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Institut für

Transformation, Wohnen
und soziale Raumentwicklung

..
Weißwasser Görlitz
Gorlitz Zittau Zittau

Dresden

Bad Muskau

Wer kommt? Wer geht? Wer bleibt?


Eine Studie zur Verbesserung der Verbleibchancen
qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz

1
Grußwort
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,

die jungen Menschen in unserem notwendig, um gemeinsam an


Landkreis haben ihre ganz eige­ intelligenten sowie innovativen
nen Vorstellungen, was für sie Lösungen für die Verbesserung
Lebensqualität bedeutet und was der Verbleibchancen quali­
sie von der Zukunft erwarten. Die fizierter Frauen und Männer im
Entwicklung der ländlichen Räu­ Landkreis Görlitz zu arbeiten und
me beruht in besonderem Maße diese schließlich umzusetzen.
auf dem Engagement, der Tat­
kraft und der Leistungen unserer
Jugend. Deshalb halte ich es für Ich danke allen Beteiligten für ihr
außerordentlich wichtig, ihre Engagement bei der Erarbei­tung
Ideen und Sichtweisen für eine dieser Studie und freue mich
Zukunft auf dem Lande aufzu­ gemeinsam mit Ihnen auf den
nehmen und ihre Anliegen bei Weg zu gehen, einen geeigneten
den Entscheidungsprozessen zu Rahmen zu setzen, damit alle, die
berücksichtigen. gern im Landkreis Görlitz woh­
nen, auch hier bleiben oder hier­
hin ziehen können.
Wir stehen gegenwärtig vor der
besonderen Herausforderung, die Beste Grüße
Verbleibchancen junger und vor
allem höher qualifizierter Frauen
zu verbessern um so die Potenzi­ Ihr Landrat
ale jeder und jedes Einzelnen in
unserem Landkreis zu halten. Bernd Lange

Diese wissenschaftliche Arbeit,


welche gemeinsam mit Akteurin­
nen und Akteuren aus dem Land­
kreis erarbeitet wurde, gibt uns
nun konkrete Handlungsempfeh­
lungen vor. Sie orientiert sich
dabei an den Entwicklungs­zielen
für den Kreis und verfolgt das
eindeutige Ziel, der jungen Be­
völkerung einen attraktiven
und lebenswerten Arbeits- und
Lebens­raum zu bieten. Damit
dies gelingen kann, ist ein aktiver
Austausch der Menschen vor Ort
Inhalt 1 Einleitung
1 Einleitung 5 Die vorliegende Studie fasst die wissenschaftli- scheinlichkeit sogar schneller als bisher (vgl. die
2 Demografische und sozialstrukturelle Rahmenbedingungen im Landkreis Görlitz 7 chen und anwendungsorientierten Ergebnisse jüngsten Bevölkerungsvorausschätzungen des
2.1 Bevölkerung und Wanderung 7 des Projektes „Verbesserung der Verbleibchan- BiB sowie den Demografie-Monitor Sachsen).
2.2 Bevölkerungsdichte und Geschlechterproportionen 8 cen junger Frauen im Landkreis Görlitz: Analyse, Die Bevölkerungsgruppe der jungen Frauen
2.3 Wanderungsraten 9 Vernetzung und Handlungsempfehlungen“ zu- spielt eine Schlüsselrolle in der Stabilisierung
2.4 Bildung 10 sammen, das in zwei Bewilligungsphasen in den und Gestaltung demografischer Verhältnisse in
2.5 Beschäftigung 10 Jahren 2015 und 2016 durch die Demografie- der Region Oberlausitz und anderen ländlichen
2.6 Bildungs- und Beschäftigungsmarkt 12 Richt­linie des Freistaates Sachsen gefördert Gebieten in Sachsen und der gesamten Bundes­
2.7 Zur Lage qualifizierter junger Menschen im Landkreis Görlitz 13 und als Kooperationsprojekt des Landkreises republik.
3 Wer kommt? Wer geht? Wer bleibt? Eine Untersuchung im Landkreis Görlitz 15 (vertreten durch die Gleichstellungsbeauftragte (4) Junge Frauen repräsentieren angesichts
3.1 Untersuchungsgruppe der quantitativen Erhebung 15 Frau Ines Fabisch) und der Hochschule Zittau/ der demografisch mitbedingten Arbeitsmarkt-
3.2 Wanderungsneigungen und Verbleibfaktoren 16 Görlitz (TRAWOS-Institut) realisiert wurde. Dynamiken eine wichtige Entwicklungsressource
3.3 Erklärungsfaktoren für Wanderung und Verbleib 18 für die peripheren ländlichen Räume. Gerade gut
3.3.1 Berufliche Zukunft 18 und hoch qualifizierte junge Frauen sind in Rück­
3.3.2 Soziale Nahbeziehungen und ehrenamtliches Engagement 20 Relevanz sicht auf den sich abzeichnenden oder bereits
3.3.3 Herkunft 21 begin­nenden Fachkräftemangel für die sozioöko­
3.3.4 Infrastruktur: Freizeit und Mobilität 21 Die Verbesserung der Verbleibchancen jun­ nomische und gesellschaftliche Entwicklung von
3.3.5 Sogwirkung der Städte oder Attraktivität des Landlebens? 22 ger Menschen und in besonderer Weise von eminenter Bedeutung. Das schließt nicht nur
3.3.6 Diskurse 24 jüngeren und höher qualifizierter Frauen in deren Arbeitskraftvolumen, sondern auch ihre
4 Forschungsprozess als regionaler Kommunikations- und Aktivierungsprozess 25 peripheren ländlichen Räumen Sachsens ist von kreativen Potentiale, Impulse für neue attraktive
4.1 Forschungs- und regionaler Kommunikationsprozess 25 zentraler Bedeutung für die demografische und Lebensstile oder bürgerschaftliches Engagement
4.2 Workshop und Werkstätten im Forschungsprojekt 26 gesellschaftliche Entwicklung in den kommen­ sowie soziale Integrationsfunktionen ein. Ver­
4.2.1 Dezember 2015: Einführungs-Workshop „Bleiben.Verstehen.Anerkennen“ 26 den Jahrzehnten. Dafür sind fünf Gründe und bleiben junge Frauen nicht stärker in der Region,
4.2.2 Mai 2016: Erste Forschungswerkstatt 26 Prozessdynamiken verantwortlich: ist einerseits mit gesteigerten wirtschaftlichen
4.2.3 September 2016: Zweite Forschungswerkstatt 28 (1) Zunächst ist die demografische Entwick­ Entwicklungsproblemen zu rechnen. Anderer­
4.2.4 November 2016: Abschlusstagung und Dritte Forschungswerkstatt 29 lung in Sachsen und besonders in peripheren seits würden diese (z. B. Verlagerung von Pro­
5 Handlungsempfehlungen 30 ländlichen Räumen nicht nur durch eine hohe duktions- und F&E-Standorten) sowie das Fehlen
5.1 Wissensbestände im Landkreis wahrnehmen 30 Alterungsdynamik, sondern auch durch die über­ der angesprochenen sozialen und kulturellen
5.2 Wanderungswünsche in Lebensphasen beeinflussen 30 proportionale Abwanderung junger Menschen Vermögen und Impulse zum Attraktivitätsverlust
5.2.1 „Phase der entschlossenen Wanderung“ (16- bis 20-Jährige) 30 (16 bis ca. 35 Jahre) gekennzeichnet. Auch wenn der Region beitragen, so dass eine Negativspira­
5.2.2 „Phase der lokalen Unentschiedenheit“ (24- bis 29-Jährige) 31 sich die Abwanderungsdynamik in den letzten le einsetzen bzw. sich stabilisieren könnte.
5.2.3 „Phase des kritischen Bleibens“ (30- bis 40-Jährige) 32 Jahren hinsichtlich der Zielorte verändert und (5) Aus Gleichstellungsperspektive repräsentiert
5.3 Verbesserung der Verbleibchancen qualifizierter Frauen – Handeln empfohlen! 32 in den ruralen Regionen Sachsens differenziert, der Abwanderungsdruck auf junge Frauen auch
5.4 Impressionen: Statements der Befragten 34 zum Teil auch verlangsamt hat, die Schrumpfung aufgrund relativ schlechter Erwerbsarbeits- und
der ländlichen Bevölkerung in Sachsen hält an insbesondere Aufstiegs- und Karrierechancen
und generiert komplexe Folgeprobleme, denen nicht nur demografisch, sondern auch gesell­
sich die regionalen Akteure stellen müssen. schaftspolitisch ein virulentes Problem, dessen
(2) Seit Jahren hat sich in den ländlichen Gebie­ Lösung in Kooperation mit den relevanten Ak­
ten – auch im Landkreis Görlitz – ein Männer­ teuren stärker als bisher vorangetrieben werden
überschuss herausgebildet, der sich einem muss.
(gegenüber den Männern) überproportionalen
Wegzug junger Frauen wie einer höheren Rück­
kehrquote von Männern verdankt. Gerade für Projektziele
die Kleinstädte und Dörfer in der Region zieht
diese Verwerfung schwerwiegende wirtschaftli­ Leitziel des Projektes war die Erhöhung der
che, soziale und kulturelle Langfristfolgen nach Verbleibchancen junger, vor allem höher
sich. qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz.
(3) Der Umstand, dass gerade junge Frauen Dieses Vorhaben ordnet sich in die Entwick­
im gebärfähigen Alter die ländlich peripheren lungsorientierungen des Landkreises Görlitz
Regionen verlassen und in urbane Zentren (Strategie­entwicklung) ein. Sie umfassen neben
migrieren, potenziert die demografischen der Stärkung aller wirtschaftlich relevanten
Ungleichgewichte (Alt-Jung, Männer-Frauen) Bildungs- und Qualifikationspotentiale und der
und Schrumpfungsprozesse. Selbst bei einem nachhaltigen Entwicklung der Geschlechter­
leichten Anwachsen der Fertilitätsraten der in gleichstellung u. a. eine Stärkung der „Willkom­
der Region verbleibenden jungen Frauen sinkt menskultur und sozialer Kompetenzen“, die
die Einwohnerzahl weiter und mit hoher Wahr­ Eröffnung neuer und attraktiver „individueller

5
2 Demografische und
Lebensperspektiven“ gerade für junge Menschen der Ausbildungsphase (Altersgruppe zwischen
und die „Identifikation mit dem Lebensraum“. Ende Zwanzig und Anfang Vierzig). Eine kleinere

sozialstrukturelle Rahmen­
Konkret verfolgte das Projekt folgende Teilziele: Diskursanalyse rundet die Untersuchung ab.
1. Sozialwissenschaftliche Analyse der gegen­ Daran schließt sich das Kapitel zum „For­

bedingungen im Landkreis Görlitz


wärtigen Verbleibchancen junger Frauen im schungsprozess als regionaler Kommunika­
Landkreis und Erarbeitung eines praxisorientier­ tions- und Aktivierungsprozess“ an (Kapitel 4),
ten Faktorenmodells, welches die Formulierung in dem die Konzeptualisierung, Durchführung
von Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen und Auswertung eines Workshops und mehrerer
erlaubt. Werkstätten im Projekt dargestellt und proble­ Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung vielmehr führt die fehlende Zuwanderung zu
2. Austausch mit Akteuren im Feld, Entwicklung matisiert werden. hat 2012 einen umfassenden Bericht zu den ausgeprägten regionalen Ungleichgewichten
einer digitalen Plattform für junge Frauen in der Abgeschlossen wird die Studie durch das Kapitel Ursachen und Folgen selektiver Abwanderung (ebd.). Mobilität ist demnach eine individuelle
Region sowie eines Netzwerkes unter Beteili­ zu den Handlungsempfehlungen (Kapitel 5), in Ostdeutschland vorgelegt und Wanderungs­ Bewältigungsstrategie regionaler Ungleichheiten
gung relevanter Akteure (Politik, Verwaltung, welche die gewonnenen Erkenntnisse in einem daten für die ostdeutschen Kreise ausgewertet und begrenzter Chancen im ländlichen Raum. Es
Bildungsträger, Unternehmen, Zivilgesellschaft). Phasenmodell verdichtet und praxisorientiert (Kühntopf und Stedtfeld 2012). Die zentralen handelt sich allerdings nicht um ein einfaches
3. Erarbeitung von Handlungsempfehlungen bündelt. Am Ende illustrieren Zitate aus der Erkenntnisse sind auch für die hier vorliegende Ursache-Wirkung-Verhältnis: Infrastrukturaus­
für den Umgang mit dem Problem und für die quantitativen Erhebung die zahlreichen Rück­ Studie von Bedeutung und werden durch aktu­ stattung, Arbeitsbedingungen, Lebenszufrieden­
Verbesserung der Verbleibchancen. meldungen zur Befragung und Einschätzungen elle empirische Studien bestätigt (Geis und Orth heit und partnerschaftliche Gründe sind ebenso
4. Erarbeitung und Realisierung von Kommu­ der Region und Lebenswelten junger Menschen. 2017; empirica 2016; Fuchs und Weyh 2016; mögliche Ursachen für Abwanderung wie
nikations- und Beratungsangeboten für die Slupina et al. 2016; Damm et al. 2015): „verfestigte Mobilitätsorientierungen“ (ebd.: 14),
Akteure und Betroffenen. Das zentrale Element • Durch massenhafte Abwanderung hat sich in mediale Diskurse und die persönliche Wahrneh­
besteht hierbei in der Konzeptualisierung und Danksagung den 1990er Jahren in Ostdeutschland ein fast mung von regionalen Entwicklungschancen (vgl.
Durchführung von Werkstätten sowie einer flächendeckendes Frauendefizit herausgebildet. Wiest und Leibert 2013).
Konferenz. Die Autorinnen und Autoren der Studie danken • Mittlerweile hat die Ost-West-Wanderung Fest steht auch, dass die peripheren ländlichen
allen, die das Beantragen und Durchführen des gegen­über der Land-Stadt-Wanderung deutlich Regionen in Ostdeutschland höhere negative
Projektes sowie das Schreiben und Abschließen an Bedeutung verloren und findet zunehmend Wanderungssalden (Zuzüge abzüglich Fortzüge)
Inhalt der Studie der Studie ermöglicht und unterstützt haben. innerhalb der neuen (und der alten) Bundes­ in der Gruppe der Frauen im Vergleich zu den
Besondere Danksagungen gehen an Frau Ines länder statt. Männern aufweisen.
Die Studie beschreibt und diskutiert die erreich­ Fabisch als Initiatorin des Projekts, Vertreterin • Die Gruppe der Zu- und Rückwanderer in die Für die Beurteilung der Wanderungsquantitäten
ten Ergebnisse der Teilziele 1, 3 und 4, wobei die des Projekträgers und unermüdliche Unterstüt­ ländlichen Räume Ostdeutschlands ist seit den müssen die konkreten regionalen Bedingungen
sozialwissenschaftliche Analyse, die Kommuni­ zerin in allen inhaltlichen und organisatorischen 1990er Jahren überproportional männlich berücksichtigt werden. Die Nähe zu (Groß-)
kation mit den Akteuren im Feld und die Formu­ Belangen, an Frau Heike Zettwitz als zuständige (Geis und Orth 2017; Fuchs und Weyh 2016). Städten oder die Lage an der ehemaligen inner­
lierung der Handlungsempfehlungen im Zentrum Dezernentin, die dem Projektteam mit Rat und • In den größeren ost- wie westdeutschen Städ­ deutschen Grenze sind ebenso entscheidend
stehen. Dabei haben wir diese drei Aspekte als Kritik zur Seite stand sowie an das Forschungs­ ten ist in der Altersgruppe der 18-24-Jährigen für Wanderungsverläufe wie die Möglichkeit,
Momente eines ganzheitlichen Forschungs-, referat der Hochschule Zittau/Görlitz, besonders kein Unterschied in den Geschlechterpropor­ zwischen Wohn- und Arbeitsort zu pendeln,
Anwendungs- und Praxisprozesses begriffen. an Herrn Dr. Lothar Kahnt und Frau Stefanie tionen mehr auszumachen. der Standortfaktor Hochschule oder spezifische
So fungierten die Werkstätten sowohl als Wobst. • Die Geschlechterungleichgewichte zwischen Bildungs- und Arbeitsmarktstrukturen (vgl.
methodisches Erhebungsinstrument, als Räume Unser Dank gilt darüber hinaus Frau Manuela Städten und ländlichen Räumen haben zuge­ Kühntopf und Stedtfeld 2012). Im Folgenden
der Kommunikation und Vernetzung der Akteure Reckling und Frau Jean Voit vom Statistischen nommen. werden vor diesem Hintergrund die sozial- und
untereinander wie als Tranfer- und (implizite) Landesamt in Kamenz sowie dem Amt für Kreis­ wirtschaftsstrukturellen Bedingungen im Land­
Evaluationsmedien (siehe Kapitel 4). entwicklung (vor allem Frau Sandy Marschke) Die Zunahme der Geschlechterungleichgewich­ kreis Görlitz erläutert.
Inhaltlich und methodisch fokussiert die sozial­ für die Unterstützung und Bereitstellung von te zwischen Städten und ländlichen Räumen
wissenschaftliche Analyse die Verbleibchancen regionalen Daten. liegt sowohl an der hohen Erwerbsneigung und
und Verbleibprobleme junger und (potenziell) Schließlich danken wir den studentischen/ höheren Schulbildung von Frauen als auch an 2.1 Bevölkerung und Wanderung
höher qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz. wissen­schaftlichen Mitarbeiterinnen Laura der Suche nach geeigneten Lebensbedingungen.
Unter Nutzung vorliegender Daten und Analy­ Fernández und Fränzi Straßberger für ihre Frauen suchen häufiger Tätigkeiten im Dienst­ Im Landkreis Görlitz lebten zum Ende des Jahres
sen zu strukturellen Rahmenbedingungen und tatkräftige Unterstützung und Involvierung im leistungsbereich und können in den Städten ihre 2014 insgesamt 260.188 Frauen und Männer,
demografischen Entwicklungen in der Region gesamten Forschungsprozess sowie folgenden ausbildungs- und berufsspezifischen Chancen 2001 waren es noch 316.037 (Statistisches
und ländlichen Räumen insgesamt (Kapitel 2) Studierenden des Master-Studiengangs Manage­ besser wahrnehmen. Allerdings müssen sie Landesamt des Freistaates Sachsen 2016a). Das
sowie eigener quantitativer und qualitativer ment Sozialen Wandels der Hochschule Zittau/ dazu nicht mehr Ostdeutschland verlassen. entspricht einem Bevölkerungsrückgang von
Datenerhebungen (Kapitel 3) erforschen wir Görlitz: Franziska Böhm, Florian Bogs, Julius Mittlerweile bieten Leipzig, Berlin, Jena oder etwa 18 Prozent. Neben diesen abnehmenden
Verbleib-Faktoren und deren Zusammen­hänge. Kunath, Andreas Müller sowie Sebastian Schwalbe. Rostock adäquate Beschäftigungsperspektiven. Bevölkerungszahlen ist der Landkreis Görlitz
Neben einer fragebogengestützten Untersu­ Sie haben das Projekt durch eine kleine Diskurs­ Auch schätzen Frauen wichtige Facetten der ebenfalls mit der Alterung der Bevölkerung und
chung der Orientierungen, Einstellungen und analyse sowie eine Fokusgruppe im Rahmen von Lebensqualität städtischer Räume höher ein mit Geschlechterungleichgewichten konfrontiert
Einschätzungen von Schülerinnen und Schü­ Belegarbeiten maßgeblich unterstützt. als das Leben auf dem Land. Jenseits dieser (Abbildung 1): Es zeigt sich, dass die Altersklas­
lern im Landkreis sowie Studierenden an der Geschlechterspezifik bleibt festzuhalten, dass se der 5- bis 9-Jährigen (der Geburtskohorten
Hochschule Zittau/Görlitz eruieren wir mit das Weggehen „ein integraler Bestandteil von 1992 bis 1996) im Jahr 2001 aufgrund des Ge­
qualitativen Forschungsmethoden (Einzel- und Bildungs- und Ausbildungsverläufen“ in länd­ burtenknicks in Ostdeutschland nach 1990 am
Experteninterviews, Fokusgruppengespräche) lichen Regionen ist (Beetz 2013, S. 13). Der geringsten besetzt ist. Zahlenmäßig entspricht
die Verbleibsverläufe sowie Wahrnehmungs- Status einer Abwanderungsregion wird weniger das in etwa der Altersklasse der 20- bis 24-Jäh­
und Deutungsmuster qualifizierter Frauen nach durch die Abwanderung selbst hervorgerufen, rigen (der Geburtskohorten 1990 bis 1994) im

