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in Dortmund

Dortmunder
Ein Dossier über die extreme Rechte

Zustände Strukturen, AkteurInnen und Ent


wicklungen im Jahr 2010

ortmund (Hrsg.)
Impressum und Kontakt
Diese Broschüre wird kostenlos von der Anti-
faschistischen Union Dortmund herausgege-
ben. Die Veröffentlichung und Verbreitung von
Artikeln oder einzelnen Textpassagen ist er-
wünscht. Wir bitten allerdings um eine genaue
Quellenangabe. Die VerteilerInnen dieser Bro-
schüre sind nicht identisch mit den AutorInnen.

Stand der Recherche: 10. Februar 2011

V.i.S.d.P.:
Kerstin Wiedemann
Dresdener Straße 45
44149 Dortmund

Auflage: 500 Exemplare / 1. Auflage


Druck: Eigendruck im Selbstverlag

Bei Fragen, Anregungen,


Ergänzungen und Kritik wendet Euch bitte an:
Email: antifa-dortmund@free.de
Web: antifaunion.blogsport.de

Namensnennung / Nicht-kommerziell /
Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Inhalt
Editorial 04

Einleitung 06

Neonazistische Gruppen 08

  Nationaler Widerstand Dortmund 09


  Skinhead Front Dortmund Dorstfeld 16
  Nationale Front Eving 19

Parlamentarische Rechte 22

  Nationaldemokratische Partei Deutschland 22


  Deutsche Volksunion 24
  Bürgerbewegung pro Nordrhein Westfalen 26
  Die Republikaner 30

Schwerpunkt 31

  Historische Entwicklung der Naziszene seit 2000 31


  Das „Nationale Zentrum“ 35
  Der „Resistore“ - Versand 38
  In Freiheit: Der Mörder von Thomas Schulz 40
  Naziangriffe auf die „Hirsch Q“ 43
  Feuerwehrmann als Brandstifter 45

Chronologie 2010 48

Aufmarsch - Splitter 58

Fazit und Ausblick 60


Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Mit diesem erstmalig vorliegenden Anschließend folgt eine detaillierte
Dossier möchten wir Euch einen Chronologie von neonazistischen
Überblick über die extreme Rechte Aktivitäten im vergangenen Jahr,
in Dortmund im Jahre 2010 geben. inklusive eines “Aufmarsch-Split-
Das Heft richtet sich an alle, die sich ters”, der einen Überblick über
für die Aktivitäten und Entwicklun- die öffentlichen Versammlungen
gen der organisierten Neonaziszene der extremen Rechten in 2010 lie-
in Dortmund interessieren – ob aus fert. Die Grundlage der Chrono-
beruflichen, wissenschaftlichen, logie bilden eigene Recherchen,
bildungspolitischen oder anderen Mitteilungen von Betroffenen und
Gründen. BeobachterInnen und eine tägliche
Auswertung von Zeitungen, Polizei-
Zunächst wollen wir eine Bestands- meldungen und Internetquellen.
aufnahme über die bestehenden Die Chronologie erhebt keinerlei
Strukturen der militanten Neona- Anspruch auf Vollständigkeit. Ab-
ziszene in Dortmund liefern. Dem schließen möchten wir dieses Dos-
folgt ein Überblick über die extrem sier mit einer zusammenfassenden
rechten Parteien, die vor Ort schon Bestandsaufnahme sowie Einschät-
seit Jahren mehr oder weniger aktiv zungen zur weiteren Entwicklung
sind bzw. sich aktuell konstituie- der extremen Rechten im Jahr 2011.
ren. Neben einer rein deskriptiven Zudem möchten wir abschließend
Erfassung geht es uns dabei aber auch noch einige Worte zur Situati-
auch um eine Analyse der Aktivi- on in Dortmund generell verlieren.
täten und um Einschätzungen zu Das betrifft vor allem die übliche
deren Fortentwicklung. Anschlie- (externe) Berichterstattung über
ßend widmen wir uns den Schwer- die hiesigen Verhältnisse und eini-
punktthemen. Dabei handelt es ge Anmerkungen, wie wir uns diese
sich um Berichte zu Ereignissen in perspektivisch wünschen würden.
Dortmund, die im vergangen Jahr
aus dem üblichen Treiben der Nazis
besonders hervorgestochen haben,
oder aus unserer Sicht einen be-
sonderen Nachrichtenwert haben,
da sie zu einem besseren Verständ-
nis der aktuellen Situation beitra-
gen oder sie Bezüge zu aktuellen
Debatten in der lokalpolitischen
Öffentlichkeit herstellen.

4
Um auch in Zukunft verwertbare
Informationen zur Dortmunder Na-
ziszene zur Verfügung stellen zu
können, haben wir uns zum Ziel
gesetzt, zum Anfang jeden Jah-
res in komprimierter Form über
die Aktivitäten und Entwicklungen
des vergangenen Jahres zu infor-
mieren. Aufgrund der Fülle an In-
formationen und den zahlreichen
Ereignissen, über die man in Dort-
mund berichten könnte, setzen wir
Schwerpunkte und nehmen damit
eine eventuell unvollständige Be-
richterstattung in Kauf.

Antifaschistische Union Dortmund,


Januar 2011

Zwei bewaffnete Neonazis haben sich vorm „Nationalen Zentrum“ postiert.

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Einleitung
Regelmäßig verteilen Nazis in der Nicht unerwähnt sollte auch An-
Innenstadt oder vor Schulen Flug- dré Picker, Haus- und Hofanwalt
blätter und führen zahlreiche Auf- der rechten Szene, bleiben, der die
märsche und Kundgebungen durch. Neonazis mit seiner Kanzlei am Kö-
Daneben kommt es hin und wieder nigswall bei ihren zahlreichen Ge-
auch zu klandestin geplanten An- richtsverhandlungen vertritt und sie
griffen auf linke Wohn- und Kul- juristisch berät. Parallel ist Picker
turprojekte sowie zu Übergriffen bei der extrem rechten Kleinstpartei
auf AntifaschistInnen. Die Nazis pro NRW aktiv und darum bemüht,
verfügen über eine funktionieren- in Dortmund einen eigenen Kreisver-
de und materiell gut ausgestattete band der rechtspopulistischen Partei
Infrastruktur. Sie verfügen mit dem zu gründen. Daneben haben mit DVU
Resistore über einen hauseigenen und NPD zwei weitere extrem rechte
Internetversandhandel, der ihnen Parteien, ihre Arbeit auf lokalpoliti-
einerseits als finanzielle Einnahme- scher Ebene zum Teil intensiviert,
quelle dient und andererseits eine entweder im Rat der Stadt Dortmund
Plattform darstellt, über die sie ihre oder auch im Kontakt mit den “Frei-
Propaganda, Szenekleidung etc. ei- en Kameradschaften”. Ausnahmen
nem breiten Spektrum innerhalb wie die REP bestätigen dabei die
der Szene zugänglich machen kön- Regel.
nen. Das “Nationale Zentrum” an
der Rheinischen Straße dient unter Die Neonaziszene in der größten
anderem als Treffpunkt und Ver- Stadt Westfalens verfügt im Ver-
anstaltungsraum und stellt damit gleich zu den Verhältnissen zur Zeit
einen weiteren Stützpfeiler ihrer der ehemaligen Kameradschaft Dort-
Infrastruktur dar. Mit dem “Kame- mund um Siegfried Borchardt über
radschaftswagen” (einem eigenen gewachsene Strukturen. Doch längst
VW-Bulli) und einer eigenen Anlage ist nicht alles Gold, was glänzt.
besitzen sie das nötige Equipment Strotzten die Neonazis bis vor eini-
für die Durchführung zahlreicher ger Zeit noch so vor Selbstbewusst-
öffentlicher Versammlungen und sein, so hat sich nicht zuletzt auch
RechtsRock-Konzerte im Ruhrgebiet bei den letzten beiden “nationalen
und darüber hinaus. Antikriegstagen” gezeigt, dass sich
dieses Selbstbild nicht zwingend mit
der Realität decken muss. In den
seltensten Fällen finden ihre öffent-
lichen Versammlungen ohne antifa-
schistischen Protest statt.
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Auch ein Grund dafür, warum sich dings lässt sich ein kontinuierliches
extrem rechte Parteien, wie auch Interesse an der Neonazi-Problema-
die aktionsorientierten “Autono- tik leider nicht erkennen.
men NationalistInnen” nicht trauen,
ihre Infostände und Flugblattaktio- Wenngleich sich die Berichterstat-
nen im Vorfeld öffentlich anzukün- tung im Vergleich zu den letzten
digen. Aus denselben Gründen wer- Jahren auch verbessert hat, stehen
den auch Vortragsveranstaltungen meistens nur die größeren “Skan-
mit zum Teil “namhaften” Referen- dale” im Fokus, eine Kontextualisie-
tInnen nicht öffentlich beworben rung bleibt in der Regel aus. Diese
(wohl aber auch wegen der in Tei- und kommende Broschüren sollen
len strafrechtlich relevanten Inhal- folglich auch dazu dienen diese
te). Beispielsweise bei einem pro Lücke aufzuarbeiten, indem konti-
NRW-Stand im Mai 2010 wurden die nuierlich mit ausführlichen Hinter-
Rechtspopulisten schließlich von grundberichten über die Aktivitäten
200 AntifaschistInnen umstellt und der hiesigen Neonazis berichtet
erfolgreich gestört, anschließend wird und diese schließlich in den
gab es noch eine antifaschistische Gesamtzusammenhang der akti-
Spontandemonstration in Dorstfeld. ven und gewalttätigen Dortmunder
Neonaziszene gestellt werden.
Nicht nur unter aktiven Antifaschis-
tInnen ist Dortmund schon seit Län-
gerem als die Neonazi-Hochburg in
Westdeutschland bekannt. Auch in
den bürgerlichen Medien wurde in
den letzten Jahren vermehrt auf die
besondere Bedeutung Dortmunds
für die bundesweite Neonaziszene
hingewiesen. Beispiele hierfür sind
die WDR-Dokumentationen “Neben-
an der braune Sumpf – Neonazis,
ihre Mitläufer und Drahtzieher” (die
story, 2005) und “Allein unter Nazis
– Überlässt Dortmund den Rechten
das Feld?” (Monitor, 2009) sowie
verschiedene zu diesem Thema ver-
öffentlichte Artikel in diversen über-
regionalen Tageszeitungen. Aller-
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Neonazistische Gruppen
Die Dortmunder Neonaziszene ist Brackel, Wickede, Jungferntal und
stark ausdifferenziert. Neben den Berghofen entsprechende Cliquen,
“Autonomen NationalistInnen” die nicht selten von einer breiten
(“AN”) des Nationalen Widerstands Ignoranz bis hin zur wohlwollenden
Dortmund gibt es mit der Skinhead Akzeptanz in dem jeweiligen Vorort
Front Dortmund-Dorstfeld eine eher profitieren können. Zwischenzeit-
klassische “Kameradschaft”. Mit der lich gab es auch Gruppierungen,
Hooligan-Gruppierung Frontline be- die versuchten, ein höheres und
steht auch eine eindeutige Verbin- eigenständiges Aktions- und Orga-
dung von Neonazis zur Fußball-Fan- nisierungskonzept zu entwickeln,
kultur. Neben solchen gefestigten meistens aber an mangelnder
Gruppen gibt es in mehreren Dort- Kompetenz scheiterten. Zu nennen
munder Vororten weitere (extrem) wären hier zum Beispiel die Akti-
rechte Jugendcliquen, die nicht we- onsgruppe Kirchlinde oder der Na-
niger rassistisch oder neonazistisch tionale Widerstand Nordstadt. Im
auftreten, aber bisher nicht öffent- Folgenden geben wir deshalb einen
lich und unter einem eigenen Grup- kleinen Überblick über die aktuell
pennamen in Erscheinung getreten bestehenden Gruppen des militan-
sind. So existieren zum Beispiel in ten Neonazismus in Dortmund.

Höchst professionell und trotzdem nie öffentlich aufgetreten:


Der „Nationale Widerstand Nordstadt“

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Nationaler Widerstand allem durch eine Adaption stilisti-
scher und ästhetischer Praktiken (z.
Dortmund B. Aktionsformen) der autonomen
Linken charakterisiert ist. Es sind
Die aktivste und personenstärkste vor allem jüngere Neonazis, die den
Struktur der militanten extremen dogmatischen kulturellen Mustern
Rechten wird vor Ort mit dem Na- der eigenen Szene entsagen und
tionalen Widerstand Dortmund sich in Selbstdarstellung wie kollek-
(NWDO) gebildet. Die Personen- tiver Außendarstellung im Kontext
gruppe um den NWDO hat in den politischer Veranstaltungen radikal
letzten Jahren Strukturen heraus- am Zeitgeist ausrichten. Auch in
gebildet, die seit dem Herbst 2004 Dortmund liegt das Altersspektrum
nach und nach die einstige Kame- der “Autonomen NationalistInnen”
radschaft Dortmund um Siegfried des NWDO mit wenigen Ausnahmen
Borchardt als führende Gruppe der zwischen 18 und 27 Jahren und da-
parteifreien Neonaziszene ablös- mit deutlich unter dem Altersdurch-
ten. schnitt anderer “Kameradschaften”.
Eine Entpolitisierung geht mit dieser
“Autonome NationalistInnen” ästhetisch-stilistischen und strate-
Anfänglich unter dem Label Au- gisch-aktionistischen Neuausrich-
tonome Nationalisten – östliches tung der jüngeren Neonazis aller-
Ruhrgebiet entstanden, existiert dings nicht einher. Eine Abkehr von
diese Gruppe unter verschiedenen zentralen Elementen der Ideologie
Namen (Freie Kräfte Dortmund, des Nationalsozialismus findet nicht
Parteifreie Nationalisten) und mit statt. Eher beschränkt man sich da-
personellen Veränderungen bis rauf, diese mit Blick auf gegenwär-
heute als neonazistische “Kame- tige Feindbilder und Ressentiments
radschaft” fort. Kennzeichnend ist, zu aktualisieren, um sich neue Ziel-
dass die meisten der dort aktiven gruppen zu erschließen.
Neonazis den “Autonomen Nati-
onalistInnen” (so deren Selbst- Hierarchische Strukturen
bezeichnung) zuzurechnen sind. Die Dortmunder Neonazis nahmen
Dabei handelt es sich um eine Strö- mit der Etablierung des Konzepts
mung der militanten Neonaziszene “Autonome NationalistInnen” eine
(als Subform der “Freien Kamerad- Vorreiterrolle ein, an der sich Neo-
schaften”), die sich ungefähr 2003 nazi-Gruppierungen vor allem aus
zeitgleich in Berlin und im Ruhrge- einigen Nachbarstädten bis heute zu
biet zu entwickeln begann und vor orientieren versuchen.
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Zusätzlich aber haben sich die Die Aktivisten der “ersten Stunde”,
Dortmunder Neonazis durch ihren namentlich Dennis Giemsch, Ale-
gesteigerten Aktionismus und ih- xander Deptolla und Dietrich Sur-
ren (im Vergleich zur alten Kame- mann bilden mit einigen weiteren
radschaft Dortmund) gewachsenen Neonazis bis heute den harten Kern
Strukturen innerhalb der Neona- des NWDO. Von diesem Personen-
ziszene einen “guten” Ruf erar- kreis werden weitgehend alle Akti-
beiteten können. Das führt dazu, onen der Gruppe zwar nicht zwin-
dass Dortmund auch für Neonazis gend alleine geplant, wohl aber
aus dem gesamten Bundesgebiet absolut koordiniert. Um den Kern
interessant geworden ist und ei- bildet sich eine zweite Gruppe von
nige gezielt ihren Wohnsitz nach rund 20 Personen, die sich unter
Dortmund-Dorstfeld verlegen, also anderem durch eine kontinuierliche
dahin, wo ein Großteil des NWDO Teilnahme an den allwöchentlichen
wohnt. Vor allem im Umkreis der “Kameradschaftstreffen” auszeich-
Thusneldastraße wohnen zahlrei- nen und regelmäßig die zahlrei-
che aktive “AN”, jedoch auch ent- chen öffentlichen Versammlungen
lang einer geographischen Linie nicht nur personell und organisa-
von Dorstfeld über Oespel, Kley bis torisch unterstützen. Hinzu kommt
hin nach Lütgendortmund. ein Personenpotential von ca. 30
Neonazi-AktivistInnen, die dem
Bezogen auf die personellen Struk- kurzfristig mobilisierbaren Umfeld
turen lässt sich ein hierarchisches zugerechnet werden können. Diese
System erkennen, das sich über sind der Gruppe der “AN” aber eher
einen längeren Zeitraum hinweg über eine diffuse Kombination aus
herausgebildet hat. autoritärem Pflichtbewusstsein,
Ganz Dortmund eine „no-go-area“? So glauben zumindest die „AN“. freundschaftlicher Sympathie und
politischer Überzeugung zugehörig,
denn über kontinuierliche Parti-
zipation in den gefestigten Struk-
turen. Angebunden an den NWDO
sind neonazistische Gruppen, Cli-
quen und Einzelpersonen aus meh-
reren Dortmunder Stadtteilen sowie
extrem rechte AktivistInnen aus
den Nachbarstädten und -kreisen.

