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МИНИСТЕРСТВО ОБРАЗОВАНИЯ И НАУКИ

ДОНЕЦКОЙ НАРОДНОЙ РЕСПУБЛИКИ


ГОУ ВПО «Донецкий национальный университет»
Кафедра германской филологии

Ш.Р. Басыров

ОСНОВНЫЕ ПРОБЛЕМЫ ЛЕКСИКОЛОГИИ


НЕМЕЦКОГО ЯЗЫКА: ТЕОРИЯ И ПРАКТИКА

УЧЕБНОЕ ПОСОБИЕ

ДОНЕЦК 2020
1

УДК 811.112.2:81’373
ББК: Ш12 = 432.4*9*3я73
Б 278
Рекомендовано к изданию Ученым советом ГОУ ВПО «Донецкий
национальный университет» (протокол № .. от… 2020 г.)

Басыров Ш.Р. Основные проблемы лексикологии немецкого языка: теория и


практика. – Донецк: ДонНУ, 2020. – 174 с.

Рецензенты:
Каверина О.Г., доктор педагогических наук, профессор, ГОУ ВПО
«Донецкий национальный технический университет»;
Юшкова С.А., кандидат филологических наук, доцент, автомобильно-
дорожный институт ГОУ ВПО «Донецкий национальный технический
университет»

Учебное пособие состоит из 11 разделов. Каждый раздел включает


конспект-лекцию, практические упражнения к семинарскому заданию по
теме пройденной лекции и тестовые задания для закрепления и контроля
усвоения знаний. В Приложении содержатся тесты для итогового контроля
знаний, терминологический словарь и список рекомендованной литературы.
Учебное пособие предназначено для студентов по направлениям
подготовки 45.03.01 «Филология», профиль «Зарубежная филология
(немецкий язык и литература)» и 45.03.02 – Лингвистика, профиль «Перевод
и переводоведение (немецкий, английский)»
УДК 811.112.2:81’373
ББК: Ш12 = 432.4*9*3я73
Б 278
@ Басыров Ш.Р., 2020
© ГОУ ВПО «Донецкий национальный университет», 2020
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INHALTVERZEICHNIS
Vorwort……………………………………………………………………… 3
Einleitung……………………………………………………………………. 4
1. Gegenstand und Aufgaben der Lexikologie……………………………… 5
2. Das Wort als sprachliche Grundeinheit. Wortbedeutung………………… 13
3. Wortschatzerweiterung durch Wortbildung………………………………. 22
4. Wortschatzerweiterung durch Entlehnungen……………………………… 41
5. Wortschatzerweiterung durch Bedeutungswandel (semantische
Derivation)……………………………........................................................… 54
6. Vieldeutigkeit und Homonymie…………………………………………... 65
7. Bedeutungsbeziehungen im lexisch-semantischen System
(Paradigmatik)……………………………………………………………. 77
8. Das neue und alte Wortgut im Deutschen……………………………….. 90
9. Die soziolinguistischen Aspekte der Stratifikation des deutschen
Wortbestandes………………………………………………………………... 102
10. Soziale Gliederung des Wortschatzes…………………………………… 112
11. Die Behandlung der Phraseologismen in der deutschen Sprache………... 132
Abschluss-Testaufgaben……………………………………………………... 148
Kleines Lexikon der lexikologischen Termini………………………………. 154
Literaturverzeichnis………………………………………………………….. 170
Nachwort…………………………………………………………………….. 174
3

VORWORT

Das vorliegende Lehrbuch ist für Studenten der Germanistik gedacht, die
Philologie (Fachrichtung «Ausländische Literatur (Deutsche Sprache und
Literatur)») bzw. Linguistik (Fachrichtung «Übersetzung und Übersetzungskunde
(Deutsch und Englisch)») studieren. Es entspricht den Anforderungen des
Studienplans für Lexikologie der deutschen Gegenwartsprache.
Die deutsche Lexikologie hat im Gesamtsystem der Sprache eine
grundlegende Bedeutung. Sie will in die wissenschaftliche Untersuchung des
Wortes und des Wortschatzes einführen, indem sie nach dem Wesen des Wortes
und der Wortbedeutung, nach der Entwicklung und Veränderung lexikalischer
Einheiten und der Lexik der deutschen Sprache fragt. Sie vermittelt einen Einblick
in den Aufbau der Wortbedeutung, die semantische Gliederung des Wortschatzes,
erörtert Grundfragen der Wortbildung, der sozialen Schichtung des Wortschatzes.
Entwicklungstendenzen im Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache werden
in ihrer Abhängigkeit von kommunikativen und kognitiven Bedürfnissen der
Gesellschaft dargestellt: so die Bildung neuer Wörter und Veralten von Lexemen,
die Übernahme fremden Wortgutes und der Bedeutungswandel. Dabei werden die
lexikologischen Erscheinungen der deutschen Sprache mit den entsprechenden
Erscheinungen der russischen Sprache verglichen.
Die Lösung vieler theoretischer und praktischer Fragen der Wortgestaltung,
ihre Widerspiegelung im Lehrbuch verlangt die Erfassung und Verallgemeinerung
neuer lexikologischen Untersuchungen einerseits, die Berücksichtigung der
vorhandenen Lehrbücher andererseits. Dabei sind auch die Ergebnisse der
deutschen, russischen und ukrainischen Germanisten und Linguisten in Betracht
gezogen (Th. Schippan, W. Fleischer, M. D. Stepanova, I. I. Černyševa, V. V.
Levickij, A. D. Oguy, A.S. Juchanov u.a.).
Mein besonderer Dank gebührt meinen Begutachtern für Beratungen über
verschiedene Teile des Lehrbuches.
4

EINLEITUNG

Der Zweck des vorliegenden Lehrbuches besteht im Bestreben, die


Hauptprobleme und lexikologische Grundbegriffe in ihrem Zusammenhang zu
erläutern. Der Verfasser war bemüht, die wichtigste Fachliteratur zu Rate zu ziehen
und die Meinungsverschiedenheiten zu den behandelten Problemen der deutschen
Lexikologie darzustellen, um beim Lernenden eine kritische Ansicht zu wecken.
Das vorliegende Buch ist als Lehrbuch der Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache für die Fremdsprachenfakultäten gedacht und ist also für die
Studenten der Germanistik vorgesehen, die Deutsch als Hauptfach bzw. als die
zweite Fremdsprache erlernen.
Das Lehrbuch besteht aus 11 Kapiteln. Alle Kapitel sind gleich strukturiert.
Jedes Thema enthält Schwerpunkte zur Diskussion, den theoretischen Stoff und
die entsprechende Literatur. Die nachfolgenden Teile „Fragen zum Thema“,
„Aufgaben zum Thema“ und „Tests zum Thema“ sollen den Studenten helfen, ihr
Verständnis für das zu besprechende Thema zu prüfen und ihre Fähigkeiten zum
selbständigen Erfassen auszubilden.
Der Text selbst (samt seinen Beispielen, die meistens aus dem Alltag
gegriffen sind) ist in mehreren Vorlesungen und Seminaren erprobt worden. Er
entstand als Ergebnis langjähriger Unterrichtstätigkeit des Autors an der
Universität zu Donezk.
Das Buch enthält eine bedeutende Anzahl von Beispielen nicht nur aus dem
modernen Deutsch, sondern auch aus dem Russischen, die das Gesagte
veranschaulichen und bestimmte theoretische Grundsätze bekräftigen sollen.
Manche Sprüche, Witze, Rätsel und Anekdoten beleben den Inhalt rein
theoretischer Probleme.
Kleines Lexikon der lexikologischen Termini beinhaltet die wichtigsten
Fachbegriffe der Lexikologie, sowie auch ihre Definitionen. Am Ende des Buches
sind die Abschluss-Testaufgaben und Literaturverzeichnis zu finden.
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1. GEGENSTAND UND AUFGABEN DER LEXIKOLOGIE

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


1.1. Lexikologie als Wissenschaft und Lehrfach
1.2. Die Bezüge der Lexikologie zu anderen Sprachwissenschaften
1.3. Hauptzweige der Lexikologie

Schlüsselworte: Lexikologie, Etymologie, Semasiologie, Onomasiologie,


Wortbildung, Soziolinguistik, Lexikographie, Phraseologie

1.1 Lexikologie als Wissenschaft und Lehrfach

Das Wort „Lexikologie" ist griechischen Ursprungs, es ist auf zwei Wörter
zurückzuführen: lexikós „sich auf das Wort beziehend" und logos „Lehre",
„Kunde". Lexikologie bedeutet also buchstäblich „die Lehre vom Wort,
Wortkunde". Aber die Lexikologie untersucht nicht nur das Wort, sondern auch
den Wortbestand einer Sprache als System.
Die Lexikologie muss also in zwei deutlich voneinander abgegrenzte
Hauptabschnitte eingeteilt werden:
1) die Wortlehre oder die Lehre vom Wort im engeren Sinne;
2) die Wortschatzlehre oder die Lehre vom Wortbestand als System.
In diesem Fall handelt es sich um ein lexisch-semantisches System, das ein
Teilsystem der Sprache bildet.
Die Wortlehre untersucht die Besonderheiten der Einzelwörter, fester
Wortverbindungen oder sogenannter phraseologischen Einheiten.
Die Wortschatzlehre hat die Gesetze zu erforschen, denen die Lexik einer
Sprache als Gesamtheit aller lexikalischen Einheiten unterworfen ist.
Beide Gegenstände der Lexikologie sind aufs engste miteinander verbunden,
denn in beiden Fällen bildet das Wort den Mittelpunkt der wissenschaftlichen
Betrachtung.
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1.2. Die Bezüge der Lexikologie zu anderen Sprachwissenschaften


