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Band 46
Herausgegeben von der Kulturabteilung der Stadt Wien
Redaktion Hubert Christian Ehalt
DIE NEUZEITLICHEN
WISSENSCHAFTEN UND DIE
Vortrag im Wiener Rathaus PHÄNOMENOLOGIE
am 25. Mai 1995
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Ob Husserl in der Wahl des Titels »transzendental«, also nur die Möglichkeit, in der Art einer Husserl-
der ihn von aller Empirie abkoppelte, gut beraten schen Epoché von Zurechnungsfragen abzusehen.
war, können wir dahingestellt sein lassen. Es interes- Aber was bleibt dann zurück?
siert vornehmlich, wie seine Analyse die Operationen Vielleicht könnte man sagen: Intention ist nichts
des Bewußtseins und, um es nochmals zu sagen: je- weiter als das Setzen einer Differenz, das Treffen ei-
den Bewußtseins vorstellt. Was nicht unter diese Be- ner Unterscheidung, mit der das Bewußtsein sich
schreibung fällt, wäre demnach kein Bewußtsein, zu- selbst motiviert, etwas Bestimmtes (und nichts ande-
mindest nicht unter dem Vorzeichen der Transzen- res) zu bezeichnen, zu denken, zu wollen. Das würde
dentalität, das den Universalitätsanspruch der Theorie zu einer mathematischen Theorie passen, die George
repräsentiert, also den Anspruch, für jedes Bewußt- Spencer Brown als Indikationenkalkül oder als Theo-
sein zu gelten. rie operativ produzierter Formen ausgearbeitet hat. 16
Die Form, in der das Bewußtsein seine Operationen Das erste und unausweichliche Gebot des Bewußt-
vollzieht, wird von Husserl (im Anschluß an Brenta- seins wäre danach: draw a distinction, und dies in be-
no) als Intention bezeichnet. Das setzt nach heutiger wußter Form: als Eigenleistung der Selbstreprodukti-
Vorstellung eine Kausalattribution, eine Zurechnung on des Bewußtseins.
auf eine Absicht voraus. Wollte man dies mitberück- Auch Husserls Weltbegriff würde damit harmonie-
sichtigen, würde sich jedoch die Eindeutigkeit des ren. »Welt« ist nach Husserl ein Endloshorizont im-
Begriffs auflösen; denn es käme dann darauf an, wer i mer weiterer Möglichkeiten, in dem aber alles, was
zurechnet und im weiteren: welche psychischen und überhaupt intendiert wird, Bestimmtheit annehmen
I
welche sozialen Systeme (zum Beispiel Gerichte). I muß. »Die Unbestimmtheit (des Horizontes, N.L.)
Für Husserl, der das Bewußtseinsleben aus sich selbst bedeutet ja notwendig Bestimmbarkeit eines fest vor-
heraus und als allgemeine Form erklären will, muß geschriebenen Stils«, heißt es in Husserls »Ideen.«
dies jedoch außer Acht bleiben. Man könnte daran Bei George Spencer Brown würde die gleiche Aussa-
denken, ausschließlich Selbstzurechnung in Betracht ge lauten, daß jede Unterscheidung das Kreuzen einer
zu ziehen. Aber auch dies würde nicht in den Theo- [ (durch sie selbst gesetzten) Grenze zwischen unmar-
rierahmen Husserls passen; denn Selbst- und Fremd- ked space und marked space erfordert.
zurechnungen variieren, wie eine umfangreiche psy- Im Anschluß daran könnte man fragen: wie ermög-
chologische Forschung zeigt, mit anderen Personen- "I licht diese intendierende Füllung unbestimmbarer
merkmalen, also von Person zu Person. Es bleibt uns Horizonte sich selbst? Oder noch schärfer: Wie kom-
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pensiert sie das Risiko, das darin liegen muß, daß hat demnach keinen Sinn, mehr zu verlangen oder
man Unbestimmtheiten als Bestimmbarkeiten behan- Wissen in anderer Form zu verlangen, jedenfalls
delt und im seriellen Vollzug von intendierten Be- nicht vom Bewußtsein. Das wird in sehr detaillierten
stimmungen eine Geschichte erzeugt, die man dann Analysen ausgeführt - zum Beispiel in den Analysen
selber ist? I von Wahrnehmung mit Hilfe des Begriffs der »Ab-
Dies Problem taucht bei Husserl nicht auf, weil es schattung« in § 41 der Ideen.18 Abschattung ist eine
als immer schon gelöst behandelt wird, und zwar als Leistung des Bewußtseins, die es erbringt, um Phä-
gelöst durch die Doppelstruktur von Noesis und Noe- nomene als Dinge identifizieren zu können: »Jede
ma. Die Unterscheidung wird eingeführt als Befund Bestimmtheit hat ihr Abschattungssystem«.l9 Die
der Selbstreflexion, unabhängig von allen empiri- kontinuierliche Erscheinungs- und Abschattungsman-
schen Nachweisen - sozusagen per transzendentaler nigfaltigkeit sei erforderlich, um das zu konstituieren,
Evidenz. Jeder kann sie in sich selbst vorfinden - und was in ihr identisch bleibt. Aber das Erlebnis selber
niemand hat dem bisher widersprochen. Eben deshalb schaltet sich nicht ab. »Die Abschattung, obschon
ist das Phänomene-erscheinen-Lassen eine unabding- gleich benannt, ist prinzipiell nicht von derselben
bare Komponente des Bewußtseins. Die Theorie, die Gattung wie Abgeschattetes. Abschattung ist Erleb-
das beschreibt und sich dabei auf ihre eigenen Evi- nis. Erlebnis ist aber nur als Erlebnis möglich und
denzen stützt, heißt dann »Transzendentale Phänome- nicht als Räumliches.«2o Auf die Frage, wie denn Er-
nologie«. Sie macht sich unabhängig von kosmologi- lebnis als Erlebnis möglich sei, hätte Husserl vermut-
schen Vorgaben, unabhängig auch von der ontologi- lich mit Hinweis auf die transzendentale Faktizität
schen Unterscheidung von Sein und Schein. Phäno- und Selbstzugänglichkeit des Erlebens geantwortet.
menologie ist jetzt nicht mehr eine Lehre von der Von hier aus (und ohne Widerspruch dazu) ist es kein
Welt, wie sie erscheint, nicht mehr eine vorläufige weiter Schritt zu einer systemtheoretischen Reformu-
Wissenschaft, der die Aufgabe noch bevorsteht, den lierung. Sie würde lauten: Erleben ist dadurch mög-
Schein zu durchstoßen, um eine Erkenntnis des wirk- lich, daß eine rekursive Erzeugung und Reproduktion
lichen Seins zu erreichen. Sondern Phänomene, das dieser Innen/Außen-Differenz gelingt.
sind die Sachen selbst, »Realien«, die zum Operieren Es ist, anders gesagt, die Differenz von Noesis und
des Bewußtseins gehören so wie auf der anderen Sei- Noema, von Vorstellen und Vorgestelltem, die die Be-
te das Bewußtsein des Bewußtseins, also das Be- schreibbarkeit der Welt gewährleistet und bestimmba-
wußtsein, daß das Bewußtsein bewußt operiert. Es re »Gegenstände« konstituiert. 21 Es hat deshalb auch
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keinen Sinn, und hier sind wir bei Husserls Einwand zwischen Fremdreferenz und Selbstreferenz und ver-
gegen die neuzeitlichen Wissenschaften, die subjektiv hindert auf diese Weise, daß das Bewußtsein jemals
sinnstiftenden Leistungen des Bewußtseins durch me- sich in der Welt verliert oder in sich selbst zur Ruhe
thodische Vorkehrungen zu neutralisieren. Denn mit kommt.
