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Unternehmenskommunikation
Christian Herzog
1 Einleitung
Seit vielen Jahren verändert sich die Art der Erwerbstätigkeit weg von der Industrie- hin
zur Wissensgesellschaft. Durch die Entwicklungen der Informations- und
Kommunikationstechnologie können Unternehmen und ihre Mitarbeiter die Effizienz der
Wissensgenerierung, Wissensspeicherung und Wissensverarbeitung optimieren und
somit Zeit- und Kostenaufwände verringern. Zu diesem Zweck stehen unterschiedliche
Software-Werkzeuge zur Verfügung. Hierzu gehören u.a. Content- und
Dokumentenmanagementsysteme oder auch Kommunikationssysteme, wie E-Mail-
Systeme.
- Reduktion des Aufwands für die Suche und das Finden von Information
Die Vorteile von Enterprise 2.0 sind nicht umstritten und die Software- und Hardware-
Kosten überschaubar, jedoch steht dem ein nicht unbedeutender Personalaufwand
gegenüber, der beim Wandel der Organisation zu Enterprise 2.0 größere Kosten
verursachen kann (Görg 2009). Unter diesem Wandel versteht man die Anpassung der
Arbeitsprozesse sowie die Entwicklung einer offenen Unternehmenskultur, die u.a. die
Mitarbeiter zur aktiven Partizipation motiviert und dabei hierarchischen Barrieren
minimiert. Durch diesen nicht unerheblichen Aufwand stehen viele IT-Entscheider vor
der Herausforderung die oben genannten Ziele und Potentiale quantitativ sowie
qualitativ zu messen, um somit fundierte wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu
können.
2.1 miniROI
Ein Problem bei der Messung von Social Software ist, dass die meisten Kennzahlen sich
nur indirekt messen lassen. Diese Problematik hat Felix Schröder von der Just Software
AG dazu bewegt einen miniROI für Social Software in Unternehmen zu empfehlen, in
der ausschließlich die direkten Effekte, wie z.B. Zeit der Arbeitsprozesse oder
Kostenreduktion für Software, betrachtet werden.
In seiner Argumentation soll der miniROI, der nur mit einem geringen Aufwand erstellt
wird, eine Orientierung geben und die Ungenauigkeit indirekter Kennzahlen vermeiden.
Zusätzlich meint er, dass die Kosten und der Aufwand einer Einführung von Social
Software verschwindend gering sind und daher vor allem die Akzeptanz der Nutzer
sowie die Veränderung der Arbeitsabläufe und Gewohnheiten wichtiger sind, die nicht
mit einer Kennzahl wie dem ROI zu bestimmen sind. Kritisiert wird hierbei, dass
wichtige Kennzahlen, auch wenn sie nicht direkt messbar sind, ausgeklammert werden
und somit nicht zu einer ganzheitlichen Messung des Nutzens beitragen (Schröder 2010).
Durch die Komplexität beim Berechnen des Nutzens von Social Software schlagen
Simone Happ und Frank Wolf, Autoren des Blogs besser20.de, eine andere
Betrachtungsweise vor. Ihrer Meinung nach ist die Analyse wichtig, welche
Konsequenzen ein Nicht-Investieren in Social Software mit sich bringt. Die Risiken
werden im Risk Of Not Investing beschrieben und in diesem Beispiel auf vier Punkte
reduziert (Happ und Wolf 2009).
1. Durch Irrtümer und gescheiterte Projekte wird das Thema Social Software
beiseitegeschoben und mittelfristig nicht mehr betrachtet. Somit entsteht ein
großer technischer Rückstand im Vergleich zur Konkurrenz.
4. Die Konkurrenz schläft nicht, daher ist es wichtig so früh wie möglich sich mit
Social Software zu beschäftigen. Eine integrative Einführung dauert eine
gewisse Zeit somit muss man längere Entwicklungszyklen und Lernprozesse
mit einplanen.
Einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt die IBM Corporation mit ihrem kürzlich
veröffentlichten White Paper „Measuring the value of social software“. Hierbei werden
drei Messungs-Typen unterschieden und zusätzlich Organisationslevel sowie Use Cases
involviert. Unter „Vitality“ werden alle kurzfristigen Tätigkeiten oder Maßnahmen, wie
z.B. Anzahl der Blog-Beiträge, Anzahl der Wikis, angelegte Profile usw. bewertet.
