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Einführung in die HLK-

und Gebäudetechnik

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Die Informationen in diesem Dokument enthalten allgemeine Beschreibungen der technischen


Möglichkeiten, die im Einzelfall nicht immer vorliegen müssen. Die gewünschten Leistungsmerkmale
sind daher im Einzelfall bei Vertragsschluss festzulegen.

Änderungen vorbehalten • Bestell-Nr. 0-91916-de •


© Siemens Schweiz AG • Gedruckt in der Schweiz • 10705 Ni/Ah

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Inhaltsverzeichnis

1. Gebäudetechnik 1.1 Einleitung 7


1.2 Gebäudeschutz 8
1.3 Gebäudetechnik 10
1.3.1 Gebäudeautomatisierung 12
1.4 Gebäudearten, Verwendung und Konditionen 14

2. Physikalische Grundlagen 2.1 Einleitung 15


2.2 Thermodynamik (Wärmelehre) 16
2.2.1 Wärmeausdehnung fester Stoffe 21
2.2.2 Wärmeausdehnung von Flüssigkeiten 23
2.2.3 Das Medium «Wasser» 24
2.2.4 Die Wärmeausdehnung der Gase 31
2.2.5 Das Medium «Luft» 34
2.2.6 Der Wärmeinhalt der Stoffe 36
2.2.6.1 Von Kilokalorie zu Kilojoule und Watt 39
2.2.7 Die Wärmeübertragung 40
2.2.8 Wärmeleitung 40
2.2.9 Wärmemitführung (Konvektion) 42
2.2.10 Wärmestrahlung 46
2.2.11 Die Mischungsregel 50
2.2.12 Die Zeitkonstante bei der Wärmeübertragung 50
2.3 Hydrodynamik (Strömungslehre) 52
2.3.1 Laminare Strömung 52
2.3.2 Turbulente Strömung 52
2.3.3 Geschwindigkeit und Druck 54
2.4 Hygienische Grundlagen 57
2.4.1 Der Wärmehaushalt des Menschen 57
2.4.2 Die behagliche Raumtemperatur 59

3. Übersicht Heizungsanlagen 3.1 Einfache Heizungsanlage 64


3.2 Einteilung der Heizungssysteme 65
3.3 Wärmeerzeugung bei Warmwasser-Zentralheizungen 65
3.3.1 Öl- und Gasheizkessel 65
3.3.1.1 Heizkessel-Bauarten 65
3.3.1.2 Warmwasserversorgung mit dem Heizkessel 66
3.3.1.3 Brenner 66
3.3.1.4 Atmosphärische Gasbrenner 68
3.3.1.5 Holzgas-Vorfeuerung 69
3.3.1.6 Manuell beschickte Stückholz-Feuerung 69
3.3.1.7 Automatische Stückholz- und Schnitzelfeuerungen 70
3.3.1.8 Pellets-Heizkessel 71
3.3.2 Koks- und Kohlekessel 72
3.3.3 Sonnenenergie-Nutzung 73
3.3.3.1 Bivalente Anlage für Raumheizung und Warmwasser 73
3.3.3.2 Der Sonnenkollektor als Wärmelieferant 74
3.3.3.3 Der Solarkreislauf 75
3.3.3.4 Der Speicher 76
3.3.3.5 Solaranlagen-Beispiele 76
3.3.3.6 Netto-Wärmeertrag nach Abzug aller Verluste 77
3.3.4 Elektrische Widerstandsheizung mit Zentralspeicher 77
3.3.4.1 Feststoff-Zentralspeicher 77
3.3.4.2 Wasser-Zentralspeicher 78
3.3.5 Wärmepumpen 79
3.3.5.1 Gebräuchliche Heizsysteme 79
3.3.5.2 Arten der Umweltenergienutzung 79
3.3.6 Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) 80
3.3.6.1 Anwendungsarten der WKK 80
3.3.6.2 Blockheizkraftwerke (BHKW) 80
3.3.6.3 Mini-BHKW 84
3.3.6.4 Brennstoffzellen 85 3
3.3.7 Fernwärmeanschluss 88
3.3.7.1 Wärmequellen 88
3.3.7.2 Wärmetransport und -verteilung 89
3.3.7.3 Übergabestation 90
3.4 Wichtige Komponenten 91
3.4.1 Pumpen 91
3.4.1.1 Pumpen- und Anlagekennlinie 91
3.4.2 Stellgeräte 93
3.4.3 Abgleichdrossel 94
3.4.4 Sicherheitstechnische Ausrüstung 95
3.5 Verteiler 98
3.5.1 Verteilertypen 99
3.5.1.1 Verteiler ohne Hauptpumpe (Typ 1),
für Verbrauchergruppen in Beimischschaltung 100
3.5.1.2 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 2),
für Verbrauchergruppen in Drosselschaltung oder
Einspritzschaltung mit Durchgangsventil 100
3.5.1.3 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 3),
für Verbrauchergruppen in Verteilschaltung oder
Einspritzschaltung mit Dreiwegventil 101
3.5.1.4 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 4),
für druckdifferenzlosen Verbraucheranschluss
in Beimischschaltung 101
3.5.1.5 Hydraulische Weiche 102
3.6 Verteilsysteme für Heizkörper 103
3.6.1.1 Schwerkraftsystem 103
3.6.1.2 Pumpensysteme 103
3.6.1.3 Stockwerksheizung 106
3.7 Wärmeabgabe bei Warmwasser-Zentralheizungen 106
3.7.1 Heizkörper 106
3.7.1.1 Grundsätzliches zur Wärmeabgabe 106
3.7.1.2 Einflüsse auf die Wärmeabgabe eines Heizkörpers 106
3.7.2 Fussbodenheizungen 107
3.7.3 Deckenheizung 108
3.7.4 Wandheizung 108
3.8 Zentralheizungsanlagen mit Betriebstemperaturen
über 100 °C 109
3.8.1.1 Heisswasserheizung 109
3.8.1.2 Dampfheizung 109
3.9 TABS – Thermisch aktive Bauteil-Systeme 109

4. Kältetechnik 4.1 Einleitung 112


4.2 Kühlung mit Oberflächenwasser 114
4.3 Kompressions-Kältemaschinen-Kreisprozess 115
4.3.1 Aufgabe des Kreisprozesses 115
4.3.2 Physikalische Zusammenhänge 116
4.3.3 Kältemittel 120
4.3.4 Der Kreisprozess 120
4.3.5 Absorptions-Kreisprozess 123
4.3.5.1 Arbeitsstoffpaare 125
4.3.5.2 Anwendung 126

4
5. Hydraulische Schaltungen 5.1 Einleitung 127
5.2 Hydraulische Kreise 128
5.2.1 Hauptteile einer hydraulischen Anlage 128
5.2.2 Darstellung hydraulischer Kreise 129
5.3 Verteiler 132
5.3.1 Verteilertypen 132
5.3.1.1 Verteiler ohne Hauptpumpe (Typ 1),
für Verbrauchergruppen in Beimischschaltung 133
5.3.1.2 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 2),
für Verbrauchergruppen in Drosselschaltung oder
Einspritzschaltung mit Durchgangsventil 134
5.3.1.3 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 3),
für Verbrauchergruppen in Verteilschaltung oder
Einspritzschaltung mit Dreiwegventil 134
5.3.1.4 Verteiler mit Hauptpumpe (Typ 4),
für druckdifferenzlosen Verbraucheranschluss
in Beimischschaltung 135
5.3.1.5 Schematische Darstellung von Verteilern 136
5.4 Hydraulische Grundschaltungen 137
5.4.1 Mengenvariable und mengenkonstante Kreise 137
5.4.2 Durchfluss- und Mischregelung 137
5.4.3 Drosselschaltung 138
5.4.4 Umlenkschaltung 139
5.4.5 Beimischschaltung 140
5.4.5.1 Beimischschaltung mit fester Vormischung 141
5.4.6 Einspritzschaltung 142
5.4.6.1 Einspritzschaltung mit Dreiwegventil 142
5.4.6.2 Einspritzschaltung mit Durchgangsventil 143
5.5 kV-Werte 144
5.6 Ventil-Kennlinien 144
5.7 Streckenkennlinie 145

6. Lüftungs-/Klimaanlagen 6.1 Begriffs-Erklärungen (nach DIN 1946) 147


6.2 Lufttechnische Anlagenelemente 148
6.2.1 Wetterschutzgitter 148
6.2.2 Luftklappen 148
6.2.3 Luftfilter 149
6.2.3.1 Einteilung nach Filterklassen 150
6.2.3.2 Druckdifferenzen am Luftfilter 151
6.2.3.3 Filterbauarten 151
6.2.3.4 Faserfilter 152
6.2.3.5 Metallfilter 153
6.2.3.6 Aktivkohlefilter 154
6.2.3.7 Elektrofilter 155
6.2.3.8 Automatische Filter 155
6.2.4 Ventilatoren 156
6.2.4.1 Die Ventilator- und Anlagekennlinien 158
6.2.5 Lufterwärmer 161
6.2.6 Kaltwasser-Luftkühler 162
6.2.7 Direktverdampfer-Luftkühler 162
6.2.8 Befeuchter 163
6.2.8.1 Verdunstungsbefeuchter 163
6.2.8.2 Dampfbefeuchter 165
6.2.9 Entfeuchtung 166
6.2.10 Wärmerückgewinnung (WRG) 167
6.2.10.1 Arten von Wärmerückgewinnungen 167
6.2.11 DEC-Systeme 170
6.2.12 Luftauslässe 172

5
6.3 Klimaanlagen mit zentraler Energiezufuhr 172
6.3.1 Nur-Luft-Systeme 174
6.3.1.1 Einkanal-Anlage ohne Zonen-Nachbehandlung 174
6.3.1.2 Einkanal-Anlage mit Zonen-Nachbehandlung 175
6.3.1.3 Mehrzonen-Anlage mit Mehrzonenzentrale 176
6.3.1.4 Zweikanal-Anlagen 177
6.3.1.5 Variabel-Volumenstrom-Systeme (VVS) 180
6.3.2 Luft-Wasser-Systeme 181
6.3.2.1 Quell-Lüftung 181
6.3.2.2 Kühldecken 182
6.3.2.3 Fan-Coil Anlagen (Ventilatorkonvektoren) 183
6.3.2.4 Fan-Coil-Anlagen mit Primärluft und Induktionsanlagen 184
6.3.2.5 Wasserseitiger Anschluss von Fan-Coil und
Induktions-Anlagen 188
6.4 Einzelraum-Kompakt-Klimageräte 189
6.4.1 Fenster-Klimageräte 189
6.4.2 Truhenklimageräte 190
6.4.3 Schrankklimageräte (mit Kälteerzeugung) 191
6.4.4 Split-Klimageräte 192
6.5 Kontrollierte Wohnraumlüftung 193
6.5.1 Kontrollierte Wohnungslüftungs-Systeme 193

7. Mess-, Steuer- und Regeltechnik 7.1 Einleitung 196


7.2 Das Messen 197
7.3 Das Steuern 198
7.3.1 Fachbegriffe Steuern 199
7.4 Das Regeln 199
7.4.1 Fachbegriffe Regeln (nach DIN 19226) 203
7.5 Gebäudeautomation 204

6
1. Gebäudetechnik

1.1 Einleitung
Gebäudearten Bei der Betrachtung eines Stadtbildes, erkennt man sofort, dass es aus
sehr unterschiedlichen Gebäudetypen besteht. Im Wesentlichen sind
es Häuser für den Wohnbereich, Bürogebäude (mit Läden oder auch
Wohnungen integriert – sog. Mischbauweise), Schulen, Theater, Sport-
arenen, Krankenhäuser und Fabriken.

Fig. 1-1 Gebäudestruktur einer Stadt

Alle diese Gebäude haben eine Gemeinsamkeit: sie sollen die Benutzer
vor äußeren Einflüssen schützen, Sicherheit nach innen und außen ge-
währleisten und für den Benutzer ein angenehmes Klima sicherstellen.

Die Menschen in den Industrienationen halten sich zu 95 % ihres


Lebens in Gebäuden auf. Die Qualität der Innenwelt ist deshalb für die
Gesundheit und das Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Der
Stellenwert des Wohlbefindens wurde erst erkannt, als sich Klagen
über gebäudebedingte Beschwerden und Krankheitssymptome häuf-
ten. Die Gründe für das Defizit an Wohlbefinden in Innenräumen sind
vielfältig, manche sind objektiv erfassbar, aber viele «Störungen» hän-
gen auch von der Tagesform jedes einzelnen und dem sozialen Umfeld
ab.

Raumluftqualität Zu den objektiven Ursachen gehören schlechte Raumluft, zu niedrige


oder zu hohe Raumtemperatur oder Feuchte, Zugerscheinungen oder
ungünstige Lichtverhältnisse.
Das menschliche Bedürfnis nach Komfort endet jedoch nicht an der
eigenen Haustüre oder am Arbeitsplatz, sondern Einkaufszentren,
Messehallen, Sportarenen, Fitnesscenter, Museen und Theater sind
Einrichtungen, wo die Akzeptanz sehr eng mit der empfundenen Raum-
luftqualität verbunden ist.
Zu unserem Wohlbefinden trägt in erheblichem Masse der individuell
empfundene Gebäude- und Raumkomfort bei.

Gebäudeautomation Eine moderne Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung


mit einer Gebäudeautomation ist heute die Basis für eine gute
«Building Performance» also das harmonische Zusammenspiel von
Gebäudearchitektur, Anlagentechnik und Raumkomfort.
Trotz «Automatisierung» der meisten Abläufe ist die individuelle Ein-
griffsmöglichkeit durch den Menschen vorrangiges Ziel moderner
Gebäudekonzepte.

7
1.2 Gebäudeschutz
Klimaschutz Vom klimatechnischen Standpunkt aus betrachtet, wirkt die Gebäude-
hülle als Puffer zwischen dem geregelten Raumklima und den äusseren
Umwelteinflüssen der Jahreszeiten wie Temperaturdifferenzen (+/–),
Sonnenstrahlung, Wind, Regen, Frost und Schnee.

Speziell zu beachten sind dabei auch die möglichen Kombinationen


dieser Einflüsse wie Wind und Regen, Sonnenstrahlung und Hitze oder
Sonnenstrahlung und Kälte.

Auf diese witterungsbedingten Einflüsse muss die Konstruktion der


Gebäudehülle ausgerichtet sein und mit Hilfe der Gebäudetechnik rea-
gieren können. Je nach Standort muss die Gebäudehülle zusätzlich vor
Lärmbelästigungen durch Strassen-, Bahn- oder Flugverkehr und even-
tuell auch vor Industrielärm schützen.

Fig. 1-2 Äussere und innere Einflüsse auf ein Gebäude

Sicherheit Weiter wünschen die Bewohner oder Benutzer eines Gebäudes Schutz
vor unerwünschtem Zutritt oder unberechtigtem Zugriff auf ihre Sach-
werte.
Eine weitere, sehr wichtige Funktion der Gebäudehülle ist schliesslich
die ausreichende Resistenz gegen Brandeinwirkung.

Energie Die umweltpolitische Forderung nach sparsamem Energieverbrauch


zum Heizen oder Kühlen eines Gebäudes führte in der ersten Phase zur
wesentlichen Verbesserung der Wärmedämmung in der Gebäudehülle,
aber gleichzeitig auch zur rein stationären Betrachtungsweise des Wär-
medurchganges durch die Gebäudehülle. Die Wärmedurchgangszahl
(k-Wert) ergibt zwar den spezifischen Energieverlust, sagt jedoch nichts
aus über das Wärmespeicherverhalten der Gebäudehülle, das – bei
gezielter Nutzung – ein ganz erhebliches Energiesparpotential enthält.

Geht man beispielsweise von der statistisch belegten Tatsache aus,


dass die mittlere Tagestemperatur im Schweizerischen Mittelland nie
über +22 °C steigt, muss man auf die Idee kommen, die hohen Tages-
temperaturen mit den kühlen Nachttemperaturen zu kompensieren. In
modernen Geschäfts- oder Schulhäusern, die nachts nicht belegt sind,
kann man durch Zwangslüftung mit kühler Nachtluft, die Gebäudehülle
auch von innen her abkühlen. Bei ausreichend dimensionierten Spei-
chermassen (Beton, Mauerwerk) bleibt dann das Gebäude im Inneren
während der heissesten Tageszeit noch angenehm kühl, ohne zusätz-
liche Kühlanlagen. Dieser Kühleffekt kann noch durch Sonnenstoren
unterstützt werden, die die ganze Aussenfassade (nicht nur die Fens-
ter!) vor direkter Sonnenbestrahlung schützen.
8
Wir erkennen bereits die «technischen Einrichtungen» welche je nach
Gebäudeart und Verwendung ebenfalls unterschiedlich sind oder sein
können.

Fig. 1-3 Technische Einrichtungen in einem Gebäude

9
1.3 Gebäudetechnik
BTA und TGA Gebäude beinhalten umfangreiche technische Infrastrukturen, deren
Komplexität stetig zunimmt. Unter dem Begriff Gebäudetechnik oder
der (nach DIN) genormten Bezeichnung Betriebstechnische Anlagen
(BTA) in Gebäuden versteht man alle fest installierten technischen
Einrichtungen inner- und ausserhalb der Gebäude, die dem
funktionsgerechten Betrieb und der allgemeinen Nutzung dieser
Bauten dienen.

Weil die Bezeichnung Betriebstechnische Anlagen «BTA» zu Verwechs-


lungen mit industriellen Produktionsanlagen führte, hat man die
Bezeichnung Technische Gebäude-Ausrüstung «TGA» eingeführt. Im
Wesentlichen umfasst die Gebäudetechnik folgende Anlagen und
Installationen:
• Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen
• Wärmerückgewinnungs-Anlagen
• Energieversorgung und -verteilung
• Allgemeine Gebäudebeleuchtung
• Jalousie- (Storen) Anlagen
• Personen-Transportanlagen (Lifts, Rolltreppen)
• Automatische Türen und Tore
• Sicherheitsanlagen (Brand, Einbruch)
• Druckluftanlagen
• Sanitäre Anlagen und Installationen
• Entsorgungsanlagen für Abwasser, Abgase, Abfälle etc.

Nicht dazu gezählt werden jedoch Produktionsanlagen aller Art,


sowie technische Einrichtungen, die für irgendwelche Arbeits-
prozesse direkt benötigt werden.

Dem Zusammenwirken und der gegenseitigen Beeinflussung einzelner


Systeme kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu. Insbesondere
wird die Gebäudehülle nicht mehr als gegebenes, starres Objekt behan-
delt, sondern dynamisch den unterschiedlichen Betriebszuständen der
Gebäudetechnik angepasst.

Aufgaben der HLK-Anlagen Je nach Zweck der HLK-Anlagen können ihre Aufgaben in zwei Teil-
bereiche unterteilt werden:

Komfortanlagen a. unter der Bezeichnung Komfortanlagen sind alle Anlagen


zusammengefasst, die in unseren Wohnhäusern, Büros, Schulen,
Krankenhäusern, Restaurants, Kinos, Theatern, Kaufhäusern usw. ein
behagliches, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen
förderndes Raumklima schaffen und automatisch aufrechterhalten.

Industrieanlagen b. unter der Bezeichnung Industrieanlagen sind alle Anlagen


zusammengefasst, die ein Raumklima oder einen Raumzustand
erzeugen und aufrechterhalten, um bestimmte Produktionsabläufe,
Lager- oder Reifeprozesse sicherzustellen.

10
Heizungstechnik Eine konstante, behagliche Raumtemperatur während der ganzen Heiz-
periode zu schaffen, ist das Ziel der Heizungstechnik. Sie erzeugt das
Heizwasser für die Raumheizung und in den meisten Anlagen auch für
das Brauchwarmwasser. Die Heizungstechnik eines Gebäudes umfasst
die Bereiche: Wärmeerzeugung, Wärmeverteilung und Wärmeabgabe.
Die Wärmeerzeugung ist ein sehr komplexer Teilbereich der Heizungs-
technik. Neben den konventionellen, mit Öl, Gas, Holz oder Kohle
befeuerten Heizkesseln werden auch Wärmepumpen, Blockheizkraft-
werke, Sonnenenergie oder Kombinationen der genannten Wärme-
erzeuger (Bivalente Wärmeerzeugung), nebst Fernwärme-Übergabe-
stationen zur Wärmeerzeugung eingesetzt.

Eng verknüpft mit der Heizungstechnik ist die Sanitärtechnik.

Lüftungstechnik Ihr Aufgabengebiet ist die Lufterneuerung, vor allem in Fabrikations-


räumen oder in Kinos, Theatern, Restaurants usw. also in Bauobjekten,
in denen die Luft schnell verbraucht oder verunreinigt wird. Während
der Heizperiode muss dabei die Raumtemperatur, trotz Frischluftzufuhr,
auf dem gewünschten Wert gehalten werden. Dazu dienen Lufterhitzer,
die überwiegend mit Warmwasser, aber auch elektrisch oder mit Dampf
beheizt werden.

Klimatechnik Unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit werden nicht nur


durch die Raumtemperatur beeinflusst, sondern ebenso durch die
Feuchte, Reinheit und Frische der Luft, also durch ein auf unseren Orga-
nismus und unser Empfinden möglichst genau abgestimmtes Raumkli-
ma. Mit einer Klimaanlage können diese Faktoren beeinflusst werden.
Die Luftaufbereitung erfolgt durch Lufterhitzer, Luftkühler und Luftbe-
feuchter. Das Arbeitsgebiet der Klimatechnik erstreckt sich heute von
der Klimatisierung von Einzelräumen und Wohnhäusern bis hin zu den
Grossanlagen wie zum Beispiel in Bürogebäuden, Einkaufszentren,
Flughäfen etc.
Alle Anlagen sollen oder müssen immer unter bestmöglicher
Ausnützung der Energie und automatisch funktionieren.

Energiekosten bestimmen Das Wohlbefinden in Gebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen


die Regelstrategie muss heute nicht mehr teuer erkauft werden. Wärmerückgewinnungs-
systeme, Fassadenkühlung, Betonkerntemperierung (Geothermie),
Beschattung, Solarenergie (Photovoltaik) gehören fast schon zur Stan-
dardausrüstung in der Gebäudetechnik.

11
1.3.1 Gebäudeautomatisierung
Das intelligente Haus Je nach Zweckbestimmung eines Gebäudes können unterschiedliche
Anforderungen an die Gebäudetechnik gestellt werden. Grundsätzlich
ergeben sich aber immer wieder die folgenden drei übergeordneten
Forderungen:
1. Die Bedürfnisse des Menschen nach Wohlbefinden und Behaglich-
keit innerhalb der Gebäudehülle, ausgerichtet auf die spezifischen
Nutzungsarten sollen – unabhängig von äusseren Einflussgrössen –
ausreichend erfüllt werden.
2. Ein dem Gefahrenpotential angemessener Schutz der Bewohner
und Benutzer sowie auch der Sachwerte, vor Elementarschäden
durch Feuer oder Wasser, vor technischen Schäden oder vor Über-
griffen durch Drittpersonen soll gewährleistet sein.
3. Diese Anforderungen sollen mit tragbaren Investitionen und minima-
len Folgekosten für Energie, Bedienung, Instandhaltung und Kapital-
dienst erfüllt werden können.

7
Busleitung
19 Stromleitung (230 V)

11
14
18

1 1
15
10 23
25 15
21
20 6
8
24
13
4
5 4
26
2
2 9 17
16 22
3 3
12

Fig. 1- 4 Das intelligente Haus

1 Beleuchtungssteuerung, 15 Raumtemperaturregelung
automatisch und zeitabhängig 16 Brennwert-Therme mit EIB-Anschluss
2 Zentral- und Gruppenschaltungen 17 Außentemperaturfühler
3 Fernabfrage, Fernsteuerung 18 Solarthermische Anlage/Photovoltaik
4 Fensterkontakte anbindbar an der EIB
5 Bewegungsmelder 19 Rollladen, Jalousie- und Markisen-
6 Hausaußenüberwachung steuerung
7 Windstärke (Schutz z.B. von Markisen) 20 IR-Fernbedienung
8 Außensirene mit Blitzlicht 21 Bedienung konventionell oder über
9 Riegelschaltkontakt EIB-Taster
10 Steckdose, abschaltbar 22 Haussprechanlage mit Videokamera
11 Regenfühler, automatisches Schließen 23 TV-Gerät zum Beobachten und
der Dachfenster Bedienen der Anlage
12 Wassersensor 24 Herd
13 Heizungsstellantriebe 25 Geschirrspüler
14 Sonnenstandsabhängige 26 Waschmaschine
Jalousiesteuerung

12
Intelligenz in Gebäuden, kann man grob nach folgenden Kriterien
einteilen:
(Zuordnung der Kriterien entsprechen der Nummerierung in Fig. 1-4)
• Sicherheit 1–12
• Energieersparnis 4, 13–18
• Komfort 1, 2, 3, 15, 19–23
• Hausgeräte 24–26

Zur Erfüllung dieser übergeordneten Forderungen werden die entspre-


chenden gebäudetechnischen Anlagen benötigt. Von intelligenter
Gebäudetechnik kann man dann sprechen, wenn diese technischen
Einrichtungen – bezogen auf die spezifischen Nutzenforderungen –
optimal funktionieren.

Planung der Gebäudetechnik Nicht alles was technisch möglich, sondern nur was sinnvoll d.h. nutz-
bringend und umweltschonend ist, soll realisiert werden. Entscheidend
ist deshalb schon die Planungsphase, innerhalb der alle örtlichen Gege-
benheiten berücksichtigt und alle Anforderungen sorgfältig hinterfragt
werden müssen. Eine konzeptionell richtig geplante Gebäudetechnik
erfordert von den Planern ein hohes Mass an Grundkenntnissen der
bauphysikalischen, thermodynamischen, strömungstechnischen, chemi-
schen und ökologischen Zusammenhänge. Intelligente Gebäudetechnik
erfordert intelligente Planer, die fachübergreifende, integrale Planungs-
methoden beherrschen und diese konsequent anwenden.

Gebäudeautomations-Systeme Zur Lösung der Regel- und Steueraufgaben liefern wir nicht nur die not-
wendigen Geräte und Systeme, sondern erarbeiten dazu auch die
anwendungstechnischen Empfehlungen und unterstützen unsere Kun-
den bei der Projektierung, Inbetriebsetzung und Wartung der Anlagen.
Damit wir unseren Kunden eine kompetente Unterstützung anbieten
können, benötigen wir das entsprechende Fachwissen.

Anmerkung:
Weitere Hinweise zum Thema Gebäudetechnik siehe Broschüre
«Gebäudeautomation – Begriffe, Abkürzungen und Definitionen»
ASN: 0-91900-de.

13
14
1.4 Gebäudearten,Verwendung Kondition
und Konditionen Gebäudeart Verwendung Forderung
Temperatur Feuchte Luftrate (h–1)

Flachbauten Stahl-Metallbau erträgliche


Arbeitstemperatur 18–26 °C 30–60 % 5–15 fach
Papiermaschinen erträgliche
Arbeitstemperatur 22–30 °C 40–50 %
Papierlager konstante Feuchte 20–24 °C
Druckerei konstante Feuchte 20–26 °C 45–60 %
Textil
Baumwolle, Leinen
Spinnerei konstante Feuchte 22–25 °C bis 55 %
Weberei konstante Feuchte 22–25 °C 70–80 %
Wolle Spinnerei konstante Feuchte 27–29 °C 50–60 %
Wolle Weberei konstante Feuchte 27–29 °C 60–70 %

Mehrstock- Elektro-Industrie
Gebäude Allgemein staubfrei 21–24 °C 50–55 % 5–15 fach
Relais kl. Toleranz. 22 °C 40–45 %
Isolierungen feucht bis 24 °C 65–70 %

Pharmazeutische steril, trocken


Fabrikation reine Räume 21–27 °C 30–40 %

Photo-Industrie staubfrei 20–24 °C 40–65 %


Herstellung,
Entwicklung
Lagerung v. Filmen staubfrei 18–22 °C 40–60 %

Tabak
Lagerung feucht 21–23 °C 60–65 %
Vorbereitung feucht 22–26 °C 75–85 %
Herstellung feucht 21–24 °C 55–65 %

Süsswaren
Bonbonherstellung trocken 24–27 °C 30–45 %
Schokolade-
Herstellung kühl 25–18 °C 50–60 %

Flachbauten Museen-Gemälde konstante Feuchte 18–24 °C 40–55 % 20 fach

Hallenbad Behaglichkeit 26–30 °C 60–70 % 3–4 fach

Turn- und Festhalle Behaglichkeit 22–24 °C 45 % 20 fach

Restaurant Behaglichkeit 22–26 °C 40–60 % 5–40 fach

Mehrstock- Feinmontage kl. Toleranz. 21 °C 40 %


Gebäude Näherei Behaglichkeit 22–26 °C 50 %
Verkaufshäuser 20–26 °C 45–60 % 4–6 fach
Labor. Chemie 22–24 °C 50 % 8–15 fach
Labor. Physik 22–24 °C 45 %
(20 °C konst.)

Spezial-Labor 10–40 °C 15–95 %


Schulen behaglich 22–24 °C 40–60 %
Hörsäle behaglich 22–24 °C 40–60 % 8–10 fach
Bürogebäude behaglich 22–26 °C 40–60 % 3–6 fach
Krankenhäuser steril,
Bettenräume geräuscharm 22–24 °C 40–60 %
OP-Saal steril,
geräuscharm 20–25 °C 40–65 %

Hotel-Aufenthalt behaglich 22–26 °C 40–55 % 5 fach


Hotelzimmer behaglich 22–24 °C ca. 40 % 30 fach

PS: Die Luftwechselzahlen (Luftrate m3/h) sind in der DIN 1946 Teil 2
definiert. Nach DIN 1946 ist in Räumen zum Aufenthalt mit Personen
der Aussenluftstrom nach der Anzahl der gleichzeitig anwesenden
Personen und der Nutzung der Räume zu bemessen. Bei Räumen mit
zusätzlichen, belästigenden Geruchsquellen (z.B. Tabakrauch) soll der
Mindestaussenluftstrom je Person um 20 m3/h erhöht werden.
14
2. Physikalische Grundlagen

2.1 Einleitung Aus dem grossen Fachgebiet der Physik behandeln wir in diesem
Kapitel die Anwendung der Thermo- und Hydrodynamik, bezogen auf
den Bereich der HLK-Technik. Weiter werden wir uns auch mit den
hygienischen Grundlagen der HLK-Technik, insbesondere mit dem
Thema «Behaglichkeit» beschäftigen. Einleitend wollen wir die verwen-
deten Begriffe noch etwas erläutern:
• Thermodynamik (Wärmelehre): Teilgebiet der Physik, in dem das
Verhalten physikalischer Systeme bei Zu- oder Abführung von Wär-
meenergie und bei Temperaturänderungen untersucht wird.
Grundlage der Thermodynamik sind die Hauptsätze der Wärmelehre
• Hydrodynamik: Teilgebiet der Strömungslehre, die sich mit der
Strömung dichtebeständiger (inkompressibler) Stoffe befasst, also
vor allem mit strömenden Flüssigkeiten. Strömungen mit erheb-
lichen Dichteänderungen werden in der Gasdynamik behandelt. Im
Grenzfall der ruhenden Strömung reduziert sich die Hydrodynamik
zur Hydrostatik.

SI-Einheiten Der Name «Système International d’Unités» (Internationales Einheiten-


system) und das Kurzzeichen SI wurden durch die 11. Generalkonferenz
für Mass und Gewicht im Jahr 1960 angenommen. SI-Einheiten sind die
sieben Basiseinheiten und die aus ihnen mit dem Faktor 1 abgeleiteten
Einheiten.

Basisgrösse SI-Basiseinheit
Name: Zeichen:
Länge Meter m
Masse Kilogramm kg
Zeit Sekunde s
Elektrische Stromstärke Ampere A
Absolut-Temperatur
und Temperaturdifferenz Kelvin K
Stoffmenge Mol mol
Einheiten.
Lichtstärke Candela cd

Abgeleitete Einheiten werden durch Produkte und/oder Quotienten von


Basiseinheiten gebildet. Entsprechendes gilt auch für Einheitszeichen.
So ist z.B. die SI-Einheit der Geschwindigkeit: Meter durch Sekunde
(m/s).

15
2.2 Thermodynamik (Wärmelehre)
Wie entsteht Wärme? Wärme entsteht beispielsweise dann, wenn eine Raumkapsel mit
fast 40 000 km/h wieder in die Erdatmosphäre eintaucht. 2000 bis 3000
°C, erzeugt vom Zusammenprall der Luftatome mit dem Hitzeschild!
Wärme entsteht also durch Reibung und ist in diesem Fall Vernichtung
von Bewegungsenergie. In jedem Stück Materie, sei es ein fester Kör-
per, eine Flüssigkeit, oder ein Gas, sind die Atome oder Moleküle
immer in Bewegung d.h. in Schwingung (Fig. 2-1). Da sie aber sehr
«eng gepackt» sind, kommt es zwischen ihnen fortwährend zu
Zusammenstössen, und jeder Zusammenstoss erzeugt Wärme, und
zwar die Wärme, die wir als Temperatur des Stoffes messen.

Fig. 2-1 Bewegungsenergie der Atome und Moleküle

Zustandsänderung Halten wir ein Stück Metall über eine Flamme, so regen wir seine
Atome thermisch an. Die Atome geraten dadurch in stärkere Schwin-
gungen: die Zusammenstösse werden heftiger und das Metall wird
wärmer. Dabei dehnt es sich aus, denn die schwingende Eigenbewe-
gung der Atome hebt einen Teil ihrer gegenseitigen Anziehungskräfte
auf. Erhitzen wir weiter, so löst sich schliesslich das ganze Ordnungs-
gefüge auf: Das Metall schmilzt, und einzelne Atome schiessen sogar
als Dampf oder, genauer gesagt, als Gas aus der Flüssigkeitsoberfläche
heraus.

Hier haben wir bereits die drei thermodynamischen Aggregatzustände


kennen gelernt:

• fest
• flüssig
• gasförmig

Strahlung Bei diesem Schwingen der Atome oder Moleküle, diesem pausenlosen
Zusammenprallen dieser kleinsten Bausteine der Stoffe, findet aber
noch ein anderer Vorgang statt, den wir ebenfalls als Wärme empfinden.
Einzelne Elektronen, die die Atomkerne ständig umkreisen, werden bei
den «Kollisionen» der Atome plötzlich aus ihrer normalen Bahn auf eine
weiter nach aussen liegende Bahn geschleudert (Fig. 2-2). Dort fühlen
sie sich aber nicht «wohl». So schnell wie möglich springen sie deshalb
in stufenweisen Sätzen auf ihre normale Bahn zurück. Und da keine
Energie verloren geht, geben sie so viel Energie, wie notwendig war,
um sie herauszuschleudern, bei der Rückkehr wieder als elektromagne-
tische Strahlung ab.

Trifft diese Strahlung auf andere Atome oder Moleküle, z.B. in unserer
Haut, so versetzt sie diese in stärkere Schwingungen, was sich sofort in
einer Temperaturerhöhung äussert. Diese aus der Wärme geborene und
Wärme bewirkende Strahlung bezeichnen wir als Wärmestrahlung oder
16
Infrarotstrahlung. Sie ist für das menschliche Auge nicht sichtbar.
Strahlung ermöglicht die Abgabe von Wärme, ohne materielle Träger,
zwischen Wärmequelle und angestrahltem Körper. So wird z.B. Energie
von der Sonne durch Strahlung auf die Erde übertragen.

Jeder warme Stoff gibt also ständig Wärmestrahlung ab. Auch das
Stück Metall, das wir erhitzten und auch die Flamme, mit der wir es
erhitzten. Nehmen wir die Flamme weg, dann werden die Schwingun-
gen der Atome sofort schwächer, die Temperatur fällt und die Wärme-
strahlung wird geringer. So wie die Flamme das Metall thermisch
anregte, so regt nun das erwärmte Metall seine kältere Umgebung
thermisch an, also z.B. die Umgebungsluft und die Zange, mit der es
festgehalten wird. Bei diesem Prozess verliert das Metall solange seine
innere Energie, bis seine Temperatur im Gleichgewicht mit der Umge-
bungstemperatur ist. Seine Atome sind dann aber keineswegs in Ruhe,
sondern schwingen weiter mit der Energie, die dieser Temperatur ent-
spricht.

Fig. 2-2 Elektromagnetische Strahlung durch Rückkehrenergie der Elektronen

Die Darstellung dieser Vorgänge, das Schwingen und Zusammenprallen


der Atome und das Springen der Elektronen von Bahn zu Bahn, lässt
uns nun die Hauptsätze der Wärmelehre leichter verstehen.

1. Hauptsatz der Wärmelehre In einem abgeschlossenen System ist die Summe aller Energien
konstant. Energie kann weder verloren gehen, noch aus Nichts
entstehen, sondern nur in eine andere Energieform umgewandelt
werden.

Kinetische Energie (Formelzeichen W) Auch Bewegungsenergie oder Wucht, ist diejenige


mechanische Energie, die ein Körper auf Grund seiner Bewegung
besitzt.

Kernenergie Die Bindungsenergie eines Atomkerns (im eigentlichen Sinn), ist die bei
Kernreaktionen frei werdende bzw. nutzbar gemachte Energie. Groß-
technisch wird bis heute nur die bei Kernspaltungsprozessen freiwer-
dende Energie in Kernkraftwerken genutzt. In einem Atomreaktor er-
folgt der Aufprall der Atomkernteilchen auf das nicht spaltbare Material
mit sehr hoher Geschwindigkeit.

Elektromechanische Energie Ist die durch Elektrizität erzeugte mechanische Energie. In den Wärme-
kraftmaschinen wird aus Wärme mechanische oder elektrische Energie
erzeugt.

17
Potentielle Energie Oder Lageenergie (Formelzeichen εpot) ist diejenige Energie, die ein Kör-
per, Teilchen u.a. aufgrund seiner Lage in einem Kraftfeld, oder aufgrund
seiner Lage zu – in Wechselwirkung mit ihm befindlichen – Körpern
oder Teilchen seiner Umgebung besitzt. Potentielle Energie haben z.B.
ein hochgehobener Körper, eine gespannte Feder, oder ein Stausee in
den Bergen. Aus der Wasserkraft wird elektrische Energie, aus dieser
wiederum Elektrowärme, Motorenkraft oder Licht.

Aus Licht wird durch Photosynthese der Atome und Moleküle organi-
scher Stoff, d.h. chemische Energie, die im Verbrennungsprozess wie-
der frei wird als Wärme, Licht und Kraft.

Mechanische Arbeit kann in Wärme umgewandelt werden.


Die Rückverwandlung von Wärme in mechanische Arbeit ist nur
teilweise möglich. Es gibt dabei immer Verluste.

Wärme entsteht also bei Umwandlungsprozessen und ist gleichzeitig


eine Form von Energie.

2. Hauptsatz der Wärmelehre Wärme kann niemals von selbst von einem Körper niederer
Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur übergehen.

Ein warmer Körper regt einen kühleren sofort thermisch an, verliert
dabei selbst innere Energie. Damit ist gleichzeitig der Richtungscharak-
ter aller Wärmevorgänge ausgedrückt:

Alle Wärmeübergangsprozesse verlaufen stets vom warmen zum


kalten Medium!

Die Abkühlung, die wir spüren, ist niemals ein Kälteübergang, sondern
immer der Wärmeverlust unseres Körpers!

Temperatur Die Temperatur ist neben dem Druck, der Dichte und dem spezifischen
Volumen, das Mass für den thermischen Zustand. Das Schwingen der
Atome in jedem warmen Stoff zeigt uns aber auch, dass die niedrigste
Temperatur, der absolute Nullpunkt, dann erreicht sein müsste, wenn
die Atome ganz zur Ruhe gekommen sind, also nicht die geringste
Schwingung mehr vollführen.

Praktisch ist dieser Punkt jedoch nicht zu erreichen, da ja die kleinste


Wärmemenge genügt (z.B. aus dem Behälter oder sogar aus dem Ther-
mometer!), um die Temperatur eines Stoffes zu erhöhen.

Celsius Die relativen Temperaturskalen (dazu gehören die Celsius- und die
Fahrenheit-Skala) gehen von temperaturabhängigen Stoffeigenschaften
wie z.B. dem Gefrierpunkt und dem Siedepunkt des Wassers aus.

Celsius-Skala, vom schwedischen Astronomen Anders Celsius 1742


eingeführte Temperaturskala. (*1701, †1744)

Zur Erfassung von Temperaturwerten (z.B. Raum- oder Aussentempera-


tur) wird im täglichen Umgang meistens die Celsius-Skala angewendet.

Eichpunkte sind: 000 °C = Schmelzpunkt des Eises


100 °C = Siedepunkt des Wassers

bei normalem Luftdruck von 1,013 bar.

18
Kelvin Die absolute Temperatur T basiert auf dem absoluten Nullpunkt nach
Kelvin und beträgt –273,15 °C. Sie wird in der Physik mit der Mass-
einheit Kelvin angegeben. Kelvin, engl. Physiker (*1824, †1907)

Bezogen auf die Celsiusskala sind 0 °C = 273 K und dementsprechend

n K = 273,15 + n °C = absolute Temperatur T in Kelvin

Auch Temperaturdifferenzen Δ (delta theta) werden in Kelvin angege-


ben. Die Erfassung der Temperatur erfolgt durch Wärmedehnung von
festen Stoffen (vor allem von Metallen), Flüssigkeiten (z.B. Alkohol im
Thermometer) oder durch Veränderung von elektrischen Widerständen
(siehe Thema «Messtechnik»).

ϑ °C T 400 K ϑ 250 °F
100 200
350 150
50 100
300
50
0
0
250
- 50 - 50
200 - 100
- 100 - 150
150 - 200
- 150 - 250
100
- 300
- 200
- 350
50
- 400
- 250
0 - 450

Fig. 2-3 Temperaturskalen

19
Vergleich und Umrechnung Nullpunkte: 0 °C = 273,15 K = 32 °F
der verschiedenen Skalen
Grad Celsius in Grad Kelvin: K = °C + 273,15
Grad Celsius in Grad Fahrenheit: °F = °C * 1,8 + 32

T[°C] = 5/9 * (T[°F] - 32) / 0,55 * (T[°F] - 32)


T[°C] = 9/5 * (T[°C] + 32) / 1,8 * (T[°C] + 32)

Beispiel: 10 °C ’283,15 K ’50 °F

Beim Rechnen mit Temperaturen, aber auch in Berichten, Mitteilungen


und Aufsätzen bezeichnen wir eine bestimmte Temperatur mit dem
griechischen Buchstaben  (sprich «theta»).

Also z.B.  = 7 °C. Häufig wird dafür auch t = 7 °C geschrieben.


Wenn man es nur mit Temperaturen zu tun hätte, wäre das zulässig.
Sobald aber die Zeit ‘t’ bei den jeweiligen Überlegungen, Formeln oder
Berechnungen hinzukommt, wird die Verwechslungsgefahr gross.

Müssen wir verschiedene bestimmte Temperaturen bezeichnen, so


erhält das  einen Indexbuchstaben, meist den Anfangsbuchstaben des
unterscheidenden Begriffs:

RA (theta Raum), AU (theta Aussentemperatur)

Unterschiedliche Temperaturen in einem Raum, einem Boiler oder auf


einer Fläche werden nummeriert (Fig. 2-4).

Die mittlere Temperatur aus diesen Temperaturen bezeichnen wir


mit m.
Eine Temperaturdifferenz, wird mit Δ (delta theta) in Kelvin bezeichnet.

ϑA
ϑ4
ϑ1 ϑ2
ϑ3
J5
ϑm ϑ3 ϑ2

ϑ5 ϑ4 ϑ1

ϑE

Fig. 2-4 Nummerierung unterschiedlicher Temperaturen im gleichen Objekt

20
2.2.1 Wärmeausdehnung fester Stoffe
Wärmeausdehnung Alle Stoffe, ob fest, flüssig oder gasförmig, dehnen sich bei Erwärmung
(Energiezufuhr) aus. Der Betrag der Ausdehnung ist jedoch unterschied-
lich. Diese Wärmeausdehnung erfolgt mit gewaltiger Kraft. Brücken bei-
spielsweise müssen deshalb gleitend gelagert werden und Dehnfugen
besitzen, damit sie im Winter nicht reissen und im Sommer nicht ihre
Widerlager zerstören.

Sehen wir uns zuerst einmal an, wie stark und wie unterschiedlich sich
ein Stahlstab von 1 m Länge und ein Kupferstab gleicher Länge bei
Erwärmung ausdehnen.

Längenausdehnung
Temperaturdifferenz Eisen Kupfer
–100 °C 0 °C + 1,67 mm +2,65 mm
0 °C 100 °C + 1,20 mm +1,65 mm
100 °C 200 °C + 1,31 mm +1,73 mm
200 °C 300 °C + 1,41 mm +1,77 mm
300 °C 400 °C + 1,52 mm +1,92 mm

Wärmeausdehnung von Stahl und Kupfer

Wir erkennen bereits, dass sich verschiedene Materialien auch unter-


schiedlich ausdehnen und zwar nach der Längenausdehnungszahl .
Unter der Längenausdehnungszahl versteht man die Zunahme der Län-
geneinheit eines Körpers bei 1K Temperaturerhöhung. Diese Zahl ändert
leicht mit der Temperaturzunahme. In der Praxis wird jedoch mit festen
Mittelwerten gerechnet.

Körper  mm Körper  mm
Eisen (Fe) 1,23 Platin (Pt) 0,9
Aluminium (Alu) 2,38 Kupfer (Cu) 1,65

5003 mm 70 °C
5000 mm 20 °C

+ 3 mm /50 °C

Fig. 2-5 Wärmeausdehnung eines Heizkörpers aus Stahl

Ein Heizkörper aus Stahl von 5 m Länge dehnt sich demnach bei einer
Erwärmung von 50 K um ca. 0,6 mm pro Meter, d.h. rund 3 mm aus
(Fig. 2-5). Das ist schon ein kleiner «Weg», den der Heizkörper im Win-
ter jeden Morgen macht, wenn die Heizungsanlage vom reduzierten
Nachtbetrieb wieder auf volle Leistung geht, und er dabei innerhalb
weniger Minuten um 50 K wärmer wird. 21
Kann der Heizkörper in seinen Halterungen nicht zügig gleiten, so erge-
ben sich bei seinem «Längerwerden» die berüchtigten Knackgeräu-
sche. In schlecht geregelten Anlagen, in denen die Heizkörpertempera-
tur dauernd schwankt, kann es sogar den ganzen Tag über «knacken».

Bimetalle Die Wärmeausdehnung der Stoffe bereitet den Technikern aber nicht
nur Schwierigkeiten, sie wird auch technisch ausgenützt:
Beim Bimetall sind 2 Metalle unterschiedlicher Längenausdehnung mit-
einander verlötet (Fig. 2-6). Wird dieses «Sandwich-Metall» (1) erwärmt,
so muss es sich zwangsläufig krümmen, da die eine Seite sich ja stär-
ker ausdehnt als die andere. Und je länger das Bimetall und je höher die
Temperatur, um so stärker die Krümmung. Kreis oder spiralförmig
geformt, mit einem Zeiger versehen und entsprechend geeicht, wird
das Bimetall dann zu einem Bimetall-Thermometer (2), mit einem Kon-
takt ausgerüstet zu einem thermischen d.h. temperaturabhängigen
Schalter (3–4).
ϑ
ϑ

1 2 3 4

Fig. 2-6 Bimetall Anwendungen

1 Arbeitsweise Bimetall-Streifen 3 Bimetall-Schalter


2 Bimetall-Thermometer 4 Bimetall-Zeitschalter mit Heizwiderstand

Solche Bimetall-Schaltsysteme werden in der Technik viel verwendet:


In einfacher Ausführung als Sicherheitsschalter gegen Übertemperatur
(z.B. in Motorwicklungen oder im Motorschutz), in hochwertiger Aus-
führung mit einstellbarem Schaltpunkt aIs Temperaturregler oder soge-
nannte «Thermostate». Das temperaturempfindliche Bimetall wird in
diesen Regelgeräten als Bimetall-Fühler bezeichnet.

Wenn wir nun einen Bimetallstreifen, der beispielsweise bei 20 °C


völlig gerade sei, plötzlich einer Temperatur von 50 °C aussetzen, so
beginnt er sich zwar sofort zu krümmen, der Krümmungsvorgang ist
aber erst dann abgeschlossen, wenn sich das ganze Bimetall-Element
auf 50 °C erwärmt hat. Unter gleichen Voraussetzungen wird dafür
immer die gleiche Zeit gebraucht. Damit eignet sich das Bimetall zur
Konstruktion von Zeitschaltern (4), die einen Vorgang, je nach Anwen-
dungsfall, zeitverzögert oder beschleunigt ein- oder ausschalten. Zur
Beschleunigung des Schaltvorganges wird das Bimetall durch einen
kleinen elektrischen Heizwiderstand zusätzlich beheizt.

Den Temperaturreglern mit Bimetallfühler verwandt sind die Regler mit


Stabausdehnungsfühler. Rohr und Stab bestehen auch bei dieser Kon-
struktion aus zwei Metallen, die sich unterschiedlich ausdehnen. Durch
die Längendifferenz bei der Erwärmung wird das Schaltsystem betätigt.

Temperaturregler mit Stabfühler (auch Tauchfühler genannt) verwendet


man vorzugsweise zur Temperaturregelung von Flüssigkeiten oder
Gasen in Speichern, Boilern, Rohrleitungen usw. Während das Medium
den Fühler allseitig umspülen kann, so dass er schnell die Temperatur
des Mediums annimmt, bleibt der Schaltkopf ausserhalb des Behälters.
22
Hier ist er gut zugänglich und auch vor zu starker Erwärmung geschützt.
2.2.2 Wärmeausdehnung Der molekulare Zusammenhang von Flüssigkeiten ist kleiner als der von
von Flüssigkeiten festen Stoffen: Flüssigkeiten dehnen sich daher bei Erwärmung stärker
aus. Aber wie die festen Stoffe, so haben auch die flüssigen einen
unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten und dehnen sich pro K bei
hohen Temperaturen ebenfalls stärker aus als bei niedrigen.

Bei Flüssigkeiten und Gasen beträgt die Raumausdehnung bei


konstantem Druck

 (Beta) [1/K]
Raumausdehnung
Flüssigkeit  10-3/K Flüssigkeit  10-3/K
Benzin 1,20 Wasser (20…70 °C) 0,20…0,59
Heizöl EL 0,7 Toluol 1,08

Die Wärmeausdehnung der Flüssigkeiten wird wiederum bei den Ther-


mometern und bei der Konstruktion temperaturabhängiger Schalter
technisch ausgenützt (Fig. 2-7).
Im Thermometer (1) dehnt sich die Flüssigkeit in der Kugel bei Erwär-
mung aus und steigt dadurch in der Kapillare hoch. Will man die Tempe-
ratur von Flüssigkeiten exakt messen, so muss das ganze Thermome-
ter, einschliesslich «Faden» in die Flüssigkeit eintauchen, da ja auch der
Faden selbst sich noch ausdehnt.

1 2 3

Fig. 2-7 Wärmeausdehnung von Flüssigkeiten

1 Thermometer
2 Flüssigkeitsausdehnungsfühler
3 Thermisches Ventil

Im Prinzip ähnlich aufgebaut sind die thermischen Schalter, die Tem-


peraturregler mit Flüssigkeitsausdehnungsfühler (2). Fühler, Kapillarrohr,
Metalldose und Membrane sind mit Öl gefüllt. Dehnt sich das Öl
bei Erwärmung aus, so wird die Membrane nach oben gedrückt und
betätigt das Schaltsystem.

Statt eines elektrischen Schalters kann die Membrane auch ein Ventil
betätigen.
Wir haben dann ein temperaturabhängig gesteuertes Ventil (3).

23
2.2.3 Das Medium «Wasser»
Volumenänderung Wie alle Flüssigkeiten, so dehnt sich auch das Wasser aus. Während
sich die anderen jedoch vom Schmelzpunkt aus, mit jedem K Tempera-
turerhöhung immer stärker ausdehnen, zieht sich Wasser von 0 bis 4 °C
erst einmal zusammen und beginnt erst danach, sich normal zu verhal-
ten, d.h. sich auszudehnen (Die Anomalie des Wassers).

1000 kg Wasser
–1 °C ca. 1090,0 Liter
0 °C 1000,2 Liter
2 °C 1000,1 Liter
4 °C 1000,0 Liter
10 °C 1000,4 Liter
20 °C 1001,8 Liter
30 °C 1004,4 Liter
40 °C 1007,9 Liter
50 °C 1012,1 Liter
60 °C 1017,1 Liter
70 °C 1022,8 Liter
80 °C 1029,0 Liter
90 °C 1035,9 Liter
100 °C 1043,5 Liter

Volumenänderung von Wasser in Abhängigkeit der Temperatur

Diese Tabelle zeigt uns aber auch, in wie starkem Masse sich das Was-
ser in einer Zentralheizungsanlage ausdehnt. Nehmen wir an, dass sich
im Kessel, in den Rohrleitungen und in den Heizkörpern gerade 1000 L
von 20 °C befinden und dass diese Anlage im Winter sehr oft mit Was-
ser von 70 °C betrieben wird.

Das ergibt eine Volumenvergrösserung von 21 Litern!

Diese 21 Liter müssen irgendwo aufgefangen werden, sonst platzt die


Anlage. Jede Warmwasser-Zentralheizung hat dafür ein Ausdehnungs-
gefäss.

Wenn sich nun das Wasser so stark ausdehnt, wird es ja auch dement-
sprechend leichter (spezifisch leichter) weil sich seine Dichte ρ (rho)
[kg/m3] ändert.

24
Dichte Physik: (Massendichte, spezifische Masse) Formelzeichen ρ (rho), der
Quotient aus Masse und Volumen eines Körpers. Ausser vom Material
des Körpers, hängt die Dichte auch vom Druck und von der Temperatur
ab (insbesondere bei Gasen/Flüssigkeiten).

SI-Einheit der Dichte ist kg/m3

Stoff Dichte kg/dm3


Aluminium 2,699
Beton 1,5–2,4
Blei 11,35
Eis (bei 0 °C) 0,917
Eisen 7,86
Gold 19,3
Holz (trocken) 0,4–0,8
Sand (trocken) 1,5–1,6
Schaumstoff 0,02–0,05
Uran 18,7
Wasser 20 °C 0,9982
Wasser (bei 4 °C) 1,000

Dichte einiger fester und flüssiger Stoffe in kg/dm3 bei 20 ºC

Beispiel: 1000 l Wasser wiegen bei 20 °C = ca. 1000 kg und bei 90 °C =


ca. 965 kg. Mit der Dichte ändert auch die Auftriebskraft und da Leich-
tes auf Schwerem schwimmt, strebt warmes Wasser immer nach oben
und schichtet sich über das kältere.
Diese Schichtung spüren wir z.B. sehr deutlich beim Baden im See oder
im Meer.

Fig. 2-8 Temperaturschichtung im Warmwasserboiler

Technisch wurde diese Auftriebswirkung des warmen Wassers bei der


Schwerkraftheizung genutzt.

Beim Boiler und in jedem Kessel strebt das erhitzte (und ausgedehnte!)
Wasser so schnell nach oben, dass es dabei nur einen Bruchteil seiner
Wärme an das umliegende kalte Wasser abgibt (Fig. 2-8). So sammelt
sich oben das warme Wasser und wird dabei auch oben entnommen.
Das kalte Wasser strömt von unten nach. Die Temperaturschichtung ist
dabei so stabil, dass selbst die Wirbel des nachströmenden Kaltwas-
sers sie kaum beeinträchtigen. 25
Temperatur-Schichtung Das Bestreben des warmen Wassers, sich über das kältere zu schich-
ten, macht uns aber auch Schwierigkeiten: In Hallenschwimmbädern
z.B. können wir das warme Wasser nicht einfach durch einen Zufluss
von oben oder unten einspeisen; das ergäbe mit Sicherheit eine
Temperaturschichtung, die selbst durch die «Rührbewegung» der
Schwimmenden nur sehr langsam aufgehoben werden würde. In
einem Becken mit Temperaturschichtung ist das Messen der effektiven
Wassertemperatur sehr schwierig. Um diesen Problemen auszuwei-
chen, speist man in komfortablen Anlagen das filtrierte und erwärmte
Wasser an vielen Punkten am Boden des Beckens ein.
Die Tendenz des warmen Wassers, sich über das kältere zu schichten,
ist so stark, dass eine solche Schichtung sogar in Rohrleitungen über
lange Strecken erhalten bleibt (Fig. 2-9). Das müssen wir bei dem
Montageort von Temperaturfühlern oder Reglern in Rohrleitungen
berücksichtigen.