6 7
Jahr 2014. Geschlechterspezifische Ungleichge­ Verhältnis gegenüber anderen Regionen zu 2.3 Wanderungsraten rung nicht durch die Zahl der Zuzüge kompen­
wichte zeigen sich ab einem Alter von 15 Jah­ berücksichtigen. In keiner Untersuchung, in siert werden kann. Höherqualifizierte verfügen
ren mit einem (zunächst schwachen) Männer­ welcher die Landkreise Ostdeutschlands be­ Analog zu den Geschlechterproportionen zeigen dabei regelmäßig über eine höhere Mobilitäts­
überschuss, wohingegen sich ab einem Alter von züglich der Wanderungsaktivitäten verglichen die Grafiken zu den alters- und geschlechts­ bereitschaft.
etwa 70 Jahren ein deutlicher Frauenüberschuss wurden, sticht der Landkreis Görlitz heraus. Das spezifischen Wanderungsraten in Abbildung 2 Wanderungsbewegungen in der Altersklasse
abzeichnet. Die Alters- und Geschlech­terstruktur heißt, trotz seiner Randlage sind die Abwande­ das prozentuale Verhältnis von Wandern und der 25- bis 34-Jährigen stehen im Kontext
der Bevölkerung im Landkreis Görlitz resultiert rungsströme, anders als beispielsweise in den Bleiben im Landkreis Görlitz. der beruf­lichen Etablierung. Im Gegensatz zur
aber nicht nur aus dem geringen Geburten­ Kreisen in Nordostvorpommern, vergleichsweise Die Zu- und Fortzüge der jüngsten betrachteten nächstjüngeren Altersklasse wandern in dieser
niveau und der (geschlechtsspezifischen) undramatisch. Altersklasse (15- bis 24-Jährige) sind Wande­ mehr Männer als Frauen (vgl. Kühntopf und
steigenden Lebenserwartung, sondern vor Im nördlichen Teil des Landkreises liegen rungen in der Berufsbildungsphase. Es verlassen Stedtfeld 2012). Der Wanderungssaldo tendiert
allem auch aus der starken Abwanderung in die Gemeinden mit der geringsten Bevölke­ mehr junge Frauen als Männer den Landkreis, gegen Null, ist aber immer noch leicht negativ.
den 1990ern und 2000er Jahren. Auf Basis der rungsdichte. Dazu zählen u. a. die Gemeinden wobei bei beiden Geschlechtern die Abwande­
demografischen Entwicklungen der letzten Jahr­ Boxberg/O.L. mit 22 Einwohnern je km², Weiß­
zehnte gehen aktuelle Bevölkerungsprognosen keißel (25 EW/km²), Hähnichen (26 EW/km²) oder
von einem anhaltenden Bevölkerungsrückgang auch Kreba-Neudorf (28 EW/km²). Der südliche
und einer weiteren Überalterung der Bevölke­ Teil des Landkreises und die Stadt Görlitz wei­
rung im Landkreis Görlitz aus (Vollmer 2011).1 sen eine wesentlich höhere Bevölkerungsdichte
auf. Mit 803 Einwohnern pro km² ist die Stadt

Abbildung 1: Altersstruk-
tur der Bevölkerung im
Landkreis Görlitz in den
Jahren 2001 und 2014 (in
1000)
Quelle: Statistisches
Landesamt des Freistaates
Sachsen 2016a, eigene
Berechnungen.
Anmerkung: Bei der Inter­
pretation der Ergebnisse ist
zu beachten, dass die Aus­
gangsbasis für die Bevölke-
rungsfortschreibung ab
2011 der Zensus 2011 ist.
Der Bevölkerungsstand für
die Jahre 1990 bis 2010
wurde auf der Basis des
Zentralregisterauszuges
vom 3. Oktober 1990 fort­
geschrieben (Statistisches
Landesamt des Freistaates
Sachsen 2016c).

2.2 Bevölkerungsdichte und Görlitz der am stärksten verdichtete Raum im


Geschlechterproportionen Landkreis. Auf ihn folgt die Gemeinde Ebers­
bach-Neugersdorf mit 622 Einwohnern/km².
Im Landkreis Görlitz leben auf 2.106 km² rund Tendenziell weisen Gemeinden mit geringer
250.000 Menschen, wobei sich diese sehr Bevölkerungsdichte die höchsten Geschlech­
unterschiedlich auf die einzelnen Gemeinden terdisproportionen in der Altersgruppe der Abbildung 2: Wanderungen
verteilen. Dass der Landkreis von Nord nach Süd 18- bis 35-Jährigen auf. Diese altersspezifischen 2001 bis 2014 – Zuzüge,
1 Bevölkerungsprognosen durch ein Verdichtungsgefälle charakterisiert Geschlechterungleichgewichte sind kein neues Fortzüge und Wanderungs­
sagten bereits für die erste saldo nach Altersgruppe
Hälfte des 20. Jahrhun­
wird, fällt schon bei der Fahrt auf der B115 auf. Phänomen und die Folge von geschlechtsselekti­ und Geschlecht im Land-
derts eine rasante Über­ Dieses Nord-Süd-Verhältnis lässt sich raum- und ven Wanderungen. Einen geringen Frauenüber­ kreis Görlitz (Anteile in
alterung der Bevölkerung bevölkerungsstrukturell noch differenzierter schuss verzeichnen sowohl der Hochschulstand­ Prozent)
in Deutschland voraus, Quelle: Statistisches
beschreiben: „Altindustrieller Raum mit hoher ort Görlitz als auch die nördlich angrenzende
die jedoch nicht eintrat Landesamt des Frei­
(Etzemüller 2007). Die Bevölkerungsdichte, ländlicher Raum mit lokalen Gemeinde Neißeaue mit jeweils 104 Frauen je staates Sachsen 2016a,
demographische Zukunft Versorgungszentren wie Grund- und Mittelzen­ 100 Männer. Das größte Ungleichgewicht weist eigene Berech­nungen;
einer Region ist also auch Basis: Bevöl­kerung in der
tren und der dünn besiedelte und entlegene die Gemeinde Weißkeißel aus, in der 56 Frauen
mittelfristig kein unab­ jeweiligen 10-Jahres-
wendbares Schicksal. Sie ländliche Raum“ (Regionale Fachkräfteallianz auf 100 Männer gezählt werden. In Boxberg/O.L. Geburtskohorte zum 31.12.
kann gestaltet werden. 2016, S. 3). Aber auch hier ist wieder das sind es 72 Frauen je 100 Männer. des Vorjahres.

8 9
Die älteste betrachtete Altersklasse ist die der 2.5 Beschäftigung Tabelle 1: Anteil der Erwerbslosen bezogen auf alle Erwerbspersonen nach Geschlecht, Alter und höchstem
35- bis 44-Jährigen. Zu- und Fortzüge sind beruflichen Bildungsabschluss im Jahr 2011 (in Prozent)4

häufig Wanderungen in der Familienphase. Hier Der geringe Anteil an akademischen Berufsab­ Anteil Erwerbslose in Prozent

wandern Frauen und Männer oft paarweise, schlüssen in den jüngeren Kohorten im Land­ Männer Frauen

wodurch die Geschlechterselektivität, aber auch kreis Görlitz lässt vermuten, dass die Arbeits­ Ohne Hoch- Ohne Hoch-
Beruf­liche Fach­ Beruf­liche Fach­
beruf­ schule/ beruf­ schule/
die Wanderungsdynamik abnimmt. kräftenachfrage für diese Abschlüsse gering ist. Ausbil­ hoch­ Ausbil­ hoch­
lichen Promo­ lichen Promo­
Dennoch ist von Interesse, wie die im Landkreis dung schule dung schule
Abschluss tion Abschluss tion
lebenden hoch qualifizierten jungen Frauen und Deutschland
2.4 Bildung Männer auf dem hiesigen Arbeitsmarkt platziert alle Altersgruppen 11 4 2 2 9 4 3 3
sind. Auf Basis kommunaler Statistiken kann 25 bis 34 Jahre 13 5 3 4 13 5 3 4
Junge Männer im Landkreis verlassen häufiger mangels verfügbarer Daten keine Aussagen über 35 bis 44 Jahre 10 4 2 1 10 4 3 3
als Frauen die Schule ohne einen Hauptschul­ ihre Arbeitsmarktplatzierung getroffen werden. Sachsen
abschluss. Die größte Gruppe unter den männli­ Hinweise bietet die Haushaltsstichprobe des alle Altersgruppen 13 7 4 3 13 7 3 4
chen wie weiblichen Schulabgängern sind jene Zensus aus dem Jahr 2011.3 25 bis 34 Jahre 15 6 3 4 19 8 3 6
2 Die Anteile der höchsten
Bildungsabschlüsse
mit Haupt- und Realschulabschlüssen, wobei 35 bis 44 Jahre 10 6 2 2 13 6 2 2
sind abhängig von den hier mehr junge Männer diese Abschlüsse er­ Zunächst wird die Beschäftigung mittels der Landkreis Görlitz
Altersabgrenzungen. In der werben als Frauen (62 Prozent vs. 72 Prozent). Erwerbslosenquote qualifiziert (Tabelle1): Mit alle Altersgruppen 13 9 4 3 16 8 3 3
Altersgruppe der 30- bis
Dafür stellen die jungen Frauen einen höheren steigender Bildung sinken die Erwerblosen­ 25 bis 34 Jahre 21 10 5 11 28 9 1 3
39-Jährigen liegt der Anteil
der Frauen mit Hochschul­ Anteil derjenigen, die mit der allgemeinen quoten. Die höchsten Erwerbslosenquoten sind 35 bis 44 Jahre 12 7 0 1 15 7 0 0
abschluss im Landkreis Hochschulreife die Schule verlassen (rund 30 in der Gruppe, die über keinen beruflichen Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2016b (Sonderauswertung für Projektbericht auf Basis des
Görlitz bei rund 16% (in
Prozent). Der Anteil der männlichen Schulabgän­ Abschluss verfügen, zu beobachten. In dieser Zensus 2011), eigene Darstellung (gerundete Werte), Ergebnisse der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis am
Sachsen durchschnittlich 9. Mai 2011
bei 22%). Das verdeutlicht, ger mit Hochschulreife steigt von rund einem Bildungsgruppe liegen die Erwerbslosenquoten
dass die Anteile der hier Fünftel im Jahr 2008 auf rund ein Viertel im weit über dem Durchschnitt im Vergleich zu
dargestellten höchsten Jahr 2014 (Statistisches Landesamt des Frei­ Sachsen bzw. Deutschland. In der Alterskohor­ adäquaten Arbeitsplatz in der Region scheinen tigen der Frage nachgegangen werden, ob sie
Bildungsabschlüsse in
den Altersgruppen der
staates Sachsen 2016b). te der 25- bis 34-Jährigen ist der Anteil der entweder von einer Zuwanderung in den Land­ berufliche Tätigkeiten entsprechend ihres Quali­
25- bis 34-Jährigen und Der Anteil von Frauen mit einem akademischen erwerbslosen Frauen ohne Berufsabschluss 28 kreis abzusehen oder, sofern sie bereits hier fikationsniveaus ausüben, also ausbildungsadä­
35- bis 44-Jährigen zwei Berufsabschluss (Fachhochschulabschluss, Hoch­ Prozent (gegen­über 21 % Männer). Das Verhält­ leben, wandern sie ab, sollte die Etablie­rung in quat beschäftigt sind. Dazu werden die Anteile
Besonderheiten aufweisen.
schulabschluss oder Promotion) im Landkreis nis kehrt sich bei den höheren Abschlüssen um: den Arbeitsmarkt nicht erfolgreich sein. Nicht nur der Personen in „Akademischen Berufen“ und in
Erstens befinden sich in
der Gruppe der 25- bis Görlitz ist im Jahr 2011 nur geringfügig höher Der Anteil der erwerbslosen Akademikerinnen in bei einer drohenden Erwerbslosigkeit, sondern „Führungspositionen“, für die in der Regel hohe
34-Jährigen noch die Aus­ als bei Männern (25 bis 34-Jährige: 13 vs. 11 dieser Altersgruppe beträgt 3 Prozent (Männer: auch bei einer potenziellen ausbildungsinadä­ Qualifizierungsniveaus gefordert sind, getrennt
zubildenden und Studieren­
Prozent, 35 bis 44-Jährige: 12 vs. 11 Prozent) 11%). In der Altersgruppe der 35- bis 44-Jäh­ quaten beruflichen Platzierung in der Region ist nach den verschiedenen Bildungsgruppen dar­
den, zweitens spiegelt sich
in der Altersgruppe der und liegt weit unter dem sächsischen Durch­ rigen sind unter den Hochqualifizierten kaum anzunehmen, dass (Fach-)Hochschulabsolventin­ gestellt, um die geschlechtsspezifische Differen­
35-44-Jährigen die hohe schnitt (Abbildung 3).2 noch Erwerbslose zu verzeichnen. Das Ergebnis nen und -absolventen ihre Suche nach Tätigkeiten zen in der Bevölkerung aufzudecken (Tabelle 2). 4 Erwerbspersonen sind
Abwanderungsquote in den ist wenig überraschend und sollte mitnichten als auf den überregionalen Arbeitsmarkt ausweiten Personen mit einem Fachhochschulabschluss alle Erwerbstätigen und
1990er und 2000er Jahren Erwerbslosen nach dem
wider.
Die Akademikerquote im Landkreis Görlitz eine besonders gelungene Arbeitsmarktintegra­ bzw. schon ausgeweitet haben. sind eine besonders relevante Gruppe, da in Labour-Force-Konzept der
liegt in etwa auf dem Niveau anderer ländlich tion der höher Qualifizierten im Landkreis Görlitz b) Nur mit Einschränkungen kann deshalb für den höheren Bildungseinrichtungen im Land­ International Labour Orga­
3 Im Zensus 2011 wurden geprägter sächsischer Landkreise, wie beispiels­ gewertet werden, denn: die im Landkreis Görlitz lebenden Erwerbstä­ kreis Görlitz überwiegend dieser Abschluss nisation (vgl. Statistisches
Informationen zum höchs­ Landesamt des Freistaates
weise der Vogtlandkreis (vgl. Statistische a) Erwerbspersonen mit akademischem Abschluss
ten beruflichen Bildungsab­ Sachsen 2014).
schluss und zum Erwerbs­ Ämter des Bundes und der Länder 2014). In haben generell die besten Arbeitsmarktchancen Tabelle 2: Anteil der Akademischen Berufe und Führungskräfte nach Geschlecht, Alter und höchstem beruflichen
status neben Alter und städtischen Gebieten ist die Akademikerquoten in Deutschland und die berufliche Mobilität ist Bildungsabschluss im Jahr 2011 (in Prozent)5 5 Anmerkung: Berufsanga­
Geschlecht erhoben und Anteil der akademischen Berufe und Führungskräfte in Prozent ben der Befragten wurden
bekanntermaßen höher als im ländlichen Raum unter den höher Qualifizierten am stärksten aus­
liegen als Sonderauswer­ nach dem International
(vgl. Fromhold-Eisebith 2006). geprägt (Wolter 2014; Ruppenthal 2010). Höher Männer Frauen
tung für das Forschungs­ Standard Classification
projekt vor. Qualifizierte ohne Chancen auf einen bildungs­ Ohne Hoch- Ohne Hoch- of Occupations (ISCO-08)
Beruf­liche Fach­ Beruf­liche Fach­
beruf­ schule/ beruf­ schule/ kodiert (Loos et al. 2013;
Ausbil­ hoch­ Ausbil­ hoch­
lichen Promo­ lichen Promo­ Europäische Kommission
dung schule dung schule
Abschluss tion Abschluss tion 2009). Akademische Berufe
Deutschland und Führungskräfte sind
hier in einer Kategorie
alle Altersgruppen 9 12 62 82 7 12 50 77
zusammengefasst. Zu den
25 bis 34 Jahre nichtakademischen Berufen
35 bis 44 Jahre zählen Techniker und
Abbildung 3: Höchste Sachsen gleichrangige nichttech­
Berufsbildungsabschlüsse nische Berufe, Bürokräfte
alle Altersgruppen 10 9 57 77 9 13 44 72
im Jahr 2011 nach Alter und verwandte Berufe,
und Geschlecht 25 bis 34 Jahre 16 10 69 80 12 14 54 74 Dienstleistungsberufe und
Quelle: Statistisches 35 bis 44 Jahre 10 11 64 83 8 14 48 78 Verkäufer, Fachkräfte in
Landesamt des Freistaates Land- und Forstwirtschaft
Landkreis Görlitz
Sachsen 2016b (Sonder­ und Fischerei, Handwerks-
alle Altersgruppen 6 8 53 76 7 12 45 73 und verwandte Berufe,
auswertung für Projektbe­
richt auf Basis des Zensus 25 bis 34 Jahre 9 7 74 72 7 12 47 72 Bediener von Anlagen und
2011), eigene Darstellung Maschinen und Montage­
35 bis 44 Jahre 10 10 49 87 8 14 58 73
(gerundete Werte), Ergeb­ berufe, Hilfsarbeitskräfte
Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2016b (Sonderauswertung für Projektbericht auf Basis des Zensus und Angehörige der regu­
nisse der Haushaltebefra­
2011), eigene Darstellung (gerundete Werte), Ergebnisse der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis am 9. Mai 2011, * lären Streitkräfte (vgl. Loos
gung auf Stichprobenbasis
Zahlen nicht Bestandteil der Sonderauswertung et al. 2013).
am 9. Mai 2011

10 11
erworben werden kann (vgl. Landkreis Görlitz Lausitz insgesamt verfügt über eine lange Indus­ Tabelle 3: Stellung im Beruf nach Geschlecht im Jahr 2011 (in Prozent)
2012)6. Während es 74 Prozent der 25- bis trie- und Bergbautradition, und fast ein Viertel Deutschland Sachsen Landkreis Görlitz
34-Jährigen Männer mit einem Fachhochab­ aller Beschäftigten sind in der Industrie tätig (in Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen
schluss in eine akademische bzw. Führungsposi­ Ostdeutschland sind es rund 18 Prozent, Ragnitz Insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100
tion schaffen, sind es nur 47 Prozent der Frauen et al. 2013). Der Landkreis Görlitz ist also in eine Angestellte/Arbeiter/-innen 83 81 87 86 83 90 86 83 91
im Landkreis Görlitz, die sich in diesen Berufen regionale und Verwaltungsgrenzen überschrei­ Beamte/innen 5 5 5 3 3 2 3 4 2
befinden. Allerdings weisen Frauen in der älteren tende Wirtschaftsstruktur eingebettet. Wie für
Selbstständige mit 5 6 3 5 6 3 4 6 3
Kohorte einen höheren Anteil als Männer (58% vs. Ostdeutschland typisch sind die mittleren und Beschäftigen
49%) auf. Möglichweise sind verfügbare Stellen kleinen Betrieben in eher traditionellen Branchen Selbstständige ohne 6 7 5 6 8 5 6 8 4
knapper oder es mangelt an geeigneten Kandi­ tätig. 98 Prozent der Betriebe sind klein- und Beschäftigte
datinnen in der Region, oder Frauen bekommen mittelständisch. Die relativ geringe ökonomische Mithelfende 1 1 1 0 0 1 1 0 1
erst in einer anderen Lebensphase die Gelegen­ Kraft der Region wird u. a. auf diese spezifische Familienangehörige
heit, höhere berufliche Positionen zu besetzen. Kleinteiligkeit der Wirtschaftsstruktur zurückge­ Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2014, eigene Darstellung; Ergebnisse basieren auf der
Die Positionierung verbessert sich für Perso­ führt (Damm et al. 2015, S. 32 und Nadler et al. kombinierten Erwerbsregisterauszählung und Hochrechnung der Daten aus der Haushaltsstichprobe vom 9. Mai 2011

nen mit Hochschulabschluss oder Promotion. In 2014, S. 53).