Die Lexikologie als Lehrfach ist ein Teil des theoretischen Kursus der
Sprache, der aus der theoretischen Grammatik, Phonetik, Sprachgeschichte,
Stilistik besteht. Mit diesen Fächern ist die Lexikologie aufs engste verbunden,
weil sie alle das Wort zum Gegenstand ihrer Untersuchung haben. Die Phonetik
untersucht das Wort vom lautlichen Standpunkt aus, die Grammatik erforscht die
Bildung, die Bedeutung und den Gebrauch der Wortformen. Die Stilistik befasst
sich mit den Ausdrucksmöglichkeiten der sprachlichen Einheiten. Die
Lexikologie stützt sich ständig auf die Angaben aller dieser Wissenschaften.
Die Lexikologie spielt eine bedeutende Rolle bei der Ausbildung von
Fachleuten für eine bestimmte Sprache. Sie vermittelt den Studenten die
Kenntnisse, die ihnen helfen, sich in der Sprache auszukennen, macht die
Studenten fähig, diese oder jene sprachliche Erscheinung zu erklären, z.B. die
Studierenden interessieren sich für den Ursprung des Wortes die Stadt. Die
historische Lexikologie erklärt es folgenderweise: das Wort die Stadt kommt auf
das ahd. Wort stat zurück, das sich aus dem Verb stehen (ahd. sten, stän) mittels
des Suffixes -t gebildet hat.
Die Lexikologie vermittelt die Regeln der Wortbildung, was auch eine große
Rolle im praktischen Unterricht spielt. Die Wortbildungsregeln ermöglichen den
Studenten, Wörter selbst zu bilden. Ohne bestimmte lexikologische Kenntnisse
kann man sich die systemhaften Beziehungen der Wörter im Sprachsystem
kaum vorstellen. Die Kenntnisse, die sie sich beim Erlernen der Lexikologie
erwerben werden, sind von großer Bedeutung für das tiefe Verstehen der
Textanalyse. Um eine richtige Wahl im Gebrauch der Synonyme zu treffen, muss
man die Komponenten der synonymischen Reihe richtig charakterisieren können
(z.B. Gesicht – Antlitz - Fresse- Visage). Solche Beispiele könnte man noch weiter
anführen, aber sie werden sich selbst davon überzeugen können, wie wichtig die
Lexikologie als Teil der theoretischen Ausbildung für die zukünftigen Philologen
ist.
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1.3. Hauptzweige der Lexikologie


Lexikologie ist eine noch junge sprachwissenschaftliche Disziplin. Als
selbstständiger Wissenschaftszweig hat sich die Lexikologie erst Mitte des 20.
Jahrhunderts formiert. Heutzutage ist die Lexikologie ein weitverzweigtes Fach.
Man spricht von der Lexikologie im engeren und weiteren Sinne des Wortes.
Die Lexikologie im engeren Sinne des Wortes befasst sich mit den
Grundgesetzen der lexikalischen Einheiten (der Einzelwörter und phraseologischen
Einheiten) und mit den Gesetzen, die den Wortbestand einer Sprache als einer
Gesamtheit von lexikalischen Einheiten regieren.
Die Lexikologie im weiteren Sinne des Wortes befasst sich mit: 1) der
Etymologie; 2) der Semasiologie; 3) der Onomasiologie; 4) der Wortbildung; 5)
der Phraseologie; 6) der Soziolinguistik; 7) der Lexikographie.
Die Etymologie (griech. etymos „wahr“; Etymon – die sogenannte Urform
und Urbedeutung eines Wortes – seine historische Wurzel) erforscht die
ursprüngliche Bedeutung und die allerälteste Gestalt der Wörter als auch den
Zusammenhang zwischen der Urbedeutung und der Urgestalt, darum ist die
Etymologie ein ausgeprägt diachronisches Fach.
Solche Wörter wie Wohnhaus, Hochhaus, Studentenschaft etc. besitzen
eine klare Wortbildungsstruktur, ihre Bedeutung ist auch klar. Für solche Wörter
findet man keine Erläuterungen in etymologischen Wörterbüchern. In
etymologischen Schriften werden in der Regel nur entetymologisierte
lexikalische Einheiten erläutert, d. h Wörter, bei denen der Zusammenhang
zwischen Lautung und Bedeutung verblasst oder ganz verloren ist. Zu den
enetymologisierten Wörtern gehören: 1) Wurzelwörter, die diese Struktur immer
hatten (gehen, laufen, kommen); 2) Wurzelwörter, die aus ehemaligen
Ableitungen und Zusammensetzungen entstanden sind und bei denen der
Zusammenhang zwischen Lautgestalt und Inhalt in der modernen Sprache nur
geschichtlich erklärt werden kann, z.B.: Nachtigall „nächtliche Sängerin", die
zweite Komponente -gall ist ein alter, heute nicht mehr vorhandener
Verbaltstamm (aus dem got. galan „singen").
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Die Semasiologie oder die Bedeutungslehre als sprachwissenschaftliche


Disziplin untersucht die Bedeutung der Wörter, der Wortäquivalente und die
Bedeutungsbeziehungen im Wortschatz. Wir können z.B. fragen, was das Wort
Jugend in der deutschen Sprache bedeutet, und erhalten die Antwort, dass es drei
Sememe (Bedeutungen) hat:
S1 – „junge Menschen“ (Die Jugend tanzt….)
S2 – „Jugendalter“ (In meiner Jugend…)
S3 – „Jugendlichkeit“ (Er hat sich seine Jugend bewahrt)
Sie untersucht nicht allein das Einzelwort, die isolierte lexikalische Einheit,
sondern richtet ihr Augenmerk auf die semantischen Beziehungen zwischen den
lexikalischen Einheiten, auf die Beziehungen im lexikalischen System. Die
Semasiologie kann z.B. den Bedeutungsunterschied von Kapelle und Orchester
erklären. Beide Wörter sind im Laufe der Geschichte zu partiellen Synonymen
geworden, vgl. Tanzorchester und Tanzkapelle, Staatskapelle Dresden und
Orchester der Deutschen Staatsoper Berlin. In den angeführten Beispielen sind
beide Lexeme bedeutungsgleich. Zugleich weisen beide Wörter manche
semantische Nuancen auf: Orchester wird für „größeres Ensemble von
Instrumentalisten mit chorischer Besetzung“ verwendet, dagegen Kapelle für
kleinere Musikensembles ( Tanzkapelle, Militärkapelle, Blaskapelle).
Zum Aufgabenbereich der Semasiologie gehört die Untersuchung des
Bedeutungswandels, seiner Ursachen, Arten und Ergebnisse des Bedeutungswandels;
die Strukturiertheit der Bedeutungen; die Polysemie und Homonymie.
Die Onomasiologie oder die Bezeichnungslehre ist die Wissenschaft, die nicht
von der Bedeutung des Wortes ausgeht, sondern von den Dingen und Sachen der
objektiven Wirklichkeit, wie diese Dinge und Sachen in der Sprache durch die
Wörter ausgedrückt werden. Das Grundproblem der Onomasiologie ist die Frage
danach, welche Wörter die betreffenden Begriffe bezeichnen und was für
Bezeichnungsmöglichkeiten die Wörter aufweisen. Die Onomasiologie fragt, wie
der Gegenstand  bzw. sein Abbild in der Sprache benannt wird. Die Semasiologie
dagegen interessiert sich dafür, welche Bedeutungen das Wort hat.
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Ein Teil der Onomasiologie ist die Onomastik, die Lehre von den Eigennamen.
Da die Eigennamen keinen begrifflichen Inhalt besitzen, fungieren sie als bloße
Bezeichnungen und nicht als semantische Benennungen.
Wortbildung. Der Terminus „Wortbildung" wird in zweifacher Bedeutung
verwendet:
1) als Schöpfung neuer Wörter durch verschiedene Wortbildungsarten
(Ableitung, Zusammensetzung, Zusammenbildung oder Abkürzung)
(prozessuellen Aspekt).
2) als Wortbildungslehre, wie die Wörter gebildet sind (analytischer Aspekt).
Phraseologie oder die Lehre von den festen Wortverbindungen einer
Sprache. Im Mittelpunkt der Phraseologie stehen viele Fragen: Abgrenzung der
Phraseologismen von den benachbarten sprachlichen Einheiten (Komposita und
freien Wortverbindungen), Klassifikation von Phraseologismen, semantische
Aspekte der Phraseologie (Synonymie, Antonymie, Polysemie, Homonymie) u.a.
Die Soziolinguistik ist die Wissenschaft, die das Verhältnis der Sprache und
Gesellschaft im weiteren Sinne des Wortes untersucht. Sie behandelt die Fragen
über die sozial- berufliche Differenzierung des Wortbestandes, untersucht die
Sonderlexik, die eigentlich nicht nur nach den sozial beruflichen Kriterien, sondern
auch nach anderen sozialen Merkmalen ausgesondert werden kann: nach dem
Alter, Bildungsniveau der Sprachträger usw. Zur Soziolinguistik als Teil der
Lexikologie gehören auch die Fragen der territorialen Differenzierung des
Wortbestandes.
Die Lexikographie (griech. lexikon „Wörterbuch", grapho „ich schreibe"
eigentlich Wortbeschreibung) befasst sich mit der Ausarbeitung von Prinzipien,
nach welchen die Wörterbücher zusammengestellt werden, und mit dem
Zusammenstellen von Wörterbüchern selbst. Es gibt verschiedene Arten von
Wörterbüchern:
1) Wörterbücher, die auf Herkunft des Wortes und die Entwicklung seiner
Bedeutung eingehen (etymologisches Wörterbuch; historisches Wörterbuch;
Bedeutungswörterbücher). Die bekanntesten etymologischen Wörterbücher
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der deutschen Sprache sind: Das etymologische Wörterbuch der deutschen


