie sind auch nicht mit den Fonds, die Organismen
Die genannten Bestimmungen räumen ihm somit lediglich für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren i.S. der OGAW
die Befugnis ein, in seinem innerstaatlichen Recht die Fonds Richtlinie darstellen, vergleichbar. Die Unterstützungskassen
zu definieren, die unter den Begriff „Sondervermögen“ fallen unterscheiden sich insb. in der Frage der Risikotragung von
(vgl. in diesem Sinne EuGH vom 28.06.2007 – Rs. C363/05, einem Sondervermögen.
JP Morgan Fleming Claverhouse Investment Trust und The
Association of Investment Trust Companies, EU:C:2007:391 Fehlende Risikotragung durch Arbeitnehmer
= BStBl. II 2010 S. 573 = DB 2007 S. 1570, Rn. 41 bis 43; vom 35 Die Arbeitnehmer tragen insb. nicht die Risiken der Verwal
07.03.2013, a.a.O., Rn. 17; vom 13.03.2014, a.a.O., Rn. 41; vom tung der Unterstützungskassen, in denen das Kapitalvermö
09.12.2015 – Rs. C595/13, Fiscale Eenheid X, EU:C:2015:801 = gen dieses Alterssicherungssystems zusammengeführt wird.
RS1188215 = MwStR 2016 S. 109, Rn. 32). Nach den gleichfalls i.S.d. § 118 Abs. 2 FGO bindenden und i.Ü.
zwischen den Beteiligten unstreitigen weiteren Feststellun
Zu diesen „Sondervermögen“ gehören Organismen für gen des FG hatten die Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber
gemeinsame Anlagen … einen vom Wert des angelegten Kapitalvermögens unab
Der Begriff des „Sondervermögens“ wird somit durch Unions hängigen und damit risikolosen Anspruch. Die Höhe dieses
recht und durch nationales Recht bestimmt. Anspruchs war allein durch die Dauer ihrer Beschäftigung
bei dem Arbeitgeber und die Höhe ihres Gehalts vorgegeben.
… und diesen vergleichbare Fonds Sie waren über den Pensionssicherungsverein abgesichert.
30 bb) So hat der EuGH entschieden, dass als steuerbefreites Dagegen richtet sich der Gewinn, den Personen, die Anteile an
Sondervermögen i.S. der RL 77/388/EWG zum einen Anla einem Organismus für gemeinsame Anlagen kaufen, erwarten
gen, die unter die RL 85/611/EWG des Rates vom 20.12.1985 können, nach den Ergebnissen der Anlagen, die von den Ver
zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften waltern des Fonds während des Zeitraums, in dem sie diese
betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen Anteile halten, getätigt werden (vgl. EuGH vom 07.03.2013,
in Wertpapieren (OGAWRichtlinie) fallen und in diesem Rah a.a.O., Rn. 27; vom 13.03.2014, a.a.O., Rn. 59; vom 09.12.2015,
men einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen, und a.a.O., Rn. 52).
zum anderen Fonds anzusehen sind, die zwar keine Organis
men für gemeinsame Anlagen i.S. dieser Richtlinie darstellen, Unerheblich, dass Leistungen teilweise durch Entgelt
jedoch dieselben Merkmale aufweisen wie diese und somit umwandlung des Arbeitslohns erfolgen
dieselben Umsätze tätigen oder diesen zumindest soweit ähn 36 Dem steht auch nicht – wie das FA meint – entgegen,
lich sind, dass sie mit ihnen im Wettbewerb stehen (vgl. EuGH dass z.T. die Leistungen an die Unterstützungskassen durch
vom 07.03.2013, a.a.O., Rn. 23 und 24; vom 13.03.2014, a.a.O., Entgeltumwandlung des Arbeitslohnes erfolgt und somit ein
Rn. 46 und 47; 09.12.2015, a.a.O., Rn. 46 und 47). Risiko bzgl. der späteren Versorgungsleistung vom Arbeitneh
mer getragen werde. Der Arbeitnehmer trägt dennoch nicht
Entscheidend sind Risikotragung der Investoren und das Anlagerisiko i.S. der EuGHRspr.. Er hat einen auch der
Handlungspflicht des Arbeitgebers Höhe nach bestimmten, vom Wert des angelegten Kapital
31 cc) Entscheidend stellt der EuGH bei dieser Abgrenzung auf vermögens unabhängigen Versorgungsanspruch gegen den
die Risikotragung der Investoren und die Handlungspflicht Arbeitgeber, der mit dem Anlagerisiko einer Wertpapieranlage
des Arbeitgebers ab. Tragen die Versicherten nicht die Risiken in einem Fonds nicht vergleichbar ist.
der Verwaltung der Kapitalanlage, in der das Kapitalvermögen
dieses Systems zusammengeführt wird, dann fehlt es an der Risikotragung durch Begünstigte unverzichtbar
Vergleichbarkeit mit Anlagen, die unter die OGAWRichtlinie 37 (3) Entgegen der Ansicht des FA kann nicht auf die Vor
fallen oder ihr ähnlich sind. Dies ist der Fall, wenn die Rente aussetzung der Risikotragung durch den Begünstigten für
durch die Dauer der Beschäftigung bei dem Arbeitgeber und das Vorliegen eines Sondervermögens, wie sie der EuGH for
die Höhe des Gehalts vorgegeben ist, und die Beiträge, die der dert, verzichtet werden. Der EuGH hat die hier maßgebliche
Arbeitgeber an das Altersversorgungssystem zahlt, für ihn Vorschrift in der Weise ausgelegt, dass Rentenkassen unter
ein Mittel darstellen, seinen gesetzlichen Verpflichtungen diese Bestimmung fallen können, wenn sie von den Personen
gegenüber seinen Angestellten nachzukommen (vgl. EuGH vom finanziert werden, denen die Renten ausgezahlt werden, die
07.03.2013, a.a.O., Rn. 27 bis 29; vom 13.03.2014, a.a.O., Rn. 52). Ersparnisse nach dem Grundsatz der Risikostreuung angelegt
werden und das Anlagerisiko von den Versicherten getragen
Im Streitfall stellen Unterstützungskassen … wird (EuGH vom 13.03.2014, a.a.O., Ls. 1 Satz 1), Versorgungs
32 dd) Danach fallen die streitbefangenen Unterstützungskas kassen der vorliegenden Art hingegen nicht (EuGH vom
sen nicht unter den Unionsbegriff „Sondervermögen“. 07.03.2013, a.a.O.).
geänderter UStJahresbescheid für 2010. Die Einsprüche blie Rückausnahme für Zweckbetriebe nach §§ 65-68 AO
ben ohne Erfolg. 21 c) Das FG hat zu Unrecht für die mit den streitbefangenen
Das FG wies die Klage ab (FG Köln vom 07.04.2016 – Konferenzen zusammenhängenden Einnahmen des Klägers
10 K 2601/13, EFG 2016 S. 1236). Es führte im Wesentlichen aus, die besonderen Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach
dass die Gewährung der begehrten Steuervergünstigungen § 68 Nr. 8 AO nicht beachtet und deshalb unzutreffend die
nicht in Betracht käme, weil es sich bei den „EDay“Veran Annahme von Zweckbetrieben verneint.
staltungen des Klägers um wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
handele, die keine Zweckbetriebe i.S.v. § 65 AO seien. (...) Volkshochschulen und andere Einrichtungen, die
Zur Begründung der Revision rügt der Kläger die Verletzung Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art
materiellen Rechts. Nach § 68 Nr. 8 AO sei ein Zweckbetrieb durchführen
gegeben. Die „EDay“Veranstaltungen seien insofern von 22 aa) Nach dieser Vorschrift, die im Verhältnis zu der allge
belehrender Art, als sie der Aus und Fortbildung in der meinen Regelung in § 65 AO als spezielle Norm vorrangig ist
Anwendung des EComputerprogramms dienten. Dies gelte (vgl. z.B. BFH vom 24.09.2014 – V R 11/14, RS1046912 = BFH/NV
zunächst für die auf den Veranstaltungen gehaltenen Vor 2015 S. 388, Rn. 37, m.w.N.), sind Volkshochschulen und andere
träge, da hierdurch Kenntnisse und Fertigkeiten in Bezug auf Einrichtungen auch Zweckbetriebe, soweit sie selbst Vorträge,
das Computerprogramm selbst, aber auch im Hinblick auf die Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder
hiermit in Zusammenhang stehenden Wissens und Lebensbe belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Ein
reiche vermittelt, vertieft und erweitert würden. (…) richtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst
Beherbergung und Beköstigung gewähren.
AUS DEN GRÜNDEN
Revision des Klägers begründet Klarstellender Charakter der Norm
1 ... 17 I. ... II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt 23 Ausweislich der Gesetzesbegründung hat die Bestimmung
zur Aufhebung des FGUrteils und zur Klagestattgabe, soweit im Verhältnis zu § 65 AO lediglich klarstellenden Charakter,
dies die KStFestsetzung und die Festsetzung des GewSt soweit es um die Rechtsfrage geht, ob von einer entsprechen
Messbetrags für das Streitjahr betrifft (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 den Einrichtung Veranstaltungen wissenschaftlicher oder
FGO). Hinsichtlich der UStFestsetzung für das Streitjahr wird belehrender Art durchgeführt werden (BTDrucks. 8/2827
das FGUrteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Ver S. 79).
handlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, Kläger ist zwar keine Volkshochschule oder Einrichtung
dass es sich bei den vom Kläger durchgeführten Veranstaltun der Erwachsenenbildung, …
gen „EDay“ und „ECongress“ um keine Zweckbetriebe handelt, 24 bb) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8
weil insoweit die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 AO vorliegen, AO vor.
sodass die begehrte KSt und GewStBefreiung zu gewähren ist. 25 Bei dem Kläger handelt es sich zwar nicht um eine Volks
hochschule oder um eine allgemein anerkannte Einrichtung
Aufhebung und Zurückverweisung wegen USt der Erwachsenenbildung (vgl. z.B. Musil, in: HHSp, § 68 AO
Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG erlauben Rn. 36, m.w.N., und Klein/Gersch, AO, 13. Aufl., § 68 Rn. 15,
keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Vorausset m.w.N.), wohl aber um eine andere steuerbegünstigte Einrich
zungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach tung i.S.v. § 68 Nr. 8 AO (vgl. dazu z.B. Uterhark, in: Schwarz/
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sind. Pahlke [Hrsg.], AO/FGO, § 68 AO Rn. 11).
Von der KSt- und GewSt-Befreiung ausgenommen … … aber eine andere Einrichtung i.S.v. § 68 Nr. 8 AO, …
18 1. Entgegen der Auffassung des FG liegen hinsichtlich der Die Satzungszwecke des Klägers umfassen nach § 52 Abs. 2
Veranstaltungen „EDay“ und „ECongress“ die Vorausset Nr. 7 AO die Förderung der Erziehung, Volks und Berufs
zungen für die Gewährung der begehrten KSt und GewSt bildung einschließlich der Studentenhilfe.
Befreiung vor.
… da mit den Kongressen Veranstaltungen belehrender
… sind grds. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe … Art durchgeführt werden
19 a) Der Kläger ist als gemeinnützig anerkannter eingetrage 26 Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG,
ner Verein gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG grds. von der KSt die nach § 118 Abs. 2 FGO den Senat binden, steht i.Ü. fest,
befreit und gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG nur mit seinen dass der Kläger mit seinen Kongressen Veranstaltungen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerpflichtig, soweit belehrender Art i.S.v. § 68 Nr. 8 AO durchgeführt hat, an die
es sich nicht um Zweckbetriebe i.S.d. §§ 6568 AO handelt i.Ü. keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen
(§ 64 Abs. 1 AO). § 3 Nr. 6 GewStG enthält eine entsprechende sind (vgl. z.B. Unger, in: Beermann/Gosch [Hrsg.], AO § 68
Regelung für die Befreiung von GewSt. Rn. 27, m.w.N.). Somit genügt es, dass bei den streitbefangenen
Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die
… wie die vom Kläger veranstalteten Konferenzen naturgemäß belehrenden Charakter haben. Die Durchfüh
20 b) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG, rung der Kongresse steht auch im Einklang mit den in § 2 der
die den Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), sind die vom Kläger Satzung des Klägers ausdrücklich genannten Maßnahmen zur
durchgeführten Konferenzen „EDay“ sowie „ECongress“ Verwirklichung der Satzungszwecke, wonach u.a. die „Fortbil
wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S.v. § 14 AO, was i.Ü. zwi dung von Mitgliedern und interessierten Nichtmitgliedern“ im
schen den Beteiligten unstreitig ist. Mittelpunkt steht.
Keine Einschränkung durch BFH-Rspr. zu § 4 Nr. 22a UStG … entscheidend ist aber, ob dieser Zweckbetrieb …
27 Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich Gegenteiliges 32 c) Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des FG
nicht aus der – einschränkenden – Rspr. des BFH zum origi lässt sich aber nicht abschließend beurteilen, ob der Zweckbe
nären Steuerbefreiungstatbestand in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG, trieb möglicherweise in erster Linie der Erzielung zusätzlicher
dem die Regelung in § 68 Nr. 8 AO nachgebildet ist. Zwar hat Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in
der BFH entschieden, dass bei der gebotenen richtlinienkon unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz
formen Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nicht alle unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt
Kurse zur Erlernung von Fähigkeiten oder Fertigkeiten „wis werden, was der begehrten Steuersatzermäßigung im Streitfall
senschaftlicher oder belehrender Art“ in den Anwendungsbe entgegenstehen könnte.
reich dieses Steuerbefreiungstatbestandes fallen, sondern nur
solche Kurse, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, … mit seinen Leistungen in Wettbewerb zu
als Schul oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbil vergleichbaren Unternehmern tritt
dung oder berufliche Umschulung zu qualifizieren sind (BFH 33 Entscheidend ist insoweit, ob der Kläger mit den Leistungen
vom 27.04.2006 – V R 53/04, BStBl. II 2007 S. 16 = DB 2006 seines Zweckbetriebs in Wettbewerb zu anderen Unterneh
S. 1541, Rn. 24, m.w.N.). Unabhängig davon, ob der Kläger mit mern tritt, die vergleichbare Leistungen ohne Anspruch auf
den streitbefangenen Veranstaltungen möglicherweise auch Ermäßigung am Markt anbieten. Welcher Art die Vorleistun
diese Voraussetzungen erfüllt, sind diese einschränkenden gen sind, die der Zweckbetrieb zur Erbringung seiner eigenen
Rechtsgrundsätze nicht auf § 68 Nr. 8 AO zu übertragen, weil Leistung beansprucht, ist insoweit nicht von Bedeutung (BFH
beide Bestimmungen nicht deckungsgleich und deshalb jew. vom 08.03.2012, a.a.O., Rn. 31). Für diese weite Auslegung des
für sich zu betrachten sind (vgl. z.B. Musil, a.a.O., § 68 Rn. 35, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG spricht dabei, dass der
m.w.N., und Klein/Gersch, a.a.O., § 68 Rn. 15 unter Bezug ermäßigte Steuersatz nur insoweit anzuwenden ist, als er zu
nahme auf BFH vom 08.03.2012 – V R 14/11, BStBl. II 2012 keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbs
S. 630 = DB 2012 S. 1365). verzerrung führt (EuGH vom 03.03.2011 – Rs. C41/09, Kom
mission/Königreich Niederlande, EU:C:2011:108 = RS0848713,
Klagestattgabe wegen Spruchreife für KSt und GewSt Rn. 52).
28 d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen.
Seine Entscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist insoweit Fehlende Feststellungen zur Frage der Wettbewerbs
spruchreif. Der Klage ist im Hinblick auf die begehrte KSt und verzerrung …
GewStBefreiung in vollem Umfang stattzugeben. 34 Das FG hat die Frage des Vorliegens von Wettbewerbs
verzerrungen – ausgehend von seiner Rechtsauffassung
Voraussetzungen für USt-Satzermäßigung … zu Recht – ausdrücklich offengelassen und keine weiteren
29 2. Entgegen der Auffassung des FG können bezüglich der tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es wird bei seiner
streitbefangenen Veranstaltungen auch die Voraussetzungen erneuten Entscheidung auch berücksichtigen müssen, dass
der begehrten Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG entspre
Buchst. a UStG erfüllt sein. Der Senat kann insoweit nicht chend den unionsrechtlichen Vorgaben eng auszulegen ist
durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen (BFH vom 24.09.2014 – V R 11/14, RS1046912 = BFH/NV 2015
Feststellungen des FG nicht ausreichen, um das Vorliegen aller S. 528, Rn. 44 ff.).
gesetzlich festgelegten Bedingungen zu bejahen.
… führen zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurück
… nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG verweisung
30 a) Nach dieser Bestimmung ist auf die Leistungen der 35 d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen.
Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemein Seine Entscheidung ist aufzuheben. Das FG wird im zweiten
nützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 5168 Rechtsgang Gelegenheit haben, die fehlenden tatsächlichen
AO), der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das gilt nicht für Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen von § 12
Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäfts Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nachzuholen.
betriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen
eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt die Steuerermä Ggf. kommt auch Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2
ßigung nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Nr. 11 UStG in Betracht
Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von 36 Sollte sich dabei ergeben, dass der Kläger ggf. selbst Beher
Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem bergungs und Übernachtungsleistungen erbracht hat, wäre
allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer ggf. außerdem das Vorliegen der Steuersatzermäßigung i.S.v.
Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zu prüfen. (...)
mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 6668 AO bezeichneten
Zweckbetrieb ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwe Redaktioneller Hinweis:
cke selbst verwirklicht. Volltext-Urteil online: RS1252257.
Steuerberaterrecht »DB1251534
Richter am BGH a. D. Dr. Detlev Fischer, Karlsruhe
Einfluss, den das Interesse der Parteien auf den objektiven beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang
Erklärungswert ihrer Äußerungen bei deren Abgabe hatte.13 stehen.24
und Begehrensvorstellungen des Mandanten widerspricht. Es Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn
liegt in der Natur der Sache, dass ein Gutachten – je nach Blick entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er anneh
winkel der Interessenlage – günstig oder nachteilig ausfallen men muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin
kann. Allein entscheidend für seinen Nutzen ist, ob das Gutach nicht bewusst ist.39 Dieser Hinweis und Warnpflicht ist nicht
ten die Erfolgsaussichten des von dem Mandanten begehrten genügt, wenn der Steuerberater lediglich abstrakt die Prü
Prozessverhaltens zutreffend abbildet. Auch ein ihm objektiv fungspflichten eines Geschäftsführers aufzeigt. Erforderlich
nachteiliges Gutachten entspricht unter dem Gesichtspunkt ist vielmehr, dass er die maßgeblichen Umstände gegenüber
des beratungsgerechten Verhaltens den wohlverstandenen seinem Mandanten im Einzelnen bezeichnet und ihn konkret
Interessen des Mandanten, der von ihm nachteiligen, kosten darauf hinweist, dass diese Umstände Anlass zu einer Prü
trächtigen Schritten einer objektiv aussichtslosen Rechtsverfol fung einer möglichen Insolvenzreife geben.40 Die Hinweis und
gung oder Rechtsverteidigung abgehalten wird. Aus objektiver Warnpflicht des Steuerberaters hinsichtlich der Umstände,
Warte hat ein inhaltlich beanstandungsfreies Gutachten für die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, setzt weiter voraus,
den Mandanten auch dann Interesse, wenn er sich über den dass der Berater Grund zu der Annahme hat, dass sein Auf
darin zum Ausdruck kommenden Rat hinwegsetzt.32 traggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist. Daran fehlt es,
wenn der Berater davon ausgehen darf, dass sein Mandant
4. Pflichten bei der Erstellung eines Jahresabschlusses sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen,
Mit Urteil vom 26.01.2017 hat der BGH 33 seine bisherige Rspr.34 bewusst ist und in der Lage ist, die tatsächliche und rechtliche
zu den Pflichten des StB bei der Erstellung von Jahresab Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen. Entscheidend ist,
schlüssen modifiziert und teilweise auch abgeändert. Ein ob der Geschäftsführer der Gesellschaft über das konkrete
Pflichtenverstoß liegt nicht nur dann vor, wenn eine fehlerhaft tatsächliche und rechtliche Wissen verfügt, um sich veranlasst
erstellte Bilanz die tatsächlich bestehende rechnerische Über zu fühlen zu überprüfen, ob er das Unternehmen in seiner
schuldung nicht erkennen lässt, sondern auch dann, wenn der bisherigen Form fortführen kann. Hierzu kann es genügen,
Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife wenn die Schuldnerin ihm gegenüber erklärt hat, das Problem
der Gesellschaft zu Unrecht von Fortführungswerten aus der bilanziellen Überschuldung sei bekannt.41
geht.35 Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine
GmbH beauftragte Steuerberater hat zu prüfen, ob sich auf 5. Pflicht zur Weisungsbefolgung
der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen Grds. ist der StB ebenso wie der RA verpflichtet, die Weisungen
und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder seines Mandanten zu befolgen.42 Ein Berater, der entsprechend
rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der einer wirksamen Weisung des Bevollmächtigten seines Man
Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können.36 Er darf dem danten einen für diesen entgegengenommenen Zahlungsbe
von ihm erstellten Jahresabschluss keine Fortführungswerte trag an einen Dritten auskehrt, handelt nicht pflichtwidrig,
zugrunde legen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Ver wenn es an einem evidenten Missbrauch der Vertretungs
fügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 macht fehlt.43
Abs. 1 Nr. 2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Der Rechtsberater ist nicht gehalten, einer Weisung des Man
Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden.37 danten zu folgen, die seinem wohldurchdachten Rat wider
Hingegen ist der Steuerberater, der beauftragt ist, den Jahres spricht und mit wirtschaftlichen Nachteilen für die vertretene
abschluss zu erstellen, ohne einen ausdrücklich hierauf gerich Partei verbunden ist. Um die verfehlte Weisung des Mandan
teten Auftrag nicht verpflichtet, über die ihm zur Verfügung ten, einen aussichtslosen Rechtsstreit fortzusetzen, zu erfüllen,
gestellten Unterlagen und die ihm sonst bekannten Umstände müsste der Berater eine Klage oder ein Rechtsmittel mit Erwä
hinaus umfassend Nachforschungen oder Untersuchungen gungen begründen, die verfahrensrechtlich unerheblich sind
anzustellen, ob die gesetzliche Vermutung des § 252 Abs. 1 oder materiellrechtlich erkennbar nicht durchgreifen. Dies ist
Nr. 2 HGB tatsächlich gerechtfertigt ist, oder von sich aus nach ihm mit Rücksicht auf sein Ansehen unzumutbar. Schließlich
möglichen Insolvenzgründen zu forschen. Ihn trifft auch keine ist das unvernünftige Hinwegsetzen über den begründeten
allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der wirtschaft Vorschlag des Anwalts geeignet, die Vertrauensgrundlage des
lichen Verhältnisse der Gesellschaft. Daher haftet der Steuer Mandatsverhältnisses nachhaltig zu erschüttern.44
berater für einen objektiv fehlerhaften Jahresabschluss nicht
schon dann, wenn er bei einer entsprechenden Nachforschung 6. Belehrungspflichten bei Abschluss eines Vergleichs
oder einer entsprechenden Untersuchung der wirtschaftlichen Bietet das FA oder das FG einen Vergleich oder eine tatsäch
Verhältnisse hätte erkennen können, dass die Gesellschaft liche Verständigung an, so treffen den StB besondere Beleh
insolvenzreif war.38 rungspflichten gegenüber dem Mandanten. 45 Mit Urteil vom
Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine 14.07.2016 hat sich der BGH46 zu den Belehrungspflichten eines
GmbH beauftragte Steuerberater hat die Mandantin auf Rechtsanwalts bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs
einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende
39 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 43.
40 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 49.
32 BGH vom 16.02.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 26 (RA). 41 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 50.
33 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3). 42 BGH vom 25.09.2014 – IX ZR 199/13, DB 2014 S. 2399, Rn. 19; ferner vom 15.11.2007 – IX ZR
34 BGH vom 07.03.2013 – IX ZR 64/12, DB 2013 S. 928 = WM 2013 S. 802; vom 06.06.2013 – IX ZR 44/04, BGHZ 174 S. 205 = DB 2008 S. 178, Rn. 8.
204/12, DB 2013 S. 1542 = WM 2013 S. 1323. 43 Vgl. BGH vom 11.05.2017 – IX ZR 238/15, DB 2017 S. 1835 = ZInsO 2017 S. 1483, Rn. 13 (RA).
35 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 17. 44 BGH vom 16.02.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 21 (RA), unter Bezugnahme auf BGH vom 26.09.2013,
36 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 19. a.a.O. (Fn. 27), Rn. 13.
37 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 29. 45 Gräfe, in: Gräfe/Lenzen/Schmeer (Hrsg.), Steuerberaterhaftung, 6. Aufl. 2017, Rn. 414.