„Capability“ hingegen beschreibt den mittelfristigen Nutzen, wie z.B. Effizienz des
Mitarbeiter-Know-How oder die Geschwindigkeit bei der Lösung von Problemen. Als
Kennzahlen dienen des Weiteren die Interaktionshäufigkeit, der Aufbau von interaktiven
Beziehungen oder die Schaffung von Informationsflüssen. Der dritte Messtyp „Business
Value“ widmet sich dem eigentlichen Return on Investment, indem er den langfristigen
Erfolg betrachtet, der über die wichtigsten Prozess- (KPIs) und Schlüsselwert-
Indikatoren (KVIs) definiert wird. Messbar wäre hier z.B. die Anzahl der bearbeiteten
Anrufer in einem Call Center oder die Zeit, wie lange ein Produkt von der Entwicklung
bis zur Markteinführung braucht (Cooper, Martin, und Kiernan 2010).
Zu diesem Modell gibt es bis jetzt noch keine Anwendungsfälle, die den Einsatz des
Bewertungssystems in der Praxis analysieren und untersuchen ob die Methode auch
weitestgehend in der Praxis angewendet werden kann. Ein Vorteil ist, dass das Modell
einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und damit keine wichtigen Einflussgrößen
ausblendet.
2.4 Return On Contribution (ROC): A Metric for Enterprise Social Software
Ein Team der IBM Research präsentierte auf der ECSCW 1 2009 in Wien, ein Konzept
namens Return on Contribution oder auch ROC, mit dem sie den Nutzen von Social
Media messen wollen. „The core definition of ROC is the ratio of the number of people
who benefit in this way from a resource (i.e., through rational consumption of that
resource), divided by the number of people who create or contribute to that resource.”
(Muller, Freyne, Duncan, et al. 2009). Dabei werden verschiedene Messzahlen für
unterschiedliche Szenarien verwendet, deren Einheit in Mitarbeiter (Personalaufwand)
dargestellt wird. Gemessen wird, wie viele Erzeuger von Inhalten den Konsumenten
gegenüberstehen, um so eine Übersicht zur Effektivität eines Mediums, wie z.B. Wikis,
Blogs oder Filesharing-Systemen, zu erstellen.
IBM erläutert hier eine einfach anzuwendende und quantifizierbare Methode zur
Messung von Social Software. Als Bestandteil einer ganzheitlichen Betrachtung wird
dieses System relativ einfach zu integrieren sein, jedoch fehlen weitere Kennzahlen, die
z.B. die Zeitersparnis oder die Qualität der Inhalte interpretieren. Um dieses System in
der Praxis anzuwenden, muss sichergestellt sein, dass mit der Einführung der Software
die technische Datenerhebung im Unternehmen implementiert wird.
Auf der America Conference on Information Systems (AMCIS) 2009 stellten Phillip
Raeth, Stefan Smolnik, Nils Urbach und Christian Zimmer mit ihrer Arbeit “Towards
Assessing the Success of Social Software in Corporate Environments” zwei
Erfolgsmodelle zur Messung von Webblogs und Wikis vor. Die Modelle basieren auf
dem IS Success Modell von DeLone und McLean (siehe auch DeLone und McLean
2002). Hierbei werden die gegenseitigen Einflüsse der sieben Erfolgsdimensionen
Systemqualität, Informationsqualität, Servicequalität, Nutzerzufriedenheit, Absicht zur
Nutzung/Nutzung und Nettonutzen in einem Informationssystem dargestellt und
analysiert. Nach einer ausführlichen Recherche unterschiedlicher Messmethoden für die
jeweiligen Erfolgsdimensionen, wurde ein ganzheitliches Modell mit Fokus auf
Webblogs und Wikis erstellt. Die unterschiedlichen Messmethoden beziehen sich auf
den Einfluss einer Dimension auf eine andere.
Das Modell bietet umfassenden Methoden zur Messung von Wikis und Webblogs.
Bisher fehlen aber noch empirische Analysen und eine praktische Validierung. In
Zukunft soll das Konzept noch um weitere Enterprise 2.0-Anwendungen, wie Social
Networking Services, ergänzt werden. Bei einer praktischen Validierung muss auch der
Kosten- und Zeitaufwand dieses Modells, der im ersten Ansatz relativ hoch erscheint,
untersucht werden.
1
European Conference on Computer Supported Cooperative Work
2.6 Wirkungsstufen der Kommunikation nach Negelmann
Das System wurde in der Praxis in abgewandelter Form in verschiedenen Szenarien zwar
schon angewendet, für die quantifizierbare Messbarkeit mit Kennzahlen gibt es hierfür
jedoch noch keine praktischen Analysen. Auch dieses Modell verfolgt einen
ganzheitlichen Ansatz und dient als Orientierung für weiterführende
Bewertungsmethoden.