Sprache von F. Kluge; Das etymologische Wörterbuch von E.Wasserzieher und
Das Herkunftswörterbuch der Duden-Redaktion. Als eines der besten
historischen Wörterbücher gilt Deutsches Wörterbuch von H. Paul. Am
umfangreichsten ist aber Das deutsche Wörterbuch von J. und W. Grimm.
Weitere historische Wörterbücher sind: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch
von M. Lexer (1872-1882) und Althochdeutsches Wörterbuch von R. Schützeichel
(1995).
Zu den beliebten etymologischen Wörterbüchern im Russischen gehören:
„Этимологический словарь русского языка” von M. Fasmer (enthält über 18
Tausend Wortartikel); «Этимологический словарь русского языка» von G. P.
Zyganenko (1979) und «Краткий этимологический словарь русского языка»,
veröffentlicht vom Autorenkollektiv: W.W. Iwanowa, T.W. Schanskaja, N.M.
Schanskij (1971).
Zu den Wörterbüchern, die die Wortbedeutung und den Wortgebrauch in
der Gegenwartssprache erschließen, gehören: Das Neue Wörterbuch der
deutschen Sprache von L. Mackensen; Das deutsche Wörterbuch von G.
Wahrig; Das deutsche Universal - Wörterbuch von Duden-Redaktion. Außerdem
kann man zu dieser Gruppe noch folgende Wörterbücher zählen: Duden. Das
große Wörterbuch der deutschen Sprache (GWDS) in 8 Bänden unter Leitung von
Dr. G. Drosdowski.
Zu den beliebtesten Wörterbüchern, die den heutigen russischen Wortschatz
mit seinen Bedeutungen und Verwendungen darstellen, gehören: „Словарь
современного русского литературного языка“, abgekürzt: БАС (Большой
академический словарь) oder ССРЛЯ (1950-1965), das 17 Bände enthält und
120480 Wörter registriert; „Словарь русского языка“, abgekürzet: МАС
(Малый академический словарь) (1985-1988) in 4 Bänden, schließt etwa 90
Tausend Wörter ein; «Толковый словарь русского языка», herausgegeben von
D.N.Uschakow, enthält über 85 Tausend Wörter; «Словарь русского языка»
von S.I. Ožegow, in dem über 50 Tausend Wörter registriert sind.
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2) Zweisprachige Wörterbücher, z.B. Das Große deutsch – russische


Wörterbuch von Prof. O.I. Moskalskaja (=165 000 Stichwörter).
3) Stilwörterbücher: Das Stilwörterbuch von Duden-Redaktion hat
150 000 Stichwörter. Dieser Gruppe schließt sich Das Wörterbuch der
deutschen Umgangssprache von Heinz Küpper (1991) an (25 000
Vokabeln).
4) Phraseologische Wörterbücher. Populär sind Redewendungen
und sprichwörtrliche Redensarten von der Duden-Redaktion; Wörterbuch
der deutschen Idiomatik (1992), das mehr als 10 000 feste Wendungen,
Redensarten und Sprichwörter mit Bedeutungserklärungen, Quellenbelegen
und Erläuterungen der Herkunft einschließt; Das Wörterbuch von L.
Binowitsch und N. Grischin (Немецко-русский фразеологический словарь,
1975).
Im Russischen ziemlich populär ist „Фразеологический словарь русского
языка“ von A.I.Molotkowa (1978).

Literatur
1. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. - S. 7-13.
2. Lewkowskaja X.A. Lexikologie der deutschen Gegenwartsprache. - M.,
1968. – S. 3-10.
3. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a : „Nowa
knyha“, 2003. - S. 17-23.
4. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1984. – S. 11-63.
5. Stepanova M.D., Cernyseva I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 2003. - S. 3-8.
6. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – Leipzig, 1987. – S. 3-16.
7. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка: Курс
лекций. - M., 2004. - C. 21-23.
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Fragen zum Thema


1. Was sind Gegenstand und Aufgaben der Lexikologie?
2. In welche zwei Hauptabschnitte wird die Lexikologie eingeteilt?
3. Wodurch unterscheidet sich die Lexikologie von anderen linguistischen
Disziplinen (Phonologie, Morphologie, Stilistik, Sprachgeschichte u.a.)?
4. Womit beschäftigen sich ihre Teildisziplinen (Etymologie;
Semasiologie; Onomasiologie; Wortbildung; Phraseologie;
Soziolinguistik; Lexikographie)?
5. Welche Arten von Wörterbüchern gibt es?
6. Charakterisieren Sie die angeführten Wörterbücher und bestimmen Sie
ihren Typ.
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2. DAS WORT ALS SPRACHLICHE GRUNDEINHEIT.


WORTBEDEUTUNG

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


2.1. Das Wesen der lexikalischen Bedeutung
2.2. Struktur der Wortbedeutung
2.3. Die Motiviertheit der Wortbedeutung
2.4. Volksetymologie
2.5. Typen der Wortbedeutungen

Schlüsselworte: lexikalische Bedeutung, Motiviertheit, Sem, direkte


Bedeutung, übertragene Bedeutung, Volksetymologie, Hauptbedeutung,
Nebenbedeutung,

2.1. Das Wesen der lexikalischen Bedeutung


Dass Phänomen der lexikalischen Bedeutung ist sehr kompliziert und ruft in der
Sprachwissenschaft viele Diskussionen hervor. Die Gelehrten sind aber in dieser Frage
in Folgendem einig. Die lexikalische Bedeutung enthält drei Komponenten: die
denotative, signifikative und konnotative Komponente. Diese Komponenten
resultieren aus den Funktionen des Wortzeichens.
Die denotative Komponente ist die in einer sprachlichen Äußerung
realisierte Funktion des Zeichens, eine bestimmte Erscheinung der objektiven
Realität (Gegenstand, Denotat) zu repräsentieren. Der Denotat (oder das Referent)
bezeichnet also eine Klasse identischer Gegenstände (dt. Tisch, Wasser; rus.
рябина, автомобиль), Prozesse (dt. laufen, schlafen; rus. болеть, ходить) oder
Merkmale (dt. schlecht, rot; rus. ярко, хороший), abgesehen von stilistischen
(wertenden, emotionellen, expressiven), pragmatischen und anderen Komponenten
der Bedeutung. Dieser Aspekt der Bedeutung wird als denotative Bedeutung
bezeichnet.
Die signifikative Komponente resultiert aus der Funktion des Wortes, das
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interindividuell invariante Abbild des Denotats der objektiven Realität ist. Die
Fähigkeit des Wortes zu verallgemeinern und für ganze Klassen von Denotaten zu
dienen, nennt man die signifikative Bedeutung, z. B.: Beim Wort Tisch tritt als
Denotat „Möbelstück“ auf und als Signifikat – die Eigenschaften aller Tische:
„Möbelstück, das aus einer auf vier, auch drei Beinen ruhenden, waagerechten Platte
besteht, auf die man etwas stellen, legen kann und an der man vor allem isst und
arbeitet“. Da die denotativen und signifikativen Komponenten der Wortbedeutung
eine Einheit bilden, werden sie in der Fachliteratur oft als denotativ-signifikative
Komponente und entsprechend als denotativ-signifikative Bedeutung bezeichnet.
Aber die Wörter können auch wertende semantische Merkmale haben, vgl.:
dt. Visage umg. <Gesicht mit widerwärtigem Ausdruck>, Häschen ‹kleines
Mädchen; junges, nettes Mädchen (Kosewort)›; rus. водичка (конн.) ‘уменьш.-
ласк.’ к вода, молодец (одобр.), блюдолиз (неодоб. презр.). Dieser Aspekt der
Bedeutung heißt die konnotative Bedeutung.
Die Bedeutung lässt sich in kleinere Elemente zerlegen (Seme, semantische
Merkmale, Bedeutungselemente, semantische Komponenten, Noeme usw.).

2.2. Struktur der Wortbedeutung


Die Merkmale, die das Semem am allgemeinsten charakterisieren, sind
zunächst kategorial-semantische Seme. Sie spezifizieren das Lexem als Wortart. So
ist das kategorial-semantische Sem der Verben Prozessualität, Prozess, das der
Substantive - Gegenständlichkeit, das der Adjektive – Merkmalhaftigkeit, z.B.:
15

Vater/Mutter Gegenständlichkeit
(„belebt")

„Mensch"

„verwandt"

„hervorbringende (Generation)"

„männlich” „weiblich”

Die zweite Gruppe bilden lexikalische bzw. individuelle Basisseme. Sie


stellen den begrifflichen Kern des Semems dar.
Die dritte Gruppe bilden differenzierende bzw. konkretisierende und auch
begrifflich wertende Seme, die besonders relevant bei der Komponentenanalyse der
Synonyme, Antonyme und der feldmäßigen Anordnung der Lexik sind.