ihnen würde auch die Objektwelt verschwinden. Daß Damit ist schon angedeutet, daß Zeit eine Rolle
das vergessen wurde, war nach Husserl der Irrweg der spielt; und dies nicht einfach nur so, sondern aus
galileüsch-cartesischen Wissenschaftsidee. Gründen, die theoretisch rekonstruiert werden, also
Es ist nur eine leichte, im Ergebnis dann aber fol- verstanden werden können. Husserl selbst hat um-
genreiche Reformulierung, wenn man die Unterschei- fangreiche, introspektiv gewonnene Analysen des
dung von Noesis und Noema durch die Unterschei- »inneren Zeitbewußtseins« vorgelegt.22 Dabei ist das
dung von Selbstreferenz und Fremdreferenz ersetzt. Entscheidende als Befund der Introspektion voraus-
Das ist, wie mir scheint, ohne Sinnverlust möglich gesetzt: daß dem Bewußtsein die eigene Zeitlichkeit
und bringt deutlicher heraus, daß die beiden Referen- stets nur im Moment des aktuellen Operierens (Hus-
zen einander bedingen. Das Bewußtsein kann sich serl: des Bewußtseinslebens) zugänglich ist - weder
nicht selbst bezeichnen, wenn es sich nicht von etwas vorher noch nachher. Das Bewußtsein existiert selbst-
anderem unterscheiden kann; und ebensowenig kann zugänglich nur in den eigenen Operationen; und von
es für das Bewußtsein Phänomene geben, wenn es da her kann Zeit nur in der Form momenthaft-aktuel-
nicht in der Lage wäre, fremdreferentielle Bezeich- ler Retention bzw. Protention gegeben sein. Alles
nungen von der Selbstbezeichnung zu unterscheiden. weitere ist horizontförmige Rekonstruktion von nicht
Die sich durch Intentionen steuernde Operationswei- mehr aktueller Vergangenheit und noch nicht aktuel-
se des Bewußtseins ist nur auf Grund dieser Unter- ler Zukunft, womit eine Gegenwart entsteht, die als
scheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft
möglich. Die Unterscheidung hält es für das Bewußt- eingesetzt wird und es erlaubt, Differenzen und Über-
sein offen, ob im weiteren Verlauf des Operierens einstimmungen (Diskontinuitäten und Kontinuitäten)
Probleme mit den Phänomenen oder Probleme mit in einer »objektiv« erscheinenden Welt - wiederum:
dem Bewußtsein selbst auftauchen. Was kann man zu unterscheiden. 23
mit diesem Ding anfangen, könnte man fragen. Oder: Wenn das im Bewußtsein so vorgefunden wird,
habe ich mich geirrt? Und formaler ausgedrückt: Das kann man aber immer noch fragen: Warum ist das so?
intentionale Operieren ist ein ständiges Oszillieren Und wie hängt diese eigentümliche Temporalität des
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Bewußtseins mit den anderen Bewußtseinsmerk- als das zu Messende, Bewegung vorausgesetzt. Das
malen zusammen? Und vor allem: Weshalb verdeckt genügte einstweilen, um den Beobachter in Distanz
sich das Bewußtsein seine eigene, radikal innerliche, zur Zeit zu bringen, als einen Beobachter, der die Zeit
»subjektive« Zeit durch die Annahme einer objekti- richtig oder falsch abliest, mißt, berechnet. Auf dieser
ven, einer chronologischen Zeit, in der es sich als Grundlage ist jedoch, da Zeitmessung selbst schon
sich-bewegend, als Bewußtseinsstrom rekonstruieren Technik ist (denn sie muß exakte Wiederholbarkeit
muß, so daß es erst einer phänomenologischen Ana- garantieren) die von Husserl intendierte Technik-Kri-
lysetechnik bedarf, um die Wahrheit (wenn es denn tik nicht mit letzter Radikalität durchführbar. Wenn
das ist) herauszubekommen? man dagegen davon absieht, die Unterscheidung der
So zu fragen, so nach Erklärung zu fragen, über- Zeit in der Zeit als Messung oder als Zahl zu begrei-
schreitet die deskriptiven Befunde einer introspektiv fen: welche Gründe gäbe es dann, an einem ontologi-
vorgehenden Phänomenologie. Wir kehren aber auch I
schen bzw. phänomenologischen Substratbegriff der
nicht zu den Prämissen einer ontologischen Metaphy- I
Bewegung, des Fließens, des Strömens festzuhalten ?
sik zurück, die nur fragen konnte, ob die Zeit über- Es fällt sicher schwer, darauf zu verzichten und
haupt »ist« und nicht vielmehr »nicht ist«.24 Wir ge- gleichsam augustinisch zu argumentieren: wir wissen
raten auf ein merkwürdig ungesichertes Gelände, auf I nicht, was Zeit ist. Immerhin gibt es zwei wichtige
I
dem selbst Heidegger nur Holzwege ausmachen Anhaltspunkte. Einerseits impliziert die Operations-
konnte. weise des Intendierens immer schon Zeit, jedenfalls
Stellt man zunächst einmal die abstrakte Frage: wer im Sinne eines Transzendierens der im Moment ak-
unterscheidet überhaupt Zeit?, und wer unterscheidet tualisierten Befindlichkeit. Vor allem aber kann ein
die Zeit in der Zeit nach dem Schema vorher (Reten- laufendes Oszillieren zwischen Fremdreferenz (phä-
tion) und nachher (Protention)?, dann sieht man, daß nomenen) und Selbstreferenz (Bewußtsein) nur ein-
Husserl hier noch der Metapher des Flusses oder der gerichtet werden, wenn Zeit für das Umdirigieren der
Bewegung und damit einer langen europäischen Tra- Schwerpunktsetzungen zur Verfügung steht und wenn
dition verhaftet bleibt. Diese hatte seit Aristoteles man bei jeder Faszination durch Phänomene schon
und dann wieder seit der Einführung der mechani- weiß, daß man im nächsten Moment gerade dies leid
schen Uhren im 14. Jahrhundert die Frage der Unter- sein wird und sich fragen wird: Warum interessiert
scheidung als Frage der Zahl, des Maßes, der Chro- mich das überhaupt? Läßt man Zeit außer Acht oder
nologie behandelt und als Substrat der Chronologie, verläßt man sich auf eine ontologisch orientierte Lo-
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gik, die Zeit nicht einbeziehen kann, bekommt man tungen, die als Operationen nur nacheinander vollzo-
es, wie Techniker der formalen Kalkulationen wissen, gen werden können.
mit Paradoxien zu tun. Man muß dann entweder »gö- Diese stark abstrahierte Reformulierung des Hus-
delisieren«, also die durch die Prämissen des Kalküls serlschen Theorieentwurfs ließe sich deshalb vor al-
gezogenen Grenzen transzendieren, oder »temporali- lem für Theorievergleiche einsetzen. So fällt um nur
sieren«, also dem kalkulierenden System Zeit geben. dies zu nennen, die Isomorphie mit Strukturen auf,
Es geht dann nicht mehr um wahr/falsch sondern um die die kybernetische Systemtheorie seit ihren Anfän-
flip/flop.25 gen bestimmt haben. Die Kybernetik übt zwar keine
Husserl hatte wohl gemeint, die Einheit seiner Urteilsenthaltung im Sinne von Husserls »Epoché«.