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Das Einzugsgebiet umfasst vor al- erfolgreich überregional mobilisiert
lem die Kreise Recklinghausen und wurde oder die für die hiesige Neo-
Unna, unter anderem aber auch naziszene aufgrund der Thematik
Hamm, Ahlen, Gelsenkirchen und einen besonderen Stellenwert ha-
Wuppertal sowie mit Essen und ben (etwa geschichtsrevisionisti-
Duisburg vereinzelt auch das west- sche Aufmärsche).
liche Ruhrgebiet. Darüber hinaus
hat der NWDO auch Kontakte ins Aber auch in der eigenen Stadt ist
Rheinland und zu Neonazis aus man äußerst aktiv: Sie führen re-
mehreren Städten im gesamten gelmäßig Flugblattaktionen durch
Bundesgebiet sowie vereinzelt Ver- und organisieren Kundgebungen
bindungen ins benachbarte Aus- und Aufmärsche. Deutlich wird,
land. dass der Aktionismus bei den so
genannten ANs wesentlicher und
Aktivismus und Dauermobilisierung bestimmender Teil des Konzepts
Die Dortmunder Neonazis sind da- ist. “Diskursorientierte“ Bestrebun-
rüber hinaus extrem reisefreudig, gen sind bei den Dortmunder Neo-
was die Aufrechterhaltung ihrer nazis nicht erkennbar, wohl aber
zahlreichen Kontakte zu anderen auch nicht gewünscht. Was zählt ist
AkteurInnen der extremen Rech- die Aktion. Mit konspirativ geplan-
ten zusätzlich erleichtert. Kaum ten RechtsRock-Konzerten, häufi-
ein Aufmarsch in der Region findet gen Flugblattaktionen, Randale wie
ohne ihre Beteiligung und Unter- am 1. Mai 2009 und anderer action
stützung statt. Allerdings reisen versucht man attraktiv zu wirken
sie nicht nur mit einer Wagenbe- auf ein Milieu, das dem “Spaß an
setzung des eigenen “Kamerad- der Sache”, der Konfrontation mit
schaftswagens“ zu kleineren Kund- AntifaschistInnen und der Polizei
gebungen in andere Bundesländer sowie einem militanten Gestus
(quasi als Geste des guten Willens). mehr Bedeutung zumisst als einer
Sondern sie reisen auch mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung
größeren Reisegruppe, die mit dem mit dem historischen Nationalsozi-
Zugverkehr oder eigens angemiete- alismus.
ten Bussen (seltener auch mit dem
Flugzeug wie zum Beispiel im Feb-
ruar 2009 zu einem Aufmarsch in
die bulgarische Hauptstadt Sofia),
zu größeren Aktionen der extre-
men Rechten, zu denen entweder
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Was ein Berliner Recherche-Ma- Auch die abweichenden Positionen
gazin schon 2006 für die dortigen einiger weiterer Neonazis führten
“AN” konstatierte, scheint also zu Konflikten mit den Führungs-
auch für die örtlichen AktivistInnen kräften der Dortmunder Szene,
des NWDO zu gelten: “Hier scheinen woraufhin erstere Mitte 2008 aus
eher jugendliche Verhaltensweisen dem NWDO ausstiegen. Daraufhin
wie der Drang zum Kräftemessen, mussten auch die örtlichen “AN”
Revierkämpfe, Provokation und der feststellen, dass mit der Aufwei-
Wunsch nach aufsehenerregenden chung der eigenen kulturellen
Aktionen mit Erlebnischarakter mit Ästhetik und der Schaffung von
politischen Motiven verknüpft zu niedrigschwelligen Angeboten auch
werden. Die direkte und bewusste gleichermaßen unkomplizierterer
Konfrontation mit AntifaschistIn- Absprung aus der rechten Szene
nen, Detektivspielchen und nächt- möglich wurde. Bis heute hat sich
liche Action sind eben jene Aktions- daran nichts geändert, wie einige
formen die gesucht werden, wenn jüngere Beispiele nicht nur in Dort-
die Erlebniswelt wichtiger ist als die mund zeigen.
politische Fundierung.”
“Heldengedenken” und
Nachteile niedrigschwelliger Angebote Selbstinszenierung
Ganz ohne geht es aber auch nicht: Auch im vergangenen Jahr stand
Wer politisch nicht auf Linie ist, der Aufmarsch zum “nationalen
fliegt. So beispielsweise auch im Fall Antikriegstag” wieder im Fokus der
von Dustin Guske, ein ehemaliger politischen Aktionen der örtlichen
Aktivist der Dortmunder “Autono- “AN”. Dazu gehörten wiederum
men NationalistInnen”, der damals auch die zwei “Aktionswochen” im
einen Großteil der lokalen Sze- Vorfeld des “nationalen Antikriegs-
neseiten verwaltete und schließlich tags”, bei der die örtlichen rechten
vor die entschiedene Wahl gestellt AktivistInnen mit Unterstützung
wurde: sich in einem Spaltungspro- von extra deswegen früher ange-
zess aufgrund von Spitzelvorwür- reisten Neonazis aus dem gesam-
fen gegen einen Wittener Neonazi ten Bundesgebiet mehrere Kund-
auf die Seite der “ANs” zu schlagen gebungen und Flugblattaktionen in
oder die Kameradschaft zu verlas- verschiedenen Dortmunder Stadt-
sen. Er entschied sich gegen die teilen durchführten. Neben einem
“AN” und musste gehen. RechtsRock-Konzert mit 260 rech-
ten ZuhörerInnen am 03. Septem-
ber 2010, fand einen Tag darauf der
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nunmehr sechste “nationale An- Veranstaltung – am Ende waren nur
tikriegstag” in Dortmund statt. Je- noch 20-30 Nazis übrig. Diese woll-
doch anders als erwartet: Kurz vor ten, wohl um die Polizei zu ärgern,
dem Aufmarsch verbot die Polizei die angemeldete Dauer der Veran-
den Aufzug. Hintergrund war der staltung bis zu letzten Minute aus-
Sprengstofffund bei einem Mitglied kosten und verließen erst gegen 21
der rechten Szene aus Aachen, der Uhr den Platz.
auch Verbindungen nach Dortmund
hatte. Die Neonazis klagten erfolg- Ein fester Termin im Kalender der extremen Rechten:
reich gegen den Verbotsbescheid. Der Aufmarsch zum Antikriegstag
Doch wegen der kurzfristigen Ent-
scheidung der Richter aus Karls-
ruhe ließ die Polizei anstelle einer
Demonstration nur eine Kundge-
bung in der Nähe des Hafens zu.
Insgesamt kamen etwas weniger
als 1.000 Neonazis nach Dortmund
zum “nationalen Antikriegstag”.
Aber nicht alle schafften es zum
zentralen Veranstaltungsort. Rund
450 Neonazis versammelten sich
wie im letzten Jahr auch auf einem
Parkplatz in der Dortmunder Nord- Folgte man weniger den obliga-
stadt. Zuvor sammelten sich rund torischen Erfolgsmeldungen der
80-100 von ihnen in Dorstfeld und Nazikader und hört vielmehr, was
zogen von da aus zum Hafen. Wei- sich an der Basis der Neonazis tat,
tere 500 Neonazis waren bei dem so wird klar, dass die Dortmunder
Versuch, unangemeldet durch den “Autonomen NationalistInnen”
Osten der Stadt zu ziehen, von für das nächste Jahr einen Stra-
der Polizei gestoppt worden und tegiewechsel brauchen, um ihre
erhielten einen Platzverweis für Großveranstaltung durchzusetzen.
Dortmund. Die mit reichlich Ver- Grund dafür ist allerdings weni-
spätung begonnene Kundgebung ger der Protest der verschiedenen
schrumpfte im Verlauf beträchtlich. Dortmunder und auswärtigen Ak-
Während der langen Redebeiträge, teurInnen als vielmehr das politi-
die von den Darbietungen eines sche Agieren der Polizei: Ein Ver-
Nazi-Liedermachers unterbrochen botsversuch durch die Dortmunder
wurden, verließen viele Rechte die Polizei hatte wie schon 2009 keinen
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Bestand gehabt und wurde auch im den Mobilisierungsveranstaltungen
letzten Jahr vom obersten Gericht, im “Nationalen Zentrum” die “Trau-
dem Bundesverfassungsgericht, ermärsche” in Magdeburg, Dresden
gekippt. Das Verbot führte jedoch und Bad Nenndorf, sondern reisten
dazu, dass der Aufmarsch der auch im vergangenen Jahr wieder
Nazis beschränkt wurde und die mit Reisegruppen dorthin und prä-
einzelnen rechten Reisegruppen sentierten sich in der Regel mit
spontan entscheiden mussten, wie eigenen Transparenten. Die “AN”
sie nun agieren. Aufgrund der zu versuchten auch im vergangenen
erwartenden Beschränkungen hat Jahr wieder Gedenkaktionen von
eine Großgruppe von 500 Nazis am zivilgesellschaftlichen AkteurInnen
Samstag versucht, sich der Zufüh- zu stören. Am 27. Januar, dem Ge-
rung zur Kundgebung zu entziehen denktag für die Opfer des National-
und eigenständig im Stadtraum zu sozialismus und am 09. November,
agieren. Im Rahmen dieses “Aus- dem Jahrestag der Reichspogrom-
bruchs” konnten die Rechten als nacht, versuchten kleine Gruppen
geschlossene Gruppe in Richtung von Neonazis den Verlauf der bür-
Innenstadt laufen, bis sie erst nach gerlich-antifaschistischen Veran-
einer Strecke von vier Kilometern staltungen in Dorstfeld durch das
erfolgreich von der Polizei gestoppt Hochhalten von Reichsflaggen und
werden konnten. Diese Spontande- dem Skandieren von revisionisti-
monstration kann sicherlich als Er- schen Parolen zu beeinträchtigen.
folg für die Nazis gewertet werden Am Gedenktag der Befreiung vom
und stellte für die Beteiligten eine Nationalsozialismus, dem 08. Mai
Genugtuung dar. Das strikte Agieren und am so genannten Volkstrau-
der Polizei macht aber auch deut- ertag im vergangenen Jahr führte
lich, dass die Nazis nach neuen die örtliche Neonaziszene ein “Hel-
Strategien suchen müssen, wenn dengedenken” mit Kranzniederle-
sie den Aufmarsch zum Antikriegs- gungen und dem Verlesen von Re-
tag weiterhin als Event verkaufen debeiträgen durch. Passend dazu
wollen, das Perspektive hat. fanden im “Nationalen Zentrum” an
der Rheinischen Straße zahlreiche
Neben dem “nationalen Antikriegs- themenbezogene Vorträge statt,
tag” stand für die örtlichen Neonazis unter anderem mit bekannten Ho-
im vergangenen Jahr vor allem der locaust-LeugnerInnen wie Dirk Zim-
Themenkomplex Geschichtsrevisio- mermann (Januar 2010) und Ursula
nismus im Vordergrund. Sie bewar- Haverbeck (November 2010) oder
ben nicht nur auf den entsprechen- dem Hitler-Verehrer Reinhold Lei-
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denfrost, der im Zweiten Weltkrieg ßig postulieren die so genannten
als Jagdflieger diente (April 2010). AN dabei eine “Verankerung von
Ein relativ neuer Trend scheint es nationalen Sozialisten” (NWDO,
auch zu sein, in der Stadtbücherei 06.11.2009) in Dortmund-Dorstfeld,
nach Biographien von Dortmunder die “weiter vorangetrieben und auf
Altnazis zu suchen, die während andere Stadtteile ausgeweitet wer-
politischer Auseinandersetzungen den” (NWDO, 12.12.2009) müsse.
im Zuge der Machtübernahme der Gemeint ist nicht nur eine wohn-
NationalsozialistInnen ums Leben räumliche Integration in den sozi-
kamen und diese mit kleinen Ak- alen Nahraum des Stadtteils, son-
tionen (z. B. Kranzniederlegungen dern auch eine offenbar durchweg
etc.) zu glorifizieren, so geschehen positive Rezeption nationalsozia-
etwa im Februar (Otto Senft) und listischer Ideologie seitens einiger
Juni (Heinrich Habenicht) des ver- Teile der Dorstfelder Bevölkerung.
gangenen Jahres. Dabei handelt es sich offenkundig
weitgehend um eine Imagination
Ferner ist die Tendenz erkennbar, zu der “AN”, die allerdings einen wich-
aktuellen lokalpolitischen Debatten tigen Teil des Konzepts bildet. Ohne
mit einer kurzen Stellungnahme auf den vorgeblichen Rückhalt der Be-
der eigenen Homepage Position zu völkerung durch die (ebenfalls ima-
beziehen und die eigene Sichtweise ginierte) breite Sympathie mit der
zum Beispiel über fiskalpolitische NS-Ideologie würde es den “AN” in
Maßnahmen der Stadt oder die Ver- ihrer Argumentation maßgeblich an
legung von Flüchtlingsheimen dar- Legitimität fehlen. So ist es nicht
zulegen. Gleiches gilt für Aktionen verwunderlich, dass die Neonazis
fernab des Internets: Nicht selten sich als relevante Kraft im lokalpo-
kommt es auch zu Flugblattaktio- litischen Diskurs darzustellen ver-
nen in Dorstfeld oder in der Innen- suchen und gebetsmühlenartig die
stadt, wo man einige PassantInnen Unterstützung und das Interesse
zu “informieren” versucht. Anfang der Bevölkerung betonen.
Juli kam es zum Beispiel auch zu
einer Kundgebung am Hauptbahn-
hof die sich gegen die “Steuergeld-
verschwendung” der Stadt Dort-
mund richtete, nachdem bekannt
wurde, dass die Stadt das Haus
kaufen wolle, in dem sich derzeit
ihr Treffpunkt befindet. Regelmä-
15
Skinhead Front orientieren sich zum großen Teil an
dem klassischen Skinhead-Outfit
Dortmund-Dorstfeld der 1990er Jahre – mit Glatze, Bom-
berjacke und Springerstiefeln. Aber
Seit 2009 tritt wieder vermehrt die nicht nur optisch adaptieren diese
Skinhead Front Dortmund-Dorstfeld in Neonazis Elemente der Skinhead-
die Öffentlichkeit. Immer wieder sor- Kultur, sie orientieren sich auch am
gen Aktivitäten der Gruppe oder ein- Lifestyle der Skinhead-Bewegung.
zelner Mitglieder für ein lokales oder Das gesellige Beisammensein in
sogar bundesweites Medienecho. Zu- Kombination mit dem Konsum von
letzt sorgte der brutale Angriff von 12 Alkohol hat für die Mitglieder einen
Neonazis auf die alternative Kneipe hohen Stellenwert. Auf der Home-
Hirsch Q im Dezember letzten Jahres, page finden sich vereinzelt auch
bei dem mindestens ein Kneipenbe- Berichte über Konzertbesuche bei
sucher auch Stichverletzungen erlitt, verschiedenen rechten Bands und
für Aufsehen. eine Liste mit indizierten Neonazi-
Alben, die die Verknüpfung von Po-
Rechte Wohn- und Lebensgemeinschaft litik und Musik verdeutlichen und
Die Gruppe, die sich gemäß eines erahnen lassen, welche Bedeutung
einst formulierten Selbstverständnis- der rechte Lifestyle für die Mit-
ses als “feste Kameradschaft” de- glieder hat. Zudem finden in den
finiert, wurde 2004 gegründet. Zum eigenen Gärten des Öfteren Partys
engeren Kern gehören rund 15 Perso- und Familienfeste statt. Anwohne-
nen, wobei ein größeres Umfeld von rInnen berichten auch von Zeltla-
rechtsoffenen bis neonazistischen gern und Patrouillen-Gängen durch
SympathisantInnen auszumachen das Wohngebiet, die die Rechten in
ist, das sich als näherer FreundIn- regelmäßigen Abständen mit ihren
nenkreis eng mit der Kameradschaft Hunden unternehmen würden. Die
verzahnt hat. Dadurch kommt es vor, Skinhead Front hat sich damit er-
dass vereinzelt neue Gesichter bei folgreich eine Art rechte Wohn- und
Aufmärschen oder Auseinanderset- Lebensgemeinschaft im vorpoliti-
zungen auftauchen, die aber nicht schen Raum aufgebaut.
der eigentlichen Kameradschaft zu-
zurechnen sind. Die Mitglieder schei-
nen sich bewusst konzentriert in dem
Wohngebiet um den Steinauweg in
Oberdorstfeld anzusiedeln. Vor allem
die männlichen Neonazis der Gruppe

16
Wenn es sein muss, auch politisch terschiedlicher Gruppenstärke be-
Trotz der erkennbaren Überbewer- suchen die Neonazi-Skins regel-
tung eines rechten “way of life” mäßig öffentliche Versammlungen
sind die Mitglieder auf die eine der extremen Rechten, sind dort
oder andere Weise politisch aktiv. aber auch nicht tiefergehend in
Eine Besonderheit besteht vor al-
lem in den vereinzelten personel-
len Überschneidungen zwischen
der “Freien Kameradschaft” und ‘Dorstfeld bleibt
dem örtlichen Kreisverband der deutsch‘
extrem rechten Deutschen Volks- Dumpfe Parolen
kennzeichnen die
union (DVU). Einzelne Mitglieder T-Shirts der
kandidierten auf kommunaler Ebe- „Kameradschaft“
ne teils erfolgreich für die 1971 ge-
gründete Rechts-Partei. Gemeinsa-
me politische Aktionen im Namen
der Gruppe finden bisher allerdings
nicht statt. Die Anhänger besitzen
zwar uniformierte Bomberjacken
mit einem eigenen Gruppenlogo
(Kameradschaftsname und zwei
Springerstiefel) oder auch T-Shirts
mit dem Schriftzug “Dorstfeld
bleibt deutsch”, jedoch sind bis-
her keine eigenständigen Aktionen
bekannt geworden, die die Gruppe
als solche erkennbar selbstständig
organisiert hätte. Die Mitglieder be-
schränken sich eher auf eine bloße
Teilnahme an von anderen rechten
Gruppierungen organisierten Akti-
onen (Kundgebungen, Bus-Fahrten
zu Aufmärschen etc.). Ein Interes-
se, sich mehr in die Organisation die Organisation mit eingebunden
mit einzubringen, eigenständige und fallen auch nicht durch eige-
Aktionen zu planen oder etwa Po- ne Transparente oder Sprechchöre
sitionspapiere zu veröffentlichen auf. Wegen den auch nach außen
ist bisher nicht erkennbar. In un- wahrnehmbaren Alkoholexzessen
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und ihrer mangelnden Disziplin vor gestellt hatte. Der Täter war akti-
allem im Rahmen von politischen ves Mitglied der Skinhead Front
Aktionen gab es vor einigen Jahren und ist auch nach seiner kürzlich
Konflikte mit den Dortmunder “Au- erfolgten Haftentlassung wieder
tonomen NationalistInnen”. Doch in deren Reihen aktiv. Vermutlich
nicht nur hier zum NWDO, sondern waren es auch Mitglieder dieser
auch regional scheinen sich die Gruppierung, die im September
Kontakte zur NRW-weiten Neonazi- 2006 mehrere Jugendliche jeweils
szene offensichtlich verbessert zu in der Nähe der S-Bahnhaltestelle
haben. Am 10. Juli vergangenen Dortmund-Dorstfeld mit Baseball-
Jahres fand im Rheinland ein “na- schlägern und Reizgas bewaffnet
tionales Fußballturnier” statt, an angegriffen hatten und ihre am
dem sich auch die Skinhead Front Boden liegenden Opfer mit Stiefeln
Dortmund-Dorstfeld beteiligte und traten. Im Februar 2009 griffen Neo-
damit ihre zunehmende Integration nazis auf einer Chemnitzer Rast-
in die organisierten Strukturen der stätte AntifaschistInnen an, die sich
extremen Rechten unter Beweis Mitglied der Skinhead-Front prügelt auf
stellte. Demonstranten ein