2.7 Überblick
Des Weiteren steht zur Diskussion, ob sich ein Standard als Bewertungs-Methode
überhaupt durchsetzen kann oder ob unterschiedliche Lösungen für verschiedene
Szenarien eine effektivere Bewertung liefern können. Oliver Marks schrieb in einem
Blog-Eintrag „Enterprise 2.0 ROI Metrics: One Size Doesn’t Fit All“, dass ein
standardisiertes Bewertungskonzept für Enterprise 2.0-Anwendungen nicht umgesetzt
werden kann, da die Lösungen nahezu immer individuell im Unternehmen eingesetzt
und verwendet werden (Marks 2009). Die Betrachtungsweise und Granularität, d.h. wie
sehr geht man mit welcher Methodik ins Detail, spielt somit eine weitere wichtige Rolle
bei den Überlegungen.
Auch wenn schon länger verschiedene Bewertungsmethoden bezüglich der Messbarkeit
von CSCW (Computer Supported Cooperative Work)- oder Wissensmanagement-
Systemen (siehe Schwabe, Streitz und Unland [Hrsg.] 2001) existieren, fehlen spezifisch
für die Thematik Enterprise 2.0 praktische Anwendungsfälle und empirische Studien,
welche die theoretischen Ansätze analysieren und ggf. validieren. Die Gründe hierfür
sind vielfältig. Zum Einen ist das Thema Enterprise 2.0 noch relativ jung, wodurch sich
viele Unternehmen noch im Experimentier-Stadium befinden. Des Weiteren bestehen die
Systemlandschaften in den Unternehmen meist aus individuell und historisch
gewachsenen Lösungen. Durch diesen Umstand herrscht oft eine hohe Komplexität, an
die sich nur wenige Verantwortliche heran trauen, bzw. der Aufwand in keiner
Korrelation zum Nutzen einer Bewertung steht.
Eine weitere Überlegung ist, ob Social Software als alleinstehendes System bewertet
werden kann, oder ob Social Software eher als Ergänzung zu den bestehenden Systemen
gewertet wird. Wie schon erwähnt sieht die Studie der centrestage GmbH das Potential
in Enterprise 2.0-Anwendungen in der Ergänzung und Erweiterung vorhandener
Lösungen (Göhring, Niemeier und Vujnovic 2010). In diesem Zusammenhang wäre eine
Messung des Mehrwerts im direkten Vergleich zu vorhandenen Lösungen
unterschiedlich zu gestalten, als eine Bewertung die nur Social Software an sich
betrachtet.
Wie schon erwähnt gibt es neben den bisher eingesetzten Methoden noch weitere
Bewertungssysteme, die den wirtschaftlichen Nutzen von IT-Systemen messen. Hierbei
wäre es interessant zu analysieren, welche etablierten Methoden, wie z.B. die Balance
Scorecard, bezüglich einer Bewertung von Social Software eingesetzt werden können.
4 Offenen Forschungsfragen
In Kapitel 2 wurden verschiedene Bewertungs-Ansätze zur Messung von Social
Software im Unternehmenskontext aufgeführt und in Kapitel 3 einige Problemstellungen
erläutert. Zusammenfassend ergeben sich auf Grundlage der Diskussionen folgende
Forschungsfragen:
Detaillierte Betrachtungen werden u.a. durch die Untersuchung von bestehenden und
die Erhebung von neuen Fallstudien durchgeführt. Hierbei lässt sich identifizieren, wie
Unternehmen in der Praxis bisher mit dieser Thematik konfrontiert wurden und welche
Lösungen erarbeitet werden konnten. Eine ausführliche Sammlung bietet hier das
Enterprise 2.0-Fallstudiennetzwerk http://www.e20cases.org/. Die Untersuchung der
bestehenden Fallstudien soll einerseits den Nutzen von Enterprise 2.0-Projekten in
messbare Zahlen aufdecken und andererseits die Wahl der Mess-Methodik analysieren.
Bei der Umsetzung neuer Fallstudien können mit der Implementierung der Software
mehrere unterschiedliche Bewertungsmethoden eingesetzt und miteinander verglichen
werden.
Um den Mehrwert von Social Software zu messen, soll neben den Fallstudien eine
empirische Umfragestudie durchgeführt werden. Zu den Eckpunkten der Untersuchung
gehören die Bewertung der Zeit- oder Kostenersparnis, die Qualität der Arbeit und
weitere noch undefinierte Punkte. Zusätzlich kann hierbei noch analysiert werden, ob
Bewertungssysteme bisher eingesetzt wurden und wenn ja, welche dieser Systeme wie
erfolgreich waren.
Die Ergebnisse können dazu beitragen, dass am Ende Johann Wolfgang von Goethe mit
seiner Aussage „Mit dem Wissen wächst der Zweifel.“ nicht Recht behält.
Literaturverzeichnis
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