Transzendentalen Phänomenologie durch die Einheit Aber auch sie traut der Welt nicht und interessiert
ihres Objekts »Subjekt« garantieren zu können. Wrr sich deshalb für Kontrolle. Auch jene merkwürdige
können jetzt bereits ahnen, daß man darauf verzich- Bistabilität von selbstreferentiellen und fremdreferen-
ten kann. Der aufgedeckte Zusammenhang von Ope- tiellen Anschlußmöglichkeiten wird vorausgesetzt. In
ration, Bistabilität (SelbstreferenzlFremdreferenz), der Kybernetik ist Selbstreferenz durch die bekannte
Zeit und Oszillation trägt sich selbst - und ist deshalb I (zumeist kausale interpretierte) feedback-Schleife
möglicherweise auch an ganz anderen Objekten vertreten. Fremdreferenz findet man als zielgerichte-
nachzuweisen. 26 Die gesuchte Einheit könnte dem- tes Verhalten wieder. Die Operationsweise selbst be-
nach die Oszillation selbst sein, nämlich die Notwen- steht in der Transmission von Signalen, also ebenfalls
digkeit, bei der Besetzung der einen Seite einer Form in einer Sequenz, die Zeit braucht und mit immer
(also Fremdreferenz und nicht Selbstreferenz, Objekt neuen Informationen fortgesetzt werden muß, wenn
und nicht Subjekt, Beobachtetes und nicht Beobach- das System nicht aufhören soll zu operieren; und
tendes oder umgekehrt) die andere Seite für Wieder- Operieren heißt Existieren. Erst im Formenkalkül von
besetzung freizugeben. Das würde unter anderem George Spencer Brown kommt jedoch Zeit in einem
voraussetzen, daß das System über ein Gedächtnis ganz anderen Sinne ins Spiel. Im Übergang zu Glei-
verfügt, das das Freigegebene als wiederbesetzbar chungen zweiter Ordnung, zu rekursiven Funktionen,
festhält und dadurch die Illusion zeitbeständiger Ob- zu einem re-entry der Formen in sich selber ergibt
jekte (oder Phänomene) erzeugt. Das Gedächtnis ob- sich die Notwendigkeit, das operierende System mit
jektiviert, es kontrahiert, es errechnet die Beziehung zwei zusätzlichen Funktionen auszustatten: mit Ge-
Identität zwischen den Bezeichnungen von Beobach- dächtnis und mit der Fähigkeit, innerhalb der benutz-
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ten Unterscheidungen zu oszillieren. Diese Funktio- ferenz operieren und nur über Fremdreferenz (also
nen lassen sich aber nur trennen, wenn man sie (ohne nur »phänomenologisch«) eine Vorstellung von Um-
über einen dimensionalen Zeitbegriff zu verfügen!) welt errechnen können. Operativ bleibt die Umwelt
nach Maßgabe von Vergangenheit (Gedächtnis) und unzugänglich, da das System nicht in seiner Umwelt
Zukunft (Oszilliermöglichkeit) auseinanderzieht. Es operieren kann. Andererseits können die Systeme
sieht danach so aus, als ob die Unterscheidung der selbst nicht unterscheiden zwischen der Umwelt, wie
Zeit in der Zeit weder eine Messung ist, noch ein pro- sie wirklich ist, und der Umwelt, wie sie sie bezeich-
zessuales Substrat voraussetzt, woW aber notwendig nen. »We can never be quite dear whether we are re-
ist, um Systeme mit der Möglichkeit auszustatten, ferring to the world as it is or to the world as we see
sinnhaft-selbstreferentiell zu operieren. Wir können Diese Schwierigkeit wird durch einen ambiva-
dem hier nicht weiter nachgehen, halten aber fest, lenten Gebrauch der Vorstellung von »Realität« ver-
daß es offenbar zu einer Mehrfach-Entdeckung der- deckt. Irgendwie, meint man nicht ohne Grund, müs-
selben Theorieform in geisteswissenschaftlichen, in se die »Realität« doch kognitiv zugänglich sein.
technischen und in mathematischen Forschungsberei- Denn anderenfalls würde die Unterscheidung von
chen gekommen ist. I Selbstreferenz und Fremdreferenz selbst kollabieren.
J.
Fremdreferenz (phänomenbewußtsein) wäre letztlich
r
auch nur Selbstreferenz, eben Bewußtsein. Diese
V Überlegung dürfte Konsequenzen haben für das, was
man unter Rationalität verstehen kann und damit
Wenn wir die Unterscheidung BewußtseinIPhänomen Konsequenzen für das, was Husserl als selbstkritische
in die Unterscheidung SelbstreferenzlFremdreferenz abendländische Vernunft »projektiert« hatte. 28
übersetzen, scheint das ohne Sinnverlust möglich zu Will man die Realitätsillusion autheben, endet man
sein. Es eröffnet aber zugleich den Zugang zu neue- bei der Erkenntnistheorie des Radikalen Konstrukti-
ren Bemühungen um eine empirische Epistemologie, vismus. Die Umwelt ist operativ und damit auch für
um eine an empirischen Systemen orientierte cogni- Erkenntnis scWechterdings unzugänglich; und gerade
tive science. darauf beruht die Fähigkeit der Kognition, sie mit
Wenn es überhaupt kognitionsfähige Systeme gibt, Hilfe selbstgewäWter Unterscheidungen (für die es
stößt man auf das Problem, daß diese Systeme mit keinerlei Umweltkorrelat gibt) zu beobachten und
der Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdre- sich, wie man sagt, ein Bild von ihr zu machen. Da
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jedoch der Radikale Konstruktivismus als sich selbst zendem Umfang wurden damit Selbstberichtigungs-
markierende Theorie die Unterscheidung von Fremd- instrumente durch Selbstbezichtigungsinstrumente er-
referenz- und Selbstreferenz in Selbstreferenz auflöst, gänzt; und dies nicht iinr mit Bezug auf die psychi-
gibt das allein keinen Hinweis auf erreichbare Sy- sche, sondern auch UIid erst recht mit Bezug auf die
stemrationalität. Dennoch mag es sinnvoll sein, mit soziale Strukturierung von Kognition. Damit wird der
dieser Grenzvorstellung einer Paradoxie und mit Projektionsverdacht universalisiert - so zum Beispiel
ihrem Korrelat einer Realitätsillusion zu arbeiten, und im »strong programme« der Wissenschaftsforscher in
zwar gerade dann, wenn es um die Frage eines für Edinburgh30 - und macht sich schließlich in der Fir-
heutige Verhältnisse adäquaten Begriffs von Rationa- ma »Radikaler Konstruktivismus« selbständig. Ande-
lität geht. rerseits kann man sich nicht darauf verständigen, daß
In der Tradition der logisch-ontologischen Meta- die Realität als Welt, wie sie ist, damit jede Bedeu-
physik, die Husserl durch eine Epoche genannte Ope- tung verliert, denn das würde dem Radikalen Kon-
ration ausschalten will, hatte man bereits Selbstkor- struktivismus dasjenige Ende bereiten, daß schon der
rekturen der Erkenntnis vorgesehen. Die Logik kann- antiken Skepsis vorhergesagt war: in einen Wider-
te zwei Werte, sie konnte also wahre und unwahre spruch zu sich selbst zu geraten und nur noch als fol-
Aussagen markieren. Alle Erkenntnis war damit einer genloses Paradox auftreten zu können.