dieser Gruppe sind es nur 73 Prozent der 35- bis Im Landkreis Görlitz bilden die Textil-, Glas-, Auch die Ausweitung der Bildungsoffensive ist 2.7 Zur Lage qualifizierter junger
44-Jährigen Frauen (gegenüber 87% Männer), die Metall-, und Kunststoffindustrie, Energiewirt­ eine im Landkreis verfolgte Strategie (Regionale Menschen im Landkreis Görlitz
im Landkreis Görlitz einer Beschäftigung in einem schaft sowie der Fahrzeug- und Maschinenbau Fachkräfteallianz 2016, S. 7 f., Landkreis Gör­
akademischen Beruf bzw. einer Führungsposition die wichtigsten industriellen Schwerpunkte. litz 2014). Neben der Stärkung der schulischen Die Datenlage zur Arbeits- und Lebenssituation
nachgehen. In ganz Sachsen sind Frauen in dieser Außerhalb der Industrie sind Gesundheitswirt­ Bildungslandschaft sind auch die berufsbildenden qualifizierter junger Menschen ist an vielen
Bildungsgruppe mit einem Anteil von 78 Prozent schaft und Logistik weitere wichtige Wirt­ Pfade zu beachten. Zum einen treffen hier Aus­ Stellen schmal und für eine gehaltvolle Deskrip­
deutlich besser positioniert. schaftszweige (Ragnitz et al. 2013, S. 55). In zubildende und potenzielle Beschäftigungsfelder tion unzureichend, so dass an dieser Stelle
6 Eine Ausnahme bildet Neben der ausbildungsadäquaten Beschäftigung der Selbsteinschätzung schwanken die unter­ in der Region aufeinander, zum anderen muss eine problematisierende Zusammenfassung der
das Internationale Hoch­ wären für die Einschätzung des höher quali­ nehmerischen Akteure zwischen optimistischen bedacht werden, welche Berufsperspektiven vorhandenen Datenlage erfolgt:
schulinstitut Zittau (IHI),
fizierten Arbeitsmarktes im Landkreis Görlitz Prosperitätserwartungen und der Einschätzung, tatsächlich entwickelt werden können. Wäh­ Vor dem Hintergrund der demografischen,
das an die Technische
Universität Dresden ange­ weitere Informationen zur Qualität der Arbeit dass die Wirtschaftsregion weiterhin an Kraft rend die kommunalen berufsbildenden Schulen wirtschafts- und sozialstrukturellen Daten ist
gliedert ist. notwendig. Dazu zählen beispielsweise Arbeits­ verlieren wird (Nadler et al. 2014, S. 58 f.). In gleichermaßen für Berufe in Technik, Verwaltung, der Landkreis als heterogener Sozialraum zu
bedingungen, Anerkennung, Aufstiegsmöglich­ jedem Fall zeichnet sich ein Fachkräftemangel Wirtschaft und Sozialwesen ausbilden, dominie­ beschreiben. Mit einer Altersstruktur, die durch
7 Das monatliche Brutto­
arbeitsentgelt (Median) keiten, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsplatzsicher­ ab: Der stetig sinkenden Bevölkerung steht ren bei den Schulen in freier Trägerschaft soziale wenige Junge, viele Ältere und einem schmaler
für Vollzeitbeschäftig­ heit oder ein existenzsicherndes Einkommen. eine ebenfalls sinkende Arbeitslosenquote und Pflegeberufe. Die beruflichen Anschlüsse werdenden Bevölkerungssegment in den mitt­
te mit akademischem Eine große Lücke gibt es auch bei den Einkom­ gegenüber und ein wachsender Anteil der liegen im Spektrum der Beschäftigtenstruktur leren Altersgruppen gekennzeichnet ist, werden
Berufsabschluss beträgt in
Deutschland 4.905 Euro,
mensstatistiken, denn geschlechtsspezifische Menschen über 50 Jahre führt vielerorts zu im Landkreis klassischerweise im Tätigkeitsfeld bildungsstarke Bevölkerungsgruppen im Hin­
in Sachsen 3.970 Euro und Bruttostundenlöhne sind für die einzelnen Bil­ fehlenden Arbeitskräften. Neben frei bleiben­ der Sozialen Arbeit und Pflegeberufen. Wie ließe blick auf den prognostizierten Fachkräftemangel
im Landkreis Görlitz 3.874 dungs- und Altersgruppen im Landkreis Görlitz den Ausbildungsplätzen fehlen Fachkräfte im sich aber das Potenzial der Dienstleistungs- und im Landkreis Görlitz an Bedeutung gewinnen.
Euro ( Bundesagentur für
nicht bekannt.7 Eine detaillierte datengestützte Dienstleistungsbereich, im Handwerk und in Pflegeberufe in der Region ausbauen? Durch die Kreisgebietsreform 2008 fallen die
Arbeit 2016). Da Median­
monatslöhne unter dem Untersuchung könnte hier Abhilfe schaffen und der metallverarbeitenden Industrie (Regiona­ Ähnlich strukturell unterbelichtet ist der Hoch­ regionalen Disparitäten im neuen Landkreis Gör­
sächsischen Durchschnitt sollte in absehbarer Zeit realisiert werden. le Fachkräfteallianz 2016, S. 5). Es mangelt schulstandort in Görlitz. Während wirtschafts­ litz hinsichtlich der Verteilung der Bevölkerung
liegen, ist davon auszuge­
Für Sachsen liegen die Bruttostundenverdienste also durchaus an heterogenen Qualifikations­ nahe Kooperationen am Standort Zittau mit den wie der Wirtschaftsstruktur stärker ins Gewicht.
hen, dass die Bruttostun­
denlöhne im Landkreis in den Leistungsgruppen 1 und 2 unter dem gruppen, von gelernten bis hochqualifizierten technischen und ingenieurwissenschaftlichen Zwar weist die empirica-Studie (2016) zur
Görlitz ebenfalls unter dem Bundesdurchschnitt.8 Vollzeiterwerbstätige Beschäf­tigten, in diversen Branchen. Die regio­ Studiengängen etabliert sind, findet das wirt­ Stadt-Wanderung in Sachsen keine Geschlech­
Durchschnitt liegen. Männer in der Leistungsgruppe 1 verdienen in nale Fachkräfteallianz sieht durchaus ausbau­ schaftliche Potenzial der kultur- und sozial­ terdifferenzierung aus; die Bedeutung des
8 Die Leistungsgrup­
Sachsen im Durchschnitt knapp 37 Euro, Frauen fähiges Potenzial im Bereich der Forschung und wissenschaftlichen Studiengänge am Standort analysierten „Schwarmverhaltens“ auch für ge­
pen ermöglichen eine rund 30 Euro (Differenz: -23,3%). Bei Teilzeiter­ Entwicklung und die engere Verknüpfung von Görlitz mit einem hohen Frauenanteil unter schlechterspezifische Migrationsmuster ist aber
ungefähre Abstufung werbstätigkeit gibt es nur geringfügige Unter­ Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen den Studierenden (siehe Kapitel 3) bisher nur unbestritten vorhanden. Insbesondere die wenig
der Tätigkeiten eines
schiede zwischen den Geschlechtern. Hier liegt mit lokalen Wirtschaftsunternehmen (ebd. 6). geringe Beachtung. Insbesondere für das kaum verdichteten ländlichen Räumen werden gut
Arbeitnehmers nach dem
Anforderungsprofil des der Bruttostundenverdienst bei etwa 29 Euro Ebenfalls ausbaufähig ist die Gründungskultur erschlossene unternehmerische Potenzial der ausgebildete Frauen weiterhin an die Schwarm­
Arbeitsplatzes. Es werden und damit 3 Euro unter dem deutschlandweiten im Landkreis. Allerdings ist die Gründungsträg­ Kultur- und Kreativbranche schlummern hier städte verlieren (bzw. kaum Zuwanderung
insgesamt fünf Leistungs­
Durchschnitt für Teilzeiterwerbstätige. heit kein regionales Alleinstellungsmerkmal, unentdeckte Ressourcen im Dreiländereck. An­ verzeichnen), da in den ruralen Siedlungsräumen
gruppen unterschieden
(Statistisches Bundesamt sondern in ganz Sachsen sinken seit einigen gesichts des im Landkreis aufgestauten Moder­ „Kristallisationspunkte des öffentlichen Lebens“
2016): In Leistungsgruppe Jahren die Gewerbeanmeldungen kontinuierlich nisierungsdruckes wird die weitere strukturelle (empirica 2016, S. 8), Vergemeinschaftungschan­
1 sind „Arbeitnehmer in 2.6 Bildungs- und und halten sich mit den Gewerbeabmeldungen Vernachlässigung dieser wissensintensiven cen Gleichgesinnter und angemessene Beschäfti­
leitender Stellung“ und
in Leistungsgruppe 2 Beschäftigungsmarkt in etwa die Waage (Statistisches Landesamt des Berufsfelder Folgen zeitigen (vgl. Tiemann gungsperspektiven fehlen oder nur in geringem
sind „Herausgehobene Freistaates Sachsen 2016d). In Tabelle 3 wird 2009).9 Außerdem verliert der Landkreis die Maße vorhanden sind. Die Gefahr besteht, dass
Fachkräfte“ subsumiert. Überdurchschnittliche Abwanderungsraten sichtbar, wie sich die Erwerbspersonen auf die Bevölkerungsgruppe der zugewanderten jungen dem Landkreis dauerhaft Innovationspotenziale
Für die Leistungsgruppen 1 9 Das Glossar der Wissens­
von jungen Frauen aus Sachsen werden in der unterschiedlichen Berufsstellungen verteilen. (Hoch-)Qualifizierten als Beschäftigungs- und verloren gehen. Teilweise wird im produzieren­
und 2 ist in der Regel eine intensiven Dienstleis­
reguläre Berufsausbildung Forschungsliteratur vor allem damit begründet, So sind selbstständige Frauen mit einem Anteil Bevölkerungspotenzial (vgl. Kapitel 3). den Sektor bereits ein Fachkräftemangel beklagt. tungen erfasst vom DIW:
nicht ausreichend, vielmehr dass das sächsische Universitätswesen inge­ von 7 Prozent im Landkreis Görlitz eine nur Aber auch im Bereich von Bildung, Dienstleis­ http://www.diw.de/de/
werden ein Hochschulab­ diw_01.c.412453.de/pres­
nieurwissenschaftlich geprägt ist (Klemm und sehr kleine Gruppe. Im Vergleich dazu führen tungen und im öffentlichen Sektor steht der
schluss oder spezifische se/diw_glossar/wissensin­
Fachkenntnisse mit langer Thomas 2010). In der Oberlausitz verdanken sie 14 Prozent der Männer ein selbstständiges Generationenwechsel unmittelbar bevor. Um tensive_dienstleistungen.
Berufserfahrung gefordert. sich darüber hinaus der Branchenstruktur. Die Unter­nehmen. den weiteren wirtschaftsstrukturellen Wandel html.

12 13
3 Wer kommt? Wer geht? Wer
der Region nicht nur abzuwarten, sondern zu zu begegnen, war ein wichtiges Ziel der Studie.
gestalten, müssen vorhandene Potenziale in der Sie setzt bereits geleistete Forschungs- und

bleibt? Eine Untersuchung im


Region erkannt und gehoben werden. Entwicklungsarbeiten in der Regionalentwick­
Um aber jene Dimensionen von Lebensqualität lung10, der Gestaltung von Lebenslaufpassagen11

Landkreis Görlitz
und Orientierungen der im Landkreis lebenden und der Strategieentwicklung12 im Landkreis
qualifizierten Frauen und Männer abzubilden, Görlitz fort.
fehlen bisher angemessene Daten. Dieser Lücke

3.1 Untersuchungsgruppe der schaftlich orientierten Studiengängen) bei 31


quantitativen Erhebung Prozent und in Görlitz (Sozialwissenschaften,
Informatik, Management- und Kulturwissen­
Als Grundgesamtheit der quantitativen Erhe­ schaften) bei 72 Prozent. Die Online-Befragung
bung wurden: (1) die Klassen 11 und 12 des erzielte ein Rücklauf von 30 Prozent. Abwei­
Schuljahres 2015/2016 an den allgemeinbil­ chungen zur Grundgesamtheit werden ebenfalls
denden und beruflichen Gymnasien im Land­ über einen Gewichtungsfaktor korrigiert.
kreis Görlitz sowie (2) die Studierenden aller Die Gruppe der Studierenden setzt sich aus
Fach­semester der Hochschule Zittau/Görlitz einheimischen und zugewanderten Studierenden
(HSZG), die am 14.12.2015 in den regulären zusammen. Als Einheimische gelten die Studie­
Studiengängen immatrikuliert waren13, ausge­ renden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung
wählt (Tabelle 4). im Landkreis Görlitz erworben haben. Obwohl
Mit der Beschränkung auf Studierende der im Landkreis Görlitz mehr junge Frauen als Män­
Hochschule Zittau/Görlitz als Grundgesamtheit ner die Schule mit dem Abitur beenden, bleibt
werden in der vorliegenden Untersuchung nicht ihr Anteil unter den Studierenden geringer: Nur
die Studierenden erfasst, die ihren Wohnsitz im 23 Prozent der weiblichen und 29 Prozent der
Landkreis Görlitz haben, aber in einer anderen männlichen Studierenden haben ihre Hoch­
Region studieren (sogenannte Bildungsauspend­ schulzugangsberechtigung im Landkreis Görlitz
ler)14. Es gilt deshalb zu beachten, dass die erworben, was ein erstes Indiz darauf ist, dass
vorliegende Untersuchung nur für die Gruppe offenbar mehr Abiturientinnen die Region nach
der Studierenden an der HSZG repräsentativ ist. der Schule verlassen. Allerdings ist der Anteil
Insgesamt 1701 Schülerinnen und Schüler lern­ der Studentinnen, die innerhalb Sachsens, aber
ten im Schuljahr 2015/2016 in den 11. und 12. jenseits der Oberlausitz, an die hiesige Hoch­
Klassenstufen an allen neun allgemeinbildenden schule kommen, deutlich höher als der ihrer
und den beiden beruflichen Gymnasien im Land­ Kommilitonen, was die hohe Wanderungsnei­
kreis Görlitz. Bei einem Schülerinnenanteil von gung von jungen Frauen in der Bildungsphase
55 Prozent kommen auf 100 männliche Schüler sowohl regional als auch überregional wider­
rund 121 Gymnasiastinnen. Die Erhebung wurde spiegelt (vgl. Kapitel 2).
mithilfe eines online-gestützten Fragebogens Vor dem Hintergrund der Frage nach Mobili­
durchgeführt (Rücklaufquote: 39 %). Verzerrun­ tätserfahrungen in der Region verfügen über 13 Studierende in
10 Beispielhaft sei studienvorbereitenden
gen gegenüber der Grundgesamtheit wurden ein Viertel der Schülerinnen und Schüler über
hier auf die „Görlitzer Kollegs, Studierende aus
Beiträge zu regionalen gewichtet und angepasst. diese Erfahrungen. In der Gruppe der Studie­ Austauschprogrammen,
Transformations­prozessen“ An der Hochschule Zittau/Görlitz sind 2576 renden kehrt sich das Verhältnis von Mobilität Studierende im berufsbe­
insbesondere Bände 5 und gleitenden Fernstudiengang
Studierende (2016) eingeschrieben, die sich fast und Immo­bilität um. Bei den Frauen beträgt der
6 zum Begriff und Konzept Tourismusmanagement
der „Region“ verwiesen hälftig auf die Hochschulstandorte Zittau und Anteil der Immobilen sogar nur ein Fünftel, wäh­ sind nicht Bestandteil der
(Binas 2010, 2012). Görlitz verteilen. Der Frauenanteil liegt in Zittau rend jeder vierte Mann seinen Wohnsitz seit der Grundgesamtheit. Ebenso
(mit überwiegend technisch-ingenieurwissen­ Geburt nicht verlassen hat. Die größte Gruppe ausgeschlossen sind
11 Das Projekt „Zukunft Studierende am Internati­
Görlitz – Regionales onalen Hochschulinstitut
Übergangsmanagement Tabelle 4: Beschreibung der Untersuchungsstichproben (IHI) und der Hochschule
im Landkreis Görlitz“ der Sächsischen Polizei in
Bruttostichprobe Nettostichprobe Untersuchungssample Untersuchungssample
veröffentlichte 2012 den Rothenburg, da es sich um
(= Grundgesamtheit) (realisierte Interviews) (ungewichtet) (gewichtet)
1. Bericht „Brücken in kooperative Studiengänge
Ausbildung“. Die Koordi­ Män­ Frauen Gesamt Män­ Frauen Gesamt Män­ Frauen Gesamt Män­ Frauen Gesamt bzw. um sehr fachspezifi­
nierungsstelle für Berufs- ner ner ner ner sche Studiengänge handelt.
und Studienorientierung Gymnasien (Klassen 11 und 12 im Schuljahr 2015/2016)
im Landkreis Görlitz 14 Im Wintersemes­
organisiert die analoge 768 933 1.701 288 371 659 254 346 600 275 325 600
ter 2015/2016 waren
Ausbildungsmesse „Insider“ 45% 55% 100% 44% 56% 100% 42% 58% 100% 46% 54% 100% beispielsweise 425
und betreibt den „Online- Studierende mit Abitur und
Studierende der Hochschule Zittau/Görlitz im Wintersemester 2015/2016
Insider“: www.insider- Postanschrift im Landkreis
goerlitz.de. 1.248 1.328 2.576 299 462 761 275 440 715 340 375 715 Görlitz an der TU Dresden
48% 52% 100% 39% 61% 100% 38% 62% 100% 48% 52% 100% immatrikuliert (Auskunft
12 Vgl. ausgewählte strate­ des Immatrikulationsamtes
Quellen: Zulassungsamt Hochschule Zittau/Görlitz (Stand: Dezember 2015); Amtliche Schulstatistik 2015/2016 des
gische Papiere unter www. der TU Dresden vom 26.
Statistischen Landesamtes (Stand: 18.09.2015); Erhebung des TRAWOS Institutes 2015/2016, eigene Berechnungen
kreis-goerlitz.de. Mai 2016).