Martialisch und gewaltaffin


Die Neonazi-Skins fallen immer
wieder durch politisch motivier-
te Gewalttaten auf. Diese wirken
meistens ungeplant und sind wohl
eher den spontanen Umständen
geschuldet, die die Neonazis zu
ihrem eher impulsiven Handeln
bewegen. Dem bisher wohl trau-
rigsten Höhepunkt rechter Gewalt,
der von dieser Gruppe ausging,
fiel der 32-jährige Punker Thomas
Schulz am Ostermontag 2005 zum
Opfer: Der damals 17-jährige Neo-
nazi Sven Kahlin ermordete den
Punk mit einem Messerstich ins
Herz, nachdem dieser Kahlin we-
gen seiner rechten Parolen in einer
belebten U-Bahnstation zur Rede
18
auf dem Weg zur Demo gegen den Nationale Front Eving
europaweiten Neonaziaufmarsch in
Dresden befanden. Eines der Op- Die Nationale Front Eving (NFE) war
fer berichtete, Neonazis hätten ihn eine Gruppe von rechten Jugendli-
und zwei Mitfahrer mit Flaschen chen aus dem Raum Brechten und
beworfen, in der Raststätte einge- Eving, die sich um 2007 formierte.
kesselt und verprügelt. Eine Szene Nachdem die zum Teil auch straf-
hielt ein Mitreisender fotografisch rechtlich relevanten Aktivitäten der
fest. Die linke Tageszeitung “taz” Gruppe von lokalen Antifaschis-
druckte daraufhin das Foto ab. Zu tInnen bekannt gemacht sowie
sehen ist einer der prügelnden An- deren Mitglieder teilweise geou-
greifer, auf seiner Jacke prangt die tet wurden, war das Interesse an
Aufschrift “Skinfront Do-Dorstfeld”. dieser rechten Vorort-Clique durch
Trotz des eindeutigen Bezugs durch Medien und Zivilgesellschaft recht
das Gruppenlogo auf der Jacke und groß. Die Gruppe erlebte dadurch
der Aussage des zuständigen Ober- kurzfristig eine Hype, der sie zu
staatsanwaltes, der damals zu den weiteren Aktionen animierte. Da
TäterInnen kommentierte: “Es sollen es in der Konsequenz jedoch zu
welche im Umfeld von Dortmund Konflikten mit lokalen Antifaschis-
wohnen” (TAZ, 20.02.2009), stritt die tInnen, im familiärem und berufli-
Dortmunder Polizei eine Beteiligung chem Umfeld sowie der Justiz kam,
hiesiger Neonazis ab. Ende letzten stellte die Gruppe ihre Aktivitäten
Jahres überfielen dann sowohl Mit- ein und löste sich Anfang 2009 fak-
glieder dieser Kameradschaft, als tisch auf. Einzelne Mitglieder sind
auch Personen aus deren Umfeld dennoch weiterhin aktiv und haben
die alternative Kneipe Hirsch Q und sich den “Autonotomen Nationalis-
griffen deren Gäste mit allerlei Hieb- tInnen” aus Dorstfeld angeschlos-
und Stichwaffen an. sen oder fallen anderweitig durch
rechte Aktivitäten auf: So war zum
Beispiel der ehemalige Kopf der
Truppe, Bastian Burchert, zusam-
men mit rund 15 anderen Neonazis
und rechten Jugendlichen an einem
Überfall auf linke und alternative
Jugendliche an der U-Bahnstation
Stadtgarten im Mai letzten Jahres
beteiligt. Obwohl die Gruppe mitt-

19
lerweile sang- und klanglos in der waltschaft alarmiert. Eine “ganze
Versenkung verschwunden ist, soll Welle von Verfahren” (DerWesten,
hier nicht zuletzt auch aus doku- 11.08.2008) wäre verhandelt wor-
mentarischen Gründen, die NFE den, so die Staatsanwaltschaft da-
und ihr geringer Aktionsradius noch mals.
einmal nachgezeichnet werden.
Nazi-Schmierereien der Jungnazis in Eving

Der harte Kern der NFE bestand


aus ca. 20 Personen und rekrutier-
te sich aus einer gewaltbereiten,
ideologisch gefestigten Gruppe von
rechten Jugendlichen. Der Kreis an
SympathisantInnen umfasste aller-
dings eine Gesamtstärke von ca.
30 weiteren Personen und kann als
eine mehr oder weniger rechtsori-
entierte “Sauf- und Partyclique”
charakterisiert werden. Der Kern
der Gruppe und des FreundInnen- Besondere Aufmerksamkeit erregte
kreises bestand überwiegend aus die NFE, als sich deren Mitglieder
SchülerInnen, BerufsschülerInnen am Samstag, dem 29.03.2008, in
und Azubis der Jahrgänge 1989 Lünen-Brambauer an der Endhalte-
bis 1991. Die fließenden Übergän- stelle Zum Verkehrshof eine heftige
ge zwischen den beiden Gruppen Massenschlägerei mit einer Grup-
machten eine klare Abgrenzung pe von jugendlichen Anwohnern
unmöglich. Der freundschaftliche lieferten, bei der ein Sachschaden
Gemeinschaftsgedanke stand zwar von 35.000 Euro entstand. Obwohl
im Mittelpunkt, dennoch wurde die mit Holzlatten, Baseballschlägern
von einigen Personen vertretene und Knüppeln bewaffnet, mussten
NS-Ideologie zumindest bewusst die Jungnazis ordentlich einste-
toleriert. Wegen Sachbeschädigung, cken und forderten deswegen im
Körperverletzung, Beleidigung und Nachhinein eine “Vergeltung für
Landfriedensbruch waren etliche Brambauer”. Neben solchen Schlä-
Jugendliche aus der Clique bereits gereien gab es in 2008 mehrere
aktenkundig. Seit Ende 2007 ka- kleine Spontan-Demonstrationen
men jedoch auch politisch moti- seitens der NFE, von denen zumin-
vierte Straftaten hinzu. Das hatte dest eine auch von der Presse re-
auch Staatsschutz und Staatsan- zipiert wurde. Zeugen alarmierten
20
am 30.05.2008 die Polizei, nachdem
eine offensichtlich rechtsgerichtete
20-30-köpfige Personengruppe in
Dortmund-Brechten lauthals rechte
Parolen skandiert hatte. Die Polizei
konnte allerdings nur noch zwölf
männliche Personen im Alter von
16-23 Jahren aufgreifen, von de-
nen der überwiegende Teil bereits
einschlägig polizeilich erfasst war.
Danach wurde es immer stiller
um die Gruppe. Es tauchten zwar
noch vereinzelt Schmierereien mit
dem Gruppen-Kürzel in Verbindung
mit neonazistischen Sprüchen und
Symbolen auf, doch eigenständi-
ge Aktivitäten waren nicht mehr
wahrnehmbar. Schließlich wurde
die eigene Homepage vom Netz ge-
nommen und die Gruppe löste sich
dann stillschweigend im Jahr 2009
de facto auf.

NFE-Mitglieder mit Hitlergruß und Reichskriegsflagge

21
Parlamentarische Rechte
Im Folgenden stehen die vier ext- Nationaldemokratische
rem rechten Parteien NPD, DVU, pro
NRW und die Republikaner im Fo- Partei Deutschland
kus der Betrachtung. Letzt genann-
te befindet sich seit Jahren wie Die Nationaldemokratische Partei
in ganz NRW im Niedergang. Die Deutschland (NPD) entstand im No-
selbsternannte “Bürgerbewegung” vember 1964 als Nachfolgepartei,
von pro NRW hatte im vergange- Sammelbecken und Bündnispro-
nen Jahr zwei in der Selbstwahr- jekt verschiedener ultrakonserva-
nehmung spektakuläre Auftritte in tiver und völkisch-nationalistischer
Dortmund, konnte bisher aber im- Kleinstparteien und Splittergrup-
mer noch keinen eigenen Kreisver- pen. Nach ihrer “Blütezeit” in der
band gründen. War Dortmund jah- zweiten Hälfte der sechziger Jahre
relang die letzte Hochburg der DVU ist sie bei den Kommunal-, Land-
im Westen der Republik, so verlor tags- und Bundestagswahlen in
der Kreisverband, eingekeilt zwi- den siebziger bis neunziger Jahren
schen der NPD und den Rechtspo- parlamentarisch bedeutungslos ge-
pulistInnen auch in 2010 an politi- blieben. Seit den 1990ern kam es
scher Bedeutung und wurde sehr hingegen unter einem neuen Bun-
zum Leidwesen der NRW-DVU mit desvorsitzenden zur ideologischen
der Fusion zum 01. Januar 2011 von Radikalisierung und als Reaktion
der NPD geschluckt. Letztgenann- auf das Verbot von neonazistischen
te ist nicht zuletzt auch mit dem Organisationen zu einer Öffnung
Eintritt vom DVU-Überläufer Axel gegenüber der militanten Neonazi-
Thieme besser aufgestellt und hat szene. Die NPD hat heute im Ge-
ihre Zusammenarbeit mit der par- gensatz zu den anderen extrem
teiunabhängigen Neonaziszene in rechten Parteien die wenigsten Be-
Dortmund und den anderen NPD- rührungsängste, offen auftretenden
Kreisverbänden aus dem Ruhrge- Neonazis in ihre Reihen mit einzu-
biet intensiviert. binden oder im Sinne des “Kampfes
um die Straße” mit “Freien Kame-
radschaften” aufzumarschieren.

Die NPD- und JN-Strukturen waren


in Dortmund in den 1990er Jahren
fest in die hiesige Neonaziszene
eingebunden. Besonders dominie-
rend waren der damalige Kreisvor-

22
sitzende Horst Rosenow (†) und NPD am 02.10.2010 eine Kundge-
sein Nachfolger Pascal Zinn. Der bung unter dem Motto “Todesstrafe
Kreisverband Dortmund gab zu für Kinderschänder” am Dortmun-
dieser Zeit die unregelmäßig er- der Nordmarkt mit etwa 30 Teilneh-
scheinende Publikation “Dortmun- merInnen durch.
der Stimme” mit einer Auflage von
‚Todesstrafe für Kinderschänder‘ forderten NPD-AnhängerInnen
ca. 500 Stück heraus. Nachdem es bei einer Kundgebung der Partei am Nordmarkt
lange Zeit sehr still um den Dort-
munder Kreisverband gewesen war,
tritt der Kreisverband seit 2007 wie-
der verstärkt mit Infoständen und
ähnlichen Aktivitäten in die Öffent-
lichkeit. Auch das Verhältnis zur
militanten Dortmunder Neonazi-
szene hat sich intensiviert. Die NPD
verweist auf der eigenen Home-
page unter dem Titel “befreunde-
te Seiten” auf die die Website der
Dortmunder “Autonomen Natio-
nalistInnen”, kündigt Aufmärsche
und andere Aktionen der “Freien
Kameradschaftsszene” in NRW an
und dokumentiert anschließend Bei größeren Aktionen sucht man
deren Berichte. Zudem beteili- sich dabei die Unterstützung von
gen sich Mitglieder des örtlichen anderen NRW-Kreisverbänden, wie
Kreisverbandes auch vereinzelt etwa beim Verteilen von Flugblät-
immer wieder an Kundgebungen tern anlässlich einer pro NRW-
und Aufmärschen der parteifreien Kundgebung in Dortmund-Hörde,
Neonaziszene und sind bei deren bei der man auch gegen den ge-
Infoveranstaltungen in Dortmund planten Bau einer Moschee aktiv
anwesend. werden wollte. Unterstützung er-
hält die Dortmunder NPD zudem
Öffentlich bekanntgemachte Info- regelmäßig von ihren Nachbarn des
stände gab es im letzten Jahr nur Kreisverbands Unna/Hamm, mit
wenige. Diese werden aus Angst denen man bei Infoständen oder
vor Protesten in der Regel im Vor- Saalveranstaltungen schon seit
feld auch nicht öffentlich angekün- Jahren zusammenarbeitet. Dessen
digt. Zuletzt führte die Dortmunder Vorsitzender, der 62-jährige Versi-
23
cherungsmakler Hans Jochen Voß, ßerst aktiv: Nach Eigenangabe hat
zeichnet sich ebenfalls durch sein der Kreisverband rund 2.500 Plaka-
gutes Verhältnis und eine kontinu- te und bis zu 270.000 (!) Flugblätter
ierliche Zusammenarbeit mit den verteilt. Schließlich erreichte man
Dortmunder “AN” aus. Am 24. April mit 2.588 Stimmen immerhin 1,1%.
2010 organisierten beide Kreisver- Bei der Kommunalwahl 2009 erhielt
bände zusammen eine Infoveran- die NPD mit 0,9% (1.760 Stimmen)
staltung im “Nationalen Zentrum”, einen Sitz im Stadtrat, der mit dem
bei der der extrem rechte Publizist DVU-Überläufer Axel Thieme besetzt
Pierre Krebs über “Die Zukunft des ist. In die Dortmunder Bezirksver-
nationalen Widerstands” sprach. tretungen hat es die NPD, wie auch
Allerdings weiß Voß die Dortmun- in den Jahren zuvor, allerdings
der Neonaziszene auch finanziell nicht geschafft.
zu unterstützen: Im Vorfeld der
Kommunalwahl 2009 zahlte er den
Dortmunder “AN” rund 3.000 Euro,
damit diese nicht die in Konkurrenz Deutsche Volksunion
zur NPD antretende DVU unterstüt-
zen. Im Januar 1971 gründete sich die
Deutsche Volksunion, um als Sam-
Im Mai vergangenen Jahres grün- melbewegung für alle rechtskon-
deten die NPD-Abgeordneten Axel servativen Kräfte zu fungieren. Be-
Thieme (Dortmund), Claus Cremer stimmendes Thema der DVU waren
(Bochum) und Marcel Haliti (Essen) zunächst die Ostverträge, verbun-
in der Ratsgeschäftsstelle der NPD den mit einer strikt antikommunis-
in Bochum die “nationale Ruhrach- tischen Propaganda. Später verla-
se”. Die drei NPD-Kreisverbände gerte sich der Arbeitsschwerpunkt
aus dem Ruhrgebiet wollen unter auf revisionistische Aktionen und
diesem Label ihre parlamentarische Kampagnen. Nach dem Beschluss
Arbeit besser koordinieren. Am des DVU-Parteitags vom 12. Dezem-
16.08.2010 wurde daraufhin eine ber 2010 fusionierte die DVU zum
“Informationsrunde” im Dortmun- 01. Januar 2011 mit der NPD, wel-
der Rathaus durchgeführt. Dieser che seitdem den Namenszusatz Die
folgten einige weitere Kundgebun- Volksunion trägt.
gen, u. a. in Essen und Dortmund.
Der Kreisverband der DVU in Dort-
Vor der Landtagswahl 2010 zeigte mund ist Ende des Jahres 1998 ge-
sich der örtliche Kreisverband äu- gründet worden. Eigene Infostände
24
organisiert der örtliche Kreisver- Bei der Kommunalwahl erlangte die
band der DVU in der Regel nicht. DVU dank 3.076 Stimmen (1,5%) ei-
Lediglich im Mai 2010, im Vorfeld nen Sitz im Stadtrat. Gegenüber der
der Wiederholungswahlen (Ober- Amtsperiode von 2004-2009 verlor
bürgermeister und Bezirksvertre- sie allerdings fünf Sitze in Bezirks-
tung Brackel), fanden in Brackel vertretungen und ist damit nun
und Asseln zwei kleinere Infostän- jeweils nur mit einem Sitz noch in
de statt. Im letzten Jahr drehte sich Eving, Huckarde und Mengede ak-
für den Stadtrat Max Branghofer tiv vertreten. Erstaunlich hingegen
(Bundesvorstandsmitglied, Landes- ist, dass die DVU zumindest auf
vorsitzender NRW und Kreisvorsit- kommunaler Ebene auch als poli-
zender Dortmund) ansonsten alles tisches Betätigungsfeld für Mitglie-
um die mittlerweile beschlossene der der örtlichen Kameradschafts-
Fusion von NPD und DVU. Brang- szene dient. Zahlreiche Aktivisten der
hofer ist ein entschiedener Gegner Skinhead Front Dortmund-Dorstfeld
der Fusion und lehnt diese strikt kandidierten 2004 und 2009 u.
ab. Aufgrund dieser Streitigkeiten a. bei den Kommunalwahlen für
um die Fusion belegten einige DVU- die Deutsche Volksunion. Michael
Vorstandmitglieder ihn und zwei Brdonkalla saß bereits zwischen
weitere Landesvorsitzende mit Ord- 2004 und 2009 für die DVU in der
nungsmaßnahmen und Parteiaus- Bezirksvertretung Innenstadt-West.
schlussverfahren, die Mitte Sep- Er wurde beispielsweise auch am
tember aber für rechtswidrig erklärt 01. Mai 2009 nach dem Angriff auf
wurden. die Demonstration des Deutschen
Gewerkschaftsbundes zusammen
mit anderen Neonazis der Skin-
head Front festgenommen. Auch in
der Vergangenheit nutzte die DVU
immer wieder ihre Kontakte zu or-
ganisierten Neonazis: Als der DVU-
Kreisverband im Oktober 2003 seine
Präsenz im Stadtrat zur Organisie-
rung einer Veranstaltung im Muse-
um für Kunst- und Kulturgeschichte
nutze, die sich gegen die Ausstel-
lung “Verbrechen der Wehrmacht”
richtete, setzte sie zum Schutz der
‚Dortmund bleibt deutsch!‘ wünscht sich Veranstaltung zahlreiche bekannte
zumindest die DVU
25
Personen aus der militanten Neo- Bürgerbewegung Pro NRW
naziszene ein. Glaubt man den
Äußerungen der Dortmunder NPD, Im Februar 2007 gründete sich auf-
sind die Verstrickungen aber noch grund der Initiative der selbster-
viel weitreichender: “21 der 41 Di- nannten Bürgerbewegung pro Köln
rektkandidaten zur Kommunalwahl eine extrem rechte Kleinstpartei
in Dortmund stammen aus dem di- mit dem Namen Bürgerbewegung
rekten Umfeld der Neonaziszene!” pro Nordrhein-Westfalen e.V. (pro
(Altermedia, 22.07.2009), verkün- NRW), die noch im Jahr 2009 ledig-
dete der NPD-Kreisverband im Juli lich über 80 Mitglieder verfügte.
2009 als Kommentar auf einer be- Die Partei stellt eine Ausdehnung
kannten Neonaziplattform. des zumindest in Köln teilweise
erfolgreichen Modells auf andere
Jahrelang kreisten die DVU-Anfra- NRW-Städte dar und ist damit auf
gen und Anträge im Rat vor allem regionale Arbeit beschränkt. Im
um zwei Themen: Die Diffamierung politischen Spektrum versucht die
von antifaschistischen Aktivitäten Partei zwischen dem konservativen
und die parlamentarische Unter- und extrem rechten Milieu Fuß zu
stützung der extremen Rechten in fassen und bildet ihre inhaltlichen
der Stadt. Egal ob RechtsRock-Kon- Schwerpunkte dementsprechend
zerte, der ehemalige Thor Steinar- mit den populistischen Themen
Laden Goaliat oder der damalige “Überfremdung” und “Islamisie-
Donnerschlag – in der DVU fanden rung”. Sie wird unter anderem des-
sie alle ihre Fürsprecher. Mit dem halb auch als rechtspopulistische
Austritt des ehemaligen DVU-Rats- Partei bezeichnet, da die parteipo-
mitglieds Axel Thieme, der im Fe- litische Strategie und Propaganda
bruar 2009 zur NPD überlief, sind auf das Schüren von Ängsten und
derartige Anfragen und Redebeiträ- Stereotypen gegenüber “dem Is-
ge aber deutlich weniger geworden. lam” ausgerichtet ist.
Seinen Wechsel begründete er da-
mit, dass die NPD die “einzig ernst- Immer wieder hatte sich die offi-
zunehmende nationale Opposition” zielle Gründung eines Dortmun-
(NPD-Dortmund, 12.02.2009) sei. der Kreisverbandes nach hinten
verschoben. “Vertreter diverser
rechtsdemokratischer Kleingruppie-
rungen erklärten die Bereitschaft,
in Dortmund zukünftig unter dem