Überprüfung auf Irrtum hin unterworfen (soweit die Jetzt scheinen die beiden Komponenten der Hus-
Religion das erlaubte). Im 19. Jahrhundert war dies serl-Projektion, die Epoche und die selbstkritische
durch eine neue Art von Sophistik erweitert worden, Vernunft, in eine neuartige empirische Problemlage
durch eine Theorie der latenten, unbewußten Projek- überzugehen. Wie kann man, wäre zu fragen, die
tion, die Interessen, verdrängte Bedürfnisse oder ein- Realitätsillusion retten, wenn man doch weiß, daß al-
fach Inkonsistenzen im Aufbau des Erkenntnisappa- les, was als Kognition errechnet wird, intern produ-
rates nach außen projektiert. Im 20. Jahrhundert ka- ziert wird und damit abhängig ist von den Strukturen,
men Analysen der sprachabhängigen Realitätssicht die die Identifikation und Unterscheidungen des Sy-
hinzu. Marx, Freud, Whorf, Sapir wären die Namen, stems und ihren rekursiven Gebrauch sichern?
an die man hier zu denken hätte. In der Zeit nach dem Wenn man den Erfahrungen der Therapeuten trauen
Zweiten Weltkrieg nahm dann die Tendenz zu, von darf, liegt die Funktion der Realitätsillusion darin,
solchen Theorien Reflexivität, das heißt Anwendung den Übergang von einer Konstruktion in eine andere
auf sich selbst zu verlangen. 29 In schwer abzugren- zu ermöglichen. Soweit noch mit dem Therapie-
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schema pathologisch/normal gearbeitet wird, heißt litätsunterstellungen aber nur, um eine Mehrheit von
dies, daß »Normalität« nicht als bessere Anpassung inkommensurablen Konstruktionen akzeptieren und
an eine externe Realität defIniert werden kann, wohl bei Bedarf von einer zt; einer anderen übergehen zu
aber als eine weniger schmerzhafte, besser erträgliche können.
Konstruktion. Aber auch wenn es nicht um Therapie Genau das kann der Radikale Konstruktivismus ak-
geht, bietet die Realitätsillusion die Möglichkeit, von zeptieren. Denn Realität ist dann nichts weiter als das
einer Konstruktion in eine andere überzugehen. Die Korrelat der Paradoxie der selbstreferentiellen Ein-
modeme Gesellschaft ist ein polyzentrisches, poly- heit von Selbstreferenz und Fremdreferenz (oder: von
kontexturales System. Sie verwendet ganz verschie- Subjekt und Objekt, oder: von Bewußtsein und Phä-
dene Codes, ganz verschiedene »frames«, ganz ver- I
I nomen). Und damit ist zugleich gesagt, daß man bei
schiedene Leitunterscheidungen je nach dem, ob sie Realität an sich nicht verweilen kann. Sie ist wie ein
die Welt und sich selbst vom Standpunkt einer Reli- Paradox auf »Entfaltung« angewiesen. Sie ist nur ein
gion oder vom Standpunkt der Wissenschaft, vom Hilfsmittel, um von einer Konstruktion zu einer ande-
Standpunkt des Rechts oder vom Standpunkt der Po- ren zu kommen. Die als Paradox gegebene Realität
litik, vom Standpunkt der Erziehung oder vom Stand- ist demnach das einzige Wissen, das unbedingt gege-
punkt der Wirtschaft aus beschreibt. Es muß also, mit ben ist, das im System nicht konditioniert werden
Begriffen von Gotthard Günther formuliert, trans- kann - und deshalb unfruchtbar bleibt.
junktionale Operationen geben, die es ermöglichen, Man kann jetzt besser einsehen, welche Perspekti-
von einer Kontextur (einer positiv/negativ-Unter- ven Husserl eröffnet und zugleich verstellt hatte.
scheidung) in eine andere überzuwechseln und je- Selbstkritisch ist die Vernunft nicht auf Grund ihres
weils zu markieren, welche Unterscheidung man für europäischen Erbes, sondern nur wenn und nur inso-
bestimmte Operationen akzeptiert bzw. rejiziert.3 1 fern, als sie ihren eigenen Realitätsglauben auswech-
Würde man dabei an einer zweiwertigen Logik und seln kann, also nicht an sich selber zu glauben be-
an einer Methodologie der Irrtumsprüfung festhalten, ginnt. Die Bewährungsproben liegen in der Therapie,
würde das die Unterscheidung einer kognitionsfesten die weniger schmerzhafte Lösungen zu erreichen ver-
Realität ruinieren. Man würde mit Heisenberg nur sucht und selbst ein Desengagement in Sachen Rea-
feststellen können, daß die Realität an sich als ein lität pflegt. Und sie liegen in Ansprüchen an Kommu-
von Erkenntnis völlig isolierter Gegenstand keine be- nikation, in Ansprüchen an eine subtilere Sprache
schreibbaren Eigenschaften hat. Man braucht Rea- (um einen Buchtitel zu zitieren32), die auch unter po-
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r
I
Energiebegriff können wir durch den heute modi- jetzt drängenden Probleme eben dadurch bedingt
schen Begriff der Autopoiesis ersetzen; denn auch sind, daß· man auf die Einheitsleistungen verzichtet,
hier gilt, frei nach Maturana, daß die Autopoiesis er- die die Figur des tran~endentalen Subjektes geboten
halten bleiben muß, solange das System sich selbst hatte. Andererseits sind die Absetzbewegungen durch
reproduziert, aber daß sie verschiedene Formen an- Unterscheidungen vermittelt, die dieser Figur ver-
nehmen kann, je nachdem, auf welche strukturellen pflichtet bleiben - sei es die Unterscheidung subjek-
Kopplungen das System reagiert. Das leitet zu einer tiv/objektiv bzw. ursprungsabhängig/zirkulär; sei es
Begrifflichkeit über, die nicht mehr an einen be- die Unterscheidung subjektiv (monologisch) und in-
stimmten Operationstypus - seien es biochemische tersubjektiv (dialogisch). Innerhalb dieser Unter-
Synthesen, seien es neurophysiologische Energie- scheidungen verschiebt sich das Verständnis von Ge-
quantenänderungen, seien es Aufmerksamkeit diri- schichte und von Vernunft. Aber: Muß man so unter-
gierende Bewußtseinsprozesse, seien es Kommunika- scheiden? Oder liegt in der Transzendentalen Phäno-
tionen - gebunden sind, sondern auf diesen verschie- menologie eine Theoriekonstruktion vor, die, wenn
denen Grundlagen die Reproduktion einer Differenz man so paradox formulieren darf, sich von sich selbst
von System und Umwelt und, davon abhängig, Ko- ablösen, von sich selbst unabhängig werden kann?
gnition zu organisieren vermögen. Die Notwendigkeit einer transzendentalen (trans-
Aber auch sonst sind in der zweiten Hälfte dieses empirischen) Begründung mochte einleuchten, solan-
Jahrhunderts prominente Bemühungen um eine theo- ge kein Ersatz dafür in Sicht war35 und vor allem: so-
retische Neuorientierung gerade durch eine Abkehr lange das Wissen auf eine asymmetrische, nichtzir-
von der Figur des transzendentalen Subjektes ge- kuläre Begründung angewiesen zu sein schien. Aber
kennzeichnet - seien es die Bemühungen Hans-Georg dies ist in der Philos6phie selbst durch Heidegger in
Gadamers um eine objektive Hermeneutik; sei es der Frage gestellt worden; und in vielen Formalwissen-
»linguistic turn« der analytischen Philosophie oder schaften wird heute die Notwendigkeit eines »Sym-
die Berufung auf Erkenntnisse der Sprachphilosophie metriebruchs«, einer »Enttautologisierung« einer
in der Theorie des kommunikativen Handelns von »Entfaltung« von primordialen Paradoxien oder ganz
Jürgen Habermas. Auch die durch Husserl selbst allgemein: die Notwendigkeit, mit der Operation des
schon begonnene, durch Merleau-Ponty ausgebaute Unterscheidens zu beginnen, offen diskutiert. Es geht
Zentrierung der Theorie auf den menschlichen Leib dabei nicht mehr nur um unbedingte Voraussetzun-
wäre zu erwähnen. Man hat den Eindruck, daß die gen, sondern um Erfordernisse des Aufbaus von
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I
Komplexität (der Kalküle, der Systeme usw.), die auf ferenz (also »Bistabilität«), ferner rekursive Rück-
die eine oder andere Weise erfüllt werden müssen, und Vorgriffe auf zur Zeit inaktuelle, aber aktuell faß-
wenn man überhaupt zu etwas kommen will. Und vor bare Zeithorizonte de~ Vergangenheit und der Zu-
allem: es geht dabei nicht mehr nur um Eigenarten kunft und alles in allein: Einschluß des Ausgeschlos-
des Bewußtseins, sondern um die Emergenz von Ord- senen als Modus des Prozessierens von Sinn.