ϑm

ϑ1

ϑ1

ϑ2

ϑ2

Fig. 2-9 Temperaturschichtung von strömendem Wasser in einer Rohrleitung

Wir haben gelernt, dass beim Zusammenprall der Atome oder Mole-
küle Wärme entsteht. Wärme ist eine Form der Energie und die Tem-
peratur eines Stoffes ist ein Mass dafür, wie heftig die «Kollisionen»
dieser kleinsten Bausteinchen sind. Wir haben ferner gesehen, dass mit
steigender Bewegungsenergie (= Temperatur) das Gefüge der Stoffe
lockerer wird, dass sie sich ausdehnen und dass schliesslich feste
Stoffe in den flüssigen und flüssige Stoffe in den gasförmigen Aggre-
gatzustand übergehen.

Die Anomalie des Wassers Wasser hat bei 4 °C seine grösste Dichte und dehnt sich sowohl bei
Wärmezufuhr als auch bei Wärmeentzug aus. Während andere Flüssig-
keiten sich beim Erstarren zusammenziehen, dehnt sich Wasser aus
und zwar gleich um 1/11 seines Volumens (Fig. 2-10). Darum sprengt
Eis mit ungeheurer Kraft Felsen, Strassenbeläge und Hausfassaden,
aber auch Rohrleitungen, Heizkörper usw.

1
11 V

V V

+ 10 °C 0 °C - 10 °C

Fig. 2-10 Volumenzunahme von Wasser beim Gefrieren

26
In Heizungsanlagen kommen Frostschäden zumeist nur in stillgelegten
und nicht entleerten Anlagen vor oder dann, wenn im Winter die
Heizung nachts zu stark gedrosselt wird. In Lüftungs- und Klimaanlagen
dagegen gehört es zum Normalfall, dass im Winter Aussenluft von
–10 °C oder tiefer durch die mit Warmwasser gespeisten Lufterhitzer
geblasen wird. Hier gehört die Sorge für einen sicheren Frostschutz
durch eine zuverlässige Temperaturüberwachung zu unseren Aufgaben,
denn bleibt bei diesem eisigen Wind die Warmwasserzufuhr nur
für wenige Minuten aus, so kann es zu kostspieligen Frostschäden
kommen.

Verdunsten Wir wollen jetzt die Aggregatzustände des Wassers ein wenig näher
betrachten. Wir wissen: Wasser verdunstet. Und das hat seinen Grund
in der Eigenbewegung der Moleküle: Im Gegensatz zu festen Stoffen,
schwingen sie im Wasser nicht um feste Punkte. Dadurch können jene
Moleküle, die sich dicht an der Wasseroberfläche befinden, leicht aus
dem Wasser herausschiessen. Ein Teil von ihnen wird wieder ins Was-
ser «zurückgestossen», der andere Teil aber bleibt als unsichtbarer Was-
serdampf in der Luft. Und jedes Teilchen, das entweicht und von der
Luft fortgeführt wird, nimmt seine Verdunstungswärme mit. Spielt sich
dieser Vorgang auf unserer Haut ab, so spüren wir diese Wärmeverluste
durch Verdunstung deutlich als Kühleffekt.

Decken wir einen etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllten Behälter zu
(Fig. 2-11), so kann die Luft die Wasserdampfteilchen nicht mehr fort-
führen, und es bildet sich nun über der Wasseroberfläche ein Wasser-
dampf-Luftgemisch, in das immer mehr Wasserteilchen verdunsten.
Bei einem geschlossenen Behälter schreitet dieser Vorgang aber nicht
endlos fort, sondern endet automatisch in dem Augenblick, in dem der
Druck des Wasserdampfes so stark auf der Wasseroberfläche lastet,
dass die Bewegungsenergie der Wasserteilchen nicht mehr ausreicht,
um die Wasseroberfläche zu durchstossen. Wir sagen dann: Die Luft ist
mit Wasserdampf gesättigt.

Fig. 2-11 Sättigungsgleichgewicht in einem geschlossenen Behälter

Erhöhen wir jedoch die Temperatur des Wassers weiter, so gewinnen


die Wasserteilchen eine höhere Bewegungsenergie und können nun
wieder die Wasseroberfläche durchstossen, solange, bis sich wieder
ein Kräftegleichgewicht einstellt. Je höher die Temperatur, desto grös-
ser wird also der Wasserdampfanteil in diesem Dampf/Luftgemisch.

27
Siedepunkt Erhitzen wir das Wasser noch stärker, so bilden sich in ihm plötzlich
Wasserdampfbläschen. Das Wasser siedet. Die Dampfbildung ist nun
also nicht mehr nur auf die Wasseroberfläche beschränkt, sondern
findet jetzt im Wasser statt. Wird das Wasser weiterhin auf Siedetem-
peratur gehalten, so verwandelt es sich vollständig in Wasserdampf, für
den der Raum im Topf nun aber nicht mehr ausreicht und der Dampf
entweicht am Deckelrand (Fig. 2-12).

Fig. 2-12 Wasserdampf braucht bei konstantem Druck mehr Volumen als Wasser

Wasser siedet bei normalem Luftdruck bei 100 °C. Was heisst nun
«normaler Luftdruck»?

Diese Definition besagt, dass dann normaler Luftdruck herrscht, wenn


in Meereshöhe das Gewicht der Luft 101 325 N/m2 (oder 101,3 kPa =
1,013 bar), beträgt. D.h. eine Luftsäule von 1 m2 Querschnitt, die bis in
den Weltraum reicht hat dieses Gewicht.

Der Satz «Wasser siedet bei normalem Luftdruck bei 100 °C» besagt
also, dass die Siedetemperatur offensichtlich vom Druck über dem Was-
ser abhängt. Mit anderen Worten: Der auf dem Wasser lastende Druck
bewirkt, dass eine höhere Bewegungsenergie der Moleküle, also eine
höhere Temperatur erforderlich ist, damit das fliessende Gefüge aufge-
löst wird und das Wasser vollständig in Wasserdampf übergeht. Daraus
können wir schliessen, dass bei einem Druck, der höher ist als der nor-
male Luftdruck, auch der Siedepunkt höher liegen muss. Das ist auch
der Fall: Bei 1,5 bar (Überdruck = 0,5 bar), z.B. in einem Haushalts-
dampfkochtopf, siedet Wasser tatsächlich erst bei ca. 110 °C (Fig. 2-13).

0,7 bar
1 bar

90°C 3 000 m ü. M.

100°C
1,5 bar
0 m ü. M.
110°C

Fig. 2-13 Luftdruck und Siedepunkt von Wasser in Abhängigkeit der Höhe
über Meeresspiegel

Der Siedepunkt von Wasser, also die Temperatur, bei der die Zustands-
28
änderung flüssig-dampfförmig erfolgt, ist vom Druck abhängig.
Fig. 2-14 Temperatur-Druckdiagramm für gesättigten Wasserdampf

In Fernheizanlagen kommen sehr häufig Wassertemperaturen > 100 °C


vor, was bedeutet, dass im Rohleitungsnetz ein Druck > 1 bar herr-
schen muss.

Im nächsten Schritt wollen wir überprüfen, welche Energiemengen für


die Verwandlung von Eis in Wasser und in Dampf erforderlich sind. Die
Zusammenhänge sind im Temperatur-Enthalpie-Diagramm (Fig. 2-15)
dargestellt.

Um 1 Liter Wasser von 0 °C auf 100 °C zu erhitzen, brauchen wir


419 kJ.

Wir stellen fest: Bei diesem Vorgang bleibt die Temperatur nicht
konstant. Es wird also fühlbare (sensible) Wärme erzeugt.

Bei 100 °C beginnt die spontane Dampfbildung. Würden wir jetzt mit
der Wärmezufuhr aufhören, so würde die Wassertemperatur sofort
sinken und die Dampfentwicklung damit enden. Um 1 Liter Wasser
vollständig in Dampf zu verwandeln, müssen wir also solange Wärme
zuführen, bis kein Wasser mehr vorhanden ist. Und dazu brauchen wir
nochmals 2257 kJ, also mehr als 5 mal die Wärmemenge, die wir
brauchten, um das Wasser von 0 °C auf 100 °C zu erhitzen.

29
Wir stellen fest: Bei diesem Vorgang bleibt die Temperatur konstant.
Es wird dabei also keine fühlbare (latente) Wärme erzeugt, aber der
Aggregatzustand ändert sich vom flüssigen zum gasförmigen.

Fig. 2-15 Temperatur-Enthalpie-Diagramm für Wasser bei Luftdruck = 1013 mbar

Da theoretisch keine Energie verloren geht, ist in 1 kg Dampf von


100 °C also eine Wärmemenge von 419 + 2257 kJ = 2676 kJ enthalten!
Dieser Dampf hat nun also einen Wärmeinhalt (Enthalpie) von
2676 kJ/kg.

Um 1 kg Eis von 0 °C in 1 Liter Wasser von 0 °C zu verwandeln benö-


tigen wir 335 kJ. Wir stellen fest, dass bei diesem Vorgang die Tempe-
ratur ebenfalls konstant bleibt. Es wird dabei wieder keine fühlbare
(latente) Wärme erzeugt, aber der Aggregatzustand ändert sich vom
festen zum flüssigen.

Die Zustandsänderung des Wassers kann in verschiedenen Diagram-


men dargestellt werden.

In Fig. 2-15 ist die Abhängigkeit der Temperatur von der Wärmezufuhr,
bei konstantem Druck, aufgezeichnet. Man erkennt daraus deutlich die
Bereiche der sensiblen und latenten Wärmeübertragung. Durch die
Wärmezufuhr wird der Wärmeinhalt d.h. die Enthalpie h des Wassers
erhöht.

Das Druck-Temperatur- oder Druck-Enthalpie-Diagramm, sowie die Was-


ser-/Dampf-Tafel sind weitere Möglichkeiten diese Zusammenhänge
darzustellen (siehe Anhang).

Sensible Wärme Wird einem Stoff Wärme zugeführt (z.B. durch einen Brenner oder ein
elektrisches Heizelement), so zeigt sich zunächst die fühlbare, am Ther-
mometer ablesbare Erwärmung.

Latente Wärme Beim Schmelzen resp. Verdampfen wird Wärme zugeführt, ohne dass
die Temperatur ansteigt, bis der betreffende Stoff die Zustandsänderung
vollständig durchgemacht hat.

Enthalpie Summe von sensibler und latenter Wärme. Bei Prozessen mit erheb-
lichen Druck- und Volumenänderungen (z.B. Kompression) kommt noch
das mechanische Arbeitsvermögen (potentielle Energie) des Mediums
hinzu (Masseinheit [kJ/kg]).

Mit Ausnahme des sonderbaren Verhaltens unter 4 °C gilt alles, was wir
vom Wasser sagten, auch für andere Flüssigkeiten, nur hat jede Flüssig-
keit eben ihren spezifischen Ausdehnungskoeffizienten.

30
2.2.4 Die Wärmeausdehnung der Gase Erhitzen wir Eisen, Wasser und Luft um 100 K und zwar jeweils eine
Säule von 1 cm2 Querschnitt und 10 cm Länge und vergleichen die
Wärmeausdehnung dieser drei Stoffe, so erhalten wir die Resultate
gemäss Fig. 2-16.

10 cm
1 cm2

Δϑ = 100 K :

Eisen + 0,036 cm3

Wasser + 0,21 cm3

Luft

+ 3,65 cm3

Fig. 2-16 Wärmeausdehnung von Eisen, Wasser und Luft

Wir wissen auch, warum der Unterschied so gross ist: Beim Eisen sind
die Atome ja fest gefügt, beim Wasser ist ihr Zusammenhang schon
loser, und bei den Gasen üben sie nur ganz geringe Anziehungskräfte
aufeinander aus. Und je geringer die gegenseitigen Anziehungskräfte,
desto stärker wirkt sich jede thermische Anregung aus (der erhöhte
Bewegungsdrang der Atome und Moleküle braucht mehr Platz).

Während sich die festen und flüssigen Stoffe je nach Stoffart unter-
schiedlich ausdehnen, verhalten sich alle Gase praktisch gleich:

Boyle-Mariotte Boyle-Mariotte’sches Gesetz


Von R. Boyle und E. Mariotte aufgefundene Gesetzmässigkeit: In einem
bestimmten Volumen eines idealen Gases ist das Produkt aus Druck p
und Volumen V bei gleichbleibender Temperatur konstant

Drücke: p1 * V1 = p2 * V2

Dichte: r1 * V1 = r2 * V2

Die Dichte verhält sich wie die dazugehörigen Drücke.

Gay-Lussac Gay-Lussac’sches Gesetz


Dieses beschreibt die Gesetzmäßigkeit im Verhalten idealer Gase:
Das Volumen V vergrößert sich bei konstantem Druck p linear mit der
absoluten Temperatur T:

V1 = V0 (1 +  * T1) = V0 + V0  * T1 (T in K)

Der isobare (p = konstant) Ausdehnungskoeffizient für alle idealen Gase


hat den Wert  = 1/273 K. (V0 = Volumen bei 0 ºC). Daraus folgt, dass
sich bei konstantem Druck die jeweiligen Gasvolumina wie die absolu-
ten Temperaturen des Gases verhalten.

V1 / V2 = T1 / T2

Gase und Gasgemische, wie die Luft, dehnen sich pro K


Erwärmung um jeweils 1/273 ihres Volumens bei 0 °C aus.
(·= 0,00366 K-1)
31
Das heisst 1 m3 (= 1000 dm3) Luft dehnt sich bei Erwärmung um 1 K
immer um rund 3,66 dm3 aus. Ob wir sie von 0 °C auf 1 °C erwärmen
oder von 20 °C auf 21 °C ist für unsere Berechnung ohne Einfluss.

Je mehr die Luft sich nun ausdehnt, um so leichter wird sie und um
so kleiner wird ihre Dichte. (Dichte von Luft bei 0 °C und 1,013 bar =
1,293 kg/m3). Die von uns als gewichtslos empfundene Luft ist also gar
nicht so leicht:

1 m3 Luft bei 0 °C = 1,293 kg


20 °C = 1,205 kg
50 °C = 1,093 kg

Wir sehen daraus: 1 m3 Luft, die an einem Heizkörper vorbeistreicht


und sich dabei beispielsweise von 20 °C auf 50 °C erwärmt, erfährt
dadurch immerhin eine

Auftriebskraft Auftriebskraft von ungefähr 1 N! (N = Newton; wird im folgenden


Abschnitt erklärt)

Kraft, Physik: Ursache für die Beschleunigung oder die Verformung


eines Körpers. Die Kraft F ist definiert als das Produkt aus der Masse
m eines Körpers und der Beschleunigung a, die dieser Körper erfährt:
F = m * a.

Nach ihrem physikalischen Ursprung unterscheidet man Gravitations-


kräfte, elektromagnetische Kräfte, Kräfte der starken Wechselwirkun-
gen, einschließlich der Kernkräfte, sowie die zum Elementarteilchenzer-
fall führenden Kräfte der schwachen Wechselwirkungen. SI-Einheit der
Kraft ist das Newton (N).

Eine Auftriebskraft von 1 N ist für die «leichte» Luft sehr viel. So steigt
sie vom Heizkörper aus schnell nach oben und zieht unter der Decke
entlang, wobei sie ihre Wärme an die Decke und die umliegende Luft
abgibt.

Dadurch wird sie wieder schwerer, fällt nach unten und strömt zum
Heizkörper zurück, «angesaugt» von der nach oben strömenden
erwärmten Luft (Fig. 2-17).

Fig. 2-17 Luftumwälzung in einem Raum mit Heizkörper

32
Wir haben hier also den gleichen Schwerkraftumtrieb wie bei der Warm-
wasser-Schwerkraftheizung.

Da die Luftteilchen sehr frei beweglich sind, vermischen sie sich viel
leichter miteinander, so dass wir bei Gasen eine weniger scharf abge-
grenzte Temperaturschichtung beobachten.

Die durch den Schwerkraftumtrieb bewirkten Temperaturverhältnisse in


einem Raum werden dargestellt wie in Fig. 2-18.

3m

2m

1m

0m

18°C 20°C 22°C 24°C 26°C 28°C

Fig. 2-18 Raumtemperatur in Abhängigkeit von der Raumhöhe

Wir haben damit das Thema «Die Wärmeausdehnung gasförmiger


Stoffe» gestreift. Die Kenntnis der weiteren Gasgesetze ist vorwiegend
für die Lüftungs- und Klimatechnik eine wichtige Voraussetzung.

33
2.2.5 Das Medium «Luft» Die Luft umgibt die Erde in Form einer Hülle und übt dabei auf sie
einen veränderlichen Druck aus (Barometerstand). In erster Linie benöti-
gen die Lebewesen die Luft für die Atmung. Ein erwachsener Mensch
braucht beispielsweise zur Aufrechterhaltung des Lebensprozesses
etwa 0,5 m3 Atemluft pro Stunde. Die Luft erfüllt aber ausserdem noch
andere lebenswichtige Aufgaben. So nimmt sie unter anderem an den
Oberflächen der Seen und Ozeane riesige Wassermengen in Form von
Wasserdampf auf, transportiert diese über grosse Distanzen und lässt
sie als Niederschläge wieder zur Erde fallen.
Die physikalischen Grössen, mit denen ein Luftzustand beschrieben
wird, nennt man Zustandsgrössen. Mit diesen befasst sich auch die
Klimatechnik, in der vor allem die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit
und der Luftdruck von Bedeutung sind.

Reine trockene Luft Luft ist ein Gemisch von Gasen, Dämpfen und Verunreinigungen.
Trockene, reine Luft gibt es nur theoretisch. Diese besteht aus:

Gasförmiger Chemisches Volumen- Gewichts-


Stoff: Zeichen: anteil: % anteil: %
Stickstoff N2 78,060 75,490
Sauerstoff O2 20,960 23,170
Argon Ar 0,930 1,290
Kohlendioxyd CO2 0,030 0,040
Wasserstoff H2 0.010 0,001
Neon Ne 0,002 0,001
Helium, Krypton, Xenon He, Kr, Xe 0,008 0,008

Neben dem thermischen Zustand der Luft spielt die Reinheit, die Gas-
anteile und vor allem der Wassergehalt der Luft eine wichtige Rolle.

Feuchte, oder Feuchtigkeit der Luft Mit Feuchte oder Feuchtigkeit bezeichnet man den Wassergehalt eines
Stoffes. Im Falle der Luftfeuchtigkeit ist das Wasser im gasförmigen
Zustand homogen mit der Luft vermischt. Wie jeder andere Stoff hat
Luft nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit für Wasser. Diese Grenze
wird als Sättigung bezeichnet. Unterhalb der Sättigung ist feuchte Luft
für das Auge nicht von trockener Luft zu unterscheiden, also völlig farb-
los und durchsichtig. Oberhalb der Sättigung fällt der überschüssige
Wasseranteil in Form von feinsten Wassertröpfchen als Nebel oder
Wolken aus. Die aufgenommene Wassermenge bei Sättigung ist von
der Lufttemperatur abhängig. Sie steigt stark progressiv mit ihr an.
Bei 0 °C beträgt sie beispielsweise 3,9 g/m3, bei 20 °C bereits 15 g/m3.

Die wichtigsten Zusammenhänge werden anhand eines Beispiels


erläutert:
In einem Raum befindet sich Luft mit einem bestimmten Anteil von
Wasserdampf. Kühlt man diese Luft allmählich ab, so wird bei einer
bestimmten Temperatur der Punkt erreicht, bei dem sich an den Wän-
den oder auf Gegenständen Tauwasser bildet. Diese Temperatur wird
Taupunkttemperatur oder Taupunkt genannt. Den geschilderten Vorgang
kann man beobachten, wenn sich Raumluft von 20 °C an den Fenster-
scheiben mit einer Oberflächentemperatur von beispielsweise 6 °C
abkühlt und der ausscheidende Wasserdampf in Form von Kondensat
von den Scheiben abtropft.

34
Es wird dadurch deutlich, dass die Luft nicht gleichermassen fähig ist,
Wasserdampf aufzunehmen und dass diese Aufnahmefähigkeit von
ihrer Temperatur abhängt. So ist jeder Lufttemperatur, bei einem
bestimmten Luftdruck, ein bestimmter Wasserdampfgehalt zugeordnet,
der nicht überschritten werden kann, ohne dass die oben erwähnte
Erscheinung der Taubildung auftritt.

Fig. 2-19 Sättigungsfeuchte in Abhängigkeit der Temperatur

h,x-Diagramm Fig. 2-19 zeigt die Abhängigkeit der grösstmöglichen Wasserdampfmen-


ge, die – bezogen auf die Temperatur – in einem bestimmten Volumen
enthalten sein kann.

Für die zahlenmässige Angabe der Feuchtigkeit bestehen die Grössen:


Relative und absolute Feuchte. Die genauen Zusammenhänge sind im
h,x-Diagramm dargestellt und können auf einfache Weise durch Mes-
sungen und mit Hilfe des Diagramms ermittelt werden. (h,x-Diagramm
siehe Anhang).

Wir wissen nun, was Wärme ist, kennen den Ursprung der Wärmestrah-
lung und haben auch einen kleinen Begriff davon bekommen, wie
schwierig eine exakte Temperaturmessung in der Praxis ist. Danach
haben wir die Wärmeausdehnung der Stoffe betrachtet und an prakti-
schen Beispielen gesehen, wie dieses Phänomen konstruktiv ausge-
nützt wird und welche Vorgänge es in Heizungsanlagen und beheizten
Räumen hervorruft.

Wir haben auch bereits gesehen, wie viel Energie erforderlich ist, um
das Medium Wasser zu erwärmen oder zu verdampfen und wissen,
dass Luft nur einen bestimmten Anteil an Wasserdampf aufnehmen
kann und dass diese Wasserdampfmenge von der Lufttemperatur und
vom Luftdruck abhängig ist.

35
2.2.6 Der Wärmeinhalt der Stoffe Wir haben gelernt, dass die Temperatur eines Stoffes einem bestimm-
ten Schwingungszustand oder sozusagen «Erregungszustand», seiner
Atome entspricht. Wollen wir die Temperatur erhöhen, so müssen wir
sie stärker anregen, und dazu ist Energie erforderlich. Die aufzuwen-
dende Energiemenge hängt aber auch davon ab, wie viele Teilchen wir
anregen müssen, d.h. also vom Gewicht des Stoffes.

Je grösser das Gewicht eines Stoffes ist, desto grösser ist aber auch
die in ihm – nach der Temperaturerhöhung – enthaltene Wärmemenge
bzw. sein Wärmeinhalt.

Die in einem Stoff enthaltene Wärmemenge wird mit Q [kJ]


bezeichnet.

Spezifische Wärme Die Wärmemenge Q kann berechnet werden. Zuerst müssen wir aber
noch eine Stoffgrösse kennen lernen. Würden wir versuchen, die
Temperatur von je 1 kg Kupfer, Wasser und Luft um 1 K zu erhöhen, so
würden wir feststellen, dass wir bei Luft fast 3 mal mehr und bei Was-
ser 11 mal mehr Wärmeenergie benötigen als beim Kupfer.
Bei anderen Stoffen wären die Ergebnisse ebenso unterschiedlich. Die
für eine Temperaturerhöhung erforderliche Wärmemenge hängt also
nicht nur vom Gewicht, sondern auch von der Wärmespeicherfähigkeit
des Stoffes ab. Wir bezeichnen das als die spezifische Wärmekapa-
zität c des Stoffes.

Diese spezifische Wärmekapazität ist immer auf 1 kg Stoffgewicht und


auf 1 K bezogen, und ihre Einheit ist [J/kg K]. Sie sagt also aus, wie
viele J respektiv kJ erforderlich sind, um 1 kg dieser Stoffe um 1 K zu
erwärmen.
Die spezifische Wärme für Kupfer, Wasser und Luft beträgt:

Kupfer: c = 4381 [J/kg K]


Wasser: c = 4190 [J/kg K]
Luft: c = 1004 [J/kg K]

Die Tabelle zeigt die Werte für die spezifische Wärme anderer Stoffe.

Stoff c in kJ/kg K
Wasserstoff 14,25
Helium 5,24
Wasser 4,19
Luft 1,0
Stahl 0,48
Kupfer 0,39
Öle ≈ 2,00

Sieht man vom Wasserstoff und vom Helium ab, so steht das Wasser
an der Spitze aller Stoffe (auch der hier nicht aufgeführten!). Wir brau-
chen also sehr viel Wärmeenergie, um Wasser auf eine höhere Tempe-
ratur zu bringen. Dafür haben wir dann aber auch entsprechend viel
Wärmeenergie, mit der wir «operieren» können, in dieser Wassermen-
ge gespeichert.

36
Beim Rechnen mit Wärmemengen interessiert uns also das Gewicht
(die Masse m), die spezifische Wärme c und die Temperaturdifferenz
Δ (K) vor und nach der Erwärmung, denn sie bestimmt ja mass-
gebend, wie viel Wärme wir dem Stoff zuführen müssen. Gehen wir
umgekehrt vor und stellen einen erwärmten Körper in eine kältere
Umgebung, so können wir aus seinem Gewicht, seiner spezifischen
Wärme und dem Temperaturgefälle zwischen ihm und seiner Umge-
bung errechnen, welche Wärmemenge dieser Körper maximal abgeben
kann.

Wärmemenge Q Es gilt die Formel:

Q = m * c * Δ [kg * J/kgK * K] = [J]

Die Einheit der Wärmemenge ist das Joule, oder 1000J = 1 kJ


(Kilojoule).

Wenn wir also in einer Heizanlage 200 kg Wasser von 60 °C auf 80 °C


erwärmen wollen, dann benötigen wir dazu

Q = m * c * Δ = 200 kg * 4190 J/kgK * 20 K = 16 760 000 J


bzw. 16 760 kJ

Strömt dieses Wasser mit 80 °C in die Heizkörper und kehrt es von


dort mit 60 °C zum Heizkessel zurück, so hat es inzwischen die vorher
zugeführten 16 760 kJ wieder abgegeben; zum grössten Teil an die Luft
in den Wohnräumen, zum kleineren Teil als sogenannte Wärmeverluste
durch die Rohrleitungen an die Umgebung (Fig. 2-20).

Fig. 2-20 Prinzip einer Heizanlage

37
Wärmeleistung Das Beispiel hat gezeigt, dass wir 16 760 kJ brauchen, um die Tempera-
tur von 200 kg Wasser um 20 K zu erhöhen. Wir haben auch gesehen,
dass diese Wärmeenergie von den Heizkörpern an die Luft und von den
Rohrleitungen als Wärmeverluste abgegeben wurde, so dass das Was-
ser wieder mit 60 °C zum Kessel zurückströmte. Wir haben also prak-
tisch einen Wärmestrom zu den Heizkörpern geschickt. Dieser Wärme-
strom muss nun im Winter dem jeweiligen Wärmebedarf angepasst
werden, d.h. der Kessel muss in dieser Heizanlage pro Stunde die Wär-
meenergie hergeben, die von den Heizkörpern bzw. den Räumen ver-
braucht wird.

Die in einer bestimmten Zeit (h) aufgebrachte Energie (Arbeit), ist die
Leistung.
.
Die Wärmeleistung oder der Wärmestrom Q.

In unserem Beispiel beträgt die erforderliche Wärmeleistung


. .
Q = 16 760 kJ / 3600 s Q = 4,66 kJ/s = 4,66 kW

Der Zusammenhang Joule und Watt wird im folgenden Abschnitt


erläutert.

Um ein Gefühl für die Größenordnung von Wärmeinhalten verschiede-


ner Stoffe zu bekommen, schauen wir uns jetzt an, welche Wärmeener-
gie unsere bekannten Brennstoffe hergeben:

Stoff: Wärmeinhalt: Wärmeleistung / h:


[kJ/kg] [kJ/m3] [kW/kg] [kW/m3]
Heizöl EL ≈ 42 000 ≈ 11,6 ≈ 9,75
Steinkohle, Koks ≈ 30 000 ≈ 8,3
Stadtgas ≈ 16 000 ≈ 4,4
Propangas ≈ 46 000 ≈ 93 000 ≈ 12,75 ≈ 25,75
Erdgas ≈ 39 000 ≈ 34 000 ≈ 11,6 ≈ 9,5

Für unsere Heizanlage, in der z.B. mit Öl geheizt wird, beträgt der
stündliche Brennstoffverbrauch demnach 4,66 kW :11,6 kW/kg = 0,4 kg
Heizöl.

38
2.2.6.1 Von Kilokalorie zu Kilojoule
und Watt
Joule und Watt Die Einheit Joule oder Kilojoule gehört zu den Basiseinheiten des
SI-Systems.
Der 1. Hauptsatz der Wärmelehre sagt: Wärme ist Energie.
Im Vergleich der Wärmeenergie mit mechanischer Energie ist nur die
Energieform verschieden; die Energiemenge kann aber beide Male in
Joule angegeben werden.
Oft wird mechanische Energie in Nm (Newton-Meter), elektrische
Energie in Ws (Watt-Sekunde) und Wärmeenergie in Joule angegeben.

Es gilt : 1 Nm = 1 Ws = 1 J

Was steckt nun hinter der Einheit Joule?

Wir wissen, dass Joule die Einheit für Energie ist und
Energie = Kraft x Weg
Kraft = Masse (kg) x Beschleunigung (m/s2)
Weg = Meter (m)
Energie = kg * m2/s2 = Joule

Die Einheit kg·m2/s2 hat mit «Wärme» eigentlich nichts zu tun. Wie kann
man diese mechanische Einheit mit einer wärmetechnischen Grösse
verknüpfen?

J.P. Joule, ein englischer Naturforscher (1818–1889), bewies den


Zusammenhang experimentell. Er baute die Versuchsanordnung nach
Fig. 2-21 und fand das Wärmeäquivalent.

Fig. 2-21 Versuch von Joule für die Bestimmung des Wärmeäquivalents

Durch die Bewegung des Rotors wird die Temperatur einer bestimmten
Wassermenge um einen bestimmten Betrag erhöht (Aufprall der Mole-
küle). Dies entspricht einer Wärmemengenzufuhr in kJ/kg.

Joule fand heraus, dass eine Masse von m = 1 kg um eine Höhendiffe-


renz von h = 427 m fallen muss, bis die Wärmemenge Q = 4188 Joule
erzeugt wird.

Nun übt aber die Masse m wegen der Erdbeschleunigung g die


Gewichtskraft G aus (G = m * g).

Für den Versuch von Joule ergibt dies also:

Energie = Masse x Beschleunigung x Weg

Q = m * g * h = 1 kg * 9,81 m/s2 * 427 m = 4188 kg·m2/s2 = 4188 Joule

oder: Q = 4188 J = 4,188 kJ 39


2.2.7 Die Wärmeübertragung Überall dort, wo wir Wärme empfinden oder wo wir wärmetechnische
Prozesse beobachten, haben wir es immer mit Wärmeübertragungs-
prozessen zu tun. Wärmeübertragung von festen auf flüssige Stoffe,
von flüssigen auf gasförmige und von diesen wieder auf feste Stoffe
usw.

Die Wärmeübertragungskette in einer Warmwasser-Zentralheizung sieht


z.B. wie folgt aus:
Flamme des Gasbrenners ’ Kesselwandung ’ Kesselwasser ’ Radiator ’
Luft ’ Personen sowie Wände, Decken, Fussböden, Möbel ’ Aussenluft
und Erdreich.

2.2.8 Wärmeleitung Wärmeleitung ist das Fliessen der Wärme in einem Stoff, durch die sich
von Teilchen zu Teilchen fortpflanzende thermische Anregung (Fig. 2-22).

Fig. 2-22 «Fliessen» der Wärme in einem Stoff

Aber auch überall dort, wo sich zwei Stoffe fest berühren, findet eine
Wärmeübertragung durch Wärmeleitung statt, z.B. zwischen Elektro-
kochplatte und Kochtopf, zwischen Bügeleisen und Stoff usw.
(Fig. 2-23).

Fig. 2-23 Wärmeleitung von einem Stoff höherer Temperatur auf einen Stoff tieferer
Temperatur

Wärmeleitzahl Wir kennen gute und schlechte Wärmeleiter. Die Wärmeleitfähigkeit


wird durch die Wärmeleitzahl  (lambda) ausgedrückt. Sie gibt an,
welche Wärmemenge in 1 Sekunde zwischen zwei planparallelen
Flächen von 1 m2 Querschnitt im Abstand von 1 m, bei einem Tempe-
raturgefälle von 1 K fliesst.

Wärmeleitzahl  in W/m K

40
Fig. 2-24 Wärmeleitzahl  verschiedener Stoffe

Die Darstellung zeigt: Kupfer leitet die Wärme zirka 8 mal besser als
Eisen; Luft und die porigen «luftgefüllten» Stoffe wie Kork, Schaumstof-
fe, unsere Bekleidung usw. Ieiten die Wärme am schlechtesten. Solche
Stoffe werden daher auch Wärmedämmstoffe genannt.

Wärmeleitung ist also das Fliessen der Wärme in einem Stoff, oder
auch von Stoff zu Stoff, wenn die Stoffteilchen sich fest berühren.

Wie ist es nun aber, wenn die Wärme von einem festen Stoff auf einen
flüssigen oder gasförmigen Stoff übertragen werden soll; beispiels-
weise von einer Wand an Wasser oder Luft? Hier findet doch gar keine
feste Berührung statt, hier sind die Stoffteilchen doch ständig in flies-
sender oder gar ungeordneter Bewegung? Ausserdem strömt doch
erwärmte Luft oder erwärmtes Wasser sofort von der Wärmequelle
weg nach oben?
Die Wärmeübertragung kann deshalb nie so vollkommen sein, wie bei
zwei festen Körpern, die sich eng berühren.

Richtig! Bei fliessenden Medien, wie Wasser und Luft, kommen die
Stoffteilchen infolge ihrer Eigenbewegung tatsächlich nur in flüchtigen
Kontakt mit dem festen Stoff oder, wie wir sagen wollen, mit der Wand.
Sie können daher auch nur während dieser kurzen «Fühlungnahme»
Wärme durch Wärmeleitung von ihr aufnehmen; das eine Teilchen mehr,
das andere weniger. Das Medium, Wasser oder Luft, wird also nur
«angewärmt» und nur im Bereich, nahe der Wand (Fig. 2-24). Die hier
erwärmte Menge dehnt sich aus, wird spezifisch leichter und steigt
nach oben, wobei sie die aufgenommene Wärme mitnimmt. Es ent-
steht also eine Wärmeströmung. Im Weiterströmen tauschen die Stoff-
teilchen die aufgenommene Wärme untereinander und mit ihrer kalten
Umgebung aus; sie übertragen sie also auch auf eine Wand, die sich
ihnen entgegenstellt. Natürlich ist die Übertragung auch hier nur unvoll-
kommen, da die gegenseitige Kontaktnahme ja wiederum nur flies-
send-flüchtig ist.

41
Fig. 2-25 Wärmeleitung an Wänden

Die Wärmeübertragung von einer Wand auf ein fliessendes Medium


ruft also in diesem Medium immer eine Strömung hervor, welche die
aufgenommene Wärme mitführt und von der sie wieder auf eine feste
Wand übertragen werden kann.

2.2.9 Wärmemitführung (Konvektion) Das «Mitnehmen, Mitführen und Mitbringen» der Wärme wird als
Wärmeübertragung durch Konvektion bezeichnet.

Konvektion 1. Mitführung von Energie oder elektrischer Ladung durch die kleinsten
Teilchen einer Strömung (Physik).
2. Zufuhr von Luftmassen in senkrechter Richtung.

Freie und erzwungene Strömung Das ungezwungene, natürliche Nachobenströmen des erwärmten
Mediums nennen wir dabei freie Strömung; die Führung der Strömung
durch Rohre oder Kanäle: aufgezwungene Strömung.

Welche Wärmemenge pro Zeiteinheit durch Konvektion übertragen


wird, hängt ab:
• von der Temperaturdifferenz zwischen Wand und fliessendem
Medium,
• von der Grösse der Wandfläche,
• von den Wärmeleitzahlen der Wand und des fliessenden Mediums
und vor allem
• von der Art und Geschwindigkeit der Strömung, denn je grösser die
Strömungsgeschwindigkeit, um so grösser ist die Anzahl der Stoff-
teilchen, die mit der Wand in Berührung kommen und dadurch Wär-
me von ihr aufnehmen oder an sie abgeben können.

Wärmeübergang Die Art, Richtung und Geschwindigkeit der Strömung ist rechnerisch
sehr schwer zu erfassen, und die Praktiker wissen, dass auch die sorg-
fältigste Berechnung den tatsächlichen Wärmeübergang von der Wand
auf das Medium, oder umgekehrt, nur annähernd genau wiedergibt.
Aus diesem Grunde bedient man sich in der Praxis eines Kennwertes,
der häufig durch praktische Versuche ermittelt und in Tabellen und Dia-
grammen niedergelegt wurde. Dieser Kennwert bezeichnet man als die

Wärmeübergangszahl  (Alpha)

Der Alpha-Wert wird stets auf eine Fläche von 1 m2 bezogen und gibt
an, wie viel Watt bei 1 K Temperaturdifferenz, vom Medium auf die
Wand oder von der Wand auf das Medium übertragen werden.
42
Hier als Beispiel einige Alpha-Werte für Luft und Wasser:

Wärmeübergangszahl  in W/m2 K:
Ruhende Luft 3 bis 20
Strömende Luft 20 bis 100
Nicht bewegtes Wasser 500 bis 2000
Bewegtes Wasser 2000 bis 4000

Diese wenigen Beispiele zeigen schon, wie stark die Strömungs-


geschwindigkeit den Wärmeübergang beeinflusst, vor allem bei Luft.
Beim Wasser ist der Einfluss der Strömung nicht so stark, da ja die
Wasserteilchen ohnehin fester an der Wand «anliegen» als die flüch-
tigen Luftteilchen. Aus diesen Werten erkennen wir aber auch, warum
wir unsere Hand recht lange in einen Luftstrom von 80 °C halten kön-
nen, nicht aber in Wasser von 80 °C. Der Wärmeübergang ist ja rund
20 mal grösser!

Tabellen und Diagramme für die Alpha-Werte gibt es für alle in der
Praxis vorkommenden Wärmeübergänge, z.B. für Wasser und Luft, in
Abhängigkeit von der Strömungsgeschwindigkeit an den Wärmeüber-
tragungsflächen.

Wärmestrom Kennt man die Wärmeübergangszahl () für die gegebenen Strömungs-
verhältnisse, so kann man den Wärmestrom () Phi aus der Grösse der
gegebenen Wandfläche (A) und der Temperaturdifferenz zwischen Wand
und Medium (W – M) ausrechnen:

Wärmestrom () =  * A * (W – M) [W/m2 K * m2 * K] = [W]

Fig. 2-26 Wärmestrom an einer Wand

In unserem Fachgebiet interessiert uns oft der Wärmeübergang von


Luft oder Wasser auf die Temperaturfühler, bzw. wie schnell wir ein
regeltechnisch korrektes Messergebnis erhalten. Zum Zwecke eines
guten Wärmeübergangs wird der Installateur einer Lüftungsanlage,
einen stabförmigen Temperaturfühler möglichst an einer Stelle im Luft-
kanal platzieren, wo die Strömungsgeschwindigkeit besonders gross
ist.

43
In der Praxis haben wir es aber nicht nur mit Wärmeübertragungspro-
zessen zu tun, bei denen die Wand das fliessende Medium begrenzt,
sondern auch mit solchen, bei denen sie zwei fliessende Medien von-
einander trennt, also zwei Gase mit unterschiedlicher Temperatur, zwei
Flüssigkeiten oder auch ein Gas und eine Flüssigkeit, z.B.:

• Heisses Verbrennungsgas / Kesselwand / Kesselwasser


• Heisses Kesselwasser / Radiatorwand / Raumluft
• Raumluft / Hauswand / Aussenluft

Wärmedurchgang Bei all diesen Beispielen haben wir es also mit zwei Wärmeübergängen
zu tun, wobei uns interessiert, welche Wärmemenge durch die Wand
übertragen wird. Bei einer Hauswand möchten wir, dass möglichst
wenig Wärme hindurchgeht, bei einer Kesselwand dagegen, dass mög-
lichst viel Wärme hindurchgeht. Diese Wärmeübertragung durch eine
Trennwand zwischen 2 Medien, mit zweimaligem Wärmeübergang,
nennen wir daher Wärmedurchgang.

Wir kennen jetzt die Faktoren, die den Wärmedurchgang bestimmen


und erinnern uns, dass es sich hier nicht um reine Wärmeleitung
handelt, denn diese setzt ja die feste Berührung der Körper voraus.
Aber dieser feste Körperkontakt ist bei den Flüssigkeiten oder Gasen
diesseits und jenseits der Wand ja nicht gegeben.

Den Wärmedurchgang beeinflussen stattdessen im Wesentlichen die


beiden Wärmeübergangszahlen, z.B.

1 Raumluft/Wand-lnnenfläche

2 Wand-Aussenfläche/Aussenluft, also zwei schwer berechenbare


Grössen (Wind usw.)

Weiter wird der Wärmedurchgang beeinflusst durch


• die Fläche und Dicke der Wand
• die Wärmeleitfähigkeit der Wand bzw. der verschiedenen Wand-
Schichten (z.B. Innenputz, Mauerwerk, Dämmstoff, Aussenputz)
• die Temperaturdifferenz, z.B. zwischen Raum- und Aussentempera-
tur.

Beim Berechnen des Wärmedurchgangs arbeitet man auch hier prak-


tisch ausnahmslos mit Erfahrungswerten oder Werten, die durch prakti-
sche Versuche und Messungen ermittelt wurden. Der Kennwert für den
Wärmedurchgang durch eine bestimmte Wandkonstruktion ist die

Wärmedurchgangszahl k [W/m2 K]

Sie ist, wie die Wärmeübergangszahl , auf eine Wandfläche von 1 m2


bezogen und gibt an, wie viel Watt [W] durch eine Wand hindurchge-
hen, wenn der Temperaturunterschied zwischen den Medien, diesseits
und jenseits der Wand, 1 K beträgt.

Die Einheit der Wärmedurchgangszahl k ist deshalb die gleiche wie die
der Wärmeübergangszahl .

44
Kennt man also den k-Wert einer Wand, so ist das Berechnen des
Wärmestromes  durch die Wand (übertragene Wärmemenge) nicht
schwierig.

Fig. 2-27 zeigt, welche rechnerischen Grössen in der k-Zahl einer Wand
zusammengefasst sind, wenn diese Wand aus drei Schichten verschie-
dener Dicke d und unterschiedlicher Wärmeleitzahl  besteht.

Fig. 2-27 Wärmedurchgang durch eine dreischichtige Wand

Nun bestehen die Wände eines Hauses aber keineswegs immer nur
aus drei Schichten, beispielsweise 2 Backstein- und 1 Isolierschicht. Es
kommt ja noch der Verputz dazu, und evtl. ist die Innenwand zusätzlich
mit Fliesen belegt oder mit Holz getäfert.

Weiter ist es ein Unterschied, ob das Mauerwerk aus gewöhnlichen


Backsteinen, Klinkern, Hohlsteinen oder ähnlichem ausgeführt ist. Auch
die Dicke des Mauerwerkes ist je nach Nutzungszweck des Baus unter-
schiedlich. So erstaunt es nicht, wenn die Tabellen der k-Werte der
gebräuchlichen Bauelemente in den Handbüchern der Haustechnik
mehrere Seiten füllen.

Einige Beispiele: k in W/m2 K


Fenster, einfach verglast ca. 5
Fenster doppelt verglast ca. 3
Doppelfenster & Isolierverglasung ca. 2,5
Innentür ca. 2,5
Aussentür, Holz ca. 3
Backsteinwand, 24 cm dick ca. 1,5
Backsteinwand, 36 cm dick ca. 1
Betonwand (nicht porig), 250 mm ca. 2,5
StahIblechwand ca. 6

45
Mit Hilfe dieser k-Werte berechnet man bei der Projektierung der Hei-
zungsanlage den Wärmestrom durch alle Bauelemente der Umschlies-
sungsflächen eines Hauses, denn kennt man den Wärmestrom, d.h. die
Wärmeverluste, so weiss man auch, wie gross die Leistung der Wär-
meerzeugung und die Wärmeabgabe der Heizkörper in den einzelnen
Räumen sein muss, um auch bei extremen Winterbedingungen die
Wärmeverluste decken zu können. Wir werden auf dieses Thema später
noch ausführlicher eingehen. Zusammenfassend können wir an dieser
Stelle aber schon festhalten:
In der HLK-Technik sind Wasser und Luft die Medien, mit denen wir es
vorwiegend zu tun haben. Die Wärmeübertragung von einem festen
Körper oder einer Wand auf diese Medien oder umgekehrt erfolgt durch
Konvektion, wobei wir zwischen Wärmeübergang und Wärmedurchgang
unterscheiden. Die Wärmeübergangszahl (und die Wärmedurchgangs-
zahl k sind die Kenngrössen für die Wärmeübertragung vom wärmeren
zum kälteren Medium. Mit ihrer Hilfe können sowohl die Wärmeverlus-
te durch Wände, Fenster, Türen und Rohrleitungen, wie auch die erfor-
derlichen Leistungen der Wärmeerzeuger und der Heizkörper berechnet
werden.

2.2.10 Wärmestrahlung Wir haben gelernt: Wärmestrahlen sind langwellige elektromagnetische


Schwingungen, die immer dann entstehen, wenn beim Zusammenprall
der Atome einzelne ihrer Elektronen kurzzeitig aus ihrer normalen Bahn
geschleudert werden. Als elektro-magnetische Schwingung gehorcht
die Wärmestrahlung, wie das Licht, den optischen Gesetzen, d.h. sie
breitet sich geradlinig aus, wird reflektiert und vermag auch einzelne
Stoffe zu durchdringen oder geringfügig in sie einzudringen. Glas bei-
spielsweise ist jedoch für Wärmestrahlung praktisch undurchlässig
(Fig. 2-28).

Fig. 2-28 Reflexion von Wärmestrahlen an einer Glasfläche

Als elektromagnetische Schwingung braucht die Wärmestrahlung auch


keine festen Teilchen als Transportmittel. Im Gegenteil; im luftleeren
oder luftgefüllten Raum pflanzt sie sich praktisch ungehindert fort (Son-
nenstrahlung, Licht von Glühbirne), während sie beim Auftreffen auf
feste oder flüssige Stoffteilchen diese thermisch anregt und dabei
selbst an Energie einbüsst. Elementare Gase wie Sauerstoff (O2), Stick-
stoff (N2) und Wasserstoff (H2), sowie trockene Luft und alle Edelgase
sind diatherm d.h. für die Wärmestrahlung durchlässig. Und Gase, die
keine Wärmestrahlung absorbieren, können auch keine solche emittie-
ren (aussenden). Aus Molekülen bestehende Gase und Dämpfe wie
Wasserdampf (H2O), Kohlenmonoxyd (CO), Kohlendioxyd (CO2), Schwe-
feldioxyd (SO2), Ammoniak (NH3) usw. absorbieren und emittieren
Strahlung in bestimmten Wellenlängenbereichen mit unterschiedlicher
Intensität. Die Strahlungsintensität ist dabei eine Funktion der Gastem-
peratur (z.B. Flamme eines Öl- oder Gasbrenners).
46
Feste Stoffe und Flüssigkeiten senden dagegen stets Wärmestrahlung
aus, und je höher deren Temperatur, desto stärker die Wärmestrahlung.
Die von einem Stoff ausgehende Energie durch Wärmestrahlung
wächst mit der 4. Potenz seiner absoluten Oberflächentemperatur.

Strahlungskoeffizient C Die Intensität (Leistung) der ausgesandten Wärmestrahlung bei einer


bestimmten Temperatur ist jedoch nicht bei allen Stoffen gleich gross.
Sie ist abhängig von der Strahlungskoeffizient C. Bei festen Stoffen
hängt dieser Koeffizient sehr stark von der Beschaffenheit der Oberflä-
che ab:

Oberfläche: C in W/m2 K4
Schwarzer Körper ≈ 5,75 * 10–8
Hochglanzpolierte Metalle ≈ 0,25 * 10–8
Weisse, glänzende Emaille ≈ 5,20 * 10–8
Ölfarben (alle Farben) ≈ 5,40 * 10–8
Aluminiumlack (Lackbronze) ≈ 2,20 * 10–8
Mauerwerk verputzt ≈ 5,40 * 10–8
Wasser ≈ 5,40 * 10–8

Die Tabelle zeigt uns: Ein absolut schwarzer Körper gibt am meisten
Strahlung ab, ein gleichgrosser hochglanzpolierter Körper aus Edelme-
tall dagegen am wenigsten. Die Farbe spielt keine so grosse Rolle. Prüft
man nun nach, wie viel der von einem Körper ausgesandten (emittier-
ten) Strahlung von einem gleichgrossen Körper des gleichen Stoffes
aufgenommen (absorbiert) wird, so kommt man zu den gleichen Wer-
ten.

Emission und Absorption von Wärmestrahlung halten sich also die Waa-
ge: Ein Stoff, der wenig Wärmestrahlung aussendet, nimmt auch wenig
Wärmestrahlung auf und umgekehrt.

Das Berechnen der vom einen zum anderen Körper durch Wärmestrah-
lung übertragenen Wärmeenergie ist trotzdem nicht so einfach, da auch
der Einfallswinkel der Strahlung berücksichtigt werden muss, die Stärke
und Häufigkeit der Reflexion sowie die Tatsache, dass beide Körper
gleichzeitig Strahlung aussenden und absorbieren. Wir wollen daher gar
nicht auf die Berechnung eingehen, sondern lediglich ein paar Beispiele
der Wärmeübertragung durch Strahlung ansehen:

Die glühenden Spiralen eines elektrischen Heizofens sind starke Wär-


mestrahler, zumal die Richtwirkung des Reflektors noch hinzukommt.
Die Wärmeabgabe durch Konvektion ist dagegen gering, da ja die Wär-
meübertragungsfläche (Spiralen) nur sehr klein ist (Fig. 2-29).

47
Fig. 2-29 Wärmeabgabe bei elektrischen Heizkörpern

Blasen wir diese glühenden Spiralen nun aber mit einem Ventilator an,
so kühlen sie sofort ab, denn nun führt die grosse Menge der vorbei-
strömenden LuftteiIchen die Wärme durch Konvektion ab (Wärmeüber-
gang in Verbindung mit erzwungener Strömung). Die Wärmestrahlung
geht dadurch sofort zurück: Aus dem Wärmestrahler ist ein elektrischer
Heizkonvektor geworden.

Bestimmte Heizkörper einer Warmwasser-Zentralheizung werden Radia-


tor (Strahler) genannt, weil sie einen grossen Teil ihrer Wärmeleistung
durch Strahlung an den Raum abgeben. Ist ein Radiator dagegen zum
Raum hin verkleidet, so wird seine Strahlung abgeschirmt, und er funk-
tioniert nur noch als Konvektor (Fig. 2-30).

Bei Konvektoren bemüht man sich, die Luft in möglichst engen Kontakt
mit den Heizflächen zu bringen, um einen guten Wirkungsgrad der Wär-
meabgabe durch Konvektion zu erzielen.

Fig. 2-30 Wärmeabgabe bei Warmwasser-Heizkörpern

48
Bei der Deckenstrahlungsheizung (Fig. 2-31 links) sind Rohre als Heiz-
körper in die Decke eingebettet oder dicht unter ihr aufgehängt. Wir
haben so eine sehr grosse Heizfläche, aber bei der horizontalen Anord-
nung des «Heizkörpers» an der wärmsten Stelle im Raum, kaum eine
Luftbewegung. Die Wärmeabgabe erfolgt daher fast ausschliesslich
durch Strahlung.

Fig. 2-31 Wärmeabgabe bei Deckenstrahlungsheizung (links) und Fussbodenheizung


(rechts)

Bei der umgekehrten Anordnung, der Fussbodenheizung (Fig. 2-31


rechts), liegen die Verhältnisse ähnlich, nur ist der Anteil der Wärmeab-
gabe durch Konvektion grösser, da die erwärmte Luft hier ja aufsteigen
kann, während sie bei der Deckenheizung sozusagen unter der Decke
«festhängt».

Diese Beispiele zeigen uns auch, dass bei der Wärmeübertragung vom
einen auf den anderen Stoff die Wärmeleitung, die Wärmekonvektion
und die Wärmestrahlung fast immer zusammenwirken:

Wärme ist eine schwer zu beherrschende Form der Energie. Wann


immer wir uns bemühen, einen Stoff an einem Ende zu erwärmen, so
gibt er am anderen Ende einen Teil der Wärme schon wieder durch Kon-
vektion, Strahlung oder Wärmeleitung ab. Manchmal ist das zwar
erwünscht; oft ist es aber nichts anderes als Wärmeverlust. Und,
genauer betrachtet, ist Heizen nichts anderes als ein laufendes Kom-
pensieren von Wärmeverlusten.

49
2.2.11 Die Mischungsregel
Mischtemperatur Die Mischungsregel ist die Gleichung zur Bestimmung der Misch-
temperatur tm die sich einstellt, wenn zwei Stoffe mit den Massen m1
und m2, den zugehörigen Temperaturen t1 und t2 und den spezifischen
Wärmekapazitäten c1 und c2 ohne Wärmezufuhr oder Wärmeabfuhr mit-
einander gemischt werden.

Aus dem Gleichgewicht von abgegebener und aufgenommener Wärme-


menge ergibt sich:
. .
Qauf = Qab

m1 * c1 * (tm – t1) = m2 * c2 * (t2 – tm)[°C]

tm = m1 * c1 * t1 + m2 * c2 * t2 [°C]
m1 * c1 + m2 • c2

oder vereinfacht, beim Mischen von zwei gleichen Medien c1 = c2:

tm = m1 * t1 + m2 * t2 [°C]
m1 + m2

In der HLK-Technik kommen Mischvorgänge wasserseitig bei den


hydraulischen Schaltungen (Vorlauftemperaturregelung) und luftseitig
bei der Mischluftregelung (Klappensteuerung) vor.

2.2.12 Die Zeitkonstante bei der


Wärmeübertragung
Übertragungsverhalten Bei allen Wärmeübertragungsvorgängen geht es um die Frage:

Welche Wärmemenge wird pro Zeiteinheit bei einer Temperatur-


differenz von x Kelvin von einer Wand auf ein Gas oder eine Flüssigkeit
oder von diesen auf eine Wand übertragen?

Wir lernten, dass die übertragene Wärmemenge von bestimmten


Kenngrössen der Wand abhängt, der Wärmeübergangszahl (bzw. der
Wärmedurchgangszahl k). In einem konkreten Fall, also bei einer Wand
bestimmter Grösse und stofflicher Beschaffenheit, hängt also die pro
Zeiteinheit übertragene Wärmemenge demnach nur noch von der Tem-
peraturdifferenz ab. Aber diese Temperaturdifferenz wird doch mit fort-
schreitender Wärmeübertragung immer kleiner!? Also wird doch auch
die übertragene Wärmemenge immer kleiner!? Wenn z.B. ein kalter
Metallwürfel auf eine 100 °C warme Kochplatte gestellt wird, so steigt
die Würfeltemperatur vorerst rasch an, weil ja die Temperaturdifferenz
noch sehr gross ist. Gegen Ende der Wärmeübertragung dagegen wird
sie in der gleichen Zeit nur noch geringfügig ansteigen, da ja die Tempe-
raturdifferenz nur noch vielleicht 1 K beträgt und dementsprechend
wenig Wärme übertragen wird. Die pro Zeiteinheit übertragene Wärme-
menge wird also immer kleiner.

50
Exponentialfunktion Vorgänge, bei denen sich die Grösse im Verhältnis zur Grösse selbst
ändert, verlaufen nach einer Exponentialfunktion, einer sogenannten
e-Funktion. In Fig. 2-32 sehen wir deutlich, wie die Temperaturände-
rung pro Zeiteinheit immer kleiner wird, da die zu überwindende Tempe-
raturdifferenz selbst immer kleiner wird (und sie bestimmt ja die über-
tragene Wärmemenge!)

Fig. 2-32 Temperaturänderung pro Zeiteinheit

In der Zeiteinheit T1 (genannt Zeitkonstante) werden knapp 2⁄3 (mathe-


matisch genau 0,632 oder 63,2 %) der insgesamt zu überwindenden
Temperaturdifferenz Δ durchschritten.