38 BGH vom 26.01.2017, a.a.O. (Fn. 3), Rdn. 20, 40. 46 BGH vom 14.07.2016 – IX ZR 291/14, RS1211697 = WM 2017 S. 675, Rn. 8.
geäußert. Diese Grundsätze lassen sich auch auf das Pflich Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses
tenprogramm eines StB übertragen. Danach gilt Folgendes: eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes
Im Rahmen von Verhandlungen zum Abschluss eines gericht Ereignis eingetreten wäre.57
lichen Vergleichs ist der Berater verpflichtet, die Interessen des
Mandanten umfassend und nach allen Richtungen wahrzu 1. Allgemeine Grundsätze
nehmen und ihn vor vermeidbaren Nachteilen zu bewahren. Dies erfordert einen Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem
Um dem Mandanten eine eigenständige Entscheidung über haftungsbegründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positio
den Abschluss des Vergleichs zu ermöglichen, muss er ihm nen umfasst.58 Geboten ist hierbei nicht lediglich eine Berücksich
dessen Vorund Nachteile darlegen. Auch ein ausdrücklicher tigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der
gerichtlicher Vergleichsvorschlag vermag den Rechtsberater hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage.59
nicht von seiner Verantwortung bei der Beratung der Partei zu Bezugspunkt des Gesamtvermögensvergleichs ist grds. das
entbinden. 47 Der Anwalt hat von einem Vergleich abzuraten, Vermögen des Geschädigten, nicht aber dasjenige Dritter. 60
wenn er für die von ihm vertretene Partei eine unangemes Daher kann aufgrund eines Vertrags regelmäßig nur derjenige
sene Benachteiligung darstellt und insb. begründete Aussicht Schadensersatz verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich
besteht, im Fall einer streitigen Entscheidung ein wesentlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt.61 Dies führt
günstigeres Ergebnis zu erzielen. In diesem Fall greift die Ver im Rahmen der Beraterhaftung dazu, dass der zum Ersatz
mutung ein, dass der Mandant dem Vorschlag des Beraters, verpflichtete StB grds. nur für den Schaden seines Mandanten
von einem Vergleichsschluss abzusehen, gefolgt wäre.48 Nimmt einzustehen hat, wobei die Drittschadensliquidation und der
der Mandant auf Anraten seines Rechtsberaters eine günstige Vertrag zugunsten Dritter sowie mit Schutzwirkung für Dritte
Vergleichsmöglichkeit nicht wahr, kommt es für einen Pflicht eine Ausnahme bilden. 62 Ebenso ist es dem ersatzpflichtigen
verstoß darauf an, ob im Zeitpunkt der Vergleichsverhandlung StB verwehrt, sich auf Vorteile zu berufen, die Dritte infolge
objektive Anhaltspunkte dafür vorhanden waren, die den der schädigenden Handlung erlangt haben mögen.63
Vergleich günstiger erscheinen ließen als dessen Ablehnung.49 Die hiernach grds. gebotene formale Betrachtungsweise führt
dazu, dass streng zwischen den Vermögensmassen unterschied
IV. Pflichtverletzung und Einstandspflicht des licher Beteiligter zu unterscheiden ist. Es ist daher zunächst
Steuerberaters festzustellen, ob in der Person, der dem Grunde nach ein
Handelt der StB seinen Vertragspflichten zuwider, liegt zugleich Anspruch zusteht, ein Schaden eingetreten ist. Gesellschaft
schuldhaftes Fehlverhalten vor, weil er seine Vertragspflichten und Gesellschafter sind hierbei regelmäßig als im Rahmen der
kennen muss.50 Darlegungs und beweispflichtig für eine Pflicht schadensrechtlichen Beurteilung selbstständige Zuordnungs
verletzung des Beraters ist grds. der Mandant, der Schadenser subjekte zu behandeln.64 Weder führt die Annahme eines den
satz begehrt.51 Dies gilt insb. dann, wenn eine Aufklärungs oder Gesellschaftern entstandenen Schadens ohne das Hinzutreten
Beratungspflichtverletzung behauptet wird.52 Nach ständiger weiterer Umstände zu einem vermögensrechtlichen Nachteil der
höchstrichterlicher Rspr.53 werden die mit dem Nachweis einer Gesellschaft,65 noch kann ein Steuernachteil der Gesellschaft mit
negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten dadurch aus einem Anrechnungsvorteil des Gesellschafters saldiert werden.66
geglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung
substanziiert bestreiten und darlegen muss, wie i.E. beraten 2. Konsolidierte Schadensberechnung
oder aufgeklärt worden sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt Ausnahmen von diesen Grundsätzen sind in der höchstrich
dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft.54 Diese terlichen Rspr. im Zusammenhang mit der Übertragung von
Verteilung der Darlegungs und Beweislast ist auch dann maß Vermögenswerten an Familienangehörige oder bei einem
geblich, wenn der Mandant den Rechtsberater wegen fehlerhaf Unternehmensverbund anerkannt und werden als konsolidierte
ter Beratung im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Schadensberechnung bezeichnet. Mit Urteilen vom 10.12.2015,
Ablehnung eines Vergleichs in Anspruch nimmt.55 18.02.2016 und vom 08.09.2016 hat der BGH im Anschluss an die
V. Schaden 57 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 12; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 9; vom
Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung bildet die Diffe 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 11; ferner vom 05.02.2015, a.a.O. (Fn. 11), Rn. 7; vom 14.06.2012,
renzhypothese.56 Ob und inwieweit ein nach den Bestimmun a.a.O. (Fn. 4), Rn. 42.
gen der §§ 249 ff BGB zu ersetzender Vermögensschaden des 58 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 12; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 9; vom
08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 11; ferner vom 05.02.2015, a.a.O. (Fn. 11), Rn. 7.
Mandanten besteht, beurteilt sich regelmäßig nach einem
59 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 12; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 9; vom
08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 11; ferner vom 05.02.2015, a.a.O. (Fn. 11), Rn. 7.
47 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 8, unter Bezugnahme auf BGH vom 11.03.2010 – IX ZR 60 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 12, unter Bezugnahme auf Urteil vom 05.02.2015, a.a.O.
104/08, RS0726339 = WM 2010 S. 815, Rn. 8 (RA). (Fn. 11), Rn. 8; vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 13; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 10.
48 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 8. 61 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 12, unter Bezugnahme auf Urteil vom 26.11.1968 – VI
49 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 8. ZR 212/66, BGHZ 51 S. 91 (93) = RS0777256.
50 BGH vom 25.09.2014, a.a.O. (Fn. 42), Rn. 21. 62 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 12.
51 BGH vom 25.09.2014, a.a.O. (Fn. 42), Rn. 16; vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 15 (Falschbe- 63 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 12, unter Bezugnahme auf Urteil vom 05.02.2015, a.a.O.
ratung durch RA). (Fn. 11), Rn. 8.
52 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 6 (RA). 64 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 14; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 11, jew. unter
53 BGH vom 09.06.1994 – IX ZR 125/93, BGHZ 126 S. 217 (225) = RS0774979; vom 11.10.2007 – IX Bezugnahme auf BGH vom 13.11.1973 – VI ZR 53/72, BGHZ 61 S. 380 (383) = DB 1974 S. 181;
ZR 105/06, DB 2007 S. 2704 = WM 2007 S. 2351, Rn. 12. vom 07.11.1991 – IX ZR 3/91, DB 1992 S. 466 = WM 1992 S. 308 (310).
54 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 6 (RA). 65 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 14; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 11, jew. unter
55 BGH vom 14.07.2016, a.a.O. (Fn. 46), Rn. 6 (RA). Bezugnahme auf BGH vom 14.06.2012, a.a.O. (Fn. 4), Rn. 12 ff.
56 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 12; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 9; vom 66 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 14; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 11, jew. unter Bezug-
08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 11; ferner vom 14.06.2012, a.a.O. (Fn. 4), Rn. 42. nahme auf BGH vom 18.12.1997 – IX ZR 153/96, DB 1998 S. 669 = NJW 1998 S. 1486 (1487).
Entscheidung vom 05.02.201567 sich mit dieser Berechnungsart berufen kann.74 Hierbei kann es sich z.B. um eine Ermäßigung
erneut befasst und seine bisherige Judikatur68 weiter präzisiert. der ESt der Gesellschafter nach § 35 Abs. 1 EStG handeln.75
Wenn der Mandant im Rahmen einer Gestaltungsberatung die
Berücksichtigung der Interessen eines Dritten zum Gegenstand 3. Prozesskosten als Schaden
der Beratungsleistung gemacht hat, ist die Schadensberechnung Für durch ein fehlerhaftes Prozessgutachten des Beraters verur
auch unter Einbeziehung dieser Drittinteressen vorzunehmen.69 sachte Vermögenteile des Mandanten muss der Berater einstehen;76
So ist im Fall der Verschmelzung von zwei Gesellschaften – der hieraus sich ergebende Schadensersatzanspruch kann auch
sofern es sich wirtschaftlich um dieselbe Vermögensmasse auf Befreiung von der Honorarforderung gerichtet sein.77
handelt, deren Bestand durch zutreffende Gestaltung der Ver Der Beitrag wird im nächsten Heft, DB Nr. 42, fortgesetzt.
schmelzung gerade gesichert werden sollte – eine einheitliche
Schadensbetrachtung vorzunehmen, unbeschadet der Tat Redaktionelle Hinweise:
sache, dass sie sich auf zwei voneinander zu unterscheidende Vgl. zum Thema Steuerberaterhaftung auch:
Rechtsträger bezieht.70 Hat der steuerliche Berater nach dem – D. Fischer, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung
Inhalt des Vertrags die Interessen mehrerer von seinem Man des steuerlichen Beraters in den Jahren 2013-2015 (Teil 1), DB 2015
danten beherrschter Gesellschaften zu beachten 71 oder hat S. 2859 = DB1165855 und (Teil 2), DB 2015 S. 2919 = DB1165856;
der Beratungsvertrag die Interessen mehrerer verbundener – D. Fischer, Haftung des Steuerberaters in Insolvenzverschlep-
Unternehmen zum Gegenstand, 72 muss im Fall der Pflicht pungsfällen (Teil 1), DB 2015 S. 1643 = DB0698371 und (Teil 2), DB
verletzung die Schadensberechnung unter Einbeziehung der 2015 S. 1703 = DB0698372;
Vermögenslage dieser Unternehmen vorgenommen werden. – D. Fischer, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung
Gleiches gilt für die steuerliche Beratung einer Gesellschaft des steuerlichen Beraters in den Jahren 2011-2013 (Teil 1), DB 2013
bürgerlichen Rechts. Sind nach dem Inhalt des Mandats auch S. 2010 = DB0608451 und (Teil 2), DB 2013 S. 2070 = DB0610360;
die Interessen der Gesellschafter Gegenstand der Beratung, – D. Fischer, Vertragliche Dritthaftung von Rechtsanwälten, Steuer-
ist der Schaden unter Einbeziehung der Vermögenslage der beratern und Wirtschaftsprüfern, DB 2012 S. 1489 = DB0481941;
Gesellschafter zu berechnen.73 Ist die Haftung des StB durch – D. Fischer, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung des
die Einbeziehung der Vermögensinteressen Dritter erweitert, steuerlichen Beraters in den Jahren 2009-2011, DB 2011 S. 1905 =
bedeutet dies aber zugleich, dass er sich auf die infolge der DB0427266;
fehlerhaften Beratung entstandenen Vorteile dieser Dritten – D. Fischer, Der Mitverschuldenseinwand in der Haftung der steu-
erlichen Berater, DB 2010 S. 2600 = DB0394481;
67 BGH vom 05.02.2015, a.a.O. (Fn. 11), hierzu D. Fischer, DB 2015 S. 2919.
– D. Fischer, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Haftung
68 BGH vom 28.11.1984 – IVa ZR 224/82, RS0999062 = WM 1985 S. 319; vom 24.09.1986 – IVa ZR
236/84, RS0769585 = WM 1986 S. 1477; vom 20.03.2008 – IX ZR 104/05, DB 2008 S. 1038 = des steuerlichen Beraters in den Jahren 2007/08, DB 2009 S. 1111
WM 2008 S. 1042, Rn. 15, 18. = DB0326585.
69 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 13, unter Bezugnahme auf Urteil vom 05.02.2015, a.a.O.
(Fn. 11), Rn. 11 f.; vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 15; vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 12. 74 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 17.
70 BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 16, unter Bezugnahme auf BGH vom 05.12.1996 – IX ZR 75 BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 17.
61/96, DB 1997 S. 523 = WM 1997 S. 333. 76 BGH vom 16.02.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 28 (RA), unter Bezugnahme auf BGH vom 24.05.2007 –
71 So die Fallgestaltung in BGH vom 18.02.2016, a.a.O. (Fn. 5), Rn. 12. IX ZR 142/05, RS0719304 = WM 2007 S. 1425, Rn. 17.
72 So die Fallgestaltung in BGH vom 10.12.2015, a.a.O. (Fn. 6), Rn. 17. 77 BGH vom 16.02.2017, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 28 (RA), unter Bezugnahme auf BGH vom 04.02.2010 –
73 So die Fallgestaltung in BGH vom 08.09.2016, a.a.O. (Fn. 8), Rn. 15. IX ZR 18/09, BGHZ 184 S. 209 = RS0726155, Rn. 56.
Kompakt
Personengesellschaftsrecht »DB1252265 Der Kläger hat den Beklagten gem. § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB auf
Zahlung von 197.500 € in Anspruch genommen. Das LG hatte
Befreiung des Kommanditisten von seiner Außen- der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht die Berufung
haftung durch Befriedigung von Gläubigerforde- des Beklagten zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten
rungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens war erfolgreich. Sie führte zur Aufhebung des Berufungsur
teils und unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur
Umfang der Haftungsbefreiung bei Befriedigung nicht werthal- Klageabweisung.
tiger Gläubigerforderungen – Zur Aufrechnung mit Erstattungs-
anspruch gem. § 110 HGB nach Insolvenzeröffnung AUS DEN GRÜNDEN
HGB § 171 Abs. 1 1 … 11 I. … II. 1. Der Beklagte wendet sich mit Erfolg gegen
a) Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger könne ihn
mögen der Gesellschaft kann der Kommanditist grds. gem. § 171 Abs. 1, Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB aufgrund seiner
einen beliebigen Gesellschaftsgläubiger mit der Wir Außenhaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf
kung befriedigen, dass er in Höhe des Nennwerts der Zahlung von 197.500 € in Anspruch nehmen.
getilgten Forderung von seiner Außenhaftung nach
§ 171 Abs. 1 HGB im Verhältnis zu den anderen Gläubi Keine Berufung auf Haftungsbefreiung wegen
gern frei wird. Erbringung der Einlage durch Übereignung der
b) Mit einem Erstattungsanspruch gem. § 110 HGB aus Schuldverschreibungen
der Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers vor Er 12 a) Im Ausgangspunkt ist das Berufungsgericht allerdings
öffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte sich gegen
der Gesellschaft kann der Kommanditist auch nach über seiner Haftung aus §§ 171, 172 HGB nicht darauf berufen
Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen eine Einlage kann, seine Einlage gem. der Vereinbarung vom 31.12.2008
forderung in Höhe des Nennwerts der getilgten Forde durch Übereignung der acht Schuldverschreibungen der F.
rung aufrechnen. KGaA im Wert von 160.000 € nebst Zinsen an Erfüllungs statt
BGH, Urteil vom 25.07.2017 – II ZR 122/16 erbracht zu haben.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der M. Einlage wurde an den Kommanditisten zurückbezahlt
International Ltd. & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Die 13 Sofern diese vom Beklagten sowohl im eigenen als auch (in
Gesellschaft wurde im Dezember 2006 gegründet. Director seiner Eigenschaft als Director der Komplementärgesellschaft)
der Komplementärin und einziger Kommanditist war der im Namen der Schuldnerin unterzeichnete Vereinbarung wirk
Beklagte mit einer Hafteinlage von 1.000 €. sam ist, war der Beklagte zwar zu einer solchen Leistung an
Mit Vertrag vom 31.10.2008 wurden zwei weitere Kommandi Erfüllungs statt berechtigt und hat seine Einlageverpflichtung
tisten mit Hafteinlagen von 50.000 € und 2.500 € in die Schuld gem. Nr. 2 der Vereinbarung auch dementsprechend durch
nerin aufgenommen und die Hafteinlage des Beklagten um Übereignung der Schuldurkunden und Abtretung der daraus
196.500 € auf insgesamt 197.500 € erhöht. Der Geschäftsbetrieb resultierenden Ansprüche in Höhe von insgesamt 160.000 €
der Schuldnerin wurde am 02.01.2009 aufgenommen. nebst 6% Zinsen ab dem 11.02.2008 erfüllt (vgl. BGH vom
Mit Vertrag vom 31.12.2008 traf der Beklagte mit der Schuldne 14.05.2013 – XI ZR 160/12, DB 2013 S. 1478 = ZIP 2013 S. 1270,
rin eine Vereinbarung über die Leistung einer Kommanditein Rn. 17). Wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht
lage an Erfüllung statt. Danach sollte er seine Einlageverpflich zu beanstandender Weise festgestellt hat, ist die Einlage aber
tung von 197.500 € zu einem Teil durch Übereignung von acht mit der Gutschrift des Erlöses aus der Veräußerung dieser
Schuldverschreibungen der F. KGaA über je 20.000 € nebst 6% Wertpapiere auf dem Privatkonto des Beklagten am 27.01.2009
Zinsen ab dem 11.02.2008 erfüllen. Zu diesem Zweck erklärte i.H.v. 166.871,68 € an den Beklagten zurückbezahlt worden,
er in Nr. 2 der Vereinbarung die Abtretung seiner Ansprü sodass sie insoweit gem. § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB im Außenver
che aus den Schuldverschreibungen an die Schuldnerin, die hältnis als nicht erbracht gilt.
ihrerseits die Abtretung und die ihr vom Beklagten zugleich
angebotene Übereignung der Schuldurkunden annahm und Auf dem Privatkonto des Kommanditisten eingehende
deren Übergabe bestätigte. Die restliche Einlageverpflichtung Gelder standen der Schuldnerin nicht als haftendes
des Beklagten von noch 30.729,42 € sollte nach Nr. 3 durch Kapital unmittelbar zur Verfügung
Umbuchung eines entsprechenden Teilbetrages vom dem auf 14 Dagegen macht die Revision ohne Erfolg geltend, der
seinem Privatkonto aufgelaufenen Guthaben von ca. 50.000 € Beklagte habe der Schuldnerin, die damals noch über kein
auf sein Festkapitalkonto erbracht werden. Konto verfügt habe, sein Konto zur Verfügung gestellt, sodass
Am 27.01.2009 ging auf dem Privatkonto des Beklagten bei der es sich faktisch um ein Konto der Schuldnerin gehandelt habe,
A. Aktienbank eine Gutschrift der F. KGaA i.H.v. 166.871,68 € von dem gem. ihren Anweisungen die Zahlungen an die Gläu
ein. Am 29.01.2009 wurden von diesem Konto Löhne und biger geleistet worden seien. Hierzu hat das Berufungsgericht
Gehälter der KG i.H.v. insgesamt 50.119,18 € überwiesen. Am zutreffend darauf hingewiesen, dass auch eine solche (unter
09.02.2009 folgten eine Zahlung von 7.500 € für Computer stellte) Absprache und Handhabung nichts daran ändert,
hardware der KG sowie am 20.02.2009 und am 16.03.2009 dass nur der Beklagte persönlich rechtlich zur Verfügung
weitere Zahlungen i.H.v. 100.000 € und 150.000 € für Klinikin über sein A. Privatkonto berechtigt war und auf die dortigen
ventar der KG. Mittel Zugriff hatte, sodass die dort eingehenden Gelder der
Am 03.03.2011 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Schuldnerin nicht wie für eine Einlageleistung erforderlich als
Insolvenzverfahren eröffnet. haftendes Kapital unmittelbar zur Verfügung standen.
15 Dass der Kapitalanteil des Beklagten durch die Rückzah auch im Verhältnis zu den anderen Gläubigern frei wird (vgl. BGH
lung der 166.871,68 € wie für ein Wiederaufleben der Haftung vom 09.05.1963 – II ZR 124/61, BGHZ 39 S. 319 [328] = DB 1963
nach § 172 Abs. 4 HGB erforderlich (vgl. BGH vom 05.05.2008 S. 1081; vom 17.09.1964 – II ZR 162/62, BGHZ 42 S. 192 [193] = DB
– II ZR 105/07, DB 2008 S. 1616 = ZIP 2008 S. 1175, Rn. 10) in 1964 S. 1549; vom 03.03.1969 – II ZR 222/67, BGHZ 51 S. 391 [393]
(mindestens) entsprechender Höhe unter den Betrag seiner = DB 1969 S. 740; vom 08.07.1985 – II ZR 269/84, BGHZ 95 S. 188
Haftsumme gesunken ist bzw. diesen bereits zuvor nicht [195] = DB 1985 S. 2292). Dabei tritt diese Haftungsbefreiung im
mehr erreicht hat, ist angesichts der finanziellen Situation Fall der Gläubigerbefriedigung auch dann in Höhe des Nennwerts
der Schuldnerin anzunehmen und wird von der Revision auch der getilgten Forderung ein, wenn die Gläubigerforderung nicht
nicht in Frage gestellt. mehr werthaltig war, sodass der in das Gesellschaftsvermögen
gelangte Vermögenswert diesen Betrag nicht erreicht (vgl. BGH
Vorliegend keine Einlageleistung an Erfüllungs statt vom 08.07.1985, a.a.O., BGHZ 95 S. 188 [195 f.]).
16 b) Nicht zu folgen ist der Revision auch darin, dass bei
Annahme einer Rückzahlung der Einlage die aus der Gut Durch Zahlungen i.H.v. 257.000 € ist der Kommanditist
schrift geleisteten Zahlungen vom Privatkonto des Beklagten von seiner Außenhaftung wegen Rückzahlung der Einlage
von Januar bis März 2009 zumindest als erneute Erbringung i.H.v. 166.871,68 € frei geworden
der Einlage „im verkürzten Zahlungsweg“ anzusehen seien. 22 (2) Da die erhöhte Haftsumme des Beklagten wie sich aus dem
17 Eine solche Vereinbarung der Einlageleistung an Erfüllungs Handelsregister ergibt am 05.02.2009 im Register eingetragen,
statt durch direkte Leistungen an Gesellschaftsgläubiger ist damit im Außenverhältnis wirksam wurde und der Beklagte
zwar möglich (vgl. dazu BGH vom 30.04.1984 – II ZR 132/83, nach seinem durch Kontoauszüge belegten und vom Kläger nicht
WM 1984 S. 893 [895]), vom Beklagten selbst aber nicht subs substantiiert bestrittenen Vortrag seit 09.02.2009 von seinem
tantiiert vorgetragen. Die von ihm hierzu angeführte verbind Konto bei der A. Aktienbank Zahlungen i.H.v. 257.500 € an Gläu
liche Absprache, die auf seinem Konto eingehende Gutschrift biger der KG erbracht hat, ist der Beklagte damit unabhängig
zur Bezahlung von Gläubigern der Schuldnerin zu verwenden, von der damaligen Werthaltigkeit der Gläubigerforderungen von
reicht als solche für eine Vereinbarung einer Leistung an Erfül seiner Außenhaftung wegen Nichtleistung bzw. Rückzahlung der
lungs statt nicht aus. Einlage in Höhe von 166.871,68 € frei geworden.
Erlöschen der Haftung des Kommanditisten durch Haftungsbefreiung auch in Höhe der noch verbleibenden
Befriedigung der Gläubiger Einlageverpflichtung von 30.628,32 €
18 c) Das Berufungsgericht hat jedoch fehlerhaft nicht berück 23 c) Entsprechendes gilt für die vom Berufungsgericht im
sichtigt, dass der Beklagte sich gegenüber seiner Inanspruch Weiteren angenommene Haftung des Beklagten gegenüber
nahme aus § 171 Abs. 1, Abs. 2, § 172 Abs. 4 HGB auch nach den Gesellschaftsgläubigern gem. § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB in
der Insolvenzeröffnung noch darauf berufen kann, dass seine Höhe der danach noch verbleibenden restlichen Einlagever
Haftung durch die Befriedigung von Gläubigern der Schuld pflichtung von 30.628,32 €.
nerin mit seinen Zahlungen ab dem 09.02.2009 bis zur Höhe
dieser Leistungen erloschen ist. Haftungsbefreiung insoweit allerdings nicht schon durch
Verrechnung von Leistungen des Beklagten im Jahr 2008
Kommanditist kann Insolvenzverwalter Einwendungen 24 aa) Insoweit macht die Revision allerdings ohne Erfolg geltend,
entgegenhalten, die sich gegen alle von § 171 Abs. 2 HGB das Berufungsgericht habe verkannt, dass diese restliche Einlage
begünstigten Gläubiger richten verpflichtung bereits im Jahr 2008 und damit nicht erst nach der
19 aa) Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzeröffnung durch Verrechnung mit von im „verkürzten
Kommanditist dem Insolvenzverwalter zwar keine Einwen Zahlungsweg“ geleisteten Zahlungen des Beklagten für Auslagen
dungen entgegenhalten, die ihm nur gegen einzelne Gläubiger der KG i.H.v. 49.033,12 € und der buchhalterischen Umsetzung
zustehen, wohl aber solche, die sich gegen alle von § 171 Abs. 2 dieser Verrechnung in 2008 erfüllt worden sei.