14 15
mit einer Umzugserfahrung könnte diese genutzt 3) die Gruppe, die nach der Abwanderung Tabelle 6: Wanderungswünsche der Studierenden nach Herkunft (ohne Bildungseinpendler16)
haben, um zum Studienort zu ziehen. Allerdings wahrscheinlich nicht mehr zurückkehren möchte Männer Frauen
haben über 50 Prozent der Studierenden schon (Dauerhafte Abwanderung). Bildungs- Einheimi­ Bildungs- Einheimi­
Gesamt Gesamt
mindestens zweimal den Wohnsitz gewechselt. Nur knapp ein Fünftel der Befragten an den Zuwanderer sche Zuwanderer sche

Auch in der Gruppe der Mobilen ist der Anteil Gymnasien möchte die Ausbildung oder ein
der Frauen höher als bei den Männern. Studium im Landkreis Görlitz absolvieren, wenn Verbleib 24% 60% 38% 30% 68% 41%

sie die freie Wahl hätten (Tabelle 5). Der Anteil Temporäre Abwanderung 31% 31% 31% 20% 23% 21%

der verbleibwilligen Studierenden liegt bei 39 Dauerhafte Abwanderung 44% 9% 31% 50% 9% 38%

3.2 Wanderungsneigungen und Prozent und ist damit leicht höher als unter den Gesamt 100% 100% 100% 100% 100% 100%
Anzahl Befragte 175 106 281 230 90 320
Verbleibfaktoren Gymnasiastinnen und Gymnasiasten (32%), was
sich damit erklären ließe, dass sich die Gruppe Anmerkungen: Als Einheimische werden die Studierenden definiert, die ihre (Fach)Hochschulzugangsberechtigung im
Landkreis Görlitz erworben haben. Bildungszuwanderer sind alle anderen Studierenden.
Zur Beantwortung der Untersuchungsfrage der Studierenden bereits an der Schwelle von Quelle: Erhebung des TRAWOS Institutes 2015/2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen
werden in einem ersten Schritt die Wande­ der Schule in das Berufsbildungssystem nach
rungsneigungen der jungen Frauen und Männer bestimmten Präferenzen (z. B. Präferenz für Nur rund die Hälfte der Zugewanderten möchte tätsabschluss an und wünschen sich häufiger
vorgestellt, bevor in einem zweiten Schritt die eine bestimmte Wohnregion) ausselektiert hat. wieder dauerhaft abwandern einen Beruf im Bereich der sozialen Berufe,
Analyse der Wanderungs- und Verbleibfaktoren Während sich die Bleibeorientierung zwischen Für die Gruppe der Bildungseinpendler stellt sich Gesundheit und Medizin bzw. Geisteswissen­
in den Vordergrund rückt. Die Wanderungs- und den Geschlechtern nicht unterscheidet, zeigen die Frage nach einem Verbleib natürlich nicht. schaften (55% vs. 25%), während Schüler Berufe
Verbleibfaktoren werden in der quantitativen sich bei der Ausdifferenzierung nach temporärer Stattdessen wurden sie gefragt, ob sie sich einen in den Bereichen Technik, Naturwissenschaft,
Erhebung über zwei zentrale Fragestellungen und dauerhafter Abwanderung leichte Unter­ Umzug in die Oberlausitz vorstellen könnten. Mit Verkehr bzw. Landwirtschaft bevorzugen.
operationalisiert (Tabelle 5): Die erste Frage schiede. Etwas mehr Frauen als Männer wollen knapp 4 Prozent ist der Anteil der Zuzugswilligen Darüber hinaus kommen die jungen Frauen –
möchte erfassen, welchen Ausbildungsort die die Region dauerhaft verlassen, aber weniger verschwindend gering. im Vergleich zu ihren männlichen Mitschülern
Schülerinnen und Schüler bzw. welchen Ort Frauen als Männer wollen temporär abwandern: Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden – eher zu der Einschätzung, dass die Region
der Erwerbstätigkeit die Studierenden zu­ 21 Prozent der weiblichen Studierenden und 31 vor allem bei den Berufswünschen deutlich. keine Berufsausbildung oder ein Studium ihrer
künftig präferieren würden, wenn sie die freie Prozent der männlichen Studierenden geben an, Schülerinnen streben häufiger einen Universi­ Wahl bieten kann, während in etwa die Hälfte
Wahl hätten. Die andere Frage zielt darauf, zu nach dem Studium abwandern, aber zu einem
erfahren, ob die jungen Erwachsenen in den 10 späteren Zeitpunkt wahrscheinlich wieder zu­ Kasten 1: Haben wir gar kein weibliches Abwanderungsphänomen?
Jahren nach der Schulzeit oder dem Studium in rückkehren zu wollen.
der Region Oberlausitz verbleiben möchten oder Einheimische äußern weit häufiger als Zugewan­ Keine signifikanten Unterschiede zwischen Frauen und Männern.
nicht und – falls sie angeben, nicht in der Region derte den Wunsch, zukünftig in der Region ver­ Haben wir gar kein weibliches Abwanderungsphänomen?
verbleiben zu wollen – ob sie sich irgendwann bleiben zu wollen. Aufgrund des geringen Anteils In der Literatur wird wiederholt darauf Schulqualifizierung (vgl. Studien zur Region
eine Rückkehr in die Region vorstellen können.15 an einheimischen Studierenden an der Hoch­ verwiesen, dass aus den ländlichen Regio­ Mecklenburgische Seenplatte: Wolf und
Es ergeben sich aus dieser Fragestellung drei schule Zittau/Görlitz – rund 33 Prozent bzw. 196 nen mehr Frauen als Männern abwandern Höcht 2008; Ländlicher Raum in Sachsen-
Gruppen: Studierende – unterscheiden sich die absoluten (vgl. Kühntopf und Stedtfeld 2012). Auch Anhalt: Leibert und Wiest 2012, S. 51).
1) die Gruppe derjenigen, die im Landkreis ver­ Zahlen der Verbleibwilligen jedoch kaum. Der die Wanderungsstatistiken des Landkreises • Wie nah die berechneten Kennwerte an dem
bleiben möchten (Verbleib), hohe Anteil der zugewanderten Studierenden Görlitz zeigen unter den jungen Frauen höhere wahren Wert der Grundgesamtheit liegen,
2) die Gruppe, die temporär abwandern möchte (67% bzw. 405 Studierende) schlägt sich nicht in Abwanderungsraten als bei den Männern (vgl. kann mithilfe von statistischen Methoden
(Temporäre Abwanderung) und einer gleich hohen Abwanderungsquote nieder: Kapitel 2). Wieso gibt es in der vorliegenden nur geschätzt werden. Niedrige Fallzahlen
quantitativen Untersuchung keine signifikan­ decken Gruppenunterschiede seltener auf.
Tabelle 5: Wanderungswünsche der jungen Erwachsenen
ten Unterschiede zwischen den Geschlechtern? Vorteil unserer Studie ist jedoch, dass eine
Hochschule Zittau/Görlitz
Gymnasien Es gibt verschiedene Erklärungen für diese recht homogene Gruppe (zumindest bei
(ohne Einpendler)
Beobachtung: den Schülerinnen und Schülern) beobachtet
Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Gesamt
• Die Studie erfragt lediglich Wanderungs­ wird, was für gewöhnlich geringere Stich­
wünsche. Ob diese in der Zukunft genauso probenumfänge erfordert.
Präferierter Ausbildungsort: Landkreis Görlitz 24% 18% 21%
realisiert werden, kann nur mit Längs­ • Die geringfügigen Unterschiede zwischen
Präferierter Ausbildungsort: andere Regionen 76% 82% 79%
schnittstudien beantwortet werden. den männlichen und weiblichen Studieren­
Gesamt 100% 100% 100%
• Wanderung ist bildungsbedingt. Die Unter­ den werden durch Kontrolle von Dritt­
suchungsgruppen sind hinsichtlich ihrer variablen, wie z. B. Herkunft, aufgelöst,
Präferierter Ort Erwerbstätigkeit: Landkreis
32% 27% 29% Bildung homogen, da ausschließlich Hoch­ d. h. es gibt eine „Selbstselektion“ nach der
Görlitz
Präferierter Ort Erwerbstätigkeit: andere qualifizierte (d. h. mit angestrebter oder Herkunft. Etwas mehr weibliche Studie­
68% 73% 71%
Regionen erworbener Fach- oder Hochschulreife) rende wollen dauerhaft abwandern, was
Gesamt 100% 100% 100% befragt wurden. Höher Gebildete wandern lediglich darauf zurückzuführen ist, dass
aus ländlichen Regionen mit einer höheren mehr weibliche Studierende in die Region
Verbleib 34% 30% 32% 38% 41% 39% Wahrscheinlichkeit ab, unabhängig vom zugewandert sind.
15 Der Zeitpunkt der Temporäre Abwanderung 39% 42% 41% 31% 21% 26% Geschlecht (Vogelsang 2013, S. 353). Die • In absoluten Zahlen betrachtet, fehlen auch
möglichen Rückkehr wurde
Dauerhafte Abwanderung 27% 28% 28% 31% 38% 35% Diskrepanz ist demzufolge in den anderen bei in etwa gleichen Wanderungsanteilen in
nicht näher spezifiziert, da
anzunehmen ist, dass die Gesamt 100% 100% 100% 100% 100% 100% Bildungsgruppen zu suchen: In ländlichen der Summe mehr Frauen, da junge Frauen
jungen Erwachsenen die Regionen haben junge Frauen mit (ange­ häufiger die Hochschulzugangsberechtigung
genaue zeitliche Einord­ 16 Bildungseinpendler
Anzahl Befragte 600 601 strebter) mittlerer Reife eine höhere Abwan­ erwerben (vgl. Kapitel 2).
nung einer möglichen sind Studierende mit
Rückkehr prospektiv nicht Quelle: Erhebung des TRAWOS Institutes 2015/2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen derungsneigung als junge Männer mit dieser Wohnsitz außerhalb der
vornehmen können. Signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind mit einem * gekennzeichnet (Signifikanzniveau: 0.05). Oberlausitz.

16 17
der Studierenden – unabhängig vom Geschlecht Die befragten jungen Frauen und Männer formu­ Menschen aus der Oberlausitz wird deutlich, haben sie und ihre ehemaligen Mitbewohner
– die Meinung teilen, dass sie in der Region lieren ihre Verbleibperspektiven vor dem Hin­ dass die Abwanderungsbereitschaft von Frauen Görlitz wieder verlassen. Sie selbst arbeitete
den Arbeits­platz ihrer Wahl finden werden. tergrund jeweils spezifischer Mobilitätserfah­ latent vorhanden ist und immer wieder explizit mit zwei Kurzzeitverträge bei einem Freien
Weiblichen Studierenden ist es darüber hinaus rungen. So haben nur 16 Prozent der weiblichen vorgetragen wird. Gleichzeitig beginnen sie ihre Träger in der Region. Aber wegen mangelnder
wichtiger, den (zukünftigen) Arbeitsplatz mit öf­ Studierenden und ein Viertel der jungen Männer Bleibeorientierung zu thematisieren: Qualität der Arbeit hat sie ihren Arbeitsvertrag
fentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen als ihren im Studium ihren Wohnort noch nie verlassen. nicht verlängert und sich gefragt: ‚Wozu habe
männlichen Kommilitonen (58% vs. 47%). Auch die präferierte Ausbildungsortswahl zeigt, „Ich … bei mir war das lange so, dass ich ich studiert? Noch dazu, wo mein Freund hier
Neben den intendierten Bleibe- oder Wande­ dass junge Frauen auf dem Gymnasium die überlegt habe, nach dem Studium wegzugehen. Wirtschaftspsychologie studiert hat und zwei
rungsneigungen wurde ebenfalls explizit nach den Region deutlich eher verlassen wollen als die Das ist klar, dass wenn ich fertig bin, gehe ich qualifizierte Stellen würden wir niemals finden.
Gründen des Verbleibs bzw. der Abwanderung ge­ jungen Männer (Tabelle 5). weg von hier. Aber ich hatte nie den konkreten Für Laura und ihren Partner gab es keine
fragt, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Zu den Faktoren, die sowohl die Präferenz Blick wohin sozusagen. Und irgendwie vor paar Alternative zum Weggehen.“
73% der Schülerinnen und 84% der Studentinnen für den Landkreis Görlitz als Ausbildungsort/ Monaten ging es dann schon los oder sogar (Feldtagebucheintrag vom 19.3.2016)
benennen familiäre Gründe (Familie oder Partner Erwerbsort als auch die Bleibeneigung positiv schon vor einem Jahr ging es dann los bei mir,
in der Herkunfts- bzw. der Zuwanderungsregion) beeinflussen, zählen:17 mit dem Nachdenken: Warum eigentlich weg Nur ein Viertel der Studentinnen (und 32% der
für den Verbleib oder Abwanderung, aber nur • der Erwerb des Abiturs in der Region von hier?“ (T5w) männlichen Studierenden) geben an, die Erwerbs­
61% der Schüler bzw. 71% der männlichen Stu­ • ein Berufswunsch im technischen, naturwis­ tätigkeit hier im Landkreis zu präferieren. Gleich­
dierenden. Für 59% der Studentinnen und für 72% senschaftlichen Bereich „Ich habe damals gesagt, ich geb mir ein Jahr, zeitig möchten 41 Prozent (männlich: 38%) im
der (männlichen) Studenten ist ein Arbeitsplatz • keine Präferenz für das Leben in einer Groß­ dann ziehe ich nach Dresden. Das ist dreiein­ Landkreis verbleiben. Hier wird der Widerspruch
ein wichtiges Bleibe- oder Wanderungsmotiv. Und stadt halb Jahre her und ich habe mittlerweile mein zwischen hoher Verbleiborientierung und der Skep­
für immerhin 38% der Schülerinnen und 30% der • die positive Einschätzung der Ausbildungs­ UNTERNEHMEN hier in Görlitz und möchte sis, einer angemessenen Beschäftigung im Land­
Schüler fließen Freizeit- und Kulturmöglichkeiten in situation im Landkreis auch so schnell nicht mehr weg.“ (T2w) kreis nachgehen zu können, deutlich. Im Zweifel
der Oberlausitz in den Entscheidungsprozess ein. • der Zuspruch, in der Region zu bleiben werden die Wanderungs- und Verbleibent­
Es gibt keine statistisch signifikanten Unter­ • eine gute Berufsberatung Insgesamt dominiert der Wunsch nach Ausbil­ scheidungen nach dem Studium, so wie bei der
schiede in der Wanderungsneigung zwischen • eine wöchentliche ehrenamtliche Tätigkeit und dungsmobilität, sei es, um an einer Universität abgewanderten ehemaligen Studentin Laura, ent­
den Männern und Frauen. Der scheinbare • familiäre Gründe. zu studieren, sei es, um Erfahrungen im Ausland sprechend qualifizierter Erwerbs­chancen gefällt.
Widerspruch zu Wanderungsstatistiken in der zu sammeln. Kommen oder verbleiben qualifizierte Frauen
Forschungsliteratur, in der vielfach von unglei­ 3.3.1 Berufliche Zukunft Für die Gruppe der Qualifizierten, die im Land­ nach der Ausbildung oder dem Studium im
chen Migrationsdynamiken berichtet wird, lässt Ein Berufswunsch im sozialen, gesundheitli­ kreis aufgewachsen sind, war die Rückkehr in Landkreis, erfahren viele von ihnen Einschrän­
sich jedoch leicht auflösen (vgl. Kasten 1). chen oder geisteswissenschaftlichen Bereich die Region für ein weiterführendes Studium kungen in ihrer Berufstätigkeit, die berufliche
steht im Zusammenhang mit einer höheren oder erste Berufserfahrungen noch nicht zwin­ Entwicklungschancen oder die Anerkennung
Abwanderungsneigung. Zwar haben Frauen gend mit einer Bleibeorientierung verbunden ihrer konkreten Erwerbstätigkeit betreffen. Über
3.3 Mobilität anerkennen mit Berufswünschen im technischen/natur­ (vgl. T5w; T2w). Allerdings verlieren die „harten mangelnde Wertschätzung berichten Unterneh­
und Bleiben organisieren: wissenschaftlichen Bereich eine in etwa gleich Entscheidungen“ zur (erneuten) Abwanderung merinnen ebenso wie qualifizierte Angestellte.
hohe Verbleibwahrscheinlichkeit wie Männer in im Prozess des Bleibens an Bedeutung – mög­
Erklärungs­faktoren für
diesen Bereichen. In absoluten Zahlen führen die licherweise, weil im Lebenslauf bereits Phasen „Ich finde wirklich Unterschiede zwischen den
Wanderung und Verbleib ausgeprägten geschlechtsspezifischen Berufs­ der Mobilität vorhanden waren. Die Rückkehrer Männern und den Frauen wie er, (der Chef,
wünsche jedoch zu einem höheren weiblichen können bestehende Kontakte und Netzwerke Einfg. JG) mit ihnen umgeht. Und ich denke mal
Im Folgenden wird entlang der zentralen Verbleib- Abwanderungsvolumen, da die jungen Frauen mobilisieren und sie finden günstige Gelegen­ er würde sich nie lobend äußern. Das ist richtig
und Wanderungsfaktoren die quantitative Analyse an den Gymnasien häufiger Berufswünsche im heiten und Bedingungen vor, entlang derer mittelalterlich. Einmal konnte mein Kollege eine
(3.2) mit den Ergebnissen der qualitativen Unter­ sozialen oder geisteswissenschaftlichen Bereich auch berufliche Perspektiven gestaltet werden. Weiterbildung nicht antreten und hat mich
suchungen zusammengeführt. Das Augenmerk liegt (55% bzw. 179 von 325 Frauen) und weniger im Um aus Perspektiven konkrete Ereignisse zu gefragt, ob ich Interesse habe. Ich bin dann
auf den Prozess- und Gestaltungsdimensionen des technischen/naturwissenschaftlichen Bereich machen, betonen die Fokusgruppenmitglieder zu meinem Chef und hab ihn gefragt, aber der
Bleibens: Wie organisieren qualifizierte Frauen ihre (18% bzw. 59 von 325 Frauen) äußern. Bereits die Dynamik der sozialen Kontakte: Netzwerke guckt mich nur erstaunt an: Was wollen Sie
Bleibeperspektiven in der Region? in anderen Studien konnte festgestellt werden, und Freundeskreise sind die Basis für ehren­ denn bei der Weiterbildung? Ich brauche Sie
Die qualitative Analyse umfasste insbesondere: dass es in Sachsen eine überdurchschnittliche amtliche Aktivitäten und soziale Projekte, die doch hier.“ (Nancy, nördlicher LK)
• Ethnografische Feldforschung und teilnehmen­ Abwanderung von jungen Frauen zum Studieren teilweise auch in berufliche Tätigkeiten über­
de Beobachtung gibt, was auf das technisch geprägte Univer­ gehen können. In Hintergrundgesprächen berichten (angehende)
• Expertengespräche (mit Akteuren der lokalen sitätswesen zurückzuführen ist (Klemm und Im Kontrast dazu steht der Feldbericht über eine Unternehmerinnen, dass sie als Autorität nicht
Verwaltung, Arbeitsmarktexpert*innen sowie Thomas 2010). Auch die Verteilung der Studie­ Gruppe von zugewanderten, nicht aus der Region anerkannt werden oder ihnen ganz und gar von
Wissenschaftler*innen) renden auf die Standorte Zittau (ingenieur- und stammenden Studierenden unterschiedlichster der Selbstständigkeit abgeraten wird. Insbeson­
• 2 Fokusgruppeninterviews: a) „Fokusgruppe naturwissenschaftliche Studiengänge) und Gör­ Fachrichtungen, die mittlerweile verstreut in dere, wenn sie in den Bereichen Energie, Tech­
Struktur“ (Akteure aus Wirtschaft, Verwaltung, litz (sozial- und kulturwissenschaftliche Studien­ der Bundesrepublik lebt und fünf Jahre nach nik und Planung tätig sind, dominieren „Absagen
Presse, Bildung und Arbeitsmarkt); b) „Fokus­ gänge) zeigen ein unausgewogenes Geschlech­ dem Abschluss zum Alumni-Treffen in Görlitz und Verunsicherungen“ (Lisa, westlicher LK) in
gruppe Oberlausitz“ (junge und qualifizierte terverhältnis mit einem hohen Frauenanteil von zusammenfindet. ihrer beruflichen Erfahrungswelt.
Frauen und Männer aus der Region) mehr als 70 Prozent in Görlitz und einem Anteil
• 4 Problemzentrierte Interviews (mit Frauen von knapp über 30 Prozent in Zittau. „(…) Über die Zeit des Studiums und ihre Im Landkreis werden Themen der Vereinbarkeit
der Region) Wie dieses Abwanderungsmotiv zu einer andau­ Anschlussperspektiven berichtet die Heilpäda­ von Beruf und Familie stark auf Frauen redu­
• Diskursanalytische Erhebungen ernden Bereitschaft abzuwandern wird, zeigt gogin Laura: ‚Das Ankommen war ein bisschen ziert, die damit häufig in der Teilzeitfalle landen
17 Die Ergebnisse basieren
auf einem Regressionsmo­ • Formen der Interaktiven Sozialforschung – die qualitative Untersuchung. Insbesondere schwierig, aber dann hatten wir eine explosive, und ihre beruflichen Chancen kaum entwickeln
dell (hier nicht dargestellt). Werkstattprozess (vgl. Kapitel 4) in der Fokusgruppe mit jungen qualifizierten magische Zeit in Görlitz.‘ Nach dem Studium können. Einige Gesprächspartnerinnen berichten,

