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2009 erschien das vorliegende Buch Thomas Kuhn in der Reihe nach-
Gedacht Moderne Klassiker im Verlag Mentis. Es umfasst 111 Sei-
ten. Die Autoren sind Daniela BailerJones und Cord Friebe. Erstere
war Privatdozentin für Philosophie und Leiterin der EmmyNoether
Nachwuchsgruppe am Philosophischen Seminar der Universität Heidel-
berg und ist 2006 verstorben. Letzterer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Lehrstuhl für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie der Univer-
sität Bonn. Ziel der Reihe ist es, eine Einführung in die Werke prägender
Wissenschafter zu geben. Im Speziellen ist es Ziel des vorliegenden Ban-
des, eine Einführung für Studierende und interessierte Laien in das Werk
von Thomas Kuhn, näherhin in The Structure of Scientic Revolutions,
zu geben. Nimmt man allerdings die Behauptung im einleitenden Text
zur Reihe beim Wort, dann handelt es sich bei Kuhns Hauptwerk nach
Auassung der Reihenherausgeber um einen Klassiker der Analytischen
Philosophie. Wir teilen diese Meinung nicht, obgleich wir denken, dass
es ein Klassiker der Wissenschaftstheorie ist dies ist ein Grund für uns,
diese Einführung zu Kuhns Hauptwerk zu rezensieren.
Im Buch werden hauptsächlich vier Themen, eingeteilt in vier Kapi-
tel, behandelt: (1) Eine Kurzbiographie zu Thomas Kuhn, (2) eine kurze
Darstellung von Kuhns Thesen, (3) eine Diskussion der Kuhnschen The-
sen von Karl R. Popper, Imre Lakatos und Paul Feyerabend, und (4) ein
Blick auf die weitere Entwicklung in der Wissenschaftstheorie nach einer
historizistischen Phase. Der Text zu den ersten zwei Kapiteln stammt
aus dem Nachlass von BailerJones, die beiden letzten Kapitel wurden
von Friebe verfasst. Wir nehmen im Folgenden aus Gründen der Einfach-
heit mit `die Autoren' Bezug auf den Verfasser der jeweils besprochenen
Textstelle. Wir überspringen die bibliographische Notiz zu Kuhn mit
dem Vermerk, dass eine Professur in Berkeley, Princeton und am MIT,
fünf Monographien und eine erkleckliche Anzahl an Artikel in renom-
mierten Zeitschriften, keine unauällige akademische Existenz (vgl. [1,
p.10]) auszeichnen, und behandeln (2) und (3) zusammengefasst. Zum
Schluÿ machen wir noch eine kurze Anmerkung zu (4).
Die Autoren weisen gleich zu Beginn der Darstellung von Kuhns The-
sen darauf hin, dass alle wissenschaftstheoretischen Positionen bestimm-
Die Autoren stellen die Position Kuhns durch Erläuterung von zen-
tralen Ausdrücken und durch Angabe der zentralen Thesen der Position
dar. Wir versuchen diese Ausdrücke und Thesen anhand von verstreuten
Behauptungen und Bemerkungen im vorliegenden Band zu explizieren.
Z.B. nden sich relevante Behauptungen zum Gebrauch von `Normal-
wissenschaft' in [1, pp.25], weiter expliziert wird der Ausdruck erst
später in der Diskussion in [1, ab p.58]. Zwar wird dadurch ein genau-
eres Verständnis der Ausdrücke und Thesen erschwert, ein Verständnis
in heuristischer Weise wird jedoch didaktisch wertvoll vermittelt.
Christian J. Feldbacher & Stefan H. Gugerell: Rezension 93
Unter `Problem' verstehen wir einen echten Fragesatz (das ist ein
Fragesatz, dessen Voraussetzungen alle wahr sind). Unter `Problemlö-
sung' verstehen wir einen Aussagesatz, der eine Antwort auf mindestens
ein Problem ist.
• es ein Phänomen ist, das von mindestens einem Mitglied der Wis-
senschaftsgemeinde beobachtet wurde, und
• wenn es für ein Problem, das eine Frage zum beobachtbaren Phä-
nomen ist, keine Problemlösung im Paradigma der Wissenschafts-
gemeinde im Zeitintervall gibt.
Mit dem Nachweis wird, wie wir denken, sehr schön gezeigt, dass die-
se schwache These der Inkommensurabilität nicht trivial wahr ist: Man
ist vielleicht geneigt, da Kuhn `Zyklus' mit `wissenschaftliche Revoluti-
on' und `wissenschaftliche Revolution' wiederum mit `inkommensurabel'
charakterisiert, anzunehmen, dass eine These der Inkommensurabilität
denitorisch wahr ist. Der Nachweis zeigt jedoch, dass man zur Stützung
der hier formulierten These der Inkommensurabilität, zumindest für die-
sen Nachweis, noch These 1 als wahr voraussetzen muss, und da These
1 nicht analytisch ist, ist auch die hier formulierte These der Inkommen-
surabilität nicht analytisch.
Christian J. Feldbacher & Stefan H. Gugerell: Rezension 97
Ein Vergleich der Thesen 1 bis 3 mit Thesen von Positionen von
Popper, Lakatos und Feyerabend führt die Autoren zu folgendem Er-
gebnis (für diese vereinfachte Übersicht ist vorausgesetzt, dass man in
den Thesen `Theorie', `Paradigma' und `Forschungsprogramm' teilweise
gegenseitig substituiert):
Obwohl dieses Buch diese Eigenschaft hat, nden sich darin detaillierte-
re Ausführungen (z.B. in [1, p.61], wo sehr genau auf einen Unterschied
zwischen einer Verwendung von `gilt als falsiziert' und `ist falsizierbar'
geachtet wird). Zudem erlaubt es auch, wie wir ansatzweise zu zeigen ver-
sucht haben, eine weiterführende Präzisierung. Im Groÿen und Ganzen
erachten wir das Buch als eine gute Einführung und empfehlen es dem
Laien hinsichtlich Kuhns Position mit dem Wunsch: Mögen in ihm bei
der Lektüre weitere Präzisierungsvorschläge reifen!
Literatur
[1] Daniela Bailer-Jones und Cord Friebe. Thomas Kuhn. Mentis, Pa-
derborn, 2009. 111 Seiten, 14,80A
C[D], ISBN: 978-3-89785-503-8.