HGB begünstigten Gläubiger richten (vgl. BGH vom 14.01.1991 25 Die Vereinbarung vom 31.12.2008 sieht zwar unter Nr. 3
– II ZR 112/90, BGHZ 113 S. 216 [221] = DB 1991 S. 540). eine entsprechende Leistung der Einlage an Erfüllungs statt
20 bb) Ein solcher Einwand liegt hier in dem Vorbringen des durch Umbuchung eines auf dem Privatkonto des Beklagten
Beklagten, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch aufgelaufenen Guthabens von ca. 50.000 € vor. Anders als
seine Zahlungen im Jahr 2009 Gläubiger der Schuldnerin i.H.v. bei den ab 09.02.2009 geleisteten Zahlungen kann bei den
307.619,18 € befriedigt zu haben. Diesen Einwand kann der bereits im Jahr 2008 geleisteten Zahlungen indes nicht davon
Beklagte dem Kläger in Höhe der ab dem 09.02.2009 erbrach ausgegangen werden, dass sie auf die erst später mit der
ten Zahlungen von insgesamt 257.000 € entgegenhalten. Vereinbarung vom 31.10.2008 und Eintragung im Handels
register am 05.02.2009 erhöhte Außenhaftung des Beklagten
Auch bei Befriedigung von nicht werthaltigen geleistet worden sind. Dies wird auch vom Beklagten nicht
Gläubigerforderungen vor Insolvenzeröffnung wird geltend gemacht, der sich selbst ausdrücklich darauf beruft,
der Kommanditist in Höhe des Nennwerts der getilgten die Zahlungen aus dem Jahr 2008 vereinbarungsgemäß als
Forderungen von seiner Haftung frei Einlageleistung eingebracht zu haben.
21 (1) Es entspricht st. Rspr. des Senats, dass es vor Eröffnung 26 Ohne Leistung auf eine Außenhaftung führten diese Zah
des Insolvenzverfahrens im Belieben des Kommanditisten steht, lungen bzw. die Verrechnung eines daraus resultierenden
welchen Gläubiger der Gesellschaft er befriedigt, und dass er Erstattungsanspruchs des Beklagten aus § 110 HGB mit seiner
durch Befriedigung eines solchen Gläubigers in Höhe der getilg Einlageverpflichtung wegen des insoweit im Außenverhältnis
ten Gesellschaftsschuld von seiner Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB geltenden Kapitalaufbringungsgrundsatzes aber nur in Höhe
des objektiven Werts der getilgten Gläubigerforderung bzw. des Schuldnerin erbrachten Zahlungen beruht, ohne dass es insoweit
Erstattungsanspruchs zur Haftungsbefreiung (vgl. BGH vom im Innenverhältnis auf die Werthaltigkeit der getilgten Gläubiger
08.07.1985 – II ZR 269/84, BGHZ 95 S. 188 [194 ff.] = DB 1985 forderungen ankommt (vgl. BGH vom 08.07.1985 – II ZR 269/84,
S. 2292). Dabei kommt es für die Bewertung der Forderung auf die BGHZ 95 S. 188 [196] = DB 1985 S. 2292; vom 29.09.2015 – II ZR
Vermögenslage der Gesellschaft an. Entscheidend ist, ob und ggf. 403/13, BGHZ 207 S. 54 = DB 2015 S. 2746, Rn. 24). Insoweit hält er
inwieweit das Vermögen der Gesellschaft ausreicht, um sämtli der Einlageforderung nicht lediglich eine eventuell wertlose Forde
che Gläubiger zu befriedigen (vgl. BGH vom 26.03.1984 – II ZR rung entgegen, sondern hat mit der Befriedigung der Gläubiger die
14/84, BGHZ 90 S. 370 [373] = DB 1984 S. 1338; vom 08.07.1985, Masse in Höhe des Nennwerts der Forderungen mit der Folge des
a.a.O., BGHZ 95 S. 188 [195]). Hierzu fehlt es an ausreichendem entsprechenden Erlöschens seiner Außenhaftung entlastet (vgl.
Vortrag des Beklagten, der für die Werthaltigkeit darlegungs und Thiessen, in: Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 171 Rn. 144).
beweispflichtig ist (vgl. BGH vom 18.11.1976 – II ZR 129/75, DB
1977 S. 394 = WM 1977 S. 167 [168]; vom 01.06.1987 – II ZR 259/86, Redaktioneller Hinweis:
BGHZ 101 S. 123 [127] = DB 1987 S. 2301). Sein Hinweis darauf, Volltext online unter: RS1252265.
dass die Verrechnung bereits im Jahr 2008 und damit längere Zeit
vor der Insolvenzeröffnung erfolgt sei, reicht insb. angesichts der
schlechten finanziellen Lage der Schuldnerin bereits seit Beginn
ihres Geschäftsbetriebs nicht aus. GmbH-Recht »DB1249442
Auch Restbetrag von 30.628,32 € ist aber durch Anforderungen an Kapitalerhöhung beim Über-
Zahlungen ab dem 09.02.2009 i.H.v. insgesamt 257.000 € gang der Unternehmergesellschaft zur Voll-GmbH
noch gedeckt
27 bb) Der Beklagte kann sich jedoch auch in Höhe des Rest GmbHG § 5a Abs. 5, § 7 Abs. 2 Satz 2, § 8, § 56, § 57 Abs. 2
betrages von 30.628,32 € darauf berufen, dass seine Außen Die Unternehmergesellschaft kann auf die Weise durch
haftung durch seine Zahlungen an Gläubiger der Schuldnerin Barkapitalerhöhung zur Vollgesellschaft erstarken, dass
seit 09.02.2009, d.h. nach Erhöhung seiner Hafteinlage und die Summe ihres ursprünglichen, der Volleinzahlungs
Eintragung der erhöhten Haftsumme, erloschen ist, da auch pflicht unterliegenden Stammkapitals und des auf den
dieser Restbetrag von den ab diesem Zeitpunkt geleisteten neuen Anteil eingezahlten Anteils zusammen dem Halb
Zahlungen i.H.v. insgesamt 257.500 € noch gedeckt ist. aufbringungsgrundsatz genügen.
Die Versicherung des Geschäftsführers aus Anlass der
Keine Inanspruchnahme des Beklagten gem. § 80 Kapitalerhöhung muss sich – wenn dem Halbaufbrin
Abs. 1 InsO im Innenverhältnis auf Erfüllung der gungsgrundsatz Genüge getan ist – nur auf den neuen
Einlageverpflichtung Kapitalanteil beziehen, § 57 Abs. 2 GmbHG. Die Fortdauer
28 3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen des Vorhandenseins des ursprünglichen Stammkapitals
als richtig. Insb. kann der Kläger den Beklagten nach dem der UG muss der Geschäftsführer bei Anmeldung der Ka
zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht gem. § 80 Abs. 1 InsO pitalerhöhung nicht versichern.
im Innenverhältnis auf Erfüllung seiner Einlageverpflichtung OLG Celle, Beschluss vom 17.07.2017 – 9 W 70/17
in Anspruch nehmen.
Die betroffene Gesellschaft wurde als Unternehmergesell
Kapitalaufbringungsgrundsatz des § 171 HGB gilt im Innen schaft mit einem Stammkapital von 2.000 €, welches auf nur
verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht einen Geschäftsanteil entfiel, im Jahr 2013 gegründet.
29 Sollte die Vereinbarung vom 31.12.2008 wirksam zustande In der Gesellschafterversammlung vom ... Februar 2017 wurde
gekommen und vollzogen worden sein, hat der Beklagte seine die Erhöhung des Stammkapitals um 23.000 € durch Bildung
Einlageverpflichtung bereits voll erfüllt. Auf die Werthaltigkeit eines neuen Geschäftsanteils mit diesem Nominalbetrag
der verrechneten/umgebuchten Zahlungen an Gläubiger der beschlossen; zur Übernahme wurde der bisherige Alleingesell
Schuldnerin im Jahr 2008 kommt es in diesem Zusammenhang schafter (und zugleich Geschäftsführer) zugelassen. Auf den
nicht an, da der Kapitalaufbringungsgrundsatz des § 171 HGB neuen Anteil hat der Inferent dem Kapitalerhöhungsbeschluss
im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entsprechend die Einzahlung von 10.500 € versichert.
nicht gilt (vgl. Strohn, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Mit Beschluss vom ... Mai 2017 und ausführlicher Nichtabhil
HGB, 3. Aufl., § 171 Rn. 48 f.; Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/ feentscheidung vom ... Juli 2017, hat das Registergericht die
Morck, HGB, 8. Aufl., § 172 Rn. 20; MünchKommHGB/Karsten Eintragung der Kapitalerhöhung und die wegen Erreichens
Schmidt, 3. Aufl., § 172 Rn. 11). der Schwelle zur sog. VollGmbH einhergehend beschlossenen
Änderungen von Firma und Satzung abgelehnt.
Kommanditist kann ungeachtet der Werthaltigkeit der Es hat im Kern gemeint, es fehle zum Wechsel in eine VollGmbH
getilgten Gläubigerforderung mit seinem Erstattungs an einer Versicherung des Geschäftsführers, wonach die gesetzli
anspruch nach § 110 HGB gegen seine offene Einlagever chen Mindesteinlagen in Höhe von insgesamt 12.500 € erbracht
pflichtung auch nach Insolvenzeröffnung noch aufrechnen worden seien. Die bloße Versicherung, dass ein Betrag von 10.500 €
30 Bei Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 31.12.2008 kann der auf den neuen Anteil geleistet sei, reiche nicht aus. Vielmehr müsse
Beklagte gegen seine demnach noch offene Einlageverpflichtung sich die Versicherung auch darauf erstrecken, dass die 2.000 € aus
auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch mit dem der ursprünglichen Einlage der (Unternehmer)Gesellschaft noch
Erstattungsanspruch aus § 110 HGB aufrechnen, der auf den vor – zumindest wertgleich – zur freien Verfügung des Geschäftsfüh
der Insolvenzeröffnung seit Februar 2009 an die Gläubiger der rers stünden. Insoweit könne nicht auf die im Zusammenhang
mit der Gründung der Unternehmergesellschaft abgegebene Ver sellschaft zur VollGmbH ohne sachlichen Grund erschwerende
sicherung aus dem Jahr 2013 zurückgegriffen werden, denn sie sei Maßnahme dar, die im Widerspruch zu den Maßstäben der Ent
zu alt. Auch die Versicherung des Geschäftsführers hinsichtlich scheidung des Bundesgerichtshofs II ZB 25/10, Rn. 20, stünde.
der Aufbringung der 10.500 € aus der Kapitalerhöhung sei zu
alt, denn sie hätte – so das Registergericht – mit der Beschwerde Keine Umgehung des Halbaufbringungsgrundsatzes
gegen den die Eintragung ablehnenden Beschluss aus dem Mai erkennbar
2017 erneut abgegeben werden müssen. Wenigstens die Hälfte c) Soweit das Registergericht für sein Erfordernis einer Versi
des Stammkapitals müsse im Zeitpunkt der Anmeldungen zum cherung, dass das alte Stammkapital im Zeitpunkt der Kapi
Erstarken der Unternehmergesellschaft zur VollGmbH zumin talerhöhung noch vorhanden sei, anführt, die Aufstockung
dest wertgleich vorhanden sein oder müsse, soweit nicht mehr der Unternehmergesellschaft zur VollGmbH dürfe nicht so
vorhanden, von den Gesellschaftern nachgezahlt werden. vonstattengehen, dass der Grundsatz der Halbaufbringung des
Gegen diese Erwägungen wendet sich die form und fristge Stammkapitals aus § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG umgangen werden
recht eingelegte Beschwerde. könne, verkennt das Registergericht, dass im Streitfall für eine
Sie führt insbesondere aus, es gebe keine Bestimmung, die bei Umgehung des Halbaufbringungsgrundsatzes nichts erkenn
der Kapitalerhöhung von der Unternehmergesellschaft zur Voll bar ist. Ein zeitlich enger Zusammenhang zwischen Gründung
GmbH eine Versicherung über das „NochVorhandensein“ des der Unternehmergesellschaft und Kapitalerhöhung ist nicht
bereits 2013 voll aufgebrachten Stammkapitals der Unternehmer gegeben. Die Unternehmergesellschaft hat vielmehr seit 2013
gesellschaft erfordere. Die sofortige Beschwerde war erfolgreich. als solche gewirtschaftet. Die Vollaufbringung des ursprüng
lichen Stammkapitals wurde seinerzeit versichert; über den
AUS DEN GRÜNDEN Eintritt von Insolvenzgründen ist nichts bekannt. Auch andere,
Kapitalerhöhung der Unternehmergesellschaft bei abstraktere Umgehungsgefahren hinsichtlich des Halbaufbrin
Erreichen des Mindeststammkapitals der Voll-GmbH nach gungsgrundsatzes werden nicht nachvollziehbar aufgezeigt.
den §§ 56 ff. GmbHG
1. Die Beschwerdeführerin hat beim Registergericht eine Kapi Halbaufbringungsgrundsatz gem. § 7 Abs. 2 Satz 2
talerhöhung im Sinne des § 5a Abs. 5 GmbHG angemeldet, mit GmbHG ist genüge getan
welcher das Stammkapital der ursprünglich als Unternehmerge d) Mit der Aufbringung von – nunmehr – weiteren 10.500 € ist
sellschaft gegründeten juristischen Person das Mindeststamm auch dem Halbaufbringungsgrundsatz aus § 7 Abs. 2 Satz 2
kapital der VollGmbH erreicht. Auf eine solche Kapitalerhöhung GmbHG in der Summe Genüge getan. Dafür, dass eine Addition
sind Sonderregelungen für die Unternehmergesellschaft, wie sie in der aufgebrachten Stammkapitalanteile nicht erfolgen dürfe,
§ 5a Abs. 1 bis Abs. 4 GmbHG enthalten sind, nicht mehr anzuwen vermag das Registergericht nichts Tragfähiges anzuführen,
den (vgl. BGH II ZB 25/10, Rn. 16). Daraus folgt im Umkehrschluss, vermag auch kein naheliegendes Umgehungsszenario aufzu
dass die Anforderungen an diese Kapitalerhöhung sich nach den zeigen. Eine bei der Kapitalerhöhung der Unternehmergesell
§§ 56 ff. GmbHG bestimmen (vgl. BGH II ZB 25/10, Rn. 20). schaft die Teileinzahlung bezüglich des Erhöhungsbetrages
beschränkende Regelung, die im Ansatz § 57l Abs. 2 GmbHG
Versicherung des Geschäftsführers über das Bewirken der hätte ähneln können, hat der Gesetzgeber des MoMiG, der die
Einlagen hinsichtlich des neuen Stammkapitals ausreichend Unternehmergesellschaft eingeführt hat, nicht vorgesehen.
2. a) Demgemäß muss die Anmeldung des Geschäftsführers Sie lässt sich unter Beachtung von Art. 2 Abs. 1 GG dem Gesetz
zum Zwecke der Eintragung der Kapitalerhöhung in erster auch nicht als nachträgliche Restriktion hinzufügen.
Linie den Anforderungen des § 57 GmbHG genügen. § 57 Abs. 2
GmbHG verlangt eine Versicherung über das Bewirken der Zur Aktualität der Versicherung im Hinblick auf die
Einlagen nur hinsichtlich des neuen Stammkapitals. Eine die Zeitverzögerung des Anmeldeverfahrens
sen Anforderungen hinsichtlich des sofort fälligen Teils von 3. Soweit das Registergericht meint, der eingereichten
10.500 € des Erhöhungsbetrages genügende Versicherung hat Geschäftsführerversicherung fehle die Aktualität, vermag
der Geschäftsführer im Streitfall, was das Registergericht auch sich der Senat auch dem nicht anzuschließen.
nicht bezweifelt, am 27.02.2017, mithin wenige Tage vor der Auf die Versicherung hinsichtlich der Auf bringung des
Registeranmeldung am 08.03.2017, abgegeben. ursprünglichen Stammkapitals der Unternehmergesellschaft
kommt es nach dem oben Ausgeführten nicht an.
Keine Versicherung erforderlich, dass das ursprüngliche Die Versicherung hinsichtlich des Kapitalerhöhungsbetrages
Stammkapital noch erhalten sei war bei Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses aktuell;
b) Für eine Kapitalerhöhung einer GmbH, welche schon vor dem die durch die – wie ausgeführt überzogenen – Anforderungen
Erhöhungsbeschlusses VollGmbH war, verlangt das GmbH des Registergerichts nach der Anmeldung eingetretene Zeit
Gesetz mithin keine Versicherung, dass das ursprüngliche Stamm verzögerung des Anmeldeverfahrens hat die Antragstellerin
kapital noch erhalten sei. Eine solche zudem neue Versicherung nicht zu vertreten; dass ihretwegen mit der Beschwerde eine
verlangt das Registergericht jedoch im Streitfall. Diese Anforde neue Versicherung des Geschäftsführers hätte abgegeben wer
rung ist jedoch überzogen; der Senat macht sie sich nicht zu eigen. den müssen, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.
Mit ihr begibt sich das Registergericht von Amts wegen in eine
Überprüfung, ob bei der Unternehmergesellschaft im Zeitpunkt Redaktioneller Hinweis:
des Kapitalerhöhungsbeschlusses womöglich Insolvenzgründe Volltext online unter: RS1249442.
vorgelegen haben könnten (nämlich das bisherige Stammkapital
entweder gemindert oder aufgezehrt sein könnte); eine solche
Prüfung stellt jedoch eine den Übergang von der Unternehmerge
14 So liegt der Streitfall. Dies folgt daraus, dass die Schuldnerin Pfändungsgegenstände verheimlicht, um sie gerade für
die kontoführende Bank angewiesen hat, den in Rede stehen den Zugriff des zu begünstigenden Gläubigers bereitzu
den Betrag an den Beklagten von dem gepfändeten Konto zu halten, oder wenn der Schuldner dem Gläubiger vorzeitig
überweisen. Ein Schuldner, der eine Überweisung von seinem oder beschleunigt einen Vollstreckungstitel gewährt (BGH
Bankkonto veranlasst, nimmt eine Rechtshandlung vor, selbst vom 03.02.2011 – IX ZR 213/09, DB 2011 S. 643 = NZI 2011
wenn zuvor Ansprüche auf Auszahlungen von diesem Konto S. 249, Rn. 12; vom 21.11.2013, a.a.O.). Die Begründung des
zugunsten des Zahlungsempfängers gepfändet und ihm zur Berufungsgerichts, die hierauf nicht eingeht, erweist sich
Einziehung überwiesen wurden (BGH vom 22.06.2017, a.a.O., deshalb nicht als tragfähig.
Rn. 11, m.w.N.; vgl. BGH vom 21.11.2013 – IX ZR 128/13, DB
2014 S. 50 = NZI 2014 S. 72, Rn. 9). Zur Berufung des Insolvenzverwalters
18 2. Zur Berufung des Klägers (Zahlungen bis 05.09.2005 i.H.v.
Gläubigerbenachteiligung 45.560 €, Zahlung am 08.12.2005 über 46.400 €, Zahlung durch
15 b) Doch kann mit der Begründung des Berufungsgerichts Drittschuldnerin am 16.10.2006 über 7.572,11 €):
eine Gläubigerbenachteiligung nicht verneint werden.
Die im Jahr 2005 geleisteten Zahlungen sind
Keine Benachteiligung bei Befriedigung eines gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen der
einzelnen Gläubigers aufgrund eines insolvenzfesten Schuldnerin
Pfändungspfandrechts 19 a) Die von der Schuldnerin an den Beklagten im Jahr 2005
16 aa) Allerdings benachteiligt die Befriedigung eines ein geleisteten Zahlungen stellen gläubigerbenachteiligende
zelnen Gläubigers die Gesamtheit der Gläubiger dann nicht, Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Nach § 133 Abs. 1
wenn sie aufgrund eines Pfändungspfandrechts erfolgt, das Satz 1 InsO sind Rechtshandlungen, die der Schuldner in den
den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insol
Schuldners zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 venzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz,
InsO berechtigt. Der Gläubiger erhält dann nur das, was seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, anfecht
ihm bereits aufgrund des insolvenzbeständigen Pfandrechts bar, wenn der andere Teil zurzeit der Handlung den Vorsatz
zusteht (BGH vom 21.11.2013, a.a.O., Rn. 12). Zutreffend hat des Schuldners kannte.
das Berufungsgericht auch gesehen, dass das Konto, von
dem die Schuldnerin den streitgegenständlichen Betrag an Zum Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin
den Beklagten überwies, gepfändet war, auch wenn dieses und Kenntnis des Anfechtungsgegners von deren
Konto in der Anlage zum Pfändungsbeschluss nicht aus Zahlungsunfähigkeit ab Ende 2002
drücklich aufgeführt ist. Denn ausweislich des Pfändungs 20 aa) Der Schuldner handelt mit einem solchen Vorsatz, wenn
und Überweisungsbeschlusses sollten die Forderungen er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechts
der Schuldnerin gegen die V. gepfändet werden, die auf der handlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt.
Rückseite des Beschlussformulars unter Rubrik „Anspruch D Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus
(an Banken etc.)“ unter Nr. 1 angekreuzt waren. Damit sollten auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In
ohne Einschränkung auch alle gegenwärtigen, nämlich im diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht aus
Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses (§ 829 reicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur
Abs. 3 ZPO) vorhandenen Guthaben und Habensalden der drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisan
Schuldnerin auf Konten, die nicht zu den in Nrn. 3 und 4 zeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar,
gesondert genannten Sparkonten und Geldkonten zu Wert wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt
papierkonten gehörten, gepfändet werden (vgl. BGH vom war (BGH vom 10.01.2013 – IX ZR 13/12, DB 2013 S. 224 = NJW
28.04.1988 – IX ZR 151/87, DB 1988 S. 2195 = NJW 1988 S. 2543 2013 S. 611, Rn. 14).
[2544]). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leis
tung angefochten wird. Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht
Zur Anfechtbarkeit des Pfandrechts alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen
17 bb) Anders verhält es sich jedoch, wenn das Pfandrecht eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um die
seinerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt (BGH vom sen von der Stellung des Insolvenzantrags abzuhalten, kommt
21.11.2013, a.a.O.). Gegen die Anfechtbarkeit des Pfand es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder
rechts nach § 133 Abs. 1 InsO spricht nicht schon, dass es vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses
als Folge der von dem Beklagten veranlassten Forderungs einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung
pfändung nach § 829 ZPO entstanden ist. Maßgebend ist der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf. Aber auch dann, wenn
vielmehr, ob die Schuldnerin zu der ausgebrachten Pfän nicht festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen einzel
dung aktiv beigetragen hat (vgl. oben; BGH vom 21.11.2013, nen Gläubiger befriedigt, um ihn von der Vollstreckung oder von
a.a.O., Rn. 14). Dabei kommt es entgegen der Ansicht des der Stellung eines Insolvenzantrags abzuhalten, handelt er mit
Berufungsgerichts nicht darauf an, dass die Vollstreckung Benachteiligungsvorsatz, wenn er nur weiß, dass er zurzeit der
im kollusiven Zusammenwirken des Schuldners und des Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig
Gläubigers erfolgte. Es reicht aus, dass der Schuldner die war (BGH vom 10.01.2013, a.a.O., Rn. 15).
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vollstreckungs 21 Der Anfechtungsgegner muss zurzeit der angefochte
handlung erst schafft, etwa wenn er den Gläubiger von dem nen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger
bevorstehenden Zugriff anderer Gläubiger mit der Auffor zu benachteiligen, kennen. Diese Kenntnis wird vermutet,
derung, diesen zuvorzukommen, benachrichtigt, wenn er wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit
drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte nen innerhalb der G. mehr wahrnahm. Diese Umstände stellen
(§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Kennt der Anfechtungsgegner die keine nachträgliche Veränderung der Tatsachengrundlage
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass dar, die den Schluss zuließe, dass die Gründe der eingetretenen
Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglich Zahlungsunfähigkeit aus Sicht des Beklagten möglicherweise
keit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren weggefallen sind. Vielmehr ergibt sich aus dem (bestrittenen)
und verzögern. Mithin kennt ein solcher Gläubiger zugleich klägerischen Vortrag einschließlich der vom Kläger vorge
die Gläubigerbenachteiligung (BGH vom 10.02.2005 – IX ZR legten Parteigutachten, dass sich die finanzielle Situation
211/02, BGHZ 162 S. 143 [153]). der Schuldnerin von 2002 bis zu Insolvenzeröffnung ständig
22 Das Berufungsgericht hat danach mit Recht geprüft, ab verschlechterte.
wann die Schuldnerin (drohend) zahlungsunfähig war und
die Schuldnerin und der Beklagte davon wussten. Zwar ist Zahlung der Schuldnerin aus einem gepfändeten Konto
es im Rahmen dieser Prüfung davon ausgegangen, dass die als eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung
Schuldnerin erst seit dem Monat Dezember 2005 (drohend) 26 b) Soweit das Berufungsgericht in der Zahlung der Dritt
zahlungsunfähig war und der Beklagte davon erst seit dem schuldnerin im Jahr 2006 keine Rechtshandlung der Schuldne
Januar 2006 wusste. Es hat aber den klägerischen Vortrag, die rin gesehen hat, leidet die Begründung des Berufungsgerichts
Schuldnerin sei schon Ende des Jahres 2002 zahlungsunfähig an dem gleichen Rechtsfehler wie bei den Ausführungen zu
gewesen und davon habe der Beklagte aufgrund seiner dama der Frage, ob es sich bei der Zahlung der Schuldnerin aus
ligen Funktion in der Unternehmensgruppe der G. gewusst, einem gepfändeten Konto um eine gläubigerbenachteiligende
nicht ausgeschlossen, sondern zugunsten des Klägers die Rechtshandlung der Schuldnerin gehandelt hat. Auf die Frage,
Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin seit dem 31.12.2002 und ob Schuldnerin und Beklagter kollusiv zusammengearbeitet
die Kenntnis des Beklagten von dieser Zahlungsunfähigkeit ab haben, kommt es entgegen der Annahme des Berufungsge
diesem Zeitpunkt unterstellt. Davon ist deswegen revisions richts nicht an (vgl. oben).
rechtlich auszugehen.