18 19
dass sie, sobald sie Kinder haben, auf Teilzeit­ Es besteht also Entwicklungsbedarf in Hinsicht auf nen fehlen. Soziale Anschlüsse scheinen auf „Die Hochschule spielt aus Lauras Perspektive
stellen gedrängt werden (sollten). Männer wie die Verbesserung der Bedingungen für erwerbs­ Familien­aktivitäten verdichtet zu sein oder im gar keine Rolle in der Stadt. Am Anfang, so er­
Frauen haben offensichtlich als Beschäftigte tätige Frauen, aber auch um das Potenzial als Kontext partizipativer Initiativen und Projekte zählt sie, hat sie am Bahnhof den Bus gesucht,
schlechtere Karten, wenn sie neben dem Beruf Zuwanderungsregion für Familien zu heben. Die soziales Engagement zu erfordern. Wer weniger der zur Hochschule fährt, ‚bis ich mitbekommen
auch Verantwortung für Kinder übernehmen. zielgruppenspezifische Adressierung von Fami­ aktivierend die konsumtive Seite des kulturellen habe, den gibt es gar nicht‘. Nicht zur Stadt
lien, die in den Landkreis zurückkehren sollen18, Lebens genießen will, beklagt fehlende Mög­ dazugehörig habe sie sich eigentlich während
„In Teilzeit kriegst du auch automatisch die widersprechen noch den tatsächlichen Chancen lichkeiten und den sozialen Druck, „engagiert“ des ganzen Studiums gefühlt: ‚wir sind immer
schäbigeren Projekte, also die weniger ver­ auf adäquate familienfreundliche Beschäftigung oder „familienorientiert“ sein zu müssen. Zudem unter uns Zugezogenen geblieben und hatten
antwortungsvollen und auch die Männer bei im Bereich der Höherqualifizierten. unterstützen die institutionellen Vertreterinnen keine Kontakte außerhalb, also in die Stadt
uns, die in Elternzeit oder Teilzeit gehen, selbst und Vertreter den Fokus auf Familien. hinein‘.‘“ (Feldtagebucheintrag vom 19.3.2016)
die werden benachteiligt behandelt in ihrer 3.3.2 Soziale Nahbeziehungen und In den narrativen Interviews sowie in der
Karriere. Immerhin da ist es gerecht bei der ehren­amtliches Engagement „Fokus­gruppe Oberlausitz“ wird betont, dass Die fehlende Verbindung von Hochschulleben
Benachteiligung. Männer und Frauen werden Familiäre Gründe (Familie und/oder Partner in neben den beruflichen Anschlüssen beson­ und Stadtleben ist keine Görlitzer Besonderheit
gleich schlecht behandelt, wenn sie in Elternzeit der Oberlausitz) werden in der quantitativen ders die individuellen Orientierungen nach – auch an anderen Hochschul- und Universitäts­
gehen oder in Elternteilzeit. Das beruhigt mich Erhebung als häufigste Bleibemotive benannt, Selbstgestaltung und Gemeinschaftsbildung in standorten schaffen es die Städte nicht, den
fast. Mein früherer Chef, den ich eigentlich sehr wobei Schülerinnen (73%) und Studentinnen der Region verwirklicht werden können. Im Großteil der Studierenden zu halten. Im Land­
geschätzt habe, der aber auch frauenfeindliche (84%) diesem Faktor mehr Gewicht geben als Lebensverlauf gerät diese Milieuorientierung kreis Görlitz aber sind alternative Zuwande­
Bemerkungen macht und nicht mal ein schlech­ die jungen Männer (61%/71%). Ebenso sind eine in Bedrängnis. Durch räumliche, zeitliche und rungsoptionen rar und das Feld der höher
tes Gewissen hatte. Praktisch ist er fair, aber Familie oder ein Partner in der Wohnregion für berufliche Hindernisse können geteilte Lebens­ Qualifizierten ohnehin überschaubar. Für die
was er denkt, sagt er auch laut und das ist die Bildungseinpendler die Hauptgründe, nicht welten deutlich schwieriger aufrechterhalten qualitativen Entwicklungschancen in der Region
alles andere als in Ordnung. Unter der Gürtel­ in die Region Oberlausitz einzuwandern. Hier ist werden und müssen, anders als im Studium, sind die Studierenden potenzielle Arbeitskräfte
linie.“ (Lisa, westlicher LK) die Zustimmung unter den Geschlechtern inter­ gezielt aufgesucht oder organisiert werden. mit Gestaltungskraft. Hier gilt es, Hürden ab­
essanterweise ähnlich hoch verteilt (m= 87%; Auch die familialen Bande reichen nicht aus, um zubauen. Auch von Qualifizierten, die aus der
Hierin spiegelt sich ein wichtiger Widerspruch: w= 85%). Der Pull-Faktor Familie ist wie im den Wunsch nach anerkennenden Gemeinschaf­ Region kommen, wird der Eindruck geteilt,
Zum einen ist die Familien- und Gemeinschafts­ voran­gegangenen Absatz besprochen ein durch­ ten zu erfüllen. Die Wahrnehmung, im Landkreis bestimmte Chancen und Entwicklungskanäle
orientierung des Landkreises Görlitz eine Qualität, aus ambivalenter Faktor. Er wird nur seine volle einen Ermöglichungsraum für die individuelle seien für einen „Klüngel“ (Fokusgruppe Ober­
die für Qualifizierte ein Kriterium sein kann, Wirkkraft entfalten können, wenn geschlechter­ Entfaltung vorzufinden, ist dann abhängig von lausitz) vorbehalten. Teilweise mangele es an
in der Region zu verbleiben oder hierher zu differenzierte Arbeits- und Lebenswelten im der Lebensphase. Im weiteren Lebensverlauf Transparenz und Durchlässigkeit.
kommen. Zum anderen erfahren einige von Landkreis wahrgenommen und entsprechend verlangt die Sicherung dieser Gestaltungsräume
ihnen womöglich einen Nachteil, sobald sie die gestaltet werden. persönliche Anstrengung und den Zugang zu lo­ 3.3.4 Infrastruktur: Freizeit und Mobilität
beruflichen und sozialen Einschränkungen, u. a. Neben der hohen Bedeutung sozialer Nah­bezie­ kalen Netzwerken. Außerdem gewinnt die Wahr­ „Mit der Familie auf dem Land zu wohnen und
durch eigene Familiengründung, spüren. Gleich­ h­ungen zeigt die qualitative Studie deutlich, nehmung von Gestaltungsgrenzen an Bedeutung. die eigenen Kinder in der Natur aufwachsen
zeitig werden Maßnahmen, die sich auf beson­ wie sich die Lebensweisen junger Männer und Neben geschlechterspezifischen Grenzen werden zu sehen, wäre mein größter Wunsch. Doch
dere Bedürfnisse von Frauen konzentrieren und Frauen in der Region unterscheiden. Neben auch kulturelle Grenzen im Umgang mit Neue­ der wird immer kleiner bei folgenden Fragen:
Benachteiligungen abbauen könnten, kritisch der Kernfamilie als weithin vorherrschendes rungen innerhalb institutioneller und generatio­ Möchte ich meinen Kindern eine Busfahrt von
betrachtet und als „Sonderbehandlung“ beklagt. Lebens­modell (BMFSFJ 2013) praktizieren Frauen naler Beziehungen thematisiert. einer Stunde in die Schule zumuten? Möchte
Erst der unbedingte Wille selbstorganisierter und Männer Patchworkfamilien-Konstellationen ich selbst täglich 1,5 h zu meinem Arbeits­
Interessen erfährt Unterstützung, wie die Ver­ variantenreich: als Familienbeziehungen in 3.3.3 Herkunft platz fahren und meine Kinder (und Mann) erst
treterin einer Wirtschaftsorganisation berichtet: getrennten Eltern-Haushalten, in ehelichen und Einheimische Studierende haben eine höhere spät abends wieder zu Gesicht bekommen?
außerehelichen Beziehungen und in Familien­ Verbleibwahrscheinlichkeit als Zugezogene. Weit Einkaufs­weg von 1h? Nachbarn alle über 50
„Ich war am Anfang auch, muss ich ehrlich beziehungen ohne elterliche Liebesbeziehung im über die Hälfte der männlichen und weiblichen und keine Möglichkeit, mich mit einer be­
sagen, persönlich recht skeptisch, obwohl ich gemeinsamen oder getrennten Haushalt, dann Studierenden aus der Region wollen bleiben nachbarten Familie über dem Gartenzaun zu
selber als Frau berufstätig bin, ob Frauen, die im Status der Alleinerziehenden. Häufig sind und nur ein geringer Teil dauerhaft abwandern. unterhalten oder die Kinder zusammen spielen
selbstständig sind, tatsächlich so extra, so die Frauen Impulsgeberinnen für diese alterna­ Ein Viertel der männlichen und fast ein Drittel zu lassen? Auszug der Kinder mit 16, weil kein
besondere Betreuung oder Vernetzung unbe­ tiven, aber familienorientierten Lebensweisen. der weiblichen zum Studium Zugewanderten Bus zur gewünschten Schule oder Ausbildung
dingt brauchen. In Gesprächen mit Existenz­ Eine Interviewpartnerin lebte phasenweise bei könnten sich vorstellen, die Oberlausitz nicht fährt ... Ich blicke mit Sorge in die Zukunft.“
gründern – also für mich war es egal, ob da dem Partner, bei der Herkunftsfamilie oder zu verlassen. In absoluten Zahlen ausgedrückt (Studentin, offene Angabe in der quantitativen
Mann oder Frau vor mir sitzt – ich habe das bei Freunden. Die räumliche Nähe ermöglicht sind die unterschiedlichen Anteile erstaunlich Erhebung)
eher, mehr oder weniger, als gleich angesehen. vielfältige Lebensformen mit gemeinschaftlicher nah beieinander: 124 Einheimische wollen in der
Aber tatsächlich sind viele Frauen an mich Orientierung, die räumliche und soziale Abgren­ Region bleiben und 111 Zugewanderte ebenfalls. Eine große Mehrheit der Frauen, die Infrastruk­
herangetreten, die gesagt haben: wir sind zungen zulassen. In den Beschreibungen der ehemaligen und wie­ tur als Standortfaktor angaben, meinen den
selbstständig, wir arbeiten häufig auch als… Weitaus schwieriger scheinen die Verbleib­ der abgewanderten Studierendengruppe werden Erhalt und Ausbau des ÖPNV. Ein Drittel der
sind sozusagen auch Alleinkämpferinnen und perspektiven für Frauen zu sein, die ohne die Schwierigkeiten, zu bleiben, offenbar: Sie weiblichen Befragten wünschen sich außerdem
brauchen den Austausch untereinander. Da sind Partner in der Region leben (wollen). Das Single- konnten weder berufliche Anschlüsse noch so­ den Erhalt und Ausbau von Kultur und Freizeit­
tatsächlich auch viele Initiantinnen von unten Leben gehört im Landkreis Görlitz nicht nur auf­ ziale Bindungen aufbauen, die tragfähig wären, angeboten. Zwar sind Aussagen darüber, wie
entstanden und haben gesagt: wir wollen das, grund der dominierenden Familienorientierung um in der Region zu verbleiben. Die Gruppe war der Bedarf tatsächlich gestaltet ist und welche
wir möchten uns untereinander austauschen.“ zur marginalisierten Lebensweise, auch die Suche sich einig, dass die Studienbedingungen und das Zielgruppenspezifik es gibt, an dieser Stelle
18 Vgl. Eberhard Nagel, (RP 4, Wirtschaft) nach einem Partner oder einer Partnerin ist im Leben in Görlitz „großartig“ waren. Sie nehmen nicht möglich – hierzu wäre eine eigene Studie
Chef des Jobcenters im
Landkreis Görlitz, im SZ- Milieu der gut Ausgebildeten häufig schwierig, allerdings eine Distanz zwischen ihrem Leben als nötig – aber der Faktor Freizeitangebote ist ein
Interview am 15.02.2016. da potenzielle Kandidaten und Kandidatin­ Studierende und dem städtischen Leben wahr: relevanter Abwanderungsgrund. Und Frauen

20 21
wie Männer, die ihren Arbeitsort, Einkaufsgele­ Wer im Landkreis nicht mobil sein kann, riskiert Qualitäten von Heterogenität, Größe und Dichte und kleinteiliger Landwirtschaft umsetzen wollte,
genheiten und den Kindergarten mit dem ÖPNV soziale Isolation und sieht sich gezwungener­ nicht für alle gleichermaßen lebenswert. In den ist mittlerweile desillusioniert. Sie sucht wieder
erreichen wollen, ziehen vor dem Hintergrund maßen von Möglichkeiten der Berufsausübung Interviews mit den qualifizierten Frauen wurde die Großstadt, um Abstand vom dörflichen Le­
der Nahverkehrsanbindungen eher nicht aufs und der sozialen Teilhabe ausgeschlossen. das kleinteilige, übersichtliche und gemein­ ben zu nehmen. Ähnlich ergeht es Katharina. Sie
Land, selbst wenn sie wollten. Schon die Suche nach einem Ausbildungsplatz schaftliche Leben im Kontrast zur Großstadt als kehrte vor 10 Jahren in die Heimatregion zu­
Für den Faktor Freizeit ist der Landkreis bemüht, kann durch geschlechterspezifische Mobilitäts­ Rückkehr- und Zuzugsgrund betont. rück und hat mittlerweile zwei Kinder. Die diffe­
vorhandene Angebote besser zu kommunizie­ wünsche in der Region eingeschränkt sein. Die Allerdings werden die oftmals romantisierten renten Erfahrungsräume, die den städtischen
ren.19 Was städtische oder eben auch ländliche strukturellen Nachteile der Branchenstruktur Vorzüge des Land- und Kleinstadtlebens durch und ländlichen Lebenswelten zugeschrieben
Strukturen anbieten können oder welche unbe­ werden durch infrastrukturelle Engpässe im die Lebenspraxis korrigiert. Erlebt wird dann werden, lassen sich nicht ohne weiteres verbin­
rücksichtigten Bedarfe vorhanden sind, sollte ÖPNV weiter verschärft. In einem Landkreis, in eine Diskrepanz zwischen Gestaltungschancen den. Die Schwierigkeiten, in urbanen Kontexten
eine entsprechend angelegte Studie detailliert dem durch die periphere Lage Ausbildungsort, und tatsächlicher Wirksamkeit. Oftmals verhin­ die sozialen Milieus zu finden, die passen, lösen
untersuchen. Berufsschule sowie der Wohnort schnell etliche dert soziale Kontrolle und räumliche Nähe, indi­ sich in ländlichen Regionen nicht auf. Das aktive
Wer in der Region aufgewachsen ist, wie drei Kilometer getrennt voneinander sind, sollte den viduellen Entfaltungswünschen nachzugehen. Engagement und die Entwicklung beruflicher
Interviewpartnerinnen und die Gruppe derje­ Fragen der Erreichbarkeit mit öffentlichen Ver­ Auf die Frage, wo sich die Frauen wohl fühlen, Perspektiven im Landkreis, wird als „Kraftakt“
nigen Qualifizierten, die in der Fokusgruppe kehrsmitteln nachgegangen werden, da es sich fallen die Antworten unterschiedlich aus – oft und die Vorstellung des „dörflichen Miteinanders“
untersucht wurden, verweist auf die Erfahrung hier für einige Zielgruppen um einen Abwande­ mit Verweis auf ihr Großstadtleben: als oftmals trügerisch erfahren.
von Immobilität in der Kindheit mit den anknüp­ rungsfaktor handelt.
fenden Schwierigkeiten, Freundschaftsbezie­ „Wenn ich hier Zuhause bin und die Tür zu ma­ „Mir wurde so richtig die Illusion genommen,
h­ungen aufzubauen. Gerade auf den Dörfern 3.3.5 Sogwirkung der Städte oder chen und in meinem Garten rummuddeln kann dass man hier groß was reißen kann. Neulich
und den entlegeneren Schulstandorten fehlte Attraktivität des Landlebens? und die Sachen so mache wie ich sie will und stand in der Zeitung, dass der Bürgermeister
es an verbindendem Nahverkehr zwischen den Die Präferenz für das Leben in der Großstadt dann auch mal meine Ruhe habe. (…) Wenn du (aus einer Stadt im Landkreis) das ‚Projekt
verstreuten sozialen Bezugspunkten. Wenn nicht bleibt auch nach Kontrolle aller anderen Fakto­ jetzt hier bist, fällt es dir gar nicht so dolle auf, Oberlausitz‘ vorantreiben will. Wenn die das
privat Abhilfe geleistet werden konnte, lagen ren ein signifikanter Abwanderungsfaktor. Das aber wenn du dann mal raus bist aus diesem wirklich wollen, dann müssen die erstmal mit­
Freundschaften am Nachmittag und an den Leben in der Großstadt ist also mehr als nur eine kleinen Örtchen hier, da wird einem schon so einander arbeiten und miteinander auskommen
Wochen­enden brach, weil im Zeitalter der analo­ Reaktion auf Defizite des Landlebens. Unbeob­ bewusst, also da habe ich mir schon die Frage und nicht übereinander herfallen und einer dem
gen Kommunikation Distanzen nicht ohne weite­ achtete Faktoren wie dichte Peer-Netze in den gestellt, ob ich nicht auch so ein bisschen anderen nichts gönnen.“ (Nancy, nördlicher LK)
res überwunden werden konnten. Erst mit dem Städten, metropolitaner Lebensstil oder Groß­ Leben verpasse. Wenn man es dann immer hat,
Erwerb des Führerscheins nahm diese soziale stadtflair sind selbst wirkungsvolle Attraktionen, also damals in Stadt A hatte es mir dann auch Schlussendlich erleben diese Frauen Formen
Abkopplung ab. Die digitalen Medien lösen indes insbesondere durch die Ausdünnung jüngerer nicht mehr gefallen dieser ständige Großstadt­ sozialer Marginalisierung in der Region. Sie
das Kommunikationsproblem nicht auf. Vorstell­ Kohorten (empirica 2016; Slupina et al. 2016). stress einfach. Für mich ist es, glaube ich, die entwickeln Strategien des Rückzugs und suchen
bar ist, dass sie es sogar noch verschärfen: Wir Allerdings gilt das zunächst nur für eine gewisse Mischung, die es macht. Schade ist, dass wir in der Distanzierung Bereiche, in denen sie ihre
können zwar chatten, aber uns nicht treffen. Lebensphase. Als dauerhaften Lebensort prä­ hier so sehr weit weg von einer Großstadt Autonomie erweitern können. Durch berufliche
Der aktive Rückzug aus den sozial verdichteten ferieren die Befragten mehrheitlich Mittel- und sind.“ (Katharina südlicher LK) und private Grenzziehungen kreieren sie Räume
Netzwerken und Alltagswelten der Großstädte ist Kleinstädte: Um die 60 Prozent der Schülerin­ der Unabhängigkeit:
für einige junge Menschen eine zentrale Motiva­ nen wie der Studentinnen wünschen sich für „Im Moment fühle ich mich am wohlsten, wenn
tion, gezielt in die Dörfer zurückzukehren bzw. ihre Zukunft ein Leben fern der Großstadt. Ein ich wegfahre, weg von hier. Da kann ich ab­ „Und jetzt mach ich das mal, jetzt fang ich mal
zu ziehen. Hochfrequentierte Freizeitangebote Viertel der männlichen Studierenden bevorzugt schalten. Jetzt fahre ich nämlich gerne wieder im Kleinen an und habe es selbst in die Hand
sind ihnen weniger wichtig. Sie bewegen sich sogar das Dorf. Auch wer den Wunsch nach ei­ nach Großstadt B. Da war ich jetzt wieder genommen. Und meine ersten Workshops zu
mit dem Auto durch die Weiten des Land­- nem Leben in der Mittelstadt äußert, bringt eine zwei Tage. Und das ist wie eine Woche Urlaub. machen, um so auch mehr Beachtung zu finden,
kreises oder stimmen ihren Lebensrhythmus höhere Abwanderungsneigung mit. Aber welche Da bin ich weg und da kann ich dann hier in der Gemeinde, wo ich mich auch in Zukunft
auf den ÖPNV ab. Sie nutzen punktuell die kul­ Erfahrung mit dem Leben auf dem Dorf oder in wirklich mal abschalten von allem Drumherum.“ einklinken möchte. Jetzt nicht primär als
turelle Infra­struktur der Mittelstädte in Görlitz, der Stadt die Bindungskräfte strukturieren, kann (Nancy, nördlicher LK) Technikerin, sondern auch als jemand, der was
Weißwasser oder Zittau. Für wen vielfältigere hier nicht genau bestimmt werden. Der Zusam­ bewegen möchte.“ (Lisa, westlicher LK)
Angebote oder das Engagement in kulturellen menhang besteht aber: Je kleiner der präferier­ „Speziell hier in Dorf XY, irgendwie hat das von
Initiativen wichtig sind, lebt im vergleichswei­ te Siedlungsraum (z. B. Dorf) ist, desto gerin­ Anfang an so gepasst. Als ich zum ersten Mal Ihre Eigeninitiative soll sowohl ihre partizipati­
se urbanen Görlitz oder nimmt Fahrtwege im ger fällt die Abwanderungsneigung aus (vgl. hierhingekommen bin, Mensch, das ist so eine ven Möglichkeiten erhöhen, als auch vor äuße­
ländlichen Norden und Westen des Landkreises Vogelsang 2013). Welche kultur- oder industrie­ ganz schöne heimelige Atmosphäre. Mit der ren Eingriffen schützen. Zum Beispiel dort, wo
in Kauf. Für einige sind die längeren Anfahrten historischen Pfade möglicherweise Identität Neiße-Aue, das Wehr und so. Das gefällt mir sie mit angeheirateten oder eigenen Familien­
bereits aus dem Leben in Großstädten bekannt und Bindungen stiften, während andere gerade einfach gut. Ich fühl mich wohl. Die Galloways. mitgliedern Wohnraum teilen:
und werden nicht als Hindernis wahrgenommen. gegenteilig Abgrenzungen und soziale Distanz (lacht) Ja, die haben auch sehr viel beigetra­
Wer allerdings mit dem ÖPNV im Landkreis produzieren, wäre eine Untersuchung wert. Die gen.“ (Nora, mittlerer LK) „… und deshalb haben wir auch keine richtige
unterwegs sein will oder muss, hat sich auf Präferenzen sind also durchaus unterschiedlich Klinke, sondern es ist immer abgeschlossen, da
Einschränkungen einzustellen. Mobilität jenseits ausgeprägt. Was für die (Aus-)Bildungsphase Nora, die erst seit Kurzem wieder im Landkreis habe ich meine Ruhe.“ (Nancy, nördlicher LK)
des (automobilen) Individualverkehrs ist ins­ als wichtige Standortfaktoren Bedeutung hat lebt und noch zwischen elterlichem Herkunfts­
besondere für weibliche Akteure im Landkreis (Universität oder auch Kultur/Freizeit), kann in dorf und Wunschdorf im Norden tingelt, betont Das Spannungsfeld zwischen ländlichen und
relevant. In allen untersuchten Altersklassen ist anderen Lebensphasen an Wichtigkeit verlieren die landschaftlichen Vorzüge und die „heimelige (groß-)städtischen Qualitäten wird von den
die Mobilitätsfrage eine geschlechterdifferenzierte. (vgl. Kapitel 5.2). Ein Faktor, dem zunächst keine Atmosphäre“. Nancy, die ebenfalls vor einigen Akteurinnen reflektiert und als ambivalent
Dieses Ergebnis wird in der Forschungsliteratur Bedeutung beigemessen wurde, kann im Le­ Jahren die Fülle der Großstadt hinter sich ließ erfahren. Das einstige Rückzugsmotiv von
19 Siehe z. B. die neue
Website http://goerlitz.de/ auch für andere Regionen bestätigt (z. B. BBR bensverlauf relevant werden (Kita/Schule oder und in der Nähe von Familie und Partnerschaft Rück- und Zuwanderung in den ländlichen Raum
Tourismus.html. 2007). auch Landschaft/Natur). Ebenso sind städtische ihren Wunsch nach Gemeinschaft, Naturnähe differenziert sich in den Verbleibstrategien aus.