nung schlechthin. Ich meine, daß ein solches Theorieprogramm, das
Die Härte dieses Abschieds vom transzendentalen radikal unterscheidet zwischen psychischen und so-
Subjekt kann man erkennen, wenn man überlegt, ob zialen Systemen, durchführbar ist, aber es geht an
es möglich ist, das Bewußtsein als Medium der Bil- dieser Stelle nicht darum, den Beweis zu führen.3 6
dung von Formen wegzulassen und trotzdem die von Die Frage ist nur: Wie würde die Theorielandschaft
Husserl entdeckte Struktur beizubehalten, nämlich aussehen, wenn ein solches Theorieprogramm durch-
die Einsicht in den Bedingungszusammenhang von führbar wäre?
Operationsfähigkeit, Trennung und Simultanprozes- Wir hätten einen Typus von Theoriedesign, der we-
sieren von Fremdreferenz und Selbstreferenz sowie der auf Naturgesetze alten Stils, noch auf ihre statisti-
Zeitlichkeit vom Standpunkt der jeweiligen Operati- schen Derivate, noch auf das Leitmotiv technisch be-
on aus. Ich halte das für möglich, wenn man sich ent- .-,
I
währter Kopplungen aufbaut. Husserls Kritik der Ein-
schließt, von Sinn als allgemeinem Medium für For- seitigkeit der galileiisch-cartesischen Idealisierungen
menbildung auszugehen und dann zu unterscheiden, und der für sie verbindlichen Form von Mathematik
ob sich Systeme aufgrund von intentionalen Bewußt- wäre bestätigt. Wir hätten aber auch keine dialekti-
seinsleistungen oder aufgrund von Kommunikation sche Theorie, die auf ein erreichbares Ende zuläuft
bilden. Für den Fall von Bewußtseinsleistungen (wie immer positiv oder negativ man das dann be-
könnte man Husserls Analysen wiederholen; aber wertet). Es wäre natürlich keine Kreuztabellierung im
man brauchte sie nicht mehr als »transzendental« zu Sinne des Parsonsschen, aus dem Begriff der Hand-
charakterisieren. Für den Fall von Kommunikation lung abgeleiteten Theoriedesigns. Es wäre keine Lo-
müßte man eine Parallelkonstruktion finden, die auch gik, die Konsistenz durch Ausschließung von Parado-
hier das nachweist, was, und es so nachweist, wie es xien zu gewährleisten sucht, sondern eher eine Theo-
im Falle des Bewußtseins funktioniert. Also als nur rie, die sich das Paradoxieren und Entparadoxieren
im Moment aktuelle Operation, Grenzziehung, Si- ihrer Leitunterscheidungen offen hält für den Fall,
multanprozessieren von Fremdreferenz und Selbstre- daß die Formen, die sie anbieten kann, nicht mehr
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überzeugen. Es wäre eine Theorie selbstreferentieller, sie stets wieder öffnenden und wieder zu entschei-
nicht-trivialer, also unzuverlässiger, unberechenbarer denden Option, den Schwerpunkt der AnscWußkom-
Systeme, die sich von einer Umwelt abgrenzen müs- munikation entweder ~ der Fremdreferenz oder in
sen, um Eigenzeit und Eigenwerte zu gewinnen, die der Selbstreferenz zu imchen.38 So wenig wie das Be-
ihre Möglichkeiten einschränken. Es wäre eine Theo- ! wußtsein kann auch die Kommunikation operativ in
rie, die der Kybernetik die Aufgabe stellte, die im Sy- ihre Umwelt durchgreifen, denn das würde heißen:
stem selbst erzeugten Unbestimmbarkeiten37 zu kon- außerhalb des Systems in dessen Umwelt operieren.
trollieren. Im einen wie im anderen Falle kann das jedoch - mit
Keine Frage, daß man das gute alte Subjekt so re- einem verbleibenden evolutionären Restrisiko - da-
konstruieren kann. Entscheidend ist jedoch, daß auch durch kompensiert werden, daß die Systeme zwi-
soziale Systeme, auch die Gesellschaft mit diesem schen Fremdreferenz und Selbstreferenz unterschei-
Konzept beschrieben werden können. den und entsprechend bistabil und zukunftsoffen be-
obachten können.
Noch scheint niemand auf die Idee gekommen zu
vn sein, diesen so vielversprechenden Theorietypus vom
»Subjekt« auf das »Sozialsystem Gesellschaft« zu
Mit der Unterscheidung der sinnkonstituierenden übertragen. Angesichts der gegenwärtigen, zum Bei-
Operationen je nachdem, ob sie in ihrer rekursiven spiel als »Postmoderne« deklarierten, Ratlosigkeit in
Selbstreproduktion psychische oder soziale Systeme der Beurteilung der Weltlage würde sich der Versuch
erzeugen, sind wir unserem Ziel, die Theorieintuition lohnen. Er würde Zeitstimmungen aufnehmen kön-
Husserls einer ganz anderen »Lebenswelt« einzufü- nen, etwa die Faszination durch selbstreferentielle
gen, ein gutes Stück nähergekommen. Man könnte Zirkel und Paradoxien39 , den notwendigen Einbau
sich vorstellen, daß sich auf den skizzierten Grundla- von Nichtwissen ins Wissen4o, das Wechselspiel von
gen eine Theorie der Gesellschaft ausarbeiten ließe, Konstruktion und Dekonstruktion auf der Grundlage
in der Kommunikation als basale Operation, In- von sich abgrenzenden Systemoperationen41 oder
formation als Fremdreferenz, Mitteilung als Selbstre- auch, was die ontologische Metaphysik betrifft, nicht
ferenz und Verstehen als Voraussetzung der Über- mehr nur Epoche, also Verzicht auf Seinsaussagen,
führung des kommunikativ kondensierten Sinnes in sondern die resolute Vorordnung der Unterscheidung
weitere Kommunikationen aufzufassen wäre mit der von »innen« und »außen« vor die Unterscheidung
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von »Sein« und »Nichtsein«.42 Man könnte mit die- schaftlichen Objektivismus ausarten, der nur noch den
sem Theorieapparat die in der Gesellschaftstheorie Namen »Phänomenologie« führte, ohne das damit
der Soziologen immer noch übliche Faszination verbundene ProblembeWußtsein fortzusetzen.