26
Dach pro NRW arbeiten zu wollen.” 2010 – obwohl mehrmals angekün-
(pro NRW, 18.08.2010), erklärte pro digt – immer noch keinen eigenen
NRW Mitte August auf ihrer Inter- Kreisverband von pro NRW.
netseite. Von einer “regelrechte[n]
Aufbruchsstimmung” war die Rede. Dass pro NRW in Dortmund über
Anfang September wiederholte “handlungsfähige Strukturen” ver-
pro NRW die euphorisch klingen- fügt, darf zu Recht bezweifelt wer-
de Ankündigung “in Kürze weitere den. Im Vorfeld der Landtagswahl
Kreisverbände mit arbeitsfähigen am 09. Mai 2010 hatte pro NRW
Strukturen” (pro NRW, 01.09.2010) großflächig in Dortmund Wahlpla-
in Dortmund und einigen weiteren kate aufgehängt. Dass die Partei
Ruhrgebietsstädten entstehen zu über wenig Personal verfügt wird
lassen. Insbesondere in Dortmund unter anderem daran ersichtlich,
sei es “dringend nötig, möglichst dass beim Aufhängen der Plakate
schnell einen handlungsfähigen immer wieder “Größen” der Partei
Kreisverband aufzubauen.” (ebd.), wie der Vorsitzende Markus Beisicht
so die Partei weiter. Auf einer Ver- gesichtet wurden, die offensichtlich
anstaltung Ende September in einer extra dafür nach Dortmund reisen
Gaststätte im Dortmunder Süden, mussten. Doch es half alles nichts:
einem Stadtteil in dem man schon Bei der Landtagswahl erreichte pro
jetzt über “handlungsfähige Struk- NRW mit 1.647 Stimmen lediglich
turen” (pro NRW, 29.09.2009) verfü- magere 0,7%. Offensichtlich fehlte
ge, wurde die Gründung allerdings der Partei die Basis und eine örtli-
wieder auf November verschoben. cher Verankerung. Das wurde auch
Derweil verkündete André Picker, bei den zwei öffentlichkeitswirksa-
pro NRW-Vorstands-Mitglied und men Veranstaltungen in Dortmund
“Ansprechpartner” für den Raum im letzten Jahr deutlich.
Dortmund, auf der Veranstaltung:
“Zahlreiche Aktivisten aus dem Eine als “Kreuzzug” deklarierte
Umfeld von Pax-Europa, der ehe- Wahlkampftour führte die Partei
maligen Offensive D, von Bürger- schließlich am 05. Mai 2010 auch
initiativen, den Republikanern und nach Dortmund, nachdem man
anderer rechtsdemokratischer For- bereits in drei weiteren Städten
mationen sind bereit, unter dem aufgefahren war. In Dortmund
Erfolgsmodell pro NRW in der West- angekommen, war die pro NRW-
falenmetropole Dortmund einen AnhängerInnenschaft nach zahlrei-
Neustart zu wagen” (ebd.). In Dort- chen Protesten in den zuvor be-
mund gab es allerdings bis Ende suchten Städten lediglich auf drei
27
Personen geschrumpft: Der pro sich aufmerksam machen will. Man
Köln-Funktionär Jörg Uckermann hofft vor allem auf viel Aufmerk-
und Bernd Schöppe (pro NRW- samkeit und starke Gegenproteste.
Vorstand) sowie ein “Bodyguard”. Veranstaltungen im Vorfeld groß
Gerade einmal 15 Minuten dauerte anzukündigen und später als “ful-
der Infostand am Platz oberhalb der minanten Erfolg” zu verkaufen hat
Freitreppen. Fast 200 AntifaschistIn- sich für pro NRW bisher bewährt.
nen umlagerten den Stand, sodass Diese öffentlichkeitswirksame In-
eine Außenwirkung praktisch nicht szenierung gehört zur Strategie der
vorhanden war. Kurz darauf ergriff pro-Bewegung, dient der Provoka-
pro NRW die Flucht. Bei einer wei- tion und soll schwelende Konflikte
teren öffentlichen Veranstaltung anheizen.
am 18. Juli 2010 in Dortmund-Hörde
reisten die 60-80 TeilnehmerInnen Obwohl sich die pro-AktivistInnen
und SympathisantInnen mit zwei immer wieder von der militanten
Reisebussen aus Köln und dem Neonaziszene öffentlich abzugren-
Rhein-Erft-Kreis an. zen versuchen und sich von der
“NS-Narrenwelt” (O-Ton pro NRW)
Mit Deutschlandflaggen und den distanzieren, scheinen diese Be-
bekannten Moschee-Verbotsschil- kenntnisse gerade angesichts der
dern stellte man sich auf einem politischen Karrieren heutiger pro-
kleinen Grünstreifen am Rand der Funktionäre mehr als unglaubwür-
Benninghofer Straße auf und hielt dig. So stammen zahlreiche Grün-
eine etwa einstündige Kundgebung dungsmitglieder aus der extrem
unter dem Motto “Kein islamisti- rechten Partei Deutsche Liga für
sches Ghetto in Dortmund-Hörde” Volk und Heimat, deren Propagan-
ab. Die Kundgebung richtete sich da einen deutlich rassistischen
gegen den dort geplanten Bau ei- und antisemitischen Charakter
ner Moschee. aufweist. Auch scheint die pro-
Bewegung keine Probleme damit
Solche öffentlichen Inszenierun- zu haben, wenn sich Neonazis und
gen, bei der man lokalpolitische andere SympathisantInnen der
Verankerung und “seriöse” Bürger- militanten Neonaziszene in ihren
Innenähe suggeriert und von “be- Reihen aufhalten. Bei einem pro
geistertem” Zuspruch seitens der Köln-Fackelmarsch am 12.01.2002
Bevölkerung spricht gehören dabei beteiligte sich beispielsweise auch
zur Strategie der Partei, die mit der damals führende Kopf der Ka-
rassistischer Stimmungsmache auf meradschaft Dortmund, Siegfried
28
Borchardt. Ein aktuelles Beispiel pro NRW-Kundgebung im Juli 2010 in Dortmund - Hörde
liefert der aus Bochum stammende
Rechtsanwalt André Picker, der sei-
ne Kanzlei in Dortmund hat und im
pro NRW-Vorstand aktiv ist. Er gilt
als der Rechtsvertreter der Dort-
munder Neonaziszene, vertritt die-
se bei ihren zahlreichen Gerichts-
verhandlungen und macht auch
sonst aus seiner offenen Sympathie
keinen Hehl: Am 03. Februar 2009
besuchte Picker eine Neonazi-Grup-
pierung aus München und führte
dort eine Rechtsschulung durch.
In einem später veröffentlichten
Bericht bezeichneten diese ihn als
“Kamerad Picker” (widerstand.info,
ohne Datum) und bedankten sich
bei ihm für seine “in der Vergan-
genheit wertvolle, rechtsanwaltli-
che Hilfe” (ebd.). Bei einer solchen
offensichtlichen Nähe zu neonazis-
tischen GewalttäterInnen wird dem
zukünftigen Dortmunder Kreisver-
band von pro NRW eine glaubwür-
dige Distanzierung von der militan-
ten Neonaziszene umso schwerer
fallen.

29
Die Republikaner lungnahme, in der sie und einige
andere Funktionäre der nordrhein-
Die Republikaner (REP) entstanden westfälischen REP ihre Ablehnung
im November 1983 als Rechtsab- gegenüber jedweder Zusammen-
spaltung der CSU in Bayern. Heu- arbeit mit der Partei pro NRW zum
te bezeichnet sich die Partei als Ausdruck brachten. “Die Landtags-
“rechtskonservativ” und geht auf wahl NRW liegt hinter uns und
klaren Abgrenzungskurs zu ande- alle Hoffnungen von PRO-NRW, den
ren extrem rechten Parteien, wie Sprung in den Landtag zu schaffen,
der NPD und DVU. Die Partei kann sind zerplatzt. Unser prinzipien-
in ihrer Ganzheit nicht mehr zwin- treues Verhalten, als eigenständige
gend als neonazistisch eingestuft Partei – als Republikaner – zur Wahl
werden, sie verfügt aber über ein anzutreten, ehrt uns und beschämt
klares rechtskonservatives bis of- alle, die uns übel wollen oder woll-
fen nationalistisches Potential. ten.” (REP-NRW, 01.06. 2010), hieß
Inhaltlich fordert man die Abkehr es in der Erklärung.
vom liberalen freiheitlichen Rechts-
staat zu Gunsten eines autoritären
homogenen Nationalstaates. Zu-
dem agitiert die Partei gegen Mi-
grantInnen, “Überfremdung” und
Globalisierung.

Der Dortmunder Kreisverband der


Republikaner ist eigentlich nur der
Vollständigkeit halber zu erwähnen.
Politisch sind sie auf lokaler Ebene
völlig unbedeutend und sichtbare
Aktionen sind schon seit Jahren
nicht mehr wahrnehmbar. Bei der
Landtagswahl vergangen Jahres er-
reichten die Republikaner mit 413
Stimmen lediglich 0,2%. Kontakte
zu anderen rechten Parteien sind
nicht erkennbar. Die Dortmunder
REP-Kreisvorsitzende beteiligte sich
zuletzt Mitte Juni an einer Stel-

30
Schwerpunkt
Im Folgenden findet ihr einige Be- Protagonist der Dortmunder Neona-
richte zu Ereignissen in Dortmund, ziszene. Er gehörte damals zu den
die im vergangen Jahr aus dem üb- bundesweit wichtigsten Kadern der
lichen Treiben der Nazis besonders so genannten Freien Kameradschaf-
hervorgestochen sind, oder aus ten. Seit dem Herbst 1999 diente
unserer Sicht einen besonderen die Gaststätte Schützeneck in der
Nachrichtenwert haben, da sie zu Dortmunder Nordstadt der hiesi-
einem besseren Verständnis der gen Neonaziszene als regelmäßiger
aktuellen Situation beitragen oder Treffpunkt, die darüber hinaus auch
sie Bezüge zu aktuellen Debatten in ein Anziehungspunkt für Neonazis
der lokalpolitischen Öffentlichkeit aus den umliegenden Städten war.
herstellen. Nach zahlreichen Neonazi-Feiern
und Angriffen auf Linke und Mig-
rantInnen im Umfeld der Szene-
Historische Entwicklung Kneipe wurde diese Ende Februar
der Naziszene seit 2000 2000 geschlossen, dem damaligen
Pächter entzog das Ordnungsamt
Organisierte neonazistische Aktivi- die Konzession. Im Juni desselben
täten gibt es bereits seit mehreren Jahres erschoss der Dortmunder
Jahrzehnten in Dortmund. Hervor- Neonazi Michael Berger (Mitglied
gegangen ist die Dortmunder Neo- bei DVU und REP), ein enger Freund
naziszene aus alten Strukturen der von Borchardt, drei PolizistInnen
Hooliganvereinigung Borussenfront, in Dortmund und Waltrop, bevor
der Freiheitlichen Deutschen Arbei- er schließlich Suizid beging. Die
terpartei (FAP) und der Gesinnungs- Kameradschaft Dortmund verteilte
gemeinschaft der Neuen Front. daraufhin Flugblätter mit der Auf-
schrift “Berger war ein Freund von
Der Großteil der Dortmunder Neo- uns – 3:1 für Deutschland” und
nazis war Anfang 2000 in der Kame- stellte sich hinter den Täter. Zu-
radschaft Dortmund organisiert und sätzlich schändeten Unbekannte
konnte auf ein Mobilisierungspo- die Trauerstätte für einen der er-
tential von etwa 50 Personen bau- mordeten PolizistInnen und legten
en. Unumstrittener Kopf der Grup- Blumen vor dem Haus des Mörders
pe war der mittlerweile 57-jährige nieder. Deutlicher konnten sich die
Ex-FAP-Landesvorsitzende Siegfried Dortmunder Neonazis nicht mit der
Borchardt. Der über zwei Dutzend Tat solidarisch erklären und ihre
Mal vorbestrafte Borchardt ist seit Sympathie für den Mörder kund-
Mitte der 80er Jahre ein führender tun.
31
Etwa ab diesem Zeitpunkt erlebte Als Borchardt ab September 2003
Dortmund ein Anwachsen der Neo- erneut eine Haftstrafe absitzen
naziszene mit größeren Aufmär- musste, leiteten die beiden die
schen, die anfangs noch von dem Kameradschaft als seine Stellver-
Hamburger Neonazi Christian Worch treterinnen. Ab Ende des Jahres
organisiert werden mussten. Später 2002 kam es unter dem Label der
hatten die “Freien Kameradschaf- Völkisch Orientierten Gemeinschaft
ten” ihre Organisationsstrukturen zu einer ganzen Reihe gemeinsa-
in Dortmund aber soweit gefes- mer Aktionen von extrem rechten
tigt, dass sie auch selbstständig in Parteien und Neonazis, die sich vor
der Lage waren, größere Aktionen allem gegen die vom 19. September
durchzuführen. Neben Borchardt bis zum 02. November 2003 in Dort-
zählten seine ehemalige Lebens- mund gastierende Wanderausstel-
gefährtin Katja Jarminowski sowie lung “Verbrechen der Wehrmacht
Karin Dombrowski (geb. Lenzdorf) – Dimensionen des Vernichtungs-
zu den zentralen Köpfen der Kame- krieges 1941–1944” richteten. Dabei
radschaft. kam es neben mehreren kleinen
stationären Kundgebungen auch zu
zwei größeren Aufmärschen mit bis
Gab bis 2004 noch maßgeblich den Ton an: zu 1000 Neonazis.
Der „Regimegegner“ Siegfried Borchardt

Offenbar aus der Struktur der Dort-


munder Kameradschaft heraus
entwickelte sich ab 2004 ein Zu-
sammenschluss jugendlicher Neo-
nazis, die sich in ihrem Auftreten
und verbalem Radikalismus deut-
lich von der eigentlichen Kamerad-
schaft unterschieden. Seit Herbst
2004 traten sie dann als Autonome
Nationalisten – östliches Ruhrge-
biet (ANÖR) auch unter einem ei-
genständigen Namen öffentlich in
Erscheinung. Die Gruppe orientierte
sich an dem Konzept der “Autono-
men NationalistInnen” und prägte
neben einigen Berliner Neona-
zis maßgeblich die Genese dieser
32
noch sehr jungen Strömung inner- ein Jahr zuvor ab: Spätestens seit
halb der militanten Neonaziszene. Anfang 2003, versuchten die Dort-
Es fand seitens der ANÖR ein eher munder Neonazis gezielt gegen
fließend verlaufender Ablösungs- ihnen unliebsame Veranstaltungen
prozess von der ursprünglichen Ka- vorzugehen. Sichtbar wurde dieses
meradschaft Dortmund statt. Man neue Selbstbewusstsein schließlich
plante und organisierte zu dieser am 19. Februar 2003, als 70 Neona-
Zeit zwar noch gemeinsam die öf- zis angeführt von der Dortmunder
fentlichen Aktionen, wollte fortan RechtsRock-Band Oidoxie gegen
aber immer mehr autark agieren eine Informationsveranstaltung
und als eigenständige Struktur in der Auslandsgesellschaft am
wahrgenommen werden. Anfäng- Hauptbahnhof aufmarschierten. Im
lich waren dieser Gruppe ca. 5-10 Juni 2004 fassten die Nazis diese
Personen zuzurechnen. Schließ- Strategie erstmals in der seitdem
lich kam es zu einem sukzessiven immer wieder verwendeten Paro-
Umstrukturierungsprozess, in des- le: “Dortmund ist unsere Stadt!”
sen Verlauf die “alte Garde” um zusammen. Die “Autonomen Na-
Borchardt immer mehr in den Hin- tionalistInnen” versuchten diesen
tergrund trat und den jüngeren und Anspruch Realität werden zu las-
deutlich aktiveren Neonazis das sen, schlossen sich in Dorstfeld zu
Feld überließ. In der Folge rückte Wohngemeinschaften zusammen
die Agitation und der Kampf ge- und organisierten ab 2005 auch ei-
gen AntifaschistInnen immer mehr genständige Aufmärsche wie den
in den Vordergrund. Im März 2005 “nationalen Antikriegstag”.
verkündeten die noch jungen “AN”
selbstbewusst: “Wie schon in der Fast zeitgleich mit den ersten öf-
Vergangenheit bewiesen, werden fentlichen Auftritten der “Autono-
wir es nicht zulassen, daß auch men NationalistInnen” gründete
nur eine einzige Veranstaltung lin- sich die Skinhead Front Dortmund-
ker und antifaschistischer Kreise in Dorstfeld, deren Mitglieder sich bis
dieser Stadt unbeobachtet, unkom- heute zwar eher am klassischen
mentiert und vor allem ungestraft Skinhead-Lifestyle der 90er-Jahre
über die Bühne gehen wird. [...] Die orientieren, aber in ideologischer
Dortmunder Linke hat ihre Exis- Überzeugung und Gewaltbereit-
tenzberechtigung schon lange ver- schaft den “AN” in nichts nach-
wirkt. Antifaschistische Strukturen stehen. Zunächst gab es keine
zerschlagen und am Boden halten.” eigenständigen öffentlich wahr-
Dieser Trend zeichnete sich bereits nehmbaren Aktionen, stattdessen
33
unterstützten einzelne Kamerad- Die Dortmunder Neonaziszene in
schaftsmitglieder auf kommunal- ihrer heutigen Ausprägung kann
politischer Ebene die DVU. Für die zum Teil auf eine jahrzehntelange
Neonazi-Skins steht zwar der rechte Tradition zurückblicken. Im Laufe
Lifestyle im Vordergrund, dennoch der Jahre haben die Dortmunder
beteiligten sie sich nach wie vor an Neonazis mehrere Kameradschaf-
Aufmärschen und suchten die Aus- ten hervorgebracht und verschie-
einandersetzung mit politischen dene Strukturen, Bewegungen und
GegnerInnen: Im März 2005 ersticht Konzepte erprobt, die heute kenn-
ein damals 17-jähriges Mitglied der zeichnend für den “Pluralismus”
Skinhead Front einen 32-jährigen und das breite Organisationsspek-
Punker in der U-Bahnstation Kamp- trum der hiesigen Neonaziszene
straße. Immer wieder sind Mitglie- sind. Eine dauerhafte Konstante
der an körperlichen Übergriffen war dabei aber immer ihre Ge-
beteiligt, unter anderem auch bei waltbereitschaft, die in Dortmund
Angriffen auf die Kneipe Hirsch Q gleich mehrere Todesopfer forderte.
und deren BesucherInnen.
Grob vereinfacht lässt sich die Ge-
Naziaufmarsch im Oktober 2000 in Dortmund: nese der organisierten Dortmunder
Damals noch ohne „Autonome NationalistInnen“ Neonaziszene an folgenden Punk-
ten festmachen:

• Anfang der 80er wurde die Bo-


russenfront gegründet. Diese
organisierte im Umfeld von
Fußballspielen Angriffe auf
Linke und MigrantInnen in der
Dortmunder Nordstadt;
• Mitte der 80er Jahre fanden
Aktionen der FAP statt, die in
dem von AntifaschistInnen
vereitelten Versuch gipfelten,
in Dortmund ein FAP-Büro zu
etablieren;
• In der Zeit der Wende ’89/’90
ließen die Naziaktivitäten vo-
rübergehend nach – bedingt
34
durch “Aufbauarbeiten im Os- • Ca. 2006-2009: Gründung und
ten”. Danach gab es erneute weitgehender Niedergang der
Aktivitäten, die insbesondere Nationalen Front Eving. Aus
von Borchardt ausgingen; einer rechtsoffenen Jugendcli-
que entsteht der Versuch eine
• 90er Jahre: Die Kameradschaft organisierte Kameradschaft zu
Dortmund und die zu dieser etablieren. Nach antifaschisti-
Zeit sehr aktiven NPD/JN-Struk- schen Interventionen löst sich
turen arbeiten fest zusammen die Gruppe de facto vor einem
und bauen ihre Strukturen aus; Jahr auf, jedoch sind einzelne
• 2000-2004: Die Kameradschaft Mitglieder weiterhin neonazis-
Dortmund und die Völkisch tisch aktiv.
orientierte Gemeinschaft (VOG)
veranstalten zahlreiche Auf-
märsche (z.B. 2003 gegen die Das Nationale Zentrum
“Wehrmachtsaustellung”);
Bereits mehrere Wochen vor der
• März 2004: Gründung der Skin- offiziellen Einweihung im Juli 2009
head Front Dortmund-Dorst- bauten die Neonazis die rund 70m2
feld, die anfänglich nicht durch große Gewerbefläche ihren Vor-
eigenständige Aktivitäten auf- stellungen entsprechend um. Es
fällt, sondern im vorpolitischen wurde nach geeigneten Möbeln
Raum und vereinzelt in Perso- gesucht und auch einige Compu-
nalunion mit dem Dortmunder ter organisiert. Das sachliche Ar-
Kreisverband der DVU aktiv ist rangement sollte multifunktional
und erst in den Folgejahren genutzt werden können. Es sollte
vermehrt politisch agiert; sowohl als Veranstaltungsort, als
auch als Büro- und Lagerraum ge-
• Herbst 2004: Die Autonomen nutzt werden können. Zuvor hatten
Nationalisten – östliches Ruhr- die Nazis ihre wöchentlichen Kame-
gebiet treten politischer, ag- radschaftsabende in verschiedenen
gressiver und aktionsorientier- Hinterzimmern von Gaststätten und
ter als ihre Vorgänger auf und am Hafen veranstaltet, mussten
haben sich – immer unter ver- sich aber immer wieder nach anti-
schiedenen Namen – bis heute faschistischen Interventionen neue
als aktivste Struktur durchge- Räumlichkeiten suchen. Das raubte
setzt; Ressourcen und zehrte offensicht-
lich an den Nerven und so konkreti-
35
sierten sich Anfang 2009 die Pläne, Nacht zu Sonntag kam es zu einer
eigene Räumlichkeiten fest anzu- Schlägerei mit Jugendlichen auf
mieten. In den Räumen des ehema- dem nur unweit entfernten zent-
ligen Neonaziladens Buy or Die, der ralen Platz in Dorstfeld, dem Wil-
von Dezember 2002 bis etwa Mit- helmplatz. Die Jugendlichen schlu-
te 2005 in dem Erdgeschoss eines gen mit Absperrpfosten auf die
Mehrfamilienhauses an der Rhei- 10-köpfige Gruppe der Neonazis ein
nischen Straße 135 seine Pforten und verletzten vier von ihnen da-
öffnete, fand man schließlich einen bei so schwer, dass diese es nicht
geeigneten Platz für die angestreb- mehr rechtzeitig vorm Eintreffen
ten Nutzungsmöglichkeiten. Mit ei- der Polizei schafften zu fliehen. Die
nem 5-Jahres-Vertrag mieteten die Einsatzkräfte der Polizei nahmen
Neoazis die Fläche an, die fortan vorerst zwei von den Nazis in Ge-
als “Nationales Zentrum” (oder in- wahrsam, da diese zu ihrer Unter-
tern auch “Lager” genannt) genutzt stützung “KameradInnen” von der
werden sollte. Die üppige Miete für Feier im “Nationalen Zentrum” zum
das ehemalige Ladenlokal finanzie- Wilhelmplatz beorderten. Diese
ren sie unter anderem mit dem il- machten sich auch mit 30 Personen
legalen Ausschank von Getränken, auf den Weg, konnten jedoch nach
diversen RechtsRock-Konzerten kurzer Zeit von der Polizei wieder
und über Beiträge von verschiede- gestoppt werden.
nen SpenderInnenkreisen.
Rechte Infrastruktur
Schmerzliche Einweihungsfeier Seitdem dient das Zentrum als all-
Am Samstag, dem 04.07.2009, wöchentlicher Treffpunkt, sowie
war es dann soweit: Die Neona- auch als Veranstaltungsort für zahl-
zis weihten ihr “Nationales Zen- reiche extrem rechte Vorträge u. a.
trum” in Dorstfeld ein. Bei der mit dem Holocaust-Leugner Dirk
Einweihungsfeier wurden zudem Zimmermann. Bei Aufmärschen
der Geburtstag des Dortmunder dient das Ladenlokal im Vorfeld zur
“Anti-Antifa”-Aktivisten Alexander Koordination und zur Planung und
Deptolla nachgefeiert, sowie das im Nachhinein als Rückzugsraum.
mehrjährige Bestehen des extrem Darüber hinaus nutzen die Neo-
rechten Resistore-Versandhandels nazis das Zentrum aber auch für
von Dennis Giemsch. Die Feier lief andere szenekulturelle Belange, ob
dann schließlich doch anders, als kleine Feiern oder für das schlichte
die Neonazis es anfänglich erwar- Beisammensein, um die Binnen-
tet hatten. Um etwa 1 Uhr in der solidarität zu stärken. Es wurde
36
zudem auch schon dafür genutzt, von 295.000 Euro. Die Immobilie
um rechtsorientierten jugendlichen wurde daraufhin auch vom szene-
Ausreißern kurzzeitig Unterschlupf bekannten und kundigen Immobili-
zu gewähren. Entgegen dem äu- enfachmann Christian Worch begut-
ßeren Anschein passiert dort also achtet. Er erklärte den angebotenen
sehr viel und das “Nationale Zen- Verkaufspreis dem Marktwert ge-
trum” ist ein integraler Bestandteil genüber für angemessen. Da die
der neonazistischen Aktivitäten in Neonazis trotz Vergünstigung eine
Dortmund. Allein im vergangenen derart hohe Summe nicht sofort
Jahr fanden mehr als zwölf öffent- auftreiben konnten, entschied man
lich bekannt gemachte Veranstal- sich im Frühjahr 2010 vorerst dazu,
tungen statt, ungezählt bleiben einen den 5-Jahres-Mietvertrag auf-
hingegen die zahlreichen Feiern, zusetzen.
Kameradschaftsabende und inter-
Seit Dezember 2010 in neuer Verkleidung:
nen Vorträge. Das „Nationale Zentrum“ an der Rheinischen Straße

Vereitelte Kaufpläne der Neonazis


Da das Zentrum einen so wesentli-
chen Teil der Infrastruktur der Dort-
munder Neonaziszene stellt, gab es
Pläne, das komplette Haus an der
Rheinischen Straße, indem sich das
Zentrum befindet, zu kaufen. Das
Haus bietet sechs Wohneinheiten
mit einer Wohnfläche von insge-
samt ca. 260m2, sowie die bisher
für das Zentrum genutzte Gewerbe-
fläche mit rund 70m2. Hinzu kommt
ein zweistöckiger Anbau mit 90m2. Wie dann im Juni vergangen Jah-
Mit einer gesamten Nutzungsfläche res auch öffentlich bekannt ge-
von 420m2 böte das Haus folglich macht wurde, hat sich die Stadt
genügend Raum zur Etablierung nun dazu entschieden, das Haus zu
eines “nationalen Schulungs- und kaufen. Lange hat man allerdings
Kulturzentrums”. auf ein eindeutiges Statement der
Stadt warten müssen. Nach fünf
Der angebotene Verkaufspreis lag Monaten war aber klar: Die Stadt
laut unseren Informationen weit hat das Mehrfamilienhaus an der
unter dem eigentlichen Kaufpreis Rheinischen Straße 135 gekauft
37
und damit auch das Ladenlokal Pfefferspray, vom “Keine Waffen für
der Neonazis. Die Stadt als neuer Israel”-T-Shirt bis zu verschiedenen
Eigentümer ist allerdings dazu ver- Aufklebern und anderen Neonazi-
pflichtet, die bestehenden Mietver- Devotionalien. Der Internetversand-
träge weiterzuführen. Man werde handel wird von Dennis Giemsch
aber alle rechtlichen Mittel aus- betrieben, dem Kopf der Dortmun-
schöpfen, “um die rechtsradikalen der Neonaziszene. Das durch den
Aktivitäten so schnell wie möglich Versandshop erwirtschaftete Geld
wegzubekommen” (DerWesten, fließt zum großen Teil in Giemschs
24.06.2010), hieß es bereits damals private Tasche und dient zur Si-
von Seiten der Stadt. Über mögliche cherung seines Lebensunterhalts,
Gründe, die eine außerordentliche wird aber auch zur finanziellen
Kündigung rechtfertigten, werde Unterstützung der alljährlichen
weiterhin nachgedacht, unterstrich Aufmärsche zum Antikriegstag und
die Stadt ihr Engagement. Der Miet- für andere Aktionen der Neonazis
vertrag der Neonazis, der Anfang genutzt.
April 2010 geschlossen wurde, läuft
noch bis zum 31. März 2015. “Ziel Radikales Angebot
der Stadt ist es, einen Bürger- oder Mittlerweile hat sich Giemschs In-
Jugendtreff in dem Haus einzurich- ternetshop für “Propaganda, Be-
ten” (RN, 04.01.2011), wurde Stadt- kleidung und mehr” wohl zum
sprecher Udo Bullerdieck von den Marktführer innerhalb der neona-
Ruhr Nachrichten zitiert. Bis dahin zistischen Szene entwickelt. Das
habe eine externe Verwalterin ein dürfte zum einen an dem breiten
Auge auf das Gebäude. Angebot von Propaganda (Aufkle-
ber, Flugblätter, Plakate) und Be-
kleidung (T-Shirts, Kapuzenpullover,
Kopfbedeckungen) über verschie-
Der Resistore-Versand denste Drucksachen (Broschüren,
Bücher, Zeitschriften) bis hin zu
Mitte Juni 2006 öffnete mit dem
CDs, Fahnen und Waffen (Pfeffer-
Resistore-Versand ein Internetver-
spray und zeitweise auch Zwillen
trieb aus dem Umfeld der Dort-
mit Stahlkugelmunition) liegen.
munder “Kameradschaft” seine
Zum anderen legt in Anbetracht
Pforten. Erhältlich war auch in der
der Tatsache, dass in den letzten
Aufbauphase schon manches, was
Jahre mehrere Neonaziversände
das “rechtsautonome” Herz be-
von antifaschistischen Netzaktivis-
gehrt: von der Sturmhaube bis zum
tInnen gehackt wurden und deren
38
KundInnendaten für AntifaschistIn- teilung. Diese Meldung sorgte für
nen, Justiz und Polizei öffentlich bundesweites Aufsehen und das
zugänglich gemacht wurden, der Jobcenter forderte daraufhin die an
Resistore-Vertrieb besonderen Wert Giemsch gezahlten Gelder zurück,
auf Sicherheit, verschlüsselt die drohte notfalls sogar juristische
eigene Datenbank und bietet eine Mittel an.
verschlüsselte Kommunikation an.
Weiterhin trägt zu seiner Popula- ‚Todesstrafe für Kinderschänder‘:
Screenshot vom Resistore-Vertrieb
rität bei, dass Giemsch den bun-
desweit einzigen Neonaziversand
betreibt, in dem gerade für die jun-
gen “Autonomen NationalistInnen”
interessante, stylische Aufkleber
mit mehr oder weniger aktuellen
Themenbezügen wie “Islamisie-
rung”, “Globalisierung” oder “Über-
wachungsstaat” zu finden sind.

Staatlich gefördert
Im Juni 2009 machte die Antifa-
schistische Union Dortmund öf-
fentlich, dass der Führungskader Hausdurchsuchungen
der örtlichen Neonaziszene seinen Am Mittwoch, den 24.11.2010, kam
Internetversandhandel mit Förder- es zu mehrstündigen Hausdurchsu-
mitteln zur Existenzgründung auf- chungen in Wohn- und Geschäftsr-
gebaut hatte. “Als Giemsch die För- säumen in Dorstfeld und Lütgend-
derung beantragte, war er längst ortmund. Die Razzia richtete sich
ein stadtbekannter Neonazi, der offenbar gezielt gegen den extrem
neonazistische Aufmärsche ange- rechten Internetversandhandel re-
meldet, sowie sich für Flugblätter sistore und den Betreiber Dennis
verantwortlich zeichnete und be- Giemsch. Grund für die Razzien soll
reits bundesweit in den Medien als eine indizierte CD (“Gigi und die
eine der Führungspersonen der ‘Au- braunen Stadtmusikanten – Adolf
tonomen NationalistInnen’ bekannt Hitler lebt”) mit volksverhetzen-
war” (Antifa Union, 22.06.2009), den und rassistischen Inhalten ge-
so Kerstin Wiedemann, Sprecherin wesen sein, die laut Aussage der
der Antifaschistischen Union Dort- Staatsanwaltschaft über den Neo-
mund, in der damaligen Pressemit- nazi-Versand vertrieben wurde. Das
39
Ermittlungsverfahren sei auf einen Materials. Die Resistore-Razzia vom
Hinweisgeber aus Berlin zurückzu- Mittwoch könnte also einen Domi-
führen, der den BeamtInnen den noeffekt und Strafverfahren auch
entscheidenden Tipp gegeben ha- an anderen Orten auslösen” (RN,
ben soll. Die lokalen Neonazis wur- 26.11.2010), so die Ruhr Nachrich-
den am Mittwochabend bei ihrem ten. Auch eine spätere Stellung-
allwöchentlichen Kameradschafts- nahme des Betreibers konnte diese
reffen im “Nationalen Zentrum” Zweifel nicht aus dem Weg räumen.
von einer Einsatzhundertschaft Neonazis führten in Reaktion auf
überrascht, die in das Erdgeschoss die Durchsuchungen Flugblattak-
des Hauses an der Rheinischen tionen und einen Aufmarsch am
Straße 135 mittels eines Ramm- 04.12.2010 durch. Da AntifaschistIn-
bocks eindrangen und die Dort- nen die Route teilweise blockierten,
munder “Autonomen Nationalis- musste diese umgeleitet werden.
tInnen” mit Kabelbindern fixierten. Da der Aufmarsch also nicht so wie
Die BeamtInnen hätten zahlreiche gewünscht ablief, meldeten die Na-
Beweismittel – Rechner und Daten- zis zum Jahreswechsel drei weitere
träger – sichergestellt, allein an der Aktionen an, von denen eine nicht
Rheinischen Straße sollen es fünf stattfand und die andere sich auf
Computer gewesen sein. Einer der eine Kundgebung in eisiger Kälte
Rechner, die ansonsten verschlüs- an Heiligabend mit zwölf Neonazis
selt sein sollen, konnte wohl nicht am Hauptbahnhof beschränkte.
mehr ausgestellt werden, sodass
die Polizei nun Zugriff auf die Da-
ten haben könnte, befürchten die
Neonazis. Innerhalb der Neonazi-
In Freiheit: Der Mörder
szene vermutet man nun, dass es von Thomas Schulz
den ErmittlerInnen vor allem um
die KundInnen-Datenbank ginge, Am Ostermontag 2005 trifft um kurz
auf die die BeamtInnen nun mög- nach 19 Uhr der damals 17-jährige
licherweise zugreifen könnten: “Die Neonaziskin Sven Kahlin in Beglei-
Computer sind für die Justiz inte- tung seiner Freundin in der U-Bahn-
ressant, weil damit nicht nur der station Kampstraße auf eine Gruppe
Vertrieb von verbotenem Propagan- von Punks. Einer von ihnen, Tho-
damaterial nachgewiesen werden mas “Schmuddel” Schulz, will die
kann – die Ermittler kommen mit rechten Sprüche von Kahlin nicht
den Daten auch an die Namen und unkommentiert lassen und folgt
Adressen der neuen Besitzer des seinem späteren Mörder, um ihn
40
zur Rede zu stellen. Plötzlich zückt politischen Kontakt zu seinen “Ka-
der 17-Jährige ein Messer, sticht meradInnen”. Ende Juni 2007 zo-
mit erheblicher Wucht zu und trifft gen rund 100 Neonazis unter dem
den Punker im Brustbereich. Kahlin Motto “Gesinnungsparagraphen
flüchtet mit seiner Freundin, kann abschaffen! – Freiheit für alle na-
aber wenig später festgenommen tionalen politischen Gefangenen!”
werden. Thomas stirbt wenig spä- an der Herforder Jugendvollzugs-
ter im Krankenhaus. Am 17.11.2005 anstalt vorbei. Hier saß zu diesem
verurteilte das Landgericht Dort- Zeitpunkt neben dem Dortmunder
mund den Täter lediglich wegen Nazi Christoph Drewer auch Sven
Totschlags zu einer Jugendstrafe Kahlin ein. Vor Ort wurde ein Gruß-
von sieben Jahren. Eine politische wort von Kahlin verlesen in dem es
Motivation und auch das “Mord- heißt: “Kameradinnen und Kamera-
merkmal der Heimtücke” konnte den, die heute hier erschienen sind
das Gericht nicht erkennen. Seine um zu zeigen, dass es immer noch
Haftzeit hätte bis März 2012 andau- Menschen gibt die stolz auf ihre
ern sollen, er ist allerdings schon Herkunft sind und dies mit Leib und
am Donnerstag, dem 23.09.2010, Seele vertreten, auch wenn wir da-
aus der Justizvollzugsanstalt Werl für tagtäglich gejagt, inhaftiert und
entlassen worden. Für Antifaschis- durch den Dreck gezogen werden.”
tInnen stand schon vor der Entlas- Er schloss seine Rede mit “aufrech-
sung fest, dass Kahlin auch danach ten und kameradschaftlichem Gruß
verstärkt in neonazistischen Krei- aus der JVA Herford”. Kahlin wurde
sen aktiv sein würde, aus denen dann zuletzt in die JVA Werl verlegt.
er sich nie vollends gelöst hatte. Dort wurde er auch weiterhin von
Unter dem Motto “Keine Rückzugs- der rechten Hilfsorganisation für
räume für rechte Mörder!” fand nationale politische Gefangene und
dann folgerichtig auch eine Woche deren Angehörige (HNG) betreut.
nach der Entlassung eine antifa- In einem Selbstportrait beim Nazi-
schistische Demonstration mit 250 Skinzine für inhaftierte Neonazis,
TeilnehmerInnen zum so genann- dem JVA-Report, gab Kahlin an, dass
ten Nationalen Zentrum statt. Es er “auch an weitere[n] Kontakte[n]
bestand kein Zweifel daran, dass zu aufrechten Kameradinnen und
Kahlin nach wie vor seiner natio- Kameraden interessiert” sei und
nalsozialistischen Gesinnung treu dass man ihn “nicht umerziehen”
geblieben ist. So pflegte er auch könne. Noch 2009 ließ er über sei-
während seiner Haftzeit weiterhin ne Freunde aus dem rechten Spekt-
freundschaftlichen und vor allem rum bei einer Neonazi-Kundgebung
41
verlautbaren, dass man die “natio- fang September wurden deswegen
nale Bewegung nicht stoppen” kön- Durchsuchungen und Beschlagnah-
ne und konstatierte selbstbewusst men bei Angehörigen der neona-
aus der Gefängniszelle: „Fakt ist: zistischen Szene durchgeführt. Für
Dortmund ist und bleibt unsere seine Rede wurde er von seinen
Stadt!“. Innerhalb der Dortmunder “KameradInnen” bejubelt, nicht zu-
Neonaziszene wurde die Nachricht letzt deswegen, weil er nochmals
von seiner vorzeitigen Entlassung betonte, dass seine neonazistische
folgerichtig positiv rezipiert. Gesinnung in der JVA nicht “gebro-
chen” werden konnte. Außerdem
„Was sollten wir bereuen?“ prangte auf Kahlins T-Shirt bei einem
Aufmarsch in Hamm
nahm Kahlin an Naziaufmärschen
am 17.10.2010 in Leipzig und am
04.12.2010 in Dortmund teil.