22 23
4 Forschungsprozess als
Aus dem Rückzug aus urbanen Lebenswelten bleiben wie wegzugehen. Dabei ist zu beden­
in den ländlichen Raum wird durch punktuelle ken, dass es sich um potenziell höher und hoch

regionaler Kommunikations-
Abkehr der Rückzug aus dem ländlichen Raum. qualifizierte Fachkräfte handelt, denen ein Rat
Strategien zur Vermeidung sozialer Kontrolle erteilt wurde, also um eine Gruppe, die zum

und Aktivierungsprozess20
und ungewollten Zugriffs auf die Lebenswelt der einen höhere legitime Erwartungen an ihre
Frauen können als Praktiken des Rückzugs im Beschäftigungs- und Karrierechancen formu­
ländlichen Raum interpretiert werden. liert und zum anderen grundsätzlich mobiler
eingestellt ist und im Regelfall Mobilität für die
3.3.6 Diskurse eigene Karriere als notwendig oder unterstüt­ 4.1 Forschungs- und regionaler Landkreis Görlitz nicht allein da. Auch hier sind
Diskurse meint eine symbolische Praxis, die in zend betrachtet. Kommunikationsprozess Geschlechterthemen klassischerweise Anliegen
der Produktion und Rezeption von Texten und Eine kleinere diskursanalytische Untersuchung der Gleichstellungsbeauftragten, nahezu ohne
Bildern, in Sprechhandlungen und interaktiona­ der gegenwärtigen Thematisierung der Region Zwischen dem Wissen über die Abwanderungs­ gesellschaftliche Rückbindung.
ler oder mediatisierter sprachlicher Kommunika­ und ihrer Entwicklungschancen in der „Sächsi­ dynamiken gut ausgebildeter junger Frauen aus Geschlechterthemen sind unbequem. Über
tion realisiert wird. Die diskursiven Formen und schen Zeitung“ zeigt eine Berichts- und Argu­ dem Landkreis Görlitz und der Bereitschaft, in Marginalisierungserfahrungen von Frauen zu
Reichweiten spannen sich vom privaten Tisch­ mentationslinie, die Defizite und Chancen der den Prozess gestaltend einzugreifen, klafft eine sprechen, Stereotypen zu hinterfragen und
gespräch und Tagebüchern über teilöffentliche Region ausbalanciert. Strukturelle Defizite und Lücke.21 Während das Missverhältnis von jungen Instrumente regionaler Gestaltung auf ihre
wissenschaftliche Diskurse bis zur öffentlichen Problemlagen werden offen angesprochen, ohne Frauen und Männern in bestimmten Teilen des Wirkung hin zu überprüfen, mutet zunächst
Massenkommunikation; wichtige Diskursfelder, zu dramatisieren; Chancen werden behandelt, Landkreises, aber auch in der Region Ostsachsen anstrengend an, weil dieser Prozess auffordert,
die jeweils eigenen Logiken der Kommunikation ohne utopische Hoffnungen zu wecken. immer wieder Thema der Regionalpresse und Differenzen wahrzunehmen. Wenn die Betonung
folgen, sind z. B. Politik, Wirtschaft, Massen­ Auffällig ist aber der ausgeprägte Bezug auf regiona­ler Diskussionskreise war, verfestigte aber auf dem geteilten Interesse liegt, das Leben
medien oder Kunst und Massenkultur (Keller Tradition und (kulturelle) Identität im regionalen sich der Eindruck, dass seitens der Verantwor­ im Landkreis Görlitz für alle bestmöglich zu
2007, S. 42–55; Kollmorgen 2015). Entwicklungsdiskurs. Hierin werden zentrale An­ tungsträger und Multiplikatorinnen in der Region gestalten, kann der Austausch eine erleichternde
In der Analyse regionaler Diskurse über kerpunkte für die Formierung und Stabilisierung eine gewisse Abwehr besteht, geschlechter­ Wirkung haben und es lassen sich neue Poten­ 20 Heide Funk problema­
tisiert in ihrer Studie zu
Abwanderung und Bleiben war es zunächst eines regionalen Gemeinschaftsgefühls deutlich, sensiblen Ansätzen zu folgen und strategische ziale entdecken, die hinter dem Schleier der
„Mädchen in ländlichen
wenig überraschend, dass in den Werkstätten das vermutlich auch dazu dient, Bleibeverhalten Maßnahmen zu entwickeln. Damit steht der Unwissenheit schlummern. Regionen“ vor fast 25
des Projekts mehrmals „Struktur- und Ent­ zu ermöglichen und zu unterstützen. Jahren den „Forschungs­
prozess als regionale[n]
wicklungsschwächen“ der Region (Oberlausitz, Die zu Beginn des Projekts aus dem Forschungs­
Verständigungs- und
Landkreis Görlitz) sowie multiple „Mangellagen“ stand heraus formulierte Hypothese, dass die Aktivierungsprozess mit
identifiziert wurden. Interessanterweise folgte Oberlausitz ähnlich wie andere rural geprägte Mädchen und jungen
diesem Defizit-Diskurs aber regelmäßig – und periphere Regionen (z. B. Sachsen-Anhalts) von Frauen“ (Funk 1993, S. 73)
und stellt die Bedeutung
zwar sowohl durch auswärtige wie durch hier einer gewachsenen, mindestens aber seit der der „Selbstthematisierung“
(bereits länger) verortete Gesprächspartnerin­ deutschen Vereinigung verfestigten allgemei­ weiblicher Bedürfnisse
nen und -partner – Widerspruch. Aus den Reihen nen „Abwanderungskultur“ geprägt ist, konnte und Erfahrungen und ihrer
Veröffentlichung durch
der Einheimischen wandten sich insbesondere insgesamt nicht bestätigt werden (Wiest und
„die in der Untersuchung
zivilgesellschaftlich Aktive gegen Negativ-Bilder Leibert 2013, S. 463). Die Artikulation struktu­ aufgebauten Kommunikati­
und Jammerei. Sie versuchten aufzuzeigen, reller Problemlagen und konsolidierter Negativ- onszusammenhänge“ (ebd.)
heraus.
welche vielfältige bürgerschaftliche Struktur der Diskurse von Akteurinnen und Akteuren vor
Landkreis aufweist, wie viele zivilgesellschaft­ Ort, die eine Abwanderung für sich selbst und 21 Die Studie „Not am
liche Initiativen, aber auch unternehmerische potenziell mobile Personen empfehlenswert Mann“ von Steffen Kröh­
Projekte das Gesicht der Region in den letzten erscheinen lassen, konkurrieren mit Positiv- nert und Reiner Klingholz
vom Berlin-Institut für Be­
zehn Jahren positiv verändert haben und dass Diskursen des Aufbruchs, der Hoffnung und der völkerung und Entwicklung
die Region eine Anziehungskraft auf alternative Gestaltungsfähigkeit durch jüngere, qualifizierte schlug 2006 ein ( Kröhnert
soziale Milieus sowie Arbeits- und Lebensmo­ und bürgerschaftlich aktive Gruppen, die zum und Klingholz 2007). Karin
Wiest und Tim Leibert
delle ausübt, die optimistisch in die Zukunft Bleiben und Kämpfen motivieren. Letzteres ist
vom Leibniz-Institut für
blicken lässt. Diese Aktivistinnen und Engagier­ gerade bei einheimischen, teils vor längerer Zeit Länderkunde spitzen den
ten betonten, dass sie nicht gehen wollen und zugewanderten politisch-administrativen und empirischen Befund des
Männerüberschusses zu
viele kennen, die kommen wollen oder doch zivilgesellschaftlich Aktiven sowie innovativ
(Leibert 2011; Leibert und
kommen könnten. orientierten Unternehmerinnen und Unterneh­ Wiest 2016). „Wo sind
Durch Eltern, Freunde, (Hochschul-)Lehrkräfte mern der Fall und hat in den letzten fünf Jahren all die Frauen hin?“ fragt
sowie in der Berufsberatung wurde den Befrag­ an Bedeutung gewonnen. Leibert im Rahmen des
13. Forums Runder Tisch
ten fast ebenso oft geraten, in der Region zu in Görlitz (vgl. Leibert
2014). Auch die Sächsische
Zeitung nahm das Thema
immer wieder auf (z. B.
Beutler und Kositz 2014)

Foto 1: Alles für die


Tonne? “Girls just wanna
have fun” -
Mülleimer am Campus
in Görlitz (mittlerweile
ersetzt)

24 25
In drei themenzentrierten Werkstätten des 4.2.1 Dezember 2015: Einführungs-Work­ Kasten 2: Einführungs-Workshop – Ergebnisse
Projekts waren Vertreterinnen und Vertreter aus shop „Bleiben.Verstehen.Anerkennen“
Politik und Beratung, Wirtschaft und Verwal­ Im ersten Teil des Workshops sprachen Planer
tung, Planung und Bildung involviert. Die ge­ und Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen und 1. Mobilität junger Menschen in Ausbildungs­ 5. Die regionale Branchenstruktur erschwert
wonnene Erfahrung im Umgang mit geschlech­ Führungskräfte über die regionalen und überre­ phasen ist eine unvermeidbare und strukturell die Entwicklung qualifizierter Jobs in frauen­
tersensiblen Perspektiven ermöglicht hoffentlich gionalen Herausforderungen und Chancen, wenn bedingte, aber persönlich motivierte Tatsa­ typischen Berufssparten.
mehr Akzeptanz für das Thema, weil seine Frauen als wichtige Protagonistinnen im ländli­ che. Mobilität als Ressource: gut ausgebildete 6. Anzeiger für Entwicklungschancen: Je mehr
Notwendigkeit und das brachliegende Potenzial chen Raum wahrgenommen werden. Des Wei­ Menschen kommen (wieder) in die Region, gut ausgebildete Frauen, desto günstiger die
offenbar werden. Die untenstehende Grafik zeigt teren wurden die „Austauscharmut“ peripherer Menschen, die „was stemmen“ und neue Entwicklungsbedingungen einer Region; je
den dynamischen Prozess im Zeitverlauf. Regionen durch einseitige Fortzüge der Mobilen Impulse und Ideen bringen. weniger kluge Frauen, desto ungünstiger (vgl.
2. Rückkehr in die Region: Familie als zentra­ Leibert 2011).
les Motiv. Zugezogene bleiben eher, wenn sie 7. „Life-Life-Balance“: Welche unternehmeri­
Familie gründen. Das „Gründen von Familie schen oder personalpolitischen Instrumente
oder Unternehmen“ scheint ein zentraler können Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Motor des Bleibens zu sein. für Frauen und Männer leisten?
3. Soziale Innovationen werden gegenüber 8. Herkunftsorientierung: Bleiben bedeutet
technischen vernachlässigt. Zur förderfähigen nicht, in der Region geboren zu sein! Zuge-
Hardware gehören: Hausbau, Industrie, Infra­ wanderte werden kaum als Verbleibgruppe
struktur; vernachlässigt wird die Software: wahrgenommen, aber Rückgekehrte. Indes:
Netzwerke, Wissensmilieus, Kultur. Welche Bleibeperspektiven haben „Ur-Ober­
4. Das ostdeutsche Selbstverständnis der lausitzerinnen“?
Berufs­tätigkeit von Frauen verhindert nicht, 9. Infrastruktur in der Region. Aufrechter­
dass Frauen auf ihre Rolle als (potenzielle) haltung von Mobilitätsoptionen durch ÖPNV.
Mütter reduziert und qualifizierte Beschäf­ Vorhandenen Freiraum und Gestaltungsmög­
tigte sowie Unternehmerinnen in der Region lichkeiten kommunizieren, z. B. über einen
marginalisiert und diskriminiert werden. (!) Veranstaltungskalender die zahlreichen
Angebote der Region publik machen.

Abbildung 4: Der For-


schungs- und regionale
Kommunikationsprozess Tagungsort: Das Haus Schminke das Haus, welches „als Zentrum der Topographie
im Zeitverlauf Beispielhaft lädt das Architekturdenkmal von der Bauten der Moderne (…) ein Anlaufpunkt für
Hans Scharoun zum Perspektivwechsel ein. Der Touristen aller Welt [ist].“23
Forschungsstrategie nicht unähnlich lebte der
4.2 Workshop und Werkstätten und Qualifizierten und geringe Rückkehrer- und Architekt eine Weile mit seinen Auftraggebern, Die Werkstatt: Regionale Bedingungen – über-
im Forschungsprojekt Zuzugsdynamiken und die Gefahr des „Verlustes der Nudelfabrikantenfamilie Schminke, zusam­ regionale Bedeutung
von Entwicklungsperspektiven“ problematisiert. men und baute das bedürfnisgerechte Gebäude Zunächst wurden einige regionale Daten und
Im Dezember 2015 fand der Auftakt-Workshop Anschließend thematisierten Protagonistinnen quasi um sie herum. Großzügige Räume im Erd­ erste Ergebnisse aus der Befragung zu den
„Bleiben.Verstehen.Anerkennen“ in der HSZG und Protagonisten Erfahrungswelten qualifi­ geschoss ermöglichen Rückzug für die einzelnen persönlichen und beruflichen Perspektiven der
am Campus in Görlitz statt. Mit dem Abschluss zierter Männer und Frauen im Landkreis, u. a. Familienmitglieder, aber auch Geselligkeit. Auch Befragten in der Region vorgestellt, um die
der quantitativen Befragung der Schülerinnen reflektierten “Väter in Führungspositionen“ ihre die getrennten Betten der Eheleute ließen sich hiesige Situation hinsichtlich der geschlechts­
und Schüler und der Studierenden der HSZG im Erfahrungen und machten deutlich, dass das je nach Bedarf zusammenstellen oder auseinan­ spezifischen Abwanderungsneigung mit
März 2016 begann die Auswertungsphase. In Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie derrücken. Anekdotenreich führt die Geschäfts­ anderen Regionen zu vergleichen. Ein Vertreter
zwei Forschungswerkstätten wurden Teilergeb­ längst auch zentral für Männer ist. Frauen, die führerin Claudia Muntschick die Gäste durch des Landes Sachsen-Anhalt stellte Strategien
nisse mit Multiplikatorinnen und Verantwor­ sich entweder nur beruflich oder nur privat in
tungsträgern der Region diskutiert. Ziel war es, der Region aufhalten, berührten den Aspekt Kasten 3: Erste Forschungswerkstatt - Ergebnisse
an vorhandene Erfahrungsräume anzuschließen „Teilzeit-Anwesenheit“ vor dem Hintergrund
und gemeinsam Bedarfe und Potenziale für bilokaler Lebenswelten. (siehe auch Kasten 2)
Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Um 1. Geschlechtersensibilität für alle - in Wirt­ 5. Instrumente wie Coaching, Trainings und
möglichst vielen Akteurinnen und Akteuren die 4.2.2 Mai 2016: Erste Forschungswerk­ schaft, Politik, Verwaltung und Bildung. Workshops sind für alle Prozesse geeignet:
Teilnahme zu ermöglichen, fanden die Werk­ statt „Beschäftigungsperspektiven für 2. Konsolidierung von institutionellen und • zur Weiterentwicklung von individuellen
stätten an unterschiedlichen Orten im Landkreis qualifizierte junge Frauen und Männer im strategischen Partnerschaften (Hochschule, Qualifizierungsoptionen in der Region,
statt. Dabei soll die Wahrnehmung der Teilneh­ Landkreis Görlitz“ Landratsamt, Arbeitsagentur, regionale Unter­ • zur Weiterentwicklung von organisationalen
menden sowohl auf Aspekte der Mobilität in­ Wie kann es gelingen, die Bedürfnisse nach nehmerinnen und Unternehmer, Verbände) Kompetenzen wie Personalentwicklung,
nerhalb der Region gerichtet werden, aber auch Erwerbstätigkeit und beruflichen Chancen im 3. Praktisch werden. Das Miteinander muss strategische Planung und Kommunikation,
22 Alle Werkstattberich­ Qualitäten betont werden, die durch weibliche Landkreis Görlitz für die je spezifischen Bevöl­ praktiziert werden. • zur Weiterentwicklung bzw. Entwicklung
te sind dokumentiert Protagonisten im Landkreis hervorgehoben kerungsgruppen umzusetzen? Einen Tag lang 4. Eine Vision für den Landkreis zu entwi­ geschlechtersensibler Ansätze für Füh­
unter: http://www.hszg.de/
werden.22 wurden im Haus Schminke in Löbau Perspek­ ckeln, ist ein Prozess, der Zeit benötigt, unter- rungskräfte und Verantwortungsträger in
trawos/projekte/verbleib­
23 Siehe http://topomomo.
chancen-junger-frauen-in- tiven im Landkreis diskutiert und neue Hand­ schiedliche Akteure einbinden und andauernd Wirtschaft und Verwaltung.
eu/locations, Hervorhebung
der-oberlausitz.html. lungsfelder erschlossen. gestaltet werden sollte. im Original; letzter Zugriff:
12.01.2017.