2.3. Die Motiviertheit der Wortbedeutung


Die Motiviertheit ist die Beziehung zwischen Formativ (Lautung) und
Bedeutung. Dieses Verhältnis ist ein komplizierter Prozess, manchmal ist es
willkürlich gewählt und auf gesellschaftlicher Konvention begründet, d.h. die
Bedeutung ist unmotiviert. Warum haben Lautkörper Tisch, Haus; хлеб, вода
eben diese Bedeutungen, lässt sich heute kaum erklären.
Dagegen die Bedeutung der Wörter menschlich, Füllfeder, Hochhaus;
многоэтажный, подберезовик, столяр ist durch die Bedeutung ihrer
Komponenten bestimmt. Menschlich bedeutet „von der Gestalt, Art und Weise
eines Menschen”, weil das Suffix -lich eben „Art und Weise" bedeutet; Füllfeder
bedeutet „Feder zum Füllen”; Hochhaus - „ein hohes Haus", многочленный
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«состоящий из много членов», подпочва «грунт под верхними слоями


почвы», строитель «тот, кто строит, работник строительства» .
Das Motiv oder das Merkmal der Nomination wird in der Linguistik
manchmal mit dem Terminus „die innere Wortform" bezeichnet (W. Humboldt).
Man unterscheidet 3 Typen der Motivation: phonetische (phonematisch),
morphematische, semantische.
1. Phonetisch-phonematische Motivation (natürliche Motivation). Als
natürlich motiviert sind die Wörter, deren Formative einen Schall oder Laut
nachbilden vgl.: dt. miauen, wau-wau, Kuckuck, Uhu, zischen, summen; rus.
квакать, хрюкать, хи-хи-хи, мням-мням, гагагра. Man bezeichnet solche Wörter
als Onomatopoetica (russisch: oноматопея или звукоподражание).
2. Die morphematische Nominationsart ist mehr verbreitet. Sie ist typisch
für die Wörter, die aus mehreren Morphemen bestehen. Ihre Motivation ist durch
die Bedeutung von Morphemen bedingt, z.B. Rasenmäher - das Suffix -er deutet
auf ein Gerät. Rasen und Mähen sind die Merkmale, die angeben, wofür das Gerät
gedacht ist.
Im Hinblick auf den Grund der Motivation lassen sich 3 Gruppen
unterscheiden:
1) die Wörter, bei denen
der Zusammenhang mit den Bezeichnungsmotiven klar empfunden wird: dt.
Tageslicht, Lehrerzimmer, himmelblau; rus. книготорговец, самокритика,
мясомолочный;
2) die Wörter, deren
Wortstruktur durchschaubar ist, aber die Bedeutung des ganzen Wortes kann aus
den Morphembedeutungen nicht völlig erschlossen werden: dt. Tassenkopf,
Schulterblatt, Schlüsselbein; rus. танкодром, кругорама;
3) die Wörter, bei denen der Zusammenhang mit den
Bezeichnungsmerkmalen nicht mehr erkennbar ist und nur mit Hilfe der
Etymologie feststellbar ist (Schlafmütze ist die Bezeichnung für eine Person, die
lange und gern schläft, Blaustrumpf ist die Bezeichnung für eine gelehrte ohne
17

Charme Frau).
3. Semantische Motivation ist für abgeleitete Bedeutungen eines polysemen
Wortes eigen. In diesem Fall wird ein Zeichen (Wort) zur Bezeichnung eines
Objekts übertragen. Hier handelt es sich um metaphorische (dt. Schlange „lange
Reihe wartender Menschen"; Maus „eine Einrichtung im Computer"; rus.
каменеть перен. «становиться безжизненным, неподвижным; застывать (о
человеке), таять перен. «приходить в умиленное, разнеженное состояние;
млеть (обычно, восхищаясь кем-либо, испытывая влечение к кому-либо))
oder metonymische Übertragungen (Ausreise „Raum der ausreisenden
Passagiere"; Adresse „Zahl und Symbol zur Kennzeichnung einer Speicherzelle";
rus. Москва встречает гостей. Она всегда ходит в золоте).

2.4. Volksetymologie
Wenn ein Benennungsmotiv (innere Wortform) verloren geht oder aus einem
anderen Grund unbekannt ist, so ist die Wortbedeutung unklar. In manchen Fällen
versuchen die Sprachträger unbekanntes Wortmaterial mit klangähnlichen Lexemen
in eine bestimmte Beziehung zu setzen. In diesem Fall spricht man über
Volksetymologie oder Fehletymologie, Pseudoetymologie. Das Wesen dieser
Erscheinung besteht darin, dass ein Wort oder Wortteil aus irgendwelchen Gründen
unverständlich ist, an ein anderes Wort umgedeutet und lautlich umgeformt wird,
z.B. Maulwurf wird gedeutet als „Tier, das Hügel mit dem Maul aufwirft". Maul
ist hier eine Umdeutung aus niederdt. molt „Erde, Erdhügel".
Fremdes Wortgut wird auch manchmal neu semantisch motiviert, vgl.:
dt. Gouvernante durch Jungfernante, Trottoir durch Trittuar; rus. бульвар →
гульвар, смартфон (← англ. smartphone «умный телефон») → смотрофон
(сопоставление с глаголом «смотреть»), vgl. andere Beispiele aus dem
Russischen: невроз → нервоз, невропатолог → нервопатолог, лотерея →
лоторея, поликлиника → полуклиника
18

2.5. Typen der Wortbedeutungen


Es gibt verschiedene Klassifikationen von Bedeutungstypen.
Unter dem Aspekt der Nominationstechnik sind zu unterscheiden: 1)
direkte Bedeutung und 2) übertragene Bedeutung. Direkte Bedeutung entsteht bei
der primären Nomination der Denotate der objektiven Realität. So, z.B. das
Adjektiv schwarz als Farbbezeichnung hat in den Wortverbindungen „schwarze
Schuhe", „schwarzes Kleid" direkte Bedeutung. Übertragene Bedeutung entsteht
bei der sekundären Nomination, z.B. schwarze Gedanken „düstere, schwarze,
niederträchtige Pläne"; etw. schwarz kaufen bedeutet „illegal kaufen".
Mehrdeutige oder polyseme Wörter sind innerhalb der Bedeutungsstruktur
strukturiert. Den Kern eines polysemen Wortes bildet direkte Bedeutung (oder
Hauptbedeutung), die zu einem bestimmten Zeitpunkt als gesellschaftlich
wichtigste Bedeutung im Bewusstsein der Sprachträger zuerst realisiert wird.
Alle anderen Bedeutungen sind Nebenbedeutungen, die man als übertragene
abgeleitete (npoизводные) Bedeutungen bezeichnet.

Literatur
1. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. - S. 14-21.
2. Lewkowskaja X.A. Lexikologie der deutschen Gegenwartsprache. - M.,
1968. – S. 33-35.
3. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a : „Nowa
knyha“, 2003. - S. 39-42, 67-74.
4. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1984. – S. 42, 69-70, 90-96, 100-101.
5. Stepanova M.D., Cernyseva I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 2003. - S. 9-22.
6. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – Leipzig, 1987. – S. 16-28.
19

7. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка: Курс


лекций. - M., 2004. - C. 21-23, 35-37, 44-45.
Fragen zum Thema
1. Was ist ein Wort?
2. Was sind die Wesensmerkmale des Wortes?
3. Was gehört zur phonetischen Gestaltung des deutschen Wortes?
4. Was ist unter der morphologischen Struktur des deutschen Wortes zu
verstehen?
5. Worin besteht das Wesen der lexikalischen Bedeutung?
6. Was versteht man unter der Struktur der Wortbedeutung?
7. Was ist die Motiviertheit der Wortbedeutung?
8. Worauf ist die Volksetymologie zurückzuführen?
9. Welche Typen der Wortbedeutungen gibt es?

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie den Typ der Varianten bei folgenden Wörtern:
morphologische, wortbildende oder stilistische Variante
a) Wahnbild – Wahngebilde, Begier – Begierde, Berggipfel – Bergesgipfel
b) sich erkälten – sich verkälten (süddt.); die Länder – die Lande (poet.),
sich aussprechen – sich aussülzen/ausschwatzen
2. Analysieren Sie die morphologische Struktur folgender Wörter und
bestimmen Sie: a) Wurzelmorpheme; b) Derivationsmorpheme; c) grammatische
Morpheme; d) Quasimorphem/ unikales Morphem/Submorphem.
Beispiel 1: Lehrer →Lehr(a)-er(b)
Die morphologische Struktur des Substantivs Lehrer besteht aus dem
Wurzelmorphem Lehr- und dem suffixalen Derivationsmorphem –er.
Beispiel 2: gehabt → ge(c)-hab(a)-t(c)
Die morphologische Struktur des Wortes gehabt setzt sich aus drei Morphemen
zusammen: aus einem Wurzelmorphem hab-, grammatischem Morphem ge- und
grammatischem Morphem (Endung) –t.
20

Tisch, Arbeiter, Urwald, stärker, badete, gegangen, angekommen, die Farbe


des Kleides, Zimmertür, Bücher, Öffnungszeit, unaufhörlich, Verhandlungen,
Forstmann, Buschwerk, Beschluss, Verstand, Wirtschaftsplan, Liebespaar,
Sonnenstrahl, Nachtigall, Geziefer, Löffel, Ungeheuer
3. Bestimmen Sie den Typ der Motivation bei folgenden Wörtern: a)
phonetisch-phonematische Motivation/natürliche Motivation; b) die
morphematische Nominationsart; c) semantische Motivation
der Wirrwarr, das Ticktack, huschen, ach! Schlafzimmer, Windjacke,
Frühlingsblume, Bäcker, Lehrer, unlesbar, fehlerlos, Birne/Rübe/Kürbis
(Menschenkopf), Fünfzimmerwohnung, vergrößern, husch! verkleinern, piepsen,
das Töfflöff, Hase (ein furchtsamer Mensch), quaken, summen, der Uhu, miauen,
Fuchs (ein listiger Mensch), ein Pfau (ein eitler Mensch), eine Pute (eine dumme
aufgeblasene Person); er ist ein kluger /feiner/heller Kopf, Badezimmer, bauz!
4. Wodurch wird die Fehletymologie in den angeführten Beispielen
hervorgerufen:
Schlittschuhe (ursprünglich: Schrittschuhe „Schuh zum weiten Schritt“)
hantieren „sich mit etwas beschäftigen“ (franz. hanter „j-n oft besuchen“)
Morast „Moor, Sumpf, bewachsen mit Gesträuch“ (franz. marais „Quelle)
5. Bringen Sie Beispiele für die Wörter mit direkter und übertragender
Bedeutungen.
Tests zum Thema
1. Analysieren Sie die morphologische Struktur folgender Wörter und
bestimmen Sie: a) Wurzelmorpheme; b) Derivationsmorpheme; c) grammatische
Morpheme.
Variante A Variante B
1. Schüler 1. höher
2. gegeben 2. Unterrichtsraum
3. Sonnenstrahl 3. (du) nimmst
4. Vorzimmer 4. unlesbar
5. arbeitslos 5. Besucherinnen
21