Das Urteil ist nicht aus anderen Gründen richtig
Beweislast des Anfechtungsgegners hinsichtlich der 27 III. Das Urteil ist nicht aus anderen Gründen richtig.
zwischenzeitlichen Behebung der Zahlungsunfähigkeit
der Schuldnerin Zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und Kenntnis
23 bb) Dann aber hätte es nunmehr dem Beklagten oblegen, des Anfechtungsgegners von deren Zahlungsunfähigkeit
darzulegen und zu beweisen, warum er davon ausging, dass im Jahr 2005
die Schuldnerin ihre Zahlungen möglicherweise allgemein 28 1. Hinsichtlich der im Jahr 2005 erfolgten Zahlungen der
wieder aufgenommen hat. Denn nach der Rspr. des Senats hat Schuldnerin an den Beklagten (91.960 €) hat das Berufungsge
ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsun richt keine hinreichenden Feststellungen zur Frage einer von
fähigkeit des Schuldners wusste, darzulegen und zu beweisen, der Schuldnerin und dem Beklagten erkannten Zahlungsfä
warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine higkeit in diesem Zeitraum getroffen. Das Berufungsgericht
Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen hat zwar eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vor dem
(BGH vom 25.02.2016 – IX ZR 109/15, DB 2016 S. 704 = NJW 01.12.2005 und eine Kenntnis des Beklagten vor dem 01.01.2006
2016 S. 1168, Rn. 24; vom 20.10.2016 – IX ZR 305/14, RS1222030 verneint, diese Annahme jedoch dadurch in Frage gestellt,
= ZInsO 2016 S. 2393, Rn. 14). dass es die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits ab
24 Diesen Beweisanforderungen hat der Beklagte weder in Ende des Jahres 2002 und die Kenntnis des Beklagten davon
objektiver noch in subjektiver Hinsicht genügt. Die Schluss zugunsten des Klägers unterstellt hat. Angesichts dieses
folgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsun Widerspruchs kann revisionsrechtlich nicht ausgeschlossen
fähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss werden, dass die Schuldnerin bereits im Jahr 2005 zahlungs
von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung unfähig war und sie und der Beklagte davon wussten. Dann
der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen „Gesin aber ist nicht auszuschließen, dass sämtliche Zahlungen der
nungswandel“ getragen sein. Als erstes dürfen die Umstände, Schuldnerin an den Beklagten im Jahr 2005 nach § 133 Abs. 1
welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründen, InsO anfechtbar sind.
nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein
bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr Zur Zahlung der Schuldnerin von dem gepfändeten
ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Konto im Jahr 2006 als gläubigerbenachteiligende
Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Rechtshandlungen der Schuldnerin
Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht 29 2. Ebenso wenig kann nach den Feststellungen des Beru
mehr bestand (BGH vom 25.02.2016, a.a.O., Rn. 28). fungsgerichts verneint werden, dass die Zahlung der Schuld
25 Der Beklagte hat bestritten, dass die Schuldnerin zu irgend nerin von dem gepfändeten Konto i.H.v. 127.063,28 € und die
einem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei. Ebenso hat er Zahlung der Drittschuldnerin i.H.v. 7.572,11 € im Jahr 2006
in Abrede gestellt, hiervon jemals Kenntnis gehabt zu haben. gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen der Schuldnerin
Dann aber fehlt es an einem schlüssigen Vortrag, warum er darstellen.
hätte annehmen können, die Schuldnerin habe ihre Zahlun
gen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen. Nicht Zum Vorliegen einer Rechtshandlung des Schuldners in
ausreichend ist der Umstand, dass das Insolvenzverfahren einer Vollstreckungshandlung
über das Vermögen der Schuldnerin erst im Jahr 2007 eröffnet 30 a) In der Rspr. ist anerkannt, dass in der Vollstreckungs
worden ist und der Beklagte seit Sommer 2003 keine Funktio handlung eine Rechtshandlung des Schuldners liegt, wenn
er dem Gläubiger vorzeitig oder beschleunigt einen Vollstre muss hiervon bewusst im Interesse einzelner Gläubiger
ckungstitel gewährt (RGZ 48 S. 223 [225]; RG, WarnRspr 1919 absehen. Dieses Bewusstsein kann vorhanden sein, wenn
S. 125 [126]; BGH vom 25.11.1964 – VIII ZR 289/62, DB 1965 erfolgversprechende Rechtsbehelfs oder Angriffs und
S. 104 = WM 1965 S. 14 [15]), etwa wenn der Schuldner dem Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine rechtswidrige Voll
Gläubiger eine vollstreckbare Urkunde und somit die Mög streckung oder die Titulierung nicht bestehender oder noch
lichkeit verschafft, ohne vorherige Anrufung der Gerichte nicht fälliger Ansprüche nicht genutzt werden (BGH vom
sich im Wege der Zwangsvollstreckung zu befriedigen (RG, 16.01.2014 – IX ZR 31/12, DB 2014 S. 296 = NZI 2014 S. 218,
JW 1906 S. 179; RG, WarnRspr 1916 S. 489 [490]), wenn der Rn. 13). Nichts anderes gilt für den Fall, dass ein Schuldner
Schuldner gegen sich einen Vollstreckungsbescheid ergehen durch ein prozessuales Anerkenntnis die Titulierung zwar
lässt (BGH vom 25.11.1964, a.a.O., bei bestrittener titu aktiv befördert, der Anspruch des Gläubigers aber begrün
lierter Forderung und weiteren Hinweisen auf ein Zusam det und fällig ist und der Schuldner durch das prozessuale
menwirken zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner), Anerkenntnis dem Gläubiger nicht beschleunigt einen Voll
sofern die dort titulierte Forderung nicht besteht (vgl. RGZ streckungstitel verschaffen wollte.
69 S. 163 [165]) oder noch nicht fällig ist (RG, WarnRspr 34 Durch das prozessuale Anerkenntnis hat die Schuldnerin
1917 S. 95 [97]), wenn der Schuldner es unterlässt, einen dem Beklagten nicht beschleunigt einen Titel verschafft.
Rechtsbehelf gegen eine Zwangsvollstreckung einzulegen, Das Teilanerkenntnisurteil wurde am 15.03.2006 erlas
sofern ein solches Rechtsmittel hätte Erfolg haben können sen, also zwei Wochen und einen Tag nach Zustellung der
(BGH vom 20.01.2000 – IX ZR 58/99, BGHZ 143 S. 332 [334] = Klageschrift. Ähnlich schnell hätte gegen die Schuldnerin
RS0711982; vom 10.02.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162 S. 143 auch ein Versäumnisurteil ergehen können. In diesem Fall
[154]), wenn der Schuldner prozessuale Angriffs und Ver aber hätte die Schuldnerin nicht die nach Einreichung
teidigungsmittel unterlässt (BGH vom 10.02.2005, a.a.O.), der Klage erfolgten Teilzahlungen, mithin die teilweise
wenn der Schuldner auf die Leistungsaufforderung eines Erfüllung (§ 362 BGB), prozesswirksam zur Geltung brin
mit einem Vollstreckungsauftrag, aber ohne richterliche gen können, sondern sie hätte darauf vertrauen müssen,
Durchsuchungsanordnung erschienenen Vollziehungsbe dass der Beklagte seinen Antrag umstellt. Der sichere Weg
amten Zahlungen erbringt (LG Aachen vom 11.01.2007 – 12 war deswegen das Teilanerkenntnis mit der Folge des Tei
O 336/06, ZIP 2007 S. 593). lanerkenntnisurteils. Es kommt hinzu, dass der Beklagte
31 Doch genügt nach der neueren Rspr. des Senats nicht jede möglicherweise seine Honorarforderungen ohne die Raten
mitwirkende Rechtshandlung des Schuldners. Vielmehr muss zahlungsvereinbarung vom 10.11.2005 schon früher hätte
der Beitrag des Schuldners, wie bereits ausgeführt wurde, titulieren lassen können. Dann aber ergibt sich aus der
bei wertender Betrachtung ein der Vollstreckungstätigkeit Gesamtschau von prozessualem Anerkenntnis und Raten
des Gläubigers zumindest vergleichbares Gewicht erreichen zahlungsvereinbarung keine beschleunigte Verschaffung
(BGH vom 01.06.2017 – IX ZR 48/15, DB 2017 S. 1642 = ZIP 2017 eines Vollstreckungstitels, die es rechtfertigen könnte, den
S. 1281, Rn. 17; vom 22.06.2017 – IX ZR 111/14, DB 2017 S. 1772 Beitrag der Schuldnerin mit der Vollstreckungshandlung
= ZIP 2017 S. 1379, Rn. 10). des Beklagten gleichzusetzen.
Das Anerkenntnis der Schuldnerin im Urkundenprozess Zum Vergleichsschluss als eine mitwirkende
hat kein mit der Vollstreckungstätigkeit des Rechtshandlung des Schuldners
Anfechtungsgegners vergleichbares Gewicht 35 c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann
32 b) Bei wertender Betrachtung erreichte das Anerkenntnis jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Schuldnerin
der Schuldnerin im Urkundenprozess kein mit der Vollstre durch den Abschluss der Teilzahlungsvereinbarung, auf der
ckungstätigkeit des Beklagten zumindest vergleichbares Teilanerkenntnis und Kostenschlussurteil beruhen, einen
Gewicht. Beitrag geleistet hat, welcher der Vollstreckungstätigkeit
33 Der Beklagte besaß gegen die Schuldnerin, wie das Beru des Beklagten gleichzusetzen ist. In dieser Vereinbarung
fungsgericht richtig gesehen hat, aufgrund der Vereinbarung hat sich die Schuldnerin verpf lichtet, zum Ausgleich der
vom 10.11.2005 einen fälligen Zahlungsanspruch. Durch angefallenen Honoraransprüche an den Beklagten 203.000 €
die nicht pünktliche Zahlung der zweiten Rate ist nach § 2 zu zahlen. Allerdings hat die Schuldnerin dem Beklagten mit
Abs. 7 des Vertrages der zu diesem Zeitpunkt noch offene der Vereinbarung keine vollstreckbare Urkunde verschafft,
Restbetrag sofort zur Zahlung fällig geworden. Der Kläger aus welcher der Beklagte sofort hätte vollstrecken können.
behauptet nicht, dass die Schuldnerin sich gegen diesen Doch hat sie ihm möglicherweise dadurch den Vortrag sei
Anspruch erfolgreich hätte verteidigen können. Die untä nes Anspruchs im Prozess erleichtert und ein Beweismittel
tige Hinnahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder an die Hand gegeben, um dem Beklagten die Möglichkeit
der Titulierung von Ansprüchen führt nur dann zu einer zu geben, sie – etwa in einem Urkundenprozess – erleich
eigenen Rechtshandlung des Schuldners, wenn sie gerade tert verklagen zu können. Sie hat nicht nur die gegen sie
in der Vorstellung und mit dem Willen erfolgt, dass durch unstreitig bestehenden Honoraransprüche deklaratorisch
das Unterlassen einer möglichen Handlung die anstehende anerkannt (§ 781 Satz 1 BGB), sondern sie hat sich ausweis
Vermögensverlagerung auf den vollstreckenden Gläubiger lich der Vertragsurkunde verpflichtet, die Zahlung auch zur
gefördert wird. Für ein entsprechend zielgerichtetes Unter Abgeltung sämtlicher noch ausstehender Ansprüche, die der
lassen reicht es nicht aus, dass der Schuldner die Bevor Beklagte im Zusammenhang mit der Übernahme von aus
zugung eines einzelnen Gläubigers lediglich geschehen der Anlage ersichtlichen Mandaten gegen die Muttergesell
lässt. Vielmehr hat er andere Handlungsmöglichkeiten zum schaft der Schuldnerin besaß, vorzunehmen. Mithin hat sie
Schutz der Gläubigergesamtheit in Erwägung zu ziehen und hinsichtlich dieser Mandate möglicherweise zudem einen
Zahlungsanspruch gegen sich begründet, der vorher nicht Kenntnis von dieser Zahlungsunfähigkeit von Schuldnerin
bestanden hat. und Beklagten noch zum Inhalt des Vergleichs getroffen sind
und die Sache deswegen nicht zur Endentscheidung reif ist
Vorliegen einer Rechtshandlung des Schuldners erst, (§ 563 Abs. 3 ZPO).
wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei 39 Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes
objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann hin:
36 Auf der anderen Seite könnte einer Gleichsetzung der im
Vertragsschluss liegenden Tätigkeit der Schuldnerin mit der Zur Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin
Vollstreckungstätigkeit des Beklagten entgegenstehen, dass aufgrund der Kenntnis der Anzahl und des Inhalts der
sich die Vertragsparteien nicht nur über den Bestand der For mit den Anlegern geschlossenen Verträge, der Anzahl
derungen und die Teilzahlung geeinigt haben, sondern sich der Kündigungen und der Anzahl der diesbezüglichen
möglicherweise umfassend verglichen haben (zu den Voraus Rechtsstreitigkeiten
setzungen eines Vergleichs vgl. etwa BGH vom 08.03.2012 – IX 40 1. Seit den u.a. gegen die Schuldnerin ergangenen
ZR 51/11, RS0730201 = NJW 2012 S. 2099, Rn. 29 ff.). Wird ein Entscheidungen des BGH vom 21.03.2005 (II ZR 124/03,
Vergleich abgeschlossen, um die bei verständiger Würdigung RS0717434 = WM 2005 S. 841; II ZR 140/03, DB 2005 S. 940
des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit = ZIP 2005 S. 753; II ZR 310/03, DB 2005 S. 945 = ZIP 2005
durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen, so lässt dies ver S. 759) besitzt ein stiller Gesellschafter unter folgenden
muten, dass die vereinbarte Regelung die gegenseitigen Inter Voraussetzungen ein Kündigungsrecht. In dem Vertrag
essen ausgewogen berücksichtigt hat. Innerhalb der von objek über die stille Gesellschaft musste vorgesehen sein, dass der
tiver Ungewissheit gekennzeichneten Vergleichslage haben die stille Gesellschafter sein Auseinandersetzungsguthaben
Parteien für ihr gegenseitiges Nachgeben einen Ermessens in Form einer Rente ausgezahlt bekommen und das stehen
und Bewertungsspielraum. Wird die ernstliche Ungewissheit bleibende Guthaben verzinst werden sollte. In der Folgezeit
darüber, was der Gesetzeslage entspricht, durch gegenseitiges musste sich die Schuldnerin wegen bankrechtlicher Beden
Nachgeben beseitigt, ist die Vermutung gerechtfertigt, dass ken (Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für
das gegenseitige Nachgeben der Beteiligten in der ungewissen Kreditwesen vom 22.10.1999; Vergleich zwischen der Schuld
Sach und Rechtslage begründet ist. Auf eine rechnerische nerin und Bundesaufsichtsamt vom 25.01.2000) geweigert
Gegenüberstellung des beiderseitigen Nachgebens gegenüber haben, die vereinbarte Rente zu zahlen, und stattdessen
der jeweiligen Ausgangsposition kommt es in diesem Rahmen die Auszahlung des Guthabens in einer Summe angebo
nicht an. Das vergleichsweise Nachgeben eines Teils kann ten haben. Danach stand seit diesem Zeitpunkt fest, dass
danach, wie der Senat für die Anfechtbarkeit eines Vergleichs sämtliche Anleger, denen die Schuldnerin eine Auszahlung
nach § 134 InsO bereits entschieden hat, erst dann als unent des Auseinandersetzungsguthabens in monatlichen Raten
geltliche Leistung gewertet werden, wenn der Vergleichsinhalt versprochen hatte, den Vertrag bei einer entsprechenden
den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich Weigerung der Schuldnerin kündigen konnten mit der
zweifelhaft sein kann (BGH vom 09.11.2006 – IX ZR 285/03, Folge, dass sie weitere Einzahlungen auf die Einlage, so
DB 2007 S. 106 = NZI 2007 S. 101, Rn. 17; vom 08.03.2012, a.a.O., diese noch nicht vollständig eingezahlt war, verweigern
Rn. 35). Die gleichen Wertungen sind hinzuzuziehen, wenn und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens
es darum geht zu beurteilen, ob trotz einer auf einem Ver verlangen konnten. Den Anlegern, die mit der Schuldnerin
gleich beruhenden Vollstreckungshandlung eines Gläubigers nach dem 01.01.1998 einen Anlagevertrag in der Variante
eine Rechtshandlung des Schuldners vorliegen kann, der in der Rückzahlung des Auseinandersetzungsguthabens in
dem Abschluss des Vergleichs liegenden Rechtshandlung des Raten geschlossen hatten, billigte der BGH nicht nur ein
Schuldners also ein zumindest gleiches Gewicht zukommt Kündigungsrecht, sondern einen Schadensersatzanspruch
wie der Vollstreckungshandlung des Gläubigers. Dies kann zu, wenn die Schuldnerin ihre Kunden nicht auf Bedenken
nur dann angenommen werden, wenn der Vergleichsinhalt hinsichtlich der bankenrechtlichen Zulassung hingewiesen
den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich hatte, weil sie dann gegen ihre Auf klärungspf lichten ver
zweifelhaft sein kann. stoßen hätte (BGH vom 21.03.2005 – II ZR 149/03, DB 2005
37 Zum Inhalt des Vertragsschlusses und den aufgeworfenen S. 943 = ZIP 2005 S. 763, Rn. 16 ff). Diese konnten mithin ihre
Fragen fehlt es bislang an Vortrag des insoweit darlegungs Einlage ungekürzt zurückverlangen.
und beweisbelasteten Klägers. Doch war ihm im Hinblick auf 41 Sollten die Verträge mit vereinbarter Ratenzahlung die
die neuere Rspr. des Senats Gelegenheit zu geben, hierzu noch Mehrzahl der Anlageverträge gebildet haben, wie der Kläger
vorzutragen. Weder die Parteien noch das Berufungsgericht vorgetragen hat (vgl. auch BGH vom 10.01.2013 – IX ZR 13/12,
haben die Vereinbarung vom 10.11.2005 im Zusammenhang DB 2013 S. 224 = NJW 2013 S. 611, Rn. 29), wäre die Schuldne
der mitwirkenden Rechtshandlung der Schuldnerin bislang in rin möglicherweise drohend zahlungsunfähig gewesen, was
den Blick genommen. ihr bekannt gewesen sein musste, weil ihr Vorstand um die
Anzahl und den Inhalt der mit den Anlegern geschlossenen
Zurückverweisung an das OLG und Hinweise des Senats Verträge, um die Anzahl der Kündigungen und die Anzahl der
38 IV. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts war diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten wusste. Dem kann nicht
deswegen nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und nach § 563 entgegengehalten werden, dass es der Schuldnerin gelang, sich
Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuver mit einem Teil der Anleger zu vergleichen. Mit Recht hat das
weisen. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht Berufungsgericht insoweit darauf verwiesen, dass die Verglei
möglich, weil die notwendigen Feststellungen weder zur che nur geschlossen wurden, weil die Schuldnerin finanziell
(drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und zur nicht in der Lage war, den vereinbarten Betrag zeitnah zu
zahlen. Es handelte sich insoweit deswegen um erzwungene nerin geltend machte. Weiter hat der Zessionar in einem
Stundungen, die die Fälligkeit unberührt lassen (vgl. BGH vom Schreiben vom 06.10.2005 gegenüber der Schuldnerin von
24.03.2016 – IX ZR 242/13, DB 2016 S. 1011 = NZI 2016 S. 454, einem Gespräch mit dem Beklagten berichtet, aus dem sich
Rn. 10, m.w.N.). ergebe, dass sich die finanzielle Situation der Schuldnerin
42 Weitere Hinweise auf eine Zahlungsunfähigkeit der offenbar weiter eklatant verschlechtert habe. Es ist zwi
Schuldnerin bereits im März 2005 könnten in einem Schrei schen den Parteien zwar streitig, aus welchem Grund der
ben der Schuldnerin vom 08.03.2005 an den Insolvenzverwal Beklagte am 07.10.2005 sämtliche ihm von der Schuldnerin
ter des Bankhauses P. liegen, welchem gegenüber die Schuld übertragenen Mandate niederlegte. In seiner Klageschrift
nerin im März 2004 ein notarielles Schuldanerkenntnis über im Prozess gegen die Schuldnerin trug der Beklagte jedoch
16 Millionen € abgegeben hatte. Die Schuldnerin führte in vor, dies sei geschehen, weil die Schuldnerin und die übrigen
diesem Schreiben aus, dass die neue Rspr. des BGH (vgl. BGH Gesellschaften der G. seine ihm zukommenden gesetzlichen
vom 19.07.2004 – II ZR 354/02, DB 2004 S. 1988 = ZIP 2004 Vergütungen entweder nur teilweise oder gar nicht begli
S. 1706), wonach der Anspruch des stillen Gesellschafters chen hätten.
gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts auf Einlagenrück
gewähr jedenfalls dann im Ergebnis keinen Beschränkungen ... aufgrund der Bitte um Ratenzahlung hinsichtlich der
nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft eigenen Honoraransprüche
unterliegt, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts gleich 45 Die Vereinbarung vom 10.11.2005 könnte ein weiteres
zeitig verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Indiz für die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die
Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er Kenntnis des Beklagten davon sein. Die Bitte eines Schuld
nicht beigetreten wäre, eine existenzbedrohende Verschlech ners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist
terung der prozessualen Lage der Schuldnerin darstelle und allerdings, wenn sie sich im Rahmen der Gepf logenheiten
eine in dieser Dimension nicht vorhersehbare Klageflut zur des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine
Folge habe. Das erwartete Liquiditätsergebnis für März 2005 Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Eine solche
liege im Negativen, die Liquiditätszuflüsse im ersten Halbjahr Bitte kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die
2005 im Bereich der EmissionsDienstleistungen tendierten mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der
gegen Null. In der jetzigen Situation werde ein erheblicher Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten
Anteil der Liquidität zur Reduzierung der „Altlasten“ verwen und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines
det, wozu auch die Zahlungen an den Insolvenzverwalter des ohne Weiteres erlangbaren Darlehens. Doch ist die Bitte um
Bankhauses P. zu zählen seien. Deswegen bot die Schuldnerin Ratenzahlung dann ein Indiz für eine Zahlungseinstellung,
an, statt der noch geschuldeten 15 Mio. € abschließend nur wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird,
noch 3 Mio. € zu zahlen. Darin liegt das Eingeständnis, die seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu
vereinbarten Raten nicht zahlen zu können. Zum Zeitpunkt können (BGH vom 16.04.2015 – IX ZR 6/14, DB 2015 S. 1034
dieses Schreibens waren die Urteile des BGH vom 21.03.2005 = NZI 2015 S. 470, Rn. 3 f). Dass die Schuldnerin die Hono
noch nicht ergangen und ging die Schuldnerin davon aus, raransprüche des Beklagten nicht mehr begleichen konnte
dass die gegen sie eingereichten Klagen letztlich keinen und sie deswegen mit dem Beklagten die Vereinbarung vom
Erfolg haben würden. 10.11.2005 traf, ist zwischen den Parteien streitig. Für diese
Annahme könnte jedoch sprechen, dass der Beklagte selbst,
Kenntnis des Anfechtungsgegners von der wie der Kläger vorgetragen hat, in der Klageschrift in sei
Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin aufgrund der nem Prozess gegen die Schuldnerin geschildert hat, nach
Kenntnis der Problematik der vereinbarten ratenweisen seiner Ankündigung, die ausstehenden Honoraransprüche
Zurückzahlung der Einlagen und ... nach Kündigung der Mandate Anfang Oktober 2005 fällig zu
43 2. Der Beklagte kannte die Problematik der vereinbarten stellen, sei „aufseiten der Schuldnerin eine nicht anders als
ratenweisen Zurückzahlung der Einlagen, weil er zu der heillose Hektik zu bezeichnende Betriebsamkeit“ ausgebro
Zeit, in der das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen die chen, „im Rahmen derer sich u.a. der flehentliche Wunsch
entsprechende Verbotsverfügung erlassen und die Schuld herauskristallisiert“ habe, „sich mit dem Kläger betreffs der
nerin sich mit dem Bundesaufsichtsamt verglichen hat, offenen Vergütungsforderungen zu einigen“. Dieses Verhalten
Geschäftsführer der Muttergesellschaft der Schuldnerin lässt sich naheliegend nur so erklären, dass die Schuldnerin
und kurze Zeit später Mitglied des Aufsichtsrat der Schuld zahlungsunfähig war und davon wusste. Dann aber hatte
nerin war. Ab März 2005 ist er für die Schuldnerin und die auch der Beklagte diesen Schluss aus dem von ihm beobach
Muttergesellschaft als Prozessvertreter in Prozessen der teten Verhalten gezogen.