In der nächsten gleich grossen Zeiteinheit T2 werden von den verblei-


benden 36,8 % wiederum 63,2% durchschritten.

Und auch in der dritten Zeiteinheit T3 genau dasselbe: Wiederum wer-


den 63,2 % der noch verbleibenden Temperaturdifferenz aufgehoben
usw., bis nach ca. 5 T praktisch der Ausgleich erfolgt.

Ein konkretes Beispiel:

Wir nehmen ein Thermometer und stecken es solange in schmelzendes


Eis bis es 0 °C anzeigt. Dann nehmen wir es heraus und stecken es
sofort in ein Wasserbad, welches konstant auf 100 °C gehalten wird.
Gleichzeitig starten wir eine Stoppuhr und messen die Zeit, bis das
Thermometer 63 °C anzeigt. Nehmen wir an, dass es bei unserer Ver-
suchsanordnung 20 s dauert. Jetzt können wir voraussagen, dass das
Thermometer nach weiteren 20 s ca. 86 °C anzeigen wird und nach
nochmals 20 s ca. 95 °C. Von da an wird die Temperatur-Anzeige nur
noch sehr langsam weiter steigen und erst nach etwa 5 mal 20 s zeigt
es schliesslich praktisch 100 °C an. Theoretisch würden 100 °C aber erst
nach unendlich langer Zeit erreicht.

51
2.3 Hydrodynamik (Strömungslehre)
Strömung Als Strömung bezeichnet man die in zusammenhängender, stetiger
Weise erfolgende Bewegung von Flüssigkeiten, Gasen und Plasmen.
Man unterscheidet:

– Laminare Strömung
– Turbulente Strömung

Reibungsfreie Strömung Vernachlässigt man die an den Grenzflächen von Körpern und Flüssig-
keit zwischen einzelnen Flüssigkeitsschichten auftretenden Reibungs-
kräfte, so spricht man von reibungsfreier oder idealer Strömung. Die rei-
bungsfreie Strömung hat Bedeutung zum allgemeinen Verständnis von
Strömungsvorgängen und zur Berechnung von Geschwindigkeits- und
Druckverhältnissen (z.B. an einer Turbinenschaufel oder einem Flug-
zeug-Tragflügel). Sie ist für HLK-Technik nicht relevant.

Strömungen mit Reibung Die Strömung einer Flüssigkeit oder eines Gases in einem Rohr kann
laminar (geschichtet) oder turbulent (wirbelig) sein. Bei der laminaren
Bewegung in einem Rohr bewegen sich die einzelnen (Flüssigkeits-)
Teilchen auf achsenparallelen Stromlinien im allgemeinen mit unter-
schiedlicher Geschwindigkeit w.

Zwischen den einzelnen Stromfäden besteht eine Schubspannung


(Reibung), die umso grösser, je zäher die Flüssigkeit ist.

2.3.1 Laminare Strömung Eine Strömung mit sich nicht kreuzenden Strombahnen heisst laminare
Strömung. Die Flüssigkeitsteilchen gleiten wie in Schichten übereinan-
der und bewirken ein parabelförmiges Geschwindigkeitsprofil. Es ent-
stehen Schubspannungen und ein entsprechender Reibungswider-
stand. Die laminare Strömung eignet sich nicht zur Wärmeübertragung
aus Flüssigkeiten. In der Lüftungstechnik wird sie jedoch bei der zug-
freien Verdrängungslüftung angewandt.

Fig. 2-33 Geschwindigkeitsprofil bei laminarer Strömung in einem Rohr

2.3.2 Turbulente Strömung Sie weist ein sehr unruhiges, durcheinandergewirbeltes Strömungs-
muster auf. Die Strömungsfäden zerfallen und verlieren sich, Quer- und
Mischbewegungen entstehen. Die mittleren Partien führen den äusse-
ren Schichten Energie zu. Die langsameren äusseren Teilchen wandern
nach innen und wirken dort bremsend, wodurch das Geschwindigkeits-
profil ausgeglichener wird.

Fig. 2-34 Geschwindigkeitsprofil bei turbulenter Strömung

Bei HLK-Anwendungen hat man es fast ausschliesslich mit turbulenter


Strömung zu tun. Abgewinkelte Luftkanäle, lufttechnische Apparate wie
Wärmeübertrager, Ventilatoren etc. und vorstehende Kanten verwirbeln
die Strömung. In einem Rohr wird das endgültige Strömungsbild erst
nach einer gewissen Anlaufstrecke erreicht, deren Länge etwa 10x den
52
Rohrdurchmesser beträgt.
Reynolds-Zahl Für ein gegebenes Rohr erfolgt der Übergang von der laminaren zur
turbulenten Strömung bei einer bestimmten kritischen Geschwindig-
keit welche mit kritischen Reynolds-Zahl (Re) ausgedrückt wird
(Re = Zahlenwert, der aus Rohrdurchmesser, Fliessgeschwindigkeit und
Viskosität der Flüssigkeit gebildet wird). Er wird durch Reibung an der
Wand, Geschwindigkeitsänderung und anderen Faktoren beeinflusst.

Strömungswiderstand Der Strömungswiderstand in Rohren, Kanälen und Krümmern ist auch


von der Materialbeschaffenheit (Rohr- oder Kanalwände) abhängig. Um
eine Flüssigkeit oder ein Gas durch ein Rohr zu fördern, ist zur Überwin-
dung des Reibungswiderstandes ein Druckunterschied Δp erforderlich.
Um den Druckverlust so gering wie möglich zu halten, werden in Luft-
kanälen Leitbleche eingebaut oder Rohrführungen entsprechend gestal-
tet.

Der Widerstandsbeiwert  (Zeta), multipliziert mit dem dynamischen


Druck pdyn im Anströmquerschnitt, ergibt den Druckverlust Δp im
betreffenden Kanal-Formstück:
2
Δp = ζ • p • w [Pa]
2

Fig. 2-35 Verringerung des Δp durch strömungsgünstige Gestaltung von Rohren oder
Kanälen und Einbau von Leitblechen.

Betrachtet man in einem rechteckigen Kanal, mit einer Seitenlänge von


10 cm und laminarer Strömung beim Eintritt, das Strömungsbild 20 cm
hinter einer 90° Umlenkung, so zeigt sich direkt hinter der Umlenkung
ein stark verzerrtes Geschwindigkeitsprofil. Partiell können sogar Rück-
strömungen auftreten! Nach weiteren 80 cm ist das Geschwindigkeits-
profil wieder symmetrisch. Wenn keine weiteren Störungen auftreten,
wird das alte Strömungsprofil jedoch erst nach ca. 7–8 m wieder
erreicht.
Diese Vorgänge sind selbstverständlich bei Messungen im Rohr- oder
Kanalnetz zu berücksichtigen.

53
Fig. 2-36 Geschwindigkeitsprofile, gemessen nach einer 90° Umlenkung.

2.3.3 Geschwindigkeit und Druck Die aus den Geschwindigkeitsprofilen bestimmte mittlere Geschwin-
digkeit, multipliziert mit der Querschnittsfläche, ergibt den Volumen-
strom. Soll also der Volumenstrom mit einem Geschwindigkeitsfühler
gemessen werden, dann muss das zugehörige Geschwindigkeitsprofil
ermittelt werden.

Kontinuitätsgleichung Aus dem Satz von der Erhaltung der Masse folgt für die Strömung einer
inkompressiblen Flüssigkeit in einem Rohr:

A1 * w1 = A2 * w2

A1,2 = Querschnittsfläche [m2]


w1,2 = Geschwindigkeit [m/s]

Fig. 2-37 a) Geschwindigkeitserhöhung bei Querschnittsverengung


b) Abnahme des statischen Druckes bei Querschnittsverengung
(aus Recknagel-Sprenger 4/95 S215)

Der Energiesatz Kontinuitätsgleichung: Durch jeden Querschnitt eines Rohres fliesst pro
Zeiteinheit die gleiche Masse, bei inkompressiblen Medien das gleiche
Volumen.
Strömt ein Flüssigkeitsteilchen mit dem Volumen v und der Masse m
ohne Höhenänderung durch ein waagerechtes, sich verengendes Rohr,
so erhöht sich die Geschwindigkeit an der engsten Stelle von w1 auf w2
und damit auch der dynamische Druck von pdyn1 auf pdyn2 (Fig. 2-37a).
Der statische Druck ändert ebenfalls entsprechend, da die Geschwin-
digkeit dem neuen Querschnitt entsprechend variiert. (Fig. 2-37b).

54
Nach Bernoulli ist die Summe des statischen Druckes und des dynami-
schen Druckes (Staudruck) bei der verlustfreien Strömung an allen Stel-
len innerhalb des Rohres konstant.

pges = pdyn + pst = konstant

pst = statischer Druck (Druck auf die Fläche) in Pa


pdyn =  2 * w2 = dynamischer Druck (oder Staudruck) in Pa
pges = pst + /2 * w2 = Gesamtdruck in Pa mit  (Dichte) = m/v

Geschwindigkeitsenergie kann also in Druckenergie und Druckenergie


in Geschwindigkeitsenergie umgewandelt werden. In der Praxis sind
diese Vorgänge allerdings mit Druckverlusten durch Reibung verbun-
den. Diese Verluste (Δpv) summieren sich aus dem Reibungswiderstand
R (R = Druckabfall je m Rohr) multipliziert mit der Rohrlänge in Metern
plus den Einzelwiderständen die sich aus  * pdyn ergeben.
Strömt also ein Medium mit Druckverlusten (Δpv) durch ein waagrech-
tes Rohr vom Punkt 1 zum Punkt 2, dann ergibt sich der Gesamtdruck
im Punkt 2 wie folgt:

pges2 = pges1 – Δpv

Aus dem Druckunterschied lässt sich die Geschwindigkeit und damit


die durchfliessende Menge bestimmen.

Fig. 2-38 Druckmessung mit dem Staurohr

Die Flüssigkeitssäule pdyn kann mit einer Geschwindigkeits-Skala


versehen werden, weil pdyn = /2 * w2 ist.

Mit dem Staurohr wird die Geschwindigkeit also indirekt bestimmt.

Bei Lüftungsanlagen, mit ihren Hindernissen, Umlenkungen usw. erge-


ben sich infolge der Reibung Druckverluste, welche der Ventilator durch
die von ihm bewirkte Erhöhung des statischen Druckes überwinden
muss. In Fig. 2-39 ist der typische Druckverlauf einer solchen Anlage
dargestellt.

55
Vor dem Ventilator sinken wegen der Saugwirkung der statische und
der Gesamtdruck. Nach dem Ventilator erreichen diese den höchsten
Wert. Im Wärmeübertrager entsteht ein beträchtlicher Druckverlust,
ebenso im 90°-Krümmer und ein geringerer in den dazwischen liegen-
den Kanalabschnitten. Im Raum wird nach dem Einblasen wieder der
Ausgangsdruck p0 erreicht.

Fig. 2-39 Druckverlauf in einer Lüftungsanlage

56
2.4 Hygienische Grundlagen
2.4.1 Der Wärmehaushalt des Menschen Die Körpertemperatur des Menschen beträgt ca. 37 °C, an der Haut-
oberfläche im Mittel jedoch nur etwa 33 °C. Diese Wärme erzeugt der
Mensch durch chemische «Verbrennung» (Oxydation) seiner Nahrung,
wobei im Prinzip jene Sonnenenergie wieder frei wird, die zum Aufbau
der Nahrungsmittel in der Pflanze erforderlich war.
Mit 33 °C an der Hautoberfläche liegt die Körpertemperatur des Men-
schen im europäischen Raum fast während des ganzen Jahres höher
als die Temperatur seiner Umgebung. Der Mensch gibt daher laufend
Wärme ab, und zwar ungefähr
– 35 % durch Wärmeleitung und Konvektion
– 35 % durch Wärmestrahlung
– 24 % mit dem Wasserdampf (Schwitzen, Atmen)
– 6% für die Erwärmung von Speisen, Getränken und der
Atemluft (Fig. 2-40).

Fig. 2-40 Prozentuale Wärmeabgabe des Menschen

Die eben genannten prozentualen Anteile sind Mittelwerte. Im Sommer


oder bei harter körperlicher Arbeit wird die Wärme mehr durch Verduns-
tung abgegeben; im Winter dagegen mehr durch Konvektion und Strah-
lung.

In welcher Form die Wärme auch abgegeben wird: Der Körper ist
bestrebt, seine Normaltemperatur einzuhalten, da nur bei dieser Tempe-
ratur die Lebensvorgänge normal ablaufen können. Im Winter schränkt
er deshalb die Wärmeabgabe ein, indem sich die Haut zusammenzieht,
so dass das warme Blut nicht mehr bis in die äussersten Kapillaren vor-
dringen kann; im Sommer oder in warmen Räumen erweitert er diese 57
Blutgefässe so, dass eine vermehrte Wärmeabgabe durch Verdunstung
erfolgen kann. Dieser natürlichen Temperaturregelung sind aber Gren-
zen gesetzt. Dauernde Gefässverengung kann zum Erfrieren führen,
dauernde Gefässerweiterung zu einem zu grossen Blutdruckabfall
(Hitzekollaps). Der Mensch unterstützt diese automatische Temperatur-
regelung seines Körpers durch entsprechende Bekleidung und Nah-
rungszufuhr, sowie durch Heizen oder Kühlen seiner Aufenthaltsräume.

Die vom Körper abgegebene Gesamtwärmemenge hängt nicht nur von


der Umgebungstemperatur ab, sondern mehr noch von seiner Tätigkeit
(Fig. 2-41).

Fig. 2-41 Tätigkeitsbezogene Wärmeabgabe eines erwachsenen Menschen in Watt

Diese Wärmemengen interessieren bei der Planung von Heizungs-, Lüf-


tungs- oder Klimaanlagen vor allem dann, wenn die Räume häufig mit
vielen Personen besetzt sind (z.B. Verkaufsläden, Bürogebäude, Schu-
len, Kinos oder Restaurants).

Innerer Wärmegewinn Der Wärmezuwachs in Gebäuden durch interne Wärmequellen wie


Lampen, Computer, Kopiergeräte etc. ist, aufgrund der guten Isolierung
von Gebäuden und der dichten Gebäudehülle, in den Spitzenzeiten oft
so gross, dass sogar im Winter noch gekühlt werden muss. Die anfal-
lende Wärme wird als innerer Wärmegewinn bezeichnet.

Dieses Beispiel zeigt bereits, dass eine komfortable Heizungs- & Lüf-
tungsanlage nicht nur auf den Normalfall ausgelegt sein darf, sondern
dass schon bei der Projektierung der Anlage auch an die maximale und
minimale Besetzung der Räume gedacht werden muss. Im Winter kann
der innere Wärmegewinn auch als Wärmebeitrag wieder zurückgewon-
nen und somit der Energieverbrauch reduziert werden. Im Sommer
dagegen muss er unter Einsatz erheblicher Energiemengen «wegge-
kühlt» werden.

In einem mittleren Kino produzieren 300 Personen immerhin zirka


30 kW, also bei einer 3-stündigen Vorführung eine Wärmeleistung von
gegen 100 kWh!

Die laufende Wärmeabgabe seines Körpers wird dem Menschen solan-


ge nicht bewusst, wie der Körper das Temperaturgleichgewicht mit der
Umwelt ohne Anstrengung aufrecht erhalten kann. Erst wenn diese
Grenze überschritten wird und er zu frösteln oder zu schwitzen beginnt
d.h. wenn er sich unbehaglich fühlt, erst dann merkt er, dass er «eine
Temperatur hat» und dass er mit dieser Temperatur in einem ständigen
Wärmeaustausch mit seiner Umgebung steht.

Ziel der HLK-Technik ist deshalb, die Aufenthaltsräume des Menschen


so zu behandeln, dass sein Körper ohne Anstrengung das Temperatur-
gleichgewicht mit dem Raum aufrechterhalten kann. Diese Aufgabe ist
gar nicht so leicht, denn so unterschiedlich wie der Charakter der Men-
schen, so unterschiedlich ist auch dessen Behaglichkeitsempfinden.
58
2.4.2 Die behagliche Raumtemperatur Der Mensch ist, wärmephysikalisch gesehen, ein Körper mit einer Ober-
flächentemperatur von etwa 33 °C. Befindet er sich in einem Raum, sei
es sein Wohn-, Arbeits- oder sonst ein Aufenthaltsraum, so steht er mit
diesen 33 °C Oberflächentemperatur in einem ständigen Wärmeaus-
tausch mit den Wänden, der Decke, dem Fussboden, den Fenstern,
dem Heizkörper, ja sogar den Möbeln und den Lampen, kurzum mit sei-
ner Umgebung (Fig. 2-42). Ist die Temperatur seiner Umgebung zu nie-
drig, so gibt er zuviel Wärme ab. Er fröstelt oder friert und fühlt sich
unbehaglich (linke Bildhälfte). Ist die Umgebungstemperatur zu hoch, so
kann er seine Körperwärme nicht schnell genug abgeben. Er beginnt zu
schwitzen, und fühlt er sich auch in dieser Situation unbehaglich (rechte
Bildhälfte).

Fig. 2-42 Wärmeaustausch zwischen dem Menschen und seiner Umgebung

Wo liegt nun die richtige, vollauf behagliche Raumtemperatur, bei der


ein Mensch weder fröstelt noch schwitzt? Und welche anderen Krite-
rien spielen noch eine wichtige Rolle?

Die behagliche Raumtemperatur hängt zuerst einmal davon ab, welche


Tätigkeit der Mensch ausübt, denn wir wissen: Je grösser seine körper-
liche Leistung, desto grösser ist seine Wärmeproduktion. Und diese
Wärme muss der Körper ja abgeben können, wenn er sich behaglich
fühlen soll. Weitere Kriterien zur Bestimmung der behaglichen Raum-
temperatur sind:

– das persönliche Temperament


– die Essgewohnheiten
– die Bekleidungsgewohnheiten

Für Wohn-, Büro- und sonstige Aufenthalts- und Arbeitsräume, in denen


nur leichte Tätigkeiten ausgeübt werden, liegt die behagliche Raumtem-
peratur bei 20 bis 22 °C vorausgesetzt, dass sich der Raum in einem
gut isolierten Haus befindet. In einem Kellerraum mit kalten und feuch-
ten Wänden gäbe es sogar bei einer Raumtemperatur von 22 °C mit
Sicherheit ein unbehagliches Gefühl. Warum? Die Erklärung dafür liegt
darin, wie der Mensch seine Körperwärme abgibt:

– ca. 35 % durch Wärmeleitung und Konvektion


– ca. 35 % durch Wärmestrahlung
– ca. 30 % durch Verdunstung usw.

59
Für die 35 % Wärmeabgabe durch Leitung und Konvektion, sowie für
die 30 % Wärmeabgabe durch Verdunstung bildet die Raumtemperatur
von 22 °C ein harmonisches «Gegengewicht», nicht aber für die 35 %
Wärmeabgabe durch Wärmestrahlung, welche die vielleicht nur 12 °C
warmen (kaltfeuchten!) Kellerwände förmlich «aufsaugen». Durch die-
sen erheblichen Wärmeverlust empfindet der Mensch die Raumtempe-
ratur nicht mehr als 22 °C, die sie effektiv hat, sondern nur noch etwa
als 15 °C und fühlt sich daher unbehaglich.

Beträgt dagegen die Wandtemperatur z.B. 17 °C, so empfindet der


Mensch eine Raumtemperatur von 22 °C als etwa 18…19 °C und damit
im Allgemeinen als behaglich. Infolge des Strahlungseinflusses der
Wände müssen wir also zwischen der gemessenen und empfundenen
Raumtemperatur unterscheiden.

In Fig. 2-43 ist diese gegenseitige Strahlungsbeeinflussung durch unter-


schiedlich lange «Strahlen» dargestellt. Links wird die Strahlungsab-
gabe des Menschen nicht kompensiert, da die kalte Wand zu wenig
Wärmestrahlung abgibt. 22 °C Raumtemperatur werden daher nur als
ca. 15 °C empfunden. Rechts dagegen befinden sich Mensch und
Wand etwa im Strahlungs-Gleichgewicht.

In allen schlecht oder ungenügend isolierten Bauten finden wir, dass es


von den Aussenwänden «zieht». Die vermehrte Strahlungsabgabe an
diese kalten Wände verursacht ständig das Gefühl, «als fiele einem ein
kalter Luftstrom in den Nacken».

Fig. 2-43 Strahlungseinfluss und Behaglichkeit

Abhilfe schafft hier nur eine etwas erhöhte Raumtemperatur, so dass


die empfundene Temperatur 20 °C beträgt, obgleich die effektive Raum-
temperatur bei 22…23 °C liegt. Das Diagramm (Fig. 2-44) veranschau-
licht diese Temperaturzusammenhänge. Links Wandtemperatur, unten
Temperatur der Raumluft.

60
Fig. 2-44 Diagramm für die Bestimmung der erforderlichen Wandtemperatur für eine
behagliche Raumtemperatur

Liegt der Schnittpunkt der beiden Temperaturwerte im schraffierten


Bereich, so wird die Raumtemperatur im allgemeinen als behaglich
empfunden. Dieses Diagramm gilt natürlich nur für Wohn- und Büro-
räume sowie Arbeitsräume, in denen keine schwere körperliche Arbeit
verrichtet wird.

Kalte Flächen mit entsprechendem «Behaglichkeitsentzug» sind auch


die Fenster. Doppel- oder Isolierverglasung können diese Störeinflüsse
reduzieren.

Die Heizkörper werden unter den Fenstern angebracht und schaffen


nicht nur einen Wärmevorhang vor den Fenstern, sondern kompensie-
ren durch ihre Wärmestrahlung auch weitgehend die vermehrte Strah-
lungsabgabe des Menschen an die kalten Fensterflächen. Fig. 2-45
zeigt den gegenseitigen Strahlungsaustausch bei den verschiedenen
Heizungsarten.

Bei Radiatorenheizungen wird eine übermässige Wärmestrahlung zu


heisser Heizkörper als unbehaglich empfunden, da ja der Mensch dann
seinen eigenen Strahlungsanteil nicht ungehindert abgeben kann, son-
dern im Gegenteil noch «aufgeheizt» wird.

Ebenfalls aus Behaglichkeitsgründen darf bei Deckenstrahlungsheizun-


gen bei einer Raumhöhe < 2,50 m eine Deckentemperatur von 32 °C
nicht überschritten werden, und bei einer Fussbodenheizung ist an den
ständig begangenen Stellen nur eine Oberflächentemperatur von
25…26 °C zulässig.

Eine Kühldecke dagegen wird als angenehm empfunden, weil die


Körperwärme abstrahlen kann (Ein kühler Kopf und warme Füsse waren
schon immer gut!).

61
Fig. 2-45 Strahlungsaustausch bei Heizkörper-, Fussboden- und Deckenheizung

Diese Behaglichkeitstemperaturen gelten aber nur als Mittelwerte für


Wohn-, Aufenthalts- und Arbeitsräume, in denen leichte Arbeiten ver-
richtet werden, also Büro- und Verkaufsräume, Laboratorien usw. In
Räumen, in denen schwere Arbeiten verrichtet werden, muss die
Raumtemperatur erheblich niedriger liegen, damit der menschliche
Körper seine Wärme, möglichst ohne zu schwitzen, abführen kann.

Für die behagliche Raumtemperatur gibt es also kein festes Mass, denn
die Reihe der Faktoren und Einflüsse, die die Behaglichkeit bestimmen,
geht noch viel weiter:

Luftfeuchtigkeit Bei zu trockener Luft werden die Schleimhäute durch den Staubgehalt
der Luft viel stärker gereizt als bei normaler Luftfeuchtigkeit. Zu feuchte
Luft empfindet der Mensch dagegen als «schwül», weil er hier den
Verdunstungsanteil seiner Gesamtwärmeabgabe nicht ungehindert
abgeben kann.

Luftbewegung Zu starke Luftbewegung bei normaler Lufttemperatur steigert die Wär-


meabgabe durch Verdunstung resp. Konvektion und wird als Kälte oder
Zug empfunden.

Luftreinheit Rauch, Staub und verbrauchte Luft werden als unbehaglich empfunden
(Übelkeit).

Sauerstoffgehalt Wenn der Sauerstoffgehalt zu niedrig ist, ist der Kohlendioxydgehalt


(CO2) der Luft zu hoch. Dies führt von Müdigkeit zu Übelkeitsgefühlen
bis Ohnmacht, in überfüllten, meist auch überheizten Sälen.

Ionisierungsgrad Der elektrostatische Ladezustand der Luft, besonders vor und nach
Gewittern, bei Föhn usw. beeinflusst sehr stark das Behaglichkeitsemp-
finden (Nervosität, Reizbarkeit, Kreislaufbeschwerden).

All diese Faktoren muss die Lüftungs- und Klimatechnik zusätzlich zur
Temperaturregelung berücksichtigen. Darüber hinaus spielen im Hin-
blick auf das Behaglichkeitsgefühl auch die Farbe und Grösse der Räu-
me, ihre Möblierung, Teppiche, Beleuchtung usw. eine grosse Rolle,
denn auch diese Elemente werden als «warm» oder als «kalt» empfun-
den und der Aufenthalt in diesen Räumen als angenehm oder unange-
nehm. Dabei hat jede und jeder von uns sein eigenes, ganz individuel-
les Behaglichkeitsempfinden, so dass bei kollektiv benützten Räumen
immer nur mit mittleren Behaglichkeitswerten gerechnet werden kann.

62
Wir sehen also: Die behagliche Raumtemperatur gibt es tatsächlich
nicht. Im Hinblick auf behagliches Wohnen (und Arbeiten!) merken wir
uns aber:

– Entscheidend ist nicht die eingestellte und gemessene Lufttempera-


tur, sondern allein die empfundene Raumtemperatur.
– In Bauten mit schlecht isolierten und daher kalten Aussenwänden
wird die Raumtemperatur stets als kühler empfunden als sie effektiv
ist, da der Körper hier übermässig viel Wärme verliert. Abhilfe schafft
nur eine etwas höhere Raumtemperatur. Dies gilt auch für noch
nicht ausgetrocknete Neubauten.

Ein Raumtemperaturregler sollte aus all diesen Gründen immer nach


dem Behaglichkeitsempfinden eingestellt werden, wobei die
«üblichen» Normwerte nur als Richtwerte für die Ersteinstellung zu
betrachten sind.

63
3. Übersicht Heizungsanlagen

3.1 Einfache Heizungsanlage Mit einer Heizungsanlage wird das Bedürfnis der Gebäudebenutzer
nach angenehmer Raumtemperatur auch bei kalter Witterung zufrieden-
gestellt. Eine Heizungsanlage kann grob in die folgenden Bereiche
unterteilt werden:
• Wärmeerzeugung
• Wärmeverteilung
• Wärmeabgabe

Die Heizungsanlage wird oft auch mit einer Einrichtung zur Erwärmung
von Brauchwarmwasser kombiniert.

Fig. 3-1 Einfache Heizungsanlage mit integrierter Brauchwassererwärmung

Wärmeerzeugung 8 Umwälzpumpe
1 Heizkessel 9 Regelventil mit Stellantrieb
2 Brenner 10 Heizungsregler
3 Brauchwassererwärmer 11 Vorlauftemperaturfühler
4 Kesselpumpe 12 Aussentemperaturfühler
5 Sicherheitsventil
6 Ausdehnungsgefäss Wärmeabgabe
13 Heizkörper
Wärmeverteilung, Regelung
7 Heizungsleitungen (Vorlauf-, Rücklauf-
und Bypassleitungen)

64
3.2 Einteilung der Heizungssysteme Heizungssysteme können nach verschiedenen Kriterien, wie z.B. Was-
sertemperatur, Art der Wasserführung, Energieart, usw. eingeteilt wer-
den. Eine mögliche Einteilung zeigt die nachfolgende Zusammenstel-
lung. Die gezeigten Temperaturen (100 °C resp. 120 °C) beziehen sich
auf die, am Sicherheitstemperaturbegrenzer eingestellten Werte. Die
Einteilung ist von Land zu Land etwas unterschiedlich und basiert auf
den jeweiligen Normen und Vorschriften.

Heizungs-Systeme

Zentralheizungen Fernheizungen Heizkraftwerke Sonderformen

Warmwasser Warmwasser Dampfkraftwerk Wärmepumpe


 100 °C  100 °C – El. Strom
– Heizwärme
Solaranlage
Heisswasser Heisswasser BHKW
 120 °C  120 °C (Blockheizkraftwerk)
PWWH > 120 °C – Nahwärme TABS
(Pumpenwarmwasser) (thermisch aktive
Dampf Bauteil-Systeme)
Dampf

Luft

Fig. 3-2 Einteilung von Heizungs-Systemen (entspricht Zuordnung in Deutschland)

3.3 Wärmeerzeugung bei Warmwasser-


Zentralheizungen
3.3.1 Öl- und Gasheizkessel
3.3.1.1 Heizkessel-Bauarten
Umstell-, Wechsel- und für Öl oder Gas und feste Brennstoffe werden heute nur noch für klei-
Doppelbrandkessel nere Leistungen hergestellt. Sie sind für beide Brennstoffarten nicht
optimal und sollten deshalb in der Regel nicht mehr eingesetzt werden.

Öl- und Gaskessel die für diese Brennstoffe allein gebaut sind, werden in vielen Aus-
führungsvarianten angeboten. Diese können in die folgenden Bauarten
zusammengefasst werden:

Bauart A Guss- und Stahlkessel mit nach unten begrenzter Kesselwassertem-


peratur und tiefer Abgastemperatur. Diese Bauart kann heute als
Standardausführung für grosse Kessel bezeichnet werden. Wegen der
relativ hohen Kesselwassertemperatur ist bei dieser Bauart praktisch
immer ein Mischventil für die Vorlauftemperaturregelung erforderlich.

Bauart B Heizkessel für gleitende Kesselwassertemperatur und relativ hohe


Abgastemperatur. Die Abgas-Kondensatbildung in der Brennkammer,
bei gleitender Betriebsweise, wird durch spezielle Materialkombinatio-
nen in Verbindung mit einer «heissen Brennkammer» verhindert. Tiefe
Abgastemperaturen sind jedoch bei dieser Bauart nicht möglich.

Bauart C Chromstahlkessel für gleitende Kesselwassertemperatur und tiefe


Abgastemperatur. Die Einschränkungen der Bauarten A und B werden
hinfällig, wenn der Kessel aus einem korrosionsbeständigen Material
gebaut wird. Der Preis eines Chromstahlkessels ist jedoch entspre-
chend höher.

65
Bauart D Kondensationskessel oder Brennwertkessel. Durch möglichst vollstän-
dige Kondensation des Wasserdampfanteils der Abgase (Taupunkt bei
Öl EL ca. 47 °C; bei Erdgas ca. 57 °C) wird auch die darin enthaltene
Verdampfungswärme (ca. 10 % für Gas, ca. 6…7 % für Öl) genutzt.
Weil die Kesselwirkungsgrade üblicherweise auf den unteren Heizwert
Hu bezogen werden, der die latente Wärme nicht enthält, ergeben sich
bei Kondensationskesseln relative Wirkungsgrade von über 100 %! Die-
se Interpretation ist natürlich technisch nicht zulässig. Korrekt wäre die
Bezugnahme des Wirkungsgrades auf den oberen Heizwert Ho, den
sog. «Brennwert», der die gesamte Wärmemenge wiedergibt, die bei
der Verbrennung des Brennstoffes entsteht. Voraussetzung für die Kon-
densation des Abgases sind entsprechend tiefe Rücklauftemperaturen
(< 40 °C) aus den Wärmeverbrauchern. Ausserdem müssen einige Pro-
bleme bezüglich Korrosion, Verschmutzung, Ableitung und Neutralisa-
tion des Kondensats usw. gelöst werden. Diese Probleme sind für
Gaskessel wesentlich einfacher zu lösen als für Ölkessel.

3.3.1.2 Warmwasserversorgung
mit dem Heizkessel
Kombikessel sind Öl- oder Gaskessel mit eingebautem Brauchwasser-Erwärmer
(Boiler). Mit den heutigen Konstruktionen für kombinierte Heizung und
Warmwasserversorgung sind wirtschaftlich akzeptable Lösungen
möglich.

Separate Speicher-Wasserwärmer Bei einem separaten Speicher-Wassererwärmer (Beistell-Boiler) für


einen Tagesbedarf, mit Elektroheizeinsatz, kann der Heizkessel im
Sommer stillgelegt werden. Für die Kombination mit Sonnenkollektoren
siehe Kapitel 3.3.3.

Separater Warmwasser-Kessel In Grossanlagen führt die Forderung, einen Tagesbedarf zu speichern,


zu sehr grossen Speichervolumen. Zudem sinkt die Warmwassertem-
peratur, wegen der Verluste im ausgedehnten, oft schlecht isolierten
Zirkulationssystem, gegen Abend stark ab.

Mit einem separaten, nur für das Warmwasser reservierten, kleineren


Kessel werden beide Probleme vermieden: Das erforderliche Speicher-
volumen ist kleiner, und die Warmwassertemperatur im Speicher muss
morgens nicht überhöht werden, damit sie abends noch genügt.

3.3.1.3 Brenner Für Öl- und Gasheizkessel werden heute die folgenden Brennerkon-
struktionen verwendet:

Öl-Zerstäuberbrenner Das Heizöl wird unter hohem Druck durch die Düse in feine Tröpfchen
zerstäubt und anschliessend mit der Verbrennungsluft vermischt. Je
feiner die Zerstäubung, umso besser die Verbrennung aber umso höher
wird auch die Störanfälligkeit des Brenners. Bei kleinen Brennern
bewirkt eine Düsenstangen-Vorwärmung den russfreien Anlauf.

66
Fig. 3-3 Öl-Zerstäuberbrenner (Funktionsprinzip)

1 Ölzuleitung 6 Düse
2 evtl. Rückleitung zum Tank 7 Ventilator
3 Filter 8 Brennerkopf
4 Ölpumpe und Druckregelventil 9 Zündtrafo
5 Magnetventil 10 Zündelektroden

Fig. 3-4 Mehrkessel-Anlage mit Öl-Zerstäuberbrenner (hinten mit Schalldämmhaube)

Blaubrenner Durch Ölverdampfung wird der Öl- zum Gasbrenner und erzeugt eine
blaue Flamme (Blaubrenner). Dadurch kann die Zerstäubung umgan-
gen, die Verbrennungsqualität erhöht und der Schadstoffausstoss (CO,
CH, NOx) reduziert werden. Beim Brennerstart sorgt eine Elektro-Hei-
zung für die Verdampfung und erhöht dadurch den Stromverbrauch.

Leistungen einstufige Brenner ab ca. 10 kW


zweistufige Brenner ab ca. 25 kW
modulierende Brenner (stetig ab ca. 40 %) ab ca. 200 kW

67
Gas-Gebläsebrenner Aufbau und Leistungsstufen sind ähnlich wie beim Öl-Zerstäuber-
brenner. Anstelle der Feinheit der Zerstäubung ist hier die Dichtheit der
Gaszufuhr das Hauptproblem. Die Gasstrasse (3) überwacht das Gas-
zufuhrsystem auf Undichtheiten.

Fig. 3-5 Gas-Gebläsebrenner

1 Ventilator 5 Brennerkopf
2 Luftklappe 6 Zündtrafo
3 Gasstrasse 7 Zündelektroden
4 Gasinjektor

Zweistoffbrenner Zweistoffbrenner sind Gebläsebrenner, die ohne Umbau mit Gas und
Öl betrieben und auch automatisch umgeschaltet werden können.
Sie werden ein-, zweistufig oder modulierend gesteuert und sind ab ca.
25 kW erhältlich. Vorteile sind die Versorgungssicherheit sowie der
günstigere Gaspreis durch die Möglichkeit, zu Spitzenzeiten des Gas-
bezugs auf Ölfeuerung umzuschalten.

3.3.1.4 Atmosphärische Gasbrenner Die meisten atmosphärischen Gasbrenner werden entweder als Bren-
nerrost mit mehreren Stabbrennern oder als Rundbrenner mit einem
oder mehreren Ringen gebaut. Die Anpassung an die verschiedenen
Gasarten (Erdgas, Flaschengas) geschieht mittels entsprechenden
Düsen. Es gibt einstufige Brenner für Leistungen ab 2 kW sowie zwei-
stufige oder modulierende Brenner.

Fig. 3-6 links: Gas-Spezialkessel aus Grauguss mit Brenner ohne Gebläse
(Quelle: Buderus)
rechts: Wandmontierter Brennwert-Gaskessel (mit Gebläsebrenner; Schnittbild)

1 Wärmeschutz 8 Abgas
2 Brenngas 9 Vorlaufwasser
3 Gas- Luftgemisch 10 Brennraumüberdruck
4 Gasdüsen 11 Heizgaswege
5 Luftdüsen 12 Rücklaufwasser
6 Verbrennungsgebläse 13 Rippenrohre Aluguss
7 Zufuhr Verbrennungsluft 14 Kondensat

68
Zu den atmosphärischen Gasbrennern gezählt wird auch der Gasinjek-
tor-Brenner.
Ein Teil der Verbrennungsluft wird vom Gasinjektor als Primärluft ange-
saugt.
Die Sekundärluft strömt wegen des thermischen Auftriebs der Flam-
men nach oder wird – bei grossem Kesselwiderstand – von einem
Abgasventilator nachgesaugt. Anstelle einer ständig brennenden Zünd-
flamme wirkt heute eine elektronische Zündung.

Fig. 3-7 Atmosphärischer Gasinjektor-Brenner

1 Gaszufuhr 4 Brenner
2 Gasstrasse 5 Flammenüberwachung
3 Gasinjektor 6 Zündflamme

3.3.1.5 Holzgas-Vorfeuerung Einem normalen Heizkessel ohne Brenner wird ein Holzgasgenerator
vorgeschaltet. Darin werden Holz und Holzabfälle von begrenzter Stück-
grösse und nicht mehr als 20 % Feuchtigkeit verschwelt und bei
1000…1300 °C in Holzgas umgewandelt. Dieses strömt in den Heiz-
kessel wo es verbrannt wird.

Unter günstigen Bedingungen sind die Vorteile:

• hoher Wirkungsgrad wegen der praktisch vollständigen Verbrennung


der Schwelgase
• keine Verpechung von Kessel und Kamin
• rauchfreie Abgase
• lange Beschickungsintervalle möglich
• einfache Leistungsregelung

3.3.1.6 Manuell beschickte Speziell für die Beschickung mit grobem Stückholz (Spälten) konstruier-
Stückholz-Feuerung te Kessel werden in ländlichen, bewaldeten Gegenden eingesetzt,
wo der Antransport und die manuelle Aufbereitung des Holzes, sowie
auch die Beschickung des Kessels keine speziellen Probleme ergeben
(z.B. in Bauernhöfen, Käsereien und anderen Klein-Gewerbebetrieben).
Solche Kessel sind im Leistungsbereich von ca. 20…100 kW erhältlich
und lassen sich nach der Feuerungsart unterscheiden:

Feuerung mit Durchbrand Feuerung mit Durchbrand, bei welcher der gesamte eingefüllte Brenn-
stoff im Feuer liegt. Die Holzstücke werden gut luftdurchlässig aufge-
schichtet und verbrennen dadurch mit Luftüberschuss. Der feuerungs-
technische Wirkungsgrad wird dadurch kaum über 70 % liegen.

69
Feuerung mit unterem Abbrand Feuerung mit unterem Abbrand: Die Holzstücke (Spälten bis zu 1,6 m
Länge) werden ziemlich kompakt bis ca. 1,5 m Höhe aufgeschichtet und
nur in der untersten Zone verbrannt. Die Verbrennungsluft wird über
Gebläse zugeführt und für die optimale Verbrennung dosiert. Weil das
noch nicht brennende Holz in der heissen Brennkammer liegt, ent-
wickelt es Schwelgase, die mit Sekundärluft vermischt und in einer spe-
ziell dafür konstruierten Nachbrennzone verbrannt werden. Dadurch
werden feuerungstechnische Wirkungsgrade von > 90 % erreicht. Der
vollständige Abbrand einer Beschickung dauert etwa 4…6 Std. Und die
dabei erzeugte Wärmeleistung reicht in der Regel für einen 24-Stunden-
Wärmebedarf aus.

Fig. 3-8 Holz-Kessel mit unterem Abbrand (Quelle: Fröling)

Gemäss den Sicherheitsvorschriften muss die Anlage jederzeit in der


Lage sein, die Wärmekapazität einer Beschickung abzunehmen, bzw.
zu speichern. Deshalb werden solche manuell beschickten Stückholz-
Kessel praktisch immer in Kombination mit einem Wärmespeicher
betrieben, der im Notfall auch elektrisch geladen werden kann.

3.3.1.7 Automatische Stückholz- und Feuerungen mit automatischer Zufuhr des Brenngutes erlauben einen,
Schnitzelfeuerungen dem Wärmebedarf angepassten, vollautomatischen Teillastbetrieb von
bis zu 10 % der Spitzenlast. Dieser ist nicht nur bei Öl- oder Gasfeue-
rung, sondern auch bei speziellen Holzfeuerungen möglich. Dazu gehö-
ren die folgenden Systeme:

• Unterschubfeuerung, mit Stückholz aus einem Silo mit «Langsam-


zerhacker».
• Unterschubfeuerung mit Holz-Hackschnitzeln (Fig. 3-9). Je nach der
Grösse der Anlage werden die Schnitzel mit einer stationären, zur
Feuerungsanlage gehörenden Hackmaschine (Grossanlagen) oder
mit mobilen Maschinen hergestellt. Eigentliches Problem ist der
Feuchtigkeitsgehalt der Hackschnitzel. Zwar können Schnitzel mit
25…3 % Feuchte, wie sie bei nur kurzer Waldlagerung anfallen, gut
verfeuert werden. Der Schwefelgehalt der sog. "Grünschnitzel" ist
jedoch hoch und der Heizwert relativ schlecht. Ein optimaler Heiz-
wert und minimaler Schwefelgehalt wird nach einer Trocknungszeit
von 3 bis 4 Jahren erreicht. Für eine wirtschaftlichere Nutzung des
verfügbaren Holzmaterials sowie für die Belieferung kleinerer Anla-
gen (ab 30 kW!) sollten die Schnitzel jedoch von grossen, dezentra-
len Trocknungslagern bezogen werden können.
• Einblasfeuerung für feinkörnige Abfälle (Späne, Schleifstaub) der
holzverarbeitenden Industrie.
70
Fig. 3-9 Automatische Unterschubfeuerung mit Holz-Hackschnitzeln

3.3.1.8 Pellets-Heizkessel
Pellets Pellets kommt aus dem Englischen und heißt Kügelchen oder Röllchen.
Diese Röllchen mit einem Durchmesser von 6 bis 8 mm und einer
Länge von ca. 35 mm, werden ausschließlich aus trockenem, natur-
belassenem Restholz ohne chemische Zusätze unter hohem Druck
gepresst. 2 kg Holzpellets ersetzen 1 Liter Heizöl.

Holzpellets
• sind erneuerbare Energie aus Restholz und CO2 neutral
• verbrennen in einem Pellets-Kessel emissionsarm
• haben ein hohes Schüttgewicht und benötigen dadurch nur wenig
Lagerraum
• werden im Inland produziert und haben daher kurze Transportwege

Fig. 3-10 Pellets – aus naturbelassenem Restholz gepresste Röllchen

Die Anforderungen an die Pellets sind in verschiedenen Normen


(DIN, Ö-Norm, …) klar vorgeschrieben. Nachfolgend als Beispiel die
österreichische Spezifikation für hochwertige Pellets:

Heizwert 4,8 kWh/kg


Schüttgewicht min. 650 kg/m3
Dichte 1,12 kg/dm3
Wassergehalt max. 10,0 %
Ascheanteil max. 0,5 %
Länge max. 25 mm
Durchmesser 5–6 mm
Staubanteil max. 10 %
Inhalt 100 % Holz mit max. 15 % Rindenanteil

71
Moderne Pellets-Kessel bieten hohen Komfort. Es gibt kleine Ausfüh-
rungen, die im Wohnraum platziert werden können. Diese werden mit
Pellets aus handlichen Säcken alle 2–3 Tage versorgt.

Fig. 3-11 Pelletsofen für Wohnraumaufstellung mit Pellets-Vorratbehälter


(Schnittbild rechts)

Grössere Pellets-Kessel werden im Technikraum eingebaut. Die Pellets


werden in einem separaten Raum gelagert, von wo sie dem Kessel
nach Bedarf automatisch über Förderschnecken oder Saugsysteme
zugeführt werden. Die Anlieferung der Pellets erfolgt mit dem Tanklast-
wagen, der die Pellets in den Lagerraum einbläst.

Fig. 3-12 Pelletsheizkesselanlage (Quelle: Oekofen)

1 Pelletsheizkessel
2 Pelletslager
3 Vakuumförderanlage

3.3.2 Koks- und Kohlekessel Koks und Kohle werden heute vorwiegend in Grossanlagen verfeuert,
wo die Emission (d.h. Ausströmen luftverunreinigender Stoffe in die
Aussenluft) von Schadstoffen besser beherrschbar ist als in Kleinanla-
gen. Wegen ihrer genormten Körnung eignet sich Kohle gut für die
automatische Beschickung. Heute werden bereits Kleinkessel in der
Leistungsgrösse ab 15 kW für vollautomatischen Dauerbetrieb – ähnlich
der Öl- oder Gasfeuerung – angeboten.

72
3.3.3 Sonnenenergie-Nutzung
Vorbemerkung In diesem Kapitel wird die Nutzung der Solarwärme nicht nur für die
Heizung, sondern auch für die Warmwasserversorgung behandelt.

Welchen Anteil des Wärmebedarfes Die Sonne bringt in Zentraleuropa dann am wenigsten Wärme, wenn
deckt die Sonne? der Wärmebedarf am grössten ist, nämlich in den Monaten Dezember
und Januar. Dies ist eine ungünstige Voraussetzung, um ein Gebäude
ausschliesslich (monovalent) mit Sonnenwärme zu heizen. Solche Anla-
gen wurden zu Forschungszwecken zwar schon realisiert, zeigten
jedoch bisher noch ein schlechtes Nutzen/Aufwand-Verhältnis. In unse-
ren Klimaregionen wird Sonnenenergie deshalb meist in Kombination
mit anderen Energiequellen (Öl, Gas, Holz, Elektrizität etc.) genutzt. Die
Devise heisst dabei: «soviel Solarwärme, wie es unter den gegebenen
Umständen sinnvoll ist». Welchen Anteil des Jahreswärmebedarfes die
Sonne deckt, hängt von vielen Faktoren ab.
Dieser sogenannte solare Deckungsgrad wird auf den Netto-Energie-
bedarf (nach Abzug der Wärmegewinne durch Sonneneinstrahlung und
innerer Abwärme) bezogen.

Bei kombinierter Wärmeerzeugung für Raumheizung und Warmwas-


serverbrauch kann im Falle eines Einfamilienhauses, mit heute
üblicher Wärmedämmung, ein solarer Deckungsgrad von rund 50 %
erreicht werden. Höhere Werte als 50 % sind zwar erreichbar, aber nur
bei ausgezeichneter Wärmedämmung und sehr gross bemessener, d.h.
unwirtschaftlicher Solar-Anlage.

Für die Brauchwasser-Erwärmung beträgt der solare Deckungsgrad


(bei ausreichender Speichergrösse) im Sommer nahezu 100 %.

Bei grösseren Bauten hängt der Deckungsgrad vom Anwendungs-


zweck der Solarwärme, von der Klimazone und vom Gesamtkonzept ab.
Es ist deshalb möglich, dass ein sehr geringer solarer Deckungsgrad
von 5…20 % dem wirtschaftlichen Optimum entspricht!

Freibäder können ausschliesslich mit Sonnenwärme beheizt werden,


wenn gelegentliche Nutzungseinschränkungen (z.B. bei schlechtem
Wetter) in Kauf genommen werden.

3.3.3.1 Bivalente Anlage für In der bivalenten Anlage (Fig. 3-13) übernimmt der Solarkreislauf wäh-
Raumheizung und Warmwasser rend den Übergangszeiten im Herbst und im Frühjahr den grössten Teil
der Wärmeerzeugung. Der Heizkessel wird vor allem im Winter benötigt
und ist dann gut ausgelastet.
So arbeiten Solarkreislauf und Kessel jeweils im günstigen Arbeitsbe-
reich.

Das konventionelle System (B) wird ergänzt durch den Solarteil (A). Die
im Kollektor (1) erzeugte Solarwärme wird über ein geschlossenes
Rohrsystem, den Solarkreislauf (2) an den Speicher (3) abgegeben.
Bei ungenügender Speichertemperatur liefert der Heizkessel (4) die
fehlende Wärme. Das im Speicher erwärmte Heizwasser zirkuliert
direkt durch die Heizflächen (5) und erwärmt auch das Brauchwasser im
Chromstahl-Rohrbündel (6) indirekt.

73
Fig. 3-13 Beispiel einer bivalenten Solaranlage mit konventionellem Wärmeerzeuger und
Verteilsystem für Raumheizung und Warmwasser

Dieses Anlagenbeispiel zeigt den Wärmespeicher (3) nicht nur als


Behälter des Speichermediums Wasser, sondern auch in seiner ebenso
wichtigen Funktion als hydraulisches Entkopplungsglied zwischen den
thermisch zusammenwirkenden Erzeuger- und Verbraucherkreisläufen.
So kann z.B. die Pumpe des Solarkreislaufs ein- und ausgeschaltet wer-
den, ohne die Druckverhältnisse im Kessel- und in den Verbraucher-
kreisläufen zu beeinflussen. Ebenso bewirkt die Zuschaltung des Kes-
selkreislaufes nur Temperatur- und keine Druckänderungen im Speicher.
Und schliesslich haben auch die variablen Wassermengen der Verbrau-
cherkreise 5 und 6 keinen hydraulischen Einfluss auf die beiden Erzeu-
gerkreise. Es wäre sicher eine interessante Aufgabe, das Hydraulikkon-
zept dieser Anlage ohne Speicher zu entwerfen! Der in diesem Schema
gezeigte Solarteil (A) wiederholt sich in ähnlicher Form in vielen Anwen-
dungsfällen. Seine Hauptteile werden nachstehend kurz beschrieben.

3.3.3.2 Der Sonnenkollektor Für Raumheizung und Warmwasser hat sich der fest montierte, ver-
als Wärmelieferant glaste Flachkollektor (Fig. 3-14) durchgesetzt. Er ist einfach im Auf-
bau, relativ kostengünstig, praktisch wartungsfrei und gut in den Bau-
körper integrierbar. Flachkollektoren gibt es als aufmontierte Einzelkol-
lektoren für Schräg- und Flachdächer oder als ins Schrägdach integrierte
Kollektorfelder. Die letzteren ergeben in der Regel kleinere Kosten und
höhere Leistungen (kleinere Randverluste) als aufmontierte Kollektoren.

Fig. 3-14 Verglaster Flachkollektor (rechts eingebaut in Dach)

1 Blechgehäuse 3 Absorberplatte
2 Verglasung 4 Wärmedämmung

74
Flachkollektoren enthalten eine schwarze Absorberplatte, auf welcher
die Sonnenstrahlung in Wärme umgewandelt wird. Die Absorberplatte
ist von Kühlkanälen durchzogen, durch welche die Wärmetransportflüs-
sigkeit zirkuliert. Die Platte ist in einem wärmegedämmten Gehäuse
eingebaut und zur Sonne hin mit Glas abgedeckt. Kollektoren dieser Art
erreichen Höchsttemperaturen von über 100 °C und sind damit in der
Lage, die für Heizung und Warmwasser nötigen Temperaturen von
30…70 °C direkt und mit gutem Wirkungsgrad zu liefern. Für eine
Schwimmbadheizung sind wegen des niedrigeren Temperaturniveaus
unverglaste Flachkollektoren meist zweckmässiger und wirtschaft-
licher.

Wärmeleistung Während die Sonnenlichtstrahlen die Verglasung ungehindert durchdrin-


gen, wird die von der Absorberplatte ausgesandte Wärmestrahlung von
der Glasfläche reflektiert. Weil sich aber auch Luft im Kollektorgehäuse
befindet, die erhitzt wird, überträgt diese Luft einen Teil der erzeugten
Wärme auf die Verglasung und das erhitzte Glas gibt diese Wärme an
die Aussenluft ab. Dadurch geht bei einfach verglasten Flachkollektoren
30…40 % der eingestrahlten Sonnenenergie wieder verloren. Versuche
mit Doppelverglasungen brachten negative Resultate weil diese nicht
nur wesentlich teurer waren, sondern auch wegen den Wärmedeh-
nungsspannungen viel häufiger brachen. Man entschied sich deshalb
für grössere Kollektorflächen mit Einfachverglasung. Richtwerte für den
Brutto-Jahresertrag einfach verglaster Flachkollektoren sind in Mittel-
europa:

400…500 kWh/m2 bei 60 °C mittlerer Kollektortemperatur


500…60 kWh/m2 bei 40 °C mittlerer Kollektortemperatur

In besonders sonnigen Lagen werden bis 50 % höhere Werte


gemessen.

Temperaturfestigkeit Die Kollektoren müssen die bei Stillstand auftretenden Spitzentempera-


turen aushalten können. Trotzdem sollte man sie bei längeren Still-
standszeiten gegen die Strahlung abdecken, um eine längere Lebens-
dauer zu erreichen.

3.3.3.3 Der Solarkreislauf Der Solarkreislauf besorgt den Wärmetransport vom Kollektor zum
Speicher.
Er umfasst das geschlossene Rohrsystem, eine Umwälzpumpe mit
Hilfsarmaturen, einen Wärmeübertrager zur Abgabe der Solarwärme
ans Heizsystem sowie ein Steuergerät, welches die Pumpe solange
einschaltet, wie die Temperaturdifferenz zwischen Kollektor und Abga-
beort im Speicher genügend gross ist. Als Transportmedium dient eine
Wärmeträgerflüssigkeit mit Frostschutz- und Korrosionsschutzmitteln,
üblicherweise ein Gemisch von Wasser und Glykol oder ähnlichen
Flüssigkeiten. Weil die Durchflussmengen nur 20 bis 30 Liter pro Stun-
de und pro m2 Kollektorfläche betragen, genügen relativ kleine Rohre
und Umwälzpumpen.

75
3.3.3.4 Der Speicher Er hat die Aufgabe, die unregelmässig anfallende Sonnenenergie so zu
speichern, dass die Wärme entsprechend dem Bedarf abgegeben und
möglichst viel Energie verwertet wird.

Speicher wurden in der Vergangenheit oft zu gross bemessen. Messun-


gen haben aber gezeigt, dass kleinere Speicher meist ein besseres
Kosten-Nutzen-Verhältnis ergeben. Allerdings ist bei kleinen Speichern
eine zweite verfügbare Wärmequelle erforderlich.

Welches ist die richtige Als grober Richtwert können 50…100 Liter Speichervolumen pro m2
Speichergrösse? Kollektorfläche angenommen werden. Für Anlagen mit Raumheizung
und Warmwasser gilt eher die obere, für reine Warmwasser-Anlagen
eher die untere Grenze. Im Falle eines Einfamilienhauses wäre dem-
nach ein Warmwasserspeicher von etwa 350…500 Liter oder ein kom-
binierter Heiz- und Warmwasserspeicher von rund 1000…2000 Liter
erforderlich.

3.3.3.5 Solaranlagen-Beispiele
Beispiel 1 Direkte Solarheizung für industrielle Prozesse oder Warmwasser-
Vorwärmung im Durchfluss-Verfahren
Ist ein dauernd gleichmässiger Wärmeverbrauch vorhanden, so wird die
Solarwärme direkt «vom Produzenten zum Konsumenten» genutzt. Der
«Zwischenhandel» ist auf den Wärmetauscher und den Solarkreislauf
ohne Motorventile beschränkt. Seine Kosten sinken damit auf einen
Drittel bis einen Viertel der Kollektor-Kosten. Solche Direktnutzungen
sind besonders wirtschaftlich.

Beispiel 2 Grössere Anlage für Warmwasser-Vorwärmung


Anlagen mit hohem Warmwasserverbrauch (Hotels, Sportanlagen,
Kasernen, usw.) bieten günstige Voraussetzungen für eine gute Wirt-
schaftlichkeit: Bei grossen Kollektorfeldern sinkt der Anteil der Solar-
kreislauf-Kosten an den Gesamtkosten, und der Wirkungsgrad ist hoch,
weil im Bereich von 10…30 °C in der Kaltwasserzone gearbeitet wird.
So entsteht praktisch keine unverwertete Überschusswärme.