6. machte 6. angekommen
7. Köpfe 7. Mann
8. там 8. вчера
9. Arbeitsfelder 9. rotes Kreuz
10. bemalte Wände 10. Fussballanhänger
11. столик 11. столище
2. Was für ein Typ der Motivation ist bei folgenden Wörtern:
a) phonetisch-phonematische; b) morphematische; c) semantische:
Variante A Variante B
1. Sommerhut 1. Wintermantel
2. Besucher 2. quieken
3. Saufloch (=Trinker) 3. Blech (= Geld)
4. каркать 4. охать
5. bärenhungrig (sein) 5. arbeitslos
6. Maus (beim Computer) 6. Feder (zum Schreiben)
7. Schlafmütze (= ein lang schlafender 7. Maulschuster (= Zahnarzt)
Mensch)
8. beschuht 8. Quäler
9. lächeln 9. Wauwau (Kinderspr. Hund)
10. ächzen 10. vernagelt (= dumm)
11. прилетать 11. антивоенный
22

3. WORTSCHATZERWEITERUNG DURCH WORTBILDUNG

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


3.1. Gegenstandsbereich der Wortbildung.
3.2. Allgemeine Charakteristik der wichtigsten Begriffe der
Wortbildungslehre
3.3. Die Wortbildungsarten im Deutschen
3.4. Die Wortbildungsarten im Russischen
3.5. Die Wortbildungsregeln im Russischen
3.6. Die semantische Modellierung in der Wortbildung
3.7. Lexikographische Probleme der deutschen Wortbildung

Schlüsselworte: Wortbildung, Wortbildungsart, der primäre Stamm, der


sekundäre Stamm, das Wortbildungsmittel, Affix, das Wortbildungsmodell,
Basiswort, Ableitung, Zusammensetzung

3.1. Gegenstandsbereich der Wortbildung


Der Terminus „Wortbildung" ist zweifach zu betrachten: als Beschreibung
der Prozesse, die der Entwicklung des Wortschatzes dienen (prozessueller
dynamischer Aspekt) und als Analyse der fertigen Wortstrukturen (analytischer
statischer Aspekt).
Unter Wortbildung versteht man die Entstehung neuer Wörter aus den in
der Sprache vorhandenen Wortstämmen auf Grund bestimmter Regeln nach den
in der Sprache festgelegten Mustern oder Modellen.
Zu den Aufgaben der Wortbildungstheorie gehören folgende Aufgaben:
1) Die Erfassung des Inventars der Wortbildungsmittel, deren
Klassifizierung und Ordnung nach dem Grad der Produktivität.
2) Die Beschreibung der Regeln und Modelle, nach denen neue
Wortbildungskonstruktionen (WBK) entstehen können und Erfassung der
Bedingungen, unter denen sie tatsächlich gebildet oder verhindert werden.
23

3) Die Benutzung der Möglichkeiten diachronischer Untersuchungen, um


die Prozesse der Idiomatisierung, Demotivierung und Lexikalisierung erklären
zu können.

3.2. Allgemeine Charakteristik der wichtigsten Begriffe der


Wortbildungslehre
Zu den Hauptbegriffen der Wortbildung zählt man gewöhnlich folgende
Begriffe: der primäre und der sekundäre Stamm des Wortes, das
Wortbildungsmittel, das Wortbildungsmodell, die Wortbildungsart, die
Wortmotivation, die Wortbildungsbedeutung, das Wortbildungsnetz, die
Wortbildungsregeln, die semantische Modellierung in der Wortbildung.
3.2.1. Der primäre und der sekundäre Stamm. Der sekundäre Stamm ist
Stamm des zu analysierenden abgeleiteten oder zusammengesetzten Wortes als
einer fertigen Ganzheit; der primäre Stamm geht in den Bestand des sekundären
Stamms ein. So ist Tischler sekundärer Stamm, tisch - primärer Stamm,
Tischtuch – sekundärer Stamm, tisch und tuch sind primäre Stämme.
3.2.2. Die Wortbildungsmittel im Deutschen. Das Wortbildungsmittel ist
ein konkretes Morphem, ein lexikalisches Affix, das neben dem primären
Stamm ausgesondert wird. Je nach der Position des Wortbildungsmittels
bezüglich des Stammes unterscheidet man Suffixe und Präfixe. Zu den
Wortbildungsmitteln zählt man auch die sogenannte innere Flexion (Ableitung),
die auch an der Entstehung des sekundären Stamms teilnimmt. Zur inneren
Flexion (Ableitung) zählt man den Umlaut (Garten – Gärtner), den Ablaut
(trinken - Trunk, werfen - Wurf); die Brechung (stechen - Stich); den
Konsonantenwechsel (heben - Hefe, schlagen – Schlacht). Im Unterschied zum
Deutschen gilt im Russischen der Konsonantenwechsel nicht als selbständiges
Wortbildungsmittel, sondern es kann eine Wortbildungsart begleiten, z.B.: книга
книжный; рука – ручка. Zu den Wortbildungsmitteln zählt man im Deutschen
auch Halbaffixe (Halbsuffixe und Halbpräfixe).
Unter Halbaffixen versteht man Anfangs– und Finalkomponenten von
24

Zusammensetzungen, die:
1) Seriencharakter der Lexeme bilden;
2) die Funktion der Affixe erfüllen;
3) ihre formelle Identität und etymologische Verwandschaft mit freien
Korrelaten aufweisen;
4) semantisch teilweise oder völlig transformiert sind (M.D. Stepanova).
M.D.Stepanova zählt zu dieser Kategorie der Wortbildungsmittel folgende
Anafangs- und Finalkomponenten von Zusammensetzungen:
Halbsuffixe der Substantive: -mann, (-leute, -männer), -frau, -bild,
-person, -hans, -liese, -peter, -meier, -fritze (für Personenbezeichnungen);
-stück, -werk, -zeug (für Bezeichnungen der leblosen Einzeldinge oder
der Kollektiva); -mut, -sinn, -lust, -sucht, -gier, -kunde, -wesen (mit
abstrakter Bedeutung).
Halbsuffixe der Adjektive: -los, -frei, -leer, -arm (drücken den Mangel an
etwas oder das Fehlen aus);
-reich, -voll (bezeichnen das Vorhandensein von etwas in hohem Maße)
Halbsuffixe der Adverbien: -weise, -maßen, -halben, -dings (drücken
verschiedene Schattierungen der Modalität aus);
-halben, -willen (mit kausal-konsekutiver Bedeutung);
-seits, -weg (mit lokaler Bedeutung, meist in übertragenem Sinn).
Halbpräfixe der Substantive und Adjektive: riese (n)-, mord(s)-,
blitz-, grund-, stock-, stein-, kreuz-, blut-, hoch-(höchst-), über-, all-(allzu-,
aller-), stink- (mit verstärkender Bedeutung);
-ab-, vor-, neben- (mit lokaler Bedeutung, auch in übertragenem Sinn);
ober- (mit der Bedeutung eines höheren Ranges).
Halbpräfixe der Verben: ab-, an-, auf-, aus-, bei-, ein-, mit-, nach-, vor-,
zu-; hinter-, über-, um-, unter-, wider-.
3.2.3. Das Wortbildungsmodell. Unter dem Wortbildungsmodell versteht
man in der Wortbildungslehre „stabile Struktur, die über eine
verallgemeinerte lexikalisch-kategorielle Bedeutung verfügt und geeignet ist, mit
25

verschiedenem lexikalischem Material ausgefüllt zu werden" (M.D. Stepanova).


Neben dem Terminus „Modell” wird auch der Terminus „Wortbildungstyp”
gebraucht. In der Russistik bezeichnet man damit „ein Modell” mit Beschränkung
durch eine und dieselbe morphologische Wortart. W. Fleischer definiert den
Wortbildungstyp als ein Muster, nach dem Wörter gebildet werden.
Man unterscheidet produktive und nichtproduktive Wortbildungsmodelle.
Im ersten Fall handelt es sich um solche Muster, nach denen in einer bestimmten
Zeit neue Wörter massenweise entstehen, im zweiten Fall sind diese Muster noch
„lebendig", aber von vielen Neubildungen kann man nicht sprechen.
3.2.4. Die Wortmotivation. Die Wortmotivation ist ein semantischer
Begriff und entspricht teilweise dem Begriff „innere Wortform”, er hat aber
einen rein synchronen Charakter. Es handelt sich um die Bedeutung, die durch
die Semantik des Wortbildungsmodells und die lexikalische Bedeutung des
primären Stammes bestimmt wird, z.B. Arbeiter „ein Mann, der arbeitet", „ein
arbeitender Mann"; Zimmertür - „die Tür des Zimmers", Missernte -
„misslungene Ernte", analog im Russischen: столик «маленький стол», ледяной
«состоящий из льда». Motiviert können nur Ableitungen und
Zusammensetzungen sein. Die phonetische (natürliche) Motiviertheit (der
Kuckuck, piepsen u.a.) stützt sich auf den Lautklang des Wortes, darum geht es
in diesem Fall um eine ganz andere Art von Motivation. Es gibt viele Wörter,
deren Motivation nur im übertragenen Sinne zu verstehen ist (Goldherz - ein
goldenes, d.h. ein gutes Herz; Samtaugen - Augen wie Samt, bleischwer - schwer
wie Blei). Die Motivation kann auch vollständig verdunkelt sein, z. B. Ohrfeige,
Junggeselle, höflich.
3.2.5.Wortbildungsbedeutung. Unter Wortbildungsbedeutung eines
Wortes versteht man die Bedeutung eines Wortbildungsmodells, die in diesem
Lexem realisiert wird, z.B. die Wortbildungsbedeutung der Lexeme Lehrer,
Arbeiter, Schüler ist die Bedeutung der handelnden Person (rus. станочник/
крановщик/лебедчик ‘тот, кто обслуживает станок/кран/лебедку’).
Die wortbildende Bedeutung bezieht sich immer auf eine Gruppe von
26

Lexemen, denn man nennt sie oft „eine Gruppenbedeutung" und sie unterscheidet
sich von der lexikalischen und grammatischen Bedeutung. Die lexikalische
Bedeutung ist immer individuell, die grammatische Bedeutung kennzeichnet sich
durch höheren Grad der Abstraktion und bezieht sich auf größere Wortgruppen.
3.2.6. Wortnest. Der Begriff „Wortnest" berührt sich mit dem Begriff
„Wortfamilie", d.h. mit der etymologischen Verwandschaft aller Wörter, die
historisch gesehen auf ein und dasselbe Wurzelwort zurückkommen (vgl.: dt.
fahren, Fahrer, Fahrt; Fahrerei, fahrbar, befahren ← fertig; rus. cухой, сушить,
осушить). Das Wortnest enthält die Wörter, die nicht nur etymologisch, sondern
auch semantisch in der Gegenwartssprache mit einander verbunden sind. So
gehören dem Wortnest mit dem Zentrum „fahren" alle obengenannt Wörter mit
Ausnahme von fertig.