Anleger tätig geworden, wurde mithin erneut mit dieser
Problematik vertraut gemacht. Ihm musste deswegen klar Redaktioneller Hinweis:
sein, dass als Folge dieser neuen Rspr. des BGH der Schuld Volltext online unter: RS1252267.
nerin weitere Liquidität entzogen wurde (vgl. BGH vom
10.01.2013 – IX ZR 13/12, DB 2013 S. 224 = NJW 2013 S. 611,
Rn. 29).
44 Hinzu kommt, dass seine eigenen Honorarforderun
gen aus den Rechnungen vom 18./25. Juli, 22. August und
16.09.2005 über insgesamt 48.983,58 € nicht beglichen
wurden, sodass er seine Ansprüche am 05.10.2005 abtrat
und der Zessionar die Ansprüche gegenüber der Schuld
einen Konzern.7 Die Konzernverbindung allein ändert weder sprüche von Betriebsrentnern des anderen Unternehmens. Dabei
etwas an der Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Per muss die den Vertrauensschutz begründende Erklärung durch
sonen noch an der Trennung der jeweiligen Vermögensmassen.8 den Versorgungsschuldner selbst abgegeben werden, nicht durch
Da es bei konzernverbundenen Unternehmen in erster Linie eine andere Konzerngesellschaft. Es kann sich auch aus der Ausle
auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ankommt, der gung der Versorgungszusage ergeben, dass hinter ihr der gesamte
die betriebliche Altersversorgung schuldet, kann sich eine kon Konzern oder die jeweilige Konzernobergesellschaft stehen soll.
zernabhängige Tochtergesellschaft als Versorgungsschuldner
auch bei einer eigenen guten wirtschaftlichen Lage nicht darauf 2. Berechnungsdurchgriff
berufen, dass ihre wirtschaftliche Lage eigentlich schlecht sei I.Ü. verknüpfte das BAG in der Folgezeit seine Rspr. mit der
und sie nur durch Maßnahmen der Konzernobergesellschaft Rspr. des BGH zum qualifizierten faktischen Konzern und ent
wie erhöhte Konzernverrechnungspreise am Leben erhalten wickelte einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche
werde.9 Soweit nicht nur die konzernabhängige Gesellschaft, Lage des herrschenden Unternehmens. Da Schädigungen Drit
sondern auch die Konzernmuttergesellschaft aufgrund ihrer ter, aber auch von Minderheitsgesellschaftern durch die Kon
wirtschaftlichen Lage nicht zu einer Anpassung der Betriebs zernleitung auch sonst im Rechtsleben vorkommen, liegt dies
renten in der Lage ist, scheidet selbstverständlich auch bei durchaus nahe – freilich nur dann, wenn man ausreichend die
Bejahung eines Berechnungsdurchgriffs ein Anspruch der unterschiedlichen Konzernierungsformen (Vertragskonzern/
Betriebsrentner auf Anpassung der Betriebsrente aus.10 faktischer Konzern), die spezifischen Einflussmöglichkeiten
der Gesellschaften nach dem jeweiligen Gesellschaftsrecht
II. Die Entwicklung der BAG-Rechtsprechung (z.B. GmbH oder AG) und die unterschiedlichen Rechts und
Das BAG hat bereits seit den 80er Jahren Ansätze entwickelt, Anspruchsgrundlagen (Haftung auf Schadensersatz oder Kon
die wirtschaftliche Lage des Konzerns oder der Konzern trolle einer Ermessensentscheidung) berücksichtigt.
muttergesellschaft bei der Anpassungsentscheidung einer Die in den 80er Jahren entwickelte Rspr. des BGH führte beim
Konzerntochtergesellschaft mit zu berücksichtigen. Die Rspr. BAG zur Konsequenz, dass einem Arbeitgeber, der aufgrund
hierzu ist einem steten Wandel unterworfen; sie kann auch seiner wirtschaftlichen Lage nicht imstande war, die Anpas
heute nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Zu verstehen sungslasten aus den Erträgen und dem Zuwachs seines Unter
ist sie eigentlich nur in ihrer historischen Entwicklung: nehmens zu bestreiten, unter bestimmten Voraussetzungen eine
günstigere wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft
1. Vertrauenshaftung zuzurechnen war. Es musste zwischen dem zur Anpassung
Das BAG entwickelte zunächst eine Art Vertrauenshaftung, wenn verpflichteten Unternehmen und dem herrschenden Unter
die Versorgungszusage oder ihre Begleitumstände ergeben, dass nehmen eine verdichtete Konzernverbindung bestehen. Diese
hinter der erteilten Zusage der ganze Konzern stehen soll und für Voraussetzung war erfüllt, wenn ein Beherrschungs oder Ergeb
deren Erfüllung eintreten wird. Es hat darüber hinaus die wirt nisabführungsvertrag bestand (Vertragskonzern). Es reichte
schaftliche Lage des herrschenden Unternehmens für bedeutsam aber auch aus, wenn ein Unternehmen die Geschäfte des zur
erklärt, wenn bei Vorliegen eines Beherrschungs und Gewinnab Anpassung verpflichteten Unternehmens tatsächlich umfassend
führungsvertrags die wirtschaftliche Abhängigkeit des beherrsch und nachhaltig führte (qualifiziert faktischer Konzern). Darüber
ten Unternehmens so vollständig ist, dass dessen wirtschaftliche hinaus war für den Berechnungsdurchgriff erforderlich, dass
Lage für den Rechtsverkehr überhaupt nicht zählt oder aber das die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausgeübt worden war,
herrschende Unternehmen eine Unternehmenspolitik zum Nach die auf die Belange des abhängigen Tochterunternehmens keine
teil des konzernabhängigen Unternehmens durchgesetzt hat.11 Bei angemessene Rücksicht genommen und so die mangelnde Leis
Vorliegen eines Beherrschungs und Gewinnabführungsvertrags tungsfähigkeit des Versorgungsschuldners verursacht hatte.14
sprach eine Vermutung für die Konzernbeeinflusstheit der wirt Das Bestehen eines Beherrschungs und Gewinnabführungs
schaftlichen Lage des konzernabhängigen Unternehmens, die der vertrags reichte allein für einen Berechnungsdurchgriff noch
Arbeitgeber dadurch widerlegen konnte, dass er darlegte, dass nicht aus.15 Bei mehrstufigen Konzernen war unter den gleichen
er entweder wirtschaftlich unbeeinflusst handeln konnte oder Voraussetzungen auch ein doppelter Berechnungsdurchgriff
dass er trotz seiner wirtschaftlichen Einbindung im Konzern so möglich.16 Diese Rspr. beruhte auf der Rspr. des BGH17 zur Innen
gehandelt hat, wie er unter Wahrung der eigenen Interessen als haftung im qualifiziert faktischen GmbHKonzern. Danach haf
selbstständige Gesellschaft gehandelt hätte.12 tete der Gesellschafter der Gesellschaft entsprechend §§ 302, 303
Das Begründungselement der Vertrauenshaftung existiert auch AktG, wenn er die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausübte,
heute noch. Eine Rechtsscheinhaftung setzt nach der heutigen die keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängi
Rspr. des BAG13 voraus, dass ein Versorgungsschuldner Erklärun gen Gesellschaft nahm, ohne dass sich der insgesamt zugefügte
gen abgibt, die ein schützenswertes Vertrauen des Versorgungs Nachteil durch Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren ließ.
empfängers darauf begründen, ein anderes Unternehmen werde
14 BAG vom 04.10.1994 – 3 AZR 910/93, DB 1995 S. 528 = AP Nr. 32 zu § 16 BetrAVG; bestätigt durch
sicherstellen, dass die Versorgungsverbindlichkeit durch den Ver
BAG vom 17.04.1996 – 3 AZR 56/95, DB 1996 S. 2496 = NZA 1997 S. 155; BAG vom 23.10.1996 –
sorgungsschuldner ebenso erfüllt werden wie die Versorgungsan 3 AZR 514/95, DB 1997 S. 1287 = BB 1998 S. 111; BAG vom 28.07.2005 – 3 AZR 463/04, DB 2006
S. 2471 = NZA 2006 S. 1008; BAG vom 25.04.2006 – 3 AZR 50/05, DB 2007 S. 580.
7 BAG vom 10.02.2009 – 3 AZR 727/07, DB 2009 S. 2554 = AP Nr. 68 zu § 16 BetrAVG. 15 BAG vom 04.10.1994, a.a.O. (Fn. 14); Gaul, Das Arbeitsrecht der Betriebs- und Unternehmens-
8 BAG vom 08.12.2015 – 3 AZR 348/14, DB 2016 S. 1021. spaltung, 2002, § 35 Rn. 134; Zöllner, AG 1994 S. 294; anders für den Beherrschungsvertrag
9 BAG vom 10.02.2015 – 3 AZR 37/14, DB 2015 S. 1534 = NZA-RR 2015 S. 318. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 6. Aufl., § 16 Rn. 220.
10 BAG vom 21.10.2014 – 3 AZR 1027/12, DB 2015 S. 255 = AP Nr. 105 zu § 16 BetrAVG. 16 BAG vom 04.10.1994, a.a.O. (Fn. 14); zu den näheren Voraussetzungen vgl. insb. Zöllner, AG 1994
11 BAG vom 19.05.1981 – 3 AZR 308/80, DB 1981 S. 2333 = AP Nr. 13 zu § 16 BetrAVG. S. 285; Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung,
12 BAG vom 14.02.1989 – 3 AZR 191/87, DB 1989 S. 1471 = AP Nr. 22 zu § 16 BetrAVG. Teil 11 B Rn. 1415 ff.; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 6. Aufl., § 16 Rn. 216.
13 BAG vom 15.09.2015 – 3 AZR 839/13, DB 2016 S. 354. 17 Grundlegend BGH vom 16.09.1985 – II ZR 275/84, Autokran, BGHZ 95 S. 330 = RS0769212.
3. Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs men berechtigt, dem Vorstand der Gesellschaft hinsichtlich der
Der BGH hat inzwischen den Schutz der abhängigen GmbH Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Bestimme der
von einer entsprechenden Anwendung des Haftungssystems Gesellschaftsvertrag nichts anderes, so habe der Vorstand der
des Konzernrechts des Aktienrechts umgestellt auf eine Haf abhängigen Gesellschaft auch für diese nachteilige Weisungen
tung wegen existenzvernichtenden Eingriffs.18 Damit wurde zu befolgen (§ 308 Abs. 1, 2 AktG). Das herrschende Unternehmen
die Haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur habe ggf. die infolge der Anpassung der Betriebsrenten etwa ent
Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompen stehenden Verluste der abhängigen Gesellschaft nach § 302 AktG
sationslose Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen bezeich auszugleichen. 22 Die früher dem Unternehmen eingeräumte
net, die zu einer Durchgriffsaußenhaftung der Gesellschafter Möglichkeit, nachzuweisen, Verluste seien nicht durch die Aus
gegenüber den Gesellschaftsgläubigern führte. übung von Leitungsmacht verursacht, verneinte das BAG.23
Diese Rspr. hat der BGH wiederum 2007 modifiziert.19 Nunmehr Seit dem Urteil vom 10.03.2015 24 bejaht das BAG jetzt einen
setzt die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters die Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage des herr
missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweck schenden Unternehmens nur dann, wenn sich die durch den
gebundenen Gesellschaftsvermögens voraus; das Modell der Beherrschungsvertrag für die Versorgungsempfänger begrün
Durchgriffshaftung wurde zugunsten einer Innenhaftung des dete Gefahrenlage durch das Bestehen des Beherrschungs
Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft nach § 826 BGB vertrags verwirklicht hat. Der Berechnungsdurchgriff beim
aufgegeben. Dieser Anspruch der Existenzvernichtungshaftung Beherrschungsvertrag könne nicht unmittelbar auf § 302 AktG
aus § 826 BGB kann entweder vom Insolvenzverwalter bei Insol gestützt werden. Der Verlustausgleichsanspruch nach § 302
venz geltend gemacht werden oder von den Gläubigern aufgrund AktG stimme der Höhe nach nicht mit den Mehraufwendun
eines Titels gegen die Gesellschaft nach der Pfändung und Über gen überein, die dem Versorgungsschuldner durch eine Anpas
weisung der Gesellschaftsansprüche gegen den Gesellschafter. sung der Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG unter Rückgriff auf
Gegenüber der Haftung im qualifiziert faktischen Konzern ist die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens ent
die jetzt auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzhaftung der stehen, da eine Anpassungsverpflichtung bereits bei ungenü
Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft wegen existenzver gender Eigenkapitalverzinsung entfallen könne, während die
nichtenden Eingriffs in ihrem Tatbestand deutlich verengt: Die Verlustausgleichspflicht einen Verlust voraussetze. Außerdem
Gesellschafter müssen ihrer Gesellschaft planmäßig Vermögen begründe § 302 AktG keine unwiderlegbare Vermutung einer
entziehen und die Gesellschaft hierdurch in die Insolvenz getrie nachteiligen Einflussnahme durch die herrschende Gesell
ben haben. In der Sache geht es stets um die Ausplünderung schaft. Ein Beherrschungsvertrag begründe aber eine beson
einer Gesellschaft durch ihre Gesellschafter.20 dere Gefahrenlage für die durch § 16 BetrAVG geschützten
Interessen der Versorgungsberechtigten. Ein wirtschaftlich
III. Differenzierung zwischen Vertragskonzern und vernünftig handelnder, verständiger Arbeitgeber bemühe sich
faktischem Konzern im Eigeninteresse darum, die Liquidität seines Unternehmens
Der Wandel der BGHRspr. erforderte eine Neuorientierung der zu erhalten und den Gewinn zu steigern. Diese Annahme sei
Rspr. des BAG zur Betriebsrentenanpassung im Konzern.21 Da jedoch nicht mehr ohne Weiteres gerechtfertigt, wenn der
sich die Rspr. des BGH allerdings vor allen Dingen zum faktischen Arbeitgeber von einem anderen konzernverbundenen Unter
Konzern geändert hat, differenziert die Rspr. bei der Beurteilung nehmen mittels eines Beherrschungsvertrags beherrscht wird.
der wirtschaftlichen Lage abhängiger Gesellschaften zwischen Es könne im Gesamtinteresse des Konzerns sinnvoll sein, dem
solchen, bei denen ein Beherrschungsvertrag besteht, solchen, beherrschten Unternehmen konzernspezifische Risiken auf
bei denen ein Ergebnisabführungsvertrag besteht und solchen, zubürden, die über das hinausgehen, was ein unabhängiges
bei denen lediglich ein faktisches Konzernierungsverhältnis Unternehmen am Markt von Wettbewerbern zu erwarten
besteht. Die Änderung wurde jeweils in Etappen vollzogen. habe. Sich aus dieser Zielrichtung ergebende Weisungen könn
ten unmittelbar oder durch ihre Auswirkungen gesetzliche
1. Beherrschungsvertrag Rechte wirtschaftlich entwerten. Diese Gefahrenlage müsse
Bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags folgerte das BAG sich allerdings im Einzelfall verwirklicht haben.
zunächst aus der Verlustausgleichspflicht (§ 302 AktG), dass Diese Aussagen haben Auswirkungen auf die Darlegungs und
das abhängige Unternehmen Anpassungsansprüche seiner Beweislast. Hat der Versorgungsempfänger dargelegt, dass ein
Betriebsrentner nicht mit der Begründung ablehnen könne, Beherrschungsvertrag besteht und die Behauptung erhoben,
seine schlechte wirtschaftliche Lage sei nicht durch Weisungen die dem Beherrschungsvertrag eigene Gefahrenlage habe sich
der herrschenden Gesellschaft verursacht worden. Es komme verwirklicht, hat der Arbeitgeber, der die Anpassung verweigern
bei schlechter wirtschaftlicher Lage des konzernabhängigen will, substanziiert und unter Benennung von Beweismitteln
Unternehmens auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden nachvollziehbar darzulegen, dass sich die im Beherrschungs
Unternehmens an. Es werde unwiderleglich vermutet, dass das vertrag angelegte Gefahrenlage nicht verwirklicht oder seine
herrschende Unternehmen bei der Ausübung seiner Leitungs wirtschaftliche Lage nicht in einem für die Betriebsrentenan
macht auf die Belange des abhängigen Unternehmens keine passung maßgeblichen Umfang verschlechtert hat.
angemessene Rücksicht genommen habe. Denn solange der Diesem Urteil des BAG ist der BGH25 ausdrücklich gefolgt. Hin
Beherrschungsvertrag bestehe, sei das herrschende Unterneh sichtlich der Darlegungs und Beweislast verweist der BGH
insb. darauf, dass ein Versorgungsempfänger (Arbeitnehmer
18 BGH vom 17.09.2001 – II ZR 178/99, Bremer Vulkan, DB 2001 S. 2338 = NJW 2001 S. 3622.
19 BGH vom 16.07.2007 – II ZR 3/04, Trihotel, BGHZ 173 S. 246 = DB 2007 S. 1802. 22 BAG vom 26.05.2009 – 3 AZR 369/07, DB 2009 S. 2384 = AP Nr. 67 zu § 16 BetrAVG.
20 Schäfer, ZIP 2010 S. 2025 (2027). 23 Deutlich insoweit Schlewing, RdA 2010 S. 364 (367).
21 Schipp, DB 2010 S. 112; Cisch/Kruip, NZA 2010 S. 540; Schäfer, ZIP 2010 S. 2025; Schlewing, RdA 24 BAG vom 10.03.2015, a.a.O. (Fn. 5).
2010 S. 364; Diller/Beck, DB 2011 S. 1052; Forst/Granetzny, BetrAV 2011 S. 118. 25 BGH vom 27.09.2016 – II ZR 57/15, DB 2016 S. 2653; vgl. hierzu zustimmend Döring, DB 2017 S. 230.
wie ehemalige Geschäftsführer) i.d.R. keinen Einblick mehr in In einer Folgeentscheidung 30 lautet der Orientierungssatz lako
Weisungen des herrschenden Unternehmens habe, während nisch: „Ein Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen
das abhängige Unternehmen in der Lage sei, zur Erteilung von Konzern scheidet nach der Änderung der Senatsrechtspre-
Weisungen und deren Auswirkungen vorzutragen oder auch chung aus.“ Die Obergesellschaften hätten die bestehende
dazu, dass es auch ohne Weisungen nicht leistungsfähig und Überschuldung nicht herbeigeführt. Der Kläger habe keine
damit zur Anpassung der Betriebsrente nicht verpflichtet wäre. Anhaltspunkte für einen sittenwidrigen Entzug von Vermö
genswerten vorgetragen. Die Entscheidung, die Eigenfertigung
2. Isolierter Gewinnabführungsvertrag von Traktoren und Dieselmotoren einzustellen, führe nicht zu
Bei einem isolierten Gewinnabführungsvertrag, bei dem die einem Berechnungsdurchgriff. Das gelte auch unter Berück
Gesellschaft sich verpflichtet, ihren Gewinn teilweise oder in sichtigung des in der Folge eingetretenen Ungleichgewichts
vollem Umfang an eine andere Gesellschaft abzuführen, hat zwischen den ungefähr 250 aktiven Arbeitnehmern und den
die herrschende Gesellschaft auf das Zustandekommen eines etwa 2.000 Betriebsrentnern. Das Betriebsrentenrecht knüpfe
Gewinns und die Ergebnisfeststellung keinen Einfluss. Eine gute keine Folgen daran, dass der Versorgungsschuldner seinen
oder schlechte wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners Geschäftsbetrieb nicht in unverändertem Umfang beibehalte.
lässt sich somit bereits vor Gewinnabführung feststellen.26 Ein Selbst wenn eine Konzernobergesellschaft über Verrechnungs
Durchgriff auf die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesell preise Gewinne der Tochtergesellschaft auf sich transferiert,
schaft lässt sich daher allein aus dem Gesichtspunkt des isolier führt die dadurch verursachte schlechte wirtschaftliche
ten Gewinnabführungsvertrags nicht rechtfertigen. Lage der Konzerntochter nicht zu einer Anpassungspflicht
aufgrund eines Berechnungsdurchgriffs. In einem vom BAG31
3. Faktischer Konzern entschiedenen Fall hatten die Kläger behauptet, dass durch
Die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters gegen die Konzernverrechnungspreisabrede ein höherer Gewinn als
über der Gesellschaft nach § 826 BGB, wie sie jetzt im Kon 3% nicht erzielt werden könne – ohne dass dies letztlich als
zept zur Haftung im faktischen GmbHKonzern vom BGH erwiesen angesehen wurde. Ein Berechnungsdurchgriff auf
entwickelt worden ist, führt bei einer Übertragung auf die der Grundlage der neuen Rspr. des BGH zum existenzvernich
Beurteilung der wirtschaftlichen Lage nach § 16 BetrAVG im tenden Eingriff scheiterte daran, dass die Beklagte zu keinem
faktischen Konzern zu einem weitgehenden Ausschluss eines Zeitpunkt von einer Insolvenz bedroht war. Da etwaige Scha
Durchgriffs auf die wirtschaftliche Lage der Konzernober densersatzansprüche nicht Streitgegenstand des Verfahrens
gesellschaft. Zunächst hatte das BAG 27 es noch ausdrücklich waren, hat das BAG es ausdrücklich offengelassen, ob durch die
offengelassen, ob an den bisher entwickelten Grundsätzen konkrete Ausgestaltung der Verrechnungspreisabrede die wirt
zum Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Kon schaftliche Lage der Beklagten in rechtlich zu beanstandender
zern festgehalten werden könne. Es hielt einen Berechnungs Weise so gestaltet wurde, dass eine Anpassung der Betriebs
durchgriff nach wie vor für möglich, dieser setze jedoch einen rente des Klägers nach § 16 BetrAVG ausgeschlossen wurde und
Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer dem Kläger dadurch Erfüllungsansprüche genommen wurden.
Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens Einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB sieht das BAG
gegenüber dem Versorgungsschuldner voraus. Das abhän als möglich an, wenn der Versorgungsschuldner wirtschaftliche
gige Konzernunternehmen müsse die Möglichkeit haben, die Entscheidungen nicht im eigenen Interesse trifft. Hierbei knüpft
höhere Belastung an das andere Unternehmen weiterzugeben. das BAG32 an den Gedanken an, dass grds. ein Arbeitgeber seine
In einer Grundsatzentscheidung vom 15.01.201328 hat das BAG wirtschaftlichen Entscheidungen im eigenen Interesse trifft,
aus der Änderung der Rspr. des BGH geschlossen, dass es nun mithin eine möglichst günstige wirtschaftliche Entwicklung
mehr an dem für einen Berechnungsdurchgriff erforderlichen für sich anstrebt. Richtet er seine Entscheidung nach anderen
Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung i.S. einer Ein Kriterien aus, kann dies zur Folge haben, dass die Betriebsrenten
standspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens ihren Wert verlieren. In subjektiver Hinsicht kann hier bedingter
gegenüber der abhängigen Gesellschaft fehle. Erforderlich sei Vorsatz genügen. Ein paar Anhaltspunkte für einen Schadens
ein existenzvernichtender Eingriff des Gesellschafters nach ersatzanspruch nennt das BAG: Ein Schadensersatzanspruch
§ 826 BGB. Damit werden ein Entzug von Vermögenswerten, kann in Betracht kommen, wenn die bislang vom Versorgungs
die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des Vermö schuldner ausgeübten wirtschaftlichen Aktivitäten im Konzern
gensentzugs und die deshalb hervorgerufene Insolvenz der weitergeführt werden und dadurch ein Auseinanderfallen der
Gesellschaft vorausgesetzt. 29 Diese Voraussetzungen seien in wirtschaftlichen Aktivitäten einerseits und der Versorgungsver
einem Fall nicht gegeben, in dem die Konzernobergesellschaft bindlichkeit andererseits herbeigeführt wird. In einem Prozess
die Tochtergesellschaft, bei der der Rentner früher beschäftigt muss ein Schadensersatzanspruch allerdings als gesonderter
war, nach Integration in den Konzern durch den Verkauf des Streitgegenstand neben dem Anpassungsverlangen geltend
Vertriebs, des Lagers und der Patente, durch die Einstellung gemacht werden.33 In einem am 07.06.2016 entschiedenen Fall
der Produktion und die Entlassung sämtlicher Mitarbeiter in hat dies das BAG34 vor allem deshalb verneint, weil die verklagte
eine Rentnergesellschaft umgewandelt und später auf die nicht Rentnergesellschaft nicht auf einmal entstanden war, sondern
leistungsfähige beklagte Gesellschaft verschmolzen hatte. sukzessive im Laufe von drei Jahren.