Fig. 3-15 Grössere Anlage zur solaren Vorwärmung von Warmwasser

Beispiel 3 Warmwasser mit Schwerkraft-Solarkreislauf


Die Wärmeträgerflüssigkeit zirkuliert von selbst, solange die Tempera-
turdifferenz zwischen den Kollektoren und dem höherliegenden Spei-
cher genügend gross ist. Wichtig sind etwa doppelt so grosse Leitungs-
querschnitte wie bei Pumpenzirkulation sowie der Aufbau und
Anschluss des Wärmetauschers. Die Wärmeträgerflüssigkeit muss im
Wärmetauscher von oben nach unten fliessen (senkrechte Spirale!).

76
Da Pumpe und Regelung wegfallen ist dieses System für Kleinanlagen
günstig. Messungen haben etwa gleich gute Wirkungsgrade wie die-
jenigen von Anlagen mit Pumpenzirkulation ergeben.

Fig. 3-16 Warmwasser mit selbststeuerndem Schwerkraft-Solarkreislauf

3.3.3.6 Netto-Wärmeertrag Die am Ausgang des Speichers gelieferte Nutzwärme wird u.a. durch
nach Abzug aller Verluste folgende Faktoren bestimmt:

– die Kollektorbetriebstemperatur
(bei 40 °C liefern verglaste Kollektoren 30…40 % mehr als
bei 60 °C)
– die Wärmeverluste im Rohrleitungssystem und im Speicher
(sie werden u.a. durch die Verweilzeit der Wärme im Speicher
bestimmt)
– die zeitliche Übereinstimmung von Besonnung und Wärmebedarf
(wird die Sonnenwärme vor allem dann gebraucht, wenn sie haupt-
sächlich anfällt?)

Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen Wie wirtschaftlich eine Solaranlage arbeitet, hängt von den Investitions-
kosten, dem Netto-Wärmeertrag, den Preisen der übrigen Energieträ-
ger, der Lebensdauer und den Instandhaltungskosten der Anlage ab. In
jedem Fall wirtschaftlich sind grössere Anlagen für die Wasservorwär-
mung in sonnigen und kälteren Gebieten, teilweise auch mit Einbezug
der Raumheizung. Wesentlich günstiger als Strom, Heizöl oder Gas ist
auch Solarwärme aus unverglasten Kollektoren für Schwimmbadanla-
gen. Sollte es einmal soweit kommen, dass die nicht erneuerbaren
Energieträger Erdöl und Erdgas soviel kosten wie sie wert sind, wird
sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen erübrigen.

3.3.4 Elektrische Widerstandsheizung


mit Zentralspeicher
3.3.4.1 Feststoff-Zentralspeicher Feststoff-Zentralspeicher benötigen weniger Platz als Wasserspeicher
und sind für alle Wärmeabgabesysteme einsetzbar. Als Speicher dient
ein Magnesit-Kern, der mit elektrischen Widerständen auf etwa 650 °C
aufgeheizt wird. Wichtig ist eine sehr gute Wärmedämmung, damit ein
hoher Speicherwirkungsgrad erreicht wird. Elektro-Zentralspeicher sol-
len zur Nutzung der Verlustwärme z.B. in Bastelräumen, Trockenräumen
oder Korridoren aufgestellt werden.

Die gespeicherte Wärme wird mit zwei verschiedenen Methoden auf


das Heizwasser übertragen:

1. Ein bedarfsgesteuerter Luftstrom transportiert die Wärme vom Spei-


cherkern zum Luft-Wasser-Wärmeübertrager (Rippenrohr-Luftkühler)
2. Ein beweglicher Wärmeübertrager wird – je nach dem Wärmebedarf
– mehr oder weniger weit in den Speicherkern eingefahren.
77
Fig. 3-17 Prinzip Feststoffspeicher mit Luftumwälzung

1 Speichersteine 7 Witterungsfühler
2 Heizeinsätze 8 Entladeregelung
3 Wärmetauscher 9 Ventilator
4 Wärmedämmung 10 Motor
5 Aufladeregelung 11 Vorlauffühler
6 Restwärmefühler 12 Heizungspumpe

3.3.4.2 Wasser-Zentralspeicher Wasser-Zentralspeicher haben einen grösseren Platzbedarf als Fest-


stoffspeicher, können jedoch mit andern Wärmeerzeugern, die einen
Wärmespeicher benötigen, kombiniert werden. Im Vordergrund steht
dabei ein Holzkessel, der die Hauptlast im Winter übernehmen soll. Bei
reinen Elektrospeichern wird das Heizwasser auf ca. 100 °C erwärmt.
Ein externer Durchfluss-Erwärmer oder Heizelemente im Speicher,
kombiniert mit einer externen Ladepumpe (Magro-System) oder über
die ganze Speicherhöhe verteilte Heizelemente bei Einspeicheranlagen
erlauben eine witterungsabhängige Teilladung. Bei einer Kombination
mit einem andern Wärmeerzeuger, z.B. mit einem Holzkessel, wird die
Speichertemperatur niedriger gehalten. Die Wärmeabgabe erfolgt über
eine witterungsgeführte Vorlauftemperaturregelung. Voraussetzung für
eine gute Speichervolumenausnützung ist eine möglichst niedrige
Rücklauftemperatur (< 40 °C).

Fig. 3-18 Bivalente Holz-Elektrospeicher-Heizanlage, Elektrospeicher


mit Teilladungsmöglichkeit

78
3.3.5 Wärmepumpen
Funktionsprinzip Die Wärmepumpe (WP) entspricht im technischen Aufbau und Funk-
tionsprinzip einer Kältemaschine. Das Funktionsprinzip der Kompres-
sions- und der Absorptions-Kältemaschine/-Wärmepumpe wird im Kapi-
tel 4 (Kältetechnik) behandelt.

3.3.5.1 Gebräuchliche Heizsysteme Ein monovalentes WP-Heizsystem bezieht seine Heizwärme nur von
der Wärmepumpe. Diese muss deshalb den Wärmeleistungsbedarf des
Gebäudes bei der Bemessungs-Aussenlufttemperatur alleine decken
können. Ein monovalenter Betrieb ist bei der Nutzung von Erdreich-,
Abwasser-, Grundwasser- und Oberflächenwasserwärme am ehesten
möglich.

Ein bivalentes WP-Heizsystem hat zwei Wärmeerzeuger, die Wärme-


pumpe und z.B. einen Öl-, Gas- oder Holzkessel. Der Kessel übernimmt
die Wärmeversorgung bei tiefen Aussenlufttemperaturen entweder
allein (Alternativbetrieb) oder mit der WP zusammen (Parallelbetrieb).
Möglich ist auch ein Teilparallel-Betrieb derselben Anlage.

3.3.5.2 Arten der Umweltenergienutzung


Luft-Wasser-WP Sie beziehen die Wärme aus der Luft, meistens aus der Aussenluft,
wenn möglich aber auch aus Abluft, deren Abwärmegehalt dadurch
genutzt werden kann. Von der Bauart der Luft-Wasser-WP aus betrach-
tet unterscheidet man Kompaktgeräte und Splitgeräte. Bei den Kom-
paktgeräten für Innenaufstellung wird die Luft durch einen Kanal zur WP
geführt. Ein Splitgerät besteht aus zwei Teilen: Der eine Teil ist der Ver-
dampfer mit dem Ventilator und wird z.B. im Freien oder in einem Dach-
raum aufgestellt. Es gibt auch «stille» Verdampfer ohne Ventilator und
deshalb mit verminderter elektrischer Leistungsaufnahme. Sie benöti-
gen dafür eine wesentlich grössere Wärmeübertragungsfläche. Der
andere Teil enthält den Verdichter mit dem Verflüssiger und steht z.B. im
Keller bzw. im Heizungsraum. Die beiden Teile sind durch die Kältemit-
telleitungen verbunden. Das System wird erst auf der Baustelle kälte-
technisch montiert und gefüllt.

Bei Verdampfungstemperaturen unter 0 °C bildet sich am Verdampfer


Reif oder Eis, das regelmässig abzutauen ist. Zudem nimmt bei tiefen
Lufttemperaturen die Leistungszahl der WP stark ab. Deshalb eignet
sich die Luft-Wasser-WP schlecht für den monovalenten Betrieb. In
bivalenten Anlagen wählt man normalerweise den alternativen Betrieb
d.h. unterhalb ca. 0 °C Aussenlufttemperatur wird auf die Zusatzheizung
umgeschaltet.

Wasser-Wasser-WP Sie beziehen die Wärme aus Abwasser, Grundwasser, Flüssen oder
Seen. Die Art der Entnahme und der Rückgabe sowie die minimale
Rückgabetemperatur des Wassers sind bewilligungspflichtig. Da die
Wassertemperaturen im Gegensatz zu den Aussenlufttemperaturen
ganzjährig wesentlich über 0 °C liegen und auch relativ konstant blei-
ben, eignen sich Wasser-Wasser-WP entweder für den monovalenten
oder für den bivalenten Parallelbetrieb.

Sole-Wasser-WP Sie unterscheiden sich von den Wasser-Wasser-WP dadurch, dass im


kaltseitigen Kreislauf ein frostgeschützter Wärmeträger (= Sole) einge-
füllt ist. Die Sole bezieht die Wärme z.B. aus der Erde oder aus Elemen-
ten wie unverglasten Sonnenkollektoren, «Energiedach», oder «Ener-
giezaun». So kann Umweltwärme auch unter dem Gefrierpunkt genutzt
werden. Wegen den gegenüber dem Wasser ungünstigeren Stoffwer-
ten (Wärmekapazität und Viskosität) der Sole werden Wärmeübertrager
und Umwälzpumpe grösser.
79
Gas- und Dieselmotor- In grösseren Anlagen (ab ca. 300 kW Heizleistung) werden auch Wär-
Wärmepumpen mepumpen mit Verbrennungsmotoren eingesetzt. Diese haben den Vor-
teil, dass nicht nur die vom Kondensator abgegebene Wärme, sondern
auch die Abwärme des Verbrennungsmotors weitgehend dem Heiz-
kreislauf zugeführt werden kann. Damit wird eine optimale Nutzung der
Primärenergie erreicht. Im Vergleich mit einer Öl- oder Gasfeuerung
kann so rund die doppelte Nutzwärmemenge gewonnen werden.
Durch die dem Kondensator nachgeschaltete Motorenkühlung und
Abgas-Wärmerückgewinnung werden auch höhere Vorlauftemperaturen
(bis ca. 80 °C) erreicht. Die Investitionskosten werden allerdings durch
die erforderlichen Schalldämm- und Abgasreinigungs-Massnahmen
höher als bei den Elektro-WP.

3.3.6 Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) Als Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) wird ein Prozess bezeichnet, in
welchem gleichzeitig Wärme und Elektrizität erzeugt wird. Der
Begriff stammt aus der Zeit, als in den Fabriken die Dampfmaschinen
die Kraft zum Antrieb der Maschinen lieferten und mit dem Abdampf
geheizt wurde. Heute müsste man eher Strom-Wärme-Kopplung
sagen. Der Begriff der WKK hat sich jedoch gehalten und wird nicht nur
in der Haustechnik verwendet.

3.3.6.1 Anwendungsarten der WKK Hier eine kurze Übersicht über die Anwendungsarten:
– Dampfturbine + Generator: In erster Linie für die Stromerzeugung in
Kernkraftwerken und konventionellen thermischen Kraftwerken.
Wärme wird zur Verbesserung des Gesamtnutzungsgrades erzeugt,
falls ein Fernwärmenetz erstellt werden kann.
– Gasturbine oder Grossdiesel + Generator: Für grössere Anlagen mit
Wärme- und Strombedarf.
– Blockheizkraftwerk: Für Heizung und gleichzeitige Stromerzeugung.
Die Stromerzeugung richtet sich nach dem Wärmebedarf. Sie führt
zur Verbesserung des Gesamtnutzungsgrades, insbesondere in Ver-
bindung mit dem Betrieb einer Elektrowärmepumpe.
– Kleiner Ottomotor + Generator: Vorwiegend für eine sinnvolle Nut-
zung kleinerer Mengen von ohnehin anfallendem Gas
(Biogas, Klärgas).

In der Haustechnik kommt vor allem das Blockheizkraftwerk zum


Einsatz.

3.3.6.2 Blockheizkraftwerke (BHKW) Blockheizkraftwerke sind kleinere WKK-Anlagen für den Einsatz in
Geschäftshäusern, Krankenhäusern, Industriebetrieben oder für die
Nahwärmeversorgung von Wohnsiedlungen. In der Regel werden meh-
rere Einheiten, mit je ca. 25 % der Spitzenleistung, parallel installiert.
Dadurch wird eine flexible Leistungsanpassung an den Bedarf ermög-
licht. Damit die BHKW-Einheiten gut ausgelastet werden können, sind
meist zusätzliche Spitzenheizkessel notwendig. Mit Wärmespeichern
werden wirtschaftliche Laufzeiten angestrebt.

Eine BHKW-Einheit (Fig. 3-19) umfasst:

– den Verbrennungsmotor (Gas- oder Dieselmotor)


– den Wärmerückgewinnungsteil zur Nutzung der Motor-Abwärme
(Kühlwasser, Abgas und evtl. Schmieröl) auf verschiedenen
Temperaturstufen
– den Generator für die Stromerzeugung

80
Fig. 3-19 Prinzipschema einer Anlage mit Blockheizkraftwerk (ohne Wärmeverbraucher)

1 BHKW 4 Generator
2 Dieselmotor 5 Speicher
3a Kühlwasser-Wärmetauscher 6 Spitzenheizkessel
3b Abgas-Wärmetauscher

Als Antriebsenergie können Erdgas, Heizöl, Klärgas, Biogas, Deponie-


gas oder Pyrolysegas verwendet werden.

Warum Blockheizkraftwerke? Wird in einem grossen thermischen Kraftwerk Heizöl oder Gas ver-
brannt um damit Strom zu erzeugen, so beträgt bekanntlich der Wir-
kungsgrad der Stromerzeugung nur 30…35 %, je nach Art des Kraft-
werkes. Der Rest ist Abwärme, die aber nur dann genutzt werden kann,
wenn genügend Wärmebezüger gefunden werden können, die nicht all-
zu weit vom Kraftwerk entfernt sind. Grosse Kraftwerke werden jedoch
eher weit entfernt von Wohnsiedlungen gebaut, so dass die Erstellung
eines Fernwärmenetzes unwirtschaftlich wäre und die Abwärme des-
halb über Kühlanlagen ungenutzt an die Umwelt (Aussenluft oder Ober-
flächengewässer) abgegeben wird.

Baut man jedoch kleine thermische Kraftwerke in Form von BHKWs


direkt bei den Wärmeverbrauchern, so kann von den 100 % des Heiz-
wertes von Öl oder Gas 30…35 % als hochwertige elektrische Energie
und 50…55 % als Heizenergie genutzt werden, d.h. es können rund
80…95 % genutzt werden.

Setzt man den erzeugten Strom zum Betrieb einer Elektro-WP ein, die
ihrerseits etwa das Dreifache der Antriebsenergie als Nutzwärme
abgibt, so erzeugt man mit den eingesetzten 100 % Primärenergie (Öl
oder Gas) über 150 % Nutzwärme.

Um ein BHKW direkt in die Heizzentrale eines Gebäudes oder inmitten


einer Wohnüberbauung platzieren zu können, müssen die Lärm- und
Schadstoffemissionen gemäss den lokalen Vorschriften in Grenzen
gehalten werden können.

81
Verluste 10…20 %

Oel Oel-
Nutzwärme
100 % heizung
80…90 %

Verluste 10…20 %

Oel
WKL
100 %
Nutzwärme
> 130 %

Wärme-
pumpe
Umgebungs- Verluste 5 %
wärme 55 %

Fig. 3-20 Wärmeflussbilder von Ölheizung (oben) und WKK (unten):

Die WKK mit Wärmepumpe erzeugt aus 100 % Primärenergie rund 150 % Nutzenergie.

Eine interessante Möglichkeit für Geschäftsbauten bietet die Kombina-


tion eines BHKW mit einer Absorptions-Kältemaschine/Wärmepumpe,
womit ganzjährig Strom erzeugt und die Abwärme im Winter zur Raum-
heizung und im Sommer zur Raumkühlung genutzt werden kann. Dabei
werden vorzugsweise Verbrennungsmotoren eingesetzt, die mit
Betriebstemperaturen > 100 °C arbeiten können.

Der Einsatz von BHKW werden zur Deckung des eigenen Bedarfes an Wärme und Elek-
Blockheizkraftwerken trizität eingesetzt. Wichtig ist, dass beide Energiearten im anfallenden
Verhältnis und zur gleichen Zeit benötigt werden. Ein BHKW kann auch
eine separate Notstromversorgung ganz oder teilweise ersetzen.

Tandemanlagen Diese werden auch 3-Maschinen-Anlagen genannt und stellen eine


besondere Form eines BHKW dar. Man versteht darunter die Kombina-
tion eines Verbrennungsmotors, eines elektrischen Motor-Generators
und eines Wärmepumpen-Verdichters.

Mit dieser Kombination sind vier verschiedene Betriebsarten möglich,


deren Anwendung eine längere Jahresnutzungszeit der Anlage erlaubt
(Zahlen sind als Beispiel gegeben):

82
1. BHKW-Betrieb Der Verbrennungsmotor betreibt den Generator zur Stromspitzen-
deckung. Geheizt wird mit der Abwärme des Verbrennungsmotors.
Die WP ist abgekuppelt.

54 % Nutz- 32 %
wärme 90 °C Strom
Fig. 3-21 Verbrennungsmotor betreibt Generator

2. WP-Betrieb Der Rotor des Generators verbindet mechanisch die Antriebswelle des
mit Verbrennungsmotor Verbrennungsmotors mit der WP (Übertragungsverlust ca. 2 %)

54 % Nutz- 90 % Nutz-
wärme 90 °C wärme
50…60 °C
Fig. 3-22 Verbrennungsmotor betreibt Wärmepumpe

3. BHKW-Betrieb mit WP Der Verbrennungsmotor betreibt Generator und WP gleichzeitig. Nutz-


wärme liefert die Abwärme des Verbrennungsmotors und der Konden-
sator der WP. Die Stromerzeugung reduziert sich im Vergleich mit dem
reinen BHKW-Betrieb (siehe 1.) auf rund die Hälfte.

54 % Nutz- 16 % 45 % Nutz-
wärme 90 °C Strom wärme
60 °C
Fig. 3-23 Verbrennungsmotor betreibt Generator und Wärmepumpe

4. WP-Betrieb mit Elektroantrieb Der Verbrennungsmotor ist ausser Betrieb und abgekuppelt. Die WP
wird z.B. mit Niedertarifstrom oder – im Sommer – als Kältemaschine
betrieben.

32 % 45 % Nutz-
Strom wärme
60 °C
Fig. 3-24 Generator betreibt als Elektromotor die Wärmepumpe/Kältemaschine

Für die Steuerung, Überwachung und Betriebsoptimierung einer


Tandemanlage sind elektronische Optimierungsgeräte erforderlich.

83
3.3.6.3 Mini-BHKW Ein Mini-BHKW ist ein Blockheizkraftwerk, das für den Einsatz in kleine-
ren Anlagen, – z.B. in Ein- und Mehrfamilienhäusern – ausgelegt ist. Es
liefert dabei die benötigte Heizenergie (bis ca. 15 kW) und einen Teil der
elektrischen Energie (bis ca. 5 kW).
Warmwasser

Vorlauf Heizungspumpe

Misch-
Kamin
ventil

Rücklauf Speicher
Abgas- Schalldämpfer
Speicherlade-
wärme- Solar-
pumpe
tauscher kollektoren

Motor
Gas
Temperatur-
hochhaltung

Generator Plattenwärmetauscher Kaltwasser


˜
Leistungselektronik

öffentliches Stromnetz
Haushaltsverbrauch

Fig. 3-25 Funktionsprinzip eines Mini-BHKWs (Beispiel, kombiniert mit solarer Warmwas-
seraufbereitung)

Moderne Mini-BHKWs sind mit drehzahlgeregelten Motoren ausgerüs-


tet und verfügen über die notwendige Leistungs-Elektronik, um den
erzeugten Strom mit gleichbleibender Frequenz ins Netz einzuspeisen.
Durch die Drehzahlregelung werden zusätzliche Einrichtungen zur
Deckung von Lastspitzen nicht mehr benötigt. Solche Mini-BHKWs
können also «monovalent» betrieben werden, was die Investitions-
kosten entsprechend reduziert.

Fig. 3-26 Mini-BHKW – Innenansicht und Gasmotor mit 270 cm3 Hubraum
(Quelle: ecopower)

84
3.3.6.4 Brennstoffzellen Brennstoffzellen sind seit über 160 Jahren bekannt. Entdeckt wurde der
Brennstoffzellen-Effekt von Christian Friedrich Schönbein, der von 1829
bis 1868 Professor an der Universität Basel war. Der Engländer William
Robert Grove – Schönbeins Freund – beschrieb den Effekt im Februar
1839 als Umkehrung der Elektrolyse und erkannte das Potenzial, ihn zur
Erzeugung elektrischer Energie zu verwenden. Von 1842 bis 1844
befasste sich Grove intensiv mit der Brennstoffzelle, die er damals noch
als «Gasbatterie» bezeichnete. Er schaltete Elemente in Serie, um die
elektrische Leistung zu erhöhen. Doch von einer praktischen Nutzung
war man damals noch weit entfernt. Erst in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts wurde diese Technologie für Spezialanwendungen
unter anderem für die bemannte Raumfahrt genutzt. Dies war vor allem
auf die Entwicklung geeigneter Materialien zurückzuführen. Staatliche
Forschungsprogramme haben die Entwicklung von Brennstoffzellen für
zivile Anwendungen vorangetrieben. Heute wird allgemein angenom-
men, dass die Brennstoffzellen-Technologie vor einem entscheidenden
technischen und kommerziellen Durchbruch steht und die stationäre
und mobile Energieversorgung des 21. Jahrhunderts revolutionieren
wird.

Funktionsweise Brennstoffzellen wandeln die in chemischer Form im (allgemein gas-


förmigen) Brennstoff gespeicherte Energie direkt in Strom und Wärme
um.

Die Funktionsweise lässt sich mit einer Batterie vergleichen. Eine


Brennstoffzelle besteht aus Elektroden (Kathode und Anode), die durch
einen Elektrolyten voneinander getrennt sind. An der Anode findet die
Oxidation des Brennstoffes statt. Die dabei frei werdenden Elektronen
fliessen über einen äusseren Stromkreis zur Kathode. Dabei können sie
elektrische Arbeit verrichten. An der Kathode erfolgt die Elektronenauf-
nahme durch das Oxidationsmittel, das dabei selbst reduziert wird.
Neben Strom fällt bei der chemischen Reaktion Wärme an.

Der Unterschied zur Funktionsweise einer Batterie besteht darin, dass


Brennstoffzellen so lange Strom und Wärme produzieren, wie ihnen
Brennstoff zugeführt wird.
Luft

Kathode

Externer
Strom-
Elektrolyt
kreis

Anode

Brennstoff (H2, CO)


H2O, CO2
Fig. 3-27 Funktionsweise einer Brennstoffzelle

85
Nutzen Keine andere bekannte Technologie zur gleichzeitigen Erzeugung von
Strom und Wärme bietet in der Summe so viele günstige Eigenschaften
wie die Brennstoffzelle:

• hoher elektrischer Wirkungsgrad


in Pilotanlagen 35 %, unter Laborbedingungen 60 %
• breites Leistungsspektrum
einige Watt …. mehrere Megawatt
• niedrige Schadstoffemissionen
es entsteht vorwiegend Wasserdampf und Kohlendioxid
(bei Verwendung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen) und die Koh-
lendioxid-Bilanz wird aufgrund des höheren Wirkungsgrades
wesentlich günstiger ausfallen als bei klassischen Wärmekraft-
maschinen
• niedrige Betriebskosten
wenige bewegliche Anlageteile führen zu niedrigen Wartungs- und
Betriebskosten
• breite Wahl an Brennstoffen möglich
• geräuscharm, da wenige bewegliche Anlageteile

Brennstoffzellentypen Die unterschiedlichen Brennstoffzellentypen werden nach der Art des


Elektrolyten eingeteilt. Dieser kann eine Flüssigkeit oder ein Festkörper
sein und bildet das Charakteristikum für:

• Anforderungen an Art und Reinheit von Brennstoff und


Oxidationsmittel
• Betriebstemperatur
• Bauweise

Im Wesentlichen sind heute fünf Brennstoffzellentypen gebräuchlich.


Es gibt weitere Varianten, die sich noch in einem früheren Entwick-
lungsstadium befinden. Für eine spezifische Anwendung kann der
jeweils am besten geeignete Typ ausgewählt werden.
Für den Gebrauch im häuslichen Bereich scheinen sich zwei Typen zu
etablieren:

• Polymermembran-Brennstoffzelle (PE(M)FC)
wird heute für den Einsatz in der Automobilindustrie favorisiert
• Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)
wird heute in Pilotprojekten für Wohngebäude eingesetzt

Deutsche Englische Anwendungsbereiche


Bezeichnung Bezeichnung Abkürzung (Auswahl)
Alkalische BZ* Alkaline Fuel Cell AFC Raumfahrt, Militär
Polymermembran-BZ* Polymer Electrolyte PE(M)FC mobil und stationär –
Fuel Cell kleiner bis mittlerer
Leistungsbereich
Phosphorsäure-BZ* Phosphoric Acid PAFC stationär – mittlerer
Fuel Cell Leistungsbereich
Karbonatschmelze-BZ* Molten Carbonate MCFC stationär – mittlerer
Fuel Cell Leistungsbereich
Festoxid- oder Solid Oxide SOFC stationär – kleiner bis
Hochtemperatur-BZ* Fuel Cell grosser Leistungsbereich

Fig. 3-28 Brennstoffzellentypen und ihre Anwendungsbereiche


* BZ = Brennstoffzelle

Die Wahl des Elektrolyten beeinflusst die Anforderung an den


Brennstoff und das Oxidationsmittel, die Betriebstemperatur sowie die
Bauweise der Brennstoffzelle.
86
Typ Brennstoff Oxidations- Aggregats- Art der Betriebs-
mittel zustand des Ionenleitung tempe-
Elektrolyten durch den ratur
Elektrolyten
AFC H2 rein Luft + H2 fest OH– etwa 70 °C
(ohne CO2)
PE(M)FC H2 rein Luft (ohne CO) fest H+ etwa 80 °C
PAFC H2 Luft (ohne CO) flüssig in Matrix H+ etwa 200 °C
MCFC CH4, H2, CO Luft + CO2 geschmolzen CO32– etwa 650 °C
SOFC CH4, H2, CO Luft fest O2– etwa 700–
1000 °C

Fig. 3-29 Brennstoff, Oxidationsmittel und Betriebstemperaturen für verschiedene Brenn-


stoffzellentypen

Brennstoffzellen in Heizungsanlagen Momentan laufen einige vielversprechende Feldversuche mit Brenn-


stoffzellen-Heizgeräten, die mit Erdgas betrieben werden (z.B. Sulzer
Hexis) in Deutschland, der Schweiz und anderen europäischen Ländern.
Die eingesetzten Heizgeräte bestehen aus der eigentlichen Brennstoff-
zelle mit 1 kW elektrischer und 2.5 kW thermischer Leistung, einer inte-
grierten Gastherme für den Zusatzbedarf an Wärme und einem Puffer-
speicher für Warmwasser. Insgesamt kann damit der gesamte Wärme-
bedarf und der Stromgrundbedarf eines Einfamilienhauses abgedeckt
werden. Die Feldversuche erfolgen in Zusammenarbeit mit Stadt- und
Elektrizitätswerken, die diese Anlagen im «Contracting» anbieten.
Dabei wird das Heizgerät beim Kunden installiert und betrieben und die
bezogenen Leistungen über einen festgesetzten Kilowattstundenpreis
verrechnet. Die derzeit betriebenen Pilotanlagen arbeiten noch nicht
wirtschaftlich. Bis etwa 2010 soll dies aber möglich werden.

Fig. 3-30 Brennstoffzellen-Heizgerät – Aussenansicht und Schnittmodell


(Quelle: Sulzer Hexis)

1 Brennstoffzellen-Stapel
2 Wärmespeicher
3 Regelgerät

87
3.3.7 Fernwärmeanschluss
Was ist Fernwärme? Fernwärme ist thermische Nutzenergie, die zentral bereitgestellt und
mit Hilfe eines Wärmeträgers und eines Rohrleitungssystems gross-
räumig verteilt wird.
Als Wärmeträger wird meist Heisswasser oder Wasserdampf verwen-
det.

Fernwärme-Versorgungssysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass


Quartiere, Städte oder Regionen durch eine oder einige wenige leis-
tungsfähige Wärmequellen versorgt werden. Eine weitere Eigenart
dieses Systems ist, dass der Eigentümer der Wärmequellen und der
Verteilnetze in der Regel nicht gleichzeitig Eigentümer der mit Wärme
belieferten Bauten ist.

Eine Fernwärmeversorgung (Fig. 3-31) umfasst im wesentlichen vier


Anlageteile:
die Wärmequelle (1), das Verteilnetz (2) mit Transportleitung und
Ortsnetzen, die Übergabestation (3) mit Absperr-, Regel-, Mess- und
Sicherheitseinrichtungen und die Abnehmeranlage (4) für Raum-
heizung, Warmwasserversorgung und andere Wärmeverbraucher.

Fig. 3-31 Fernwärmenetz mit den vier wesentlichen Anlageteilen


1 Wärmequelle 3 Übergabestation
2 Verteilnetz 4 Abnehmeranlage

3.3.7.1 Wärmequellen Fernwärme wird hauptsächlich in Heizkraftwerken mit Wärme-Kraft-


Kopplung erzeugt. Eine grosse Bedeutung hat auch die Abwärmenut-
zung aus Kernkraftwerken oder industriellen Prozessen erlangt, insbe-
sondere jene der Müllverbrennung.
Eine spezielle Art der Abwärmenutzung ist die sogenannte kalte Fern-
wärme aus Abwasser-Reinigungsanlagen. Das noch lauwarme, gerei-
nigte Abwasser wird über eine Fernleitung einer Nahwärme-Versor-
gungszentrale zugeführt, wo es einer Wärmepumpe als Wärmequelle
dient, wodurch diese mit einer relativ hohen Leistungszahl betrieben
werden kann.

Eigentliche Heizwerke, die mittels fossilen Brennstoffen (Erdöl, Erdgas,


Kohle) ausschliesslich Fernwärme erzeugen, sind z.B. in den USA und in
Japan zu finden.

88
3.3.7.2 Wärmetransport und -verteilung Der Wärmetransport zwischen der Wärmequelle und den Wärmever-
brauchern erfolgt über das Fernwärme-Verteilnetz. Dies ist ein
geschlossenes, unter Druck stehendes Zirkulationssystem aus wärme-
gedämmten Rohren. Während der Wärmeträger Dampf durch Expan-
sion von der Wärmequelle zu den Verbrauchern gelangt, benötigt das
Heisswassernetz dazu Umwälzpumpen.

Gebräuchliche Netzstrukturen (Fig. 3-31/Fig. 3-32) sind das Strahlen-


netz (a), das Ringnetz (b) und das vermaschte Netz (c). Das Strahlen-
netz ist einfach, übersichtlich und verhältnismässig billig, aber auch
anfälliger auf Leitungsunterbrüche als die redundanten Ring- und
Maschennetze. Letztere sind allerdings erheblich teurer, so dass häufig
selektiv vorgegangen wird und dabei Mischstrukturen entstehen. Strah-
lennetze sind vorwiegend in Nahwärmeversorgungen, Ring- und
Maschennetze eher in echten Fernwärmenetzen zu finden.

Fig. 3-32 Fernwärme-Verteilnetze

a) Strahlennetz c) Maschennetz
b) Ringnetz 1) Heizwerke

Wie die Leitungen verlegt werden hängt von der Topographie, den ört-
lichen Verhältnissen und den Bodenverhältnissen ab. Es sind zahlreiche
Verlege-Systeme für Fernheizleitungen entwickelt worden, von denen
jedes Vor- und Nachteile hat. Um die Verteilverluste möglichst klein zu
halten, ist das ganze Verteilnetz isoliert. Die Vorlauftemperatur wird,
wenn dies möglich ist, in Funktion der Aussentemperatur gleitend
gefahren. Durch optimale Fliessgeschwindigkeiten und eine grosse
Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf werden minimale
Gesamtkosten des Verteilnetzes angestrebt.

89
3.3.7.3 Übergabestation Die Übergabestation ist das Bindeglied zwischen der Abnehmeranlage
der einzelnen Verbraucher und dem Verteilnetz. Aufgrund der Art des
Anschlusses wird zwischen der direkten und der indirekten Einspeisung
unterschieden (Fig. 3-33).

Bei der direkten Einspeisung gelangt der im Verteilnetz zirkulierende


Wärmeträger über Übergabestation direkt in den Heizkreislauf der
Abnehmeranlage. Dies ist eine verhältnismässig kostengünstige und
auch platzsparende Anschlussart. Sie wird dann angestrebt, wenn eine
hydraulische Abtrennung zwischen Primär- und Sekundär-Kreislauf nicht
erforderlich ist und die Druckschwankungen im Verteilnetz beherrschbar
sind. Sie wird hauptsächlich in der Nahwärmeversorgung mit Strahlen-
netzen angewandt.

Bei der indirekten Einspeisung sind Abnehmeranlage und Verteilnetz


mittels eines Wärmeübertragers hydraulisch vollständig voneinander
getrennt. Verteilnetz und Abnehmeranlage sind somit auch druckmässig
voneinander unabhängig, was sich vorteilhaft auf Auslegung und
Betrieb der Verteilnetze auswirken kann. Diese Variante ist etwas teurer,
benötigt mehr Platz und ist wegen der unvermeidlichen Temperaturver-
luste im Wärmeübertrager thermodynamisch ungünstiger. Diese Nach-
teile sind aber mit der neuen Platten-Wärmeübertrager-Technologie
unbedeutend geworden.

Der Ausbaustandard dieser Übergabestationen richtet sich nach den


Bedürfnissen der Netzbetreiber und Abnehmer. Es gibt heute zahlreiche
erprobte, industriell gefertigte Kompaktlösungen (OEM-Produkte), die
das ganze Komfortspektrum abdecken.

Fig. 3-33 Übergabestationen (Beispiele)

a) mit direkter Einspeisung


b) mit indirekter Einspeisung

A Verteilnetz 1 Wärmezähler
B Übergabestation 2 Druckregler
C Abnehmeranlage 3 Temperaturregelung
4 Wärmeübertrager

90
3.4 Wichtige Komponenten
3.4.1 Pumpen
Aufgabe In Heizungsanlagen hat die Pumpe die Aufgabe, die Verbraucher mit der
notwendigen Wassermenge zu versorgen. Dabei müssen die Druck-
verluste, die durch Rohrleitungen, Formteile und Regelventile entste-
hen, überwunden werden. Es werden hauptsächlich Kreiselpumpen
eingesetzt, bei denen über den Motor dem Laufrad kinetische Energie
zugeführt wird, die am Pumpenausgang in Druckenergie umgewandelt
wird.

Fig. 3-34 Umwälzpumpe und eingebaut in einer Heizungsanlage

3.4.1.1 Pumpen- und Anlagekennlinie


Pumpenkennlinie Die Charakteristik des Pumpenverhaltens wird mit der Pumpenkennlinie
angegeben. Sie stellt die Förderhöhe
. (Δp, H) in Funktion der geförder-
ten Wassermenge dar, d.h. f(V).

Je nach Anwendung werden Pumpen mit unterschiedlicher Charakte-


ristik, d.h. Kennlinie eingesetzt. In Heizungsanlagen werden üblicher-
weise Pumpen mit fallenden Kennlinien verwendet (vgl. 1, 2 in Fig.
3-35). Diese Charakteristik entspricht dem typischen hydraulischen
Verhalten, sofern nicht regelnd in die Betriebsweise der Pumpe einge-
griffen wird. Es wird dabei zwischen einer steilen und einer flachen
Kennlinie unterschieden. Durch Regelung der Drehzahl lassen sich hori-
zontale Kennlinien (3) oder gar steigende Kennlinien (4) erreichen.


p, H

2
3

.
V
Fig. 3-35 Pumpenkennlinien

1 steil fallende Kennlinie 3 horizontale Kennlinie (drehzahlgeregelt)


2 flach fallende Kennlinie 4 steigende Kennlinie (drehzahlgeregelt)

91
Anlagenkennlinie Die Förderhöhe der Pumpe richtet sich, wie zuvor schon erwähnt,
hauptsächlich nach den zu überwindenden Widerständen. Diese sind
für die meisten
. Anlagen näherungsweise quadratisch abhängig vom
Förderstrom V, es gilt deshalb:
.
Δp = V 2
.
In der Darstellung in einem Δp, V -Diagramm entspricht dies einer Para-
bel durch den Nullpunkt. Für eine bestimmte Anlage kann diese Parabel
aus den Berechnungswerten für den Auslegungszustand aufgezeichnet
werden. Durch hydraulische Eingriffe im Netz (z.B. Regelventil schliesst)
wird diese Anlagenkennlinie steiler (vgl. Fig. 3-36).

p

1
2

.
V
Fig. 3-36 Betriebspunkt einer Pumpe aus Anlagenkennlinie und Pumpenkennlinie

1 Pumpenkennlinie (bei einer bestimmten Drehzahl n)


2 Anlagekennlinie im Auslegezustand
3 Anlagekennlinie verändert durch zusätzlichen Widerstand

Drehzahlregelung – warum? Aus Fig. 3-37 ist ersichtlich, dass die Förderhöhe entlang der Pumpen-
kennlinie n1 von Δp1 auf Δp2 ansteigt, wenn der in der Anlage geförder-
te Volumenstrom z.B. auf 50 % reduziert wird (Betriebspunkt verschiebt
sich von 1 nach 2). Im Extremfall kann die Förderhöhe sogar bis auf die
sogenannte Nullförderhöhe H0 ansteigen, wenn der Volumenstrom 0
wird. Diese Überlegungen gelten für Anlagen mit mengenvariablen
hydraulischen Schaltungen.

Auf Grund der Anlagekennlinie (I) ist aber auch klar, dass die effektiv
notwendige Förderhöhe viel tiefer liegt, nämlich bei Δp3. Dieser
Betriebspunkt (3) liegt auf einer anderen Pumpenkennlinie mit einer
tieferen Drehzahl n2.

Interessant werden diese Überlegungen in Zusammenhang mit der


Leistungsaufnahme der Pumpe. Diese verhält sich, ähnlich wie zuvor
der Druckverlust, entsprechend einer Gesetzmässigkeit. Dabei gilt für
die meisten Anlagen, dass die Leistungsaufnahme
. näherungsweise mit
der dritten Potenz vom Förderstrom V (resp. der Drehzahl) abhängig ist:
.
P = V3
92
Beispiel: Daraus ergibt sich bei einer Reduktion des geförderten Volumenstrom
Volumenstrom 50 % auf 50 % eine Reduktion der Leistungsaufnahme auf rund 12.5 %, d.h.
1/8 der ursprünglich notwendigen Leistung. Dieser Wert ist natürlich
rein theoretisch, denn es müssen auch noch andere Faktoren wie z.B.
Wirkungsgrad des Antriebs und vor allem auch der an den Verbrauchern
effektiv notwendige Vordruck mitberücksichtigt werden. Realistisch
lässt sich die Leistungsaufnahme auf ca. 50…30 % der ursprünglichen
Leistungsaufnahme reduzieren, was in Anbetracht der Betriebszeiten
der Pumpe trotzdem zu einer beträchtlichen Einsparung führen kann.

Die erreichbare Drehzahlabsenkung ist auch abhängig von der Charakte-


ristik der Pumpenkennlinie. Pumpen mit steil abfallenden Kennlinien
sind besser geeignet, als solche mit flachen Kennlinien.


p2 2


p1 1

n1


p3 3

n2
.
V
Fig. 3-37 Betriebspunkte bei halbem Volumenstrom

I Anlagekennlinie
1 Betriebspunkt im Auslegezustand
2 Betriebspunkt bei halbem Volumenstrom und ungeregelter Pumpe
3 Betriebspunkt bei halbem Volumenstrom und notwendiger Förderhöhe

3.4.2 Stellgeräte Das Stellgerät besteht aus Stellglied und Stellantrieb. Es hat die Aufga-
be, so in den Volumenstrom zwischen Wärmeerzeuger und Wärmever-
braucher einzugreifen, dass die Wärmeabgabe zwischen 0 und 100%
verändert wird. Jedes Stellglied hat ein Regeltor, das mehr oder weni-
ger offen sein kann – oder auch nur offen oder geschlossen.

Als Stellglied kommen Hähne (Drehbewegung) oder Ventile (Hubbewe-


gung) zum Einsatz. Bei den Ventilen wird unterschieden zwischen:

• Durchgangsventil
• Dreiwegventil

93
Fig. 3-38 Durchgangsventil (Gewinde); Dreiwegventil (Flansch) jeweils mit Antrieben

Durchgangsventil Beim Durchgangsventil wird durch eine Hubänderung der Strömungs-


querschnitt verringert oder vergrössert. Daraus resultiert ein mengen-
variabler Volumenstrom.

Dreiwegventil Das Dreiwegventil hat ein mengenkonstantes Ventiltor. Je nach dem, ob


das Ventil als Misch- oder Verteilventil eingebaut ist, ergibt sich ein
anderes Resultat einer Hubänderung.

Mischen: Der austretende Volumenstrom bleibt konstant; er wird aus zwei men-
genvariablen Strömen zusammengemischt (siehe Bild unten, rechts).

Verteilen: Ein mengenkonstanter Eintrittsvolumenstrom wird in zwei mengen-


variable Austrittströme aufgeteilt.

(Hinweis: Nicht alle Dreiwegventile sind geeignet zum Einbau als


Verteilventil.)

Durchgangsventil Dreiwegventil
Fig. 3-39 Durchgangs- und Dreiwegventil (Schnittbild) als mögliche Stellglieder
(Torbezeichnung anders je nach Fabrikat, z.B. A, B, AB)

3.4.3 Abgleichdrossel Mit Abgleichdrosseln in mengenkonstanten Teilen von hydraulischen


Schaltungen kann die Anlage bei der Inbetriebnahme auf den berech-
neten Nennvolumenstrom eingestellt werden.

Hydraulischer Abgleich Diesen Vorgang nennt man den hydraulischen Abgleich. Er ist eine
wichtige Voraussetzung für das einwandfreie Funktionieren einer
Anlage.

94
Fig. 3-40 Heizgruppen mit eingebauten Abgleichdrosseln Strangregulierventil
(im mengenkonstanten Schaltungsteil;
grau hinterlegt)

3.4.4 Sicherheitstechnische Ausrüstung Je nach Art der Heizungsanlage müssen verschiedene sicherheitstech-
nische Komponenten eingebaut werden. Die wichtigsten sind:
• Sicherheitstemperaturbegrenzer
• Sicherheitsventil
• Ausdehnungsgefäss

3
1 2

Fig. 3-41 Sicherheitseinrichtungen in einer Warmwasserheizung mit geschlossenem


Ausdehnungsgefäss

1 Sicherheitstemperaturwächter (STW)
2 Sicherheitstemperaturbegrenzer (STB)
3 Sicherheitsventil
4 Ausdehnungsgefäss

Welche sicherheitstechnischen Komponenten eingebaut werden müs-


sen, wird in entsprechenden Vorschriften und Richtlinien vorgegeben
(je nach Land etwas unterschiedlich), z.B. Zusammenstellung der mass-
gebenden DIN Normen (für D).

95
Wärmeerzeugungsanlage Norm
Offene und geschlossene, physikalisch
abgesicherte Wärmeerzeugungsanlagen
mit Vorlauftemperaturen bis 120 °C DIN 4751 Teil 1
Geschlossene thermisch abgesicherte
Wärmeerzeugungsanlagen
mit Vorlauftemperaturen bis 120 °C DIN 4751 Teil 2
Heisswasserheizungsanlagen mit Vorlauf-
temperaturen über 110 °C (Absicherung von
Drücken über 0.5 bar) soweit sie nicht unter
DIN 4751-2 fallen DIN 4752
Gruppe 1a: Absicherung einer höchstzulässigen
Vorlauftemperatur von 130 °C durch Druck-
begrenzungseinrichtungen mit einem Ansprech-
druck von maximal 1.5 bar,
Produkt aus Wasserinhalt [m3] x Betriebsdruck [bar] < 10
Gruppe 1b: Absicherung einer höchstzulässigen
Vorlauftemperatur von 130 °C durch Temperatur-
begrenzungseinrichtungen mit einem Ansprechdruck
von maximal 1.5 bar,
Produkt aus Wasserinhalt [m3] x Betriebsdruck [bar] < 10
Gruppe 2: Alle übrigen Heisswasserheizungsanlagen
mit Temperaturen über 110 °C
Hausstationen zum Anschluss von
Heisswasser-Fernwärmenetzen DIN 4747 Teil 1
Wassererwärmungsanlagen für Trink- und
Betriebswasser bis 95 °C DIN 4753 Teil 1

Sicherheitstemperaturwächter Sicherheitstemperaturwächter (STW) unterbrechen die Energiezufuhr


bei Erreichen eines eingestellten Grenzwertes. Die Rückstellung erfolgt
selbsttätig, wenn der Temperaturgrenzwert unterschritten, bzw. wenn
der auslösende Fehler behoben ist.

Sicherheitstemperaturbegrenzer Sicherheitstemperaturbegrenzer (STB) sind Temperaturbegrenzer, die


bei Erreichen des Temperaturgrenzwertes die Anlage (Brenner) aus-
schalten. Eine Rückstellung muss vor Ort geschehen (manuell, teilw.
mit Werkzeug) und kann erst erfolgen, wenn die Störung (Auslöser)
behoben und der Grenzwert unterschritten ist.

Fig. 3-42 Sicherheitstemperaturwächter und Sicherheitstemperaturbegrenzer für Einbau


in Heizkessel

96
Sicherheitsventil Sicherheitsventile sind Armaturen, die durch selbsttätiges Öffnen
gegen den Atmosphärendruck die Überschreitung eines vorgegebenen
Druckes verhindern. Sie müssen imstande sein, im Notfall die gesamte
Heizleistung des Wärmeerzeugers in Form von Heisswasser und Dampf
abzulassen. Die Anschlussleitungen sollen möglichst kurz gehalten wer-
den und keine nennenswerten Widerstände (z.B. Bogen) enthalten. Die
Leitung, die das Heisswasser resp. den Dampf abführt, soll so geführt
werden, dass sich die Austrittsöffnung in einem Bereich befindet (z.B.
hinter Heizkessel, in Bodennähe, …), die Personen, die sich in Kessel-
nähe aufhalten, nicht gefährdet.

Fig. 3-43 Sicherheitsventil; Schnittbild und eingebaut (1) in einer Anlage


mit Abblasleitung (2)

Ausdehnungsgefäss Jede Warmwasserheizung benötigt zur Aufnahme der Wasserausdeh-


nung infolge der Erwärmung ein Dehnungspolster, das durch ein Aus-
dehnungsgefäss geschaffen wird. Die Grösse dieses Gefässes richtet
sich nach dem Wasserinhalt der gesamten Heizungsanlage.

Heute werden geschlossene Anlagen meistens mit sogenannt «tief-


liegenden» Ausdehnungsgefässen gebaut, die folgende Vorteile bieten:
– leichte und preisgünstige Montage
– kein Sauerstoffeintritt ins System und demzufolge keine Korrosion –
wenn das Gefäss richtig dimensioniert ist
– keine Einfriergefahr für sicherheitstechnische Einrichtungen
– Fortfall langer, kostenaufwändiger und wämeverlustempfindlicher
Sicherheitsleitungen

Die Errichtung solcher Anlagen ist an verschiedene Bedingungen und


Vorschriften (je nach Land) gebunden.

Ausdehnungsgefässe gibt es in 2 verschiedenen Bauarten:


– Halbmembran-Druckausdehnungsgefäss (für kleinere Anlagen)
– Druckausdehnungsgefäss mit Vollmembrane

Funktionsweise Die Ausdehnungsgefässe enthalten eine besonders gasdichte Blasen-


membrane (vgl. Fig. 3-44). Sie unterteilt das Gefäss in einen Gas- und
einen Wasserraum. Das Gas befindet sich ausserhalb der Blase, das
Blaseninnere ist mit dem Gefässanschlussrohr verbunden und nimmt
das Ausdehnungswasser der Anlage auf.

Das Gefäss wird mit einem Vordruck versehen. Bei Temperaturanstieg


in der Anlage dringt das entstehende Wassermehrvolumen gegen den
Gasdruck in die Blase ein. Bei Abkühlung und damit verbundener Volu-
menschrumpfung stellt der auf die Blasenwandung wirkende Gasdruck
sicher, dass der Anlage genügend Wasser zugeführt wird. Je nach Fabri-
kat, besteht das Druckpolster aus Stickstoff oder komprimierter Luft. 97
Zwischengefäss Die Membranen (Elastomere) altern bei höheren Temperaturen schnel-
ler. Darum wird oft ein separates Zwischengefäss eingebaut, in dem
das Anlagenwasser zuerst abkühlen kann, bevor es ins Ausdehnungs-
gefäss gelangt.

Fig. 3-44 Druckausdehnungsgefäss mit Vollmembrane (links)


Druckhalteanlage mit aufgebautem Kompressor und Steuergeräten (rechts)
(Quelle: Pneumatex)

Druckhalteanlage In Anlagen mit grossem Wasserinhalt und wo die Druckdifferenz zwi-


schen statischem und höchstem Betriebsdruck möglichst gering gehal-
ten werden soll, sind sogenannte Druckhalteanlagen zweckmässig. Der
Gegendruck des Gaspolsters wird hier über Kompressoren gesteuert,
so dass das Ausdehnungswasser ungehindert, d.h. ohne den wachsen-
den Gegendruck wie bei einem stationären Gaspolster, leichter einge-
bracht werden kann. Solche Anlagen werden oft als betriebsfertige Bau-
einheiten geliefert, d.h. Kompressor, Schaltgeräte und Armaturen sind
gleich am Gefäss angebracht.

Fig. 3-45 Druckhalteanlage (1) mit aufgebautem Kompressor (2) und vorgeschaltetem
Zwischengefäss (3) Druckausdehnungsgefäss (4) für eine kleinere Anlage

3.5 Verteiler In der Praxis sind es meist mehrere Verbraucher, die von einem
Erzeuger versorgt werden.

Der Verteiler wird als Bindeglied zwischen der Erzeugerseite und meh-
reren Verbrauchern eingebaut. Er verteilt das Wasser im Vorlaufverteiler
auf die verschiedenen Verbraucher und sammelt im Rücklaufsammler
das Wasser aller Verbraucher.

98
Fig. 3-46 Verteiler als Bindeglied zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite

Die Verbraucher- und die Erzeugerseite stellen gewisse Anforderungen


an den Verteiler, z.B. Druckverhältnisse, konstanter oder variabler Durch-
fluss, notwendige Vor- und Rücklauftemperaturen, … .

Um all diese Bedingungen zu erfüllen, braucht es verschiedene Vertei-


lertypen.

3.5.1 Verteilertypen Verteiler können wie folgt eingeteilt werden:

VERTEILER

Hauptpumpe ohne Hauptpumpe mit Hauptpumpe


(Typ 1)

Druckverhältnisse druckbehaftet drucklos


am Verteiler (Typ 4)

Volumenstrom variabel variabel konstant konstant


über Erzeuger (Typ 2) (Typ 3)

Rücklauftemperatur tief hoch


zum Erzeuger

Der Verteiler kann nicht für sich alleine betrachtet werden. Es ist wich-
tig, dass die zum Verteilertyp passenden Verbraucherschaltungen einge-
setzt werden. Dabei ist zu beachten, dass Verbraucherschaltungen mit
gleichem (oder ähnlichem) Verhalten eingesetzt werden.

99
3.5.1.1 Verteiler ohne Hauptpumpe
(Typ 1), für Verbrauchergruppen
in Beimischschaltung

Fig. 3-47 Verteiler ohne Hauptpumpe für Verbrauchergruppen in Beimischschaltung


Ventile der Verbrauchergruppen geschlossen (links) und offen (rechts)

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur tief (zwischen kalt und Verbraucher-Rücklauf)


• Volumenstrom variabel über Erzeuger, konstant über Verbraucher
• starke gegenseitige Beeinflussung der Verbrauchergruppen
(d.h. jede grössere Veränderung in einer Gruppe führt zu Druck-
veränderungen am Verteiler, deren Auswirkungen auf die anderen
Gruppen von diesen ausgeregelt werden müssen)
• Gefahr von Fehlzirkulation, wenn z.B. Brauchwasserladung am
Verteilerende
• Gruppenpumpen müssen anteilsmässig den Druckverlust im
Erzeugerkreis übernehmen

Einsatzgebiet: • Erzeuger, die tiefe Rücklauftemperatur erfordern (z.B. kondensieren-


der Heizkessel)
• Speicher

3.5.1.2 Verteiler mit Hauptpumpe


(Typ 2), für Verbrauchergruppen
in Drosselschaltung oder
Einspritzschaltung mit Durchgangsventil

Fig. 3-48 Verteiler mit Hauptpumpe für Verbrauchergruppen in Drosselschaltung oder


Einspritzschaltung mit Durchgangsventil

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur tief (Verbraucher-Rücklauf)


• Volumenstrom variabel über Erzeuger

Einsatzgebiet: • Boilerladungen
• Zubringer in Fernleitungsnetz (z.B. Nahwärmeverbund)

100
3.5.1.3 Verteiler mit Hauptpumpe
(Typ 3), für Verbrauchergruppen
in Verteilschaltung oder
Einspritzschaltung mit Dreiwegventil

Fig. 3-49 Verteiler mit Hauptpumpe für Verbrauchergruppen in Verteilschaltung oder


Einspritzschaltung mit Dreiwegventil
Ventile der Verbrauchergruppen geschlossen (links) und offen (rechts)

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur hoch (zwischen Verbraucher-Rücklauf und


annähernd Erzeuger-Vorlauf)
• Volumenstrom konstant über Erzeuger
• Hauptpumpe muss beim Einsatz von Verteilschaltungen
(Umlenkschaltungen) auch den Druckverlust über den Verbraucher
übernehmen
• hydraulischer Abgleich ist anspruchsvoll
• spätere Erweiterung macht erneuten hydraulischen Abgleich
erforderlich

Einsatzgebiet: • Erzeuger mit Rücklaufminimalbegrenzung

3.5.1.4 Verteiler mit Hauptpumpe


(Typ 4), für druckdifferenzlosen
Verbraucheranschluss
in Beimischschaltung

Fig. 3-50 Verteiler mit Hauptpumpe für druckdifferenzlosen Verbraucheranschluss in


Beimischschaltung Ventile der Verbrauchergruppen geschlossen (links) und offen
(rechts)

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur hoch (zwischen Verbraucher-Rücklauf und


Erzeuger-Vorlauf)
• Volumenstrom konstant über Erzeuger
• klare hydraulische Entkopplung zwischen Erzeuger- und
Verbraucherseite
• benötigt Abgleichdrosseln nur in Verbraucherkreisen
(zum Einstellen des Nennvolumenstroms)

Einsatzgebiet: • Erzeuger, die eine hohe Rücklauftemperatur erfordern

101
3.5.1.5 Hydraulische Weiche
Gross dimensionierte Ausgleichs- Bei Mehrkesselanlagen kommen Verteiler mit Hauptpumpe für druck-
leitung zwischen Vor- und Rücklauf differenzlosen Verbraucheranschluss wie unter 3.5.1.4 beschrieben sehr
oft zum Einsatz. Dabei wird eine grosszügig dimensionierte hydrau-
lische Ausgleichsleitung zwischen Vor- und Rücklauf eingebaut, die eine
hydraulische Entkopplung zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite
erzielt. Diese Leitungsverbindung sollte, um eine thermische Schich-
tung zu erreichen, immer senkrecht installiert sein. Sie wird sehr oft
«hydraulische Weiche» genannt.

Damit die «hydraulische Weiche» korrekt funktioniert, sind gewisse


Dimensionierungs- und Einbaurichtlinien (VDMA 24 770) zu erfüllen.