durch Probleme des Konsenses, der Integration oder Es ist sicher müßig darüber zu spekulieren, was un-
der einsichtsvollen Zivilgesellschaft weitgehend er- ter anderen Umständen oder mit Hilfe von Autoren,
setzen durch Problem der Zeitdimension, des Ge- die der Theorieintuition Husserls näher gekommen
dächtnisses und der Einstellung auf eine in allen Un- wären, anders hätte laufen können. Die Entwicklung
terscheidungen oszillierende Zukunft. von Wissenschaft ist kein gradliniger, durch Genie-
Sicher ist die Soziologie im Moment auf eine sol- stöße angetriebener Prozeß. Wie komplexe selbstrefe-
che Lektüre nicht vorbereitet. Im Rückblick fällt rentielle Systeme überhaupt muß auch die Wissen-
außerdem auf, daß Husserl, ebenso übrigens wie schaft von einem gegebenen historischen Sachstand
Heidegger, Soziologie unbeachtet gelassen hatte. des Wissens ausgehen, der ihre Anregbarkeit definiert
Anscheinend hatte die Unterscheidung von Natur- und einschränkt. Es ist also eher ein Evolutionspro-
und Geisteswissenschaften den ~ereich der Erkennt- zeß, der gewisse Zufallsanstöße aufnehmen, aber an-
nismöglichkeiten so stark strukturiert, daß ein dritter dere gar nicht registrieren kann. Dabei liegt die Be-
Kandidat keine Chancen hatte. Das ist um so er- wegungsmöglichkeit in den Unterscheidungen, die an
staunlicher, als Alfred Schütz versucht hatte, auf die- einer gegebenen Formuliertheit des Wissens ange-
se Sichtbeschränkung aufmerksam zu machen und bracht werden können - also etwa sachorientierte Ob-
die Phänomenologie (was immer das dann für Schütz jektivität versus Subjekt oder Geschichte versus Ver-
war) durch Einarbeitung der Handlungstheorie Max nunft oder Handeln versus Wissen oder Geist versus
Webers anzureichem. 43 Es war aber vermutlich kein Materie. Wer gegen alle diese Unterscheidungen op-
glücklicher Einfall, dies vom Begriff der Handlung tieren will, hat kaum Chancen, verstanden zu werden.
aus zu tun, dessen Rationalität mit Weber gerade Andererseits kann es gut sein, und gerade am Fall
fragwürdig geworden war und dessen Sozialität wie- Husserl kann man es zeigen, daß das Optieren inner-
derum nur durch Rückgriff auf subjektiv gemeinten halb dieser »frames« sich genötigt findet, bereits ver-
Sinn bestimmt werden konnte. Der Versuch konnte brauchtes Gedankengut zu reformulieren und damit
also nur bis zum Problem der Subjektivität von Inter- die bereits sichtbare Theorieintuition verdeckt. Kras-
subjektivität führen, einem Problem, an dem Husserl ser als in den Wiener Vorträgen Husserls kann man
bereits gescheitert war; oder er mußte in einen wissen- dieses Theoriegeschick kaum miterleben. Am Ende
54 55
einer lebenslangen, an Ernsthaftigkeit und Strenge seinsinhalten durch Sigmund Freud, an die Wieder-
kaum zu überbietenden Reflexion findet die Theorie beschreibung der tonalen Musik durch die atonale
ihre Abschlußformel und in ihr sich selbst - in einem Musik46 oder an die \\5.ederbeschreibung der Ambi-
Eigennamen: Europa. tionen der 68er Bewegung durch die Postmoderne.
Angesichts der Geläufigkeit dieser Sorte von Text-
produktionen kann man heute auch sie wiederbe-
VIII schreiben und dabei über das Selbstverständnis ihrer
Autoren hinausgehen.
Die hier vorgetragene Analyse der Wiener Vorträge Es handelt sich nicht um ein Bemühen um Fort-
und der sie ursprünglich motivierenden transzenden- schritt, nicht um eine Vermehrung oder Verbesserung
talen Phänomenologie Husserls war nicht als »Kri- des Wissens, nicht um ein hermeneutisches Ausgra-
tik« gemeint, also nicht als Sortierung des Haltbaren ben des eigentlichen Sinnes und auch nicht, wie
und Unhaltbaren in dieser Philosophie. Sie war auch schon gesagt, um Kritik. Was auf diese Weise ge-
nicht als Philosophie gemeint. Für einen Soziologen schieht, kann vielmehr nur als ein laufendes Transfor-
liegen die Fenster in den philosophischen Auditorien mieren von Notwendigkeit in Kontingenz, von natür-
zu hoch. 44 Wenn er auf einem theoretisch vergleich- lichen in artifizielle Rahrnenbedingungen des Wis-
baren Terrain operiert, dann without the attitude. WIr sens und Handelns begriffen werden. Was vor dem
können Husserls Texte aber auch als Kommunikatio- selbstverständlich war und gleichsam »lebenswelt-
nen lesen, die in einer bestimmten Zeit formuliert lich« akzeptiert wurde, wird nun als Besonderheit ei-
worden waren und die mit ihren Beschreibungen auf ner bestimmten Beobachtungsweise sichtbar ge-
die Gesellschaft ihrer Zeit reagiert hatten. Es geht macht. Sofern es nur gelingt, zu anderen Formen
uns also um eine Neubeschreibung dieser Beschrei- überzugehen, also zum Beispiel atonale Musik wirk-
bungen, um ein »redescription« im Sinne von Mary lich zu produzieren, wird das, was vorher galt, als Se-
Hesse. 45 Solche Wiederbeschreibungen von Be- lektion eines bestimmten Beobachters kenntlich. Daß
schreibungen gehören zu den charakteristischen die Herstellung anderer Formen des Beobachtens ge-
Merkmalen moderner Weltbeschreibungen. Man den- lingt, ist eine wichtige und eine stark einschränkende
ke an die Wiederbeschreibung der politischen Öko- Voraussetzung für diese Transformation. Es geht also
nomie seiner Zeit durch Karl Marx oder an die Wie- keineswegs, wie die Verteidiger von Traditionen im-
derbeschreibung der Phänomenologie von Bewußt- mer wieder behaupten, um »Dezisionismus« oder um
56 57
die Freigabe von Beliebigkeit im Sinne des »anything Wiederbeschreibens muß sich dagegen auf ein ganz
goes«. Die Bedingungen erfolgreicher Substitution anderes Verhältnis zur Zeit einlassen, da sie die be-
sind oft schwer und oft nur durch weitere Wiederbe- schriebenen Beschreit)imgen als ihre Vergangenheit
schreibungen zu erkennen. Es sind in jedem Fall sehr und die Aussicht auf'weitere Neubeschreibungen ih-
strenge Bedingungen. Der Versuch, Transzendental- rer eigenen Konzepte als ihre Zukunft ins Auge faßt.
philosophie mit den modernen Mitteln der Theorie Sie versteht ihre Gegenwart als Differenz ihrer Ver-
selbstreferentieller Systeme oder den Mitteln der Ky- gangenheit und ihrer Zukunft. Sie artikuliert ihre Po-
bernetik zweiter Ordnung neu zu beschreiben, muß sition nicht mehr nur in der Zeit, sondern mit Hilfe
sich daher der Frage stellen, ob er diesen Anforderun- von Zeit. Zeit kann dann .nicht mehr, gleichsam
gen genügen kann. spätontologisch, als historischer Prozeß gedacht wer-
Die theoretische Wiederbeschreibung der Wieder- den oder als Hineinkopieren des Maßes der Bewe-
beschreibung von Beschreibungen ist ein autologi- gung in das erkennende System, sondern Zeit ist jetzt
sches Konzept. Sie ist auf sich selbst anwendbar. Sie eine bestimmte Form des Beobachtens, eine Weltkon-
beansprucht nicht, eine Begründung, geschweige struktion mit Hilfe der Differenz der Endloshorizonte
denn: eine bessere Begründung zu geben. Sie setzt Vergangenheit und Zukunft. Die Begründung für das
sich daher auch keinem infiniten Regreß aus. Sie tut, ständige Neubeschreiben von Wiederbeschreibungen
was sie tut, und stellt sich auf diese Weise dar. Sie liegt dann nur noch darin, daß unsere Gesellschaft in
operiert selbst autopoietisch, ohne auf eine beruhi- dieser Hinsicht keine Wahl läßt. Unsere Zukunft kann
gend wirkende Abschlußformel zu zielen. nie wieder so sein wie unsere Vergangenheit. Deshalb
Es könnte sein, daß dieser Denkstil im Vergleich zu müssen wir, was Handeln betrifft, entscheiden und,
dem Husserls ein radikal anderes Verhältnis zur Zeit was Erkennen betrifft, beschreiben.