3.3. Die Wortbildungsarten im Deutschen


Darunter versteht man die Art und Weise, das Verfahren der Bildung von
Wörtern. Die wichtigsten Arten der Wortbildung im Deutschen sind folgende:
3.3.1. Zusammensetzung (Komposition), der Prozess der Verbindung von
zwei oder mehreren Wurzelmorphemen (lexikalischen Stämmen, Wörtern) zu einer
ganzgestalteten Einheit. Das Ergebnis dieser Wortbildungsart ist ein
zusammengesetztes Wort (Zusammensetzung, Kompositum). Alle
zusammengesetzten Wörter teilt man in 2 große Gruppen:
1) determinative Komposita (Bestimmungszusammensetzungen). Sie lassen
sich immer in 2 unmittelbare Konstruktionen (UKs) zerlegen, unabhängig von der
Zahl der Morpheme in jeder Konstruktion. Die 2. UK bestimmt die Wortart des
ganzen Wortes und heißt das Grundwort, die 1. UK bestimmt die Beziehung zur 2.
UK determinierend und heißt das Bestimmungswort. Vom formalen Standpunkt
aus lassen sie sich weiter in zwei Gruppen teilen: echte (eigentliche) Komposita,
deren UKs sich miteinander unmittelbar, d.h. ohne Bindeelemente verbinden
(Lichtstrahl, Schreibtisch, dunkelblau); unechte (uneigentliche) Komposita, die ein
Fugeelement enthalten (Tageslicht, kinderleicht, Sonnenstrahl, Werdegang);
27

2) nichtdeterminierte Komposita. Ihre Besonderheit ist folgende: sie lassen


sich nicht unbedingt in 2 UKs gliedern. Dazu gehören kopulative (additive)
Komposita, deren Komponenten mit einander reihend verbunden sind (Dichter-
Komponist, ein deutsch-russisch-englisches Wörterbuch); die sogenannten
Imperativnamen (das Tischleindeckdichselbst, das Vergissmeinnicht);
substantivierte präpositionale Gruppen (der Ohnebart) und manche andere.
Zur nächsten Gruppe zählt man Zusammenrückungen, d.h. solche
Komposita, die der Struktur und der Stellung ihrer UKs nach erstarrte syntaktische
Fügungen darstellen und zu einer Worteinheit gekoppelt sind (weitberühmt,
gutaussehend, dreitausend u.a.).
3.3.2. Ableitung (Derivation), die je nach ihrem Wortbildungsmittel a)
präfixale Ableitung (schreiben → beschreiben); b) suffixale Ableitung (studieren
→Student); c) präfixal-suffixale Ableitung (aufhören → unaufhörlich); d)
halbaffixale Ableitung (halbsuffixale, halbpräfixale) (See → Seemann; dunkel →
stockdunkel) sein kann. In allen obengenannten Fällen geht es darum, dass an das
Wurzelmorphem ein wortbildendes Morphem angekoppelt wird, darum nennt man
alle diese Ableitungen als explizite Ableitung.
Es gibt auch  implizite Ableitung, d.h. Ableitung ohne Affixe, manchmal
innere Ableitung genannt oder Transfiguration (W. Henzen), z.B.: Fisch → fischen,
Tischler → tischlern, Ruf → rufen, Schrei → schreien, Kauf → kaufen; Trunk →
trinken.
Eine Abart der impliziten Ableitung ist die Konversion (lesen → das Lesen).
Je nach dem, in welche Wortart das Lexem übergeht, spricht man dabei über die
Verbalisierung (Film - filmen; Land - landen), Adjektivierung (ernst, schuld),
Adverbialisierung (sontags, daheim, nachts), Substantivierung (laufen – das
Laufen, lesen – das Lesen). Die Substantivierung ist die produktivste
Wortbildungsart der Konversion.
3.3.3. Zusammenbildung. Mit diesem Terminus bezeichnet man eine
besondere Wortbildungsart, deren Wesen als Resultat zweier Wortbildungsarten
ist: Zusammensetzung und Ableitung. Diese Zusammenbildungen kommen immer
28

auf eine Wortgruppe zurück, z.B. Stubenhocker „in der Stube hocken", rotbäckig
„rote Backen", Besserwisser „besser wissen". Die Zusammenbildung ist eine sehr
produktive Wortbildungsart in der deutschen Gegenwartssprache. Der formale
Unterschied von den Zusammensetzungen besteht darin, dass in den meisten
Fällen, die von den ersten Gliedern getrennten Teile (hocker- bäckig- wisser)
keine Wortstämme sind und dementsprechend keine selbstständigen Korrelate
besitzen.
3.3.4. Kurzwortbildung. Das Wesen dieser Wortbildungsart besteht in der
Kürzung verschiedener Art von Vollformen. Man unterscheidet viele Abarten
dieser Bildungen.
1) Initial- und Kurzwörter, die aus an einander gereihten Großbuchstaben
bestehen, die buchstabiert werden (OB - Oberbürgermeister, MS - Motorschiff,
EM - Europameister). Zu den Initialwörtern gehören auch phonetisch gebundene
Wörter (iga - [i:ga] - Internationale Gartenausstellung, WOK [wo:k] - Wäsche
ohne Kochen).
2) Silbenwörter, in denen Anfangssilben oder andere willkürlich gewählte
Wortteile gekoppelt werden (Spowa ← Sportwarenhaus, Nirosta ← nicht
rostender Stahl, Jumo ← Jugendmode).
3) Eine Übergangsgruppe zwischen den Initialwörtern und den
determinativen Zusammensetzungen bilden Lexeme, die aus einem Wortteil
und einem Wortstamm bestehen (U-Bahn, K-Wagen, TT-Turnier
(Tischtennisturnier).
4) Klappwörter, die weiter zerfallen in:
a) Kopfwörter, bei denen nur der Anfang für das ganze Wort auftritt,
z.B.
Akku (mulator), Auto (mobil), Labor(atorium), Lok(omotive), Limo(nade) ;
b) Schwanzwörter, bei denen nur das Ende („der Schwanz") übrig
bleibt,
(Omni)bus, (Vioen)celle, (Regen)schirm, (Schallplatte, (Eisen)bahn;
c) Kofferwörter, die durch die Kürzung der Mitte des Wortes
29

entstehen
(Motel (Motorhotel); Krad (Kraftfahrrad);
d) Kunstbildungen (Kunst-Wörter) sind verschiedene Bezeichnungen
von
Waren, sowie Termini in Wissenschaft und Technik (Minol = Mineralöl,
Exakta = die Namen von Photoapparaten).
6) graphischen Abkürzungen (S. (die Seite), Jh. (Jahrhundert), vgl.
(vergleiche), bzw. (beziehungsweise), sog. (= sogenannt).
3.3.5. Reduplikation ist die Wortbildungsart, die in der Wiederholung
der Anfangssilben oder anderer Elemente besteht. Dabei lassen sich folgende drei
Haupttypen unterscheiden:
1) einfache Doppelungen, dabei wird der gleiche Lautkomplex zweimal
wiederholt (Papa, Mama, Popo, Wau-wau, Bonbon);
2) Reimbildungen, bei denen die Anlautkonsonanten der beiden
doppeltgesetzten Wortteile variieren (Heckmeck ‹dummes Geschwätz›;
Larifari ‹wertloses Gerede›, Picknick);
3) Ablautbildungen zeigen Vokalvariation (Mischmasch, Singsang,
Zickzack).
3.3.6. Wortkreuzung (Wortmischung, Kontamination). Darunter versteht
man die Verschmelzung von Teilen zweier oder mehrerer Wörter zu einem neuen
Wort, z.B. Erd(apfel) + (Kar)toffel = Erdtoffel, Heideweizen = Heide(korn)+
(Buch)weizen, Postkarte =Post(blatt) + (Correspodenz)karte).
3.3.7. Die Rückbildung (retrograde, inversive Ableitung) ist eine
Wortbildungsart, derer Wesen in der Kürzung für längere Ableitungen besteht, z.B.
Freimut ← freimütig, Hochmut ← hochmütig, notlanden ← Notlandung.