In einer solchen Anlage können grundsätzlich drei Betriebsphasen


(vgl. Fig. 3-51) betrachtet werden:
• der Volumenstrom auf der Verbraucherseite . ist gleich
. gross wie der
Volumenstrom auf der Erzeugerseite d.h. V V = V E ’ hydraulische Wei-
che ist ohne Funktion
• der Volumenstrom der Verbraucherseite
. . ist grösser als der Volumen-
strom auf der Erzeugerseite d.h. V V > V E ’ die Differenzwassermen-
ge fliesst über die hydraulische Weiche vom Verbraucher-Rücklauf in
den Verbraucher-Vorlauf
• der Volumenstrom der Verbraucherseite ist kleiner als der Volumen-
strom auf der Erzeugerseite d.h. ’ die zuviel produzierte Wassermen-
ge fliesst vom Erzeuger-Vorlauf in den Erzeuger-Rücklauf

4 4

B1 B2

3
. .
VE VV

Fig. 3-51 Mehrkesselanlage in Parallelschaltung mit «hydraulischer Weiche»

1 hydraulische Weiche B1 Heizkessel 1


2 Kesselfolgeregler B2 Heizkessel 2
.
3 Regelfühler VE Volumenstrom der Erzeugerseite
.
4 Kesselthermostaten VV Volumenstrom der Verbraucherseite
5 Regelung der Kesseleintrittstemperatur

102
3.6 Verteilsysteme für Heizkörper
3.6.1.1 Schwerkraftsystem Der Heizkessel liegt am tiefsten Punkt des Systems (Fig. 3-52). Das
erwärmte Heizwasser hat eine geringere Dichte (ist leichter) als das
abgekühlte Rücklaufwasser und steigt deshalb im Vorlauf von selbst
hoch. Es ist keine Pumpe notwendig. Da die Druckdifferenz gering ist,
sind Rohrleitungen mit grossem Durchmesser nötig. Damit die Zirkula-
tion beim Anfahren in Gang kommt, dürfen im System möglichst keine
oder nur vereinzelte unbedeutende «Siphons» vorkommen.

Fig. 3-52 Schwerkraft-Verteilsystem mit unterer Verteilung und offenem


Ausdehnungsgefäss

3.6.1.2 Pumpensysteme
Zweirohrsystem Bei diesem System (Fig. 3-53) liegt die Vorlauf-Verteilleitung über den
mit oberer Verteilung höchsten Heizkörpern. Bei Schwerkraftsystemen kommt dadurch die
Zirkulation beim Aufheizen rascher in Gang.

Fig. 3-53 Zweirohrsystem mit oberer Verteilung und zentralem Entlüftungsgefäss (1)

Beim Einsatz einer Umwälzpumpe kann nebst der Vorlaufleitung auch


die Rücklauf-Sammelleitung über den höchsten Heizkörpern liegen. In
diesem Fall muss jedoch die Pumpenförderhöhe ausreichen, um beim
Anheizen das Wasser aus dem «Kaltwassersack» hinauszudrücken.

Zweirohrsystem Dies ist das häufigste System. Vor- und Rücklaufleitungen sind unter der
mit unterer Verteilung Kellerdecke verlegt. Die Heizkörper werden an die senkrechten Stränge
angeschlossen.
Fig. 3-54 zeigt die Verteilung mit senkrechten Verteilsträngen. Diese ist
baulich meist einfach zu realisieren.

103
Fig. 3-54 Zweirohrsystem mit unterer Verteilung
(linke Seite mit örtlicher Entlüftung, rechte Seite mit zentraler Entlüftung)

1 örtliche Entlüftung
2 zentrales Entlüftungsgefäss
3 Luftleitungen

Bei einer Verteilung pro Stockwerk mit waagrechten Strängen kann


jede Wohnung oder jedes Stockwerk mit einem separaten Wärmezähler
ausgerüstet werden.
Die Anwendung von Kupfer- oder Weichstahlrohren erlaubt das Verlegen
im Unterlagsboden über der tragenden Decke. Allerdings reicht dann
der Platz für eine wirkungsvolle Isolierung nicht aus. Höhere Pumpen-
leistungen sind notwendig, damit der Rohrdurchmesser im Unterlags-
boden möglichst klein gehalten werden kann.

Tichelmann-System Die Rohrleitungen werden so geführt, dass für jeden Heizkörper der
gesamte Kreislauf gleich lang ist. Dadurch herrschen für jeden Heizkör-
per die gleichen hydraulischen Druckverhältnisse.

Fig. 3-55 Zweirohr-System mit Normalverlegung (links) und Tichelmann-Rohrführung


(rechts)

Auch mehrere Heizkessel oder Warmwasserspeicher werden nach


Tichelmann angeschlossen. Besonders wichtig ist diese Anschlussart
bei Sonnenkollektoren.

104
Einrohrsystem Einrohrsysteme bestehen aus Ringleitungen, an welche die Heizkörper
im Nebenschluss mit ihrem Vor- und Rücklauf angeschlossen sind.
Auf diese Weise zirkuliert das Heizwasser auch dann weiter in der
Ringleitung, wenn einzelne Heizkörper ganz abgesperrt sind.

Ähnlich wie beim Zweirohrsystem kann eine Einrohrheizung als senk-


rechtes System oder als waagrechtes System gebaut werden.

Das senkrechte System mit oberer Verteilung wird manchmal bei


Hochhäusern angewandt. Es erlaubt eine rationelle Montage.

Das waagrechte System ist anpassungsfähig an den Baukörper und


erlaubt den Einsatz individueller Wärmezähler. Die senkrechten Haupt-
stränge werden z.B. im Leitungsschacht der Sanitärräume verlegt. Die
daran angeschlossenen Ringleitungen werden im Unterlagsboden oder
unter Fussleistenabdeckungen geführt.

Fig. 3-56 Einrohrheizung mit waagrechter Verteilung in einem Bürogebäude

Fig. 3-57 Einrohrheizung mit waagrechter Verteilung in einem Mehrfamilienhaus

105
3.6.1.3 Stockwerksheizung Bei der Stockwerksheizung hat jedes Stockwerk oder jede Wohnung
ihren eigenen Wärmeerzeuger, meist ein Gas-Durchflusserwärmer mit
werkseitig eingebauter Umwälzpumpe und Ausdehnungsgefäss. Die
Verteilleitungen zu den Heizkörpern können im Unterlagsboden oder
hinter Sockelleisten verlegt werden.

3.7 Wärmeabgabe bei Warmwasser-


Zentralheizungen
3.7.1 Heizkörper
3.7.1.1 Grundsätzliches zur Jeder Heizkörper gibt die Differenz zwischen dem mit dem Wasser
Wärmeabgabe zufliessenden und dem wegfliessenden Wärmestrom teilweise durch
Strahlung und teilweise durch Konvektion (d.h. Wärmetransport mit
bewegter Luft) an seine Umgebung ab.

Wie gross die Anteile der Wärmeabgabe durch Strahlung und durch
Konvektion eines freistehenden Heizkörpers sind, hängt von seiner
Form ab.

Fig. 3-58 Wärmeabgabe von Heizkörpern


links: vorwiegend durch Strahlung (Heizwand)
mitte: durch Strahlung und Konvektion (Radiator)
rechts: vorwiegend durch Konvektion (Konvektor)

Die Wärmeabgabe eines Heizkörpers sollte möglichst unbehindert


erfolgen können. In der Praxis wird sie jedoch durch eine Reihe von Ein-
flüssen vermindert (siehe 3.7.1.2).
In solchen Fällen muss deshalb die mittlere Heizkörpertemperatur –
also im Normalfall die Vorlauftemperatur – erhöht werden, um diese
Einflüsse zu kompensieren. (Normwärmeleistung von Heizkörpern:
siehe DIN 4703)

3.7.1.2 Einflüsse auf die Wärmeabgabe


eines Heizkörpers
Verkleidung Heizkörperverkleidungen, Abdeckungen, Vorhänge oder Möbel verklei-
nern die Luftströmung um den Heizkörper und somit seine konvektive
Wärmeabgabe sowie seine Wärmeabgabe durch Strahlung.

Einbau Werden die vom Hersteller angegebenen Wand-, Boden- und Fenster-
brett-Abstände unterschritten, so kann die Wärmeabgabeleistung 15 %
oder mehr sinken.

Anschlussart Wird ein Heizkörper nicht in üblicher Weise (Vorlauf oben, Rücklauf
unten) angeschlossen, so kann die Minderleistung bis zu 25 %
betragen.

Luftdichte Einen erheblichen Einfluss auf die Wärmeabgabe eines Heizkörpers hat
die Luftdichte und damit auch die Meereshöhe. Die Minderleistung
beträgt pro 1000 m ü.M. etwa 5 %.

Anstrich Helle oder dunkle Farben spielen keine Rolle. Einzig beim Anstrich mit
Metallbronze vermindert sich die Wärmeabgabe um etwa 10 %
(gemäss anderer Quelle bis zu 25 %).

106
3.7.2 Fussbodenheizungen
Systeme Auf dem Markt wird eine grosse Anzahl unterschiedlicher Fussboden-
heizungs-Systeme angeboten. Je nach Fabrikat werden die Rohre
kreisförmig oder schlangenförmig im Boden verlegt (vgl. Fig. 3-59).
Angestrebt wird eine möglichst gleichmässige Oberflächentemperatur
und nötigenfalls eine verstärkte Beheizung der Randzone entlang der
Aussenwände durch engere Rohrabstände. Fussbodenheizungen sind
typische Niedertemperatur-Heizsysteme und können deshalb sehr wirt-
schaftlich mit Niedertemperatur-Heizkesseln, Wärmepumpen oder Son-
nenenergie betrieben werden. Sie werden ausserdem als sehr behag-
lich empfunden und deshalb vor allem in Wohnbauten und – als Grund-
lastheizung – in Hotelzimmern eingesetzt.

Fig. 3-59 Fussbodenheizung mit Anschlusskasten (im Hintergrund)

Fussbodenheizung oder In gut wärmegedämmten Gebäuden haben die Argumente zugunsten


Niedertemperatur-Heizkörper? der Fussbodenheizung bezüglich Behaglichkeit und Energieverbrauch
nicht mehr ihre frühere Bedeutung. Einerseits liegt die Oberflächentem-
peratur des beheizten Fussbodens nur noch wenig über der Raumluft-
temperatur. Andererseits liegt die raumseitige Oberflächentemperatur
der Aussenbauteile (Wände, Fenster) nur wenig unter der Raumlufttem-
peratur und gewährleistet eine genügende thermische Behaglichkeit
auch ohne Fussbodenheizung.

Vor- und Nachteile Im Vergleich mit den Niedertemperatur-Heizkörpern ergeben sich


der Fussbodenheizung folgende Vor- und Nachteile für die Fussbodenheizung:

Vorteile
– Besondere Eignung für Wärmepumpen und Solarwärme wegen den
tieferen Heizwassertemperaturen (max. 35 °C) und wegen der
Wärme-Speicherfähigkeit
– weniger Leitungsschlitze und dadurch weniger bauliche
Nebenarbeiten
– keine Vorhänge vor den Heizkörpern
– keine Heizkörper-Platzierungsprobleme

Nachteile
– grössere Wärmeträgheit und dadurch schlechtere Regelbarkeit
– hohe Kosten bei nachträglichen Änderungen oder Reparaturen an
den Heizflächen
– Einschränkungen bezüglich der Inneneinrichtung (z.B. Teppiche),
sowie der flexiblen Raumtrennung

107
3.7.3 Deckenheizung Die Deckenheizung ist das älteste der Flächenheizsysteme. Weil die
Wärmeabgabe praktisch nur durch Strahlung (80%) erfolgt, muss die
Oberflächentemperatur der Decke, im Vergleich zur Fussbodenheizung
relativ hoch sein. In Wohn- und Bürogebäuden war deshalb das Resul-
tat: «Heisser Kopf und kalte Füsse», was als sehr unbehaglich empfun-
den wurde. Aus dem ursprünglichen System mit einbetonierten Stahl-
rohren (Anfang 20. Jh.) haben sich die folgenden vier Prinzipvarianten
entwickelt (Fig. 3-60):
– Rohrdeckenheizung (a) mit im Konstruktionsbeton (Crittall-Heizung)
oder in einem Mörtelüberzug eingebetteten Rohren. Betriebstem-
peraturen max. 55/40 °C und träge Regelbarkeit.
– Lamellendeckenheizung (b), kombinierbar mit lufttechnischen
Anlagen. Betriebstemperaturen 90/70 °C und weniger träge Regel-
barkeit.
– Hohlraumdeckenheizung (c), kombinierbar mit lufttechnischen
Anlagen. Betriebstemperatur 90/70 °C und weniger träge Regel-
barkeit.
– Strahlplattenheizung (d), Betriebstemperatur im Heisswasser-
bereich, über 100 °C.

Fig. 3-60 Die vier Grundbauarten von Deckenheizungen

a) Rohrdeckenheizung c) Hohlraumdeckenheizung
b) Lamellendeckenheizung d) Strahlplattenheizung

Heute wird von diesen Systemen praktisch nur noch die Strahlplatten-
heizung im Industriebereich z.B. Lager-, Fabrik- und Flugzeughallen,
eingesetzt.

3.7.4 Wandheizung Eine Wandheizung mit milden Oberflächentemperaturen erfüllt die


Bedingungen des thermischen Komforts sehr gut, da eine wesentlich
grössere Fläche des stehenden oder sitzenden Menschen angestrahlt
wird als bei Fussboden- oder Deckenheizung.
Die Heizrohre können einbetoniert oder in einem Mörtelüberzug unter-
gebracht werden. Dahinter ist eine ebenso gute Wärmedämmung wie
bei einer Fussbodenheizung notwendig, insbesondere bei Aussenwän-
den. Die Wandheizung wird eher selten eingesetzt.

108
3.8 Zentralheizungsanlagen Zentralheizungsanlagen mit Betriebstemperaturen über 100 °C werden
mit Betriebstemperaturen über 100 °C für die normale Raumheizung nicht gebaut. Hingegen kommen sie in
Frage für
– die Nah- und Fernverteilung von Wärme,
– die Beheizung grosser Hallen,
– Prozesswärme in der Industrie.

Planung, Montage und Betrieb erfordern besondere Fachkenntnisse.


Unter bestimmten Betriebsbedingungen sind behördliche Vorschriften
zu beachten, und zum Teil besteht Kontroll- und Überwachungspflicht.

3.8.1.1 Heisswasserheizung Wird Wasser unter Druck gesetzt, können Temperaturen über 100 °C
erreicht werden, ohne dass Dampf entsteht. Als Heisswasserheizung
gilt jedes System, bei dem im Heizkessel eine Temperatur von 110 °C
erreicht oder überschritten wird. Bedingt durch den Betriebsdruck, der
noch Bauteile mit Nenndruck PN 40 zulässt, liegt die oberste Tempera-
turgrenze bei 230 °C. In der Praxis werden 180 °C jedoch kaum über-
schritten.

Die Heisswasserheizung wird vor allem als Deckenstrahlungsheizung in


Fabrikationshallen zur Beheizung der Arbeitsplätze mittels Bandstrah-
lern oder Strahlplatten eingesetzt. Der Vorteil dieses Systems liegt da-
rin, dass die Luft auf direktem Weg kaum erwärmt wird und deshalb
keine Übererwärmung des oberen Hallenbereichs erfolgt.

Eine Heisswasserheizung unterscheidet sich von einer normalen


Warmwasserheizung durch besondere Sicherheitseinrichtungen und
die Speiseeinrichtung.

Das Heizwasser kann erwärmt werden in einem


– Heisswasserkessel
– Dampfkessel
– Dampf-Heisswasser-Umformer
– Dampf-Heisswasser-Mischkondensator
(Rücklaufwasser wird durch Mischung mit Dampf erhitzt)
– Elektro-Durchflusserhitzer
– Elektrokessel mit Elektroden für Hochspannung
– Wärmetauscher zur Abwärmeverwertung von Gas- oder
Dieselmotoren

3.8.1.2 Dampfheizung Dampfheizungen werden für Industriebetriebe gebaut, wenn aus pro-
duktionstechnischen Gründen Dampf als Prozesswärme benötigt wird.
Verfügt ein Industriebetrieb über eine Dampferzeugungsanlage mit
umfassendem Verteilnetz, so werden auch die Lufterhitzer und
Befeuchter der Klimaanlagen mit diesem Dampf betrieben. Dampf wird
auch – wie Heisswasser – als Wärmeträgermedium verwendet, wenn
Wärme über grosse Entfernungen transportiert werden muss.

3.9 TABS – Thermisch aktive


Bauteil-Systeme
Betondecken als Bei diesen Systemen wird für die Pufferung von Wärme- und Kältelas-
Wärme-/Kältespeicher ten die gebäudeeigene Speicherkapazität genutzt. Gleichzeitig werden
und Heiz-/Kühlflächen die Decken und Wände als Heiz- und Kühlflächen verwendet. Dazu wer-
den Rohrleitungen direkt in die Betondecken des Gebäudes integriert.
In den Rohrleitungen zirkuliert Wasser, das je nach Bedarf geheizt oder
gekühlt werden kann, um die gewünschte Deckentemperatur zu errei-
chen. Um die Speicherkapazität nutzen zu können, darf die Decken-
unterseite nicht verkleidet sein!

109
Fig. 3-61 Eingelegte Rohrleitungen zur Temperierung der unverkleideten Geschossdecke
(Quelle: Zent-Frenger)

Temperiertes Wasser Bei diesen Systemen wird, im Gegensatz zu herkömmlichen Heiz-


von ca. 18…26 °C und Kühlsystemen, nur mit temperiertem Wasser gearbeitet, d.h. die
Wassertemperatur liegt üblicherweise im Bereich von 18 °C (Kühlfall)
bis 26 °C (Heizfall). Je besser der bauliche Wärmeschutz, umso gleich-
mässiger kann die Temperatur der thermisch aktiven Geschossdecke
gehalten werden. In gewissen Gebäuden ergibt sich dadurch sogar die
Möglichkeit, dass überschüssige Wärme von einem Gebäudeteil in
einen anderen Gebäudeteil «verschoben» werden kann.

Der Wärmeaustausch zwischen der temperierten Geschossdecke und


dem Raum erfolgt zu einem grossen Teil über Strahlung (ca. 60 %), was
die Behaglichkeit im Raum erhöht.

Betriebserfahrungen Betriebserfahrungen aus Gebäuden mit thermisch aktiven Bauteilen


zeigen, dass die Gebäudebenutzer sehr zufrieden sind und sich wohl
fühlen. Allerdings müssen sie gut über das System und sein thermi-
sches Verhalten (z.B. variable Temperatur über den Tagesverlauf) infor-
miert werden und es dauert eine gewisse Zeit, bis sie sich daran
gewöhnt haben. Problematisch können in gewissen Räumen die freien
Deckenflächen sein, da ohne entsprechende Gegenmassnahmen star-
ke Halleffekte auftreten können.

Nutzung alternativer Wärme- Auf Grund der moderaten Wassertemperaturen ergibt sich die Mög-
und Kältequellen lichkeit zum wirtschaftlichen Einsatz von alternativen Methoden zur
Wärme- und Kältegewinnung.

So lassen sich beispielsweise das Erdreich oder Grund-/Seewasser als


Wärmequelle für den Heizfall nutzen (mit Hilfe einer Wärmepumpe)
oder im Kühlfall direkt als Kältequelle resp. Wärmesenke einsetzen.

In einigen Gebäuden wird auch, durch Rohrverlegung in Grundpfählen,


Bodenplatten oder Schlitz-/Spundwänden, die im Erdreich vorhandene
Wärme- resp. Kälteenergie zur Temperierung des Wassers herange-
zogen.

110
Fig. 3-62 Energiepfahl (links) und Energiebodenplatte (rechts) zur Nutzung
der Energie im Erdreich
(Quelle: Zent-Frenger)

Umschaltbare Wärmepumpe/ Elektrisch betriebene Wärmpumpen und Kältemaschinen arbeiten


Kältemaschine umso effizienter, je geringer die Temperaturdifferenz zwischen der
kalten Verdampferseite und der warmen Kondensatorseite ist. Die an-
nähernd konstant bleibende Temperatur der Wärmequelle (Erdreich ca.
12 °C) spart also einigen Antriebsstrom, wenn die Wärmepumpe im
winterlichen Heizbetrieb eingesetzt wird. Kann im Sommer die Abwär-
me bei der Klimakälteerzeugung an das Erdreich abgegeben werden
(vor allem bei hohen Aussentemperaturen im Sommer), so sinkt der
Strombedarf ebenfalls massiv.

Durch die zuvor angesprochenen moderaten Wassertemperaturen bei


Systemen mit thermisch aktiven Bauteilen, kann dieser Vorteil voll
ausgenutzt werden. Bei richtiger Auslegung der Wärmepumpe sind so
Jahresarbeitszahlen von 4.5 bis 5 durchaus realisierbar.

111
4. Kältetechnik

4.1 Einleitung Die Ursachen für die Forderung nach «Kälte» stammen ursprünglich
aus dem Bereich der Lebensmittelversorgung und daher beschäftigt
sich der Mensch seit Urzeiten mit dem Thema Kühlung.

In mit nassen Tüchern umwickelten Tonbehältern oder in Feldflaschen,


wurden Lebensmittel oder die Flüssigkeit im Behälter gekühlt.

Das Prinzip: Wärmeentzug durch Verdunstung von Wasser.

Technische Kühlung Die uns bekannten anfänglichen Überlegungen zum Thema «Technische
Kühlung» und somit dem Fachgebiet der «Kältetechnik» stammen aus
dem Jahr 1834, als Jacob Perkins in einer Patentschrift eine Kaltdampf-
maschine mit geschlossenem Kreislauf und Äthyläther beschrieben hat.
Ca. 40 Jahre später (1876) verwendet Carl Linde erstmals Ammoniak
als Kältemittel bei einer Kaltdampfmaschine mit Kolbenverdichter.
1910 tauchen die ersten Haushaltskühlschränke auf und 1930 werden
die Kältemittel R 11, R 12, R 13, R 22, R 113 und R 114 entwickelt.

Hinter einer Kältemaschine verbirgt sich nichts anderes als der uns allen
bekannte Kühlschrank:
Funktion: Warme Speisen werden hineingestellt, Wärme wird an ein
Transportmedium abgegeben, nach aussen geführt (Rückseite) und an
die Umgebungsluft abgegeben.

Energietransport Den Energietransport übernimmt ein Medium (Kältemittel) welches


bei der Wärmeaufnahme verdampft und bei der Wärmeabgabe wieder
kondensiert.
Aus der Thermodynamik wissen wir, dass Wärme nur von einem Stoff
mit höherer, auf einen Stoff mit tieferer Temperatur übergehen kann,
und aus der Strömungslehre, dass eine Flüssigkeit nur von einem
höheren auf ein tieferes Niveau fliesst.
Setzt man jedoch eine Pumpe ein, kann eine Flüssigkeit auch von
einem tieferen auf ein höheres Niveau strömen. Nach diesem Prinzip
funktioniert der Energietransport bei der Kältemaschine bzw. Wärme-
pumpe.

Einsatzgebiete der Kältetechnik Aufgrund des Ursprungs der Kältetechnik unterteilte man die Technik in
folgende Bereiche:

• Grosskälte (industrielle Kälte)


• Kleinkälte (kommerzielle Kälte)
• Kühlschränke und Truhen (Haushalt Kälte)

In diesem Bereich wurden Grossanlagen für Brauereien, Schlachthöfe,


Kühlhäuser und Eisfabriken sowie Kühlschiffe gebaut.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Bedarf wesentlich grösser und
man unterteilte die Bereiche in Kälteerzeugung für:

Lebensmittel, Verfahrens- und Lufttechnik

Die verschiedenen Anwendungen und Zuordnungen in diesen Berei-


chen erklärt nachfolgende Tabelle. Die Markierungen deuten auf die uns
eher bekannten Prozesse hin.

112
Lebensmitteltechnik Verfahrenstechnik Lufttechnik
– Erzeugung – Chemische Industrie – Klimatechnik
Brauereien Abführen von Reaktions- Versammlungsräume
Fangschiffe und Lösungswärme Theater, Büro u.s.w.
Auskristallisieren von Krankenhäuser
– Transport
Salzen Druckereien
See
Gasverflüssigung und Schwimmbäder
Schiene
-trennung Bergwerke
Strasse
Luft – Raffinerien – Raumfahrt
Umweltsimulation
– Lagerung – Kryotechnik
Windkanal
Kühlhäuser (Tieftemperaturbereich)
Gefrierlagerhäuser Gewinnen von Edelgasen – Fertigung
Gewerbliche Kühlzellen Supraleittechnologie Materialprüfung
Messräume
– Vertrieb – Bautechnik
Verkaufstruhen Abteufen von Schächten
Getränkeautomaten Betonkühlung
– Haushalt – Medizin
Kühlschränke Blutbänke
Tiefkühltruhen Kälteanästhesie
– Vakuumtechnik
– Seetransport
Flüssiggas
– Sportarenen
Kunsteisbahnen

Übersicht: Anwendungsgebiete der «Kältetechnik»

In der Lebensmittelbranche ist die Anwendung der Kältetechnik die


beste und gesündeste Methode Lebensmittel über längere Zeiträume
und über verschiedene Klimazonen hinweg frisch zu halten und somit
unsere Versorgung sicherzustellen.
In der Verfahrenstechnik kann durch die Anwendung der Kältetechnik
schneller und preisgünstiger produziert werden.
In der Luft-Klimatechnik ist der Einsatz der Kältetechnik ein wesent-
licher Faktor für unser Wohlbefinden an Arbeitsplätzen und Aufenthalts-
räumen allgemein.

In der Klimatechnik wird neben der Heizenergie im Winter, für den


Sommerzeitraum Kälteenergie zur Kühlung und Entfeuchtung der Luft
benötigt.

Möglichkeiten der Kälteerzeugung Grundsätzlich lassen sich die Möglichkeiten zur Kühlung in zwei Haupt-
gebiete einteilen:

a) Kühlung mit Oberflächen Wasser

b) Technische Kühlung mittels Kältemaschine

Die Energie- bzw. Wärmerückgewinnung ist ein sehr aktuelles Thema


im Bereich der Kältetechnik.

113
4.2 Kühlung mit Oberflächenwasser Grund-, See-, Fluss- oder Leitungswasser mit Temperaturen von ca.
6–18 °C steht in ausreichendem Masse fast überall zur Verfügung und
würde ausreichen, um Raum- oder Aussenluft von wärmer als 20 °C
abzukühlen.
Aus der Formel

Q = m * c * Δ oder Q = m * Δh

lässt sich ableiten, wie gross die Wassermenge sein muss, um eine
entsprechende Menge Luft auf ein tieferes Temperaturniveau zu brin-
gen.

Lösungen: Als einfache Möglichkeiten werden Nass- oder Oberflächen-


kühler eingesetzt.

Fig. 4-1 Nasskühler (Verdunstungskühler), Oberflächenkühler


1 Kühlwasserquelle, 2 Nasskühler, 3 Oberflächenkühler

Nasskühler Im Nasskühler wird Oberflächenwasser (8 °C) direkt in eine Kammer


gesprüht. Die durch diese Kammer geführte (warme) Luft lässt eine Teil-
menge des Wassers verdunsten. Die Wärme, die das Wasser zum Ver-
dunsten benötigt, wird der Umgebungsluft entnommen.

In Kürze
– Luft kühlt ab und nimmt Feuchtigkeit auf
– Wasser verdunstet
– der Verdunstungsanteil des Wassers muss nachgeführt werden

Oberflächenkühler Im Oberflächenkühler wird Wasser über einen Wärmetauscher im Luft-


kanal geführt. Die Luft streicht über die (kalte) Oberfläche des Wärme-
tauschers und wird somit abgekühlt, eventuell entfeuchtet.

In Kürze
– Luft kühlt ab
– Wasser wird warm und in die Quelle zurückgeführt
– Wasser muss ständig nachgeführt werden.

In der Wärmepumpentechnik kommt diese Art häufig zur Anwendung


(Wasser / Wasser-Wärmepumpe). Die Energie des Oberflächenwassers
wird über den Kältekreislauf an einen Heizkreis abgegeben (siehe Erklä-
rung «Kompressions-Kreislauf»).

114
Vor- und Nachteile des Nass- und Vorteile
Oberflächenkühlers • Einfacher Anlagenaufbau
• Energiequelle Wasser immer vorhanden

Nachteile
• Schwankende Wassertemperaturen (ausser See-, Grund- oder
Brunnenwasser)
• Wenn Kühlung benötigt wird (Sommer) ist die Wassertemperatur
hoch, d.h. Δ ist klein (Q = m * c * Δ).
• Verdunstungsprinzip benötigt Wasser
• Oberflächenprinzip wärmt Wasser auf

Früher wurde für diese Zwecke häufig Leitungs- oder Brunnenwasser


verwendet. Diese Nutzungsart ist jedoch aus ökonomischen und ener-
getischen Gründen nicht empfehlenswert und wird heute selten ange-
wendet.
Die Entnahme von Oberflächenwasser bedarf der behördlichen Geneh-
migung und heute wird im Bereich der Kältetechnik überwiegend die
technische Kühlung «Kältemaschine» zur Erzeugung und Bereitstellung
der benötigten Kälteenergie eingesetzt.
Aber auch der Einsatz von Kältemaschinen unterliegt aus sicherheits-
technischen und ökologischen Gesichtspunkten gesetzlichen Vorschrif-
ten.

4.3 Kompressions-Kältemaschinen-
Kreisprozess
4.3.1 Aufgabe des Kreisprozesses Im Kompressions-Kältemaschinen-Kreisprozess wird einem zu kühlen-
den Medium (Luft, Wasser) Wärme entzogen und an ein anderes
Medium (ebenfalls Luft oder Wasser) abgegeben. Als Transportmedium
werden «Kältemittel» verwendet. Der Wärmetransport erfolgt durch die
Aggregatzustandsänderung des Kältemittels.

Wärmepumpe (WP) Bei der «Wärmepumpe» nutzt man den «technischen Kälteprozess»
um einem Medium Wärme zu entziehen und diese Wärme einem
anderen Medium zuzuführen.

Beispiel Man kühlt eine Wassermenge durch Wärmeentzug ab, um mit dieser
Wasser / Wasser WP entzogenen Wärme eine andere Wassermenge zu erwärmen.
In der Heizungstechnik könnte dies konkret bedeuten, dass man Grund-
wasser von 10 °C auf 5 °C abkühlt, um damit eine Bodenheizung mit
30 °C Rücklauftemperatur und 45 °C Vorlauftemperatur zu betreiben.

Einen grossen Aufschwung erlebte die Kältetechnik in den 70–80er


Jahren, durch den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen, hervor-
gerufen durch die «Energiekrise».

115
4.3.2 Physikalische Zusammenhänge In einem Kältemaschinen-/Wärmepumpen-Kreisprozess nützt man die
Fähigkeit eines Stoffes bzw. Kältemittels, seinen Aggregatzustand zu
ändern und dabei – ohne seine Temperatur zu ändern – relativ grosse
Wärmemengen aufzunehmen oder abzugeben. Mögliche Aggregatzu-
stände sind: Fest, flüssig oder gasförmig.
Ein Kreisprozess ist nur deshalb möglich, weil die Aggregatzustands-
Änderungen umkehrbar sind. Die möglichen Aggregatzustands-Ände-
rungen und deren Bezeichnungen zeigt die folgende Tabelle:

Aggregatzustands-Änderung: Bezeichnung:
vom festen in den flüssigen schmelzen
vom flüssigen in den festen erstarren (bei Wasser: gefrieren)
vom flüssigen in den gasförmigen verdampfen (verdunsten)
vom gasförmigen in den flüssigen kondensieren (verflüssigen)
vom festen in den gasförmigen sublimieren (Sublimation)
vom gasförmigen in den festen resublimieren (Resublimation)

Zustands-Änderungen von Wasser Da Wasser auch in speziellen Kältemaschinen-/Wärmepumpen-Kreis-


prozessen als Kältemittel verwendet wird, nutzen wir für die Erklärung
der Zusammenhänge im Kältekreislauf diese Zustands-Änderungen und
die dabei aufgenommenen und abgegebenen Wärmemengen am Bei-
spiel von 1 kg Wasser bei Normbedingungen (Luftdruck = 1,013 bar).

Temperatur-Enthalpie-Diagramm Die Temperatur- und Aggregatzustands-Änderungen des Wassers lassen


sich mit Hilfe des Temperatur-Enthalpie-Diagramms darstellen. Die ein-
getragenen Enthalpiewerte beziehen sich auf 1 kg Wasser bei atmo-
sphärischem Druck von 1,013 bar.
t °C
115 D
B C
100

28,3
-335 419 2257

10 A
0
0 419 2676 2704,3
h [kJ / kg]

Fig. 4-2 Temperatur-Enthalpie-Diagramm


A – B: Flüssigkeitserwärmung (Sensible Wärme)
B – C: Verdampfung (Latente Wärme)
C – D: Überhitzung (Sensible Wärme)

Da für Wärmemengen-Berechnungen nur Enthalpie-Differenzen benö-


tigt werden, kann der Nullpunkt der Enthalpie-Skala beliebig festgelegt
werden. In den gebräuchIichen Wasserdampf-Tabellen, ist er identisch
mit dem Gefrierpunkt des Wassers. Das bedeutet, dass die Schmelz-
wärme in den angegebenen Enthalpiewerten nicht enthalten ist.
Die Gerade A – B stellt die sensible Wärme dar, die erforderlich ist, um
1 kg Wasser von 0 °C auf 100 °C zu erwärmen. An der Stelle B kann auf
der Enthalpie-Skala dafür ein Wert h von 419 kJ/kg abgelesen werden.

116
Die Gerade B – C stellt den Verdampfungsprozess dar. Entlang dieser
Geraden wird kontinuierlich Wärme zugeführt, bis das Kilogramm Was-
ser bei Punkt C vollständig in Sattdampf übergegangen ist. Die Enthal-
pie dieses trocken gesättigten Dampfes beträgt dort 2676 kJ, also die
Summe aus 419 kJ sensibler und 2257 kJ latenter Wärme.
Die Umkehrung dieses Vorganges (gleicher Wärmeentzug von C nach B)
beschreibt den Vorgang der Kondensation (Verflüssigung)
Werden zwischen Punkt C und Punkt D weitere 28,3 kJ zugeführt,
wird der Dampf auf 115 °C überhitzt, die Enthalpie bei Punkt D beträgt
h = 2676 + 28,3 = 2704,3 kJ.

Schmelzen / Gefrieren Um 1 kg Eis von 0 °C zu schmelzen bzw. in Wasser von 0 °C zu ver-


flüssigen, ist eine Wärmemenge von 335 kJ erforderlich (Fig. 4-3).
Diese Aggregatzustands-Änderung erfolgt bei konstanter Temperatur.
Die anschliessend im Wasser enthaltene Schmelzwärme wird deshalb
als latente (nicht fühlbare) Wärme bezeichnet.

Fig. 4-3 Schmelzwärme von Eis

Im Umkehrprozess muss 1 kg Wasser von 0 °C die Wärmemenge von


335 kJ entzogen werden, um dieses in 1 kg Eis von 0 °C umzuwandeln.

Erwärmen Einem kg Wasser muss eine sensible Wärmemenge von 419 kJ zuge-
führt werden, um dessen Temperatur von 0 °C auf 100 °C zu erhöhen.
Vorausgesetzt, dass Normdruck (atmosphärischer Druck auf Meereshö-
he von 1,013 bar; früher 760 mm Hg) herrscht, ist 100 °C der Siede-
punkt des Wassers, also der Punkt, bei dem die Verdampfung beginnt.
Aus dem Diagramm (Fig.4-4) ist ersichtlich, dass Wasser als Kältemittel
mit einer Verdampfungstemperatur im Bereiche von ca. + 5 °C nur dann
eingesetzt werden kann, wenn im Verdampfer ein Druck von ca. 0.01
bar (bzw. ein Unterdruck von ca. 0.99 bar gegenüber dem atmosphäri-
schen Normdruck) erzeugt werden kann, (lg p ist ein logarithmischer
Massstab für den Druck).
Log p (bar)

100

10

0,1

0,01

0,001
-100 0 100 200 300 400 t (°C)
Fig. 4-4 Siedepunkt des Wassers in Abhängigkeit vom Luftdruck
117
Verdampfen Die Umwandlung von Wasser in Dampf ist eine Aggregatzustands-
Änderung, die wiederum bei konstanter Temperatur erfolgt. Einem kg
Wasser von 100 °C muss die Verdampfungswärme von 2257 kJ zuge-
führt werden, um dieses vollständig in Dampf von 100 °C zu verwan-
deln. Diese Verdampfungswärme ist dann als latente Wärmemenge im
Dampf enthalten. Addiert man zur Verdampfungswärme von 2257 kJ
die 419 kJ, die aufgewendet wurden, um 1 kg Wasser von 0 °C auf
100 °C zu erwärmen, so erhält man mit 2676 kJ den Wärmeinhalt oder
die Enthalpie h von 1 kg Sattdampf von 100 °C (Fig. 4-5). (Der Nullpunkt
der Enthalpie-Skala ist festgelegt auf die Stofftemperatur von 0 °C)

Fig. 4-5 Verdampfungsprozess und Enthalpieerhöhung von Wasser

Überhitzen Wird dem trocken gesättigten Dampf von 100 °C weiterhin Wärme
zugeführt, erfolgt eine Temperaturerhöhung, die sogenannte Überhit-
zung des Dampfes (Fig 4-6). Bei der Überhitzungswärme handelt es
sich wieder um sensible Wärme. Um die Temperatur des Kilogramm
Dampfes z.B. von 100 °C um 15 K zu erhöhen, ist eine sensible Wärme-
menge Q von 28,3 kJ erforderlich. Dies folgt aus folgender Formel:

Q = m * cp * ( – s)
= 1 * 1,88 * (115 °C – 100 °C)
= 28,3 (kJ)
cp = spezifische Wärme des überhitzten Dampfes [kJ/kg K]
m = Masse [kg]
 = Temperatur des überhitzten Dampfes [ °C]
s = Siedetemperatur des Wassers [ °C]
2676 kJ

1 kg

100 °C 2704,3 kJ

100 °C

+ 28,3 kJ

Fig. 4-6 Überhitzung und Enthalpieerhöhung des Dampfes

118
Kondensation (Verflüssigung) Die Aggregatzustands-Änderung vom flüssigen in den dampfförmigen
Zustand ist umkehrbar, d.h. der Dampf kann wieder in Flüssigkeit
umgewandelt werden. Dem Dampf wird dabei die latente Verdamp-
fungswärme von 2257 kJ/kg entzogen (Fig. 4-7).Bei der Betrachtungs-
weise der vorgenannten Zustandsänderungen wurde von rein theore-
tischen, absolut verlustfreien Prozessen ausgegangen, die in der Praxis
nicht möglich sind.
2

2257 kJ

1
3

Fig. 4-7 Kondensation (Verflüssigung)

1 Sattdampf (1 kg), 100 °C 3 Kühlwasser, warm (+2257 kJ)


2 KühIwasser, kalt 4 Kondensat (1 kg Wasser), 100 °C

Enthalpie-Druck-Diagramm In der Kälte- / Wärmepumpentechnik benutzt man – statt des Tempera-


(h,log p-Diagramm) tur-Enthalpie-Diagramms – vorzugsweise das Enthalpie-Druck-Dia-
gramm (Fig. 4-8). Aus praktischen Gründen wählte man für den Druck
eine logarithmische Skala. In diesem Diagramm sind die Zustandsände-
rungen nicht mehr nur bei Normaldruck von 1,013 bar dargestellt, son-
dern sie können für verschiedene Drücke und entsprechende Tempera-
turen abgelesen werden. Für alle in der Praxis verwendeten Kältemittel
sind solche h,log p-Digramme erhältlich. In diese Diagramme können
die projektierten Wärmepumpen-/Kältemaschinen-Kreisprozesse einge-
zeichnet und die entsprechenden Enthalpie-Änderungen direkt auf der
Enthalpie-Skala abgelesen werden. Fig. 4-8 zeigt das Enthalpie-Druck-
Diagramm für Wasser.
t (°C) bar 3

374 221

4
2
1 6
5

1,013 2257
100 A B

6,98 0,01
0 419 2107,4 2676
h [kJ / kg]
Fig. 4-8 Enthalpie-Druck-Diagramm für Wasser (h,log p-Diagramm)

1 Flüssigkeitslinie (Verdampfungsbeginn) 4 Überhitzungsgebiet (Dampf)


2 Flüssigkeitsgebiet (Unterkühlung) 5 Sattdampflinie
3 Kritischer Punkt für Wasser/Dampf 6 Nassdampfgebiet (Flüssigkeit/Dampf)

A – B Verdampfungswärme bei p = 1.013 bar (2257 kJ/kg)

119
Die vom Nullpunkt zum kritischen Punkt hochsteigende Linie zeigt den
Verdampfungsbeginn der Flüssigkeit. Die Fortsetzung dieser Linie, vom
kritischen Punkt hinunter zur Enthalpie-Skala, zeigt den Überhitzungs-
beginn des Sattdampfes. Zieht man bei einem bestimmten Druck (hier
1.013 bar) eine Horizontale durch diese beiden Linien, kann bei Punkt A
die Enthalpie der gesättigten Flüssigkeit und bei Punkt B diejenige des
gesättigten Dampfes abgelesen werden. Die Differenz der Werte A und
B entspricht der Verdampfungswärme.
Aus dem Diagramm ist ersichtlich, dass die Verdampfungswärme mit
steigendem Druck und steigender Temperatur geringer wird, um
schliesslich beim kritischen Punkt einen Zustand zu erreichen, bei dem
der Verdampfungsbeginn der Flüssigkeit mit dem Überhitzungsbeginn
des Dampfes identisch ist. Bei Wasser liegt der kritische Druck bei
221,2 bar und die kritische Temperatur bei 374,1 °C.

4.3.3 Kältemittel Als Kältemittel bezeichnet man das in einem Kältemaschinen-/Wärme-


pumpen-Kreisprozess umlaufende Arbeitsmedium. Die Grundlagen des
Kreisprozesses haben wir bisher am Beispiel der Zustandsänderungen
von Wasser behandelt. Wasser bietet viele der Eigenschaften, die von
einem Kältemittel verlangt werden. Wasser ist ungiftig, nicht brennbar
und bietet eine relativ grosse Verdampfungswärmekapazität. Deshalb
wird Wasser bei Dampfstrahl- und Absorptions-Kältemaschinen/-Wär-
mepumpen als Kältemittel verwendet.

Anforderung an Kältemittel Grundsätzlich kann jeder Stoff als Kältemittel verwendet werden, wel-
cher sich bei technisch erreichbaren Drücken und bei den gewünschten
Temperaturen verflüssigen und verdampfen lässt.
Es kann aus unterschiedlichen chemischen Verbindungen bestehen,
muss sich aber chemisch neutral verhalten, es darf nicht explosiv, nicht
brennbar und nicht giftig sein. Die Wahl des Kältemittels hängt vom
Anwendungsbereich der Kältemaschine ab. In der Klimatechnik sind die
Kältemittel R134a und R 407C R404A R507 die gebräuchlichsten.
Weitere Ausführungen und Zusammenhänge werden im Modul «Kälte-
technik» behandelt.

4.3.4 Der Kreisprozess Im Funktionsschema Kältekreislauf ist zu erkennen, dass ein geschlos-
senes Rohrsystem den Kältekreislauf darstellt. Dieses Rohrsystem
durchströmt ein Arbeitsmittel, das Kältemittel. Das Kältemittel über-
nimmt den Transport der Wärme im Kältekreislauf.
Die in der Darstellung gewählten Druck- und Temperaturangaben
beziehen sich in etwa auf das Kältemittel R134a.
An vier Stellen dieses Rohrsystems bestehen nun Möglichkeiten, von
aussen auf das Kältemittel einzuwirken.

Die vier Bauelemente, die auf das Kältemittel einwirken, sind:


• Verdampfer
• Verdichter (Kompressor)
• Verflüssiger (Kondensator)
• Expansionsventil (Drosselventil)

120
 = max + 60 °C  = max + 100 °C
p = 15,5 bar p = 15,5 bar

Aggregatzustandsänderung
flüssig Abgabe von Kondensationswärme
gasförmig

im Verflüssiger

im Expan-
sions- im
ventil Verdichter

im Verdampfer
flüssig gasförmig

Aggregatzustandsänderung
Aufmahme von Verdampfungswärme

 = +2 °C  = +2 °C
p = 3,3 bar p = 3,3 bar

Fig. 4-9 Kreisprozess

Im einzelnen ist nun zu untersuchen, wie und warum man auf das
Kältemittel einwirkt.

Im Kompressions-Kreisprozess durchläuft das Kältemittel in einem


geschlossenen Kreislauf die 4 Zustandsänderungen:

Verdampfer Verdampfung bei relativ niedrigem Druck und tiefer Temperatur.


Die Verdampfungswärme wird von einem Wasser- oder Luftstrom in
einem Wärmeübertrager an das Kältemittel abgegeben. Die Temperatur
des Wasser- oder Luftstroms muss dabei höher sein als die Verdamp-
fungstemperatur des Kältemittels. Fig. 4-9 zeigt den Verdampfungspro-
zess als Aggregatzustandsänderung bei 2 °C mit dem entsprechenden
Druck von ca. 3,3 bar. Wärme wird vom wärmeren Medium auf der Pri-
märseite, zum Kältemittel auf die Sekundärseite des Verdampfers über-
tragen. Dadurch wird das primärseitige Medium abgekühlt und das Käl-
temittel verdampft. Die Wärme ist nun in latenter Form im Kältemittel
enthalten. Die Enthalpie des Kältemittels hat sich erhöht, während sei-
ne Temperatur unverändert geblieben ist.

Verdichter Verdichtung (Kompression) des Kältemittel-Dampfes im Kompressor auf


einen höheren Druck. Dadurch steigt auch die Temperatur des Kältemit-
teldampfes in den Überhitzungsbereich.
Der Verdichter saugt den Kältemitteldampf aus dem Verdampfer an und
komprimiert diesen von ca. 3,3 bar auf ca. 15,5 bar Druck. Dabei steigt
auch dessen Temperatur auf ca. 100 °C an und es entsteht überhitzter
Dampf. Die Erhöhung der Enthalpie entspricht der mechanischen
Antriebsenergie des Kompressors, die im theoretischen Carnot-Prozess
vollständig als Wärme in den Kältemitteldampf übergeht.

121
Kondensator Kondensation (Verflüssigung) des «heissen» Kältemitteldampfes. Dabei
übergibt der Kältemitteldampf in einem Wärmeübertrager die aufge-
nommene Verdampfungs- und Überhitzungswärme einem Wasser- oder
Luftstrom, der kälter sein muss, als die Kondensationstemperatur des
Kältemittels.
Bei fortgesetzter Wärmeabgabe des primärseitigen Kältemitteldampfes
an das sekundärseitige Kühlmedium, erfolgt die kontinuierliche Ver-
flüssigung des Kältemitteldampfes. Am Austritt des Kondensators
besteht das Kältemittel vollständig aus Flüssigkeit mit einer Temperatur
von ca. 60 °C und einem unveränderten Druck von ca. 15,5 bar.

Expansionsventil Entspannung (Expansion) des heissen Kältemittel-Kondensates vom


Kondensations- auf den Verdampfungsdruck in einem speziellen Dros-
sel- und Dosierorgan (Expansionsventil). Das Druck-/Temperatur-Niveau
des flüssigen Kältemittels ist noch zu hoch für eine direkte Rückführung
in den Verdampfer und muss mit Hilfe einer Drossel-/Dosiervorrichtung
wieder auf den Verdampfungsdruck entspannt werden. Diese Vorrich-
tung sorgt nicht nur für die Druckreduktion sondern auch für die richtige
Dosierung der Kältemittelmenge, entsprechend der geforderten Ver-
dampferleistung. Je nach dem gewünschten Steuereingriff in den Kreis-
prozess, kann es sich dabei um ein hand-, temperatur-, druck- oder
niveaugesteuertes Expansionsventil, oder – in kleinen Kühlgeräten –
auch nur um ein Kapillarrohr handeln.

Anwendungsbeispiele In der Lüftungs-/Klimatechnik kommen die Direkte und die Indirekte


Kühlung vor.

Fig. 4-10 Anwendungsbeispiele Lüftungstechnik

a Direkte Kühlung b Indirekte Kühlung

1 Verdichter (Kompressor) 5 Kaltwasserpumpe


2 Verdampfer 6 Luftkühler
3 Verflüssiger 7 Ventilator
4 Expansionsventil

Da es sich bei einem Wärmepumpenkreislauf um die genau gleichen


Funktionen, physikalischen Zusammenhänge und Gesetzmässigkeiten
handelt, können wir mit der folgenden Darstellung eine Zusammen-
fassung der Vorgänge machen.

122
vom zurück zum
Heizungssystem Verflüssiger Heizungssystem

15,5 bar

+ 60 °C
15,5 bar
max + 100 °C
Expansionsventil
Verdichter
3,3 bar + 2 °C
Antrieb durch Motore
Verdampfer
• Gas
+ 2 °C • Dieselöl
3,3 bar • Benzin
• Strom
zurück zum
Wärmespender
z.B. in den vom Wärmespender
Brunnen zurück  = + 5 °C  = + 10 °C z.B. aus dem Brunnen

Fig. 4-11 Funktionsbeispiel einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe

4.3.5 Absorptions-Kreisprozess Als Absorptionsprozess bezeichnet man die Aufnahme von Gasen
durch flüssige oder feste Stoffe in Form einer physikalischen Bindung.
Eine Absorption kommt allerdings nur zustande, wenn der aufnehmen-
de Stoff und das aufzunehmende Gas (Arbeitsstoff-Paar) chemisch
zueinander «passen», und nur bei einem bestimmten Druck-/Tempera-
turverhältnis, das für jedes Arbeitsstoffpaar unterschiedlich ist.
Ein Absorptionsprozess ist auch umkehrbar, d.h. das aufgenommene
Gas kann bei einem anderen Druck-/Temperaturverhältnis wieder aus-
getrieben werden.
Das Ganze lässt sich demnach als Kreisprozess betreiben.
Bei der Absorptionsmaschine wird der mechanische Kompressor durch
den Lösungsmittel-Kreislauf ersetzt, der deshalb auch als «thermoche-
mischer Verdichter» bezeichnet wird. Alle übrigen Funktionselemente
des Kältemittel-Kreislaufes, wie Kondensator, Drossel-/Dosiergerät und
Verdampfer, bleiben grundsätzlich gleich wie bei der Kompressions-
maschine. Anstelle der mechanischen Antriebsenergie, die der Kom-
pressor benötigt, wird die zur Aufrechterhaltung des Absorptions-Kreis-
prozesses benötigte Energie in Form von Wärme zugeführt (Dampf,
Heisswasser, Öl-/Gas-Brenner, etc.). Mechanische Energie wird nur
zum Antrieb der Lösungsmittelpumpe benötigt.

123
.

Fig. 4-12 Absorptions-Prozess

1 Verdampfer 7 Kaltwasserkreislauf
2 Kondensator 8 Energiezufuhr
3 Absorber 9 Kühlwasserkreislauf
4 Austreiber 10 Kältemittelkreislauf
5 Wärmetauscher 11 Lösungsmittelkreislauf
6 Pumpen

3 1

6
5

Fig. 4-13 Absorptions-Kreisprozess mit Lösungsmittelkreis als «thermischer Verdichter»

1 Thermochemischer Verdichter 4 Verdampfer


2 Verflüssiger (Kondensator) 5 Nutzkreislauf als Wärmepumpe
3 Drossel-/Dosiergerät 6 Nutzkreislauf als Kältemaschine

124
Vergleicht man den Kältemittel-Kreisprozess der Absorptions- mit dem-
jenigen der Kompressions-Kältemaschine, so erkennt man auf den
ersten Blick die vier Funktions-Komponenten:

• Verdampfer (4)
• Verdichter (1)
• Verflüssiger (2)
• Drossel-/Dosiergerät (3)

Es wird auch hier ein reines Kältemittel (z.B. Wasser) im Verdampfer bei
niedrigem Druck und externer Wärmezufuhr verdampft, der Dampf auf
höheren Druck und höhere Temperatur verdichtet, im Kondensator unter
Abgabe der Verdampfungswärme an ein externes Kühlmedium verflüs-
sigt und im Expansionsventil auf Niederdruck entspannt.

4.3.5.1 Arbeitsstoffpaare Die bekanntesten Arbeitsstoffpaare für Absorptions-Kältemaschinen/


-Wärmepumpen sind:

• Wasser-Lithiumbromid (LiBr) (mit Wasser als Kältemittel)


• Ammoniak-Wasser (mit Ammoniak als Kältemittel)
• Ammoniak-Lithiumnitrat

• Methylamin-Wasser und
• Methanol-Lithiumbromid

mit dem jeweils erstgenannten Stoff als Kältemittel. Während Ammo-


niak als bewährtes Kältemittel vorwiegend für Verdampfungstempera-
turen von 0 °C bis –60 °C eingesetzt wird, kommt für den Klimabereich
heute vorwiegend das Stoffpaar Wasser-Lithiumbromid zum Einsatz.
Wasser lässt jedoch nur Verdampfungstemperaturen über 0 °C zu, weil
es sonst gefrieren würde.

Ein weiterer, wesentlicher Unterschied zwischen dem Ammoniak-Was-


ser- und dem Wasser- LiBr-Kreisprozess liegt in den Betriebsdrücken
der Systeme. Während die Ammoniak-Maschinen bei Drücken zwi-
schen ca. 1,5 und 16 bar arbeiten, liegen bei Wasser-LiBr-Maschinen die
Betriebsdrücke im Verdampfer und Absorber wesentlich unter dem
Atmosphärendruck, und zwar der Verdampferdruck bei ca. 0.008 bar,
entsprechend einer Verdampfungstemperatur von ca. 3 °C, und der Kon-
densatordruck bei ca. 0.1 bar entsprechend einer Kondensationstempe-
ratur von ca. 50 °C. Diese niedrigeren Drücke erfordern eine sehr dichte
und stabile Ausführung der Maschine.
Die Absorptions-Kältemaschine/-Wärmepumpe arbeitet mit 2 Kreis-
läufen, die zwar phasenweise ineinander laufen, jedoch funktionell ge-
trennt beschrieben werden können.

Kältemittelkreislauf mit dem Verdichter, Kondensator, Drossel-/Dosier-


gerät und Verdampfer, und andererseits um den Lösungsmittelkreislauf,
der innerhalb dem Kältemittelkreislauf die Rolle des Verdichters über-
nimmt.

125
4.3.5.2 Anwendung Der Einsatzbereich der Absorptions-Kältemaschinen/-Wärmepumpen
deckt praktisch den ganzen Bereich der Kolben- und Turbokompressor-
Aggregate ab, d.h. von ca. 30 kW bis über 5000 kW Kälteleistung.

Der Entscheid, ob eine Kompressions- oder eine Absorptionsmaschine


eingesetzt werden soll, hängt weitgehend von der zur Verfügung ste-
henden Betriebsenergie ab. Steht beispielsweise ein Dampf oder
Heisswasserkessel zur Verfügung, der sonst nur im Winter optimal aus-
genützt würde, ist es naheliegend, dessen freie Kapazität im Sommer
zur Kälteerzeugung mit einer Absorptions-Kälteanlage zu koppeln.

Optimal ist der Einsatz einer Absorptionsmaschine dann, wenn Ab-


dampf aus einem Produktionsprozess oder von einer Gegendrucktur-
bine zur Verfügung steht. Ein weiterer, interessanter Einsatz ergibt sich
aus der Kombination mit einer Turbo-Kältemaschine. Der Turbokompres-
sor wird dabei mit einer Gegendruckturbine betrieben. Der Niederdruck-
dampf aus der Gegendruckturbine beheizt anschliessend den Austrei-
ber der Absorptionsmaschine und wird dann als Kondensat wieder dem
Dampfkessel zugeführt.

Direkt mit Öl oder Gas beheizte Absorptionsmaschinen werden meist


als Wärmepumpen gebaut, die im Sommer auf Kühlbetrieb umgestellt
werden können.

Entscheidende Vorteile der Absorptionsmaschine sind schliesslich der


praktisch geräuschlose und vibrationsfreie Betrieb, sowie die einfache
Leistungsregelung von 0 – 100 %.

Nachteilig ist der relativ hohe Energieverbrauch, die hohe Kondensator-


leistung und dadurch ein hoher Kühlwasserverbrauch. Oft können diese
Nachteile aber durch wesentlich niedrigere Energiekosten bei Abwär-
menutzung kompensiert werden.