voraussetzt. Husserl hatte die Intentionen des trans- Wie schwer dies zu akzeptieren ist, kann man an
zendentalen Bewußtseins in der Zeit verortet, die dem Entstehen fundamentalistischer Gegenbewegun-
vom Bewußtsein gleichsam aus den Augenwinkeln gen erkennen, an dem verzweifelten Verlangen nach
mitbeobachtet wird. Und er hatte dementsprechend Sinn und nach Selbstverwirklichung. Solche Konzep-
die Krisis der neuzeitlichen Wissenschaften in der hi- te gewinnen ihre Energie aus der Differenz, und das-
storischen Zeit der abendländischen Vernunftge- selbe gilt offenbar auch von dem heute modischen
schichte lokalisiert. Bei all dem war Zeit als Strom, Begriff der Zivilgesellschaft, mit dem einige Intellek-
als Bewegung, als Prozeß gedacht. Die Theorie des tuelle dem Publikum Nachricht davon geben, daß es
58 59
sie, die Intellektuellen, gibt. Auch diese Erklärung ANMERKUNGEN
von Zeiterscheinungen ist aber nichts anderes als eine
1 Siehe dazu unter methodischen Gesichtspunkten Henk de
Wiederbeschreibung des schon Beschriebenen. Of- Berg, Kontext und Ko~tingenz: Kommunikationstheoreti-
fenbar kommt die Diagnostik unserer Zeit von dieser sche Überlegungen zur Literaturhistoriographie mit einer
Ebene der Beobachtung zweiter Ordnung nicht mehr Fallstudie zur Goethe-Rezeption des Jungen Deutschland,
los, obwohl, und gerade weil, immer auch eine Beob- Diss. Leiden 1994. Vgl. auch Henk de BerglMatthias Pran-
achtung erster Ordnung mitproduziert wird. Man gel (Hg.), Kommunikation und Differenz: Systemtheoreti-
wird kaum bereit sein, dies noch als »Krise« im Kon- sche Ansätze in der Literatur- und Kunstwissenschaft, Op-
laden 1993.
tinuieren der selbstkritischen Vernunft des Abendlan- 2 Vgl. nur Talcott Parsons, Max Weber and the Contempo-
des aufzufassen. Aber vielleicht ist es eine theoreti- rary Political Crisis, The Review of Politics 4 (1942),
sche Beschreibung, die dem, was wir am Ende dieses S. 61-76, 155-172; ders., Democracy and the Social Struc-
Jahrhunderts tatsächlich beobachten können, besser ture in Pre-Nazi Germany, Journal of Legal and Political
gerecht wird. Sociology 1 (1942), S. 96-114; ders., Some Sociological
Aspects of the Fascist Movements, Social Forces 21
(1942), S. 138-147. Vgl. ferner Uta Gerhardt, Die soziolo-
gische Erklärung des nationalsozialistischen Antisemitis-
mus in den USA während des Zweiten Weltkriegs: Zur Fa-
schismustheorie Talcott Parsons', Jahrbuch für Antisemitis-
musforschung I (1992), S. 253-273; dies. (Hg.), Talcott
Parsons on National Socialism, New York 1993.
3 Siehe Talcott Parsons, The System of Modern Societies,
Englewood Cliffs N.J. 1971, S. 11.
4 Siehe dazu Burkhart Lutz, Das >Projekt Moderne< liegt
noch vor uns! Zur Notwendigkeit einer neuen Makrotheo-
rie moderner Gesellschaften, in: Festschrift Renate Mayntz,
Baden-Baden 1994, S. 513-526.
5 Um einen Buchtitel zu zitieren, nämlich Gerhart Schröder,
Logos und List: Zur Entwicklung der Ästhetik in der
frühen Neuzeit, Königsteinffs. 1985.
6 Anders als im Krisisbuch wird das in den Wiener Vorträ-
gen nur angedeutet. Siehe: Die Krisis des europäischen
Menschentums und die Philosophie, zit. nach Husserliana
60 61
Bd. VI, Den Haag 1954, S. 314-348: »Die Folge der konse- 16 Siehe George Spencer Brown, Laws of Form, Neudruck
quenten Ausbildung der exakten Wissenschaften in der New York 1979.
Neuzeit war eine wahre Revolution in der technischen Na- 17 Siehe Edmund Husserl,::Ween zu einer reinen Phänomeno-
turbeherrschung« (315 f.). .I logie und phänomenolQ~schen Philosophie Bd. 1 (1913),
7 Ähnlich Lyotards Antworten auf seine eigene Frage: »Pou- I zit. nach Husserliana Bd. m, Den Haag 1950, S. 100. Her-
vons nous aujourd'hui continuer a organiser la foule des vorhebung durch Husserl.
evenements qui nous viennent du monde, humain et non- 18 Zitiert nach: Ideen zu einer reinen Phänomenologie und
humains, en les subsumant sous l'Idee d'une histoire uni- phänomenologischen Philosophie Bd. 1, Husserliana Bd.
verselle de l'humanite?, in: Jean-Fran!j:ois Lyotard, Histoire 1.I m, Den Haag 1950, S. 91 ff. Vgl. auch die Fortführung
universelle et differences culturelles, Critique 456 (1985), dieser Analysen in Edmund Husserl, Erfahrung und Urteil:
S. 559-568. Vgl. auch Gianni Vattimo, The End of I Untersuchungen zur Genealogie der Logik, Hamburg 1948,
(Hi)story, in: Ingeborg Hoesterey (Hg.), Zeitgeist in Babel: I sowie Maurice Merleau-Ponty, Phenomenologie de la Per-
.l
The Postmodernist Controversy, Bloomington 1991, S. ception, Paris 1945.
132-141 (132). j 19 A.a.O. S. 93.
8 Siehe vor allem: Joachim Ritter, Metaphysik und Politik: , 20 A.a.O. S. 94 f.
~
Studien zu Aristoteles und Hegel, Frankfurt 1969. I 21 Einen ähnlichen Sachverhalt meint Derrida schon bei Kant
9 Zitate a.a.O., S. 319 und 320. Die Drastik dieser Formulie- finden zu können, und zwar nicht zufällig in der dritten, das
rungen wird durch die Beiläufigkeit, mit der sie vorgetra- I'
~.
transzendentale System abschließenden Kritik. Die Figur
gen werden, nur noch gesteigert. des interesselosen WoWgefallens wird zerlegt in: Ausklam-
10 Zit. nach (Euvres completes (M. de la Pleiade) Bd. 1, Paris I merung von Existenzfragen (Epoche), auto-affection,
1959, S. 5. hetero-affection und, um dieser Differenz willen, jugement.
1.
11 So in: Cybemetic Ontology and Transjunctional Operati- Siehe Jacques Derrida, La verite en peinture, Paris 1978, S.
ons, in: Gottbard Günther, Beiträge zur Grundlegung einer
operationsflihigen Dialektik Bd. 1, Hamburg 1976, S. 249-
I 54ff.
22 Siehe: Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeit-
328.
12 Husserl a.a.O., S. 333.
13 Hierzu Terry WinogradlFemando Flores, Understanding I bewußtseins, hg. von Martin Heidegger, Jahrbuch für Phi-
losophie und phänomenologische Forschung 9 (1928), S.