Auf dem T-Shirt des rechten Mör-


ders, dass er beim Naziaufmarsch
in Hamm trug, stand: “Was sollten
wir bereuen?” Gewiss hat er dieses
T-Shirt bei seinem ersten großen
Auftritt nach der Entlassung mit
Absicht gewählt. Dabei fällt beson-
ders sein gutes Verhältnis zu den
Führungskader der “Autonomen
NationalistInnen” auf. Kahlin ist
Unter dem Motto “Das System zwar sozial in der Skinheadszene
bringt uns den Volkstod – Freie Völ- beheimatet, genießt aber überdies
ker statt freie Grenzen!” versam- bei den “AN” eine Art Heldenstatus
melten sich am 23. Oktober rund und wird für seine damalige Tat
230 Neonazis zu einem Aufmarsch gefeiert. Schon vor seiner Inhaf-
in der Nachbarstadt Hamm. Als Red- tierung war Kahlin in der Skinhead
ner trat dabei u. a. auch der rechte Front Dortmund-Dorstfeld aktiv.
Mörder Sven Kahlin ans Mikrophon. Zusammen mit weiteren Mitglie-
Er verlas eine Grußbotschaft der dern dieser neonazistischen Grup-
HNG-Vorsitzenden Ursula Müller. pierung überfiel er am 12.12.2010
Gegen die HNG, von der auch Kah- die alternative Kneipe Hirsch Q und
lin während seiner Haftzeit betreut wurde später am Hauptbahnhof
wurde, ist offenbar eine Verbot- festgenommen. Ob es zu einer An-
sprüfung eingeleitet worden. An- zeige gegen ihn und somit zu einer
42
Aufhebung der Bewährungsstrafe Stichverletzung, die im Kranken-
kommt, hängt also davon ab, ob haus behandelt werden musste.
Staatsanwaltschaft und Gericht das Einem uns vorliegenden Augen-
Video als Beweis ausreicht, das den zeugenbericht zufolge, stach beim
Neonazi-Angriff und Kahlins aktive Eindringen in die Kneipe einer der
Beteiligung daran, dokumentiert. Neonazis blindwütig auf die Per-
son ein. Darüber hinaus setzten die
Neonazis Metallstühle, Barhocker,
Flaschen und weitere Gegenstände
Naziangriffe auf die als Hiebwaffen gegen ihre Opfer ein.
Hirsch Q Öfters Ziel von Neonazi-Angriffen: Die Hirsch Q in der Brückstraße

In der Nacht von Samstag auf Sonn-


tag, den 12.12.2010, kam es erneut
zu einem brutalen Überfall von
Neonazis auf die alternative Kneipe
Hirsch Q in der Dortmunder Innen-
stadt. Wurden auch dieses Mal wie-
der zahlreiche Gäste verletzt und
die Kneipe beschädigt, so sticht der
aktuelle Neonazi-Angriff trotzdem
gleich in mehrfacher Hinsicht her-
vor und unterscheidet sich deutlich
von den letzten Angriffen.

Gegen 00:40 Uhr am Sonntagmor- Dank der Gegenwehr der Besuche-


gen attackierten zehn bis fünf- rInnen konnte einer der angreifen-
zehn Personen der neonazistischen den Neonazis vor Ort überwältigt
“Kameradschaft” Skinhead Front und anschließend der Polizei über-
Dortmund-Dorstfeld und aus deren geben werden. In der darauf folgen-
Umfeld, das Lokal und dessen Be- den Fahndung konnten elf Personen
sucherInnen. Dabei wurden unter im Alter zwischen 18 und 38 Jahren
anderem die Fensterfront sowie die des rechten Spektrums vorüberge-
Eingangstür massiv beschädigt. Im hend festgenommen werden. Eini-
Laufe der Auseinandersetzung wur- gen Neonazis gelang unerkannt die
den mehrere Personen auf beiden Flucht. Die alternative Szenekneipe
Seiten verletzt. Ein Gast erlitt eine Hirsch Q in Dortmund wurde seit
43
2006 nun zum sechsten Mal von Oberstaatsanwältin Ina Holznagel
einer großen Gruppe organisierter erklärt zu Kahlins Beteiligung an
Neonazis gezielt, geschlossen und dem Angriff: “Die Bewährungsauf-
massiv angegriffen. Darüber hinaus lagen lauten: Arbeitsstelle suchen,
gab es seit 2006 unzählige kleinere sozialen Trainingskurs besuchen,
Übergriffe von lokalen und regiona- nicht übermäßig Alkohol trinken.
len Neonazis gegen das Lokal und Gesinnung kann man nicht ver-
seine Gäste. Beim vorletzten Angriff bieten. Und wenn man ihm keine
Ende Juni 2010 versuchten rund 20 direkte Gewaltanwendung bei dem
Neonazis die Kneipe zu attackieren. Überfall nachweisen kann, kann
Unter “Sieg Heil”-Rufen und antise- auch nicht die Bewährung widerru-
mitischen Beleidigungen begannen fen werden” (BILD, 13.12.2010).
die Neonazis die aus einem in der
Nähe befindlichen Schuttcontainer Glücklicherweise wurde der Vorfall
entnommenen Steine und mitge- von zwei Überwachungskameras
brachten Flaschen auf die Anwesen- aufgezeichnet, die extra wegen
den zu werfen. Die Angegriffenen solcher Angriffe über der Kneipe
ließen sich jedoch nicht einschüch- angebracht wurden und den mehr
tern und setzten sich entschlossen als zwei-minütigen Vorfall aus ver-
zur Wehr. Es gelang die Neonazis in schiedenen Blickwinkeln dokumen-
Schach zu halten und schließlich tieren. Auf dem Video sind sowohl
in die Flucht zu schlagen. Mehre- der Tathergang als auch die Hand-
re der in Richtung Hauptbahnhof lungen einzelner TäterInnen deut-
fliehenden Neonazis wurden auf lich zu erkennen. Das Video wurde
der Flucht von der Polizei gestellt der Polizei übergeben. Diese ermit-
und in Gewahrsam genommen. telt wegen gefährlicher Körperver-
Doch Konsequenzen hatten die letzung und Landfriedensbruch. In
rechten AngreiferInnen – wie auch wie weit das Video zur Identifizie-
in diesem Fall – nur selten zu be- rung der TäterInnen beiträgt, kann
fürchten. So wurden alle Verfahren noch nicht abschließend gesagt
gegen die AngreiferInnen des letz- werden. Fakt ist, dass nach der Tat
ten Überfalls auf Anfang November zwar einige Neonazis von der Poli-
letzten Jahres eingestellt, da ihnen zei kontrolliert wurden, aber längst
keine Beteiligung nachgewiesen nicht alle. Es bleibt nun zu hoffen,
werden konnte. Zusätzliche Bri- dass auf Grundlage der Aufnahme,
sanz gewinnt der Überfall dadurch, die TäterInnen zur Rechenschaft ge-
dass sich unter den angreifenden zogen werden.
Neonazis auch Sven Kahlin befand.
44
Nachdem es noch am Tag des Feuerwehrmann als
Angriffs abends eine spontane
Demonstration von rund 100 An- Brandstifter
tifaschistInnen über den Weih-
nachtsmarkt gab, demonstrierten Es war ein kleiner lokalpolitischer
eine Woche darauf, am 18.12.2010, Skandal. Klaus Schäfer, ein ho-
bis zu 250 Menschen in Dortmund her städtischer Beamter, nahm im
gegen den Nazi-Terror und für Soli- Vorfeld des 1. Mai an einem Nazi-
darität mit den Opfern rechter Ge- aufmarsch in Dortmund teil. Dabei
walt. begrüßte er einige Neonazis mit
Handschlag und applaudierte bei
Für die Dortmunder Neonaziszene den Redebeiträgen der Rechten.
dürfte die Hirsch Q hingegen wei- Das Motto der Neonazis hätte ihm
terhin ein attraktives Ziel für ihre zugesagt und er wolle “sich als
Angriffe bleiben. Zum einen, weil freier Bürger mal die Argumente
die bisherigen Ermittlungen gegen anhören” (RN, 30.04.2010), so Schä-
die Neonazi-AngreiferInnen meis- fer in einem Interview. Dass seine
tens eingestellt wurden und sie Teilnahme an dem Aufmarsch der
zumindest bisher nur vereinzelt Rechten kein Zufall war und er en-
juristischen Konsequenzen zu be- ger mit der hiesigen Neonaziszene
fürchten hatten, zum anderen aber verflochten ist, als bisher bekannt,
auch, weil die alternative Kneipe wird dieser Artikel im Folgenden
von den Nazis als eine Art Zentrum zeigen.
der Dortmunder Antifa-Strukturen
wahrgenommen wird. Screenshot von einem DerWesten-Bericht am 01.05.2010

45
Aktiver Part in der Neonaziszene verantwortlich zeichnen. In diesen
Kurz nach Bekanntwerden seiner wird u. a. gegen die Entschädigung
Teilnahme wurde Klaus Schäfer der NS-ZwangsarbeiterInnen, den
(SPD), Ex-Chef der Feuerwehr Dort- “K(r)ampf gegen Rechts“ und den
mund und Leiter des Instituts für “Dortmunder-Demokröten-Sumpf”
Rettungstechnologie, vom Dienst gehetzt.
suspendiert. Ein eilig einberufe-
nes Personalgespräch mit der Stadt Kein Ausrutscher
wurde abgesagt, da Schäfer sich Zusätzlich gab es Hinweise darauf,
kurzfristig krank gemeldet hatte. dass Schäfer unter einem Pseudo-
Kurz darauf habe er sogar “Kontak- nym, regelmäßig in den Kommen-
te zur rechten Szene” (DerWesten, tarspalten der Online-Ausgabe der
04.05.2010) eingeräumt, so die Lo- WAZ rechte Statements verfasste
kalpresse. Worin diese genau be- und sogar “Gastbeiträge” und Kom-
stehen, wurde damals allerdings mentare auf Nazi-Seiten veröffent-
nicht näher erläutert. Festzustel- lichte. Schäfers Teilnahme an dem
len ist, dass Schäfer sich nicht das Naziaufmarsch am 30.04. war also
erste Mal an einer neonazistischen keinem losen Interesse an “neuen
Veranstaltung beteiligt hatte. Be- Argumenten” geschuldet, sondern
reits beim “nationalen Antikriegs- resultierte aus einer ideologisch
tag” am 05. September 2009 war er gefestigten extrem rechten Einstel-
präsent und hielt dort unter ande- lung heraus. Der langjährige SPDler
rem ein Transparent der neonazisti- war aktiv in die neonazistischen
schen “Kameradschaft” Freie Kräfte Strukturen der gewaltbereiten “Au-
Hannover Umland. Auch nahm er tonomen NationalistInnen” aus
zeitweise regelmäßig an “Kame- Dortmund integriert. Er nahm an
radschaftstreffen” der Dortmunder deren Treffen teil und machte auch
Neonazis teil. Nach Informationen, sonst keinen Hehl aus seiner neo-
die der Antifaschistischen Union nazistischen Gesinnung.
Dortmund vorliegen, reichte sein
Aktionsfeld aber noch weiter. So Fragwürdig bleibt, warum die staat-
soll er aktiv an der Gestaltung des lichen Behörden trotz dauerhafter
Onlineauftritts der lokalen Neonazi- Überwachung der neonazistischen
gruppierung Nationaler Widerstand Gruppentreffen offenbar keine
Dortmund mitgewirkt haben. Schä- Notwendigkeit sah, Informationen
fer soll dabei für die “Nationalen über die Beteiligung des Beamten
Karikaturen”, die seit Ende 2009 weiterzuleiten. Insgesamt betrach-
auf der Neonazi-Seite erscheinen, tet, stellte die Stadt mit der Causa
46
Schäfer wieder einmal ihr fragwür- wir bereits vor einigen Monaten
diges Problembewusstsein unter dar, dass sich Schäfer aus tiefster
Beweis. Überzeugung an den Aktionen der
rechten Szene beteiligte. Gerüchte
Und nun? über V-Person-Aktivitäten hat es in
Das Dienstleistungsverbot des Bezug auf den Fall Klaus Schäfer
ehemaligen Chefs der Dortmunder also nie gegeben. Offenbar versucht
Feuerwehr, damals auf drei Monate Schäfer mit dieser unhaltbaren Be-
angesetzt, hat auch über die ur- hauptung seiner Distanzierung von
sprüngliche Frist hinaus Bestand. der rechten Szene Glaubhaftigkeit
Gegen Schäfer läuft immer noch zu verleihen. Die Stadt hat bisher
ein internes Ermittlungsverfah- noch keine klare Linie im Umgang
ren. Die ihm auferlegten Auflagen mit Schäfer gefunden. Eine Kün-
(u.a. Hausverbot für Diensträume) digung scheint unwahrscheinlich
bleiben ebenfalls bestehen. Im und eine dauerhafte Beurlaubung
Oktober letzten Jahres bekundete wäre teuer, denn Schäfer würde
Schäfer gegenüber den Ruhr Nach- seine vollen Bezüge ausgezahlt
richten, dass er wieder an seinen bekommen. Das sind brutto rund
alten Arbeitsplatz zurückkehren 6000 Euro im Monat. Bis zur Pensi-
möchte. Die Stadt habe aufgrund onierung in ca. zehn Jahren könn-
seiner hohen beruflichen Qualifika- te sich das auf rund 800.000 Euro
tionen auch gar keine andere Wahl, summieren. Schäfer hatte in seiner
als ihn an dieser Stelle der For- Dienstzeit Zugriff auf höchst sen-
schungsarbeit wieder einzusetzen, sible Daten, etwa zu Sicherheits-
so Schäfer. Im Zweifel wolle er auch konzepten bei Demonstrationen.
vor der höchsten Instanz, dem Eu- Was für Informationen dieser Art
ropäischen Gerichtshof, klagen. in die Szene geflossen sind, kann
Ferner behauptete er im Interview: nur Gegenstand von Spekulationen
“Die linke Szene hat das Gerücht bleiben.
gestreut, dass ich Agent des Verfas-
sungsschutzes sei. Das war keine
gute Empfehlung” (RN, 22.10.2010).
Dass solche Behauptungen nie Ge-
genstand der Auseinandersetzung
um seine Person waren, dessen
wird sich Dortmunds Ex-Feuerwehr-
chef bewusst gewesen sein. In ei-
nem ausführlichen Bericht legten
47
Chronologie 2010
09.01.10 22.01.10
Vier Neonazibands haben auf einer Der Holocaust-Leugner Dirk Zim-
RechtsRock-Feier in der Kleingarten- mermann referierte im „Nationalen
anlage „Im Wiesengrund” unter der Zentrum“. Der Anhänger des Hitler-
Schnettkerbrücke gespielt. Rund 150 Fanatikers Horst Mahler hatte sich
Neonazis feierten hier ungestört von am 15. November 2007 selbst bei
der Polizei, die das Treiben aus der Gericht wegen Verbreitung Holo-
Ferne beobachtete. Im Nachgang caust leugnenden Schriftguts von
zum Konzert hat es in der Nacht zu Germar Rudolf an Dritte angezeigt.
Sonntag nahe des S-Bahnhofs Dorst-
feld noch drei Festnahmen gegeben. 26.01.10
Erneut ist ein Neonazi wegen der
13.01.10 gewaltätigen Ausschreitungen in
Neonazis veranstalten im „Nationa- Dortmund am 1. Mai 2009 verur-
len Zentrum“ an der Rheinischen teilt worden. Ein 22-Jähriger hatte
Straße eine Mobilisierungsveranstal- auf dem Ostenhellweg/Ecke Stefan-
tung zum Naziaufmarsch in Magde- straße einen Pflasterstein in eine
burg. Gruppe von Polizisten geworfen. Er
hatte sich damals übrigens selbst
16.01.10 die Hand gebrochen – ein Pflaster-
Rund 40 Neonazis greifen am Haupt- stein eines anderen Rechten hatte
bahnhof Polizeibeamte mit Schlägen ihn getroffen. Das Schöffengericht
und Tritten an. Zuvor hatten diese verurteilte ihn wegen versuchter
auf der Heimreise von einem Auf- gefährlicher Körperverletzung zu
marsch in Magdeburg einen 17-Jäh- sechs Monaten auf Bewährung. Ein
rigen im Zug belästigt, beschimpft Video hatte ihn überführt.
und bespuckt. Im Dortmunder
Bahnhof bewarfen sie ihn mit einer 28.01.10
Dose und verletzten ihn am Kopf. Das Parteibüro der Linken in der
Als die Bundespolizei den 23-jähri- Dortmunder Nordstadt wird mit
gen Dosenwerfer auf dem Bahnsteig Buttersäure bespritzt. Dies ist be-
festnahm, schlugen die anderen reits der fünfte Anschlag auf das
Neonazis zu. Die Polizei nahm drei Wahlkreisbüro der Dortmunder Lin-
Tatverdächtige fest. Den Schlägern ke-Bundestagsabgeordneten Ulla
drohen Ermittlungsverfahren wegen Jelpke.
Landfriedensbruch, Widerstand, ver-
suchter Gefangenenbefreiung und
gefährlicher Körperverletzung.
48
04.02.10 13.03.10
Rund 35 Neonazis aus Dortmund Eine Gruppe von rund 30 Neonazis
und umliegenden Städten störten aus Dortmund und den umliegen-
den Verlauf eines Bürgerforums den Städten verteilte anlässlich der
im Rathaus, bei dem Prof. Wilhelm Bombardierung Dortmunds im 2.
Heitmeyer von der Universität Bie- Weltkrieg ab 18.50 Uhr Flugblätter
lefeld seine von der Stadt in Auftrag an der Reinoldikirche. Die Polizei
gegebene Studie über Rechtsextre- schritt ein und erstattete gegen die
mismus in Dortmund vorstellte. Verantwortlichen der Flugblattak-
tion Strafanzeige wegen des Ver-
05.02.10 dachts des Verstoßes gegen das
Neonazis führten im ehemaligen Versammlungsrecht. Nach etwa ei-
Naziladen an der Rheinischen Stra- ner Stunde beendeten die Neonazis
ße eine Rechtsschulung sowie eine ihre Aktion und hielten laut eige-
Informationsveranstaltung über den nen Angaben im „Nationalen Zen-
Naziaufmarsch in Dresden durch. trum“ noch eine Veranstaltung ab.