126
5. Hydraulische Schaltungen

5.1 Einleitung Die Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik (HLK) hat zum Ziel, die
Umgebung der Menschen angenehm und behaglich zu gestalten, so
dass sie sich wohl fühlen.
Um diese Aufgabe zu lösen, muss in unserer Klimazone Wärme – aber
auch Kälte – erzeugt werden und diese, richtig dosiert, zur richtigen Zeit
an den richtigen Ort gebracht werden.
Das Ziel der Hydraulik ist es, die dazu erforderlichen Elemente so in
einen Kreislauf zwischen Energieerzeugung und Verbraucher einzubin-
den, dass optimale Betriebsbedingungen geschaffen werden für:
Wärme-/Kälteerzeuger (Temperatur, Wasserfluss)
den Transport des Wärme-/Kälteträgers wie Wasser,
Dampf, … (Temperatur, Wasserfluss)
die eingebauten Regeleinrichtungen

Diese Dokumentation beinhaltet die wichtigsten Informationen aus den


Lernmodulen des Lernprogramms «Hydraulik in der Gebäudetechnik».
Sie ist auch als Begleit- und Referenzdokumentation zum Lernpro-
gramm konzipiert.
Die gezeigten Grafiken stammen grösstenteils aus dem Lernpro-
gramm. Viele davon sind im Lernprogramm animiert und interaktiv, d.h.
Sie können ausprobieren, wie sich Schaltungen und Komponenten
unter verschiedenen Bedingungen verhalten.

Im Lernprogramm «Hydraulik in der Gebäudetechnik» (und in dieser


Dokumentation) erhalten Sie vor allem Informationen zur Hydraulik der
Verbraucherseite.
Dies heisst nun aber nicht, dass die Erzeugerseite nicht wichtig ist –
ganz im Gegenteil. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der
Wärme- und Kälteerzeuger werden hydraulische Überlegungen auch
dort immer wichtiger. Es würde aber den Rahmen des Lernprogramms
sprengen, dies auch noch im Detail zu behandeln. Viele Erkenntnisse
aus der Verbraucherseite werden Sie jedoch sinngemäss auch für die
Erzeugerseite anwenden können.

Lernprogramm auf Haben Sie Interesse am Lernprogramm B04HV «Hydraulik in der


CD-ROM bestellen Gebäudetechnik», dann kontaktieren Sie bitte Ihren Siemens Building
Automation Ansprechpartner.

Hydraulik in der Gebäudetechnik

Einführung

Theorie + Hydraulische Kreise


Training
Hydraulische Kennlinien

Eigenschaften von Ventilen & Antrieben

Spezielle Probleme

Dimensionierung von Stellgeräten

Störungsbehebung

Test Hydraulische Kreise

Hydraulische Kennlinien

Eigenschaften von Ventilen & Antrieben

Spezielle Probleme

Dimensionierung

Störungsbehebung

Bitte wählen Sie ein Modul.

Info Lexikon Symbole Schaltungen

Für den Bezug des Selbstlernprogramms wenden Sie sich bitte an Ihren
lokalen Ansprechpartner (Verkauf oder Training) von Siemens Building
Technologies.
127
5.2 Hydraulische Kreise
5.2.1 Hauptteile
einer hydraulischen Anlage

Regler (mit
Fühler)

Heizkörper
(Wärmeabgabe)

Stellantrieb

Stellglied Umwälzpumpe
(Dreiweg-
ventil) Vorlauf

Heizkessel Abgleichdrossel
(Wärmeer-
zeugung) Rücklauf

Fig. 5-1 Hauptteile einer hydraulischen Anlage

Ventil geschlossen Ventil offen

Fig. 5-2 Zirkulation in einer hydraulischen Anlage

128
5.2.2 Darstellung hydraulischer Kreise Die bisher gezeigten bildlichen Darstellungen einer hydraulischen
Anlage sind für viele Personen sehr gut nachvollziehbar, in Fachkreisen
aber nicht üblich, da sich damit die anlagetechnischen Zusammenhänge
nicht sehr gut darstellen lassen.
In der HLK-Branche werden deshalb vor allem schematische Darstel-
lungen verwendet, die nebst der Darstellung der Anlage erlauben, die
technischen Vorgänge und Zusammenhänge besser nachzuvollziehen.

Abgleich-
drossel

Wärmeabgabe
(Verbraucher)

Vorlauf
Umwälzpumpe
Stellglied

Wärmeerzeuger Rücklauf

Bildliche Darstellung einer Anlage Schematische Darstellung einer Anlage

Fig. 5-3 Von der bildlichen zur schematischen Darstellung

Geographische Darstellung Die oben gezeigte schematische Darstellung wird oft für einfache Anla-
gen verwendet. Sie wird geographische Darstellung genannt und weist
einen engen Bezug zur konstruktiven Lösung auf.
Für grössere Anlagen wird die geographische Darstellung bald einmal
unübersichtlich, vor allem wenn komplexe Zusammenhänge der Ver-
braucher oder Erzeuger dargestellt werden müssen; z.B. eine Grund-
wasser-Wärmepumpe mit Speicher und zusätzlichem Heizkessel, die
mehrere verteilte Verbraucherstationen bedient.

Fig. 5-4 Beispiel einer Heizungsanlage mit mehreren Verbrauchern in geographischer


Darstellung

Aus diesen Überlegungen und auch durch den verbreiteten Einsatz


von CAD-Systemen kommt heute meist eine andere, strukturiertere
Darstellungsweise zur Anwendung.

129
Synoptische Darstellung Die synoptische Darstellung erlaubt auch die schematische Darstellung
von sehr komplexen und umfangreichen hydraulischen Anlagen in einer
klar strukturierten und übersichtlichen Art und Weise.
Bei der synoptischen Darstellung sind einige wichtige Regeln zu beach-
ten:
Der Vorlauf wird oben gezeichnet, der Rücklauf wird unten gezeichnet.
Man nennt dies oft auch die Versorgungsschiene.
Erzeuger und Verbraucher werden parallel in Flussrichtung zwischen
Vorlauf und Rücklauf eingezeichnet.
Vorlauf

Flussrichtung

Verbraucher
Erzeuger

Rücklauf

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-5 Geographische und synoptische Darstellung einer einfachen Anlage

Hinweis zur Darstellung Bei der schematischen Darstellung von hydraulischen Schaltungen ist
von Stellgliedern es auch wichtig, dass gewisse Komponenten symbolisch korrekt darge-
stellt werden.
Ein Element, bei dem dies besonders wichtig ist, ist das Dreiweg-Stell-
glied (Ventil oder Hahn).
Die beiden Tore mit variablem Durchfluss werden ausgefüllt gezeichnet,
das Tor mit konstantem Durchfluss unausgefüllt.

Fig. 5-6 Schematische Darstellung von Ventil- Toren:

ausgefüllt = variabler Durchfluss


unausgefüllt = konstanter Durchfluss

130
In vielen der schematischen Darstellungen im Lernprogramm «Hydrau-
lik in der Gebäudetechnik» und in diesen Unterlagen sind Stellglieder
ohne Antrieb dargestellt. Dies vor allem um die Übersichtlichkeit der
Zeichnungen zu verbessern. Zudem wird als Stellglied immer ein Ventil
angenommen.

Beispiele geographischer und synoptischer Darstellungen:

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-7 Darstellungsbeispiele

131
5.3 Verteiler In der Praxis sind es meist mehrere Verbraucher, die von einem Erzeu-
ger versorgt werden. Der Verteiler wird als Bindeglied zwischen der
Erzeugerseite und mehreren Verbrauchern eingebaut. Er verteilt das
Wasser im Vorlaufverteiler auf die verschiedenen Verbraucher und sam-
melt im Rücklaufsammler das Wasser aller Verbraucher.

Fig. 5-8 Verteiler als Bindeglied zwischen Erzeuger- und Verbraucherseite

Die Verbraucher- und die Erzeugerseite stellen gewisse Anforderungen


an den Verteiler, z.B. Druckverhältnisse, konstanter oder variabler Durch-
fluss, notwendige Vor- und Rücklauftemperaturen, … .
Um all diese Bedingungen zu erfüllen, braucht es verschiedene Vertei-
lertypen.

5.3.1 Verteilertypen Verteiler können wie folgt eingeteilt werden:

VERTEILER

Hauptpumpe ohne Hauptpumpe mit Hauptpumpe


(Typ 1)

Druckverhältnisse druckbehaftet drucklos


am Verteiler (Typ 4)

Volumenstrom variabel variabel konstant konstant


über Erzeuger (Typ 2) (Typ 3)

Rücklauftemperatur tief hoch


zum Erzeuger

Fig. 5-9 Einteilung der Verteilertypen

Der Verteiler kann nicht für sich alleine betrachtet werden. Es ist wich-
tig, dass die zum Verteilertyp passenden Verbraucherschaltungen einge-
setzt werden. Dabei ist zu beachten, dass Verbraucherschaltungen mit
gleichem (oder ähnlichem) Verhalten eingesetzt werden.

132
5.3.1.1 Verteiler ohne Hauptpumpe
(Typ 1), für Verbrauchergruppen
in Beimischschaltung

Ventil geschlossen Ventil offen

Fig. 5-10 Verteiler Typ 1, Ventilstellung der Verbrauchergruppen

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur tief (zwischen kalt und Verbraucher-Rücklauf)


• Volumenstrom variabel über Erzeuger, konstant über Verbraucher
• starke gegenseitige Beeinflussung der Verbrauchergruppen
(d.h. jede grössere Veränderung in einer Gruppe führt zu Druck-
veränderungen am Verteiler deren Auswirkungen auf die anderen
Gruppen von diesen ausgeregelt werden müssen)
• Gefahr von Fehlzirkulation, wenn z.B. Brauchwasserladung am
Verteilerende
• Gruppenpumpen müssen anteilsmässig den Druckverlust im
Erzeugerkreis übernehmen

Wichtig für problemlosen Einsatz: • keine Erzeuger, die minimalen Durchfluss benötigen
• max. Druckverlust im Erzeugerkreis < 20 % des niedrigsten
Gruppenpumpen-Förderdrucks ’Leitungen kurz und grosszügig
dimensioniert
• Stellglieder der Verbrauchergruppen korrekt dimensioniert
• Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf bei den Gruppen
eingehalten (d.h. Abgleichdrossel richtig eingestellt)

Einsatzgebiet: • Erzeuger, die tiefe Rücklauftemperatur erfordern (z.B. kondensieren-


der Heizkessel)
• Speicher

133
5.3.1.2 Verteiler mit Hauptpumpe
(Typ 2), für Verbrauchergruppen
in Drosselschaltung oder Einspritz-
schaltung mit Durchgangsventil

Ventil geschlossen Ventil offen

Fig. 5-11 Verteiler Typ 2, Ventilstellung der Verbrauchergruppen

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur tief (Verbraucher-Rücklauf)


• Volumenstrom variabel über Erzeuger

Wichtig für problemlosen Einsatz: • Stellglieder der Verbrauchergruppen korrekt dimensioniert


• Hauptpumpe drehzahlgeregelt (reduziert Energieverbrauch; «AUS»
bei Nullast, damit diese nicht Schaden nimmt)
oder
einstellbarer Bypass (am Verteileranfang) für minimale Zirkulation
(Nachteil: hebt Rücklauftemperatur wieder an)

Einsatzgebiet: • Boilerladungen
• Zubringer in Fernleitungsnetz (z.B. Nahwärmeverbund)

5.3.1.3 Verteiler mit Hauptpumpe


(Typ 3), für Verbrauchergruppen
in Verteilschaltung oder
Einspritzschaltung mit Dreiwegventil

Ventil geschlossen Ventil offen

Fig. 5-12 Verteiler Typ 3, Ventilstellung der Verbrauchergruppen

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur hoch (zwischen Verbraucher-Rücklauf und


annähernd Erzeuger-Vorlauf)
• Volumenstrom konstant über Erzeuger
• Hauptpumpe muss beim Einsatz von Verteilschaltungen
(Umlenkschaltungen) auch den Druckverlust über den Verbraucher
übernehmen
• hydraulischer Abgleich ist anspruchsvoll
• spätere Erweiterung macht erneuten hydraulischen Abgleich
erforderlich

134
Wichtig für problemlosen Einsatz: • Stellglieder der Verbrauchergruppen korrekt dimensioniert
• nur empfehlenswert, wenn bezüglich Pumpenleistung bedeutende
Verbraucher ohne Gruppenpumpe (d.h. mit Umlenkschaltung)
betrieben werden können
• bei Einspritzschaltung Abstand A min. 0.4 m oder 10 x Leitungs-
durchmesser (’ genügend Platz), sonst Gefahr von schleichender Zir-
kulation
• Erzeuger muss für hohe Rücklauftemperaturen geeignet sein

Einsatzgebiet: • Erzeuger mit Rücklaufminimalbegrenzung

5.3.1.4 Verteiler mit Hauptpumpe


(Typ 4), für druckdifferenzlosen
Verbraucheranschluss
in Beimischschaltung

Ventil geschlossen Ventil offen

Fig. 5-13 Verteiler Typ 4, Ventilstellung der Verbrauchergruppen

Eigenschaften: • Rücklauftemperatur hoch (zwischen Verbraucher-Rücklauf und


Erzeuger-Vorlauf)
• Volumenstrom konstant über Erzeuger
• klare hydraulische Entkopplung zwischen Erzeuger- und Verbraucher-
seite
• benötigt Abgleichdrosseln nur in Verbraucherkreisen
(zum Einstellen des Nennvolumenstroms)

Wichtig für problemlosen Einsatz: • Verteiler und vor allem Kurzschluss grosszügig dimensionieren
• Verbrauchergruppen mit konstantem oder ganzjährigem Heizbedarf
sind am Verteileranfang anzuschliessen. Eine unnötige Durchströ-
mung des Verteilers wird damit weitgehend vermieden.
• Verteiler kann mit Drosselschaltung(en) kombiniert werden, deren
Leistung(en) aber klein sind im Verhältnis zur Leistung am gesamten
Verteiler

Einsatzgebiet: • Erzeuger, die eine hohe Rücklauftemperatur erfordern

135
5.3.1.5 Schematische Darstellung Man unterscheidet, wie schon bei den Verbraucher-Schaltungen, zwei
von Verteilern schematische Darstellungsweisen – die synoptische und die geographi-
sche Darstellung.

Synoptische Darstellung • Oben Vorlauf, heisses Wasser


• Unten Rücklauf, kaltes Wasser
• dazwischen Erzeuger und die einzelnen Verbraucher parallel in
Flussrichtung geschaltet

Fig. 5-14 Synoptische Darstellung von Verteilern

Geographische Darstellung Praktiker und Planer bevorzugen eher die geographische Darstellung,
die den Aufbau der Anlage etwa so darstellt, wie sie im Heizungsraum
auch installiert wird.
Vom Erzeuger wird der Vor- und Rücklauf auf einen Verteilbalken
geführt, auf dem die einzelnen Verbraucherschaltungen senkrecht
nebeneinander aufgebaut sind.

Fig. 5-15 Geographische Darstellung von Verteilern

136
5.4 Hydraulische Grundschaltungen
5.4.1 Mengenvariable Die Leistung (Wärme-/Kältemenge) an einem Erzeuger oder Verbraucher
und mengenkonstante Kreise ist proportional zum Produkt aus Massenstrom und Temperaturdifferenz
über dem Erzeuger oder Verbraucher.
. .
Q = V * ΔT * c * 

Für unsere Überlegungen und für übliche Anwendungen in der Haus-


technik nehmen wir die Dichte  und die spezifische Wärmekapazität c
als konstant an. Damit ist die Leistung an einem Erzeuger oder Verbrau-
cher proportional zum Produkt aus Volumenstrom und Temperaturdiffe-
renz.
. .
Q ≈ V * ΔT

Bei hydraulischen Schaltungen können folglich folgende Grössen zur


Anpassung der Leistung herangezogen werden:

Volumenstrom wird verändert Temperatur wird verändert


bei konstanter Temperatur bei konstantem Volumenstrom
’ mengenvariabler Betrieb ’ mengenkonstanter Betrieb
’ Durchflussregelung ’ Mischregelung

5.4.2 Durchfluss- und Mischregelung


Funktionsweise Zur Durchflussregelung (mengenvariabel) und zur Mischregelung (men-
genkonstant) gibt es jeweils zwei hydraulische Grundschaltungen.
Bei der Durchflussregelung (mengenvariable Kreise) sind dies:
Drosselschaltung
Umlenkschaltung

Drosselschaltung Umlenkschaltung

Fig. 5-16 Durchflussregelung

Beide verändern die Leistung durch unterschiedlichen Volumenstrom im


Wärmeverbraucher.

Mischregelung Bei der Mischregelung (mengenkonstante Kreise) sind dies:


Beimischschaltung
Einspritzschaltung (mit Dreiweg- oder Durchgangsventil)

Beimischschaltung Einspritzschaltung (mit Dreiwegventil)

Fig. 5-17 Mischregelung

Beide verändern die Leistung durch unterschiedliche Eintrittstemperatur


in den Wärmeverbraucher. 137
5.4.3 Drosselschaltung
Funktionsweise Wird das Ventil verstellt, beeinflusst dies den Volumenstrom sowohl im
Erzeuger- wie im Verbraucherteil. Überall ergeben sich starke Schwan-
kungen der Druckverhältnisse.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-18 Drosselschaltung

Eigenschaften: • tiefe Rücklauftemperatur im Teillastbetrieb


• variabler Volumenstrom in der ganzen Anlage
• beim Anfahren zeitliche Verzögerung der Eintrittstemperatur in den
Wärmeverbraucher (Totzeit – je nach Länge und Abkühlung der
Rohre)
• bei geschlossenem Ventil kann die Pumpe überhitzen
(’ Einsatz drehzahlgeregelter Pumpen)

Einsatzgebiet: • Lufterwärmer ohne Einfriergefahr


• Luftkühler mit Entfeuchtung
• Boilerladung
• Fernheizungsanschluss (direkt oder mit Wärmeübertrager)
• Speicherladung und Speicherentladung
• Anlagen mit Kondensationskessel

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-19 Darstellungsarten der Drosselschaltung

138
5.4.4 Umlenkschaltung
Funktionsweise Der heisse Kesselvorlauf wird je nach Ventilstellung zwischen Wärme-
verbraucher und Bypass verteilt. Die Leistung im Wärmeverbraucher
wird über den Durchfluss gesteuert. Der Temperaturabfall am Wärme-
verbraucher steigt mit sinkendem Durchfluss.
Bei geschlossenem Ventil erreicht der Kesselrücklauf annähernd die
Temperatur des Kesselvorlaufs.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-20 Umlenkschaltung

Eigenschaften: • variabler Durchfluss im Verbraucherkreis


• konstanter Durchfluss und Druck im Erzeugerkreis
(vorteilhaft bei Anlagen mit mehreren Gruppen)
• mittlere bis hohe Temperatur im Erzeugerrücklauf
• beim Anfahren Vorlauftemperatur vom Erzeuger mit wenig Ver-
zögerung am Wärmeverbraucher (sofern das Stellglied genügend
nahe beim Verbraucher ist)

Einsatzgebiet: • Luftkühler mit Entfeuchtung


• Lufterwärmer ohne Einfriergefahr
• Wärmerückgewinnungssysteme
• Brauchwassererwärmung
• nicht geeignet für Anlagen mit Fernwärmeversorgung (hohe Rück-
lauftemperatur)

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-21 Darstellungsarten der Umlenkschaltung

139
5.4.5 Beimischschaltung
Funktionsweise Ein Dreiweg-Stellglied unterteilt die ganze Schaltung in Primär- oder
Erzeugerkreis und Sekundär- oder Verbraucherkreis. Heisses Erzeuger-
wasser und abgekühltes Rücklaufwasser werden gemischt, um die
gewünschte Vorlauftemperatur in den Verbraucher zu steuern und damit
dessen Leistung zu bestimmen.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-22 Beimischschaltung

Eigenschaften: • tiefe Rücklauftemperatur bei kleiner Last


• variabler Volumenstrom im Erzeugerkreis
• konstanter Volumenstrom mit variabler Temperatur im Verbraucher-
kreis
• gleichmässige Temperaturverteilung über dem Wärmeverbraucher
• geringe Einfriergefahr bei Lufterwärmern

Die Schaltung ist nicht geeignet für Anlagen mit Distanzen über 20 m
zwischen Bypass und Regel-Fühler: Die lange Transportzeit (= Totzeit)
erschwert die Regelaufgabe wesentlich.

Einsatzgebiet: • Regelung von Heizkörper-Heizungen


• Lufterwärmer mit Einfriergefahr
• Anlagen mit Niedertemperatur-Wärmeerzeugern oder -Wärme-
pumpen

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-23 Darstellungsarten der Beimischschaltung

140
5.4.5.1 Beimischschaltung Ein Dreiweg-Stellglied unterteilt auch hier die ganze Schaltung in Primär-
mit fester Vormischung oder Erzeugerkreis und Sekundär- oder Verbraucherkreis. Zusätzlich wird
durch die feste Vormischung immer ein bestimmter Anteil abgekühltes
Rücklaufwasser dem Vorlauf beigemischt. Dies ist dann sinnvoll, wenn
die gewünschte Vorlauftemperatur zum Verbraucher im Auslegezustand
um einiges tiefer liegt, als die vom Erzeuger angelieferte Vorlauftempe-
ratur. So wird erreicht, dass das Dreiweg-Stellglied über den gesamten
Stellbereich (zu … voll offen) arbeitet.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-24 Beimischschaltung mit fester Vormischung

Eigenschaften: • tiefe Rücklauftemperatur bei kleiner Last


• variabler Volumenstrom im Erzeugerkreis
• konstanter Volumenstrom mit variabler Temperatur im Verbraucher-
kreis

Die Schaltung ist nicht geeignet für Anlagen mit Distanzen über 20 m
zwischen Bypass und Regel-Fühler: Die lange Transportzeit (= Totzeit)
erschwert die Regelaufgabe wesentlich.

Einsatzgebiet: • Verbraucherkreise, mit tieferer Vorlauftemperatur als der Erzeuger-


vorlauf
• Regelung von Fussbodenheizungen und Heizkörper-Heizungen
Anlagen mit Niedertemperatur-Wärmeerzeugern oder Wärme-
pumpen

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-25 Darstellungsarten der Beimischschaltung mit fester Vormischung

141
5.4.6 Einspritzschaltung
5.4.6.1 Einspritzschaltung
mit Dreiwegventil
Funktionsweise Die Pumpe links sorgt für den Druck im Erzeugerkreis, inklusive dem
Druckabfall über dem Stellglied. Die Pumpe rechts sorgt für den Druck
im Verbraucherkreis.
Die Erzeugerpumpe spritzt je nach Stellung des Dreiwegventils mehr
oder weniger heisses Vorlaufwasser in den Verbraucherkreis ein. Dieses
wird mit abgekühltem Verbraucher-Rücklaufwasser gemischt, welches
von der Verbraucherpumpe über den Bypass angesaugt wird. Im Ver-
braucherkreis erhält man einen konstanten Volumenstrom mit variabler
Temperatur.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-26 Einspritzschaltung mit Dreiwegventil

Eigenschaften: • konstanter Durchfluss, sowohl im Erzeugerkreis wie auch im Ver-


braucherkreis
• relativ hohe Rücklauftemperatur (entspricht bei Last = 0% dem
Erzeuger-Vorlauf und bei Last = 100% dem Verbraucher-Rücklauf)
• gleichmässige Temperaturverteilung über dem Wärmeverbraucher
• geringe Einfriergefahr bei Lufterwärmern

Einsatzgebiet: • Radiator- und Fussboden-Heizungen


• Lufterwärmer mit Einfriergefahr
• Luftkühler ohne geregelte Entfeuchtung
• Boilerladung
• nicht geeignet für Anlagen mit Fernwärmeversorgung
(hohe Rücklauftemperatur)

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-27 Darstellungsarten der Einspritzschaltung mit Dreiwegventil

142
5.4.6.2 Einspritzschaltung
mit Durchgangsventil
Funktionsweise Durch die Pumpe im Erzeugerkreis wird – je nach Stellung des Durch-
gangsventils – mehr oder weniger heisses Vorlaufwasser in den Ver-
braucherkreis eingespritzt.
Durch diese Schaltung erhält man im Verbraucherkreis einen konstanten
Volumenstrom mit variabler Temperatur.
Im Erzeugerkreis hingegen ergeben sich grosse Änderungen von
Volumenstrom und Druck, was bei Anlagen mit mehreren Gruppen
berücksichtigt werden muss.

Ventil geschlossen Ventil voll offen

Fig. 5-28 Einspritzschaltung mit Durchgangsventil

Eigenschaften: • relativ tiefe Rücklauftemperatur


(kalt … Verbraucher-Rücklauftemperatur bei 100 % Last)
• gleichmässige Temperaturverteilung über dem Wärmeverbraucher
• geringe Einfriergefahr bei Lufterwärmern
• bei geschlossenem Ventil kann die Pumpe im Erzeugerkreis über-
hitzen (’ Einsatz drehzahlgeregelter Pumpen)

Einsatzgebiet: • Wärmespeicher und Wärmepumpen


• Niedertemperatur-Kesselanlagen (Brennwert-Kessel, kondensieren-
de Kessel)
• direkte Fernheizungsanschlüsse
• nicht geeignet für Luftkühler mit Entfeuchtungsregelung

Darstellungsarten

Geographische Darstellung Synoptische Darstellung

Fig. 5-29 Darstellungsarten der Einspritzschaltung mit Durchgangsventil

143
5.5 kV-Werte
kV-Wert: Durchfluss-Kennwert Der kV-Wert eines Ventils ändert sich je nach Ventilstellung (Hub).
bei bestimmtem Hub Er spezifiziert den Durchfluss bei einer konstanten Druckdifferenz von
1 bar über dem Regeltor.

kVS-Wert: Durchfluss-Kennwert Der kV-Wert, der sich bei voll geöffnetem Ventil ergibt (also bei Nennhub
bei offenem Ventil H100), heisst kVS-Wert.
Die Hersteller von Ventilen und Drosselorganen geben diese konstruk-
tionsabhängige Grösse kVS für jedes Stellglied an.
Um verschiedene Fabrikate und Typen vergleichen zu können, werden
Ventile einheitlich spezifiziert:

• kV-Werte relativ zum kVS-Wert: kV / kVS = 0…1


• Hub H relativ zum Nennhub H100: H / H100 = 0…1

Wird kV / kVS über den Hubbereich 0…1 dargestellt, so nennt man dies
die Ventilkennlinie (auch Ventil-Grundkennlinie).

kv / kvs
1,0

0
0 1,0 H/H100
Fig. 5-30 Typische Ventilkennlinie

5.6 Ventil-Kennlinien Man unterscheidet zwischen:

Kennlinien-Grundform

• mathematisch berechnet, also theoretisch

• Grundkennlinie
Durchfluss unter Normbedingungen (1 bar, 25 °C), gemessen für
jede Ventilstellung

Die gebräuchlichsten Kennlinien-Grundformen sind nachfolgend kurz


beschrieben:

linear Gleiche Änderung des Hubes führt zu gleicher Änderung des


kV-Wertes.

gleichprozentig Eine gleiche Hubänderung ergibt eine prozentual gleich grosse Ände-
rung des jeweiligen kV-Wertes, d.h. je grösser der Hub (je offener das
Ventil), desto stärker wirkt sich die Hubänderung auf den Durchfluss
aus. Im unteren Hubbereich ist die Kennlinie noch flach, nach oben wird
sie immer steiler.

gleichprozentig/linear Kennlinien-Grundform, die im unteren Hubbereich linear ist und ab ca.


30 % des Hubs gleichprozentig wird.

144
Die Kennlinie-Grundform ist Basis für die Konstruktion des Ventilkegels,
der dann die Grundkennlinie des Ventils bestimmt.
kv/kvs kv/kvs kv/kvs

H/H100
H/H100 H/H100

linear gleichprozentig gleichprozentig-linear

Fig. 5-31 Ventilkennlinien im Vergleich

5.7 Streckenkennlinie Wird ein Ventil in eine Anlage eingebaut, so sollte die Ventilkennlinie die
Wärmeübertrager-Kennlinie kompensieren. Die daraus resultierende
Leistungsabgabe am Wärmeübertrager kann wiederum als Graph dar-
gestellt werden – die Streckenkennlinie (auch Regelkennlinie genannt).

Die beiden Grafiken zeigen, dass man durch die geschickte Wahl der
Ventil-Kennlinie dem Ziel näher kommt, aber ein lineares Verhalten zwi-
schen Hub und Leistung kann damit allein noch nicht erreicht werden.
. .
Q/Q100

. .
V/V100
Wärmeübertrager-Kennlinie

. . . .
V/V100 Q/Q100

H/H100 H/H100
Grundkennlinie linear Resultierende Streckenkennlinie

Fig. 5-32 Streckenkennlinie aus Wärmeübertrager-Kennlinie und Ventil mit linearer


Grundkennlinie

145
. .
Q/Q100

. .
Wärmeübertrager-Kennlinie V/V100

. . . .
V/V100 Q/Q100

H/H100 H/H100
Grundkennlinie gleichprozentig Resultierende Streckenkennlinie

Fig. 5-33 Streckenkennlinie aus Wärmeübertrager-Kennlinie und Ventil mit gleich-


prozentiger Grundkennlinie

146
6. Lüftungs-/Klimaanlagen

6.1 Begriffs-Erklärungen (nach DIN 1946)


Lüftungsanlage Anlage ohne oder mit nur einer thermodynamischen Funktion
(z.B. Heizen)

Teilklimaanlage Anlage mit welcher entweder die Raumlufttemperatur oder die Raum-
luftfeuchte, bei jedem Lastzustand, auf einem gewünschten Wert
gehalten wird (Heizen/Kühlen oder Befeuchten/Entfeuchten). Kann z.B.
nur die Temperatur durch Heizen/Kühlen auf einem gewünschten Wert
gehalten und diese zusätzlich befeuchtet (aber nicht entfeuchtet) wer-
den, dann handelt es sich definitionsgemäss noch um eine Teilklimaan-
lage.

Vollklimaanlage Anlage mit welcher sowohl die Raumlufttemperatur wie auch die Raum-
luftfeuchte, bei jedem Lastzustand, auf einem gewünschten Wert
gehalten wird (Heizen/Kühlen und Befeuchten/Entfeuchten).

NG-Anlage Niedergeschwindigkeitsanlage mit Strömungsgeschwindigkeiten in den


Kanälen < 10 m/s (Ältere Bezeichnung: Niederdruck-Anlage). Meist
Industrieanlagen mit grossen Luftmengen und relativ kurzen Distanzen.
Luftauslässe können direkt in die Kanäle eingesetzt werden.

HG-Anlage Hochgeschwindigkeitsanlage mit Strömungsgeschwindigkeiten in den


Zuluftkanälen > 10 m/s (Ältere Bezeichnung: Hochdruckanlage). Meist
Komfortklimaanlagen mit weniger grossen Luftmengen und relativ lan-
gen Distanzen. Luftauslässe können nicht direkt in die Kanäle einge-
setzt werden, da die Luftgeschwindigkeit vorher von Hoch- auf Nieder-
geschwindigkeit reduziert werden muss (Entspannung).

Aussenluft (AU) Luft, die aus dem Freien angesaugt wird.

Zuluft (ZU) Luft, die aus der Anlage in den Raum geblasen wird.

Raumluft (RA) Luft im belüfteten oder klimatisierten Raum.

Abluft (AB) Luft, die aus dem Raum abgeführt wird.

Umluft (UM) Abluft, die in die Luftaufbereitungsanlage zurückgeführt wird.

Fortluft (FO) Abluft, die ins Freie geblasen wird.

In der Siemens Dokumentation CM1Z011de «Grafische Symbole» sind


die Symbole einzelner Geräte und weitere Informationen aufgeführt.

147
6.2 Lufttechnische Anlagenelemente
Abgrenzung In diesem Abschnitt werden die wichtigsten lufttechnischen Anlagen-
elemente beschrieben. Es handelt sich dabei nur um eine kurze Über-
sicht, ohne detaillierte Angaben über die Dimensionierung und die spe-
zifischen Einsatzkriterien. Kenntnisse zur deren Verwendung im
Zusammenhang mit Steuer- und Regelfunktionen werden im Trainings-
modul «Regeln und Steuern von Lüftungsanlagen» vermittelt.

Fig. 6-1 Prinzipschema einer Klimaanlage mit typischen Anlageelementen

6.2.1 Wetterschutzgitter Wetterschutzgitter für Aussenluft und Fortluft verhindern Eintritt von
Regen und Kleintieren (Mäuse, Vögel, …) in Luftkanäle. Oft werden
diese auch formschön ausgeführt, als Teil der Gebäudefassade. An
gewissen Standorten oder Lagen ist es notwendig, die Wetterschutz-
gitter zu beheizen, da diese sonst in kurzer Zeit zufrieren können.

Fig. 6-2 Wetterschutzgitter

6.2.2 Luftklappen
Aufgabe Aufgrund der Aufgabe unterscheidet man zwischen
• Absperrklappen
• Drosselklappen

Absperrklappen schliessen durch Stellmotor den Kanalquerschnitt,


wenn die Anlage ausgeschaltet wird oder aber auch in einem War-
tungs-, Reparatur- oder Störfall. Je nach Anforderung müssen diese
auch luftdicht oder sogar gasdicht ausgeführt sein.

Bei Drosselklappen ist zu beachten, dass eine gute Drosselwirkung nur


dann eintritt, wenn der Widersand der geöffneten Klappe einen gewis-
sen Teil des Gesamtwiderstandes im Kanalsystem ausmacht.

148
Bauarten Klappen gibt es in runder und rechteckiger Ausführung. In runden Kanä-
len bestehen normale Drossel- oder Absperrklappen aus einem runden
Klappenblatt, das auf einer Drehachse mit rundem oder quadratischem
Querschnitt montiert ist (Fig. 6-3).

Fig. 6-3 Drosselklappe im runden Luftkanal

Rechteckige Klappen (sog. Jalousieklappen) bestehen meist aus meh-


reren Lamellen, die entweder gleichlaufend oder gegenläufig auf/zu
bewegt werden können (Fig. 6-4). Je nach den regeltechnischen Anfor-
derungen können beide Varianten als Drosselklappen eingesetzt wer-
den. Als Absperrklappe wird praktisch nur die preisgünstigere gleichlau-
fende Klappe verwendet.

Fig. 6-4 Jalousieklappen: links gegenläufig, rechts gleichlaufend drehend

Spezielle Bauarten Sicherheits- und Brandschutzklappen für das rasche und dichte
Schliessen der Luftkanäle im Gefahrenfall.

6.2.3 Luftfilter
Aufgabe Luftfilter sind Geräte und Komponenten der Luftaufbereitung, mit
denen teilchen- und gasförmige Verunreinigungen aus der Luft gefiltert
und abgeschieden werden.

Die natürliche Luft weist Verunreinigungen auf in der Konzentration


zwischen 0,05 und 3,0 mg/m3; industriell werden Luftfilter wirtschaftlich
eingesetzt für Konzentrationen bis ca. 20 mg/m3.

Fig. 6-5 Typisches Filter für Lüftungs- und Klimaanlagen


149
6.2.3.1 Einteilung nach Filterklassen Luftfilter werden, aufbauend auf den Prüfmethoden gemäss DIN 24185
und DIN 24184 in die folgenden drei Hauptgruppen eingeteilt:
• Grossstaubfilter (auch Grobstaubfilter)
mit Filterklassen G…G4
• Feinstaub-Filter
mit Filterklassen F5…F9
• Schwebstoff-Filter
mit Filterklassen EU10…EU12

Auf Grund der ständig steigenden Anforderungen in Reinräumen


wurden inzwischen weitere Klassen für Schwebstoff-Filter geschaffen
(EU13…EU17), die höchsten Anforderungen gerecht werden.

Der Abscheidegrad und der Wirkungsgrad hängen fast ausschliesslich


vom Filtermedium ab, während die Staubspeicherfähigkeit vom Filter-
medium und von der Filterfläche beeinflusst wird.

HEPA- und ULPA-Filter Filter der Klassen EU 10 bis EU 14 werden auch als HEPA-Filter (High
Efficiency Particulate Air; H10 bis H14) bezeichnet. Filter der Klassen
EU15 bis EU17 werden auch als ULPA-Filter (Ultra Low Penetration Air-
filter; U15 bis U17) bezeichnet.

Filter- Abscheide- Durchlass Alte Bezeichnung


klasse grad % % Bezeichnung
G1 < 65 EU 1/A
G2 65…80 EU 2/B1 Grossstaub-
G3 80…90 EU 3/B2 Filter
G4 > 90 EU 4/B2
F5 – EU 5
F6 – EU 6 Feinstaub-
F7 – EU 7 Filter
F8 – EU 8
F9 – EU 9
EU 10 85 15 Q
EU 11 95 5 R
EU 12 99,5 0,5 S
EU 13 99,95 0,05 S Schwebstoff-
EU 14 99,995 0,005 ST Filter
EU 15 99,9995 0,0005 T
EU 16 99,99995 0,00005 U
EU 17 99,999995 0,000005 V

Fig. 6-6 Luftfilter-Klasseneinteilung (nach DIN EN 779, Quelle: Recknagel)

150
6.2.3.2 Druckdifferenzen am Luftfilter
Anfangs-Druckdifferenz Die typischen Druckdifferenzen bei neuen Luftfiltern liegen bei
– Grossstaub-Filtern im Bereich von 30…50 Pa
– Feinstaub-Filtern im Bereich von 50…150 Pa
– Schwebstoff-Filtern im Bereich von 100…250 Pa
Die Filter werden üblicherweise mit einer Geschwindigkeit von 2–3 m/s
angeströmt (bezogen auf die Ansichtsfläche des Filters).

End-Druckdifferenz Die empfohlenen (und erreichbaren) End-Druckdifferenzen liegen für


– Grossstaub-Filtern im Bereich von 200…300 Pa
– Feinstaub-Filtern im Bereich von 300…500 Pa
– Schwebstoff-Filtern im Bereich von 1000…1500 Pa

Druckdifferenz-Anstieg im Betrieb Im Betrieb steigt die Druckdifferenz im Filter durch Einlagerung von
Staub an. Bei Grossstaub-Filtern erfolgt dieser Anstieg etwa quadra-
tisch, bei Schwebstoff-Filtern etwa linear.

Der unterschiedliche Verlauf des Druckanstiegs lässt Variationen bei der


Auslegung von Filteranlagen zu. Dabei werden die Einflussfaktoren
Investitionskosten, Energiekosten, Betriebs- und Unterhaltskosten – je
nach Anlagesituation – unterschiedlich gewichtet.

Übliche Betriebsdauer Bei normalen Betriebsbedingungen (d.h. Nennvolumenstrom, normale


Staubkonzentration, 8 h/Tag) kann ein Filter etwa für die folgende
Betriebsdauer eingesetzt werden:
– Grossstaub-Filter 1
⁄4 … 1⁄2 Jahr
– Feinstaub-Filter 1
⁄2 … 3⁄4 Jahr (mit vorgeschaltetem
Grossstaub-Filter)
– Schwebstoff-Filter 1 … 4 Jahre
(mit vorgeschalteten Gross- und
Feinstaub-Filtern)
je nach Betriebsstunden und
Anströmgeschwindigkeit

6.2.3.3 Filterbauarten Die Filterbauarten sind sehr vielfältig. Es werden verschiedenste


Bezeichnungen verwendet, die sich am Material, der Einbauart, der
Benutzung, der Filterklasse und anderen Faktoren orientieren.
Nachfolgend eine beispielhafte Auswahl möglicher Bezeichnungen für
Filterbauarten.

Material Metallfilter Ölbadfilter


Faserfilter Elektrofaserfilter
Aktivkohlefilter
Einbauart Vertikalfilter Wandfilter; Deckenfilter
Kanalfilter
Benutzung Wegwerffilter Dauerfilter (regenerierbar)
Filterklasse vgl. Fig. 6-6
Betriebsart stationäres Filter
automatisches Filter
Umlauffilter Bandfilter, Rollbandfilter
Elektrofilter
Bauart Schrägstromfilter Trommelfilter; Kesselfilter
Rundluftfilter Taschenfilter, V-Form-Filter
Fig. 6-7 Mögliche Bezeichnungen für Luftfilter (Quelle: Recknagel)

151
6.2.3.4 Faserfilter Das Filtermedium dieser in verschiedenen Formen hergestellten Filter
ist ein Vlies, welches aus Fasern unterschiedlicher Werkstoffe, wie Glas,
Kunststoff, Naturprodukten oder Metallen hergestellt wird. Als generel-
le Grundforderung sind lange Betriebszeiten und niedrige Druckdifferen-
zen zu sehen. Dies wird dadurch realisiert, dass möglichst viel Filterflä-
che in einem konfektionierten Filter untergebracht wird.
Typische Bauformen sind:
– ebene Filterzellen
– Taschenfilter

Ebene Filterzellen Hier wird das Filtermedium mit einer Gesamtdicke von ca. 50 mm
innerhalb eines Kartonrahmens von gelochten Blechen oder Pappen
abgestützt. Eine weitere Ausführungsform weist ein zickzackförmiges
gefaltetes Medium auf, welches mit Abstandhaltern aus Pappe oder
Kunststoffen auf Abstand gehalten wird.

Fig. 6-8 Filterzellen, Filterrahmen mit zickzackförmig-gefaltetem Filtermaterial


(’grössere Oberfläche)

Taschenfilter Taschenfilter sind die verbreitetste Bauform für Faserfilter, wobei


Einrichtungen wie keilförmig ausgeführte Naht, einzelne Heftfäden,
eingeklebte oder – genähte Vliesstreifen, … ein Aufblähen der Taschen
verhindern. Das Filter besteht aus 6 bis 12 Taschen, welche in einem
gemeinsamen Rahmen untergebracht sind.

Fig. 6-9 Taschenfilter

Taschenfilter haben eine besonders hohe Staubspeicherfähigkeit und


geringe Einbaumasse. Das Flächenverhältnis Filterfläche/Ansichtsfläche
beträgt dabei etwa 20:1 … 25:1. Die Anströmgeschwindigkeit beträgt
≈ 2.5 m/s bezogen auf die Ansichtsfläche und ≈ 1 m/s bezogen auf die
Filterfläche.

Sie sind üblicherweise nicht reinigungsfähig, haben jedoch eine lange


152
Standzeit.
Schwebstofffilter Sie werden meist als Endstufe eines mehrstufigen Filters eingesetzt
(Vorfilter sind zwingend erforderlich). Eingesetzt werden sie haupt-
sächlich bei industriellen Anwendungen wie Laboratorien, Operations-
räumen, Reinräumen und in pharmazeutischen Betrieben.

Schwebstofffilter werden oft in einzelnen Rahmen mit zickzackförmig


angeordnetem Filtermaterial ausgeführt. Die wirksame Filterfläche ist
dabei 20…50 mal grösser als die Anströmfläche. Das ergibt bei einer
Anströmgeschwindigkeit von ≈ 1.5 m/s im Filtermedium eine Luftge-
schwindigkeit von ≈ 2.5 cm/s.

Beim Einbau ist auch auf dichtschliessenden Anschluss zu achten und


dieser ist unbedingt zu überprüfen.

Bei Reinräumen ist dem Druckabfall – wegen des hohen Volumenstro-


mes und dem kontinuierlichen Betrieb – besondere Beachtung zu
schenken, da dieser eine massgebende Grösse für den Energiever-
brauch darstellt. Neuere Entwicklungen in den Filterklassen EU 13 …
EU 16 (vormals S, T und U) zielen daher auf eine geringere Anfangs-
Druckdifferenz ab (z.B. 90…150 Pa). Dazu werden beispielsweise
elektrostatische und mechanische Abscheide-Effekte kombiniert, die in
einer noch tieferen Anfangs-Druckdifferenz resultieren (z.B. 55…90 Pa).

Fig. 6-10 Schwebstoff-Filter

6.2.3.5 Metallfilter Metallfilter werden zur Abscheidung von Öl- und Fettnebeln, Grob-
staubabscheidungen und Farbnebelabscheidungen eingesetzt.

Die Filterwirkung beruht darauf, dass der Luftstrom beim Durchströmen


der Filterschicht in eine grosse Zahl von Teilströmen zerlegt wird, wel-
che vielfachen Richtungsänderungen unterworfen sind. Der Abschei-
dungsmechanismus basiert auf dem Sperreffekt und Trägheitseffekt.

Fig. 6-11 Metallfilter (zwei mögliche Bauformen)

Die Reinigung erfolgt durch Auswaschung mit Spülmitteln (z.B. bei


Filtern von Küchenhauben) oder mit Öl oder Lösungsmitteln (je nach Art 153
der Luftverunreinigung).
6.2.3.6 Aktivkohlefilter Filter mit Aktivkohle dienen zur Adsorption von schädlichen oder uner-
wünschten gas- und dampfförmigen Verunreinigungen der Luft. Dazu
zählen Gerüche aus Küchen, Toiletten, Versammlungsräumen, aber auch
Gase und Dämpfe aus industriellen Prozessen. Die Wirkung der Aktiv-
kohle beruht je nach Schadstoff- und Kohlezustand auf der physikali-
schen und/oder chemischen Adsorption.

Kleine Aussenfläche, riesige Das Basismaterial für Aktivkohle ist Steinkohle, Kokosschalen oder auch
Adsorptionsfläche in Poren Holz. In einem speziellen Prozess wird das Grundmaterial so aufberei-
tet, dass ein Körper mit zahlreichen Poren entsteht. Dadurch enthält der
Grundwerkstoff eine sehr grosse Oberfläche, an der sich die Schad-
stoffmoleküle anlagern können. Im Gegensatz zu der sichtbaren makro-
skopischen Gestalt und Oberfläche spricht man bei der durch die Poren
gebildeten Oberfläche von der «inneren» oder spezifischen Oberfläche
der Aktivkohle. Als Anhaltspunkt kann gelten, dass 1 g Aktivkohle
einem Volumen von ca. 2 cm3 entspricht und eine «innere» oder spezi-
fische Oberfläche von 900…1200 m2 hat.

Imprägnierung je nach Schadstoff Damit ein Aktivkohlefilter nun bestimmte Schadstoffe auch ausfiltern
kann, muss die Adsorptionsoberfläche oft mit einem chemischen Mittel
behandelt, d.h. imprägniert werden. Ein optimales Adsorptionsverhalten
bedingt, dass die Aktivkohle, die Imprägnierung und der zu adsorbieren-
de Stoff sehr gut aufeinander abgestimmt sind. Gase wie N2, O2 und
CO2 können mit Aktivkohle nicht adsorbiert werden, da sie ständig vor-
handen sind und die Aktivkohle bereits mit diesen Molekülen belegt ist.

Bauarten Aktivkohlefilter werden in verschiedenen Bauarten, z.B. als Aktivkohle-


platten oder als regenerierbare Aktivkohle-Filterpatronen ausgeführt.
Die Regenerierung erfolgt dem adsorbierten Schadstoff entsprechend
mit sehr unterschiedlichen Verfahren (z.B. hohe Temperatur).

Fig. 6-12 Aktivkohlefilter (verschiedene Bauformen)

Betriebsdauer Vorfilter sind unbedingt erforderlich, um die Wirksamkeit der Aktivkohle


nicht durch Staubverschmutzung zu beeinträchtigen. Richtig eingebaut
und gewartet, haben Aktivkohlefilter eine Betriebszeit von 3…12 Mona-
ten.

154
6.2.3.7 Elektrofilter In der Lüftungs- und Klimatechnik werden Elektrofilter eher selten ein-
gesetzt, kommen aber in speziellen Fällen zur Anwendung (z.B. hoher
Staubgehalt, 24 h-Betrieb, Ölnebel in der Abluft, …).

Elektrofilter mit Ionisierungsteil Elektrofilter funktionieren meistens nach dem Penney-System und
bestehen aus einem Ionisierungsteil mit positiv geladenen Wolfram-
drähten, in dem die ankommenden Staubteilchen durch Anlagerung von
Ionen elektrisch aufgeladen werden, und einem Staubabscheidungsteil
in Form eines Plattenkondensators. Je nach Art der Partikel die ausgefil-
tert werden müssen, kann die Oberfläche noch mit Staubbindemitteln
benetzt werden. Die Reinigung erfolgt durch Abspritzen mit Wasser von
etwa 30…40 °C und kann auch mit entsprechenden Vorrichtungen auto-
matisiert erfolgen.

Elektrofilter bieten einen guten Entstaubungsgrad auch bei kleinsten


Teilchen bis 0.1 μm und darunter (z.B. Tabakrauch, Nebel, Pollen, Bakte-
rien). Sie bieten einen geringen Luftwiderstand, sind aber in der
Anschaffung teuer.

Elektrostatische Filter Teilweise werden auch Elektrofilter eingesetzt, die nach dem elektro-
statischen Prinzip arbeiten und keinen Ionisierungsteil besitzen. Als Fil-
termedien kommen hier faserige Stoffe zur Anwendung welche entwe-
der durch ein spezielles Verfahren mit elektrischen Dipolen versehen
sind oder welche in einem von aussen aufgeprägten elektrostatischen
Feld angeordnet sind. Je nach angelegter Spannung oder Struktur des
Filtermediums werden mit bzw. ohne elektrisches Feld Abscheidegrade
von 15 % bis 90 % erzielt.

Elektrofilter auch in Kleinanlagen Vermehrt werden Elektrofilter auch in Kleinanlagen für den Wohn-
bereich angeboten, da diese auch Pollen, usw. entfernen. Dabei ist zu
beachten, dass der Stromverbrauch den Bestrebungen nach Energie-
einsparung mit Hilfe von kontrollierten Wohnungslüftungsanlagen (vgl.
6.5) entgegenwirken kann.

6.2.3.8 Automatische Filter Bei diesen Filtern wird das Filtermedium oder die Filterschicht während
dem Betrieb intermittierend oder permanent erneuert oder gereinigt.
Man unterscheidet dabei im wesentlichen
– Bandluftfilter
– ölbenetzte Umlauffilter

Bandluftfilter Bei Bandluftfiltern wird das saubere Filtermedium von einer Rolle
abgespult und bei zunehmender Verschmutzung auf eine zweite Rolle
aufgewickelt. Der Bandtransport erfolgt durch einen Elektromotor.

Die Filter arbeiten nahezu mit einer konstanten Betriebsdruckdifferenz,


weisen aber eine höhenabhängige Luftverteilung auf, z.B. oben noch
wenig verschmutzt (hohe Luftgeschwindigkeit) unten mehr verschmutzt
(reduzierte Luftgeschwindigkeit).

Fig. 6-13 Rollbandfilter

155
Ölbenetzte Umlauffilter Ölbenetzte Umlauffilter arbeiten mit einem endlos umlaufenden Band
aus Zellen oder Platten. Die Reinigung erfolgt im Ölbehälter mit einem
Waschvorgang durch bewegtes Öl. Danach werden die gereinigten
Schichten der Lufteintrittsseite zugewandt. Der ausgewaschene Staub
sammelt sich am Boden des Ölbehälters und wird durch Ablassen des
Öls, Auskratzen des Schlammes oder durch einen selbstreinigenden
Ölkreislauf entfernt.

6.2.4 Ventilatoren
Aufgabe Transport der Luft durch die raumlufttechnische Anlage. Sie erzeugen
den erforderlichen Volumenstrom und die dem Druckverlust der Anlage
entsprechende Druckerhöhung.

Fig. 6-14 Radial-Ventilator mit separatem Motor und Keilriemenantrieb (zum Einbau in
zentrales Lüftungsgerät)

Bauarten und Funktionsweise Man unterscheidet zwischen Radial-Ventilatoren (Fig. 6-15) und Axial-
Ventilatoren (Fig. 6-16). Prinzipiell werden in Lüftungs- und Klimaanlagen
Radialventilatoren für relativ kleine Luftmengen (bis ca. 50 000 m3/h) bei
hohen Förderdrücken (bis 3000 Pa) eingesetzt. Axialventilatoren kom-
men für relativ grosse Luftmengen (> 50 000 m3/h) bei niedrigen För-
derdrücken (bis 1000 Pa) zur Anwendung.

Radialventilator Der Radialventilator saugt die Luft axial an und fördert sie radial. Die
Leitvorrichtung ist das Spiralgehäuse. Die Laufräder werden je nach
Bedarf mit vorwärts-, rückwärts-gekrümmten oder geraden Schaufeln
gebaut.

Bauart Anwendung
rückwärts bei hohen Drücken bis 3000 Pa und
gekrümmte Schaufeln Wirkungsgraden (ca. 80 … 85 %)
vorwärts bei geringen Drücken bis ca. 1300 Pa
gekrümmte Schaufeln und Wirkungsgraden (ca. 55 … 75 %)
gerade Schaufeln für Sonderanwendungen

Fig. 6-15 Radialventilator mit Laufrad (1), Spiralgehäuse (2), Lufteintritt (3) und
Luftaustritt (4) (Quelle: LTG)
156
Axialventilator Der Axialventilator fördert den Luftstrom parallel zu seiner Antriebs-
achse. Bei den besseren und leistungsstärkeren Ausführungen wird der
Austrittsdrall des Laufrades durch ein feststehendes Leitrad aufgefan-
gen.

Bauart Anwendung
Wandventilator für Fenster- oder Wandeinbau
ohne Leitrad bei geringen Drücken (bis ca. 300 Pa)
mit Leitrad bei höheren Drücken (bis ca. 1000 Pa)
Gegenläufer (2 Lauf- höchste Drücke
räder die sich in Gegen- (> 1000 Pa) und Sonderanwendungen
richtung bewegen)

Fig. 6-16 Axialventilator mit Laufrad (1), Leitrad (2), Lufteintritt (3) und Luftaustritt (4)
(Quelle: LTG)

Die richtige Auswahl des einzusetzenden Ventilatortyps hängt von ver-


schiedenen Gesichtspunkten ab und jeder Typ hat gewisse Vorteile.

Radialventilator Axialventilator
Geringe Geräuschentwicklung Geringer Raumbedarf
einfache Leistungsanpassung * niedrige Anschaffungskosten
einfache Motorauswechslung * Regelung durch Schaufelverstellung

* bei Motoren mit Keilriemen-Antrieb

157
6.2.4.1 Die Ventilator- und
Anlagekennlinien
Proportionalitätsgesetze Bei Anlagesystemen mit quadratischer Kennlinie (was für die aller-
meisten Komponenten zutrifft, vgl. Fig. 6-17, Anlagekennlinien I und II)
und unveränderlicher Dichte gelten die aus der Strömungsmechanik
bekannten Proportionalitätsgesetze.

Proportionalitätsgesetz 1 Der Volumenstrom ändert sich proportional mit dem Drehzahlverhältnis.


.
V. 1 = n1
V 2 = n2

Proportionalitätsgesetz 2 Die Druckerhöhung ändert sich mit dem Quadrat des Drehzahl- oder
Volumenstrom-Verhältnisses.
.

p2    
p1 = V. 1 2 = n1 2
V2 n2

Proportionalitätsgesetz 3 Die Antriebsleistung ändert sich proportional mit der 3. Potenz des
Drehzahl- oder Volumenstrom-Verhältnisses (gilt so nur, wenn sich der
Ventilator-Wirkungsgrad nicht ändert).
.
   
P1 = V. 1 3 = n1 3
P2 V 2 n2

Aussagen der Gleichungen • Gleichung 1 besagt z.B., dass eine Verdopplung des Volumen-
stromes mit der Verdopplung der Drehzahl erreicht wird.

Beispiel: Wird bei einem Ventilator die Drehzahl von 1000 auf 2000 min–1 erhöht
dann ändert sich der geförderte Volumenstrom von 4000 m3/h wie folgt:
.
V. 1 = n1 ’V. = V. n2 = 4000 m3/h * 2000 min-1 = 8000m3/h
V2 n2 2 1
n1 1000 min-1

• Gleichung 2 zeigt z.B., dass mit der Verdopplung des Volumen-


stromes ein vierfach höherer Druck folgt.

Beispiel: Der Ventilator fördert die 4000 m3/h mit einem Druck von 350 Pa. Wird
nun wie oben berechnet, die Drehzahl und damit der Volumenstrom
verdoppelt, dann ergibt sich folgende Druckerhöhung:
. .

p2    
V2 n2
2 1
 
p1 = V. 1 2 = n1 2 ’p = P * V 2. 2 = 350 Pa *
V1 
4000 m3/h 
8000 m3/h 2 = 1400 Pa

• Gleichung 3 zeigt z.B., dass mit der Verdopplung des Volumen-


stromes ein achtfach höherer Kraftbedarf erforderlich wird oder
umgekehrt eine Halbierung des Volumenstromes die Leistungs-
aufnahme auf 1/8 reduziert (vgl. Drehzahlregelung)!