3.4. Die Wortbildungsarten im Russischen


Im Russischen unterscheidet A.I. Moyssejew in seinem Buch „Основные
вопросы словообразования в современном русском литературном языке“ (Л.,
1987) folgende Wortbildungsarten:
30

1) affixale Wortbildung (rus. аффиксация);


2) Zusammensetzung (rus. основосложение/образование сложных слов);
3) Kurzwortbildung (rus. аббревиация);
4) Konversion (rus. транспозиция).
Die affixale Wortbildung zerfällt nach der Meinung von A.I. Moyssejew in
einfache (простая аффиксация) und kombinierte (комбинированная деривация)
Derivation.
Zur affixalen Derivation gehören:
1) die Präfigierung (präfixale Wortbildung), d.h. die Bildung der Wörter mit
Hilfe von Präfixen, z.B.: писать → написать/ дописать/ подписать; город →
пригород; завтра → послезавтра;
2) die Suffigierung d.h. die Bildung neuer Wörter mit Hilfe von Suffixen,
z.B.: писать → писатель; город → городской; белый → белеть;
3) Null-Suffigierung (нулевая суффиксация или безаффиксальный
способ), d.h. die Bildung neuer Wörter mit Hilfe des Null-Suffixes, z.B.:
переходить → переход; звать → зов; выстрелить → выстрел; злой → зло
(vgl. im Deutschen mit der impliziten Derivation: rufen → Ruf, gehen → Gang).
Die kombinierte Derivation schließt in sich folgende Abarten der
Wortbildung:
1) präfixal-suffixale Wortbildung, bei der an das Basiswort gleichzeitig
zwei Affixe (Präfix und Suffix) angekoppelt werden, z.B.: стакан →
подстаканник; береза → подберезовик; рука → наручный; дремать →
вздремнуть;
2) präfixal-null-suffixale Wortbildung (префиксально-нуль-
суффиксальный способ), z.B.: мороз → изморозь; седой → проседь; ус →
безусый; хвост → бесхвостый;
3) präfixal-postfixale Wortbildung (префиксально-постфиксальный
способ), z.B.: думать → вдуматься; гулять → нагуляться; работать →
сработаться;
4) suffixal-postfixale Wortbildung (суффиксально-постфиксальный
31

способ), z.B.: колос → колоситься; слеза → слезиться;


5) präfixal-suffixal- postfixale Wortbildung (префиксально-cуффиксально-
постфиксальный способ), z.B.: смелый → осмеливаться; не → отнекаться.
Bei der Zusammensetzung (rus. основосложение/образование сложных
слов) werden gewöhnlich zwei Stämme miteinander durch ein
Verbindungselement (Interfix) zusammengekoppelt, z.B.: снег-о-пад; земл-е-мер,
длинн-о- ус-ый.
Einige zusammengesetzte Wörter werden mit Hilfe von Suffixen gebildet
(сложносуффиксальный способ) (vgl. im Deutschen Zusammenbildung), z.B.:
животн-о-вод-ств-о, молот-о-бо-ец, земл-е-дел-ие.
Die Kurzwortbildung (rus. аббревиация) zerfällt im Russischen in
verschiеdene Typen:
1) Initial- und Kurzwörter, die aus an einander gereihten Großbuchstaben
bestehen, die buchstabiert werden, z.B. ООН, США, ФРГ, МГУ, ПТУ;
2)  Silbenwörter, in denen der erste Teil des Kurzwortes gewöhnlich auf
einen Konsonanten auslautet: местком, сельмаг, завхоз;
3) Kurzwörter, bei denen nur der Anfang gekürzt wird: стен-газета,
сбер-касса, гор-совет, проф-союз.
Die Konversion (rus. транспозиция) erfolgt ohne Affixe. Je nach dem, in
welche Wortart das Lexem übergeht, unterscheidet man u.a.:
1) Substantivierung (столовая, операционная, раненый, поцелуй);
2) Adjektivierung (выдающийся, блестящий);
3) Numeralisierung: раз ‘один’ (при счете);
4) Pronominalisierung : один ‘какой-то’ (Вас там один гражданин
спрашивает).

3.5. Die Wortbildungsregeln im Deutschen


Darunter versteht man die Gesetzmäßigkeiten der Verbindbarkeit der UKs
des lexikalischen Stammes, was M.D. Stepanova als „innere Valenz des Wortes"
bezeichnet im Unterschied zu der äußeren Valenz des Wortes, wo es sich um die
32

Fähigkeit des Wortes handelt, Verbindungen mit anderen Wörtern einzugehen


und grammatisch richtige Wortfügungen zu gestalten. So besitzen solche Wörter
wie „machen", „ähnlich" und viele andere als Folge ihrer Synsematie eine
obligatorische Valenz, d.h. die verlangen einen obligatorischen Mitspieler (eine
Arbeit machen, dem Vater ähnlich sein).
Den Terminus „innere Valenz des Wortes" hat in den linguistischen Umgang
in den 60-er Jahren des 20.Jh. Stepanova eingeführt. Sie unterschied: 1) die
formalen Gesetzmäßigkeiten der Füllung der Wortbildungsmodelle (phonetische,
strukturelle, morphologische, genetische) und 2) semantische Gesetzmäßigkeiten
der Zusammenfügung der UKs des lexikalischen Stammes.
Die phonetischen Gesetzmäßigkeiten sind wenig untersucht, aber in der
Fachliteratur gibt es manche Hinweise darauf. Die Wahl der Bindeelemente in den
Zusammensetzungen hängt oft vom Auslaut der 1. UK ab, z.B. das Fugeelement
„s" wird nach den so genannten „schweren Suffixen" verwendet (-heit:
Freiheitsliebe; -schaft: Wirtschaftsplan; -tum: Eigentumsverhältnisse; -ung:
Regierungserklärung; -tion: Revolutionszeit; -tät: Elektrozitätswerk).
Die strukturellen wortbildenden Gesetzmäßigten hängen davon ab, welche
wortbildende Struktur die primären Stämme haben. Es ist so gut wie bewiesen, je
einfacher die Struktur des Wortstammes ist, desto eher kann er an der Ableitung
und Zusammensetzung beteiligt sein. Mit den abgeleiteten Wort-stämmen auf
-lich, -bar, -ig, -sam lässt sich das Suffix -keit und nicht seine Variante -heit
verbinden (Farbigkeit, Nachgiebigkeit, Erblichkeit, Öffentlichkeit, Seltsamkeit,
Strafbarkeit).
Die morphologische innere Valenz. Es geht in diesem Fall darum, in wie
weit die Wortart des primären Stammes die Wahl der Affixe bestimmt. Die Präfixe
lassen sich deutlich in nominale und verbale teilen. Die Präfixe erz-, ur-, anti-, un-
u.a. verbinden sich nur mit den nominalen Wortarten (Substantiven und
Adjektiven) (Unglück, Erzdieb, Urwald, unschön usw.).
Die Suffixe sind in dieser Hinsicht im Vergleich zu den Präfixen weniger
spezialisiert, d.h. sie können in den meisten Fällen an verschiedene
33

morphologische Stämme treten (Lehrer, Engländer, Zwanziger).


Vom Standpunkt der Genesis aus, d.h. genetischen Gesetzmäßikeiten, gibt es
einen wesentlichen Unterschied zwischen der Zusammensetzung und der
Ableitung. Die determinativen nominalen Komposita enthalten oft Uks
verschiedener Herkunft (Autozubehör, Bromwasser, Kühlapparat, rosafarben).
Was die Ableitungen anbetrifft, so gibt es eine deutlich ausgeprägte Tendenz: die
deutschen Affixe verbinden sich mit deutschen primären Stämmen, die fremden -
mit fremden Stämmen. Ausnahmen sind relativ selten (hausieren, stolzieren,
Blumist, Antikörper).
Die innere semantische Valenz. Darunter versteht man die semantische
Kongruenz der Uks; man kann die semantische Valenz teilweise mit der äußeren
Valenz des Wortes vergleichen, weil es sich um die Wortbedeutung handelt, d.h.
ebenso wie die Wörter verbinden sich die UKs des lexikalischen Stammes nicht
unwillkürlich, sondern unterliegt diese Verbindbarkeit vor allem der
semantischen Kongruenz (blondes Mädchen, blonder Junge, aber nicht
**blondes Pferd). Synonyme Präfixe erz- und un- in der verstärkenden
Bedeutung unterscheiden sich in der Wahl des primären Stammes. Das Präfix
erz- verbindet sich mit der 1. UK, die eine Person bezeichnet, dabei geht es um
die qualitative Charakteristik dieser Person (Erzhalunke, -schelm, -feind). Das
Präfix un- verbindet sich mit den Substantiven, die eine quantitative
Charakteristik bezeichnen (Unsumme, -tiefe, -menge, -zahl, -geld).

3.6. Die semantische Modellierung in der Wortbildung


In der heutigen Sprachlehre gibt es einige Versuche, die Modellierung in
der Wortbildung auf Grund der Semantik durchzuführen. Der erste Versuch auf
diesem Gebiet gehört dem Romanisten K. Baldinger, der den Begriff
„semantische Nische" eingeführt hat. Unter der semantischen Nische versteht man
Wortgruppierung mit einer und derselben Struktur und mit einer und derselben
Semantik. Die Substantive auf -er lassen sich in drei Nischen teilen: 1) die
Wortgruppierung, die eine Person bezeichnen (Lehrer, Arbeiter, Schüler); 2) die
34

Wortgruppierung mit gegenständlicher Bedeutung (Halter, Bohrer, Aufhänger); 3)


die Wortgruppierung, die eine Handlung bezeichnen (Säufzer, Ächzer, Verbeuger).
Eine weitere Analyse gehört L. Weisgerber, der nicht nur „Wortnischen"
aussondert, sondern auch ganze „Wortstände". J. Erben spricht in diesem Fall
über die funktionalen Stände, d.h. Wortgruppierungen mit verschiedenen
Wortstrukturen, aber mit derselben oder ähnlichen wortbildenden Semantik. So
kann man den Wortstand „Beginn der Handlung" durch folgende Wortnischen
gestalten: das sind Gebilde mit den Präfixen an- (anzünden, anbrennen); ent-
(entflammen); er- (erschallen, erklingen); los- (losfahren, losgehen); -auf
(aufschreien, auftönen).