13.02.10 19.03.10
Nach der Rückkehr von Europas Während etwa 150 Menschen beim
größtem Naziaufmarsch in Dresden „Antifaschistischen Frühjahrsputz“
veranstaltete eine kleine Gruppe in Dorstfeld rechte Propaganda ent-
Neonazis ein „Heldengedenken“ in fernten und diverse neonazistische
Dorstfeld und glorifizierte dabei ei- Aufkleber überklebten, zeigten
nen SA-Mann. Neonazis an der Route immer wie-
der Präsenz und filmten die anwe-
04.03.10 senden AntifaschistInnen ab.
Neonazis bespritzten die Beifahrertür
einer antifaschistisch engagierten Fa- 31.03.10
milie aus Hacheney mit Buttersäure. Neonazis benennen vereinzelt im
Als eine Frau gegen 3 Uhr morgens Dortmunder Stadtgebiet mehrere
den beißenden Gestank in ihrer Woh- Straßen und Bushaltestellen nach
nung bemerkte, alarmierte sie noch dem neonazistischen Mörder Sven
in der Nacht die Polizei. Die Dort- Kahlin um. Dieser hatte am Oster-
munderin, die über Übelkeit klagte, montag 2005, nach einem Wortge-
wurde mit einem Rettungswagen zur fecht, den Punker Thomas Schulz
ambulanten Behandlung in ein Kran- mit einem Messer niedergestochen.
kenhaus gebracht. Der Staatsschutz
nahm die Ermittlungen auf.
49
01.04.10 25.04.10
In der Nacht vom 31. März auf den Es fand eine weitere Saalveranstal-
1. April wurden ca. 10 – 15 Nazis in tung statt. Referent ist der Altnazi
der Nordstadt beobachtet, wie sie Reinhold Leidenfrost.
linke Aufkleber und Plakate entfer-
nen und diese durch rechte Propa- 30.04.10
ganda ersetzen. Neonazis marschierten nach einer
kurzen Auftaktkundgebung vom
05.04.10 Hauptbahnhof Richtung Dortsfeld.
Als der Ostermarsch durch Dorst- Der erst am Dienstag angemeldete
feld führte, waren abermals Neo- Aufmarsch fand unter dem Motto
nazis vor Ort und provozierten die „Arbeitsplätze und gerechte Löh-
DemonstrationsteilnehmerInnen. ne für alle Deutschen“ statt. Kurz
nachdem die Anmeldung öffentlich
14.04.10 wurde, mobilisierten die Neonazis
Bei der Veranstaltung zur Gründung verstärkt für ihren Aufmarsch, zu
des „Forums gegen Rechtsextre- dem sich letztlich aber nur 80 von
mismus“ tauchte anfänglich eine ihnen unterhalb der Freitreppen
kleinere Gruppe Neonazis auf und vor dem Dortmunder Hauptbahnhof
versuchte den Verlauf der Veran- versammelten. Klaus Schäfer (54),
staltung zu stören. ein hoher städtischer Beamter,
nahm an diesem Naziaufmarsch
17.04.10 in Dortmund teil. Dabei begrüßte
Im Nazi-Zentrum an der Rheini- er einige Neonazis mit Handschlag
schen Straße findet eine Mobilisie- und applaudierte bei den Redebei-
rungsveranstaltung für die Neona- trägen der Rechten. Das Motto der
ziaufmärsche am 1. Mai statt. Neonazis hätte ihm zugesagt und
er wolle „sich mal die Argumente
24.04.10 anhören“, so Schäfer in einem In-
In Zusammenarbeit mit dem NPD terview. Der Skandal weitete sich in
Kreisverband Unna/Hamm veran- der Folge aus und es wurden noch
stalteten Dortmunder Nazis einen weitere Verflechtungen zwischen
Vortrag mit dem rechten Publizis- ihm und der lokalen Neonaziszene
ten und Verleger Pierre Krebs, wel- bekannt.
cher als einer der Theoretiker der
Neuen Rechten gilt.

50
08.05.10 am Boden liegende Personen ein.
Mehrere Rechte behinderten kurz- Anschließend wurden einige Per-
fristig im Dortmunder Stadtteil sonen von den rechten Schlägern
Dorstfeld WählerInnen, ihr Wahllo- noch durch die Innenstadt gejagt.
kal zu betreten. Nach Angaben der Die Polizei konnte später einige der
verantwortlichen Wahlleiter sollen Angreifer stellen, welche sich in der
sie dies in der Zeit von 17.30 Uhr Innenstadt verstreut hatten. Gegen
bis ca. gegen 17.45 Uhr getan ha- 20 Uhr kam es zu einem weiteren
ben. Die Gruppe positionierte sich Überfall, als zwei Neonazis ein jun-
zwischen zwei aufgestellten ges Mädchen angriffen.
Blumenkübeln, so dass für die
WählerInnen lediglich ein schmaler 21.05.10
Durchgang zum Wahllokal verblieb. In Zusammenarbeit mit dem NPD
Bei den Tatverdächtigen handelt es Kreisverband Unna/Hamm veran-
sich um acht junge Männer und stalteten Dortmunder Neonazis ei-
eine Frau, die später von der Polizei nen „Liederabend“ mit dem rechten
in einem nahe gelegenen Restau- Balladen-Sänger Frank Rennicke.
rant angetroffen wurden. Entspre-
chende Strafanzeigen wegen des 09.06.10
Verdachts der Wählernötigung wur- Ein 23-jähriger Neonazi wird vor
den gefertigt. Zudem besteht der dem Dortmunder Amtsgericht we-
Verdacht, dass das Verhalten vor gen versuchter Körperverletzung
dem Wahllokal die Durchführung und Nötigung angeklagt, weil er
einer unangemeldeten Versamm- einen Kameramann des WDR in
lung darstellt. Davor fand noch eine Dorstfeld attackiert hat. Es ge-
Veranstaltung mit einem Altnazi in schah, so lautet die Anklage, bei
dem Zentrum der Rechten statt. einer Solidaritätskundgebung für
eine Dorstfelder Familie. Nahe der
14.05.10 S-Bahnstation Dortmund-Dorstfeld
Naziangriff am Dortmunder Stadt- hatten sich einige Nazis zu einer
garten. Gegen 17.45h formierte sich Gegendemo formiert. Sekunden
dann ein herausfordernder Mob später eskaliert die Situation: Der
von rund 15-20 Nazis, der losstürm- aus Brandenburg stammende junge
te, um eine Gruppe alternativer Ju- Angeklagte soll dem Kameramann
gendlicher anzugreifen, die sich zu- mehrmals mit Wucht gegen die Lin-
vor in der Nähe der Nazis aufhielt. se geschlagen haben.
Dabei griffen die Nazis die Jugendli-
chen mit Flaschen an und traten auf
51
14.06.10 24.07.10
Nazis nahmen Bildungsstätten Einige wenige Neonazis veranstal-
ins Visier. Vor die Mensa wurden teten „in Gedenken“ an den 2008
Schnipsel, die zum Naziaufmarsch verstorbenen FAP-Aktivisten Fried-
Anfang September aufrufen, ge- helm Busse einen so genannten
worfen und Aufkleber verklebt. An Gedenkmarsch. Einen Tag zuvor
der Uni fand vom 11. – 14. Juni das gab es eine Vortragsveranstaltung
„festival contre le racisme“ statt. zu Busses neonazistischer Karriere.

23.06.10 29.07.10
Eine kleine Gruppe Neonazis glori- Im Seminarraum des AStA der TU
fizierte bei einer „Trauerveranstal- Dortmund fand ein Vortrag zur
tung“ einen erschossenen SA-Mann Dortmunder Neonaziszene und zum
in Dorstfeld. „nationalen Antikriegstag“ statt.
Eine kleine Gruppe von bekannten
08.07.10 Personen aus dem Spektrum der
Unter dem Motto „Gegen Steuer- „Autonomen Nationalisten“ wollte
geldverschwendung, Parteienfilz den Ablauf der Veranstaltung stö-
und Vetternwirtschaft“ versammel- ren. Sie versuchten Teilnehmerin-
ten sich circa 60 AnhängerInnen nen und Teilnehmer des Vortrags
der so genannten „Autonomen Na- durch Abfilmen und Drohgebärden
tionalistInnen“ aus Dortmund und einzuschüchtern. Diese Versuche
Umgebung. Die Stadt Dortmund wurden jedoch zügig durch die hin-
hatte einige Tage zuvor bekannt zu gerufene Polizei unterbunden.
gegeben, dass sie ein Haus an der In letzter Zeit sind wiederholt Pla-
Rheinischen Straße gekauft hat, kate und Aufkleber der Dortmunder
dessen Gewerbefläche im Erdge- Nazis am Campus aufgetaucht. Au-
schoss die Dortmunder Neonazis ßerdem wurden in der Nacht vom
seit ca. einem Jahr als ein „Natio- 27. auf den 28.7.2010 Scheiben des
nales Zentrum“ nutzen. AStA-Seminarraums, in dem die
Veranstaltung des Forums statt-
fand, mit Steinen eingeworfen.

52
31.07.10 03.09.10
Laut eigenen Angaben veranstal- Als musikalischer Auftakt zum „na-
teten Neonazis ein Seminar im tionalen Antikriegstag“ fand ein
„Nationalen Zentrum“ zum Thema RechtsRock-Konzert in bester Cityla-
„Computer- und Internetsicher- ge gegenüber des Hauptbahnhofs
heit“, an dem 26 Neonazis teilnah- statt. Es spielten die NSHC-Band
men. „Libertin“ und der Liedermacher
Jan-Peter Kersting. Zudem ist ein
09.08.10 einem späteren Bericht von einer
„Taxi Tom“, Initiator einer Aktion Band namens „Die bombastischen
im Westpark, die sich gegen den Drei“ die Rede. Insgesamt kamen
geplanten Aufmarsch am 4. Sep- rund 260 Neonazis zum Konzert.
tember richtet, wurde nachts mit Die Polizei hatte das Gelände weit-
einem Messer am Hals überfallen, räumig abgesperrt. Trotzdem gab
ausgeraubt und mit äußerst ein- es zahlreichen Protest. Mehrere Si-
deutigen Worten eingeschüchtert: renen, die am Kundgebungsort ver-
„Wenn Du diese Aktion nicht be- steckt wurden, heulten über eien
endest, machen wir Dich kalt!“. An Stunde lang laut auf.
dem Überfall waren zwei Neonazis
beteiligt. Der Vorfall ereignete sich 04.09.10
in Hörde. Kurz vor dem Aufmarsch verbot
die Polizei den Aufmarsch. Hinter-
23.08. – 02.09.10 grund war der Sprengstofffund bei
Im Vorfeld des Aufmarsches zum einem Mitglied der rechten Szene
„Nationalen Antikriegstages“ fan- aus Aachen, der auch Verbindun-
den wieder die von örtlichen Neo- gen nach Dortmund hatte. Die
nazis ausgerufenen „Aktionswo- Neonazis klagten erfolgreich gegen
chen statt“, in denen vermehrt den Verbotsbescheid. Doch wegen
Kundgebungen, Flugblattaktionen der kurzfristigen Entscheidung der
und kleinere Aufmärsche der Rech- Richter aus Karlsruhe ließ die Po-
ten in Dortmund stattfanden. Da- lizei anstelle einer Demonstration
von betroffene Stadtteile waren ne- nur eine Kundgebung in der Nähe
ben Dorstfeld und der Innenstadt des Hafens zu. Insgesamt kamen
u. a. Huckarde, Aplerbeck, Lütgend- etwas weniger als 1.000 Neona-
ortmund und das Kreuzviertel. zis nach Dortmund zum „nationa-
len Antikriegstag“. Aber nicht alle
schafften es zum zentralen Veran-
staltungsort. Rund 450 Neonazis
53
versammelten sich wie im letzten 29.09.10
Jahr auch, auf einem Parkplatz in Anlässlich der Haftentlassung des
der Dortmunder Nordstadt. Zuvor Mörders von Thomas Schulz, fand
versammelten sich rund 80-100 eine Demonstration zum „Natio-
von ihnen und zogen von Dorstfeld nalen Zentrum“ statt. Neonazis
zum Hafen. Weitere 500 Neonazis postierten sich im ersten Stock,
waren bei dem Versuch, unange- schwenkten Reichsflaggen und
meldet durch den Osten der Stadt filmten die TeilnehmerInnen der
zu ziehen, von der Polizei gestoppt Antifa-Demo.
worden und erhielten einen Platz-
verweis für Dortmund. Die mit 01.10.10
reichlich Verspätung begonnene Im „Nationalen Zentrum“ fand eine
Kundgebung schrumpfte im Verlauf Mobilisierungsveranstaltung für
beträchtlich. Während der langen den „Recht auf Zukunft“-Aufmarsch
Redebeiträge, die von den Darbie- in Leipzig statt.
tungen eines Nazi-Liedermachers
unterbrochen wurden, verließen 02.10.10
viele Rechte die Veranstaltung – am Rund 30 Neonazis versammelten
Ende waren nur noch 20-30 Nazis sich unter lautstarkem Protest zu
übrig. Diese wollten wohl um die einer Kundgebung am Dortmunder
Polizei zu ärgern, die angemelde- Nordmarkt. Das Motto der Veran-
te Dauer der Veranstaltung bis zu staltung lautete: „Todesstrafe für
letzten Minute auskosten und ver- Kinderschänder“.
ließen auch erst gegen 21 Uhr den
Platz. 06.10.10
Der Dortmunder Neonazi Markus
21.09.10 Nikolaus wird zu einer sechsmo-
Mehrere Neonazis hielten vor dem natigen Haftstrafe wegen Volksver-
Haus eines Sexualstraftäters in der hetzung verurteilt. Nikolaus hatte
Dortmunder Nordstadt eine Kund- zusammen mit einem weiteren
gebung ab und führten danach Neonazi am Rande einer antifa-
einen kleineren Aufzug durch die schistischen Demo im September
nördliche Innenstadt durch. letzten Jahres in Witten Opfer des
Nationalsozialismus verunglimpft.
Damals hatten die Zwei lautstark
gelacht und sich lustig gemacht,
als die VeranstalterInnen der Demo
Namen von ZwangsarbeiterInnen
54
vorlasen. Zum Verhängnis wurden 17.11.10
dem 27-Jährigen seine auffälligen Im „Nationalen Zentrum“ fand eine
Tätowierungen, an denen ihn eine Mobilisierungsveranstaltung für
Zeugin wiedererkannte. den „Trauermarsch“ in Remagen
statt.
11.10.10
Wolfram Nahrath, Rechtsanwalt 21.11.10
und ehemaliger Bundesführer der Die Holocaustleugnerin Ursula Ha-
verbotenen Wikingjugend, referier- verbeck referierte im „Nationalen
te im „Nationalen Zentrum“ über Zentrum“ über die „Zerstörung un-
„die Lage der Nation“. serer Sprache und Kultur“.

13.10.10 24.11.10
Neonazis aus Hamm und Ahlen mo- Die mehrstündigen Hausdurchsu-
bilisierten auf einer Veranstaltung chungen am Mittwochabend in
zu rechten Versammlungen in ihren Wohn- und Geschäftsräumen in
Heimatstädten. Die Vorträge fanden Dorstfeld und Lütgendortmund
im „Nationalen Zentrum“ statt. richteten sich offenbar gezielt ge-
gen den extrem rechten Internet-
09.11.10 versandhandel „resistore“ und den
Das Gedenken an die Reichspog- Betreiber, dem Dortmunder Füh-
romnacht der jüdischen Gemeinde rungskader, Dennis Giemsch. Grund
Dortmund wurde in Dorstfeld von für die Razzien soll eine indizierte
Neonazis durch zuvor platzierte CD mit volksverhetzenden und ras-
klingelnde Wecker und Zwischenru- sistischen Inhalten sein, die laut
fe gestört. Bereits im letzten Jahr Aussage der Staatsanwaltschaft
kam es zu ähnlichen Aktionen sei- über den Neonazi-Versand vertrie-
tens der Neonazis. ben wurde. Das Ermittlungsver-
fahren sei auf einen Hinweisgeber
14.11.10 aus Berlin zurückzuführen, der den
Rund 40 Neonazis gedachten am Beamten den entscheidenden Tipp
so genannten Volkstrauertag den gegeben haben soll. Die Beamten
„gefallenen Helden“ der deutschen haben zahlreiche Beweismittel –
Wehrmacht beim Kriegerdenkmal Rechner und Datenträger – sicher-
am Hauptfriedhof. gestellt, allein an der Rheinischen
Straße sollen es fünf Computer ge-
wesen sein. Einer der Rechner, die
ansonsten verschlüsselt sein sol-
55
len, konnte wohl nicht mehr aus- 04.12.10
gestellt werden, sodass die Polizei Rund 130 Neonazis aus dem Ruhr-
nun Zugriff auf die Daten haben gebiet und dem Rheinland zogen
könnte, befürchten die Neonazis. drei Stunden lang durch den Sü-
Auch eine spätere Meldung von den der Dortmunder Innenstadt
Giemsch konnte die Zweifel nicht bis vor das Polizeipräsidium. Die
aus dem wegräumen, sondern be- Polizei sah sich nicht in der Lage,
stärkte noch die Befürchtungen der die angemeldete Route über die
Szene. Saarlandstraße und Hohe Straße
durchzusetzen, da sich mehr als
03.12.10 200 Gegendemonstranten in die-
Nach einer erfolgreichen Störaktion sem Bereich aufhielten, und muss-
gegen einen pro NRW-Stand in der te die Demonstration der Neonazis
Innenstadt im Mai 2010, machten schließlich über die Ruhrallee und
sich rund 100 AntifaschistInnen auf zuletzt über Nebenstraßen zu ih-
den Weg nach Dorstfeld. Dort ange- rer Kundgebung am Polizeipräsi-
kommen stürmte der Neonazi Diet- dium leiten. Schon während der
rich Surmann auf die Demonstran- Versammlung kündigten die Nazis
tInnen zu und warf eine halbvolle daraufhin an, am 24. und 31. De-
Flasche in deren Richtung. Getrof- zember 2010 sowie am 1. Januar
fen wurde allerdings niemand, die 2011 Versammlungen durchzufüh-
Flasche zersplitterte auf der Straße. ren, um die Polizei unter Druck zu
Der 27-Jährige versuchte daraufhin setzen.
zu fliehen, konnte aber kurz dar-
auf von der Polizei gestellt werden 07.12.10
und musste sich wegen versuchter Neonazis versammelten sich zu ei-
gefährlicher Körperverletzung vor nem „Heldengedenken“, um einem
dem Amtsgericht Dortmund verant- erschossenen SA-Mann zu verherr-
worten. Nachdem sich der Neonazi lichen.
allerdings bereit erklärt hatte, 1500
Euro an die Landeskasse zu zahlen, 10.12.10
verzichtete der Richter auf eine Laut Neonazi-Berichten fand eine
förmliche Verurteilung. so genannte Jahresabschlussfeier
mit 100 TeilnehmerInnen aus Dort-
mund und Umgebung statt.