Beispiel: Wird der Ventilator z.B. in einer VVS-Anlage eingesetzt und muss im Teil-
last-Betrieb nur 4000 m3/h anstatt 8000 m3/h fördern, dann ändert sich
die Leistungsaufnahme von momentan 3.0 kW (an der Welle) wie folgt:
. .

P2    
V2 n2
1
 V1  8000 m3/h 
P1 = V. 1 3 = n1 3 ’P = P * V. 2 3 = 3.0 kW * 4000 m3/h 3=0,375 kW
2

158
II


p3 3


p2 2 4

n4
n3

p1 1

n1

V1 V4
Fig. 6-17 Ventilator- und Anlagekennlinien (nicht doppelt logarithmisch)

n1…n4 Ventilatorkennlinien bei verschiedenen Drehzahlen


I, II Anlagekennlinien 1 und 2
1…4 Betriebspunkte

1 Betriebspunkt normal
1 ’2 Betriebspunkt-Verschiebung z.B. durch verschmutzten Filter
3 wie bei 2, aber mit dem gewünschten Luftvolumenstrom
1 ’4 Betriebspunkt-Verschiebung bei Drehzahlerhöhung

Verwirrspiel? Die Kennliniendarstellung von Ventilatoren sieht in der Regel etwas


anders aus als in Fig. 6-17 und zeigt eine eher verwirrende Fülle von
Linien, Kurven und Skalenstäben, deren Bedeutung und Information
zum gewählten Betriebspunkt nicht immer auf Anhieb erkennbar wird.

Normalerweise wird eine bis drei Linien je Ventilatorgrösse gemessen


(Volumen, Druck, Kraftbedarf, Drehzahl). Alle anderen in dem Kennli-
nienfeld aufgeführten Druck-Volumen-Kennlinien werden über Propor-
tionalitätsgesetze hochgerechnet. Dies bedeutet:

Nicht jede dargestellte Druck-Volumen-Kennlinie ist eine gemessene


Linie.

159
Zur Vereinfachung der Darstellung wählen die Ventilator-Hersteller die
sogenannte doppelt-logarithmische Darstellung. Dadurch werden die
Anlagekennlinien nicht mehr als Parabeln wie in Fig. 6-17, sondern als
Geraden mit der Funktion Δpt = f * (V2) dargestellt.

.
Fig. 6-18 Ventilatorkennlinien (mit logarithmisch skalierten- V - und Δpt-Achse)

1 Volumenstrom in 1000 m3/h (oder m3/s, l/s, …)


2 Totaldruck-Erhöhung Δpt in Pa
3 Druck-Volumen-Kennlinien Feld
4 Wirkungsgrad und Anlagekennlinie
5 Kraftbedarf in kW an der Welle des Ventilators
6 A-bewerteter Schallleistungspegel
7 Austritts-Geschwindigkeit c2 in m/s (im Abstand von 2,5 x Laufrad-Durchmesser)
8 dynamischer Druck pd2 in Pa (resultierend aus Austritts-Geschwindigkeit;
pd2 = ρ·(c2)2/2)
9 Ventilatordrehzahl
10 Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades in m/s
A Betriebspunkt z.B. bei 4000 m3/h und 800 Pa

160
6.2.5 Lufterwärmer
Aufgabe Erwärmen der Zuluft auf die erforderliche Temperatur (z.B. Einblas-
temperatur einer Raumheizung)

Bauarten nach Betriebsmitteln – Rippenrohr-Wärmeübertrager, betrieben mit Warmwasser, Heiss-


wasser, Wasser- oder Kältemitteldampf (Fig. 6-19)
– Elektrolufterhitzer (Fig. 6-21)

Lufterhitzer werden in Luftheizanlagen und in Klimaanlagen als Vor-


wärmer oder Nachwärmer eingesetzt.

Fig. 6-19 Rippenrohr-Lufterhitzer und möglicher Einbau in Anlage (mit Beimischschaltung)

Wärmeübertrager zeigen meistens ein nichtlineares Verhalten zwischen


dem sie durchfliessenden Massenstrom und der zugehörigen abgege-
benen Leistung. Je nach Konstruktion und Versorgungstemperaturen,
ist diese sogenannte Wärmeübertrager-Kennlinie mehr oder weniger
stark gebogen, was mit dem «a-Wert» ausgedrückt wird. Die Wärme-
übertrager-Kennlinie wird auf den maximalen Volumenstrom und die
maximale Leistung bezogen dargestellt.
. .
Q/Q100

. .
V/V100

Fig. 6-20 Wärmeübertrager-Kennlinien und zugehörige a-Werte

Elektro-Lufterhitzer haben eine Anzahl Heizwendel eingebaut, die sich


erhitzen wenn sie von Strom durchflossen werden und die so entstan-
dene Wärme an die Luft abgeben. Sie werden dort eingebaut, wo keine
Warmwasserheizung besteht, der Anschluss zu weit weg ist oder aus
anderen Randbedingungen ein Warmwasser-Lufterhitzer nicht zulässig
ist. Elektro-Lufterhitzer benötigen wegen der möglichen Brandgefahr
spezielle Sicherheitseinrichtungen und -vorkehrungen (z.B. Sicherheits-
thermostat, Nachlaufzeit des Ventilators, …).

161
Fig. 6-21 Elektrolufterhitzer (Stahlrohre mit eingebauten Heizwendeln; Quelle: Loysch)

6.2.6 Kaltwasser-Luftkühler Kaltwasser-Luftkühler sind Rippenrohr-Wärmeübertrager die mit Kalt-


wasser mit Vorlauf-/Rücklauftemperaturen von z.B. 6/12 °C oder 8/14 °C
betrieben werden. Luftkühler benötigen in der Regel mehr Übertra-
gungsfläche als Lufterhitzer, weil die mittlere Temperaturdifferenz zwi-
schen der Kühleroberfläche und der Luft kleiner ist. Diese Forderung
wird konstruktiv durch mehrere, hintereinander angeordnete Rohrreihen
erfüllt. Der nachfolgend gezeigte hydraulische Anschluss des Luftküh-
lers muss zwingend so gemacht werden, d.h. Umlenkschaltung, wenn
die Luft nicht nur gekühlt, sondern auch entfeuchtet werden soll. Soll
die Luft nur gekühlt werden, dann ist auch eine Beimischschaltung
zulässig.

Fig. 6-22 möglicher Einbau eines Kaltwasser-Kühlers in Anlage (mit Umlenkschaltung)

1 Kaltwassereintritt
2 Lufteintritt

6.2.7 Direktverdampfer-Luftkühler Ein Rippenrohr-Wärmeübertrager als Verdampfer eines Kältemittel-Kreis-


prozesses wird direkt als Kühler in den Luftstrom eingesetzt. Diese
Lösung wird in der Regel nur in Kompakt-Luftkühlgeräten gewählt, in
welche auch der Kompressor und der Kondensator eingebaut wird.

Fig. 6-23 Direktverdampfer-Luftkühler


mögliche Bauformen (links)
Anschlussdetail Kältemittelverteiler (rechts)

162
6.2.8 Befeuchter
Prinzipien – Befeuchtung durch Verdunstung von Wasser
– Befeuchtung durch Einblasen von Dampf

6.2.8.1 Verdunstungsbefeuchter Zu den Verdunstungsbefeuchtern gehören die Luftwäscher, die Wasser-


Zerstäuber und die Oberflächen-Wasserverdunster.

Luftwäscher Wasser wird aus einem Bassin in die im Luftstrom verteilten Sprüh-
düsen gepumpt.
Die feinen Tröpfchen verdunsten grösstenteils zu Wasserdampf und
entziehen dabei der vorbeiströmenden Luft die dazu notwendige Ver-
dampfungswärme. Da die für die Verdampfung notwendige Energie
ausschliesslich aus der Luft stammt, kühlt sich der Luftstrom dabei ab
(adiabate Kühlung). Die nicht verdunsteten Wassertröpfchen werden in
einem Tropfenabscheider, am Austritt des Luftwäschers ausgeschieden
und ins Auffangbecken zurückgeleitet.

3
4

Fig. 6-24 Luftwäscher Prinzip und mögl. Bauform (Quelle: Baehr)

1 Sprühdüsen (mehrere Reihen nebeneinander, oft Sprührichtung gegen den Luftstrom)


2 Tropfenabscheider
3 Auffangbecken
4 Umwälzpumpe

Wasser-Zerstäuber Das Wasser wird durch sogenannte Molekular-Zerstäuberdüsen zu


einem Sprühnebel zerstäubt. Die Wassertröpfchen (sog. Aerosole) wer-
den dabei so klein, dass sie in der Luft schweben und anschliessend
vollständig verdunsten. Die Verdunstungswärme wird der Luft entzogen
die dadurch etwas abgekühlt (adiabatische Kühlung).

Fig. 6-25 Oberflächen-Wasserverdunster (eingebaut in Lüftungsgerät)

163
Oberflächen-Wasserverdunster Dem oben beschriebenen Wasserzerstäuber werden grossflächige,
poröse Keramikplatten nachgeschaltet, in welchen die noch nicht ver-
dunsteten Aerosole aufgefangen werden und anschliessend vollständig
verdunsten (siehe Fig. 6-25).

Kaltdampfgenerator In Anlagen, die hohen hygienischen Anforderungen genügen müssen,


können sogenannte Kaltdampfgeneratoren zur Befeuchtung eingesetzt
werden. Deutlich reduzierter Wasser- und Energieverbrauch gegenüber
den oben aufgeführten Befeuchtungsarten sind die charakteristischen
Merkmale eines Kaltdampfgenerators.

Die eintretende Luft wird im Kaltdampfgenerator zuerst in Schwingung


versetzt, z.B. durch einen Infrarot-Schallgenerator oder es werden Luft-
wirbel erzeugt, in dem die Luft durch ein Wirbelgitter geleitet wird.
Anschliessend wird das Wasser mit hohem Druck (20–150 bar) in die
Luft eingedüst. Die Schwingung oder die Luftwirbel sorgen dabei für
eine gute Durchmischung. Zur Aufnahme der Feuchtigkeit in der Luft
wird auch hier Verdampfungswärme benötigt, was zu einer Abkühlung
der behandelten Luft führt (entlang der Enthalpie-Linie im h-x-Dia-
gramm).

Fig. 6-26 Kaltdampfgenerator, prinzipieller Aufbau und mögliche Bauform


(Quelle: Klingenburg)

1 Luftwirbel 3 Durchmischungszone
2 Zerstäuberdüse(n) 4 Tropfenabscheider

In Kaltdampfgeneratoren wird nur soviel Wasser wie nötig zerstäubt.


Deshalb haben sie kein Umlaufwasser und keine Auffangwanne. Nicht
verdampfte Tropfen werden im Tropfenabscheider am Ende des Bauteils
zurückgehalten.

Kaltdampfgeneratoren haben eine sehr gute Befeuchterleistung (hoher


Befeuchtungswirkungsgrad; gegen 100 %). Die Leistungsregelung
erfolgt über den Wasserdruck in der Zerstäuberdüse.

164
6.2.8.2 Dampfbefeuchter
Prinzip Wasser wird zuerst vollständig verdampft und dann erst eingeblasen
(keine adiabatische Kühlung der Luft). Dampfbefeuchtung wird in Kom-
fortklimaanlagen immer häufiger eingesetzt und verdrängt dort, wo
nicht gleichzeitig Luftkühlung gefordert wird, die Verdunstungsbefeuch-
tung. Dampf ist hygienisch sauber und frei von Bakterien.

Dampf-Luftbefeuchter mit Im Verdampfergefäss (siehe Fig. 6-27) sind Heizelektroden eingesetzt,


Eigendampf die sich mit der Zeit abbauen. Und weil auch der aus dem Wasser aus-
geschiedene Kalk im Verdampfergefäss zurückbleibt, wird periodisch
das ganze Verdampfergefäss entsorgt und durch ein neues ersetzt.
Solche Dampfbefeuchter lassen sich – über entsprechende elektroni-
sche Schnittstellen – auch stetig regeln.

Fig. 6-27 Dampf-Luftbefeuchter mit Eigendampf

1 Verdampfergefäss 4 Kondensatleitung
2 Elektroden 5 Wasseranschluss
3 Dampflanze

Dampf-Luftbefeuchter mit In grösseren Anlagen (Industrieanlagen) mit entsprechend grosser


Fremddampf Befeuchterleistung wird der Dampf in einem separaten Dampfkessel
erzeugt. Der Dampf wird über speziell konstruierte Dampfverteiler (Fig.
6-28) kondensatfrei in den Luftstrom eingeblasen. Das in den Verteil-
rohren anfallende Kondensat muss vollständig abgeleitet und in den
Dampfkessel zurückgeführt werden. Die Dampfmenge wird über ein
stetiges Regelventil genau dosiert.

2 2

Fig. 6-28 Dampf-Luftbefeuchter mit Regelventil (1) und Verteilrohren (2) für Fremddampf

165
6.2.9 Entfeuchtung Das Entziehen von Feuchtigkeit aus der Luft erfolgt nach drei grundsätz-
lich verschiedenen Methoden:

• Kühlung der Luft mit Wasserausscheidung


• Absorption des Wassers in hygroskopischen Flüssigkeiten
• Adsorption des Wasserdampfes durch Anlagerung an festen Ober-
flächen

Kühlung mit Wasserausscheidung Bei dieser Art der Lufttrocknung wird die Luft mit einem genügend
kalten Kühlmittel so stark abgekühlt, dass sich das Wasser aus der Luft
ausscheidet. Der Entfeuchtungs-Prozess ist also gleichzeitig ein Luft-
kühlprozess.

Bemerkenswert ist, dass die Luft nicht zwingend auf ihre Taupunkt-Tem-
peratur abgekühlt werden muss. Es genügt, wenn die Temperatur der
Kühleroberfläche unterhalb der Taupunkt-Temperatur der Luft liegt. Wei-
ter ist es auch nicht erforderlich, dass der Kühler sehr gross sein muss.
Denn auch bereits bei einer sehr geringen Abkühlung der Luft findet
Wasserausscheidung statt.

Zur Entfeuchtung können dieselben Kühlmittel eingesetzt werden, die


auch bei der Kühlung von Luft üblich sind, also gekühltes Wasser (mit
Kältemaschine produziert), Brunnenwasser, Seewasser, Sole, … , sowie
bei der direkten Kühlung die verschiedenen Kältemittel.

Dieses Prinzip der Luftentfeuchtung wird sehr oft in Klimaanlagen ange-


wendet, bei gleichzeitiger Kühlung der Luft. Sehr oft auch in fahrbaren
Geräten die dann ortsunabhängig eingesetzt werden können.

Absorption Der Wasserdampf geht in hygroskopischen Flüssigkeiten in Lösung und


verdünnt die Flüssigkeit. Die Wasserdampfaufnahme nimmt zu mit
steigender Wasserdampfkonzentration der Luft, mit steigendem Druck
und mit sinkender Temperatur. Die Regenerierung der hygroskopischen
Flüssigkeiten erfolgt üblicherweise durch Erwärmen.

Verwendet werden in der Regel wässrige Salzlösungen von Lithium-


chlorid, Lithiumbromid oder Calciumchlorid.

Adsorption Bei dieser Art der Luftentfeuchtung wird der Wasserdampf an der
Oberfläche eines festen Körpers – des Adsorbens – angelagert, wobei
die Oberfläche vorwiegend durch die innere Struktur mit Poren kleinster
Abmessungen gebildet wird.

Für die Adsorption von Wasserdampf wird meistens Kieselgel einge-


setzt (Handelsname Silicagel). Es besteht zu 90 % aus SiO2 und hat
eine innere Oberfläche von bis zu 1000 m2/g.

Bei der Adsorption wird die Adsorptionswärme im Adsorbens freige-


setzt, was zu einer Temperaturerhöhung der Luft führt. Die entfeuchtete
Luft muss deshalb evtl. noch gekühlt werden.
Die Regenerierung erfolgt durch Erhitzen mittels heisser Luft auf ca.
150 °C … 200 °C. Ist das Sorptionsmittel abgekühlt, ist es wieder ein-
satzbereit.

166
Für einen kontinuierlichen Betrieb einer Adsorptions-Anlage sind zwei
Behälter mit Kieselgel nötig. Einer adsorbiert die Luftfeuchtigkeit, wäh-
rend der andere regeneriert und gekühlt wird.

Das Prinzip der Adsorption zur Luftentfeuchtung kommt auch in DEC-


Anlagen zum Einsatz (vgl. 6.2.11). Dort besteht der rotierende Tauscher
aus einer Verbindung von Keramik und Kieselgel (Silicagel). Zur Regene-
ration sind allerdings nicht so hohe Temperaturen erforderlich, was die
Nutzung von Abwärme zulässt.

Fig. 6-29 Sorptionstauscher und Funktionsprinzip (Quelle: Klingenburg)

6.2.10 Wärmerückgewinnung (WRG)


Aufgabe Nutzung der Wärme aus der Abluft.

WRG-Anlagen gehören zu den wichtigsten lufttechnischen Komponen-


ten, weil sie den Energieverbrauch von Klimaanlagen wesentlich redu-
zieren. Deshalb spricht man oft auch von Energierückgewinnung
ERG (vgl. VDI 2071). Sie sind vielerorts gesetzlich vorgeschrieben.

6.2.10.1 Arten von


Wärmerückgewinnungen
Umluftbeimischung Bei Bedarf wird ein Teil der Abluft aus dem Raum über den Bypass
direkt der Aussenluft beigemischt. Dadurch ergibt sich eine Mischtem-
peratur und -feuchtigkeit im Luftstrom, der dann noch entsprechend
nachbehandelt werden kann. Die Aussenluft-, Fortluft- und Umluftklap-
pen sind meistens, wie unten gezeigt, mechanisch miteinander gekop-
pelt. Die Aussenluftklappe wird nur bis zu einer zulässigen Minimalstel-
lung geschlossen (Luftqualität). Die Umluftbeimischung wird oft auch
bei der Aufheizung verwendet. Nach VDI 2701 wird sie nicht den WRG-
Systemen zugeordnet.
2

Fig. 6-30 Umluftbeimischung

1 Aussenluftklappe 3 Umluftklappe
2 Forluftklappe

167
Rekuperatoren Fortluft- und Aussenluftstrom sind durch feststehende Trennflächen
getrennt. Meistens Kuben mit Platten – teilweise auch mit Rohren.
Material je nach Anwendung und Luftzustand/-qualität z.B. Aluminium,
Chromstahl, Glas, Kunststoffe. Die Leistungsregelung erfolgt durch eine
Bypassklappe (meistens in der Aussenluft eingebaut), welche die
Aussenluft teilweise am Wärmeübertrager vorbeiführt und gleichzeitig
das zu starke Abkühlen der Abluft und damit das Vereisen verhindert.

Fig. 6-31 Rekuperative WRG: Plattentauscher (Quelle: Klingenburg)

1 Aussenluft 3 Abluft
2 Zuluft 4 Fortluft

Regeneratoren Rotierende, zellenförmige Speichermasse wird abwechselnd von


Rotations-Wärmeübertrager Aussenluft und Abluft durchströmt. Das Mass der Wärmeübertragung
kann durch Veränderung der Rotor-Drehzahl beeinflusst werden. Durch
hygroskopische Beschichtung der Speicheroberfläche kann auch Feuch-
te, bzw. Enthalpie übertragen werden.

4
2

Fig. 6-32 Regenerative WRG: Rotations-Wärmeübertrager


Schnittbild und Prinzip (Sommerfall)

1 Aussenluft 3 Abluft
2 Zuluft 4 Fortluft

168
Kreislaufverbundene Je ein Rippenrohr-Wärmeübertrager wird in den Aussenluft- und in den
Wärmeübertrager Abluftstrom eingesetzt. Der Wärmetransport zwischen den beiden Wär-
meübertragern erfolgt über einen hydraulischen Kreislauf, meist mit
einer Wasser-Glykol-Mischung als Transportmedium. Eine Umwälz-
pumpe sorgt für die Zirkulation des Transportmediums. Das Mass der
Wärmeübertragung kann durch ein Dreiweg-Verteilventil beeinflusst
werden.

Diese Art der Wärmerückgewinnung kommt vor allem dort zur Anwen-
dung, wo Aussenluft und Abluft örtlich weit auseinander liegen und bei
Anlagesanierungen.

Vereisungsschutz Bei kreislaufverbundenen Wärmeübertragern ist dem Vereisungsschutz


speziell Beachtung zu schenken (vgl. Fig. 6-33). Bei sehr tiefen Aussen-
temperaturen wird das Transportmedium (Wasser-Glykol-Mischung)
durch die Aussenluft stark abgekühlt. Wird – durch das kalte Transport-
medium – der Taupunkt der Abluft unterschritten, kondensiert die darin
enthaltene Feuchtigkeit und es kann zur Vereisung des abluftseitigen
Wärmeübertragers kommen. Es ist deshalb äussert wichtig, dass die
korrekte hydraulische Schaltung gewählt wird und das Verteilventil (4)
und der Begrenzungsfühler (5) am richtigen Ort eingebaut sind.

Fig. 6-33 Kreislaufverbundene Wärmeübertrager

1 Aussenluft 4 Dreiweg-Verteilventil
2 Fortluft 5 Begrenzungsfühler (Vereisungsschutz)
3 Kreislaufpumpe

«Wirkungsgrad» einer WRG Zur Spezifikation von Übertragungsleistungen werden Rückwärmzahlen


und Rückfeuchtzahlen – als Verhältnis der tatsächlich erreichten Tem-
peratur- oder Feuchteänderung der Aussenluft zu der theoretisch mög-
lichen – verwendet. Man spricht auch von Änderungs- oder Übertra-
gungsgrad (z.B. Temperatur-Änderungsgrad, Enthalpie-Übertragungs-
grad).

FOL ABL 1
12 11

21 22

2 AUL ZUL

169
Rückwärmzahl Rückfeuchtzahl

Φ2 = t22 – t21 ψ2 = x22 – x21


t11 – t21 x11 – x21

wobei Φ2 (Phi 2), ψ2 (Psi 2) jeweils auf die Aussenluftseite bezogen sind
t11 Ablufttemperatur x11 Abluftfeuchte
t12 Fortlufttemperatur x11 Fortluftfeuchte
t21 Aussenlufttemperatur x21 Aussenluftfeuchte
t22 Zulufttemperatur x22 Zuluftfeuchte

Für den Winterbetrieb von Klimaanlagen (wenn t11 > t21 und x11 > x21)
und den Hochsommerbetrieb (wenn t11 < t21 und x11 < x21), kann die
WRG-Leistung auch mit dem Übertragungsgrad der Enthalpie beschrie-
ben werden:

Enthalpie-Übertragungsgrad

Φh2 = h22 – h21


h11 – h21

Eigenschaften verschiedener
Eigenschaften Zu- und Stoff- Übertra- Druck-
WRG-Systeme
Abluft zu- austausch gungsgrad verlust
sammen möglich Rückwärm- luftseitig 1)
WRG-System führen zahl 1)
Rekuperatoren
Platten-/Röhren- ja nein 45…65 % 150…300 Pa
Wärmetauscher
Regeneratoren
Rotationstauscher ja ja 70…90 % 50…100 Pa
ohne hygroskop. (gering)
Beschichtung
Rotationstauscher ja ja 70…90 % 50…100 Pa
mit hygroskop. (gut)
Beschichtung
Kreislaufverbund- nein nein 40…70 % 100…200 Pa
System

Fig. 6-34 Eigenschaften verschiedener WRG-Systeme


1)
diese Angaben sind Richtwerte, bitte Herstellerunterlagen beachten

6.2.11 DEC-Systeme
Adiabatische Kühlung und adsorptive Der Begriff DEC (Desiccative and Evaporative Cooling) steht für Trock-
Entfeuchtung geschickt kombiniert nung und Verdunstungskühlung.

Der Grundgedanke der DEC-Technik besteht darin, den klassischen –


mit elektrisch angetriebenen Kompressoren betriebenen – Kälteerzeu-
gungsprozess in der Klimatisierung mit Luftentfeuchtungsaufgaben zu
ersetzen. Dazu wendet man die seit langem bekannten Verfahren der
adiabatischen Kühlung und der adsorptiven Luftentfeuchtung (vgl. 6.2.9)
in einer speziellen Kombination an. Meistens werden feste Sorptions-
mittel eingesetzt, deren Anwendung sich bewährt hat (z.B. Silicagel).
Antriebsenergie des Prozesses (vgl. 5 in Fig. 6-35) ist Wärme auf einem
nicht allzu hohen Temperaturniveau, die sehr oft – insbesondere im
Sommer – in Form von Abwärme zur Verfügung steht. Aus untenste-
hender Abbildung ist ersichtlich, dass dieser Prozess auf einem, gegen-
über den Lufttemperaturen, hohen Temperaturniveau abläuft (Regene-
rations-Lufterhitzer bis z.B. 70 °C).
170
Funktionsprinzip Die Aussenluft (z.B. 32 °C, 35 % r.F.) wird nach der üblichen Filterung in
(Sommerfall) einem Adsorptions-Tauscher (1) entfeuchtet. Diese Entfeuchtung findet
kontinuierlich statt und erfolgt nahezu adiabat. Die dabei freiwerdende
Adsorptionswärme wird an den Luftstrom abgegeben, was zu einer
Erwärmung der Aussenluft führt.

Die trockene warme Luft wird anschliessend in einem regenerativen


Wärmerückgewinner (2) vorgekühlt. Im Winter dient dieser Rotations-
tauscher zur Vorwärmung der Aussenluft mit Hilfe der Abluft. Die so vor-
gekühlte Luft wird anschliessend durch einen Verdunstungsbefeuchter
(3) auf die geforderte Zuluftemperatur und -feuchte gebracht.

Die Abluft wird durch einen weiteren Verdunstungsbefeuchter (4) in der


Temperatur abgesenkt zur besseren Vorkühlung der Zuluft im Wärme-
rückgewinner (2). Dabei erwärmt sich die Abluft. Es erfolgt eine Nach-
wärmung mit einem Lufterhitzer (5), damit der Adsorptions-Tauscher (1)
wieder regeneriert werden kann. Dabei wird die Abluft gekühlt und die
Feuchte nimmt zu. Man nennt diesen Vorgang auch «adiabate Desorp-
tion».

Fig. 6-35 Funktionsprinzip einer DEC-Anlage – Sommerfall (Quelle: Klingenburg)

1 Sorptions-Tauscher (Trocknung der Aussenluft)


2 Rotations-Wärmetauscher
3 Zuluft-Befeuchter (adiabatische Kühlung)
4 Abluft-Befeuchter (adiabatische Kühlung, z.B. Kaltdampf-Generator)
5 Regenerations-Lufterhitzer (erwärmt Luft auf z.B. 70 °C)

I Zustandsverlauf Aussenluft (AUL) – Zuluft (ZUL)


II Zustandsverlauf Abluft (ABL) – Fortluft (FOL)

171
6.2.12 Luftauslässe Nachdem die Luft im zentralen Luftaufbereitungsgerät den Nutzer-
bedürfnissen entsprechend aufbereitet worden ist, wird diese durch ein
Kanalnetz zu den verschiedenen Räumen geführt. Hier gilt es, die Luft
so in den Raum zu bringen, dass die Behaglichkeit der Raumnutzer
nicht beeinträchtigt wird. Um die Luft optimal in den Raum zu führen,
steht eine grosse Anzahl unterschiedlichster Luftauslässe von verschie-
denen Herstellern zur Verfügung.

Fig. 6-36 Verschiedene Luftauslässe Drallauslass; Kugelschiene; spez. Deckenauslass


(Quelle: Trox)

6.3 Klimaanlagen mit zentraler Raumlufttechnische Anlagen, die einen vorgegebenen Luftzustand nach
Energiezufuhr Temperatur und Feuchte ganzjährig einhalten können, nennt man Klima-
anlagen. Diese Anlagen sind also mit allen notwendigen Komponenten
ausgerüstet die es erlauben, die Luft je nach Bedarf zu erwärmen oder
zu kühlen, zu befeuchten oder zu entfeuchten.

Die Notwendigkeit des Einsatzes einer Klimaanlage muss jeweils sorg-


fältig überprüft werden. Nachfolgend einige Vorgaben, die eine Klima-
tisierung erforderlich machen können:
– Hitze, Schwüle
– architektonische Vorgaben wie grosse Fensterfronten, Grossraum-
büros, mangelnde Beschattung, …
– strenge Anforderungen an Temperatur und Feuchte
– innenliegende Räume, Versammlungsräume
– hohe thermische Lasten
– EDV, Maschinenräume

Klimaanlagen mit zentraler Wärme- und/oder Kälteerzeugung unter-


scheidet man prinzipiell danach, ob die im Raum benötigte Heiz- und
Kühlenergie nur über die Zuluft, nur über das Warm- und Kaltwassernetz
oder über beide Energieträger gemeinsam zum Raum transportiert
wird. Aus dieser Unterscheidung ergeben sich die folgenden System-
Varianten:

• Nur-Luft-Systeme
• Luft-/Wasser-Systeme

Dabei ist zu beachten, dass bei Nur-Luft-Systemen der Energietransport


der gleichen Wärme- und Kühlleistung erheblich mehr Energie erfordert,
als bei der Übertragung mittels Wasser.

172
Nur-Luft-Systeme

Heizen und Kühlen des Raumes nur mit Luft


als Niedergeschwindigkeitsanlage
oder Hochgeschwindigkeitsanlage

Einkanal-Anlage Zweikanal-Anlage
Kalt- und Warmluftkanal

mit variablem mit konstantem mit variablem mit konstantem


Volumenstrom Volumenstrom Volumenstrom Volumenstrom

Einzonen Mehrzonen
Anlagen Anlagen
– mit örtlichen Nachwärmern
– mit Wechselklappen (früher)

Luft-Wasser-Systeme

Energietransport mittels Luft und Wasser


örtliche Wärmetauscher im Raum

Anlagen mit Induktions- Ventilator- Kühldecke/


örtlichen Anlagen Konvektor- Quellluft-
Nacheizern Anlagen Anlage
Kühlern

2-Leiter- 3-Leiter- 4-Leiter-


System System System
Vor- und Rücklauf Vorlauf WW + KW Vor- und Rücklauf
Rücklauf gemeinsam WW + KW

– mit Umschaltung – mit Ventilsteuerung


(Change-over-System) (nur 1 Wärmetauscher)
Sommer: Kaltwasser – mit Klappensteuerung
Winter: Warmwasser (2 Wärmetauscher)
– ohne Umschaltung

Fig. 6-37 Bauarten von Klimaanlagen

173
6.3.1 Nur-Luft-Systeme Die Zufuhr der erforderlichen Heiz- und Kühlenergie zu den Räumen
erfolgt ausschliesslich über die Zuluft. Das in der Energiezentrale aufbe-
reitete Warm- bzw. Kaltwasser überträgt seine Heiz- bzw. Kühlenergie
in der zentralen Luftaufbereitungsanlage an die Zuluft.

Fig. 6-38 Nur-Luft-System

1 Aussenluft 6 Umluft
2 Fortluft 7 Zentrale Luftaufbereitung
3 Zuluft 8 Luftkanäle (Zu- und Abluft)
4 Abluft 9 Heizkessel
5 Raum 10 Kältemaschine

6.3.1.1 Einkanal-Anlage ohne Bei diesem System (Fig. 6-39) wird die gesamte Zuluft in der Zentrale
Zonen-Nachbehandlung aufbereitet und dann über ein Kanalnetz den Räumen zugeführt. Die
Leistungsanpassung erfolgt nach dem Abluftzustand und findet aus-
schliesslich in der Zentrale statt.
Anlagen mit ausschliesslich zentraler Luftaufbereitung eignen sich für
die Klimatisierung von Grossräumen sowie von Raumgruppen mit
gleichmässig variierenden Lasten. Konstant unterschiedliche Lasten in
den einzelnen Räumen oder Zonen können nur durch Anpassung der
Luftmengen bei der Inbetriebsetzung ausgeglichen werden.

Fig. 6-39 Einkanal-Anlage ohne Zonen-Nachbehandlung

1 Aussenluft 5 Raum oder Zone


2 Fortluft 6 Umluft
3 Zuluft 7 Zentrale Luftaufbereitung
4 Abluft

174
6.3.1.2 Einkanal-Anlage mit Bei dieser Anlage (Fig. 6-40 und Fig. 6-41) wird die in einer Zentrale auf-
Zonen-Nachbehandlung bereitete Zuluft durch ein Einkanal-System zu den zu klimatisierenden
Räumen oder Zonen geführt. Das Luftkanalsystem kann entweder für
Nieder- oder Hochgeschwindigkeit ausgelegt sein. Im letzteren Fall wer-
den vor dem Luftaustritt in die Räume oder Zonen Entspannungskästen
angebracht.

Die in der Zentrale vorbehandelte Zuluft wird für jeden Raum oder jede
Zone entsprechend dem gewünschten Raumluftzustand nachbehan-
delt. Diese Nachbehandlung kann die Funktionen Nachwärmen, Nach-
kühlen, Nachentfeuchten oder Nachbefeuchten beinhalten. In der Praxis
beschränkt sich die Nachbehandlung jedoch meistens auf die Nachwär-
mung.

In Einkanal-Anlagen mit terminaler Zonen-Nachbehandlung (Fig. 6-40)


erfolgt die Nachbehandlung nahe bei den Zonen. Dies bedeutet, dass
die Energieträger-Leitungen mit Warmwasser, Kaltwasser oder Dampf
im ganzen Gebäude verlegt werden müssen.

Fig. 6-40 Einkanal-Anlage mit terminaler Zonen-Nachbehandlung

1 Aussenluft 7 Zentrale Luftaufbereitung


2 Fortluft 8 Luftkanal
3 Zuluft 9 Heizregister als Nachbehandlungseinheit
4 Abluft 10 Kühlregister als Nachbehandlungseinheit
5 Raum 11 Raum mit Fremdwärmeanfall
6 Umluft

In Einkanal-Anlagen mit zentraler Zonen-Nachbehandlung (Fig. 6-41)


erfolgt die Nachbehandlung unmittelbar nach der Zentrale. Die Warm-
wasser-, Kaltwasser- oder Dampfleitungen müssen deshalb nur im Tech-
nikraum verlegt werden. Dafür müssen die Luftkanäle zu den Zonen
wärmegedämmt werden, damit die in der Nachbehandlung zugeführte
Energie unterwegs nicht wieder verloren geht.

175
Fig. 6-41 Einkanal-Anlage mit zentraler Zonen-Nachbehandlung

1 Aussenluft 8 Kühler
2 Fortluft 9 Befeuchter
3 Zuluft 10 Nachwärmer
4 Abluft 11 Ventilator
5 Umluft 12 Nachbehandlungsgerät (Nachwärmer)
6 Filter 13 Zonenventil
7 Vorwärmer

Bei den Nachbehandlungsgeräten handelt es sich um normale Rippen-


rohr-Wärmeübertrager und Luftbefeuchter wie sie im Kapitel 6.2 behan-
delt wurden. Beim Befeuchter hängt die Typenauswahl massgeblich
vom Einbauort ab. Wird er im Technikraum in den Zonenkanal einge-
baut, so können alle Arten verwendet werden, da alle notwendigen Zu-
und Ableitungen ohne grosse Schwierigkeiten installiert werden kön-
nen. Beim terminalen Einbau vor der Zone kommen meistens nur noch
Dampfluftbefeuchter in Frage.

Diese Anlagen finden für Gebäude mit beschränkter Zonenzahl, jedoch


relativ grossen Zonenflächen und damit grossem Zuluft-Volumenstrom
(> 1500 m3/h) Anwendung.
Für eine feinere Zoneneinteilung ist das System, infolge des hohen
Platzbedarfs für Kanäle, schlecht geeignet. Aus dem gleichen Grund
dürfen die Zonen nicht zu weit auseinander oder von der Zentrale ent-
fernt liegen. Um Energieverschwendung zu vermeiden, sollten gleich-
zeitig die erforderlichen Zulufttemperaturen der einzelnen Zonen nicht
zu stark voneinander abweichen.

6.3.1.3 Mehrzonen-Anlage mit Für Gebäude mit wenigen Zonen aber relativ hohem Luftmengenbedarf
Mehrzonenzentrale (z.B. Einkaufszentren oder Konferenzsäle in Hotels) und unterschiedlich
anfallenden Heiz- und Kühllasten pro Zone eignet sich die Mehrzonen-
anlage (Fig. 6-42). In der Zentrale erfolgt zuerst die Aussenluft-/Umluft-
Mischung, die Filterung und die Vorwärmung der gesamten Zuluftmen-
ge. Nach dem Zuluftventilator wird der Zuluftstrom in zwei Teilströme
aufgeteilt (Fig. 6-43). Ein Teilstrom wird durch den Nachwärmer, der
andere durch den Kühler geblasen. In den anschliessenden Zonenklap-
pen wird durch Mischen von Kalt- und Warmluft die individuell erforder-
liche Zulufttemperatur für jede Zone gemischt. Die Zonenklappen sind
vertikal angeordnet und je eine Kalt- und Warmluftklappe sitzt auf der
gemeinsamen Klappenachse. Die Kaltluft- ist gegenüber der Warmluft-
klappe um einen Winkel von 90 ° verdreht, so dass bei geschlossener
Kaltluft- die Warmluftklappe ganz geöffnet ist. Die Aufteilung der Zuluft-
menge auf die einzelnen Zonen erfolgt durch Zuordnung der relativen
Anzahl Zonenklappen.

176
Fig. 6-42 Mehrzonen-Anlage

1 Aussenluft 3 Zuluftkanäle (Niederdruck)


2 Mehrzonenzentrale 4…6 Verschiedene Zonen

Fig. 6-43 Funktionsweise einer Mehrzonen-Anlage

1 Aussenluft 7 Ventilator
2 Umluft 8 Luftkühler
3 Minimum-Aussenluftkanal 9 Lufterhitzer
4 Minimum-Aussenluftkühler 1a Zonenklappen
5 Filter A Warmluft
6 Vorwärmer B Kaltluft

Der Nachwärmer wird immer oben und der Kühler unten platziert, damit
eventuell ausgeschiedenes Kondenswasser nicht mit dem Nachwärmer
in Berührung kommen und so nicht wieder verdampfen kann.

Mehrzonen-Anlagen werden als Niedergeschwindigkeits-Anlagen


gebaut. Die Kanäle werden deshalb relativ voluminös und sollten des-
halb nicht über grosse Distanzen geführt werden müssen. Auch bezüg-
lich Heiz- und Kühlenergieverbrauch (Mischungs-Verluste) ist es vorteil-
haft, wenn die Zulufttemperaturen für die einzelnen Zonen nur geringe
Unterschiede (< 5 K) aufweisen.

6.3.1.4 Zweikanal-Anlagen Die Bezeichnung «Zweikanal» bezieht sich auf zwei Zuluftkanäle, näm-
lich ein Warm- und ein Kaltluftkanal, die parallel zu jedem Raum geführt
werden (Fig. 6-44). Wie bei den Einkanal-Anlagen wird auch hier der
Abluftkanal nicht mitgezählt. Um den Platzbedarf dennoch möglichst
gering zu halten, wird das Luftkanalsystem in den meisten Fällen als
Hochgeschwindigkeitssystem ausgelegt. Die Entspannung der Luftströ-
me von Hoch- auf Niedergeschwindigkeit und die Mischung der Warm-
und Kaltluft im richtigen Verhältnis erfolgt in speziell dafür konstruierten
Mischkästen, die in den Räumen installiert sind. Das Mischverhältnis
wird durch den Raumtemperatur-Regler gesteuert.

177
Fig. 6-44 Zweikanal Anlage mit Entfeuchtung des Gesamt-Zuluftstromes

1 Aussenluft 7 Zentrale Luftaufbereitung


2 Fortluft 8 Nachwärmer
3 Zuluft 9 Dampfbefeuchter
4 Abluft 10 Warmluftkanal
5 Raum 11 Kaltluftkanal
6 Luftklappen 12 Mischkasten

In den Anfangszeiten der Klimatechnik, als der Energieverbrauch noch


kein wichtiges Thema war, wurden die Warm- und Kaltluftkanäle noch
ganzjährig mit gleichbleibenden Temperaturen betrieben. Dadurch ent-
stand, insbesondere im Schwachlastbetrieb, ein unnötig hoher Energie-
verbrauch, weil Kühlenergie durch Wärmeenergie kompensiert werden
musste. Man erreichte beispielsweise in der Mischkammer der Klima-
zentrale eine Mischtemperatur von 20 °C, kühlte anschliessend die eine
Hälfte der Zuluft auf 10 °C und erwärmte die andere Hälfte auf 30 °C,
um dann anschliessend die beiden Luftströme in den Mischboxen wie-
der auf ca. 20 °C zu mischen!

Als dann der Energieverbrauch zum wichtigen Thema wurde, kamen die
Planer solange von der Zweikanal-Technik ab, bis die Steuer- und Regel-
technik den unnötigen Energieverbrauch dieser sonst komfortablen
Lösung in den Griff bekam. Die Zulufttemperatur-Sollwerte bleiben heu-
te nicht mehr konstant, sondern die Warmlufttemperatur entspricht
dem jeweils höchsten und die Kaltlufttemperatur dem jeweils tiefsten
Zulufttemperatur-Sollwert aller angeschlossenen Raumtemperatur-Reg-
ler. Die moderne Digitaltechnik ermöglicht, diese aktuellen Werte über
einen Gebäudebus abzufragen und daraus den jeweiligen Maximal- und
Minimalwert auszuwählen. Dadurch lassen sich die Mischverluste ver-
ringern. Räume mit maximaler Kühllast erhalten nur Kaltluft, solche mit
maximaler Heizlast nur Warmluft und Räume mit Teillast ein Gemisch
von Kalt- und Warmluft.

Die Luft für den Kaltluftkanal wird in der Zentrale auf die erforderliche
Temperatur gebracht und entfeuchtet, diejenige für den Warmluftkanal
geheizt und eventuell befeuchtet. Die Anordnung des Luftkühlers
gemäss Fig. 6-44 ermöglicht eine geregelte Entfeuchtung des Gesamt-
Zuluftstroms. Zusammen mit der Dampfbefeuchtung im Warmluftkanal
ergibt diese Anordnung eine Vollklimaanlage mit Raumtemperatur- und
Feuchteregelung. Dieser Komfort muss jedoch mit relativ hohem Ener-
gieverbrauch für das Entfeuchten und anschließende Nachwärmen der
Zuluft bezahlt werden und wird deshalb nur noch in speziellen Fällen
zugelassen. Die Anordnung gemäss Fig. 6-45 mit nur teilweiser, unkon-
trollierter Entfeuchtung durch Wasserausscheidung aus dem Kaltluft-
178
strom, entspricht deshalb der Standardlösung für normale Komfortan-
sprüche.
Fig. 6-45 Zweikanal-Anlage mit Teil-Entfeuchtung der Zuluft

1 Aussenluft 9 Zuluftventilator
2 Fortluft 10 Nachwärmer
3 Zuluft 11 Kühler
4 Abluft 12 Warmluftkanal
5 Luftklappen 13 Kaltluftkanal
6 Filter 14 Mischbox
7 Vorwärmer 15 Abluftventilator
8 Befeuchter

Die Mischkästen sind für Zwischendecken- oder Unterfensterinstal-


lation gebaut. Als Luftauslässe dienen normale Ausblasgitter oder
Deckendiffusoren.

Fig. 6-46 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Zweikanal-Mischkastens.


Die Mischkästen sind gleichzeitig Entspannungsgeräte, die mit einer
Luftmischeinrichtung (Ventile oder Klappen) sowie schalldämpfenden
Elementen ausgerüstet sind. Ferner enthalten sie einen mechanischen
Volumenstrom-Regler, der den Zuluft-Volumenstrom – auch bei Druck-
schwankungen in den Zuluftkanälen – konstant hält. Mischkästen mit
variablem Kaltluft-Volumenstrom sind ebenfalls erhältlich (Fig. 6-47).

Fig. 6-46 Aufbau eines Fig. 6-47 Zweikanal-Mischkasten mit


Zweikanal-Mischkastens variabler Kaltluft-Volumen-
strom-Regelung

1 Kaltluft 1 Kaltluft
2 Warmluft 2 Warmluft
3 Mischventil (Mischklappe) 3 Mischventil (Mischklappe)
4 Konstant-Volumenstrom-Regelung 4 Konstant-Volumenstrom-Regler (50 %)
5 Zuluft 5 Kaltluft-Volumenstrom-Regler (bis 100 %)
T Temperaturfühler 6 Zuluft
T Temperaturfühler
M Antriebsmotor

179
6.3.1.5 Variabel-Volumenstrom-Systeme Das VVS-System ist grundsätzlich ein Kühlsystem und muss deshalb für
(VVS) den Heizbetrieb mit einem geeigneten Heizsystem (Radiatorheizung
oder Bodenheizung) kombiniert werden. Die gesamte Kühlleistung wird
durch die Zuluft erbracht. Die Zulufttemperatur bleibt dabei konstant
und die Raumtemperatur wird durch Variieren des Zuluft-Volumenstro-
mes geregelt. Eine Aufteilung des Gebäudes in Zonen erübrigt sich,
denn der Zuluft-Volumenstrom kann in jedem Raum individuell an die
sensible Kühllast angepasst werden. In einem Gebäude mit gegen alle
vier Himmelsrichtungen exponierten Räume stellt die Sonnenstrahlung
eine der Haupt-Kühllasten dar. Weil aber die Sonne von Osten nach
Westen um das Gebäude «herumwandert», fällt die maximale Kühllast
nicht in allen Räumen gleichzeitig an.

Die Kühlleistung ist proportional zum Zuluft-Volumenstrom. Daher wird


der maximal erforderliche Gesamt-Volumenstrom wesentlich kleiner als
die Summe der maximalen Zuluft-Volumenströme der einzelnen Räu-
me. Bei Verwendung geeigneter Luftauslässe kann zudem die Tempera-
turdifferenz zwischen Raum- und Zuluft gegenüber konventionellen
Anlagen wesentlich erhöht werden, was eine weitere Verringerung des
Zuluft-Volumenstromes ermöglicht.

Bei der in Fig. 6-48 dargestellten VVS-Anlage wird die zentral aufberei-
tete Zuluft durch ein Einkanalsystem den zu klimatisierenden Räumen
zugeführt. Das Luftkanalsystem wird normalerweise als Hochgeschwin-
digkeitssystem ausgelegt. Kleinere Anlagen können aber auch als
Niedergeschwindigkeitssysteme gebaut werden.

Fig. 6-48 Variable Volumenstrom-Anlage (VVS)

1 Aussenluft 6 Einzonen-Zentrale
2 Fortluft 7 VVS-Boxen (Zu- und Abluft)
3 Zuluft 8 Grundlastheizung
4 Abluft 9 Raum
5 Luftklappen

Obwohl die Vorteile des VVS-Systems gegenüber Nur-Luft-Systemen


mit konstantem Volumenstrom schon in der Anfangszeit der Klimatech-
nik erkannt wurden, scheute man früher den Aufwand, die gleichmässi-
ge Zuluftverteilung – auch bei variabler Zuluftmenge – sicherzustellen.
Mit fix eingestellten Einblasöffnungen wie z.B. Lochdecken oder Gitter-
Luftauslässen war dies praktisch unmöglich. Es mussten erst spezielle
Luftauslässe mit eingebauter Luftmengenregelung entwickelt werden,
die auch zu einem erschwinglichen Preis erhältlich wurden. Grosse
Anstrengungen seitens der Regelgeräte-Hersteller und deren Entwick-
lungsteams führten schliesslich zum Ziel und damit zum Durchbruch
der VVS-Systemtechnik.

180
Fig. 6-49 VVS-Box mit aufgebautem Kompaktregler (Kombination aus
Volumenstromregler und Klappenantrieb; Quelle: Siemens)

6.3.2 Luft-Wasser-Systeme
6.3.2.1 Quell-Lüftung Bei den bisher besprochenen Anlagearten, werden grosse Luftmengen
im Raum bewegt, was zu hohen Luftgeschwindigkeiten im Aufenthalts-
bereich führt. Mit der Quell-Lüftung können die immer höheren Anfor-
derungen an die Lüftungsanlagen bezüglich Zugfreiheit, Wärme- und
Schadstoffabfuhr weitgehend abgedeckt werden.

Zulufttemperatur wenig tiefer als Bei der Quell-Lüftung wird die aufbereitete Luft mit einer – gegenüber
Raumtemperatur der Raumtemperatur – geringen Untertemperatur im Bodenbereich
laminar oder turbulenzarm eingeblasen (Fig. 6-50). Die Zulufttemperatur
sollte einerseits im Maximum 1 … 3 K in Büros, (in Fabriken bis zu 8 K),
tiefer liegen als die Raumtemperatur, anderseits einen Wert von 21 °C
in Büros bzw. 17 °C in Industrieräumen nicht unterschreiten (unbehagli-
che Fusskälte). Die Austrittsgeschwindigkeit beträgt ca. 0.2 m/s im
Bürobereich und bis 0.6 m/s bei anderen Anwendungen. Somit bildet
sich in der Aufenthaltszone ein sogenannter «Kaltluftsee». Die thermi-
schen Auftriebskräfte an Personen und Geräten sorgen dann dafür, dass
die Luft nach oben in den Deckenbereich steigt, wo sie wieder abge-
saugt wird. Durch die Tatsache, dass Kaltluft nur im Bereich von Wärme-
quellen nach oben strömt, wird die Wärme und die stoffliche Belastung
direkt dort abgeführt, wo sie auftritt und nicht im ganzen Raum verteilt.
Dadurch kann eine hohe Luftqualität mit relativ kleinen Luftmengen
erzielt werden (’ höhere Lüftungseffektivität). Die übliche Luftwechsel-
zahl liegt dabei zwischen 1 … 4 h–1.

Statische Heizung notwendig Das oben beschriebene Lüftungsprinzip funktioniert nur mit kühler
Zuluft. Quell-Lüftungen sind nicht zur Raumheizung geeignet, weil die
warme Luft unmittelbar am Auslass nach oben steigen würde. Es ist
also eine statische Heizung mit Radiatoren oder Konvektoren unter dem
Fenster erforderlich. Diese Heizung erlaubt auch die Grundlastheizung,
wenn die Klimaanlage ausgeschaltet ist.

Um den thermischen Komfort in den Aufenthaltszonen zu gewährlei-


sten, muss auch ein gewisser Abstand von den Auslässen eingehalten
werden (vgl. 3 in Fig. 6-50).

181
Fig. 6-50 Prinzip, Temperaturen und Luftgeschwindigkeiten der Quell-Lüftung

1 Quellluft-Auslass 3 Nahzone
2 Abluftkanal

Nur geringe Kühllasten abführbar Mit der geringen Untertemperatur von 1 … 3 K der Zuluft gegenüber
der Raumtemperatur sind die abführbaren Kühllasten gering. Daher
müssen Quell-Lüftungen mit zusätzlichen Kühlflächen, z.B. Kühldecken,
im Raum kombiniert werden.

Einsatzbereiche Quell-Luftsysteme eignen sich besonders für Räume, in denen keine


stark unterschiedlichen Lasten vorhanden sind oder wenn die Luftqua-
lität eine wesentliche Rolle spielt (Industrie- und Sporthallen, Hotels,
Theater, Schulen, Restaurants). Sie werden – besonders in Verbindung
mit Kühldecken – hohen Komfortansprüchen gerecht.

6.3.2.2 Kühldecken Mit der Luft, die ja ein schlechter Kälteträger ist, kann oft nicht genü-
gend Kühlenergie in den Raum gebracht werden, weil nicht mit beliebig
tiefen Lufttemperaturen eingeblasen werden kann. Daher kombiniert
man sehr oft eine Klimaanlage und statische Kühlelemente. Die Klima-
anlage hat dabei hauptsächlich die Aufgabe, die verbrauchte Raumluft
zu erneuern. Die statischen Kühlelemente, die an der Decke montiert
oder in diese eingebaut sind (daher der Name Kühldecke), kühlen den
Raum auf die gewünschte Temperatur mit Wasser als Kälteträger. Die
Mechanismen, die fühlbare Wärme abführen, sind Wärmestrahlung (von
allen mit der Decke in Sichtkontakt stehenden wärmeren Flächen) und
Wärmekonvektion (Luft, die an der Decke abgekühlt wird und nach
unten fällt).

Strahlungs-Kühldecke Bei geschlossenen Decken ist die Aufteilung etwa 60 % Strahlung und
Konvektions-Kühldecke 40 % Konvektion – man nennt diese deshalb Strahlungs-Kühldecken. Es
gibt auch andere Systeme, bei denen der konvektive Anteil überwiegt,
die als Konvektions-Kühldecken oder -elemente bezeichnet werden.

Handelsübliche Strahlungs-Kühldecken bieten heute eine Kühlleistung


von bis zu 125 W/m2, Konvektions-Kühlelemente gar bis zu 160 W/m2.

182
Kondensationsgefahr bei Taupunkt- Die Leistungsgrenze ist bei Kühldecken durch die Kaltwasser-Vorlauf-
Unterschreitung temperatur (üblich ca. 15 °C … 16 °C) gegeben. An Kaltwasserleitun-
gen, wie auch an jeder Stelle der Kühldecke selbst, darf der Taupunkt
der Raumluft niemals unterschritten werden. Kondensatbildung wird
dann mit Sicherheit vermieden. Durch Taupunktfühler an der Kaltwas-
servorlaufleitung wird im Falle einer Gefahr der Taupunktunterschreitung
entweder
– die Kaltwasserleitung mittels Motor-Ventil abgesperrt oder
– mittels Regelventil die Kaltwasser-Vorlauftemperatur durch Rücklauf-
beimischung angehoben.

In Gebäuden mit Kühldecken, können die Fenster meistens nicht ge-


öffnet werden, weil sonst die Problematik der Taupunktunterschreitung
vermehrt auftreten kann.

Fig. 6-51 Kühldecken-Elemente

6.3.2.3 Fan-Coil Anlagen Das klassische, im Komfort-Klimabereich am meisten angewandte Luft-


(Ventilatorkonvektoren) Wasser-System ist das «Fan-Coil-System». «Fan» heisst in Deutsch
«Ventilator» und mit dem englischen Wort «Coil» wird der Rippenrohr-
Wärmeübertrager bezeichnet. Diese Ventilator-Wärmeübertrager-Kombi-
nation ist auf dem Markt als kompaktes Truhengerät erhältlich, das
ausserdem noch ein Umluft-Filter sowie die Steuer- und Regelgeräte
enthält.
Dieses sogenannte «Fan-Coil-Gerät» (Fig. 6-52) wird an eine beliebige
Wand des Raumes montiert und an das Kalt- und Warmwassernetz,
sowie an das elektrische Stromversorgungsnetz angeschlossen. Der
eingebaute Ventilator saugt die Raumluft an und bläst sie über den Wär-
meübertrager (wo sie erwärmt wird) und das Zuluftgitter (4 in Fig. 6-52)
wieder aus. Wird das Gerät an einer Aussenwand platziert, kann durch
eine Öffnung mit Hand-Einstellklappe, auch ein kleiner Aussenluft-Anteil
mitangesaugt und der Umluft beigemischt werden.

183
Fig. 6-52 a) Fan-Coil-Gerät mit seinen b) Fan-Coil-Gerät mit Aussenluftkasten
Komponenten

1 Steuer- und Regelorgane


2 Rippenrohr-Wärmeübertrager
3 Ventilator
4 Verstellbares Zuluftgitter
5 Fan-Coil-Gerät
6 Aussenluftkasten mit Luftklappe
7 Warm- oder Kaltwasser-Kreislauf

Fan-Coil-Anlagen können vorteilhaft mit einer Wasser/Wasser-Wärme-


pumpe betrieben werden, wobei der Kondensator die Wärme für den
Heizkreis und der Verdampfer die Kälte für den Kühlkreis erzeugt. Eine
solche Kombination beinhaltet auch eine optimale Wärmerückgewin-
nung zwischen Heiz- und Kühlkreis. Der für den Wärmepumpenbetrieb
erforderliche Warmwasserspeicher kann ausserdem noch mit einem
Sonnenkollektor-Kreislauf kombiniert werden, weil relativ niedrige
Warmwasser-Vorlauftemperaturen für den Heizkreis ausreichen.