367-496..
Computers and Cognition: A New Foundation for Design,
Reading Mass. 1987, S. 7
14 Husserl a.a.O., S. 335.
15 Siehe dazu die von Richard Grathoff herausgegebene Kor-
l1 23 Dies ist nicht so neu, wie es hier scheinen mag. Auch in der
augustinischen Spekulation entsteht die Gegenwart erst in
der Reflexion der Differenz von Vergangenheit und Zu-
kunft als etwas, das erst gesucht werden muß und dann in
respondenz: The Theory of Sodal Action: The Correspon- ,I Gott gefunden werden kann. Siehe vor allem das 11. Buch
dence of Alfred Schutz und Talcott Parsons, Bloomington der Confessiones.
1978.
.I. 24 Siehe die berühmte Fußnote 2 zu Aristoteles und Hegel in
62 .,r 63
,I,
I
Martin Heidegger, Sein und Zeit S. 432, zit. nach der 6. 35 Schon Parsons hatte im übrigen an einem Ersatz gebastelt,
Aufl. Tübingen 1949. um das personale System als eine notwendige, aber nicht
25 Siehe dazu die George Spencer Brown-Rezension von Heinz L ausreichende KomponeJl1e des Zustandekommens von
,
von Foerster, Die Gesetze der Form, dt. Übers. in: Dirk • I Handlung vorsehen zu:iCönnen. Allerdings ist sein Vor-
Baecker (Hg.), Kalkül der Form, Frankfurt 1993, S. 9-11. scWag, statt von »Tatsachen des Bewußtseins« vom sach-
26 Oder an Objekten überhaupt, wie Ranulph Glanville nach- gerecht gebildeten Begriff der Handlung auszugehen, sei-
zuweisen versucht in: Objekte, Berlin 1988, insb. S. 24 ff. nerseits problematisch. Das rechtfertigt es aber kaum, von
27 So Jürgen RueschlGregory Bateson, Communication: The Parsons zu Weber oder gar zu Kant, also zum Subjekt
Social Matrix of Psychiatry, New York 1951. 2. Aufl. J
L zurückzukehren. Denn damit gerät man nur in woWbekann-
1968, S. 238. I
te, längst überwunden geglaubte Schwierigkeiten.
\
28 Es wird sich zeigen, daß und warum dieser Begriff schon 36 Vgl. für einen solchen Versuch Niklas Luhrnann, Soziale
hier im Sinne der Psychiatrie benutzt wird. i
t Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie, Frankfurt
29 Siehe als ein Beispiel für viele: RueschlBateson a.a.O., S. 1984. Siehe auch Heinz von Foerster, Für Niklas Luhrnann:
253 ff. Wie rekursiv ist Kommunikation? Teoria Sociologica 1/2
30 Siehe nur David Bloor, Knowledge and Social Imagery, (1993), S. 61-85, mit der alles weitere entscheidenden Fest-
London 1976; Barry Barnes, Interests and the Growth of stellung: Kommunikation ist Rekursivität.
Knowledge, London 1977. 37 George Spencer Brown a.a.O., S. 57, spricht mit Bezug auf
31 Siehe Gotthard Günther a.a.O. J
die zuverlässig rechenbaren Operationen der Arithmetik
32 Nämlich Earl R. Wasserman, The Subtler Language: Criti- I
und der Algebra von »unresolvable indeterminacy«.
cal Readings of Neoclassic and Romantic Poems, Baltimo- 38 Vgl. als Anwendung auf ein aktuelles Problem Niklas Luh-
re 1959. Die Analysen behandeln die Umstellung von ei- , mann, Ökologische Kommunikation: Kann die modeme
nem noch kosmologisch gebundenen Leitfaden der Mirne-
sislImitation auf eine Form, die nur noch an der Differenz
r Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstel-
len?, Opladen 1986. Vgl. auch Niklas LuhrnannlRaffaele
von Selbstreferenz und Fremrlreferenz orientiert ist, in der ,, De Giorgi, Teoria della Societa, Milano 1992.
Zeit von Dryden bis Shelley. T 39 Vgl. Hilary Lawson, Reflexivity: The Post-Modem Predi-
33 Zitiert aus: Das Ideal und das Leben. i cament, London 1985. Siehe auch Gilles Deleuze, Logique
34 Siehe George Spencer Brown a.a.O.; Heinz von Foerster, i du sens, Paris 1969, der die Einheit des transzendentalen
.t
Observing Systems, Seaside Cal. 1981; Humberto R. Ma- Subjekts durch die Paradoxie der Einheit von zwei (oder
turana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von mehr) Reihen ersetzt, wobei dann die Reihe »Subjekt« und
Wirklichkeit: Ausgewählte Arbeiten zur biologischen Epi- die Reihe »Objekt« nur ein Beispiel unter vielen wäre.
stemologie, dt. Übers. Braunschweig 1982; Ernst von Gla- 40 Vgl. Michael Smithson, Iguorance and Uncertainty: Emer-
sersfeld, Wissen, Sprache und Wirklichkeit, dt. Übers. ging Paradigms, New York 1989.
Braunschweig 1987, Ranulph Glanville, Objekte, dt. Übers. 41 Vgl. Niklas Luhmann, Deconstruction as Second-Order
Berlin 1988. Inzwischen eine Fülle von Sekundärliteratur. '1" Observing, New Literary History 24 (1993), S. 763-782.
I
64 I 65
42 Vgl. Philip G. Herbst, Alternatives to Hierarchies, Leiden DER AUTOR
1976, S. 88 mit der Annahme wechselseitiger Implikation
von Primärunterscheidungen dieser Art. \ Niklas Luhmann, gebor~ 1927 in Lüneburg, Studium
"r
43 Siehe Alfred Schütz, Der sinnhafte Aufbau der sozialen " I der Rechtswissenschaften in Freiburg, ab 1954 Tätigkeit
Welt: Eine Einleitung in die verstehende Soziologie, Wien I
in der öffentlichen Verwaltung des Landes Niedersach-
1932. sen, 1960/61 Studium an der Harvard Universität bei
44 Um eine Formulierung aus dem »Kampanertal« von Jean
Talcott Parsons. 1964 erscheint seine erste Buchver-
Paul zu übernehmen. Siehe: Das Kampanertal oder über die
Unsterblichkeit der Seele, zit. nach Jean Pauls Werke: Aus-
öffentlichung »Funktionen und Folgen formaler Organi-
wahl in zwei Bänden, Stuttgart 1924, Bd. 2, S. 170-229 sation«, 1966 Promotion und Habilitation in Soziologie
(183). an der Universität Münster, ab 1968 Lehrstuhl für So-
45 Siehe die Ausführung zur Metaphorik theoretischer Er- ziologie an der Universität Bielefeld, 1993 emeritiert.
klärungen in: Mary Hesse, Models and Analogies in Scien- Hauptinteressensgebiet: Theorie der modemen Gesell-
ce, Notre Dame 1966, S. 157 ff. schaft. Bisheriges Hauptwerk: »Soziale Systeme.
46 Dies Beispiel mit anderen aus dem Bereich der modemen
I
~. Grundriß einer allgemeinen Theorie« (1984); neueste
Kunst bei Michael BaldwiniCharles HarrisonlMel Rams- Publikationen: »Soziologische Aufklärung 6. Die Sozio-
den, On Conceptual Art und Painting and Speaking and logie und der Mensch« (1995), »Gesellschaftsstruktur
Seeing: Three Corrected Transcripts, Art-Language N.S. 1 und Semantik«, Band 4 (1995), »Die Kunst der Gesell-
(1994), S. 30-69.
schaft« (1995)
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