56
16.12.10 schlusskundgebung der Auftritt
Neonazis verteilten in der Innen- zweier RechtsRock-Bands geplant.
stadt Flugblätter. Doch diese sagten aus persönlichen
Gründen ab und auch ein „Balla-
18.12.10 denspieler“, den mal als Ersatz
Neonazis veranstalteten im „Na- suchte, ließ sich so kurzfristig of-
tionalen Zentrum“ eine Buchvor- fensichtlich nicht mehr auftreiben.
stellung. In dem Buch geht es um Auch das angekündigte Höhenfeu-
den verstorbenen Neonazi-Anwalt erwerk fiel ins Wasser. Stattdes-
Jürgen Rieger. sen gab es dann insgesamt sechs
Reden, bis sich die Versammlung,
24.12.10 die bis 18 Uhr angemeldet war, um
Bei Temperaturen um -3°C ver- kurz nach 15 Uhr auflöste.
sammelten sich ab 11 Uhr gerade
einmal zwölf Neonazis oberhalb
der Katharinentreppen gegenüber
des Hauptbahnhofs. Nachdem
über eine Dauer von zwei Stunden
vier Reden verlesen wurden (u. a.
von Hamburger Neonazi Christian
Worch), wurde die Kundgebung
gegen 13 Uhr sang- und klanglos
beendet.

31.12.10
Obwohl der Aufmarsch an Sylves-
ter wochenlang beworben wurde,
versammelten sich schließlich nur
rund 90 Neonazis zur „Sylvester-
demonstration“, die bereits am 04.
Dezember angemeldet wurde, und
vom S-Bahnhof Dortmund-Dorstfeld
in die Innenstadt führte. Vor etwas
mehr als einer Woche tönte Dennis
Giemsch noch auf dem Blog sei-
nes Versandhandels „Kommt zum
Silvesterkonzert nach Dortmund“,
denn eigentlich war auf der Ab-
57
Aufmarsch-Splitter 2010
30.04.10 02.09.10
Aufmarsch mit 80 Neonazis: „Ar- Kundgebung mit 40 Neonazis in
beitsplätze und gerechte Löhne Dorstfeld. Anschließende Demons-
für alle Deutschen!“ über den Wall tration „Gegen das Verbot des na-
Richtung Dorstfeld. tionalen Antikriegstag!“ durch die
Dortmunder Innenstadt mit ca.
05.05.10 100 Neonazis.
Mini-Kundgebung von pro NRW
oberhalb der Katharinentreppen 03.09.10
mit kaum einer Hand voll Anhänger. Kundgebung mit 260 Neonazis am
Dortmunder Hauptbahnhof, un-
08.07.10 termalt von einem Rechts-Rock
Kundgebung mit 60 Neonazis: „Ge- Konzert mit mehreren neonazisti-
gen Steuergeldverschwendung, Par- schen Bands.
teienfilz und Vetternwirtschaft“ am
Dortmunder Hauptbahnhof. 04.09.10
Kundgebung mit 450 Neonazis:
17.07.10 „Gegen Krieg und Kapitalismus!“
Kundgebung mit 100 Personen bei im Dortmunder Hafen sowie eine
einer pro NRW-Kundgebung unter Spontandemonstration von weite-
dem Motto: „Kein islamistisches ren rund 500 Neonazis durch den
Ghetto in Dortmund-Hörde!“ im Dortmunder Osten mit dem Ziel
Stadtteil Hörde. Hafen. Da kamen sie allerdings
dank der Einsatzkräfte der Polizei
25.08.10 nicht an.
Kundgebung mit 30 Neonazis in
Dortmund-Aplerbeck. 21.09.10
Aufmarsch mit 60 Neonazis: „To-
30.08.10 desstrafe für Kinderschänder!“
Kundgebung mit 50 Neonazis im durch die Dortmunder Nordstadt.
Dortmunder Stadtteil Kreuzviertel.
02.10.10
NPD-Kundgebung mit 30 Neonazis:
„Todesstrafe für Kinderschänder!“
am Dortmunder Nordmarkt.

58
04.12.10
Aufmarsch mit 120 Neonazis: „Mei-
nungsfreiheit darf nicht zur Mut-
probe werden - Volksverhetzungs-
paragraph abschaffen!“ durch die
südliche Innenstadt.

24.12.10
Kundgebung mit 12 Neonazis am
Hauptbahnhof.

31.12.10
Aufmarsch mit 90 Neonazis: „Ein
Jahr geht zu Ende – doch geändert
hat sich nichts: Gegen Sozialabbau
und Multikultur!“ von Dorstfeld in
die Innenstadt. „Nationalismus statt Globalisierung“: Erster Aufmarsch im Jahr
2010 mit 80 Neonazis Ende April am Hauptbahnhof

59
Fazit und Ausblick
Die “freie Kameradschaftsszene” in drücklich ihre Bemühungen bekun-
Dortmund war auch im vergange- det, die Aktivitäten der Neonazis in
nen Jahr wieder äußerst aktiv. Die diesen Räumlichkeiten stärker zu
“Autonomen NationalistInnen” des überwachen und langfristig auch
Nationalen Widerstands Dortmund nach Möglichkeiten zu suchen, die
werden auch in diesem Jahr nicht Rechten vor die Tür zu setzen. Des
von ihrem Konzept abweichen, Weiteren sind die Prozesse gegen
mit regelmäßigen Flugblattaktio- Dennis Giemsch und Alexander
nen und zahlreichen Kundgebun- Deptolla, die für den Februar die-
gen und Aufmärschen öffentlichen ses Jahres angekündigt wurden,
Raum für sich zu beanspruchen. mit Spannung zu erwarten. Die
Ebenso werden die Neonazis weiter beiden hatten am 01. Mai 2009 die
regelmäßig in kleineren und größe- rechte Spontandemonstration u. a.
ren Reisegruppen an bundesweiten mit Handzeichen koordiniert und
Aufmärschen (zum Beispiel in Mag- angeführt, wobei in deren Verlauf
deburg, Dresden und Bad Nenn- Teile der rund 400 Neonazis eine
dorf) teilnehmen. In Dortmund Demonstration des Deutschen Ge-
scheint das Konzept einer akti- werkschaftsbundes angegriffen hat-
onsorientierten Bewegung, die mit ten und später randalierend durch
niedrigschwelligen (Freizeit-)An- die Innenstadt gezogen waren, bis
geboten eine rechte Ergebniswelt die Einsatzkräfte der Polizei diese
schafft und viel Action verspricht, festsetzen konnten. Ferner dürfte
gut aufzugehen. Neben zahlreichen die Entwicklung des “nationalen
öffentlichen Versammlungen und Antikriegstages” von großer Be-
internen Schulungsveranstaltungen deutung sein. Ob sich die Neonazis
runden RechtsRock-Konzerte und wieder nur auf das Bundesverfas-
nächtliche Aktionen den erlebnis- sungsgericht verlassen, das ihnen
orientierten Ansatz des NWDO ab. im Falle eines Verbots im letzten
Wie sich auch schon in 2010 zeig- Moment wieder den Weg freiräumt,
te, wird dadurch eine Attraktivität oder ob sie sich schon im Vorfeld
geschaffen, die auch in diesem Alternativkonzepte überlegen, die
Jahr wieder einige Neonazis dazu ihnen auch kurzfristig ein Agieren
veranlassen wird, ihren Wohnsitz ermöglichen, sind essentielle Fra-
nach Dortmund zu verlegen. Die gen, die künftig über Erfolg oder
Entwicklung hinsichtlich des “Nati- Niedergang des Großaufmarsches
onalen Zentrums”, das nun in städ- zumindest in dieser Form entschei-
tischer Hand ist, dürfte interessant den werden. Fakt ist, Großaufmär-
werden, hat die Stadt doch nach- sche gestalten sich für die Neona-
60
zis immer schwieriger, auch wenn Die parlamentarische Rechte in
das weniger an AntifaschistInnen, Dortmund ist recht unterschied-
als an dem restriktiven Vorgehen lich zu bewerten. Die Dortmunder
der Polizei liegt. Die Dortmunder Republikaner werden weiterhin
Neonazis müssen sich also einen politisch bedeutungslos bleiben.
Strategiewechsel überlegen, wollen Voraussichtlich wird es Anfang des
sie den anreisenden “KameradIn- Jahres zu der Gründung des Kreis-
nen” ihren “nationalen Antikriegs- verbandes von pro NRW in Dort-
tag” auch in Zukunft schmackhaft mund kommen. Auf handlungsfähi-
machen und dem Event eine Pers- ge Strukturen wird der zukünftige
pektive ermöglichen. Kreisverband allerdings nicht bau-
en können, auch wenn von Seiten
Die Skinhead Front Dortmund- der RechtspopulistInnen regelmä-
Dorstfeld wird nicht zuletzt auch ßig das Gegenteil behauptet wird.
durch ihren dokumentierten An- Trotzdem ist es möglich, dass es im
griff auf die Kneipe Hirsch Q im Rahmen einer größeren Kampagne
Dezember 2010 verstärkt im Fokus des Landesverbandes wieder zu
der Öffentlichkeit stehen. Vor allem öffentlichen Versammlungen der
die aktive Beteiligung des Mörders Partei kommt, die sich zum einen
Sven Kahlin an dem Überfall ist da- wieder am pro NRW-Lieblingsthema
bei von besonderer Bedeutung, zu- “Islamisierung” abarbeiten und
mal bei dessen Verhaftung auch ein zum anderen vor allem von aus-
Messer gefunden wurde. Es ist an- wärtigen RechtspopulistInnen ge-
zunehmen, dass die Neonazi-Skins tragen werden dürften. Interessant
ihre Teilnahme an regionalen und ist bei dem zukünftigen Dortmun-
bundesweiten Aufmärschen inten- der Kreisverband vor allem das
sivieren werden, nicht zuletzt auch Verhältnis des Vorsitzenden in spe,
deshalb, weil sie sich durch die André Picker, zur militanten Dort-
Berichterstattung über ihre “Kame- munder Neonaziszene, als dessen
radschaft” bestärkt fühlen dürften. Rechtsvertreter er regelmäßig in
Die Nationale Front Eving ist aufge- Erscheinung tritt. Seine unverhoh-
löst. Es ist nicht zu erwarten, dass lene Sympathie für die “freie Ka-
sich in Zukunft noch mehr ehema- meradschaftsszene” ist öffentlich
lige Mitglieder und Sympathisan- bekannt und bei pro NRW soweit
tInnen der Gruppe dem Umfeld des toleriert, doch eigentlich läuft die
NWDO anschließen werden, als das juristische Unterstützung für mili-
ohnehin schon der Fall ist. tante Neonazis dem ansonsten (zu-
mindest öffentlich inszenierten) di-
61
stanzierten Verhältnis von pro NRW tellation bis Herbst 2014 bestehen
zu dieser Gruppierung zuwider. bleibt (und damit auch sein Sitz im
Rat). Mehrere Ratsmitglieder hatten
Obwohl ein Gericht am 27.01.2011 beim Verwaltungsgericht Gelsenkir-
die Fusion von NPD und DVU auf- chen gegen die Wiederholung der
grund der Initiative vierer DVU-Lan- Kommunalwahlen vom 30. August
desverbände (u. a. Nordrhein-West- 2009 Klage eingereicht. Zusätzlich
falen) vorerst untersagte, ist eine sieht Branghofer nun die Gefahr,
Verschmelzung auf lange Sicht ver- dass sein Name im Falle eines neu-
mutlich unumgänglich. Auf kom- erlichen Urnengangs gar nicht mehr
munalpolitischer Ebene hätte eine auf den Stimmzetteln stehen wird,
Fusion zunächst die Folge, dass die da seine Partei längst von der NPD
neue Partei NPD – Die Volksunion geschluckt worden sein könnte.
mit zwei Sitzen im Stadtrat vertre- Branghofer erklärte bereits öffent-
ten wäre. Damit hätte die extrem lich, in diesem Fall zur pro-Bewe-
rechte Partei allerdings immer noch gung überlaufen zu wollen. Am 01.
keinen Fraktionsstatus und die da- Februar 2011 traten er und sein
mit verbundenen finanziellen und Sohn Gerald (bisher für die DVU in
organisatorischen Vorzüge (etwa der Bezirksvertretung Huckarde)
Geld aus der Stadtkasse und ein folgerichtig in die Kleinstpartei pro
ständiges Büro im Rathaus). An- NRW ein.
sonsten ist zu erwarten, dass die
örtliche NPD, aufgrund ihrer Ver- Wie in der Einleitung schon er-
netzung mit den Kreisverbänden wähnt, möchten wir unser Dossier
Bochum und Essen zur “nationalen mit einigen generellen Einschät-
Ruhrachse”, verstärkt mit Infostän- zungen zur Situation in Dortmund
den und Kundgebungen auftreten abschließen. Die Feststellung, dass
wird. Die DVU hingegen wird auch Dortmund über eine große Neona-
mangels aktiver Mitglieder auch ziszene verfügt, die personell gut
weiterhin nicht den „Kampf um die aufgestellt ist und auf gefestigte
Straße” führen, sondern ihren Fo- Strukturen zurückgreifen kann, ist
kus auf die Verhinderung der Ver- zutreffend. Doch bleibt festzuhal-
schmelzung mit der NPD richten. ten, dass vieles davon, was über
Ferner ist für das Dortmunder DVU- die Dortmunder Neonaziszene be-
Stadtratsmitglied Max Branghofer hauptet und verbreitet wird, eine
der 02. März 2011 von Bedeutung. Image-Angelegenheit ist, die von
Dann entscheidet sich nämlich, ob verschiedenen AkteurInnen (je
das Stadtparlament in der Kons- nach Blickwinkel) entweder extrem
62
geschönt oder übertrieben und dra- Ein weiterer wichtiger Aspekt ist
matisiert wird. Damit ist gemeint, die Tatsache, dass nicht zuletzt
dass die Dortmunder Neonaziszene auch durch die konsequente anti-
vor allem von ihrem “guten” Ruf faschistische Dokumentation und
profitiert, wobei ein pragmatischer Berichterstattung über das de-
Blick auf die hiesigen Verhältnis- monstrative Revierverhalten und
se wesentlich ernüchternder ist. die zahlreichen rechten Aktivitäten
Dorstfeld ist sicherlich ein Stadtteil, ganz Dortmund und besonders die-
der von links-alternativen Men- ser Stadtteil immer wieder in den
schen eher gemieden wird, weil Lokalmedien erscheinen und auch
Neonazis durch ihre bloße Präsenz, bundesweit in die Schlagzeilen ge-
ihr Auftreten und ihre gewalttäti- raten. Erst dadurch ist die extreme
gen Übergriffe – zumindest zu be- Rechte in Dortmund und der so
stimmten Zeiten – versuchen, für stilisierte besonders “braune Stadt-
Menschen, die als Linke und Antifa- teil” vielen so bekannt. Dies führt
schistInnen zu erkennen sind, eine schließlich zu einer Art Zerrbild der
Zugangs- und Aufenthaltskontrolle öffentlichen Wahrnehmung. Derar-
zu praktizieren und eine exklusive tige Berichterstattung forciert und
Nutzung und Raumnahme für sich zementiert unserer Einschätzung
selber durchzusetzen. Der Stadtteil nach den Mythos einer besonders
ist damit aus der Perspektive der starken und gut organisierten Neo-
Betroffenen zu einer “Angstzone” naziszene, die auf gar keinen an-
geworden, also zu einem Gebiet, tifaschistischen Widerstand trifft,
das von bestimmten Gruppen nur läuft der gesellschaftlichen Reali-
ungern betreten wird. Dieser Ver- tät in Dortmund aber zuwider und
such einer ideologisch begründeten schießt damit über das Ziel hinaus.
territorialen Raumnahme durch die Wir plädieren deswegen für eine
Neonazis gelingt allerdings nur zum sachliche Debatte und einen unvor-
Teil, denn Dorstfeld ist – entgegen eingenommenen Blick auf die hie-
der weiterverbreiteten Meinung sigen Verhältnisse und hoffen mit
– längst keine “national befreite dieser und den folgenden Publikati-
Zone” bzw. “no-go-area”, in denen onen dazu einen Beitrag leisten zu
das staatliche Gewaltmonopol au- können.
ßer Kraft gesetzt ist und die extrem
rechten AkteurInnen das öffentli-
che Leben bestimmen.

63
Dortmunder Zustände
Strukturen, AkteurInnen und Entwicklungen der extremen Rechten im Jahr 2010

Mit diesem erstmalig vorliegenden Dossier möchten wir Euch einen Überblick über die ext-
reme Rechte in Dortmund im Jahre 2010 geben. Das Heft richtet sich an alle, die sich für die
Aktivitäten und Entwicklungen der organisierten Neonaziszene in Dortmund interessieren –
ob aus beruflichen, wissenschaftlichen, bildungspolitischen oder anderen Gründen.

Antifaschistische Union Dortmund


www.antifaunion.blogsport.de

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