26 27
im Umgang mit Schrumpfung und geschlechter­ die Dezernentin des Landkreises Görlitz Heike In der Arbeitsgruppe „Know-how“ diskutierten freundlichen Qualitäten muss der ländliche
spezifischer Abwanderung vor und betonte, Zettwitz begrüßten die Teilnehmenden zur Dis­ eine Landespolitikerin, ein Hauptamtsleiter und Raum bieten, damit die Verbleibchancen für
dass ohne geschlechtersensible Instrumente kussion und luden zum Perspektivwechsel ein. ein Wissenschaftler über kommunale Gestal­ qualifizierte junge Menschen, insbesondere
und Zuwanderung die Schrumpfungsdynamiken Im Anschluss an den Input seitens der Forschung tungsräume und deren Grenzen sowie das Poten­ Frauen erhöht werden können? Vor dem Hinter­
nicht zu bremsen seien. diskutierten die Teilnehmenden u. a. über zial regionaler Forschungsprozesse. Während aus grund der Ergebnisse zu den parallel laufenden
Im Anschluss an die Vorträge arbeiteten die Teil­ die Frage der Erhöhung von Wirksamkeit der wissenschaftlicher Perspektive Skepsis gegen­ Forschungsprojekten fanden sowohl das dritte
nehmenden themenspezifisch a) zum Know-how Frauen im Landkreis Görlitz. Fraglich bleibt, ob über dem Praxistransfer von Modell- und Best- Werkstattgespräch „Infrastrukturen, die Kom­
in der Region, b) zum Thema Vision – Attraktion es politisch und kulturell gewünscht ist, Frauen Practice-Projekten geäußert wurde, betonten mende anziehen und Bleibende halten“ sowie
Oberlausitz sowie c) zur Thematik Geschlecht – verstärkt in den Blick zu nehmen und ihre Betei­ „die Praktiker“, dass Best-Practice-Beispiele hilf­ drei weitere Werkstattgespräche statt: 1) Inno­
Warum ist das (Ge)schlecht? (Vgl. Ergebnisse im ligungschancen zu verbessern. Außerdem wurde reich sein können, um den eigenen Blick wieder vationsbedingungen in ländlichen Regionen und
Kasten 3.) die Frage aufgeworfen: Wie sich die Erfahrungen zu öffnen und ungesehene Pfade aufzunehmen. geschlechterspezifische Ansätze im Umgang mit
von Protagonistinnen in ländlichen und urbanen Auch sei die kontinuierliche wissenschaftliche dem demografischen Wandel; 2) Innovations­
4.2.3 September 2016: Zweite Forschungs­ Lebenswelten unterscheiden? Begleitung von Regional­entwicklungsprojekten potenziale einer alternden Gesellschaft auf dem
werkstatt „Leben in der Oberlausitz: In der Arbeitsgruppe „Dorf.Leben” berichteten wichtig (vgl. Ergebnisse im Kasten 4). Land sowie 3) spezifische (u. a. patriarchale
Lebenswelten von qualifizierten Frauen im zwei Unternehmerinnen und eine angehende und ausschließende) Kommunikationsweisen
Landkreis Görlitz” Sozialarbeiterin über ihre „Landlebensweisen“. 4.2.4 November 2016: Abschlusstagung und Netzwerkbildungen im ländlichen Raum.25
Nach der Sommerpause wurde die zweite For­ Statt über Hürden des Bleibens sprachen sie „Perspektiven für den ländlichen Raum“ (Vgl. Ergebnisse im Kasten 5.)
schungswerkstatt in Boxberg ausgerichtet. Im über Herausforderungen des ländlichen Lebens und Dritte Forschungswerkstatt:
Nordwesten des Landkreises lässt sich der Wan­ und ihr „Glück, zur richtigen Zeit am richtigen „Infrastrukturen“
del einer Industrieregion eindrücklich studieren. Ort gewesen zu sein“. Einig waren sie sich, Im Rahmen der Abschlusstagung wurde die
Die flächenmäßig größte Gemeinde Sachsens dass Perspektiven nicht von selbst entstehen, Fragestellung der geschlechterspezifischen
gehört mit ihren 4.700 Einwohner zu den wenig sondern der aktiven Entwicklung bedürfen. Verbleiborientierung mit dem Ansatz innovati­
verdichteten Räumen der Oberlausitz (vgl. Dies gelinge, wenn mit konkreten Vorhaben an ver Regionen verbunden: Welche innova­­tions­­­
Kapitel 2). Zwischen Braunkohleindustrie und bestehende Netzwerke angeschlossen werden
geflutetem Tagebau entwickelt sich der Touris­ kann. In den Weiten des ländlichen Raumes Kasten 5: Dritte Forschungswerkstatt - Ergebnisse
mus in der Heide-, Seen- und Teichlandschaft. ginge es darum, den „eigenen Schwarm zu
Der Boxberger Bürgermeister Achim Junker und finden“.24
1. Zentrale Herausforderungen: Abbau von 5. Materielle und institutionelle Infrastruk­
24 Das empirica-Institut
untersuchte das „Schwarm­ Kasten 4: Zweite Forschungswerkstatt - Ergebnisse Schwellen zur Beteiligung, um bisher nicht turen bedürfen einer Ergänzung um mentale
verhalten in Sachsen“ als Involvierte anzusprechen und einzubeziehen. und immaterielle Infrastrukturen. Dazu gehört
neues Wanderungsmuster. 2. Zentrale Einsicht: Verwaltung ist per se Netzwerkarbeit und eine Beziehungs- und
Die Autoren rekonstruie­
ren den Zusammenhang
1. Geschichten und Erfahrungen von Frauen der Diskriminierung von Frauen in Beruf und keine Gestalterin. Anerkennungsqualität, die aktive Akteurinnen
zwischen der Dichte einer im Landkreis sichtbar werden lassen und ihre Lebenswelt begegnen. 3. Intervention und Aktivierung aus der und Akteur befördert z. B. durch:
bestimmten Bevölkerungs­ Innen- und Außenwirkung verbessern. 3. Strukturelle Chancen im beruflichen und Verwaltung heraus braucht eine bestimmte • Formate des Kennenlernens und des Wis­
gruppe (z. B. geringer
2. Landkreis muss sich zur Verbesserung der zivil­gesellschaftlichen Feld transparent Qualität von Beziehungen über Organisations­ sensmanagements
werdender Bevölkerungs­
(Verbleib-)Chancen bekennen. Maßnahmen machen (Stichwort: gezielte Informationen). grenzen hinweg. • Rückhalt durch Verwaltung und Politik 25 Die vollständige Doku­
anteil der Jugendlichen
mentation der Tagung ist
im ländlichen Raum) und verantwortlich entwickeln, u. a. die Heteroge­ 4. Kontinuität wissenschaftlicher und prakti­ 4. Regionale Gegebenheiten anerkennen und • Kristallisationskerne durch a) Projektförde­ unter http://www.hszg.de/
ihrer räumlichen Konzen­
nität der Lebenswelten anerkennen und scher Regionalentwicklung (Partnerschaften) „einfach mal machen“ vs. externe Impulse rung und b) Empowerment. de/trawos/veranstaltun­
tration durch Wanderung
gewährleisten. durch Förderprogramme als Innovationstreiber. gen/tagungen/novemberta­
in „Schwarmstädte“ (vgl.
gung-2016.html zu finden.
empirica 2016).

28 29
5 Handlungsempfehlungen
und Schüler nur zu einem guten Viertel die in der Region Werte von Gemeinschaft und
Region als tolerant und offen. Mehr als die sozialer Nähe zu Gleichgesinnten sowohl im
Hälfte der Schülerinnen und Schüler sieht in Freundes- und Familienkreis wie über zivilge­
dieser Lebensphase im Landkreis keine Zukunft sellschaftliches Engagement ausleben können.
5.1 Wissensbestände im (Slupina et al. 2016; empirica 2016) ist auch auf für junge Menschen; fast einstimmig fehlen Die beruflichen Entwicklungschancen sowie
Landkreis wahrnehmen das städtische Flair, moderne Lebensstile und ihnen außerdem Angebote für junge Leute. gesicherte und angemessene Einkommensper­
vor allem auf die Anwesenheit vieler junger Hier schlägt auch die Wahrnehmung fehlen­ spektiven werden demgegenüber in die zweite
Das Forschungsprojekt wurde von Anfang an als Menschen und damit die Möglichkeit dich­ der Gleichaltriger in der Region durch. Ihren Reihe geschoben – freilich ohne sie (gänzlich)
regionaler Kommunikations- und Aktivierungs­ ter Sozial­beziehungen mit den eigenen Peers Wünschen folgend ziehen die Jungen los und aufzugeben. Gleichzeitig experimentieren An­
prozess konzipiert und durchgeführt. Um die zurückzuführen. Gleichzeitig ist nicht Abwande­ eignen sich neue Lebens- und Erfahrungswelten gehörige dieser Gruppe bereits mit alternativen
wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verstetigen rung, sondern die ausbleibende Zuwanderung an. Mit ihrer hohen Verbleib- und Rückkehr­ Gelegenheitsstrukturen und entwickeln u. a. in
wurden Handlungsempfehlungen nicht „vom das drängendste Problem ländlicher Räume orientierung stehen die Chancen nicht schlecht, Form von unternehmerischen Tätigkeiten ihre
Schreibtisch aus“ formuliert, sondern basieren (Beetz 2013). dass sie gut ausgebildet und reich an Erfahrun­ beruflichen Perspektiven innerhalb lokaler Netz­
auf den Erfahrungen und Kompetenzen unter­ Für den Landkreis Görlitz ist die besondere gen in die Region zurückkehren wollen. werke. Im Regelfall handelt es sich aber nicht
schiedlichster regionaler Akteurinnen und Ak­ Bedeutung der Rückwanderung hervorzuheben um einen einzelnen Faktor, der als die Ursache
teure aus Politik und Verwaltung, aus Wirtschaft (Beutler 2016). In dieser Studie wurde aber Handlungsempfehlungen für ein Bleiben markiert werden kann, sondern
und Wissenschaft, aus Planung, Bildung und Be­ auch deutlich, dass das Zuwanderungspotenzial ++ Mobilitätsorientierungen und die relativ um eine Melange von Bestimmungsgründen, die
ratung und nicht zuletzt den Betroffenen selbst durch den Hochschulstandort weiter ausgenutzt geringen Einflussmöglichkeiten lokaler und sich zudem prozessual organisiert und deren
– als Expertinnen ihrer eigenen Lebenswelt. werden muss. Nicht zuletzt weil der Zufluss regionaler Akteure auf die Abwanderungs­ Ausgang mithin verlaufsabhängig ist.
Im Prozess der Werkstätten (s. o.) wurden junger Leute aus dem Umland weiter sinken orientierung akzeptieren; Im Unterschied zum hintergrundstabilisierten
regionale Akteurinnen und Akteure miteinander wird (vgl. ebd.; empirica 2016, S. 18 ff.). Für alle ++ Mobilität innerhalb des Landkreises und Bleiben sind Ab- oder Einwandern mit konkre­
ins Gespräch gebracht und Empfehlungen zu den Befragten erhöht sich die Abwanderungsbereit­ zu umliegenden Großstädten verbessern, ten Anlässen verbunden: beruflicher, sinn­
Schwerpunktthemen erarbeitet, die hier nicht schaft und die Präferenz für andere Regionen insbesondere zu den sächsischen Univer­ suchender, partnerschaftlicher oder familiärer
wiederholt werden müssen (vgl. 4.2). Die inten­ als Ausbildung-/Erwerbsort, wenn es bessere sitätsstädten; Art. So wie die Studierenden mit der Studien­
sive Auseinandersetzung war außerdem eine Ausbildungs- und Erwerbsoptionen in anderen ++ Unterstützung für diejenigen anbieten, die bescheinigung in die Region kommen, wandern
hilfreiche Quelle, in der Forschungsperspektive Regionen gibt. bleiben oder zurückkehren möchten (z. B. Rückkehrende zumeist aus familiären Gründen
die spezifische „Gangart“ der Problembear­ Folgend werden Wanderungs- und Bleibeper­ Insider Programm); wieder ein. Wenn das private Glück in der
beitung im Landkreis zu rekonstruieren. Hier spektiven nach den drei untersuchten Alters- ++ Angebote für Jugendliche (Freizeit, Kultur Region funktioniert, werden mangelnde beruf­
offenbaren sich Blindstellen und Ausschlussdy­ gruppen differenziert und erste Handlungs­ usw.) und deren Partizipation fördern. lichen Chancen oft weniger kritisch gesehen
26 Gerlind Weber, Frauen namiken. Diese zu reflektieren, schafft Aufmerk­ empfehlungen formuliert.27 und die Vorteile der Lage als Grenzregion, die
– Hoffnungsträgerinnen für samkeit für zukünftige Gestaltungsprozesse. 5.2.2 „Phase der lokalen Unentschieden­ attraktive Landschaft oder die Kleinteiligkeit
den ländlichen Raum – Wie
kann uns das gelingen?,
5.2.1 „Phase der entschlossenen heit“ (24- bis 29-Jährige) betont. Durch ihre Vielfalt kann die Oberlausitz
Vortrag auf der Abschluss­ Wanderung“ (16- bis 20-Jährige) Die Mehrzahl der Studierenden ist für das nun als „perfekter Lebensort“ erfahren werden.
tagung des Forschungspro­ 5.2 Wanderungswünsche in Die hohe Abwanderungsorientierung und Ab­ Stu­dium an der HSZG in den Landkreis einge­ Fehlen partnerschaftliche und andere Nahbe­
jekts am 25.11.2016.
Lebensphasen beeinflussen wanderungsquote unter den Gymnasiastinnen pendelt. Auch diejenigen, die aus der Region ziehungen für die Rahmung der persönlichen
27 In einschlägigen Studien und Gymnasiasten ist auf ihre Bildungsorientie­ kommen, haben zum Großteil bereits Mobili­ Entwicklungsfragen, werden junge Frauen und
wird (1) die Bildungswan­ Auf das Wanderungsverhalten ist, wie mehrfach rung zurückzuführen. Sie wandern in Regionen tätsphasen hinter sich. Ihre persönliche und Männer in vielen Fällen dem Wunsch nach
derung mit den Umzugs­ mehr Auswahl potenzieller Partnerschaften,
betont, schwer Einfluss zu nehmen, insbesonde­ ab, die eine breite Palette von Bildungsträgern, berufliche Entwicklung hat sowohl im Landkreis
bewegungen der 18 bis
24-Jährigen (resp. 15 bis re, weil Studien- und Ausbildungsrichtungen bis zum als auch andernorts stattgefunden. Die primä­ verbesserten Chancen und Inspiration durch
24-Jährigen, vgl. empirica • Prozesse der Individualisierung und Dynami­ Universitätsabschluss bieten. Die andernorts re Orientierung richtet sich zunächst auf den Urbanität folgen und wegziehen.
2016, S. 23) erfasst und sierung der Lebensphasen die Ansprüche der erworbenen beruflichen Abschlüsse können erfolgreichen Hochschulabschluss. Auch hier
(2) die Berufswanderung
auf die 25 bis 29-Jährigen
Menschen stark ausdifferenziert haben, später aber durchaus relevant für die Deckung ist die Verbleibneigung bei den heimischen Handlungsempfehlungen
(resp. 25 bis 34-Jährigen, • durch eine zunehmende Dominanz privater des Fachkräftemangels im Landkreis sein (z. B. Frauen und Männer deutlich höher als bei ++ Vorhandene regionale Vielfalt stärker kom­
vgl. empirica 2016, S. 24) Motive die Passung zwischen Nachfrage und Ingenieure, Lehrer, Ärzte). Entscheidend ist, ob den Zugewanderten. In absoluten Zahlen fällt munizieren, organisieren und durch Aktive
eingegrenzt. Je nachdem,
Angebot ungleich schwieriger geworden ist, Fachkräfte mit diesen Qualifikationen in den der Unterschied jedoch kaum ins Gewicht. Als repräsentieren;
welche Quelle herange­
zogen wird, ist (3) die • die „Sogwirkung der Zentren die Bindewir­ Landkreis zu- und zurückwandern werden und relevante Faktoren spielen Partnerschaft und ++ Studium und Beschäftigung an der Hoch­
nachfolgende Wanderungs­ kung der Landgemeinden schwächt“26, hier adäquate berufliche Chancen vorfinden. berufliche Anschlüsse eine zentrale Rolle. In schule als Zuzugsfaktor (insbesondere für
gruppe als Familienwande­ Frauen) stärken;
• sich die bisherigen Maßnahmen vor allem Nur ein Fünftel der befragten Schülerinnen und dieser Lebensphase geht es weniger um eine
rung Slupina et al. 2016,
S. 34 zwischen 30 und 49 an den Standorttreuesten, d. h. Müttern mit Schüler möchte für die weitere Ausbildung im Auseinandersetzung mit der Region und ihren ++ die soziale und kulturelle Integration von Zu­
Jahren sehr weit gefasst kleinen Kindern, orientieren, Landkreis verbleiben. Chancen, sondern mehr um die Frage, welche gewanderten und Einheimischen fördern und
oder als Settlementwande­ • es durchaus Fehleinschätzungen hinsichtlich In dieser Gruppe ist die persönliche Entwick­ Faktoren in den Vordergrund gestellt werden der Wahrnehmung von geschlossenen Bezie­
rung auf eine 10-Jahres­
spanne begrenzt (35 bis
der Wirkung ergriffener Maßnahmen und der lung zentrales Wanderungsmotiv. Die Suche (Partnersuche/Familie, berufliche Chancen oder hungsnetzwerken und „Klüngel“ in der Region
44 Jahre, vgl. ebd: 29). Bedürfnisse junger Frauen gibt – nicht alle nach Bildungschancen ist begleitet vom kulturelle Angebote). Für die Gruppe, die aus (in den einzelnen Gemeinden) begegnen;
Hier wird deutlich, dass wollen z. B. „in die Pflege“. Wunsch, persönliche Erfahrungen außerhalb des der Region kommt, wird diese Frage vor dem ++ Praktikumsangebote für Studierende und den
Lebensphasen nur unscharf
Gewohnten zu machen, u. a. in einer Großstadt Hintergrund regionaler oder lokaler Zugehörig­ studentischen Arbeitsmarkt (geringfügige
voneinander getrennt
werden können und eher Klassische Abwanderungsgründe sind Bildungs- zu wohnen und zu leben. Ihre Offenheit für keit und Identifikation („Heimatkit“) formuliert oder Teilzeit-Beschäftigung) ausbauen, z. B. in
eine grobe Altersabstufung und Berufschancen, ÖPNV sowie Freizeit- und Neues ist eine Ressource und die hohe Zu­ und beantwortet; eine grundsätzliche Verbleib­ der Verwaltung, öffentlichen Organisa­tionen
vorgenommen wird. Ebenso (sozialer Sektor, Bildungsträger usw.), aber
Kulturangebote in der Region. Aber das ist nur stimmung zur Region zeigt, dass es sich nicht orientierung dominiert.
abhängig ist die Einord­
nung von den zugrunde­ eine Facette der Abwanderungsorientierungen. so sehr um eine Flucht aus der Oberlausitz Nach unserer Untersuchung kann vermutet auch in der Wirtschaft, um potenzielle Fach­
liegenden Statistiken. Die zunehmende Sogwirkung der Großstädte handelt. Allerdings bewerten die Schülerinnen werden, dass vor allem diejenigen bleiben, die kräfte frühzeitig mit den regionalen Anbietern