Betriebsrentner rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) ist, zumin pflicht des Gesellschafters auslösen. 50 Außerdem: Führt die
dest ist diese einseitige Interessendurchsetzung zulasten der Anpassungsentscheidung bei der Konzernuntergesellschaft
Betriebsrentner bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. zu Verlusten, sind diese notwendige Folge des verdichteten
Zwischen Berechnungsdurchgriff (besser: Abwägungsdurch Konzerneinflusses. Lässt die Konzernmutter diese Entwick
griff) und Haftungsdurchgriff ist sorgfältig zu unterscheiden.44 lung bis zur Insolvenzreife zu, sind die vom BGH entwickelten
Wenn nach dem Konzept des BAG statt der Prüfung der Ange Maßstäbe zur Existenzvernichtungshaftung heranzuziehen.
messenheitskontrolle der Anpassungsentscheidung des Arbeit
gebers der Betriebsrentner auf einen nachgelagerten Schadens 4. Konsequenzen für die Darlegungslast
ersatzanspruch nach § 826 BGB verwiesen wird, wird der Schutz Wird ein Abwägungsdurchgriff auf die Konzernobergesellschaft
der Betriebsrentner auf eine Sekundärebene verlagert, deren bei einem Anpassungsverlangen gegenüber einer Konzernunter
Voraussetzungen (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) und gesellschaft nicht nur bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags,
Rechtsfolgen (eine angepasste Rente genießt Insolvenzschutz sondern auch im faktischen Konzern grds. zugelassen, bedarf
nach § 7 BetrAVG, ein Schadensersatzanspruch nicht)45 andere es freilich hinsichtlich der Darlegungs und Beweislast einer
sind als diejenigen einer Prüfung billigen Ermessens. Differenzierung je nach der konkreten Gesellschaftsform der
Untergesellschaft. Die Geschäftsführer einer GmbH unterliegen
3. Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung? grds. dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. 51
Von untergeordneter Bedeutung, aber möglicherweise Teil der Soweit die Obergesellschaft die Gesellschafterversammlung der
Interessenabwägung ist es, wie das betroffene Konzernunter Untergesellschaft bestimmt und das Weisungsrecht nicht durch
nehmen die Lasten der Betriebsrentenanpassung gegenüber Satzungsbestimmungen beschränkt ist, kann die Obergesell
den anderen Konzernunternehmen oder der Konzernmutter schaft durch entsprechende Beschlüsse der Gesellschafterver
gesellschaft durchsetzen kann – es geht schließlich nicht um sammlung die Geschäftsführungsmaßnahmen der Untergesell
Haftungsfragen, sondern um die gerichtliche Überprüfung einer schaft wie bei einem Beherrschungsvertrag bestimmen.52 Liegen
Ermessensentscheidung. Grund für den Berechnungsdurch diese drei Voraussetzungen (Untergesellschaft GmbH, Gesell
griff (besser: Abwägungsdurchgriff) ist die Herrschaftsmacht schafterversammlung dominiert durch die Obergesellschaft,
der Obergesellschaft und deren einseitige Ausübung zulasten keine Beschränkung des Weisungsrechts durch die Satzung) vor,
des beherrschten Unternehmens und seiner Betriebsrentner.46 ist eine Parallele zur Rspr. des BAG zum Beherrschungsvertrag
Nur zur Zerstreuung von Bedenken gegen einen Berechnungs naheliegend. Der Rentner muss darlegen, dass diese Vorausset
durchgriff verweist das BAG47 bei Gefahren für die Liquidität zungen vorliegen und behaupten, dass sich die hierin liegende
des Unternehmens auf den Verlustausgleichsanspruch nach Gefahr für die wirtschaftliche Lage des abhängigen Unterneh
§ 302 AktG im Vertragskonzern und im qualifiziert faktischen mens verwirklicht hat. Der Versorgungsverpflichtete hat hierauf
Konzern. Ein Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung48 ist substanziiert zu erwidern und im Einzelnen darzulegen, dass
vom BAG erst später postuliert worden; er ist nicht unverzicht keine negativen Weisungen durch die Gesellschafterversamm
bar.49 Bei der Kontrolle einer Ermessensentscheidung nach § 315 lung erfolgt sind oder dass die nicht ausreichende wirtschaftliche
BGB kann es nicht von Bedeutung sein, ob der Entscheidende Lage unabhängig von den erfolgten Weisungen eingetreten ist.
von einem Dritten so beeinflusst worden ist, dass er gegen diesen Anders, wenn die abhängige Gesellschaft in einem faktischen
Dritten Regressansprüche erheben kann. Ist es aufgrund einer Konzern eine AG ist 53 oder wenn der Versorgungsempfänger
Beeinflussung von außen zu einer nicht sachgerechten Ent die o.g. drei Voraussetzungen nicht beweisen kann. In diesem
scheidung gekommen, entspricht die Entscheidung eben nicht Fall muss er voll umfänglich beweisen, dass die nicht ausrei
billigem Ermessen; es ist Sache des Entscheiders zu überlegen, chende wirtschaftliche Lage der anpassungsverpflichteten
ob und wie er die daraus resultierenden finanziellen Lasten auf Untergesellschaft durch bestimmte Maßnahmen der Kon
den Dritten abwälzt. Ob dies Folgen für die noch aktiven Arbeit zernobergesellschaft verursacht worden ist.
nehmer der Versorgungsschuldnerin haben könnte, bewegt
sich ohne konkrete Anhaltspunkte im Bereich der Spekulation. V. Fazit
Für den Fall des Bestehens eines Beherrschungsvertrags hat Ist der Versorgungsschuldner eine konzernabhängige GmbH, ist
das BAG ohnehin den Gleichlauf von Zurechnung und Innen bei nachteiliger Einflussnahme der Konzernobergesellschaft auf
haftung partiell aufgegeben: Bei nachteiliger Einflussnahme die wirtschaftliche Lage die vom BAG entwickelte und vom BGH
der Konzernobergesellschaft wird ein Berechnungsdurchgriff bestätigte Rspr. zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage im
erlaubt, ohne dass nachgewiesen werden muss, dass nach § 302 Konzern bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags anzuwenden.
AktG auszugleichende Verluste eingetreten wären. Dementsprechend hat der Versorgungsschuldner in einem Anpas
Selbst wenn man eine Refinanzierungsmöglichkeit der zur sungsprozess lediglich darzulegen, dass ein GmbHKonzern
Anpassung verpflichteten Konzernuntergesellschaft fordert: besteht und sich die dem Konzernverhältnis eigene Gefahrenlage
Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Unter verwirklicht hat. Der Versorgungsschuldner hat dann darzulegen,
gesellschaft durch die Obergesellschaft kann Haftungsan ob und welche Weisungen der Geschäftsführung und mit welchen
sprüche der Untergesellschaft wegen Verletzung der Treue Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage erteilt worden sind,
ggf. auch dazu, dass diese Weisungen die wirtschaftliche Lage des
44 Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 6. Aufl., § 16 Rn. 223. Versorgungsschuldners nicht negativ beeinflusst haben.
45 Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 6. Aufl., § 16 Rn. 231.
46 BAG vom 04.10.1994, a.a.O. (Fn. 14). 50 Vgl. dazu eingehend Wutte, a.a.O. (Fn. 6), passim.
47 BAG vom 04.10.1994, a.a.O. (Fn. 14). 51 Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 21. Aufl., § 37 Rn. 20.
48 Deutlich z.B. BAG vom 15.01.2013, a.a.O. (Fn. 28); ausführlich Schlewing, RdA 2010 S. 364 52 Vgl Baumbach/Hueck/Beurskens, GmbHG, 21. Aufl., Anhang, GmbH-Konzernrecht Rn. 29.
(366 ff.). 53 Für eine Fortsetzung der Anwendung der BGH-Rspr. zum qualifiziert faktischen Konzern Wutte,
49 So aber Schlewing, RdA 2010 S. 364 (367). a.a.O. (Fn. 6), S. 104 ff.
Ob ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Gewährung von III. Einordnung und Praxishinweise
Urlaub für halbe Tage hat, ist höchstrichterlich bislang nicht Die Ausführungen des BAG zur Unzulässigkeit der Klage sind
entschieden. Instanzgerichte und Literatur beurteilen die absolut überzeugend. Deshalb muss hingenommen werden,
Rechtslage unterschiedlich. Auch nach der Entscheidung des dass sich das BAG mit der äußerst praxisrelevanten materi
BAG bleibt diese Rechtsfrage (bedauerlicherweise) weiterhin ellen Rechtsfrage eines Anspruchs auf Teilurlaubstage nicht
offen, da die Klage bereits unzulässig war. auseinandersetzen konnte.
BAG, Urteil vom 27.06.2017 – 9 AZR 120/16 In vielen Unternehmen ist es gelebte Praxis, Mitarbeitern
antragsgemäß halbe Urlaubstage zu genehmigen. Diese Hand
RA/FAArbR Dr. Tilman Isenhardt ist Partner bei michels.pmks habung ist riskant. Ist ein Anspruch auf Teilurlaubstage mit dem
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Köln. BUrlG nicht zu vereinbaren, wird der Urlaubsanspruch durch die
Kontakt: autor@der-betrieb.de Gewährung von Teilurlaubstagen nicht ordnungsgemäß erfüllt.
Sollte dies der Fall sein, könnte der Mitarbeiter den Urlaub ggf.
selbst dann noch einmal verlangen, wenn er mit der Gewährung
I. Sachverhalt halber Urlaubstage einverstanden war (vgl. BAG vom 29.07.1965 –
Der schwerbehinderte Kläger verlangte von der Beklagten 5 AZR 380/64, BAGE 17 S. 263 = DB 1965 S. 1184).
die Gewährung halber Urlaubstage. Die Beklagte genehmigte Gegen eine ordnungsgemäße Erfüllung des Urlaubsanspruchs
dem als Percussionisten beschäftigten und bei Musicalauf durch die Gewährung halber Tage spricht, dass der Urlaub
führungen eingesetzten Kläger auf dessen Antrag an Tagen gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG zusammenhängend zu gewähren
mit zwei Aufführungen regelmäßig halbe Urlaubstage, sodass ist. Nur wenn dringende betriebliche oder in der Person des
der Kläger an diesen Tagen nur an einer Aufführung mitwir Arbeitnehmers liegende Gründe es erforderlich machen, ist
ken musste. Mit der Begründung, die Rechtslage erlaube die eine Teilung des Urlaubs erlaubt. Kann der Urlaub aus diesen
Genehmigung halber Urlaubstage nicht, änderte die Beklagte Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, muss
ihre Genehmigungspraxis und verweigerte fortan die Gewäh einer der Urlaubsteile nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG mindes
rung halber Urlaubstage. Der Kläger vertrat die Auffassung, tens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen. Mit dem
mit der Änderung ihrer Genehmigungspraxis verletze die zwingend zusammenhängend zu gewährenden Urlaub soll
Beklagte ihre Verpf lichtung, ihm als schwerbehinderten dem Erholungszweck des Urlaubs Rechnung getragen werden.
Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am Berufsleben Dem stünde entgegen, wenn der Arbeitnehmer nur für einen
zu ermöglichen. Zuletzt beantragte er, „die Beklagte zu ver- Bruchteil seiner täglichen Arbeitszeit aus dem betrieblichen
urteilen, ihm auf seinen Antrag unter Beachtung der gesetz- Leben gelöst würde (vgl. BAG vom 28.11.1968 – 5 AZR 133/68,
lichen Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG Erholungsurlaub BAGE 21 S. 230 = DB 1969 S. 354).
bezogen auf eine Vorstellung (vier Stunden pro Tag) in Form Die überzeugenderen Argumente sprechen indes für die Recht
von halben Urlaubstagen zu gewähren, es sei denn, dass mäßigkeit der Gewährung halber Urlaubstage. Dem Urlaubs
ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder recht sind anteilige Urlaubstage nicht fremd. Bruchteile von
Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Urlaubstagen, die nicht nach § 5 Abs. 2 BUrlG aufgerundet
Gesichtspunkt den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“ werden müssen, sind dem Arbeitnehmer in entsprechendem
Umfang zu gewähren. Die gegenteilige ältere Rspr. hat das BAG
II. Entscheidung explizit aufgegeben (vgl. BAG vom 26.01.1989 – 8 AZR 730/87,
Das ArbG Hamburg (vom 27.05.2014 – 21 Ca 371/13) wies die BAGE 61 S. 52 = DB 1989 S. 2129). Zudem sind dem Arbeitnehmer
Klage ab. Das LAG Hamburg (vom 21.09.2015 – 8 Sa 46/14, gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG nur zwölf Urlaubstage zwingend
RS1204366) gab der Klage teilweise statt und verurteilte die zusammenhängend zu gewähren. Der über zwölf Werktage
Beklagte, dem Kläger unter Beachtung von § 7 Abs. 2 BUrlG auf hinausgehende Urlaub kann nach dieser Bestimmung auch auf
seinen Wunsch halbe Urlaubstage zu gewähren. Wunsch des Arbeitnehmers geteilt werden. Den Urlaubswunsch
Das BAG setzte sich mit den Ausführungen des LAG zur kann der Arbeitgeber gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nur ablehnen,
Begründetheit der Klage nicht auseinander. Entgegen der wenn ihm dringende betriebliche Belange oder vorrangig zu
Bewertung des LAG war die Klage nach Auffassung des BAG berücksichtigende Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer
bereits unzulässig. Das BAG entschied, dass der zitierte Antrag entgegenstehen. Dagegen kann er ihn nicht ablehnen, wenn
nicht hinreichend bestimmt sei. Er mache die begehrte Ver der Erholungszweck des Urlaubs seiner Auffassung nach nicht
pflichtung auf Urlaubsgewährung in unzulässiger Weise von gewährleistet ist (vgl. LAG Hamburg vom 21.09.2015, a.a.O.).
mehreren Bedingungen abhängig. Zwar könne eine Verurtei Abgesehen davon sprechen keine belastbaren Fakten dagegen,
lung auch von einer Bedingung abhängig gemacht werden, dass sich der Arbeitnehmer nicht erholen kann, wenn er nur
jedoch müsse eine solche Bedingung so bestimmt sein, dass halbe Tage Urlaub nimmt (vgl. LAG Hamburg vom 21.09.2015,
ihr Eintritt zuverlässig feststellbar sei. Dies sei aufgrund der a.a.O.; LAG Niedersachsen vom 23.04.2009 – 7 Sa 1655/08,
vom Kläger formulierten abstrakten Bedingungen nicht der LAGE Nr. 45 zu § 7 BUrlG = RS0864175).
Fall; denn erstens hänge die Urlaubsgewährung von einem
Urlaubsantrag ab. Zweitens müsse den Voraussetzungen Redaktioneller Hinweis:
des § 7 Abs. 2 BUrlG Rechnung getragen werden. Drittens Volltext-Entscheidung online unter RS1247857.
Befristungsrecht »DB1249270 Recht Gebrauch gemacht, die Prüfung auf die vorangegangene
Befristung auszuweiten.
Bestätigung der Grundsätze zur Diese Befristung sei aber nach den bisherigen Feststellungen
Abordnungsvertretung des LAG nicht durch einen Sachgrund – insb. gem. § 14 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 TzBfG – gerechtfertigt. Zwar sei der erforderliche
Voraussetzung einer wirksamen Vertretungsbefristung nach Kausalzusammenhang zwischen der zeitweiligen Abordnung
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ist die Prognose, dass der Beschäf der Vertretenen und der Einstellung des Klägers als Vertre
tigungsbedarf des Vertreters entfallen wird, weil die Stamm tungskraft gegeben. Daneben sei Teil des Sachgrunds der
kraft auf ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren wird. Vertretungsbefristung jedoch eine Prognose des Arbeitgebers
Ist die vorübergehende Abwesenheit der Stammkraft durch über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs
eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers veranlasst nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Allein die
(sog. Abordnungsvertretung), sind an diese Rückkehrprognose zu erwartende Beendigung der Teilzeitbeschäftigung der K
erhöhte Anforderungen zu stellen. rechtfertige diese Prognose nicht. Denn die Rückkehr der K
BAG, Urteil vom 12.04.2017 – 7 AZR 436/15 auf den vom Kläger eingenommenen Arbeitsplatz in der Brief
zustellung hänge maßgeblich auch davon ab, wie die Beklagte
RA Dr. Philipp Winter, LL.B. ist tätig bei Baker McKenzie Partnerschaft von diese nach Rückkehr zur Vollzeit im Rahmen ihres dienst
Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mbB in Berlin. rechtlichen Weisungsrechts einzusetzen gedenke.
Kontakt: autor@der-betrieb.de Die Beklagte könne sich folglich nicht auf den Vortrag
beschränken, es sei davon auszugehen, die Stammkraft
K werde, sofern sie nichts Gegenteiliges erkläre, auf ihren
I. Sachverhalt ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren. Zu der gebotenen
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf näheren Darlegung der Personalplanung der Beklagten habe
grund von Befristung am 30.09.2013 bzw. am 28.12.2013 geen das LAG aber keine hinreichenden Feststellungen getroffen.
det hat.
Der Kläger war auf der Grundlage insgesamt neun befristeter III. Praxishinweise
Arbeitsverträge in der Zeit vom 02.02.2009 bis zum 28.12.2013 Die Entscheidung zeigt eindrücklich die Anforderungen auf,
bei der Beklagten als Briefzusteller in Vollzeit beschäftigt. Im die das BAG an die gebotene Rückkehrprognose im Rahmen
selben Bereich war auch die K ebenfalls in Vollzeit tätig. Auf der Abordnungsbefristung als Unterfall der Vertretungsbefris
Antrag der K wurde ihre Arbeitszeit von 38,5 auf 20 Wochen tung nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG stellt. Sie knüpft dabei an die
stunden reduziert, zunächst bis zum 30.09.2013 und später bisherige Rechtsprechungslinie an (vgl. BAG vom 16.01.2013 –
bis zum 30.09.2014. Im Rahmen dieser Teilzeitbeschäftigung 7 AZR 662/11, DB 2013 S. 997).
wurde K nunmehr in der Postfachverteilung eingesetzt. Die Abordnungsvertretung ist dadurch gekennzeichnet, dass
Der Kläger schloss zum 09.01.2013 mit der Beklagten einen der Vertretungsbedarf nicht durch eine „fremdbestimmte“
bis zum 30.09.2013 befristeten Arbeitsvertrag „zur Vertre- Abwesenheit der Stammkraft veranlasst wird. Die Stammkraft
tung wegen vorübergehender Abwesenheit des Mitarbeiters fehlt nicht etwa wegen Krankheit oder Elternzeit, sondern
K“. Gegen diese Befristung erhob er am 13.09.2013 Klage vor aufgrund einer Organisationsentscheidung des Arbeitgebers.
dem Arbeitsgericht. Zum 30.09.2013 unterzeichnete er einen Dieser weist der Stammkraft vorübergehend andere Aufgaben
weiteren, bis zum 28.12.2013 befristeten Arbeitsvertrag, unter zu und stellt sodann zur Erledigung der eigentlichen Aufgaben
dem handschriftlich vermerkten Vorbehalt der rechtlichen der Stammkraft befristet einen Vertreter ein.
Klärung der Wirksamkeit der Befristung vom 09.01.2013. Die Aus dem Umstand, dass der Vertretungsbedarf in Fällen der
anhängige Klage wurde am 16.01.2014 um die Prüfung der Abordnungsvertretung für den Arbeitgeber nicht fremdbe
Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses zum stimmt ist, leitet der 7. Senat gesteigerte Anforderungen an
28.12.2014 erweitert. Der Kläger vertrat hierbei die Auffas die Rückkehrprognose ab. Der Arbeitgeber kann hier gerade
sung, die Befristungen seien nicht wegen der Vertretung der K nicht darauf verweisen, der Arbeitnehmer werde, sofern er
gerechtfertigt. nichts Gegenteiliges erklärt habe, auf seinen angestammten
Das ArbG Frankfurt/M. (vom 12.03.2014 – 14 Ca 6652/13) gab Arbeitsplatz zurückkehren. Denn wie schon die Abordnung
der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LAG selbst, steht auch die Rückkehr der Stammkraft unter dem
Hessen (vom 20.05.2015 – 6 Sa 723/14) das Urteil abgeändert Einfluss des Arbeitgebers. Dieser muss folglich seine Planungs
und die Klage abgewiesen. und Organisationsentscheidungen darlegen, aus welcher sich
bereits im Zeitpunkt der Befristungsabrede ergibt, dass der
II. Entscheidung Beschäftigungsbedarf für den Vertreter nach dem Ende der
Auf die Revision des Klägers hat das BAG das Urteil des LAG Abordnung wieder entfallen wird.
Hessen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Anknüpfungspunkte können u.a. der Zweck der Abordnung
Entscheidung zurückverwiesen. oder auch der Wille des Abgeordneten selbst sein. In jedem
Der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle unterliege auch Fall ist der Praxis vor dem Hintergrund der Rspr. des 7. Senats
die im (vorletzten) Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung bis aber zu empfehlen, in den Fällen der Abordnungsvertretung
zum 30.09.2013. Zwar sei bei mehreren aufeinanderfolgenden die Umstände sorgfältig zu dokumentieren, aus denen die
befristeten Arbeitsverträgen grds. nur die letzte Befristung auf Rückkehrprognose hergeleitet werden kann.
ihre Rechtfertigung zu überprüfen. Die Parteien hätten jedoch
durch den zunächst vom Kläger erklärten und sodann von der Redaktioneller Hinweis:
Beklagten konkludent angenommenen Vorbehalt von ihrem Volltext-Entscheidung online unter RS1246014.
Gleichbehandlung/Öffentlicher Dienst »DB1244338 Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten
Qualifikationen zu entscheiden. Allerdings dürfe er nur solche
Auswirkungen eines nicht ordnungsgemäßen Anforderungen an Bewerber stellen, die nach den Erfordernis
Auswahlverfahrens auf die Stellenbesetzung sen der wahrzunehmenden Aufgaben nachvollziehbar seien.
Die Beklagte habe den Kläger nicht wegen eines fehlenden
Wie ratsam die arbeitgeberseitige Sorgfalt sowohl bei der For Studiums in den MINTFächern ablehnen können, denn die zu
mulierung von Stellenanzeigen als auch bei der Durchführung besetzende Stelle rechtfertige keine Einschränkung auf der
des Auswahlverfahrens ist, zeigt eine Entscheidung des LAG artige Studiengänge. Die Stellenausschreibung spreche selber
Köln. Das Gericht untersagte dem Arbeitgeber im einstweili nur von „vorzugsweise“ und lasse auch beamtete Bewerber des
gen Rechtsschutz zugunsten des abgewiesenen Bewerbers höheren Dienstes zu, die über ein solches Hochschulstudium
die – auch nur vorläufige – Besetzung der ausgeschriebenen nicht verfügen müssten. Wenn aber bei beamteten Bewerbern
Stelle. das Fehlen einer entsprechenden Fachqualifikation unschäd
LAG Köln, Urteil vom 12.04.2017 – 5 SaGa 4/17 lich sei, müsse dies auch für nicht beamtete Bewerber gelten.
Die Stellenbesetzung habe zudem zu unterbleiben, weil der
RAin/FAinArbR Kathrin Vossen ist Partnerin bei Oppenhoff & Partner in Kläger als schwerbehinderter Mensch nicht zum Vorstellungs
Köln. gespräch eingeladen worden sei. Der Einladungsanspruch
Kontakt: autor@der-betrieb.de nach § 82 Satz 2 SGB IX bestehe nur dann nicht, wenn die
fachliche Eignung offensichtlich fehle; dies sei nicht der Fall.
Überdies stelle die Versagung der Chance, sich beim öffent
I. Sachverhalt lichen Arbeitgeber vorzustellen, eine unmittelbare Benachtei
Die Parteien stritten im Rahmen eines Eilverfahrens über die ligung wegen der Behinderung dar.
Verpflichtung des beklagten Arbeitgebers, eine ausgeschrie
bene Stelle bis zum Abschluss eines neu durchzuführenden III. Praxishinweise
Auswahlverfahrens unter ordnungsgemäßer Einbeziehung Die Entscheidung des LAG Köln führt eindrucksvoll vor
des Klägers freizuhalten. Augen, dass der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres durch „über
Der mit einem GdB von 80 schwerbehinderte Kläger bewarb sich holende“ Stellenbesetzung Fakten schaffen kann, mit denen
unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf eine Stelle, die andere Bewerber final vom Auswahlverfahren ausgeschlossen
die Beklagte als zentraler ITDienstleister der Bundesverwaltung werden. Hier mögen zwar Besonderheiten des öffentlichen
ausgeschrieben hatte. In der Stellenausschreibung wurde ein Arbeitgebers von Bedeutung sein, jedoch lassen sich Lehren
erfolgreich abgeschlossenes einschlägiges wissenschaftliches aus dieser Entscheidung auch für die Privatwirtschaft ziehen.