Fan-Coil-Geräte, die mit einem Direktverdampfer-Luftkühler ausgerüstet


sind, bilden den lufttechnischen Teil eines Split-Systems (vgl. 6.4.4). Für
den Heizbetrieb wird zusätzlich ein Warmwasser-Lufterhitzer oder – in
Ausnahmefällen – ein Elektro-Lufterhitzer eingebaut.

Fan-Coil-Anlagen sind ideale Luftheiz- und -kühlanlagen für Hotelzim-


mer. Im Heizbetrieb liefert eine aussentemperaturgeführte Zentralhei-
zung (Fussbodenheizung) die Grundlast d.h. die Raumtemperatur wird
im Sparbetrieb auf ca. 15 °C gehalten. Bei Umschaltung auf Komfort-
betrieb erreicht das Fan-Coil-Gerät innerhalb weniger Minuten die
gewünschte Komforttemperatur. In allen anderen Räumen bleiben die
Fan-Coil-Geräte ausser Betrieb.

6.3.2.4 Fan-Coil-Anlagen mit Primärluft Wird während der Nutzungszeit der klimatisierten Räume eines Gebäu-
und Induktionsanlagen des ein ständiger Aussenluftanteil von mindestens 1 Luftwechsel/Stun-
de benötigt und kann dieser nicht durch regelmässige Fensterlüftung
sichergestellt werden, so wird er – je nach Aussenluftzustand – zentral
erwärmt und evtl. befeuchtet oder gekühlt und evtl. entfeuchtet und
über ein Hoch- oder Niedergeschwindigkeits-Kanalsystem den einzel-
nen Räumen als sogenannte «Primärluft» zugeführt. In den Räumen
werden entweder Fan-Coil-Geräte oder Induktionsgeräte zur Erwär-
mung oder Kühlung der Raumluft platziert.

184
Fan-Coil-Anlagen mit Primärluft Die Primärluft wird über ein Hoch- oder Niedergeschwindigkeits-Kanal-
system im Gebäude verteilt und kann entweder in die Fan-Coil-Geräte
(Fig. 6-52), oder durch separate Luftauslässe, direkt in den Raum einge-
blasen werden (Fig. 6-53).

Fig. 6-53 Fan-Coil-Anlage mit Primärluftzufuhr über das Fan-Coil-Gerät


1 Aussenluft 6 Raum
2 Fortluft 7 Zentrale Primärluftaufbereitung
3 Zuluft 8 Heizkessel
4 Umluft 9 Kältemaschine
5 Fan-Coil-Gerät 10 Alternative Primärluftzuführung

Fig. 6-54 Fan-Coil-Anlage mit direkter Primärluftzufuhr zum Raum

1 Primärluft 5 Fan-Coil-Gerät
2 Fortluft 6 Aussenzone
3 Zuluft 7 Innenzone
4 Umluft

Im Falle eines Hochgeschwindigkeits-Kanalsystems muss der Luft-


strom, vor dem Einblasen in den Raum bzw. in das Fan-Coil-Gerät, auf
Niedergeschwindigkeit entspannt werden. Grundsätzlich wird die im
Raum oder in der entsprechenden Raumzone anfallende Heiz- oder
Kühllast durch das Wassersystem übernommen.
Die Primärluft kann jedoch die erforderliche Be- oder Entfeuchtung
übernehmen. Um die Raumtemperaturregelung nicht zu stören,
wird die Primärluft in der Regel mit einer konstanten Temperatur, die
normalerweise dem Heiz-Sollwert der Raumtemperatur entspricht,
eingeblasen.

185
Induktionsanlagen Die Induktionsanlage ist das typische und auch am meisten angewand-
te Luft-/Wasser-System. Sie eignet sich für den gleichen Anwendungs-
bereich wie die Fan-Coil-Anlage mit Primärluft. Die in den Räumen
platzierten Induktionsgeräte enthalten – wie die Fan-Coil-Geräte – die
erforderlichen Rippenrohr-Wärmeübertrager zum Erwärmen oder Küh-
len der Raumluft bzw. Sekundärluft. Die Induktionsgeräte benötigen
jedoch keine Ventilatoren. Die zentral aufbereitete Aussenluft wird als
Primärluft über ein Hochgeschwindigkeits-Kanalsystem im Gebäude
verteilt und den einzelnen Induktionsgeräten zugeführt (Fig. 6-54).

Anstelle eines Ventilators enthalten die Induktionsgeräte eine geräusch-


absorbierende Primärluft-Kammer mit aufgesetzten Kunststoffdüsen,
durch welche die Primärluft mit hoher Geschwindigkeit in eine Misch-
kammer ausgeblasen wird und dort Unterdruck erzeugt. Durch diesen
Unterdruck wird Raumluft als sog. «Sekundärluft» angesaugt (induziert)
und dabei durch die Rippenrohr-Wärmeübertrager geführt, wo sie nach
Bedarf erwärmt oder gekühlt wird (Fig. 6-55).

Je nach Bauart liegt das Induktionsverhältnis Primärluft/Sekundärluft


normalerweise zwischen 1:2 und 1:4.

Fig. 6-55 Induktionsanlage (Luft-/Wasser-System)

1 Aussenluft 6 Induktionsgerät
2 Fortluft 7 Zentrale Primärluftaufbereitung
3 Zuluft 8 Primärluftkanal
4 Umluft (Sekundärluft) 9 Heizkessel
5 Raum 10 Kältemaschine

Fig. 6-56 Induktionsgerät

1 Primärluft 4 Primärluft-Anschluss
2 Sekundärluft (Raumluft) 5 Induktionsdüsen
3 Zuluft 6 Wärmeübertrager

186
Die Wärmeübertrager werden, je nach Bedarf, mit Warm- oder Kaltwas-
ser versorgt. Die induzierte Sekundärluft nimmt im Wärmeübertrager
die erforderliche Sekundär-Heiz- oder Kühlleistung auf und vermischt
sich anschliessend mit der Primärluft. Das Gemisch von Sekundär- und
Primärluft wird schliesslich in den Raum ausgeblasen.

Weil der Primärluft-Volumenstrom nur dem erforderlichen Aussenluft-


anteil entspricht, können die Luftverteilkanäle für nur ca. 1/4 bis 1/5 des
Luft-Volumenstromes eines Nur-Luft-Systems dimensioniert werden.
Dies reduziert den Platzbedarf für das Kanalsystem entsprechend. Beim
Induktionssystem wird die Abluft normalerweise nicht direkt aus den
klimatisierten Räumen abgesaugt. Die gesamte, der Primärluftmenge
entsprechende Abluft wird aus Korridoren, Lagerräumen, Toiletten etc.
abgesaugt und geht als Fortluft ins Freie. Daraus ergibt sich in den kli-
matisierten Räumen ein leichter Überdruck, wodurch eine Vermischung
von Luft aus verschiedenen Räumen verhindert wird.

Wie bei der Fan-Coil-Anlage mit Primärluft wird die im Raum oder in der
entsprechenden Raumzone anfallende Heiz- oder Kühllast grundsätzlich
durch das Wassersystem übernommen. Die Primärluft kann jedoch die
erforderliche Be- oder Entfeuchtung übernehmen.

Um die Raumtemperaturregelung nicht zu stören, wird die Primärluft in


der Regel mit einer konstanten Temperatur, die normalerweise dem
Heiz-Sollwert der Raumtemperatur entspricht, eingeblasen.

Kühldecken-Induktionssystem Als Spezial-Ausführung einer Induktionsanlage kann das Kühldecken-


Induktionssystem bezeichnet werden.

Fig. 6-57 Kühldecken-Induktions-Gerät (System FAREX)

1 Primärluftkanal 4 Rippenrohr-Kühler
2 Primärluftdüsen 5 Zuluft
3 Sekundärluft

Die als Deckenelemente konstruierten Induktionsgeräte (Fig. 6-57)


übernehmen die Primärluftzufuhr und die Raumluft-Kühlung, während
die Raumheizung durch eine gewöhnliche Radiatoren- oder Konvekto-
renheizung übernommen wird. Man erreicht damit eine optimale Durch-
lüftung der Räume ohne Zugserscheinungen weil das System mit der
natürlichen Schwerkraft-Zirkulation der Raumluft funktioniert. Die im
Raum erwärmte und dadurch spezifisch leichtere Luft steigt zur Decke
auf, wird dort gekühlt, mit Primärluft vermischt und fällt wegen ihrer
nun höheren Dichte wieder nach unten.

187
6.3.2.5 Wasserseitiger Anschluss von Die Zufuhr der erforderlichen Heiz- und Kühlenergie zu den Räumen
Fan-Coil und Induktions-Anlagen erfolgt ausschliesslich über Wasserkreisläufe. Das in der Energiezentra-
le aufbereitete Warm- bzw. Kaltwasser überträgt seine Heiz- bzw. Kühl-
energie in einem Fan-Coil (Ventilator-Konvektor) oder Induktionsgerät an
die Raumluft. Diese Systeme eignen sich also speziell für Räume, die
keine Zwangsbelüftung mit Aussenluft benötigen (z.B. Hotelzimmer mit
Fensterlüftung).

Zweileiter-System Bezüglich der Wasserkreisläufe unterscheidet man zwischen Zweileiter-,


Dreileiter- und Vierleiter-Systemen. Im Zweileiter-System (Fig. 6-58) kann
nur entweder geheizt oder gekühlt werden, weil der gleiche Wasser-
kreislauf sowohl für den Heiz- als auch für den Kühlbetrieb genutzt wird.

Die Umschaltung («Change over») von Heiz- auf Kühlbetrieb erfolgt in


der Energieaufbereitungszentrale. In der Übergangszeit von Heiz- auf
Kühlbetrieb und umgekehrt, kann es bei diesem System Probleme
geben weil bei unterschiedlichem Wärmeanfall einzelne Räume geheizt
und andere gekühlt werden sollten.

Fig. 6-58 Wasser-Anschluss eines Fan-Coils, Zweileiter-System

1 Umluft 5 Heizkessel
2 Zuluft 6 Wasser-Kühlmaschine
3 Raumluftheiz- und -kühlgerät 7 Umschalt-Ventile («Change over»)
4 Raum

Dreileiter-System Das Dreileiter-System verfügt über je einen separaten Kalt- und Warm-
wasser-Vorlauf und einen gemeinsamen Rücklauf. Es löst so das Pro-
blem des gleichzeitigen Heiz- und Kühlbetriebes, verursacht jedoch
Energieverschwendung, weil im gemeinsamen Rücklauf enthaltene
Heizenergie in der Kältemaschine wieder abgekühlt und Kühlenergie im
Wärmeerzeuger wieder aufgeheizt werden muss.

Vierleiter-System Eine saubere Lösung für die vorgenannten Probleme bietet das Vier-
leiter-System mit zwei separaten Wasserkreisläufen für Heizen oder
Kühlen.
188
6.4 Einzelraum-Kompakt-Klimageräte Einzelraum-Kompakt-Klimageräte dienen zur Klimatisierung eines einzel-
nen Raumes und sind meistens direkt im betreffenden Raum platziert.
Ihre Hauptfunktion ist die sensible Kühlung der Raumluft. Entfeuchtung,
Heizung und Luftfilterung sind nur in beschränktem Masse und Be-
feuchtung ist überhaupt nicht möglich. Es handelt sich also hier um
«Teilklimageräte», die mit den erforderlichen Komponenten wie Kom-
pressor, Verdampfer, luft- oder wassergekühltem Kondensator, Ventila-
toren sowie den Regel-, Steuer- und Sicherheitsorganen ausgerüstet
sind. Sie werden als fertig zusammengebaute Einheiten geliefert und
deshalb auch als «stecker- oder anschlussfertige» Geräte bezeichnet.
Zu dieser Gruppe gehören:
– Fenster-Klimageräte
– Truhen-Klimageräte
– Schrank-Klimageräte
– Split-Klimageräte

6.4.1 Fenster-Klimageräte Fig. 6-59 zeigt ein Fenster-Klimagerät mit seinen Komponenten. Das
Gerät wird normalerweise in eine Fensteröffnung installiert. Eine Instal-
lation «durch die Wand» ist ebenfalls möglich. Der Kälteleistungsbereich
dieser Geräte liegt etwa zwischen 1 kW und 10 kW. Als Zubehör sind
elektrische Lufterhitzer mit kleiner Leistung erhältlich. Aussenluftbeimi-
schung ist nur in beschränktem Mass möglich. Bei Fensterklimagerä-
ten, die Kühlung und Heizung ermöglichen (Wärmepumpengeräte),
erfolgt die Umschaltung von Kühl- auf Heizbetrieb durch Umkehr des
Kältemittelflusses mittels eines Vierwegventils. Dadurch werden die
Funktionen zwischen Verdampfer und Kondensator vertauscht.

Fig. 6-59 Fensterklimagerät

1 Aussenluft 9 Expansions-Ventil
2 Fortluft 10 Kältemittelleitung
3 Zuluft 11 Luftfilter
4 Umluft 12 Lüftungsgitter
5 Ventilatoren 13 Kondenswasser-Auffangblech
6 Verdampfer 14 Gehäuse
7 Kompressor 15 Fenster
8 Kondensator 16 Raum

189
Funktionsweise Die Raumluft wird durch einen Ventilator angesaugt, im Verdampfer
gekühlt und teilweise entfeuchtet und dann über ein Luftausblasgitter
wieder in den Raum zurückgeblasen. Der gewünschte Aussenluftanteil
kann mittels einer internen Klappe von Hand eingestellt werden. Ein
zweiter Ventilator saugt Aussenluft zur Kühlung des Kondensators an
und bläst diese anschliessend wieder ins Freie.

Das im Verdampfer aus der Raumluft ausgeschiedene Kondensat wird


entweder ins Freie abgeleitet oder auf den Kondensator gesprüht, wo
es verdampft. Es handelt sich also um eine Klein-Kompaktkälteanlage
mit vollhermetischem Kompressor und luftgekühltem Kondensator. Die
Thermodynamik des Kältekreislaufs ist im Kapitel 4 «Kältetechnik»
beschrieben.

6.4.2 Truhenklimageräte Fig. 6-60 zeigt ein Truhenklimagerät mit seinen Komponenten. Das
Gerät kann anstelle eines Radiators unter dem Fenster fest eingebaut,
oder mobil auf Rollen im Raum platziert werden. Truhenklimageräte sind
für den gleichen Leistungsbereich wie Raumklimageräte erhältlich,
erfüllen die gleichen Funktionen und haben auch die gleichen Ein-
schränkungen.

Geräte mit eingebauten luftgekühlten Kondensatoren können nur an


einer Aussenwand montiert werden, da eine Öffnung in der Wand
zwecks Luftzufuhr zum Kondensator benötigt wird. Bei mobilen Gerä-
ten wird der luftgekühlte Kondensator im Freien platziert und die Kälte-
mittel-Verbindung mit dem Truhengerät über Schläuche hergestellt.
Geräte mit wassergekühltem Kondensator können mit fixen Wasseran-
schlüssen an einer Wand oder mit Wasserschläuchen auch mobil instal-
liert werden.

Elektro- oder Warmwasserlufterhitzer können als Zubehör in diese Gerä-


te eingebaut werden. Truhenklimageräte, die Kühlung und Heizung
ermöglichen, sind ebenfalls auf dem Markt. Die Umschaltung von Kühl-
auf Wärmepumpenbetrieb erfolgt auch hier durch Umkehr des Kältemit-
telflusses mittels eines VierwegventiIs.
5 6 7 8 9 10

Fig. 6-60 Truhenklimagerät

1 Motor-Verdichter 6 Verdampfer
2 Betriebskondensator 7 Raumthermostat
3 Kupfer-Nickel-Verflüssiger 8 Steuerung und Regelung
4 Hochdruck-/Niederdruck-Pressostat 9 Ventilator
5 Luftfilter 10 Einstellbares Luftaustrittsgitter

190
6.4.3 Schrankklimageräte Der Bezeichnung entsprechend, handelt es sich hier um Geräte, bei
(mit Kälteerzeugung) denen alle Komponenten in einem schrankförmigen Gehäuse unter-
gebracht sind. Schrankklimageräte sind anschlussfertig und für einen
Kälteleistungsbereich von etwa 10 bis 250 kW erhältlich. Für einfache
Anlagen können diese Geräte direkt und freiblasend im zu klimatisieren-
den Raum aufgestellt werden. Meistens werden sie jedoch in einem
Nebenraum installiert und an ein Kanalnetz angeschlossen, um
Geräuschprobleme zu vermeiden.

Elektro-Lufterhitzer sind als Zubehör erhältlich, und Befeuchtungsein-


richtungen können im Luftkanal untergebracht werden. Der Ventilator ist
so ausgelegt, dass der statische Druck zur Überwindung des Luftwider-
standes eines kurzen Niedergeschwindigkeits-Kanalnetzes ausreicht.
Schrankklimageräte sind meistens mit eingebauten, wassergekühlten
Kondensatoren ausgestattet. Varianten mit luftgekühlten Kondensatoren
sind ebenfalls erhältlich.

Dabei wird der luftgekühlte Kondensator nicht im Schrankgerät einge-


baut, sondern als separates Gerät im Freien platziert.

Der funktionelle Aufbau des Gerätes ist aus Fig. 6-61 ersichtlich. Er ent-
spricht im Prinzip demjenigen des Truhenklimagerätes.

Fig. 6-61 Funktioneller Aufbau eines Schrankklimagerätes

1 Aussenluft 10 Kältemittelleitung
2 Fortluft 11 Gehäuse
3 Zuluft 12 Lüftungsgitter
4 Umluft 13 Luftklappe
5 Ventilator 14 Luftfilter
6 Verdampfer 15 Elektro-Lufterhitzer
7 Kompressor 16 Aussenwand
8 Kondensator 17 Raum
9 Expansions-Ventil
191
Anwendung Kleinere Klimaschränke können mit oder ohne Kanalnetz als Einzelraum-
geräte verwendet werden. Grössere Geräte bedienen dann meistens
eine Raumgruppe. Typische Anwendungsfälle sind Büros, Läden etc.

Als Sonderausführung können solche Schrankklimageräte auch zur Luft-


entfeuchtung in Schwimmbädern eingesetzt werden. Dabei wird die
Umluft zuerst im Direktverdampfer gekühlt, bzw. entfeuchtet und
anschliessend im eingebauten, luftgekühlten Kondensator wieder nach-
gewärmt.

6.4.4 Split-Klimageräte Fig. 6-62 zeigt den funktionellen Aufbau eines Split-Klimagerätes mit
seinen Komponenten. Als Split-Klimageräte bezeichnet man Geräte, die
in einen kältetechnischen Teil, bestehend aus dem Kompressor und
dem luftgekühlten Kondensator und einen lufttechnischen Teil, beste-
hend aus dem Umluft-Ventilator und dem Direktverdampfer-Luftkühler,
unterteilt sind. Der kältetechnische Teil kann im Maschinenraum oder im
Freien, der lufttechnische Teil als Einzelraumgerät im Raum oder als zen-
trales Luftkühlgerät an einem Kanalsystem im Gebäude platziert wer-
den. Die beiden Teile werden durch Kältemittelleitungen miteinander
verbunden.

Der funktionelle Aufbau eines Split-Klimagerätes besteht prinzipiell aus


einem Kältemittel-Kreisprozess mit Kompressor, luftgekühltem Konden-
sator, Expansionsventil und Direktverdampfer-Luftkühler. Als Zusatz-
komponente im Umluftgerät könnte noch ein Lufterhitzer als Nachwär-
mer eingebaut werden, falls der Luftkühler auch zur Luftentfeuchtung
dienen muss.

Split-Klimageräte werden im Kälteleistungsbereich von ca. 10 bis 500


kW gebaut.

Fig. 6-62 Aufbau eines Split-Klimagerätes

1 Aussenluft (Lufteintritt) 8 Kondensator


2 Fortluft (Luftaustritt) 9 Expansionsventil
3 Zuluft 10 Kältemittelleitung
4 Umluft 11 Verflüssigersatz
5 Raum 12 Fan-Coil-Gerät
6 Verdampfer 13 Lüftungsgitter
7 Kompressor 14 Filter

192
6.5 Kontrollierte Wohnraumlüftung In den letzten Jahren konnte der Energiebedarf bei Neubauten auf
Grund der verbesserten Isolation und Konstruktion der Gebäudehülle
laufend reduziert werden. Dies hat dazu geführt, dass der Anteil der
Lüftungsverluste am gesamten Wärmebedarf einen immer höheren
Anteil ausmacht.

Lüftungswärmeverluste Betrachtet man die Entwicklung des Heizwärmebedarfs von Wohn- und
haben heute hohen Anteil Bürogebäuden, dann stellt man fest, dass die Senkung des Wärmebe-
an Gesamt-Wärmebedarf darfs wesentlich durch die verbesserte Konstruktion der Gebäudehülle
(Isolation, Fenster, … ’Verringerung der Transmissionswärmeverluste)
erreicht wurde.

Der Anteil der Lüftungswärmeverluste am Wärmebedarf ist kontinuier-


lich gestiegen und erreicht heute oft die gleiche Grössenordnung wie
der Transmissions-Wärmebedarf.

Eine Reduzierung des Energieverbrauchs – wie er von Normen und Vor-


schriften in verschiedenen europäischen Ländern gefordert wird – kann
durch dichte Fenster und entsprechend gedämmtes Mauerwerk
erreicht werden. Wird jedoch die Sicherstellung des notwendigen Luft-
austausches versäumt, droht schlechte Luftqualität in den Räumen
durch Feuchte, Radon, organische Substanzen, Formaldehyd und ande-
ren Ausdünstungen aus Baumaterialien, Einrichtungsgegenständen
usw. Dies bedeutet einerseits eine Einschränkung des Wohlbefindens
der Bewohner, andererseits die Gefahr von Schäden am Bau, verursacht
in erster Linie durch Schimmelpilzbildung.

Kontrollierte Wohnungslüftung Die Fensterlüftung ist für ein hochgedämmtes Gebäude nicht nur unzu-
reduziert Lüftungswärmebedarf reichend, sondern macht auch alle Bemühungen zur Energieeinsparung
zunichte. Daher sollte der Einbau eines Lüftungssystems auf jeden Fall
in Betracht gezogen werden. Nur durch eine kontrollierte Lüftungsanla-
ge mit Wärmerückgewinnung kann der Lüftungswärmebedarf ohne die
Gefahr von Feuchtigkeitsschäden spürbar gesenkt werden.
Der Wohnkomfort wird durch den Einbau einer kontrollierten Woh-
nungslüftung verbessert weil
– die Aussenlärmbelästigung reduziert wird (keine offenen Fenster)
– die Aussenluft gefiltert wird und so von Schmutz, Staub, Ungeziefer
und Pollen gereinigt in die Wohnräume gelangt, was auch für Aller-
giker von Vorteil ist

6.5.1 Kontrollierte Grundsätzlich können die folgenden mechanischen Wohnungslüftungs-


Wohnungslüftungs-Systeme Systeme unterschieden werden:

• Einzelraumgeräte
• Einzellüftungsanlagen (für eine Wohneinheit)
• Zentrallüftungsgeräte für ganze Mehrfamilienhäuser

Elektrischer Energieverbrauch Diese Lüftungsgeräte sollten immer mit Wärmerückgewinnungseinhei-


beachten ten ausgestattet sein, da sonst die geforderten Werte (Normen, Vor-
schriften) für den Lüftungswärmebedarf nicht erreicht werden können.
Ebenso ist bei diesen Lüftungsgeräten auf einen sparsamen Verbrauch
der elektrischen Energie zu achten, was mit Drehstrom-Motoren nicht
zu erreichen ist. Diese Geräte sind deshalb oft mit Gleichstrom- oder
EC-Motoren (elektronisch kommutierte Gleichstrom-Motoren) ausge-
stattet.

193
Einzelraumgeräte Einzelraumgeräte werden direkt in die Aussenwand oder die Fenster-
brüstung eingebaut. Sie bieten den Vorteil einer einfachen Installation
und führen dem Raum filtrierte Aussenluft zu, die über eine Wärme-
rückgewinnung von der Abluft vorgewärmt wird. Der mit dem Einzel-
gerät verbundene Geräuschpegel wird oft als nachteilig empfunden und
der mechanische Wirkungsgrad des Ventilators ist gering.

Fig. 6-63 Einzelraumgerät in Aussenwand eingebaut

Einzellüftungsanlagen Pro Wohneinheit wird eine separate Lüftungsanlage installiert. Die


(für eine Wohneinheit) Aussenluft wird gefiltert und über die Wärmerückgewinnung aufge-
wärmt, bevor sie den Wohn- und Schlafräumen zugeführt wird. Die
Abluft wird in den Nassräumen abgesaugt, wobei die «verbrauchte»
Luft über Türschlitze oder spezielle – in den Wohnungsdecken einge-
legte, schalldämmende – Überström-Einbauteile aus den Wohn- und
Schlafräumen nachströmt. Diese Anlagen sind oft mit 3-stufigen Venti-
latoren bestückt, die dem Benutzer erlauben, die zugeführte Luftmenge
den Bedürfnissen anzupassen. Bei dieser Lösung entsteht in den
Wohnräumen keine Geräuschbelästigung, da das Lüftungsgerät in der
Wohneinheit entsprechend günstig platziert werden kann. Der mecha-
nische Wirkungsgrad der Ventilatoren ist oft gering.
Es gibt auch Einzellüftungsanlagen, die mit einer Wärmepumpe be-
stückt sind. Damit kann die Wärme aus der Abluft zur Erwärmung des
Warmwassers genutzt werden.

Fig. 6-64 Einzellüftungsanlage

Zentrallüftungsanlagen für Bei Zentrallüftungsanlagen für Mehrfamilienhäuser wird die Luft zentral
Mehrfamilienhäuser aufbereitet und den einzelnen Wohneinheiten zugeführt. Dies hat einen
gewissen Platzbedarf für die Kanalführung zur Folge. Je nach Abrech-
nung der Heizkosten ist es auch notwendig, die Wärmerückgewinnung
dezentral, d.h. in den einzelnen Wohneinheiten zu platzieren, was die
Anlage komplexer macht und zu Mehrkosten führen kann.
Ein Vorteil dieser Lösung ist, dass die Ventilatoren mit einem hohen
mechanischen Wirkungsgrad arbeiten.

194
Aussenluftfassung über Erdregister In Gebäuden mit Zentrallüftungsanlagen – aber auch mit Einzellüftungs-
anlagen – kann die Aussenluft über ein sogenanntes Erdregister geführt
werden. Dabei wir die Aussenluft durch Rohre geführt, die im Erdreich
verlegt sind. Im Winter wird die Aussenluft dadurch etwas vorgewärmt,
im Sommer etwas abgekühlt, was für eine minimale Kühlung der Wohn-
räume genutzt werden kann.

Wartung der Wohnungs- Die oben aufgeführten Arten der Wohnungslüftungs-Systeme brauchen
Lüftungsanlagen alle nicht sehr viel Wartung, einzig die Filter müssen regelmässig ausge-
wechselt werden. Dies hat sich in der Praxis vor allem bei Einzelraum-
geräten und Einzelanlagen als etwas problematisch erwiesen, weil das
nicht alle Benutzer regelmässig machen. Bei einer Zentrallüftungsanlage
kann dies durch den Anlagebetreiber vorgenommen werden.

195
7. Mess-, Steuer- und Regeltechnik

7.1 Einleitung Wie der Name Mess-, Steuer- und Regeltechnik (MSR-Technik) schon
aussagt, werden in diesem Kapitel die Themen Messen, Steuern und
Regeln behandelt. Durch die Entwicklung der Gebäudeautomation mit
digitaler Steuer- und Regeltechnik (DDC-Technik, Direct Digital Control)
hat dieses Thema eine neue und wichtige Bedeutung erlangt. Beim
heutigen Entwicklungsstand und Marktpotential der Gebäudeautoma-
tion drängt sich ein eigenständiger, fachübergreifender Planungsbereich
für die MSR-Technik und die Gebäudeautomation auf, weshalb nun
immer mehr MSR-Planer ihre Dienstleistungen zur Planung der Steue-
rung, Regelung, Betriebsführung und Energieverbrauchs-Optimierung
der gesamten gebäudetechnischen Anlagen anbieten.

Die Zusammenhänge der MSR-Technik sind in den folgenden


DIN Vorschriften definiert:

• DIN 19226
• VDI
• ISO

Selbstlernprogramm In diesem Kapitel werden die Basisdefinitionen und Funktionen


«Regeltechnik in HLK-Anlagen» erläutert, zum weiteren Studium der Regeltechnik empfehlen wir das
computer-basierte Training (CBT) «Regeltechnik in HLK-Anlagen» von
Siemens Building Technologies, welches sehr gut als Selbstlernmodul
geeignet ist.

Regeltechnik in HLK-Anlagen

Einführung ins Training

Theorie + Warum Regeltechnik?


Training
Einführung in Regeln und Steuern

Statisches Verhalten einer Strecke

Dynamik vor Einspeicherstrecken

P-Regler

Geschlossener Regelkreis

PI-Regler

Dynamik von Mehrspeicherstrecken

PID-Regler

Regler und Stellantrieb

Steuerfunktionen für Regelkreise

Spezielle Anwendungen

Test

Bitte wählen Sie ein Modul.

Info Lexikon Symbole Werkzeuge

Für den Bezug des Selbstlernprogramms wenden Sie sich bitte an Ihren
lokalen Ansprechpartner (Verkauf oder Training) von Siemens Building
Technologies.

196
7.2 Das Messen Der Begriff «Messtechnik» definiert die Gesamtheit der Verfahren und
Geräte zur empirischen Bestimmung (Messung) zahlenmässig erfass-
barer Grössen in Wissenschaft und Technik. Aufgaben der Messtechnik
sind ausserdem die Überprüfung der Einhaltung von Masstoleranzen,
Verbrauchszählung, Produktionsüberwachung, sowie allgemein (im Rah-
men der Mess- und Regeltechnik) die Steuerung technischer Vorgänge
durch Regelung nach Messwerten.

Von den Anfängen des Messens, wo erste Versuche einer Längen- und
Zeitdefinition gemacht wurden, bis zu den mechanischen und elektroni-
schen Messgeräten, ist es ein langer und mühsamer Weg, verbunden
mit Tausenden von Jahren Kulturgeschichte der Menschheit.

Das präzise Messen von physikalischen Grössen ist im Zeitalter der


Gebäudeautomation und Facility Management (Bewirtschaftung,
Betrieb und Instandhaltung von Gebäuden) von grosser Bedeutung.
Entscheidungen für Veränderungen oder Aussagen zu Energiever-
brauchszahlen und Gebäudeunterhaltskosten sind von der Genauigkeit
der erfassten Messwerte abhängig. Exakte Messwerterfassung hat im
Regelkreis einen hohen Stellenwert für die Genauigkeit und Stabilität
des Regelergebnisses. Die Auswahl der richtigen Messeinrichtung ist
entscheidend für ein richtiges Messergebnis, das richtige (zuverlässige)
Messergebnis wiederum ist wichtig für eine aussagekräftige Beurtei-
lung.

Die Grundbegriffe der Messtechnik sind in den Normen DIN 1319 und
VDI/VDE26000, Blatt 2 definiert.

Basiseinheiten Durch das Internationale Einheitensystem SI (Système International


d’Unité), wie wir es heute kennen, wurde eine übersichtliche Ordnung
bezüglich der Masseinheiten geschaffen:

Grösse Einheit Zeichen


Temperatur Kelvin K
Länge Meter m
Zeit Sekunde s
Stromstärke Ampère A
Masse Kilogramm kg
Lichtstärke Candela cd
Stoffmenge Mol mol

Die sieben Basiseinheiten des SI-Systems

Messen heisst, eine physikalische Grösse (Messgrösse) wie Tempera-


tur, Feuchte, Druck etc. durch eine geeignete Messeinrichtung erfassen
und als bekannte, vergleichbare Grösse anzeigen oder in ein Normsig-
nal DC 0…10 V , 0…20 mA umwandeln. Ein solches Normsignal kann
als Messwert auf einem Messwert-Schreiber aufgezeichnet, auf einem
Fernanzeigegerät angezeigt oder in ein Messdaten-Erfassungssystem
eingelesen werden.

197
T D
Rj

R1

− +
N


Fig. 7-1 Prinzipieller Vorgang des Messens (Wheatstone’sche-Brückenschaltung)

T Temperaturfühler D Messgerät (Messeinrichtung)


R1 Messelement (Messgrösse) N Spannungsquelle
Rj Abgleichwiderstand
(Kompensation von Leitungsverlusten)

7.3 Das Steuern Ein Stall (Fig. 7-2) soll so belüftet werden, dass mit sinkender Aussen-
temperatur immer mehr Umluft beigemischt und die Aussenluftmenge
entsprechend reduziert wird. Eine automatische Steuerung könnte hier
die Aufgabe übernehmen, bei sinkender Aussentemperatur den Aus-
senluftkanal mit der Aussen-/Umluftklappe mehr und mehr zu schlies-
sen.

Das Steuergerät (2) müsste in diesem Falle die Einstellung der Klappe
anhand des Aussentemperatur-Messwertes (1) berechnen und den ent-
sprechenden Steuerbefehl an den Stellantrieb der Aussenluft-/Umluft-
klappe (3) senden.

Fig. 7-2 Beispiel einer automatischen Steuerung

1 Aussentemperaturfühler 4 Ventilator
2 Steuergerät 5 Raumtemperatur
3 Aussenluft-/Umluftklappe z Störgrössen (z.B. Sonne, Wind, ...)

Das Steuergerät (2) richtet sich dabei nur nach der Aussentemperatur
(1) und erhält keine Rückmeldung der aktuellen Raumtemperatur (5).
Bei einer bestimmten Raumtemperatur wird also die Aussenluft-/Um-
luftklappe (3) genau gleich eingestellt, unabhängig davon, ob die Sonne
in den Raum strahlt oder nicht oder ob sich viele oder wenige Tiere dort
aufhalten. Mit dieser Steuerung lässt sich demnach die Raumtempera-
tur nicht auf einem konstanten Wert, sondern nur in einem bestimmten
Bereich halten.

198
7.3.1 Fachbegriffe Steuern
Steuerung Eine oder mehrere Eingangsgrössen beeinflussen (ohne Rückführung)
in einem offenen Wirkungsablauf andere Grössen als Ausgangsgrös-
sen, aufgrund der dem System eigentümlichen Gesetzmässigkeiten.

Steuereinrichtung Einrichtung zur aufgabenmässigen Beeinflussung der Steuerstrecke.

Steuergrösse Diejenige physikalische Grösse, die in der Steuerstrecke durch die


Steuerung beeinflusst wird (Temperatur, Feuchtigkeit usw.).

Steuern Eine oder mehrere Eingangsgrössen beeinflussen (ohne Rückführung)


in einem offenen Wirkungsablauf andere Grössen als Ausgangsgrös-
sen, aufgrund der dem System eigentümlichen Gesetzmässigkeiten.

Steuerstrecke Der aufgabenmässig durch die Steuerung zu beeinflussende Teil der


Anlage.

7.4 Das Regeln Regelungsvorgänge kommen nicht nur in der Technik, sondern auch in
der Natur und in unserem täglichen Leben vor. Ausgangssituation ist
dabei immer ein bestimmter Wunsch- oder Soll-Zustand der mit dem
aktuellen Ist-Zustand verglichen wird. Stellt man dabei keinen Unter-
schied fest, ist man zufrieden und sieht keine Veranlassung, etwas zur
Änderung des Ist-Zustandes zu unternehmen. Besteht jedoch ein
Unterschied, sucht man nach Möglichkeiten, diesen zu beseitigen.

Beispiel Ein Mensch, der sich in einem Raum aufhält (Fig. 7-3), wünscht sich
eine Raumtemperatur von 20 °C und stellt mit Hilfe eines Thermome-
ters fest, dass die aktuelle Raumtemperatur 24 °C beträgt.

Das Problem besteht nun in der Abweichung der Ist-Temperatur


(x = 24 °C) von der Wunsch- bzw. Soll-Temperatur (w = 20 °C).
Diese Abweichung beträgt hier
x – w = 24 °C – 20 °C = + 4 K (Kelvin). Um die zu hohe Raumtempera-
tur auf den gewünschten Wert von 20 °C korrigieren zu können, braucht
der Mensch einerseits die Möglichkeit, mit Hilfe des Handventils die
Wärmeabgabe des Radiators zu reduzieren und andererseits die Intelli-
genz zu wissen, ob er das Ventil öffnen oder schliessen muss. Nach-
dem er es etwas zugedreht hat, wird er das Thermometer beobachten
und von Zeit zu Zeit weiter am Radiatorventil drehen, bis die gewünsch-
ten 20 °C erreicht sind.

199
Fig. 7-3 Beispiel einer Handregelung

w Wunschtemperatur (z.B. 20 °C) y Handventil zur Beeinflussung


x Raumtemperatur-Anzeige der Wärmeabgabe
(z.B. Thermometer 24 °C) z Störgrössen (z.B. Sonne, Wind, ...)

Handregelung Dieser von einem Menschen ausgeführte Regelvorgang (Fig. 7-4) stellt
einen geschlossenen Wirkkreis dar: Der Mensch liest am Thermometer
die Raumtemperatur x ab, vergleicht sie mit dem im Kopf gespeicher-
ten Wunsch w, stellt eine Abweichung fest und überlegt wie er diese
korrigieren kann. Er führt dann die Korrektur der Ventilstellung y aus, die
Raumtemperatur ändert sich und kann wieder neu abgelesen werden.
Der Regeltechniker spricht hier von einer «Handregelung».

Fig. 7-4 Funktion der Regelung (Vergleich von Ist- und Sollwert)

Automatische Regelung Bei der automatischen Regelung (Fig. 7-5) werden die Tätigkeiten Mes-
sen, Vergleichen und Korrigieren durch eine sogenannte Regeleinrich-
tung ausgeführt. Ein Fühler (1) misst die Raumtemperatur x und über-
mittelt sie dem Regelgerät (2). Das Regelgerät vergleicht den Mess-
wert mit dem eingestellten Sollwert w und sendet dem Heizkörperven-
til (3) das entsprechende Stellsignal yR. Die Ventilverstellung bewirkt
eine Änderung der Raumtemperatur, die vom Fühler erfasst wird. Damit
ist der Wirkkreis wieder geschlossen.

200
Fig. 7-5 Beispiel einer automatischen Regelung

1 Raumtemperaturfühler 3 Heizkörperventil
2 Regelgerät z Störgrössen (z.B. Sonne, Wind, ...)

Im Regelkreis wird jede Regelabweichung vom Raumtemperatur-Fühler


(1) erfasst. Steigt also die Raumtemperatur durch sogenannte Störgrös-
sen (z) wie Sonneneinstrahlung, Wind oder auch rauminterne Lasten
verursacht durch Elektrogeräte oder zusätzliche Personen an, wird das
Heizventil soweit geschlossen, bis die gewünschte Solltemperatur wie-
der erreicht ist.

Vergleich Steuerung – Regelung Der prinzipielle Unterschied zwischen Steuerung und Regelung kann
am Beispiel einer Aussenluft-/Umluftmischung gezeigt werden.

Fig. 7-6 zeigt links die Steuerung des Aussenluftanteils durch die
Aussenlufttemperatur. Jede Aussenlufttemperatur, die vom Fühler (1)
gemessen wird, entspricht einer bestimmten Klappenstellung, die vom
Steuergerät (2) befohlen wird. Die Mischlufttemperatur stellt sich ent-
sprechend ein, wird aber dem Steuergerät nicht zurückgemeldet.

Fig. 7-6 Steuerung der Mischlufttemperatur (links) und Regelung der Mischtemperatur
(rechts)

1 Aussentemperaturfühler w Mischtemperatur-Sollwert
2 Steuergerät x Mischtemperatur-Istwert
3 Mischtemperaturfühler y Stellgrösse
4 Regler

201
Fig. 7-6 zeigt rechts die gleiche Aussenluft-/Umluftmischeinrichtung als
Regelkreis. Am Regler (4) wird der Sollwert w der Mischlufttemperatur
eingestellt. Der Messwert x des Fühlers (3) wird am Reglereingang mit
dem Sollwert w verglichen und bei einer Abweichung wird die Klappen-
stellung durch den Regler verändert, bis die Mischlufttemperatur dem
eingestellten Sollwert entspricht.

Beispiel: Bei der im Wohnungsbau am meisten eingesetzten Heizungsregelung,


Steuerung und Regelung der aussentemperaturgeführten Vorlauftemperatur-Regelung, handelt es
einer Heizungsanlage sich um eine Kombination von Steuerung und Regelung. Fig. 7-7 zeigt
das Prinzipschema dieser Kombination.
1
ϑAu
ϑR

3 2
w

4 x

Fig. 7-7 Aussentemperaturgeführte Vorlauftemperatur-Regelung

1 Aussentemperaturfühler 4 Mischventil
2 Steuergerät mit Heizkurve x Vorlauftemperatur
(gibt Sollwert w an Regler [3]) z Störgrösse (z.B. sich ändernde
3 Regler Kesselwassertemperatur)

Steuerung Der Aussentemperaturfühler (1) sendet sein Messsignal dem Steuer-


gerät (2). Das Steuergerät berechnet aufgrund der eingestellten Heiz-
kurve, welche Warmwasser-Vorlauftemperatur nötig ist, um bei der
momentanen Aussentemperatur eine minimale Raumtemperatur von
beispielsweise 20 °C zu erreichen und sendet den entsprechenden
Sollwert dem Vorlauftemperatur-Regler (3). Es stellt sich dann eine
Raumtemperatur von mindestens 20 °C ein, die jedoch von keinem
Fühler mehr gemessen und von keinem Regler mehr korrigiert wird. Die
Raumtemperatur kann sich durch Sonneneinstrahlung, elektrische Gerä-
te oder mehrere Personen höher, oder durch offene Fenster tiefer als
der vom Steuergerät berechnete Wert einstellen. Es handelt sich hier
also um eine Raumtemperatur-Steuerung.

Regelung Wie schon erklärt, berechnet das Steuergerät (2) den Sollwert w für
den Vorlauftemperatur-Regler (3). Der Regler vergleicht den gemesse-
nen Vorlauftemperatur-Istwert x mit dem Sollwert w und berechnet auf-
grund der Differenz (x–w) das Stellsignal y, wodurch der Stellantrieb (4)
das Mischventil so einstellt, dass die Vorlauftemperatur dem Sollwert
entspricht. Weil die Vorlauftemperatur dauernd gemessen und der
Messwert dem Regler zurückgesandt wird, handelt es sich hier um
einen geschlossenen Wirkkreis und deshalb um eine Vorlauftemperatur-
Regelung.

202
7.4.1 Fachbegriffe Regeln
(nach DIN 19226)
Messort Stelle, wo der Fühler platziert ist, d.h. wo die Regelgrösse gemessen
wird.

Fühler Gerät, das den Wert der Regelgrösse erfasst.

Istwert xi Der momentan vom Fühler gemessene Wert der Regelgrösse x.

Regelgrösse x Diejenige physikalische Grösse, die in der Regelstrecke erfasst und


auf einem gewünschten Betrag oder Wert gehalten werden soll, d.h.
geregelt wird (Temperatur, Feuchtigkeit usw.). Sie ist die Ausgangs-
grösse der Strecke und die Eingangsgrösse des Reglers.

Führungsgrösse w Dem Regelkreis von aussen zugeführte Grösse. Sie bestimmt den
momentanen SolIwert.

Sollwert xs Momentan geforderter Wert der Regelgrösse x, der trotz Störgrössen


konstant gehalten werden soll (z.B. Einstellwert des Sollwertgebers).

Störgrösse z Von aussen auf den Regelkreis einwirkende Grösse, welche die Regel-
grösse ungewollt beeinflusst (z.B. Fremdwärme, Sonnenstrahlung
usw.).

Regeldifferenz e Differenz zwischen der Führungsgrösse w und der Regelgrösse x, in


Einheiten der Regelgrösse: e = w – x
Weiterer üblicher Begriff für die Regeldifferenz: Regelabweichung

Regelung Sie bezweckt, eine physikalische Grösse (Regelgrösse x) auf einen vor-
geschriebenen Wert (Führungsgrösse w) zu bringen und unabhängig
von allen störenden Einflüssen auf diesem Wert zu halten. Dazu muss
die Regelgrösse x fortlaufend erfasst und durch Vergleich mit der Füh-
rungsgrösse w im Sinne einer Angleichung an diese beeinflusst wer-
den.

Regeln Vorgang, bei dem die zu regelnde Grösse (Regelgrösse) fortlaufend


erfasst, mit der Führungsgrösse verglichen und – abhängig vom Ergeb-
nis dieses Vergleichs – im Sinne einer Angleichung an die Führungs-
grösse beeinflusst wird. Der sich dabei ergebende Wirkungsablauf fin-
det in einem geschlossenen Kreis – dem Regelkreis – statt.

Regler Gesamte Einrichtung, die den Regelungsvorgang an der Strecke


bewirkt, d.h. die Differenz zwischen dem Istwert und Sollwert der
Regelgrösse erfasst und danach das Stellglied in entsprechender Weise
betätigt, um die Abweichung zu eliminieren.
– Eingangsgrösse: Regelgrösse x
– Ausgangsgrösse: Stellgrösse y

Stellgrösse y Durch den Regler verstellbare Grösse, welche ihrerseits den Wert der
Regelgrösse gewollt beeinflusst (z.B. Hub des Ventils). Zugleich Aus-
gangsgrösse des Reglers und Eingangsgrösse der Strecke.

Stellgerät, Stellorgan Dieses verstellt das Stellglied entsprechend dem Ausgangssignal des
Reglers in der ihm zugeordneten Bewegungsrichtung (z.B. Elektro-
motor, Elektromagnet).

203
Stellantrieb Dieses verstellt das Stellglied entsprechend dem Ausgangssignal des
Reglers in der ihm zugeordneten Bewegungsrichtung (z.B. Elektro-
motor, Elektromagnet).

Stellglied Im Regelkreis eingebautes Organ zur Dosierung eines Energie- oder


Mengenstromes (z.B. VentiI).

Stellort Ort, wo der Energiefluss beeinflusst wird.

Regelkreis Kombination aus Regelstrecke und Regler, mit in sich geschlossenem


Wirkungsablauf.

Regelstrecke Die zu regelnde Anlage, d.h. derjenige Teil des Regelkreises, in der die
Regelgrösse x durch den Regler gegen unbeabsichtigte Störeinflüsse
konstant gehalten werden soll. Sie beginnt am Stellort (wo das Stell-
glied eingreift) und endet am Messort (wo die Regelgrösse gemessen
wird), d.h. sie besteht aus Stellglied, den Anlageteilen (z.B. Leitungen,
Wärmetauscher, Raum, usw.) und dem Fühler.
– Eingangsgrösse: Stellgrösse y
– Ausgangsgrösse: Regelgrösse x

Regeleinrichtung Einrichtung zur aufgabenmässigen Beeinflussung der Regelstrecke. Sie


beginnt am Messort und endet am Stellort. Sie besteht aus Regler und
Stellantrieb.

7.5 Gebäudeautomation Unter dem Begriff Gebäudeautomation versteht man die zentrale
Betriebsführung, Überwachung und Optimierung der Gebäudetechnik
durch ein rechnerunterstütztes Gebäudeautomations-System. Solche
Gebäudeautomations-Systeme werden in grossen Bürogebäuden, Ein-
kaufszentren, Spitälern, Bahnhöfen, Flughäfen etc. installiert, wo sich
komplexe gebäudetechnische Anlagen gegenseitig beeinflussen und
dadurch Möglichkeiten zur Betriebs- und Energieoptimierung bieten
(Fig. 7-8). Moderne Gebäudeautomations-Systeme greifen dabei auch in
die Mess-, Steuer- und Regeltechnik (MSR-Technik) dieser Anlagen ein.
Dabei werden anspruchsvolle Steuer- und Regelfunktionen mit frei pro-
grammierbarer Digitaltechnik (DDC = Direct Digital Control) realisiert.

Fig. 7-8 Gebäude mit verschiedenen technischen Einrichtungen (Aufzüge, Licht-, Sanitär-,
Kälte-, Lüftungs-, Klimaanlagen, Sicherheits- und Alarmsysteme usw.), die durch
Gebäudeautomations-Systeme koordiniert und optimal betrieben werden.

204
Die Hardware eines Gebäudeautomations-Systems ist hierarchisch
strukturiert und es werden mindestens die folgenden 3 Ebenen unter-
schieden:

• Managementebene
• Automationsebene
• Feldebene

Fig. 7-9 Hierarchische Struktur eines Gebäudeautomationssystems

1 Managementebene 3 Feldebene
2 Automationsebene

Managementebene Die Managementebene mit dem Zentralrechner und den erforderlichen


Ein- und Ausgabegeräten zum Bedienen und Überwachen wie PC-
Bedienstationen für aktualisierte Anlagenbilder, Protokoll- und Grafik-
drucker.

Die Managementebene führt, überwacht und koordiniert die unterge-


ordneten Ebenen und übernimmt dabei Funktionen wie:

• Schalten von Anlagengruppen nach Zeitprogramm


• Ausgeben von Betriebs-, Stör- und Alarmmeldungen
• systemübergreifendes Optimieren des Energieverbrauchs
• Analysieren und Visualisieren von Mess- und Betriebsdaten

Dieses sogenannte Dataprocessing liefert beispielsweise Energiever-


brauchszahlen, Störungsstatistiken oder Informationen für das Instand-
haltungs-Management.

205
Automationsebene Die Automationsebene zur Steuerung, Regelung und Überwachung der
haus- bzw. gebäudetechnischen Anlagen, die weitgehend autonom
arbeitet, so dass nach Ausfall der Managementebene diese Anlagen
störungsfrei weiterbetrieben werden können.

Systemübergreifende Optimierungsfunktionen sind aber in einem sol-


chen Falle nicht mehr wirksam. Die Hardware der Automationsebene
wird meist in den Schaltschrank der betreffenden Anlage platziert und
verfügt über mehr oder weniger komfortable Handbedienelemente.
Modular konzipierte Ein-/Ausgabegeräte (I/O-Module) bilden die Kom-
munikationsschnittstelle zwischen den Prozessrechnern der Automa-
tionsebene und den Mess-, Stell- und Meldegeräten in den Anlagen.
Die Input/Output (I/O)-Signale werden von den Prozessrechnern verar-
beitet und nur im Bedarfsfall an die Managementebene übermittelt.

Binäre Signale (Ein/Aus, 1/0, High/Low) können direkt verarbeitet,


analoge Signale (El. Widerstand, Spannung, Strom oder Druck) müssen
zuerst durch sogenannte A/D-Wandler in digitale Signale umgewandelt
werden.

Die Automationsebene übernimmt dabei Funktionen wie:

• Messen, Steuern, Regeln


• Schalten, Melden, Zählen
• Optimieren
• Überwachen
• Bedienen

Feldebene Die Feldebene mit den Mess-, Stell-, Schalt- und Meldegeräten der
haustechnischen Anlagen, sowie den Einzelraum- oder Zonenregel-
kreisen. In den haustechnischen Anlagen werden über Sensoren
aktuelle Betriebszustände erfasst und über Aktoren Betriebszustände
verändert. Konkret handelt es sich dabei um:

• die Erfassung von Messwerten wie Temperatur, Druck, Volumen-


strom, Feuchtigkeit oder Zählimpulse (Sensoren)
• das Schalten der Motoren und elektrischen Heizregistern (Aktoren)
• die Rückmeldung der Schalterstellungen der Überwachungsgeräte
(Sensoren)
• das Stellen der Ventil- und Klappenantriebe (Aktoren)

Zur Feldebene gehören auch die haustechnischen Einrichtungen in den


Räumen. Hier werden individuelle Raum- bzw. Zonentemperaturen
geregelt durch direkten Stellzugriff der Regler auf
– Radiatorventile
– Heiz- und Kühlwasserventile in Fan-Coil- oder Induktionsgeräten
– Volumenstrom-Regler in VVS-Systemen
– Mischklappen in Zweikanal-Mischboxen
– …

Das Gebäudeautomations-System kann an hunderten von Regelkreisen


Sollwerte ferneinstellen oder Stellgrössen abfragen und daraus –
zwecks Lastführung der Wärme- und Kälteerzeuger – den gesamten
Lastzustand der HLK-Anlagen ermitteln.

Der Datenaustausch innerhalb des Leitsystems erfolgt über den


systemspezifischen Datenbus, wobei je nach Systemgrösse, erforder-
licher Übertragungsgeschwindigkeit, Ausbaubarkeit oder Betriebs-
sicherheit, unterschiedliche Strukturen gewählt werden wie Linien-,
206
Stern-, Ring- oder Baumstrukturen.
Für den Datenaustausch gelten dabei die folgenden Grundsätze:
– der Datenaustausch kann horizontal (innerhalb der Ebene) oder
vertikal (zwischen den Ebenen) erfolgen
– jede Ebene arbeitet mit den ihr zugewiesenen Daten
– Daten, die an höhere Ebenen übermittelt werden, sind vorher auf
die Wesentlichen zu reduzieren bzw. zu verdichten
Werden diese Grundsätze konsequent befolgt, wird vermieden, dass
eine Ebene mit Daten einer anderen überlastet wird, was zwangsläufig
zu längeren Verarbeitungs- und Reaktionszeiten führen würde.

Anforderungen an Bussysteme in der Gebäudeautomation:

• Übertragung von einfachen Ereignissen bis zu komplexen Daten-


strukturen
• Integration gleicher und verschiedener Gewerke auf der Ebene mit
grösstem Nutzen
• Aufschaltung auf bestehende Infrastruktur (LAN, WAN) des Kunden
• zentrale Bedienung und Überwachung, jedoch mit örtlicher
Flexibilität
• Reduktion der Installations- und Wartungskosten
• Fernüberwachung (Wählleitungen ins Netzwerk integriert)
• Effiziente Vernetzung einer grossen Anzahl Stationen über weite
Distanzen
• Flexibilität in der Installationstechnik
• …

Diese Anforderungen können nur mit standardisierten Bussystemen


erfüllt werden. Um alle «Anforderungen abzudecken, braucht es mehre-
re Bussysteme.

Die Datenübetragungs- und Kommunikationssysteme sind heute


genormt. Die nachfolgende Übersicht zeigt den Status der Standardi-
sierung in Europa (CEN TC 247).

Protokoll Norm
BACnet ISO 16484-5
LonTalk® EN 14908-x
KNX EN 50090-x
EN 13321-x
ISO/IEC 14543-3

207
Quellennachweis

Quellenangabe Der Inhalt dieser Broschüre ist ein Auszug aus dem Trainingmodul
«BO1HV – Einführung in die HLK- und Gebäudetechnik» erstellt bei:
Siemens Building Technologies
Building Automation
Sales and Application Training
Gubelstrasse 22
CH-6301 Zug

Weitere Quellen • Recknagel Sprenger Schramek «Taschenbuch für Heizung + Klima-


technik»
• «Handbuch der Klimatechnik» C.F. Müller Verlag
• Fachartikel «Die Ventilator-Kennlinie» Ing. Josef Lexis
• Buderus «Handbuch für Heizungstechnik»
• «Impulsprogramm Haustechnik» Bundesamt für Kulturfragen,
CH-Bern

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209
210
Einführung in die HLK-
und Gebäudetechnik

Siemens Schweiz AG
Building Technologies Group
International Headquarters
Gubelstraße 22
CH-6301 Zug
Tel. +41 41 724 24 24
Fax +41 41 724 35 22

Siemens Building Technologies Siemens AG Österreich


GmbH & Co. oHG Building Technologies
Friesstraße 20 Breitenfurter Straße 148
DE-60388 Frankfurt/Main AT-1231 Wien
Tel. +49 69 797 81 00 0 Tel. +43 517 073 2383
Fax +49 69 797 81 59 0 Fax +43 517 073 2323

Siemens Schweiz AG Siemens SA


Building Technologies Building Technologies
Sennweidstraße 47 20, rue des Peupliers
CH-6312 Steinhausen LU-2328 Luxembourg/Hamm
Tel. +41 585 579 200 Tél. +352 43 843 900
Fax +41 585 579 230 Fax +352 43 843 901

Die Informationen in diesem Dokument enthalten allgemeine Beschreibungen der technischen


Möglichkeiten, die im Einzelfall nicht immer vorliegen müssen. Die gewünschten Leistungsmerkmale
sind daher im Einzelfall bei Vertragsschluss festzulegen.

Änderungen vorbehalten • Bestell-Nr. 0-91916-de •


© Siemens Schweiz AG • Gedruckt in der Schweiz • 10705 Ni/Ah

www.siemens.com/buildingtechnologies Building Technologies s

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