30 31
und Bedingungen vertraut zu machen und zu Handlungsempfehlungen 2. Zielgruppen identifizieren sie als Mitglieder in relevanten Organisationen.
binden; ++ Vorhandene Vielfalt stärker kommunizieren, Grundsätzlich haben alle, die Verantwortung für Handlungsempfehlungen aufzuzählen reicht
++ Kommunikation und Vernetzung der Studie­ organisieren und durch Aktive repräsentieren den Landkreis und dessen Entwicklung tragen, nicht, sie müssen durch die Verantwortlichen
renden aller Fachrichtungen befördern (als ++ Binnenimage verbessern durch konsequente die Aufgabe (zitiert nach Weber 2016) selbst in Handlungsaufträge überführt werden:
Ressource für die beruflichen Qualifikationen Einbindung der Anwesenden. Bereits vor­ • im Landkreis Heimische, „Da-Aufgewachsene Was wollen wir erreichen? Wen wollen wir
und Kontakte zu einheimischen Anbietern, handenes Potenzial wahrnehmen und dieses und Da-Bleibende“ durch „sichernde Maßnah­ ansprechen? Wie gehen wir vor?
aber auch zur Unterstützung des Partner­ Potenzial in Strukturen überführen men“ zu halten, indem ihnen Entwicklungs­
markts); ++ Frauen aus der Unsichtbarkeit befreien und chancen geboten werden, 5. Es kommt anders als man(n) denkt
++ Wunsch nach Mobilität und Urbanität der Kristallisationspunkte schaffen; ihre Tätigkei­ • potentielle Rückkehrerinnen und Rückkehrer, Frauen wie Männer erkennen sehr wohl die Vor­
Angehörigen dieser Kohorten annehmen ten und beruflichen Leistungen anerkennen Abgewanderte und auch nur vorübergehend teile, mit denen der Landkreis aufwarten kann.
und übersetzen (z. B. durch flexibles Semes­ und gezielt in die Entwicklungsplanung und Abgewanderte durch „Rückbindemaßnahmen“ Nun gilt es, beiden Geschlechtern diese Vorteile
terticket Ostsachsen, Dresden/Breslau und –gestaltung der Region einbeziehen; so etwa anzusprechen, was auf die Bedeutung von In­ auch zugänglich zu machen und sie gemeinsam
Liberec für diejenigen mit Wohnort im als Wissens- und Erfahrungsträge­rinnen, von formation, Service und Netzwerken verweist, zu gestalten. Erst durch partizipative und kom­
Landkreis); denen die Gruppe der potenziell Zuwandern­ • Rückkehrerinnen und Zugezogene durch „Inte­ munikative Praxen können Potenziale entfaltet
++ stärkere Wahrnehmung, Anerkennung und den und Rückkehrenden profitieren kann grationsmaßnahmen“ anzusprechen in Gestalt werden, die der gemeinsamen Sache dienen.
Einbindung der innovativen und experimentie­ (z. B. über Kampagnen) einer ausgebauten Willkommenskultur
renden Szene in der Region, sowohl im Bereich ++ Diskriminierung und Herabwürdigung von • sowie sich an Abwanderungsbereite und „Bi­ 6. Mut zum Geschlecht!
der wirtschaftlichen Unternehmensgründun­ Frauen publik machen und sanktionieren lokale“ oder Teilzeit-Anwesende zu wenden, Unsicherheiten im Umgang mit geschlechter­
gen wie im zivilgesellschaftlichen Sektor (z. B. ++ verstärkt Instrumente der geschlechter­ also an Frauen, deren Wohnsitz oder Arbeits­ sensiblen Themen können abgelegt werden.
über die Schaffung von Nachfrage, Förderung, sensiblen und familienorientierten Personal­ platz sich außerhalb der Oberlausitz befindet. Feminismus ist keine Frage von Geschlecht, son­
Unterstützung der Vernetzung); entwicklung anwenden (u. a. Dual Career, dern von Haltung. Diskriminierung und Margina­
++ wirtschaftliches Potenzial des Standortes geschlechtersensible Verwaltung) 3. Schrumpfung gestalten lisierung von (aktiven) Frauen kann nicht im Sin­
Görlitz und der anderen Mittelstädte in der ++ Förderung von Projekten, Initiativen, Abwanderung und Schrumpfung haben gegen­ ne der Verantwortlichen in der Region sein. Um
Region heben. Netzwerken und Vereinen, die sich mit den über 1990er Jahren ihr „Gesicht“ verändert. die Partizipation und Identifikation von Frauen
Proble­­men der Entwicklungsperspektiven Dynamiken und Faktoren sind komplexer gewor­ in allen Lebensbereichen des Landkreises zu
5.2.3 „Phase des kritischen Bleibens“ dieser Generation und insbesondere der den: u. a. Abflachung und Beschleunigung je fördern, müssen Verantwortliche Maßnahmen
(30- bis 40-Jährige) Frauen beschäftigen (z. B. öffentliche Sympo­ nach soziogeographischer Lage, Siedlungsform, entwickeln, die der bestehenden Benachteili­
Unter den höher Qualifizierten dieser Alters­ sien und Alumni-Veranstaltungen an beiden Kohorten- bzw. Lebenslaufposition, Geschlecht, gung und Ungleichbehandlung entgegenwirken.
gruppe befinden sich kaum noch Frauen und Standorten der Hochschule) Bildung/Qualifikation, Arbeit und Freizeit.
Männer, die die Region nie verlassen haben ++ Verbleibperspektiven konkretisieren und in Darauf abgestellte Politiken, konkrete Programme 7. Informieren, Kommunizieren, Vernetzen:
bzw. nicht zu- oder zurückgewandert sind. Die Programme und Arbeitsschritte übersetzen und Maßnahmen sollten Folgendes in die strate­ Analoge und digitale Plattformen für
berufliche und persönliche Entwicklung der (z. B. Fachkräfteallianz, Wirtschaftsinitiative gische Gestaltung aufnehmen: qualifizierte Frauen
Akteurinnen und Akteure fand an unterschiedli­ Lausitz, IHK-Aktivitäten, Personalentwick­ • Die Oberlausitz erscheint als besonderer „F wie Kraft“ (I) - Netzwerk für
chen Orten in unterschiedlichen geographischen, lung der Hochschule oder des Landratsamtes) Raum zwischen abgeschnittener Peripherie qualifizierte Frauen
oft auch sozialen Räumen statt, bevor sie in die mit relativ starkem Oberzentrum (dem ober­ Während in der Forschungsphase im Milieu der
Region (zurück) kamen (Studium, Beruf, Partner­ zentralen Städteverbund Bautzen – Görlitz Selbstständigen und unternehmerisch tätigen
schaften, Zivilgesellschaft). Zentrales Rück­ 5.3 Verbesserung der Verbleib­ – Hoyerswerda) und grenzüberschreitender Frauen selbstaktivierte Netzwerke entstanden
kehr- oder Bleibemotiv der Zugezogenen ist das chancen qualifizierter Frauen – Öffnung mit Zukunftschancen. und ihre Vertreterinnen auch im Rahmen der
private Glück: Mit der Familie und Kindern sind • Arbeitsmarkt und Erwerbstätigkeitschancen Forschungswerkstätten systematisch eingebun­
Handeln empfohlen!
sie sesshaft geworden. Diese Bindung trägt. Da­ bleiben zentrale Faktoren – werden aber den waren, blieb die Gruppe der angestellten
bei sehen insbesondere qualifizierte Frauen ihre Abschließend sollen die wichtigsten übergrei­ besonders bei Hochqualifizierten und Frauen qualifizierten Frauen stärker im Verborgenen.
beruflichen Möglichkeiten sehr kritisch. Neben fenden Empfehlungen noch einmal gebündelt durch die Bedeutung von Lebenswelt, Sozial­ Um die unterschiedlichen Gruppen aktiver Frauen
prekärer Beschäftigung und befristeten Verträ­ werden. beziehungen und öffentlicher Wohlfahrt miteinander in Beziehung zu setzen, sollte ein
gen arbeiten sie häufig auf Stellen, die ihren gebrochen. Netzwerk initiiert werden, um gemeinsame
beruflichen Qualifikationen oder ihrem Wunsch 1. Mobilität akzeptieren • Die Gestaltung von Postwachstum und Interessen auszuloten und den Bedarf nach Ver­
nach Weiterentwicklung nicht entsprechen. Statt Zunächst einmal muss akzeptiert werden, dass Schrumpfung stellt eine zentrale Aufgabe auch netzungswünschen zu erkunden. Auch hier
persönlicher Entfaltung und Entwicklung domi­ „Wandern“ gerade in der Jugend- oder jungen auf regionaler und lokaler Ebene dar. konnte mit aktiven Frauen kooperiert werden.
nieren Marginalisierungs- und Prekarisierungs­ Erwachsenenphase selbstverständlich ist und • Notwendig ist die Verknüpfung von klassi­ In Zusammenarbeit mit dem KoLABORacja e. V.
erfahrungen ihr Berufsleben. Die Wahrnehmung Chancen und Potentiale bietet: Das Gehen und schem Regieren wie Administration und fand das 1. Netzwerktreffen für qualifizierte
der Region als Experimentierort der autonomen sich andernorts Umsehen erweitert den Hori­ Partizipation mit multisektoraler Governance Frauen im Landkreis Görlitz statt. Über 90
Entwicklung und individuellen Gestaltung hat zont, generiert neues Wissen, trägt zu Kreativi­ und Selbstorganisation, sowie Vernetzung der Frauen wurden eingeladen, fast 50 haben sich
sich nunmehr umgekehrt: Verunsicherung und tät und Innovationsfähigkeit bei. Akteure – unter Einschluss von Hochschule, auf die Einladung zurückgemeldet, und 30
Enttäuschung erleben Unternehmerinnen wie Insofern sollte ein Abwanderungswunsch akzep­ Bildungsträgern, neuer Wirtschaft. Frauen trafen sich zum gemeinsamen Frühstück.
weibliche Beschäftigte. Ihre Bleibeorientierung tiert werden, gleichzeitig Abgewanderten, die Die Frage, ob ein Netzwerk wünschenswert sei,
basiert also oft nicht auf regionalen Vorzügen, an einer Rückkehr interessiert sind, tatsächli­ 4. Nur Wollen gewinnt wurde ausschließlich bejaht und erste Ideen
sondern auf persönlichen Bindungen in und chen Rückkehrerinnen und Rückkehren und vor Erfolgreich kann nur das werden, was sich die für Formate und neue Treffen ausgetauscht. Ein
durch die Familie und Freundeskreise: „Ich allem auch „Zugezogenen“ ohne hiesige Wurzeln involvierten Akteurinnen und Akteure als The­ Newsletter dokumentiert die Begegnung und
könnte mir auch vorstellen, ebenso glücklich signalisiert werden, dass in der Region Platz für men und Handlungsschwerpunkte selbst setzen. bündelt erste Informationen.
woanders zu leben“ (Unternehmerin). sie ist, dass sie gebraucht und geschätzt werden, Dies gilt für Frauen wie Männer im Landkreis
dass sie willkommen sind. – als Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für

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„F wie Kraft“ (II) – Eine Website für die Schüler dazu zu bewegen, sich mehr für ihre
weibliche Seite des Landkreises Mitmenschen und um die Welt im Gesamten zu „…Zusätzlich denke ich, dass zumindest Aus­ Freizeit
Mit der Entwicklung einer Website, die so­ kümmern. Viele junge Leute interessieren sich bildungsberufe auch gute Zukunftschancen in „Ich denke, dass viel passieren muss um junge
wohl optisch wie inhaltlich Ergebnisse des nicht für Öffentliches oder Politisches. Viele der Region haben, aber Studierende können Menschen in der Region zu behalten. Ich selber
Forschungs­projekts transportiert, sollen in sind nicht besonders weltoffen oder tolerant.“ eigentlich nicht hierbleiben, dazu fehlen die möchte später gern nach Dresden. Es gibt mehr
Zukunft Informationen und Öffentlichkeit für (Schüler/in) Unternehmen, die Interesse daran haben, durch Möglichkeiten und viel mehr Freizeitangebote.
Frauen in und außerhalb der Region digital junge Leute frischen Wind in veraltete Struktu­ Da ich jung bin, möchte ich etwas erleben.
aufbereitet werden. Mit Geschichten und Ge­ Lange Wege, eingeschränkte Mobilität ren zu bringen.“ (Student/in) Meine Familie ist mir wichtig, deswegen möchte
sichtern rund um das (weibliche) Leben in der „Mit der Familie auf dem Land zu wohnen und ich nicht allzu weit weg.“ (Schüler/in)
Oberlausitz und Kurz-Interviews mit konkreten die eigenen Kinder in der Natur aufwachsen „Leider wird diese Umfrage keine besseren
Ansprech­personen werden die direkte Anspra­ zu sehen, wäre mein größter Wunsch. Doch Verhältnisse der Jobaussichten für frische „Da ich momentan auch selber eine Arbeit über
che, das Ankommen und Bleiben unterstützt. der wird immer kleiner bei folgenden Fragen: Akademiker bereitstellen. Ohne ein Umdenken dieses Thema schreibe, ist mir aufgefallen, dass
Möchte ich meinen Kindern eine Busfahrt von der sächs. Landesregierung und dem Zutun der es viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung
einer Stunde in die Schule zumuten? Möchte europ. Förderung von quasi toten Landstrichen und Berufsentwicklung gibt, allerdings finde
5.4 Impressionen: Statements ich selbst täglich 1,5 h zu meinem Arbeitsplatz ist dieses Unterfangen dem Untergang geweiht. ich, dass wir in unserer Region unzureichend
der Befragten fahren und meine Kinder (und Mann) erst spät Ich persönlich würde sehr gern in der Region darauf hingewiesen werden.“ (Schüler/in)
abends wieder zu Gesicht bekommen? Ein­ bleiben, doch, wenn Lohn/Gehalt eines Fach­
Zum Fragebogenabschluss hatten die Befragten kaufsweg von 1h? Nachbarn alle über 50 und arbeiters aus dem Westen knapp doppelt über „Dass viele junge Menschen weggehen, liegt
die Möglichkeit, in einem extra Feld Anmerkun­ keine Möglichkeit, mich mit einer benachbarten dem Gehalt/Lohn eines Ingenieurs in dieser Ge­ meiner Meinung nach an der beruflichen
gen oder Hinweise zum Fragebogen im Allge­ Familie über dem Gartenzaun zu unterhalten gend liegt, braucht sich niemand zu wundern, Perspek­tive, welche in Görlitz kaum noch
meinen oder zum Leben junger Menschen in der oder die Kinder zusammen spielen zu lassen? wenn alle in die Städte oder gleich in die alten gegeben ist. Dazu kommt, dass die Freizeit­
Oberlausitz zu geben: Auszug der Kinder mit 16, weil kein Bus zur Bundesländer gehen.“ (Student/in) gestaltung sehr eintönig ist. Klar haben wir
gewünschten Schule oder Ausbildung fährt...Ich unser Kino, Bar‘s etc. allerdings können sich
Allgemein blicke mit Sorge in die Zukunft.“ (Studentin) „Man kann in Görlitz schon viel erleben, wenn das auch nicht viele leisten. Es ist sehr schade,
„Ein sehr interessanter Fragebogen, ich hoffe, man will! Was die Arbeitsmöglichkeiten angeht, dass das Projekt Jugendzentrum eingeschlafen
dass die Ergebnisse zu einer Verbesserung der „Als Teenager ist es sicherlich nicht immer ein­ sind sie meiner Erfahrung nach in Görlitz sehr ist!“ (Student/in)
allgemeinen Lebenssituation junger Menschen fach hier zu wohnen, da es zum Beispiel wenig gering. Auch die Suche nach einem Nebenjob
in der Oberlausitz führen.“ (Student/in) Angebote für Jugendliche, speziell auf dem gestaltet sich schwierig. Die Menschen hier sind
Dorf, gibt und wenn, dann diese schwer über sehr freundlich und aufgeschlossen. Jedoch
„Bringen solche Umfragen überhaupt irgend­ öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen sind. kann man leider nicht vom Lächeln der anderen
jemandem etwas? Am Ende geht doch alles Dies stellt eigentlich das Hauptproblem dar. leben.“ (Student/in)
in der Bürokratie unter und verbessert wird Gern würde ich auch meine Zukunft nach dem
nichts.“ (Schüler/in) Studium hier verbringen, da ich auch für meine
Kinder eine zugängliche Familie mit Oma, Opa
„Die Städte und Orte bilden für viele junge und Co. haben möchte. Jedoch hoffe ich für
Leute, mit denen ich mich bereits unterhalten meine Kinder, dass einiges einfacher ablaufen
habe, absolut keinen attraktiven Wohnort. wird.“ (Schüler/in)
Abends ist es wie ausgestorben, man trifft
wenig Menschen auf der Straße. Oft sind die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Menschen, denen man begegnet etwas älter „Generell ist zu sagen, dass das Leben in der
und jungen Leuten gegenüber nicht besonders Oberlausitz als alleinerziehende Mutter nicht
freundlich, sondern eher genervt. Das Dorfleben leicht ist und dass hier die Betriebe davor
in der Region ist ganz nett und sehr entspannt, zurückschrecken, wenn eine Mutter nicht
allerdings kann ich persönlich mir das nicht für 8h kommen kann, sondern nur 7h. Schon
das junge Erwachsenenleben vorstellen – aber an nur einer Stunde Differenz scheitert eine
vielleicht später, wenn ich meine eigene Familie erfolgreiche Integration in die Arbeitswelt.
gründe – vorausgesetzt, man findet überhaupt Zusätzlich wird ein recht barscher Umgang auf
einen Arbeitsplatz. Es gibt wenig Auswahl an den Ämtern gepflegt und die bürokratischen
Freizeitmöglichkeiten, an Plätzen zur Weiter­ Hindernisse sind teilweise nicht verständlich
bildung. Nachtleben existiert hier praktisch und dadurch fühlt man sich ein bisschen wie
nicht. Alles in allem, sehe ich das Leben in auf hoher See mit einem Schiff allein gelassen
der Oberlausitz als langweilig und öde an, die zu werden.“ (Studentin, offene Angabe in der
Ansichten vieler Anwohner sind veraltet und quantitativen Erhebung)
versteift, womit ich mich weder identifizieren,
noch weiterentwickeln kann.“ (Schüler/in) Ausbildung und Arbeitsmarkt
„Um die Jugend nicht zu vertreiben, sollte es
„Versuchen Sie mehr solche Umfragen zu mehr Bildungseinrichtungen geben, d. h. mit ei­
machen oder generell politische oder soziale nem breiteren Spektrum, da viele auf denselben
Themen an die Schulen hier zu bringen, um die Gebieten, wie z. B. Technik, liegen.“ (Schüler/in)

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Impressum:

Studie (Kurzfassung) zur Verbesserung der Verbleibchancen qualifizierter


Frauen im Landkreis Görlitz

Herausgeber:
Landratsamt Görlitz
Bahnhofstraße 24
02826 Görlitz
Telefon: 03581 663-0
E-Mail: info@kreis-gr.de
www.kreis-goerlitz.de

© TRAWOS-Institut, Hochschule Zittau/Görlitz

Kontakt: Ines Fabisch, Gleichstellungsbeauftragte Landkreis Görlitz;


Prof. Raj Kollmorgen, TRAWOS-Institut, Hochschule Zittau/Görlitz

Autorinnen: Julia Gabler, Raj Kollmorgen, Anita Kottwitz; unter Mitarbeit


von Ulrike Gräßel und Fränzi Straßberger

Gestaltung und Satz: Kreativagentur Blendwerck, Klein Priebus,


www.blendwerck.de

Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang

Fotos: TRAWOS-Institut, Frau auf dem Titel: studiostoks

Auflagenhöhe: 100 Stück

Dezember 2016

Das Projekt wurde im Rahmen der Demografie-Richtlinie der Sächsischen


Staatskanzlei gefördert.

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