Hochschulstudium „vorzugsweise“ in den MINTFächern oder in Dies gilt zunächst für die Definition des Anforderungsprofils.
vergleichbaren Studiengängen sowie nachgewiesene mehrjährige Zwar kann der Arbeitgeber die Anforderungen, die er an die
Erfahrung im ITBereich der öffentlichen Verwaltung bzw. der Qualifikation eines Bewerbers für eine zu besetzende Stelle
Privatwirtschaft gefordert. Auch beamteten Bewerbern stand die richtet, grds. selbst definieren. Die Grenze dieser Definitions
Stelle offen. Der Kläger verfügte als promovierter Diplomkauf freiheit bildet aber in jedem Fall der notwendige Sachbezug der
mann über Berufserfahrung bei verschiedenen Unternehmen Anforderungen zu den wahrzunehmenden Tätigkeiten. Besteht
der Privatwirtschaft und war zum Zeitpunkt der Bewerbung als dieser Sachbezug nicht, kann die Ablehnung eines Bewerbers
Referent im ITUmfeld des Justizministeriums NRW beschäftigt. aus diesem Grund angreifbar sein. Deutlich wird überdies, dass
Die Bewerbung des Klägers lehnte die Beklagte ab, ohne ihn zu die Ablehnungsmöglichkeiten des Arbeitgebers abnehmen, je
einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben. Die Beklagte unbestimmter die Stellenanforderungen formuliert werden.
wählte statt des Klägers einen Beamten ihres Hauses aus. Das andere, was die Entscheidung des LAG Köln lehrt, ist die Not
Der Kläger begehrte im Rahmen des einstweiligen Rechts wendigkeit, bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen
schutzes die Unterlassung der Stellenbesetzung. Trotz Eig eine gesteigerte Sorgfalt walten zu lassen. Mag die Verpflichtung,
nung sei seine Bewerbung nicht ausreichend berücksichtigt den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsge
worden. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass der Kläger spräch einzuladen, grds. nur den öffentlichen Arbeitgeber treffen
weder über ein einschlägiges Hochschulstudium in den MINT (vgl. § 82 SGB IX), hält § 81 SGB IX auch für die Privatwirtschaft
Fächern noch über langjährige Erfahrung bei der Führung umfangreiche Verfahrensvorschriften bereit, deren Einhaltung
großer ITEinrichtungen verfüge und daher offensichtlich dem privaten Arbeitgeber nur anempfohlen werden kann. Denn
nicht für die Stelle geeignet sei. nach der Rspr. des BAG gilt eine Verletzung der durchaus kom
plexen Verfahrensvorschriften des § 81 Abs. 1 SGB IX bereits als
II. Entscheidung Indiz für eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung
Das LAG Köln gab dem Antrag des Klägers statt und unter und gibt dem schwerbehinderten Arbeitgeber damit die Mög
sagte der Beklagten die Stellenbesetzung bis zum Abschluss lichkeit, unter erleichterten Beweisbedingungen eine Entschä
eines neu durchzuführenden Auswahlverfahrens. digung gem. § 15 AGG vom Arbeitgeber einzuklagen. Hilfreich
Jeder Deutsche habe nach Art. 33 Abs. 2 GG nach seiner Eig für den Arbeitgeber ist in diesem Kontext wie auch in anderen
nung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang Zusammenhängen bekanntlich stets die Erfüllung der Beschäf
zu jedem öffentlichen Amt. Dieser Bewerbungsverfahrensan tigungsquote nach § 71 SGB IX, um sich zwecks Entlastung einen
spruch beinhalte u.a. das Recht auf rechtsfehlerfreie Einbezie größeren argumentativen Spielraum zu eröffnen.
hung in die Bewerberauswahl sowie auf deren Durchführung
nach den genannten Auswahlkriterien. Auch dem öffentlichen Redaktioneller Hinweis:
Arbeitgeber sei es zwar grds. unbenommen, frei über den der Volltext-Entscheidung online unter RS1242420.
Verfahrensrecht »DB1250848 vornherein aus, wenn durch die Aussage die Durchsetzung eines
eigenen Anspruchs des Zeugen erschwert werden könnte. Dies
Zeugnisverweigerungsrecht bei unmittelbarer kann insb. in Betracht kommen, wenn der Zeuge durch seine
Kausalität zwischen Aussage und vermögens- Aussage dem Anspruchsgegner bisher unbekannte und von die
rechtlichem Schaden sem vorzubringende rechtshindernde oder rechtsvernichtende
Einwendungen offenbaren müsste.
ZPO § 138 Abs. 1 und 2, § 384 Nr. 1
Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 384 Nr. 1 ZPO be Keine Pflicht zu selbstschädigenden Handlungen
steht nicht hinsichtlich solcher Angaben, die der Zeuge 6 2. [...] In dem Konflikt des Zeugen zwischen Aussage und Wahr
in seinem späteren Aktivprozess in Erfüllung der ihm heitspflicht und der Gefahr einer eigenen Belastung wird dem
obliegenden Darlegungslast von sich aus wahrheitsgemäß Zeugen durch § 384 Nr. 1 ZPO das Recht eingeräumt, bestimmte
(§ 138 Abs. 1 ZPO) vortragen müsste, und solcher Um Aussagen zu verweigern. Niemand soll aus seiner Zeugnispflicht
stände, deren Vorliegen die Gegenpartei behauptet und zu selbstschädigenden Handlungen gezwungen werden (BVerfG
zu denen sich der Zeuge bei entsprechendem Vortrag im vom 15.06.1992 – 1 BvR 1047/90, RS0816383; BGH vom 26.10.2006,
Prozess gem. § 138 Abs. 2 ZPO erklären müsste. a.a.O., Rn. 7). Dem trägt die Bestimmung des § 384 ZPO Rechnung,
BAG, Beschluss vom 02.08.2017 – 9 AZB 39/17 die den Schutz des Zeugen vor nachteiligen Folgen seiner eigenen
wahrheitsgemäßen Aussage bezweckt. Der Zeuge muss seine
1 ... 3 I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vermögensrechtlichen Interessen denen der beweisführenden
außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Partei nicht unterordnen (BGH vom 26.10.2006, a.a.O.). Eine nicht
Beklagten vom 17.07.2015. Dieser stützt die Kündigung auf den aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunfts
Vorwurf, die Klägerin habe am 21.04.2015 unter ihrem Benut erteilung besteht selbst für die Parteien des Rechtsstreits nicht. ...
zernamen und unter Beteiligung des drittbeteiligten Zeugen Nach Treu und Glauben können Auskunftsansprüche beste
unzutreffend Herrn H als Vereinsmitglied unter Angabe einer hen. [...]
seit dem Jahr 2004 bestehenden Vereinsmitgliedschaft in das
elektronische Mitgliederverzeichnis aufgenommen und damit Darlegungslast in dem sich anschließenden Aktivprozess
dessen Kandidatur als Vorstandsmitglied bei den bevorste 7 3. Die drohende Nichtrealisierung einer [...] ihren Anspruchs
henden Vorstandswahlen ermöglicht. voraussetzungen nach bereits nicht bestehenden Forderung
Das ArbG hat am 19.12.2016 den drittbeteiligten Zeugen kommt demgegenüber nicht als ein vermögensrechtlicher
vernommen. Auf die Frage, ob er Herrn H in das Mitglieder Schaden in Betracht, der mit einer Zeugenaussage unmit
verzeichnis aufgenommen habe, hat er sich auf ein Zeugnisver telbar i.S.v. § 384 Nr. 1 ZPO in Zusammenhang steht. Das
weigerungsrecht berufen. Zur Begründung hat er ausgeführt, Zeugnisverweigerungsrecht des § 384 Nr. 1 ZPO schließt die
dass er den Beklagten auf noch ausstehendes Honorar verkla grundsätzliche Verpflichtung zur Zeugenaussage nicht hin
gen werde. Der Beklagte habe sein Anstellungsverhältnis im sichtlich solcher Angaben aus, die der Zeuge in einem späteren
Juli 2015 fristlos gekündigt. Im Fall der Unwirksamkeit der Rechtsstreit in Erfüllung seiner Darlegungslast von sich aus
außerordentlichen Kündigung könne er die auf die ordentliche wahrheitsgemäß (§ 138 Abs. 1 ZPO) vortragen müsste. Ent
Kündigungsfrist entfallende Vergütung beanspruchen. ... sprechendes gilt für Umstände, deren Vorliegen die Gegenseite
behauptet und zu denen sich der Zeuge bei entsprechendem
AUS DEN GRÜNDEN Vortrag im Prozess gem. § 138 Abs. 2 ZPO erklären müsste. In
4 II. [...] Der drittbeteiligte Zeuge ist nicht zur Zeugnisver diesen Fällen ist nicht die Zeugenaussage unmittelbar kausal
weigerung gem. § 384 Nr. 1 ZPO im Hinblick auf die Frage, ob für die erschwerte Durchsetzung der Forderung, sondern die
er Herrn H in das Mitgliederverzeichnis aufgenommen hat, allgemein zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen über
berechtigt. die Verteilung der Darlegungs und Beweislast im Zivilprozess.
MELDUNGEN
schen Wirtschaft Köln (IW). Seit Jahren stecken Bund und
Länder zu wenig Geld in die Infrastruktur. Gesperrte Auto-
bahn- und Eisenbahnbrücken, Schleusen aus der Kaiserzeit,
Täglich aktuelle Meldungen finden Sie auf aber auch fehlende Glasfasernetze sind die Folge. Dementspre-
www.derbetrieb.de und in der App DB Live chend hält sich fast jedes fünfte Unternehmen aufgrund der
schlechten Infrastruktur mit Investitionen zurück. Die hohen
Energiepreise sind für rund 36% der größeren Unternehmen
ein Grund, Investitionen zu verschieben.
Danach können vorbehaltlich des – hier nicht einschlägigen – Gewerbeverlust nicht auf die Personengesellschaft übertragen
Art. 15a DBA-Schweiz die Einkünfte einer in Deutschland ansäs- werden könne, weil die sachliche Gewerbesteuerpflicht der
sigen Person aus einer Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Direktor, Kapitalgesellschaft kraft ihrer Rechtsform bestehen bleibe,
Geschäftsführer oder Prokurist einer in der Schweiz ansässigen auch wenn sich durch den Betriebsübergang deren Tätigkeit nur
Kapitalgesellschaft in der Schweiz besteuert werden. Der Kläger noch auf das Halten des Mitunternehmeranteils beschränke.
gehöre diesem abschließend aufgezählten Personenkreis an. Er
habe zivilrechtlich über die Vertretungsmacht eines Direktors Verlustabzug steht Mitunternehmern zu
(mindestens jedoch über die eines Prokuristen) verfügt. Das FG Stuttgart widersprach dieser Auffassung mit Urteil vom
30.01.2017 (10 K 3703/14). Die Kürzung des Gewerbeertrags um
Vertretungsmacht von Direktoren Verluste aus früheren Erhebungszeiträumen setze Unterneh-
Die als „Kollektivunterschrift zu zweien“ erteilte Vertretungs- mens- und Unternehmeridentität voraus. Die Unternehmer
macht bezeichne im schweizerischen Zivilrecht regelmäßig identität sei gewahrt. Bei einer Personengesellschaft seien die
die organschaftliche Vertretungsmacht von Direktoren. Bei Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unter-
einer Eintragung mit „Kollektivunterschrift zu zweien“ ohne nehmerische Initiative ausüben können, (Mit-)Unternehmer
Bezeichnung einer Funktion lasse sich die Vertretungsmacht des Betriebs. Das Recht zum Verlustabzug stehe daher sachlich
der betreffenden Person daher nach „oben“ (kein Mitglied des nicht der Personengesellschaft, sondern den an ihr beteiligten
Verwaltungsrats) und nach „unten“ (keine Stellung als Prokurist Mitunternehmern zu. Für die Einbringung eines Betriebes in
oder Handlungsbevollmächtigter) eingrenzen. Die Beschrän- eine Personengesellschaft bedeute dies, dass der in dem Unter-
kung der Unterschriftsberechtigung des Klägers auf die Kollek- nehmen vor Einbringung entstandene Fehlbetrag auf Ebene
tivunterschrift zu zweien führe zu keiner anderen Beurteilung. der Personengesellschaft auch weiterhin insgesamt, jedoch nur
Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz enthalte keine Einschränkung auf von dem Betrag abgezogen werden könne, der vom gesamten
eine dem Unterschriftsberechtigten oder Prokuristen erteilte Gewerbeertrag entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel
Berechtigung zur Einzelvertretung. auf den oder die einbringenden Mitunternehmer entfalle. Im
Streitfall hätten der W-AG als alleiniger Mitunternehmerin
Fehlender Handelsregistereintrag ist nicht schädlich aufgrund des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels 100%
Dass der Kläger ohne Funktionsbezeichnung im Handelsregister des Gewinns der W-KG zugestanden.
eingetragen sei, stehe seiner Einbeziehung in den in Art. 15 Abs. 4
DBA-Schweiz genannten Personenkreis nicht entgegen. Die Unternehmensidentität war erhalten geblieben
Eintragung mit „Kollektivunterschrift zu zweien“ genüge den Die erforderliche Unternehmensidentität vor und nach Ein-
Anforderungen von § 19 Abs. 2 der Verordnung zur Umsetzung bringung beim Übergang des Geschäftsbetriebes der W-AG
von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik in die W-KG sei ebenfalls erhalten geblieben. Im Streitfall sei
Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. der gesamte operative Geschäftsbetrieb der W-AG eingebracht
Gegen das Urteil ist Revision beim BFH anhängig (I R 60/17). und von der W-KG unverändert fortgeführt worden. Entgegen
(FG Baden-Württemberg, NL vom 06.10.2017 / Online-Redaktion) der einseitig auf die Ebene der Kapitalgesellschaft verengten
Sichtweise der Finanzverwaltung bleibe das Merkmal der
Unternehmensidentität bei der Einbringung eines Betriebes
FG Stuttgart zum gewerbesteuerlichen Verlustabzug in eine Personengesellschaft auch dann von Bedeutung, wenn
Bei Einbringung eines Betriebes von einer Kapital- in eine Einbringender eine Kapitalgesellschaft sei. Zwar sei es richtig,
Personengesellschaft ist der bei der Kapitalgesellschaft vor dass eine Kapitalgesellschaft schon wegen ihrer Rechtsform
Einbringung entstandene Verlustvortrag auf Ebene der Per immer ein Gewerbesteuersubjekt sei, sodass bei ihr auch
sonengesellschaft weiterhin zu berücksichtigen, entschied nach der Einbringung ein Gewerbebetrieb vorliege. Daraus
das FG Stuttgart. zu schließen, dass das Merkmal der Unternehmensidentität
Die W-AG und die W-KG hatten 2009 einen Ausgliede- grundsätzlich bedeutungslos sei, betrachte das Problem jedoch
rungs- und Übernahmevertrag abgeschlossen, mit dem der nur aus der Sicht der Kapitalgesellschaft und lasse die Ebene
gesamte Geschäftsbetrieb der W-AG auf die W-KG übertragen der aufnehmenden Personengesellschaft – bei der sich die Frage
wurde. Die W-AG war einzige Kommanditistin der W-KG und der Verlustübernahme stelle – außer Betracht. Für die Perso-
alleinige Gesellschafterin der nicht am Vermögen beteiligten nengesellschaft habe es keine Relevanz, dass auf Ebene der
Komplementär-GmbH. Die W-AG agierte in der Folgezeit nur Kapitalgesellschaft weiterhin ein Gewerbebetrieb angenommen
noch als Holdinggesellschaft. Sie wurde 2011 formwechselnd wird, der von dem eingebrachten völlig verschieden ist.
in eine GmbH, die Klägerin, umgewandelt, die hierdurch Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim BFH
als Kommanditistin in die W-KG eintrat. Die W-KG wurde eingelegt (I R 35/17).
schließlich im Jahr 2013 aufgelöst. (FG Baden-Württemberg, NL vom 06.10.2017 / Online-Redaktion)
eine Zäsur, da die Pension zu diesem Zeitpunkt bereits einmal bei der erwirtschaftenden Körperschaft mit Körper-
unverfallbar erdient sei. Es könne gemessen am Maßstab der schaftsteuer und erst bei der Ausschüttung an natürliche Per-
§§ 133, 242 BGB bei objektiver Betrachtung der wechselsei- sonen als Anteilseigner mit Einkommensteuer zu besteuern,
tigen Interessen nicht davon ausgegangen werden, dass die Bedenken. Die Regelung entspreche zudem nicht dem Gebot
Vertragsparteien durch die weitere Teilzeitbeschäftigung steuerlicher Lastengleichheit im Sinne einer gleich hohen
des Geschäftsführers – aufgrund eines neu abgeschlossenen Besteuerung bei gleicher Leistungsfähigkeit. Die Regelung
Vertrages – dessen Pensionsansprüche hätten kürzen wollen. könne allerdings gerechtfertigt und damit verfassungsrecht-
Kein Geschäftsführer könne Interesse daran haben, nach dem lich zulässig sein durch das Ziel, nicht über die Anforderungen
Eintritt in den Ruhestand auf neuer vertraglicher Grundlage der Mutter-Tochter-Richtlinie hinauszugehen, nach der erst
für seine Gesellschaft tätig zu sein, wenn und soweit er bei einer Mindestbeteiligung von 10 % eine Befreiung vom
hierdurch (angesichts der Anrechnung der laufenden neuen Steuerabzug an der Quelle für von einer Tochtergesellschaft
Bezüge auf die Pensionsleistungen) nicht nur keine Gegenleis- an ihre Muttergesellschaft ausgeschüttete Gewinne verlangt
tung bekomme, sondern obendrein noch bereits unverfallbar werde. Zudem würde eine vollständige Befreiung vom Steuer-
erworbene Pensionsansprüche verlöre. abzug unabhängig von der Beteiligungsquote die Möglichkeit
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, das Verfahren eines Quellensteuerabzugs entsprechend Art. 10 Abs. 2 OECD-
ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 56/17 anhängig. Musterabkommen und entsprechender Doppelbesteuerungs-
(FG Schleswig-Holstein, PM vom 02.10.2017 / Online-Redaktion) abkommen obsolet machen.
richts besteht ein innerer Zusammenhang mit der Rehabili- In acht Schritten zum Erfolg
tationsmaßnahme. Es schade nicht, dass der Spaziergang an „Der Praxisleitfaden fasst die Projektergebnisse und
einem therapiefreien Sonntag stattgefunden habe. Es reiche Erkenntnisse kompakt zusammen und richtet sich an Per-
aus, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der sonalverantwortliche, betriebliche Bildungsakteure sowie
Auffassung sein durfte, die Tätigkeit sei geeignet, der sta- an die interessierte Fachöffentlichkeit. Er soll insbesondere
tionären Behandlung zu dienen und diese Tätigkeit zudem Unternehmen eine Hilfestellung an die Hand geben, ihre Qua-
objektiv kurgerecht sei. Beides sei bei dem hier streitigen lifizierungsaktivitäten im digitalen Wandel an die künftigen
sonntäglichen Spaziergang gegeben gewesen. Anforderungen besser anzupassen“, erklärt Projektmanagerin
(SG Düsseldorf, PM vom 10.10.2017 / Online-Redaktion) Stefanie Brzoska. Für eine dynamische Personal- und Kompe-
tenzentwicklung gibt der Leitfaden an Unternehmen folgende
Tipps:
Mehr Arbeitnehmerrechte im vorinsolvenzlichen 1. Strategische Positionierung von Human Resources im Unter-
Verfahren nehmen: Betriebliches Kompetenzmanagement sollte im
Im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat Unternehmen zur Chefsache werden und fester Bestandteil
erichterstatterin Angelika Niebler (EVP) ihren Berichts
B der Unternehmensstrategie sein.
entwurf zum Richtlinienvorschlag für präventive Restruk 2. Regelmäßige Überprüfung des Qualifizierungsangebots: Das
turierungsrahmen und zu Maßnahmen zur Steigerung der betriebliche Qualifizierungsangebot sollte regelmäßig anhand
Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschul verfügbarer Mess- und Steuerungsinstrumente überprüft
dungsverfahren vorgelegt und sich darin für mehr Arbeit werden, um in dynamischen Unternehmensumfeldern Schritt
nehmerrechte ausgesprochen. halten zu können. Dazu sollte auch das Benchmarking-Tool
Niebler setzt sich für eine größtmögliche Transparenz www.kompetenz-benchmarking.de genutzt werden.
während des präventiven Restrukturierungsverfahrens 3. Rechtzeitiges Einbinden aller Akteure: Neue Anforderungen
ein und fordert entsprechende Informationsrechte für die an die Personalentwicklung sollten frühzeitig aufgegriffen und
Arbeitnehmer. Zudem schlägt sie eine Definition vor, wann Beschäftigte, Fachabteilungen und Interessenvertretungen zu
eine Insolvenz im Sinne des Artikels 1 Abs. 1 des Richt Partnern einer transparenten Personalentwicklungsstrategie
linienvorschlags droht und möchte es den Mitgliedstaaten gemacht werden.
überlassen, ob die Ernennung eines Restrukturierungsver- 4. Auf eine sorg fältige Auswahl und ausgewogene Mischung
walters für das Verfahren verpflichtend sein soll. unterschiedlicher Maßnahmen kommt es an: Best Practices
anderer Unternehmen zur Kompetenzentwicklung in der
Weitere Maßnahmen Digitalisierung können als Inspiration dienen. Kooperationen
Zudem sollen die Mitgliedstaaten entscheiden können, bieten sich an. Konzepte sollten aber nicht bloß kopiert, son-
die Stellungnahme zur Rentabilität des betroffenen Unter- dern an die eigene Unternehmenskultur angepasst werden.
nehmens im Rahmen des zu erstellenden Restrukturie- 5. Digitale Kompetenzen stärken: Digitalkompetenz wird in
rungsplans von einem unabhängigen Experten erstellen allen Branchen zunehmend zu einer Kernkompetenz. Um auf
zu lassen. Ebenso soll im Falle eines klassenübergreifenden individuelle Lernbedarfe eingehen zu können, sollten digitale,
Cramdowns die Mehrheit der Gläubigergruppen für die bedarfsgerechte Lernangebote für den Kompetenzerwerb
Zustimmung zum Restrukturierungsplan erforderlich sein. einbezogen werden.
Die Frist für Änderungsanträge im Rechtsausschuss läuft bis 6. Veränderte Anforderungen an Führungskultur und verhalten:
zum 07.11.2017. Führungskräfte sollten in „digitaler Führung“ und „Führen
(DAV, EiÜ vom 09.10.2017 / Online-Redaktion) von virtuellen Teams“ qualifiziert werden, um Beschäftigte
im Digitalisierungsprozess zu begleiten, zu motivieren und
etwaigen Ängsten entgegen wirken zu können.
Personal und Kompetenzentwicklung im 7. Systematik, Transparenz, Beratung und Bündelung: Bereits
igitalen Wandel
d vorhandene Qualifikationen sollten systematisch erfasst wer-
In acht Schritten zu einer dynamischen Personal- und den, um Bedarfe zu identifizieren. Der Einsatz digitaler Tools
Kompetenzentwicklung im digitalen Wandel: Der Digital erhöht die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit, um Qua-
verband Bitkom hat einen Praxisleitfaden zur betrieblichen lifizierungslücken zu schließen. Angebote zur Qualifizierung
Qualifizierung veröffentlicht. sollten systematisch und transparent gebündelt werden.
Arbeitsgestaltung und -organisation unterliegen im 8. Eigenverantwortung fördern und Raum für neue Wege schaffen:
Zuge der Digitalisierung einem grundlegenden Wandel. Es gibt keinen „Masterplan“ zur Gestaltung der digitalen Trans-
Damit verändern sich auch die Anforderungen und Inhalte formation. Der Weg führt vor allem über Experimente. Voraus-
der Qualifizierung von Arbeitnehmern. Ein neuer Praxisleit- setzung sind Vertrauen, Selbstbestimmung und Eigenmotiva-
faden des Digitalverbands Bitkom zeigt die Erfolgsfaktoren tion. Um neue Wege zu gehen, sollten Freiräume geschaffen und
einer dynamischen Personal- und Kompetenzentwicklung der Transformationsprozess durch HR-Experten kompetent
auf. Grundlage ist eine Online-Umfrage, die 2016 unter begleitet werden.
Personalverantwortlichen und Beschäftigten durchgeführt Der Leitfaden ist im Rahmen des vom Bundesministeriums für
wurde. Der Leitfaden gibt einen Überblick, wie Unternehmen Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts „Flexibili-
sich und ihre Beschäftigten bestmöglich auf den digitalen sierung durch dynamisches Personal- und Kompetenzmanage-
Wandel vorbereiten können. ment für wissensintensive Dienstleistungen“ entstanden.
(Bitkom, PM vom 02.10.2017 / Online-Redaktion)
VERLAGSTITEL
Internationale und kapitalmarktorientierte
10
Rechnungslegung. Seite 413 – 464
Oktober 2017
17. Jahrgang
www.kor-ifrs.de
Internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung
AUFSÄTZE
Josef Baumüller/Bang Nguyen
Umsetzung der CSRRichtlinie im deutschen und im österreichischen Bilanzrecht 413
Patrick Velte
Ökonomische Wirkung der Berichterstattung des Abschlussprüfers über key audit matters
im Bestätigungsvermerk 434
Axel Haller
Integrated Reporting – Die Zukunft der Unternehmensberichterstattung 442
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Testen Sie KoR: Ihre Bilanz wird positiv sein!
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http://shop.korifrs.de/themen
Th
DIE TOPTHEMEN DER AKTUELLEN AUSGABE:
Rechnungslegung Rechnungslegung
Umsetzung der CSRRichtlinie im deutschen Everything except Strategy – Wege zu einer
und im österreichischen Bilanzrecht effektiven Strategieberichterstattung
Mag. (FH) Josef Baumüller, Tulln an der Donau / P rof. Dr. Henning Zülch / Sophie Winter, M . Sc .,
Bang Nguyen, M.Sc., Wien beide Leipzig
Die in der CSR-Richtlinie (RL 2014/95/EU) vorgesehenen Die Strategieberichterstattung ist ein von Unternehmen
Berichtspf lichten über die nichtfinanzielle Leistung von vielfach vernachlässigter Berichtsteil. Strategieorientierte
Unternehmen wurden in Deutschland durch das CSR-RUG und zukunftsgerichtete Informationen haben jedoch eine
und in Österreich durch das Nachhaltigkeits- und Diversitäts- hohe Entscheidungsrelevanz für Investoren. Auf Basis
verbesserungsgesetz (NaDiVeG) umgesetzt. Obwohl sich der einer Analyse der Strategieberichterstattung im Lage-
österreichische Gesetzgeber hierbei eng an den Überlegungen bericht der DAX-Unternehmen der letzten drei Jahre wer-
des deutschen orientierte, weisen die nunmehr gültigen Rechts- den Prinzipien einer effektiven Strategiekommunikation
lagen in zahlreichen Punkten gravierende Unterschiede auf. formuliert.
Deren Gegenüberstellung in dem Beitrag verdeutlicht die daraus
jeweils ableitbaren Anforderungen an Unternehmen und zeigt
weiteren Handlungsbedarf auf. Rechnungslegung
Integrated Reporting – Die Zukunft der
Unternehmensberichterstattung
Rechnungslegung Prof. Dr. Axel Haller, Regensburg
Identifikation wesentlicher Themen im Rahmen der Aufgrund sich ändernder Rahmenbedingungen sind die
Nachhaltigkeitsberichterstattung Anforderungen, die an die Unternehmensberichterstattung
Jens Günther / Marco Muschallik, M.Sc., beide Bochum gestellt werden, einem stetigen Wandel unterworfen. Da das
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Relevanz von Nachhal- Konzept des Integrated Reporting die Berücksichtigung
tigkeitsinformationen für die Stakeholder eines Unternehmens von Wandelungsprozessen bezüglich der Erwartungen
verbunden mit der künftigen Pflicht für bestimmte Unternehmen der Stakeholder sowie der Interpretation der unternehme-
nichtfinanzielle Informationen offenzulegen, nimmt die Frage rischen Wertschaffung immanent beinhaltet und darüber
nach dem Stakeholdereinbezug sowie der Identifikation wesent- hinaus zu einer nachhaltigen Wertschaffung für die Unter-
licher Themen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nehmenseigentümer und die Gesellschaft führen kann,
einen immer größeren Stellenwert ein. In dem Beitrag werden die besitzt es ein großes Potenzial, nicht nur die Entwicklung
nach GRI aufgestellten Nachhaltigkeitsberichte des Geschäfts- der Unternehmensberichterstattung, sondern auch jene der
jahres 2015 der Unternehmen aus dem DAX, MDAX, SDAX und Unternehmensführung sowie -überwachung in der Zukunft
TecDAX im Hinblick auf Angaben und Vorgehensweisen bzgl. der maßgeblich zu prägen.
genannten Aspekte analysiert.
Nachrichten
Amazon soll nachzahlen junkturteam des Handelsblatt Research Institute (HRI) geht
Die EU-Kommission legt im Kampf gegen illegale Steuer- in seiner neuen Konjunkturprognose davon aus, dass es bald
vorteile für multinationale Konzerne nach: Wettbewerbs- zu Koalitionsgesprächen zur Bildung einer Jamaika-Koalition
kommissarin Margrethe Vestager erklärte eine langjährige kommt und diese erfolgreich abgeschlossen werden. Um die
Steuervereinbarung zwischen Luxemburg und Amazon für sehr unterschiedlichen Wählergruppen der an dieser Regie-
unzulässig und forderte das Großherzogtum auf, von dem rung beteiligten Parteien zu bedienen, dürfte die Koalition
Onlinehandelsriesen rund 250 Mio. Euro an Steuern nach- aus Union, FDP und Grünen die hohen Überschüsse in den
zufordern. In einem ähnlichen Verfahren hatte sie vor gut Staatskassen nutzen, um Steuersenkungen sowie zusätzliche
einem Jahr Apple dazu verdonnert, 13 Mrd. Euro an Irland Investitionen und Sozialausgaben zu finanzieren.
abzuführen. Weil die Regierung in Dublin das Geld noch gar (HB vom 06.10.2017 S. 12)
nicht eingetrieben hat, will Vestager Irland nun vor den EuGH
bringen. Die Kommissarin machte deutlich, dass ihre Behörde
weiteren Fällen von unerlaubten Vergünstigungen für einzelne Ein Geschenk zu Schäubles Abschied
Konzerne nachgehen wird. Solche Verfahren könnten aber nur Acht Jahre lang stritten Wolfgang Schäuble und der Inter-
ein Teil der Antwort auf die gezielte Steuervermeidung durch nationale Währungsfonds (IWF) um die Ausrichtung der
multinationale Unternehmen sein, betonte sie. Vielmehr Finanzpolitik. Der deutsche Finanzminister glaubte, nur
müssten sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Bemes- durch Sparsamkeit könnten verschuldete Staaten Vertrauen
sungsgrundlage für die Körperschaftsteuer einigen. zurückgewinnen. Der Währungsfonds fürchtete, Sparsamkeit
(HB vom 05.10.2017 S. 1) schade der wirtschaftlichen Erholung. Auf Schäubles letzter
IWF-Jahrestagung am kommenden Wochenende wird das
Streitthema nicht mehr hochkochen. Denn der Währungs-
EU geht erneut gegen Betrug vor fonds macht dem Deutschen eine Art Abschiedsgeschenk.
Die EU-Kommission unternimmt einen neuen Anlauf, um den Statt wie üblich höhere Investitionen anzumahnen, wird
Mehrwertsteuerbetrug zu unterbinden: Rund 50 Milliarden der Fonds in seiner neuen Konjunkturprognose Staaten wie
Euro gehen dem Fiskus der EU-Staaten jedes Jahr verloren, weil Italien und Spanien auffordern, mehr für die Haushaltskon-
Kriminelle das Mehrwertsteuersystem austricksen. Exporteure solidierung zu tun.
sollen deshalb künftig die Mehrwertsteuer zahlen, bevor sie das (HB vom 09.10.2017 S. 12)
Produkt in einen anderen EU-Staat ausführen. Gelten soll dabei
der Mehrwertsteuersatz des Landes, für das die jeweils betrof-
fenen Waren bestimmt sind. Das würde zum Beispiel bedeuten, Lange Wunschliste
dass der tschechische Fiskus die deutsche Mehrwertsteuer Zwar haben die Jamaika-Verhandlungen von Union, FDP
eintreibt für alle Skoda-Fahrzeuge, die nach Deutschland ausge- und Grünen noch längst nicht begonnen, dennoch haben die
führt werden. Die Einnahmen würde Tschechien anschließend künftige Bundesregierung und der neue Deutsche Bundestag
an die deutschen Finanzbehörden überweisen. Detaillierte bereits eine lange Wunschliste erhalten. Absender: Deutsch-
Vorschläge dazu will die Kommission im kommenden Frühjahr lands Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. „Der Gesetzgeber
vorlegen. Im Jahr 2022 solle die Mehrwertsteuerreform dann in muss zu einer guten Gesetzgebung zurückkehren“, forderte
Kraft treten, verkündete die EU-Behörde. der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV),
(HB vom 05.10.2017 S. 8) Harald Elster, auf dem Deutschen Steuerberatertag in Berlin.
Auch der Präsident des Bundesfinanzhofs (BFH), Rudolf
Mellinghoff, beklagte als Gastredner eine „überhastete
Regierung mit Rückenwind Gesetzgebung“. Dies führe zu Regelungen, die fehlerbehaftet
Die neu ins Amt kommende Bundesregierung startet mit so und schwer umsetzbar seien. Als Beispiele nannte er die
günstigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen „minimalinvasive“ Reform der Erbschaftsteuer und „Feigen-
wie noch keine andere Regierung im wiedervereinigten blatt-Anhörungen“ im Bundestag. Zudem habe die gesamte
Deutschland. Ende dieses Jahres wird die deutsche Wirtschaft steuerpolitische Diskussion des vergangenen Jahrzehnts nur
voraussichtlich 14 Quartale in Folge gewachsen sein, der Staat unter dem Signum Steuermissbrauch, Steuervermeidung,
wird das vierte Jahr in Folge mit einem Haushaltsüberschuss Steuergestaltung gestanden. Nun gelte es, die Rechte der
abgeschlossen haben, und die Arbeitslosigkeit wird im Jahres- Steuerbürger wieder in den Blick zu nehmen.
durchschnitt bei nur noch etwa 2,5 Millionen liegen. Das Kon- (HB vom 10.10.2017 S. 10)
»DB1245592
Grenzüberschreitende
Konzernfinanzierungen und
angemessene Zinssätze
Der Rekurs auf das Konzernrating bei der Bemessung von Zinsen für grenzüber
schreitende Konzernfinanzierungen im Rahmen des Bankansatzes würde zu einer Re
duzierung von BEPS sowie einer Einsparung von Tax-Compliance-Kosten führen.
Das Konzernrating als Preisvergleich vorzunehmen, der an eine schon bestehende tra-
ditionelle Darlehensschuld gegenüber fremden Dritten außerhalb
Anti-BEPS-Pille des Kapitalmarkts anknüpft. Gegebenenfalls sind sachgerechte
Anpassungen im Hinblick auf die vertraglichen Bedingungen des
spezifischen Geschäftsvorfalls vorzunehmen.
I
n der Literatur (u.a. Greil/Schilling, DK 2016 S. 329 ff.) Sofern vergleichbare externe Finanzierungsbeziehungen
wurde ein Zweistufenkonzept vorgestellt, mit dessen der Darlehensnehmerin nicht vorliegen, sind auf der zweiten
Hilfe Zinssätze für grenzüberschreitende konzerninterne Stufe die Kreditkonditionierungen zugrunde zu legen, zu
Finanzierungsbeziehungen im Rahmen des Bankansatzes denen sich die gesamte Unternehmensgruppe (bzw. der
ermittelt bzw. deren Angemessenheit überprüft werden kön- Konzern) zum relevanten Zeitpunkt extern finanzieren
nen. Sofern die Darlehen aufnehmende Unternehmenseinheit könnte: Maßgebend für die Bepreisung der internen Dar-
keine gruppenexternen Finanzierungsbeziehungen unterhält lehensbeziehung bzw. Überprüfung des Zinssatzes dieser
und die Preisvergleichsmethode ausscheidet, ist auf die durch- Darlehensbeziehung ist insbes. das (externe) Rating für die
schnittlichen Fremdfinanzierungskosten, mithin das Rating Unternehmensgruppe (Konzernrating) für die Bemessung
der Unternehmensgruppe (im Fall eines Konzerns auf das des Risikos, d.h. der Ausfallwahrscheinlichkeit der Darle-
Konzernrating), bei der Zinssatzermittlung respektive deren hensnehmerin.
Angemessenheitsprüfung abzustellen. Der Rekurs auf das Existiert kein Konzernrating und ist dessen separate
Konzernrating bei dem Bankansatz (Schilling, DB 2015 S. 2171) Erstellung nicht zumutbar, sollte auf die realen durchschnitt-
würde in vielfältiger Weise Abhilfe leisten: Es würden dadurch lichen Finanzierungskosten der Unternehmensgruppe abge-
Willkürfreiheit und im Ergebnis Steuergerechtigkeit verbessert, stellt werden, die der Gruppe durch Darlehensbeziehungen
Tax-Compliance-Kosten sowohl aufseiten der Steuerpflichtigen gegenüber fremden Dritten entstehen. Die Überlegung
(Stpfl.) als auch aufseiten der Finanzverwaltung gesenkt und dabei ist, dass jene durchschnittlichen Finanzierungskosten
Rechtssicherheit gestärkt. die gruppenweite Kreditwürdigkeit widerspiegeln. Dies ist
vor allem dann gewährleistet, wenn für die Ansprüche der
Bank versus Marktansatz fremden Gläubiger alle Gesellschaften gesamtschuldnerisch
Maßstab für die Ermittlung von fremdvergleichskonformen haften.
Darlehenszinssätzen für konzerninterne Finanzierungs-
beziehungen sind die hypothetischen Konditionen, die ein Gewährleistung von Willkürfreiheit und Steuer
Kreditinstitut in jener Situation gewähren würde. Das gerechtigkeit
Abstellen auf Fremdfinanzierungen via Kapitalmarkt schei- Die Berücksichtigung eines existenten Konzernratings,
det aus Gründen des Fremdvergleichs aus. Insofern kommen erstellt von einer externen Ratingagentur, ist vertrauensbil-
die kapitalmarktgestützten Fremdkapitalzinsermittlungen dend. Vom Stpfl. selbst entwickelte Ratings weisen möglicher-
nur als Plausibilitätsgrößen in Betracht. weise neben den schon selbst im Ratingprozess vorhandenen
Ermessensspielräumen insb. auch ein hohes Maß von eigenen
Zweistufenkonzept Interessen geleitete Subjektivität auf. So könnten einzelne
Auf der ersten Stufe der Ermittlung bzw. Prüfung von Fremd- Konzerngesellschaften bzw. Unternehmen einer Unter-
kapitalzinsen zwischen verbundenen Unternehmen steht nehmensgruppe gezielt und willkürlich mit einer schlech-
der Rekurs auf etwaige vergleichbare Darlehensbeziehungen, teren Bonität ausgestattet werden, um eine beabsichtigte
welche die Darlehensnehmerin zu fremden Dritten, z. B. einem Ratingeinschätzung zu erzielen. Z.B. können Gesellschafter
Kreditinstitut, unterhält. So ist auf der ersten Stufe ein externer nach eigenem Ermessen Einfluss auf die Finanzierungsstruk-
»DB1247720
Grenzüberschreitende
Konzernfinanzierungen und
angemessene Zinssätze
Der Rekurs auf das Konzernrating bei der Bemessung von konzerninternen Zinsen
widerspricht u.E. dem Fremdvergleich. Er ist so weder mit BEPS noch mit deutschen
oder internationalen Besteuerungsgrundsätzen konsistent. Eine wünschenswerte
Reduzierung von Befolgungskosten würde u.E. nicht erreicht werden.
K
onzerninterne Zinsen werden in der bisherigen Praxis Bedeutung der Tochtergesellschaft für den Konzern unter-
auf Basis einer Bonitätsprüfung des Darlehensnehmers schieden (Standard & Poor’s, How Standard & Poor’s Rates
und darauf aufbauend auf einer Überführung der fest- Nonfinancial Corporate Entities vom 24.02.2014 S.13).
gestellten Bonität in eine Risikoprämie bestimmt. Dieser Vor-
gehensweise folgt auch Schilling in der ersten Version des sog. Subordinierung
Bankenansatzes (DB 2015 S. 2171). Die wesentliche Neuerung Ein wichtiger Grund, weshalb konzerninterne Zinsen in der
des Vorschlags von Greil/Schilling setzt bei der Bonitätsprü- Praxis regelmäßig über den externen Fremdkapitalkosten
fung des Darlehensnehmers an und unterstellt einen unbe- des Darlehensnehmers oder des Konzerns liegen, ist die
grenzten Konzernrückhalt für alle Konzerngesellschaften Subordinierung (Nachrangigkeit) konzerninterner Darlehen
(DStR 2016 S. 2352). Für den Fall, dass der Darlehensnehmer gegenüber Fremddarlehen. Diese Nachrangigkeit wird i.d.R.
über externe Darlehensbeziehungen verfügt, sollen dem- externen Darlehensgebern vertraglich zugesichert und folgt
nach diese Zinsen als Basis für die konzerninternen Zinsen zudem auch international oft aus gesetzlichen Regelungen,
verwendet werden. Liegen solche externen Zinsen nicht vor, wie z.B. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. So wird einem Gesellschafter
sollen die durchschnittlichen Fremdfinanzierungskosten der sein Darlehen im Insolvenzfall nur dann zurückgezahlt, wenn
Konzernmutter bzw., wenn diese auch nicht vorliegen, deren nach Bedienung der Ansprüche externer Gläubiger noch
Bonität auch für den Darlehensnehmer unterstellt werden. Insolvenzmasse übrig ist. Sein Darlehen ist daher sehr viel
risikobehafteter als das von externen Gläubigern.
Empirische Evidenz zu Fremdverhalten und Konzern
rückhalt Bewertung des Konzernrückhalts
Solange man sich am Fremdvergleichsprinzip orientiert, erfor- Selbst wenn man grundsätzlich der Auffassung folgt, dass
dert die Vorgehensweise von Greil/Schilling den Nachweis, dass der Konzernrückhalt in Fremddarlehen berücksichtigt
fremde dritte Darlehensgeber bei der Zinssatzbestimmung wird, stellt sich die Frage nach der quantitativen Auswir-
gegenüber Konzerngesellschaften auf die Konzernbonität und kung auf den konzerninternen Zins. Der pauschale Ansatz
nicht die Einzel-Bonität abgestellt hätten. U.E. liefert die Empirie des Konzernratings würde z.B. die Subordinierung voll-
nur sehr wenige Anhaltspunkte für eine solche Annahme. ständig nivellieren. Dieser Ansatz wäre auch international
Im BFH-Fall vom 29.11.2000 (I R 85/99) war eine ausländische bisher unüblich. International wäre es üblicher, das Einzel-
Finanzierungsgesellschaft eines deutschen Konzerns erst nach rating anzupassen. Das höchste kanadische Finanzgericht
einer harten Patronatserklärung in der Lage, am Kapitalmarkt hat für den GE-Capital Fall auf der Basis der Aussagen von
Fremdmittel aufzunehmen. Vorher waren externe Fremdkapi- Sachverständigen entschieden, dass der Konzernrückhalt
talgeber nicht bereit, sich auf den Konzernrückhalt zu verlassen. wie eine implizite Garantie wirkt und durch eine Herauf-
Im australischen Chevron-Fall von 2016 haben Sachver- stufung des Einzelratings um drei Stufen auf der Moody’s
ständige aus der Finanzindustrie ausgesagt, dass Banken die Skala zu berücksichtigen sei (Tax Court of Canada am
Originalbeitrag
Engstirnige Politik
D „Die deutsch
as Ergebnis der jüngsten Bundestagswahlen in Deutsch-
land ist bemerkenswert. Die Parteien, die die deutsche
französische Achse
Politik seit Jahrzehnten dominierten – SPD, CDU/CSU –,
haben erhebliche Verluste an den Wahlurnen hinnehmen
müssen. Die Parteien führten einen engstirnigen, nach innen
gerichteten Wahlkampf. Die heftigst diskutierten Themen
waren Dieselverbot, Steuern, Mieten und die innere Sicherheit. hat die europäische
Integration in der
So wichtig diese Themen sein mögen, hinsichtlich der wichtigs-
ten Herausforderungen für die EU und die Euro-Zone übten
sich die großen deutschen Volksparteien meist in Schweigen.
Dabei sind diese Herausforderungen vielschichtig. Das Verei-
nigte Königreich verhandelt gerade über seinen Austritt aus der Vergangenheit
angetrieben und
EU. Es gibt große Unsicherheit über die Frage, wie die zukünftige
Beziehung zwischen dem UK und der EU aussehen wird. Die EU
muss auch den weiteren Verfall der Demokratie in Polen und
Ungarn verhindern, eine langfristige Lösung für die Migrations-
und Flüchtlingskrise finden, und sie muss sich den Sicherheits- muss diese Rolle
auch jetzt wieder
risiken stellen, die sich aus Terrorismus, einem revanchistischen
Russland und dem führungslosen Amerika ergeben.
Die Art und Weise, wie diese Themen angegangen werden,
wird die Zukunft Europas und der Stellung Deutschlands in
Europa bestimmen. Als die führenden Politiker des Landes
durch Fernsehsender, Veranstaltungshallen, Klassenzim-
übernehmen.“
mer und Einkaufszentren tourten, hätten sie diese Themen
intensiver diskutieren müssen. Die Tatsache, dass Union und
SPD genau dies nicht taten, erklärt zum Teil, warum sie an für die europäischen Wahlen und will die Bürger einander
Unterstützung verloren haben. Durch das Flicken kleinerer näherbringen. Die FDP will gemeinsame europäische Regeln
Probleme bei gleichzeitigem Vermeiden der großen Themen zur Migration und zu einer gemeinsamen Grenz- und Kosten-
haben sie selber ein Vakuum geschaffen. Und populistische wache durchsetzen. Und sie unterstützt die Einrichtung eines
Nationalisten der rechtsextremen AfD waren nur allzu bereit, europäischen FBI zur Koordinierung des Kampfes gegen den
diese Lücke zu füllen. Das Ergebnis waren 13 Prozent. Terror.
Als das Ergebnis der Wahlen in Deutschland verkündet Der FDP-Parteichef, Christian Lindner, hat recht, wenn er
wurde, haben viele Analysten daraus geschlossen, dies sei ein sagt, die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts müss-
harter Schlag für Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron ten respektiert werden und die Verwendung von Steuergeldern
und seinen Plan, das Projekt Europa mit neuem Leben zu ohne eine angemessene Rechenschaftspflicht spiele nur popu-
füllen. Ich bin anderer Meinung. Wir sollten nicht vergessen, listischen und nationalistischen Kräften wie der AfD in die
dass es der deutsche Finanzminister Schäuble war, der die Hände. Glücklicherweise ist er da einer Meinung mit Macron.
meisten Reformvorschläge für die Euro-Zone blockiert hat. Beide glauben, Europa brauche eine bessere Regierungsfüh-
Man kann das Ergebnis der deutschen Wahlen deshalb auch rung – auf der Grundlage einer Kombination von konsequent
als Chance für einen Neubeginn sehen. Ein Ende der Großen angewendeten fiskalischen Regeln und Investitionen zur
Koalition könnte bedeuten, dass die politische Stagnation Förderung des Wachstums.
endet, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Dies ist ein entscheidender Moment für Europa. Wir Euro-
In Deutschland laufen jetzt die Koalitionsverhandlungen, die päer müssen Lösungen für gemeinsame Probleme finden, und
wahrscheinlich auf die sogenannte Jamaika-Koalition mit CDU, wir brauchen die Führung Deutschlands und Frankreichs. Die
FDP und den Grünen hinauslaufen. Es besteht die Hoffnung, dass deutsch-französische Achse hat die europäische Integration in
die nächste Regierung aus pro-europäischen Politikern bestehen der Vergangenheit angetrieben und muss diese Rolle wieder
wird, mit frischen Ideen und dem Willen, Reformen auf euro- übernehmen. Die EU demokratischer zu machen ist die ein-
päischer Ebene auf den Weg zu bringen, vielleicht im Sinne der zige Möglichkeit, die nationalistische Welle zurückzudrängen.
Vorschläge Macrons. In diesem Fall könnte eine neue Führungs
generation in den nächsten Jahren eine treibende Kraft für eine
neue Rolle Deutschlands in Europa werden. Guy Verhofstadt ist Brexit-Beauftragter des Europäischen Parla
ments und Vorsitzender der Allianz der Liberalen und Demokraten
Wie Macron will auch die FDP Europa demokratischer für Europa (ALDE) im Europäischen Parlament. Er war belgischer
gestalten: Sie unterstützt transnationale Kandidatenlisten Premierminister.
Veranstalter:
„
Auf ein Wort
AUF EIN WORT
„Mehr als ein Jahr nach Annahme dieses Kommissionsbeschlus- „Exportweltmeisterschaft finden alle cool und sexy, aber
ses hat Irland die Mittel nicht einmal teilweise zurückgefordert.“ Flächen vor Ort für die Ansiedlung von Produktion, Logistik
und Lagerhaltung undenkbar.“
Margrethe Vestager, EU-Wettbewerbskommissarin,
erhöht im Apple-Streit den Druck auf Irland. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerk-
schaft IG BCE, warnt vor einer schleichenden Deindustriali-
sierung
„Nicht nur bei Autos, auch bei Notenbanken gibt es das
Problem des langen Bremsweges.“
„
Ewald Nowotny, Österreichs Notenbankchef, mit Blick auf
die Schwierigkeit einer Abkehr der Europäischen Zentral-
bank von ihrer ultraexpansiven Geldpolitik
„Erst werfen mir Journalisten vor, ich sei eine Eisjungfer oder
ein Roboter, dann behaupten sie, ich sei eine weinende Frau,
die sich dringend ausschlafen müsse.“
Reinhold von EbenWorlée, Präsident des Verbands der Famili- Es wird auch im
enunternehmer, fordert ein Zuwanderungsgesetz.
gesamten Jahr 2018
„Ich bin zufrieden. Die Sonne scheint. Sun of Jamaika.“ keine Portoerhöhung
Armin Laschet, nordrhein-westfälische Ministerpräsident geben.“
(CDU), zum Unionskompromiss zur Begrenzung der
Zuwanderung Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post
Kontroversen, Diskussionen,
Lösungen
Unternehmensbewertung ist auch für Bewertungs-Professionals eine
ständige Herausforderung. Immer wieder finden neue Vorschläge
und Erkenntnisse aus angrenzenden Theoriegebieten ihren Weg in die
Bewertungspraxis und sorgen für zusätzlichen Diskussionsbedarf.
Das Jahrbuch der Unternehmensbewertung 2017 sammelt die wich-
tigsten Beiträge renommierter Publikationen des vergangenen Jahres
und hilft beim Erkennen und Lösen praktischer Anwendungsprobleme.
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