3.7. Lexikographische Probleme der deutschen Wortbildung


Die bekanntesten Wörterbücher der deutschen Wortbildung sind folgende:
1) Lexikon zur Wortbildung von G. Äugst (Tübingen, 1975);
2) Словарь словообразовательных элементов немецкого языка под
руков. М.Д. Степановой (M., 1979).
Das dreibändige Wörterbuch von G. Augst wird als der erste Versuch
betrachtet, das Wortbildungssystem der deutschen Sprache in einem Wörterbuch
darzustellen. 
Das zweite Wörterbuch enthält 766 Wortbildungselemente der deutschen
Sprache. Es muss unterstrichen werden, es sei das erste Wörterbuch, in dem das
deutsche Wortbildungssystem als Ganzes erfasst ist und die allseitige
Beschreibung der Wortbildungselemente auf speziell erarbeiteten Prinzipien
beruht.
Literatur
1. Fleischer W. Barz I. Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. -
2., durchgesehene Auflage. - Tübingen: Niemeyer, 1995. – S. 44-52.
2. Fleischer W. Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. - 3.,
überarbeitete Auflage. - Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1974. - S. 53-80.
3. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. - S. 123-168.
35

4. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: „Nowa


knyha“, 2003. - S. 218-229.
5. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1987.
6. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. M., 1986. - S. 78-148 (M., 2003. - S. 78-149).
7. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – M., 2005. - S. 98-116.
8. Современный русский язык. Теория. Анализ языковых единиц. В
двух частях. По ред. Е.И. Дибровой. – М., 2001.- С. 498-516.
9. Словарь словообразовательных элементов немецкого языка (под
руководством М.Д. Степановой) - M.: Pycский язык, 1970.
10. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. -M., 2004.-C. 52-83.

Fragen zum Thema


1. Was versteht man unter der Wortbildung?
2. Was sind die Aufgaben der Wortbildungstheorie?
3. Was sind der primäre und der sekundäre Stamm? Zeigen Sie den
Unterschied zwischen diesen Begriffen anhand der Beispiele.
4. Was ist unter dem Wortbildungsmittel zu verstehen? Was zählt man zu
den Wortbildungsmitten?
5. Was sind die Wesensmerkmale von Halbaffixen? Führen Sie Beispiele
dazu.
6. Was ist unter dem Wortbildungsmodell zu verstehen?
7. Womit ist die Wortmotivation verbunden? Erklären Sie diesen
semantischen Begriff anhand eines Beispiels.
8. Was versteht man unter der Wortbildungsbedeutung eines Lexems?
9. Erläutern Sie den Begriff „das Wortnest“ und führen Sie dafür ein
Beispiel.
36

10. Was ist die Wortbildungsart? Wie heißen wichtigsten Arten der Wortbildung
im Deutschen ?
11. Was versteht man unter der Zusammensetzung? Welche Typen der
Zusammensetzung gibt es im Deutschen?
12. Was ist unter der impliziten und expliziten Ableitung zu verstehen?
13. Was bezeichnet man mit dem Terminus „Zusammenbildung“?
14. Worin besteht das Wesen der Kurzwortbildung? Welche Unterarten der
Kurzwortbildung gibt es im Deutschen?
15. Was versteht man unter der Reduplikation? Nennen Sie ihre Haupttypen

Aufgaben zum Thema


1. Finden Sie in den angeführten Beispielen die Wortbildungsmittel: a)
Suffixe; b) Präfixe; c) Halbsuffixe; d) Halbpräfixe; e) Kombination von „Präfix +
Suffix“:
Wissenschaft, Marktfrau, Ehemann, преглубокий, Beschluss, demokratisch,
Hausfrau, Klang, Unsumme, футболист, Bäckerei, ängstigen, заречье, essbar,
bejahrt, сверхприбыль, Schlacht, Höllenhitze, посольство, Bullenglück,
неразрывный, Fachmann, Putzfrau, подстаканник
2. Um welchen Typ der Zusammensetzungen geht es hier: a) um
determinative (Bestimmungszusammensetzungen); b) um nichtdeterminierte
(kopulative / additive) Komposita:
taubstumm, Hausschlüssel, диван-кровать, deutsch-russisch,
второразрядник, Wohnungstür, мореплаватель, Bücherschrank, Strumpfhose,
blauweiß, Dichterkomponist, Sonnenbrille, Strichpunkt.
3. Bestimmen Sie die Unterart der Ableitungen: a) präfixale; b) suffixale;
c) präfixal-suffixale; d) halbsuffixale; e) halbpräfixale; g) präfixal-postfixale; h)
suffixal-postfixale; i) präfixal-suffixal-postfixale
Finden Sie bei diesen Ableitungen auch ihre Basiswörter und kommentieren
Sie sie nach dem Beispiel:
37

Muster: Arbeiter (← arbeiten). Das Substantiv der Arbeiter ist vom Verb
arbeiten mit Hilfe des Suffixes – er abgeleitet; es ist also die suffixale Ableitung.
Forscher, Geschrei, набегаться; Erzschurke, колоситься, unaufhörlich,
Affentempo, beschreiben, beweglich, вчитаться, entgeistert, Vorabend,
Demokratisierung, regelmäßig, петушиться; lächeln, прилуниться,
ausnahmsweise, stinkfaul, прибедняться, stockfinster
4. Bestimmen Sie die Abart folgender impliziter Ableitungen (Konversion):
a) Verbalisierung; b) Adjektivisierung; c) Adverbialisierung; d) Substantivierung;
e) Pronominalisierung; f) Numeralisierung.
filmen, landen, das Du, monden, холодное, ernst, schuld, один «какой-то»,
wert, klasse, die Fünf, sonntags, das Gegenüber, daheim, бильярдная, nachts, das
Laufen, слабительное, lüften, выдающийся, das Lesen, das Neue, душевая, der
Morgen, раз «один» (при счете), der/die Ankommende.
5. Bestimmen Sie, auf welche Wortgruppen die unten angeführten
Zusammenbildungen zurückkommen. Erläutern Sie auch ihre wortbildenden
Mittel:
Muster: Die Zusammenbildung der Stubenhocker kommt auf die
Wortverbindung „in der Stube hocken“ zurück; sie ist durch die gleichzeitige
Zusammensetzung des Substantivs „Stube“ und des Verbs „hocken“ gebildet, an
die das Suffix –er angekoppelt wird.
rotbäckig, Besserwisser, орденоносец, Machthaber, breitschultrig,
Eisbrecher, землепроходец, wasserhaltig, langbeinig, канатоходец,
Frühaufsteher, geradlinig.
6. Was drücken folgende Bahuvrihi (Possessivkomposita) aus bzw. wen
benennen sie:
Trotzkopf, Blaustrumpf, Schreihals, Grünschnabel, Dummkopf, Rotkäppchen.
7. Bestimmen Sie: a) eigentliche (echte); b) uneigentliche (unechte)
Zusammensetzungen:
Tageslicht, Bodenreform, диван-кровать, sorgenkrank, засухоустойчивый,
Direktstudent, душегуб, Freiheitskämpfer, зернохранилище, Berggipfel, плащ-
38

палатка, Schwerindustrie, Wohnungstür, асфальтоукладчик, черно-белый,


Sonnenschirm, водонепроницаемый, dunkelblau.
8. Bestimmen Sie die Abart der Kurzwörter: a) Initialwörter;
b) Silbenwörter; c) Kopfwörter; d) Schwanzwörter; e) Kofferwörter;
f) Kunstwörter:
OB (← Oberbürgermeister), MS (← Motorschiff), EM (← Europameister),
iga (← Internationale Gartenausstellung), метро (← метрополитен), WOK (←
Wäsche ohne Kochen), Bugra (← Buch- und Graphikausstellung), Spowa (←
Sportwarenhaus), интим (← интимность/интимный), Nirosta (← nicht
rostender Stahl), Jumo (← Jugendmode), Mofa (← Motorfahrrad), Akku (←
Akkumulator), Auto (← Automobil), Labor (← Laboratorium), Bus (←
Omnibus), США (← Соединенные Штаты Америки), Cello (← Violoncello),
парторг Schirm (← Regenschirm), Platte (← Schallplatte), Bahn (←
Eisenbahn), Motel (← Motorhotel), местком (← местный комитет), Krad (←
Kraftfahrrad), Minol (← Mineralöl), ПТУ (← профессиональное техническое
училище), Exakta (← die Namen von Photoapparaten), альфоль (←
алюминиевая фольга)
9. Bestimmen Sie den Typ der Reduplikationen: a) einfache Doppelungen;
b)Reimbildungen; c)Ablautbildungen
Papa, Mama, Popo, Wau-wau, Bonbon, Heckmeck ‹dummes Geschwätz›;
Larifari ‹wertloses Gerede›, Picknick, Mischmasch, Singsang,
Zickzack.

Tests zum Thema


1. Bestimmen die Unterart der Ableitungen: a) präfixale; b) suffixale;
c) präfixal-suffixale; d) halbsuffixale; e) halbpräfixale. Finden Sie auch ihre
Basiswörter
Variante A Variante B
1. beschreiben 1. kräftig
2. gesetzmäßig 2. Urwald
3. gestiefelt 3. unaufhaltsam
39

4. Erzfeind 4. halbieren
5. Fachmann 5. erzfaul
6. schmackhaft 6. Waschfrau
7. unaufhörlich 7. benachbart
8. подоконник 8. безлошадный
9. lächeln 9. Ausnahme
10. Vorarbeit 10. vernagelt
11. газетчик 11. сверхзвуковой
2. Bestimmen Sie den Typ der Zusammensetzungen: a) determinative
(Bestimmungszusammensetzungen); b) nichtdeterminierte (kopulative / additive).
Variante A Variante B
1. Esszimmer 1. Arbeitstisch
2. weißgrün 2. Autor-Regisseur
3. finnisch-schwedisch 3. Pulloverjacke
4. Sängerdarsteller 4. Strumpfhose
5. Kleiderschürze 5. rotbraun
6. Zweizimmerwohnung 6. polnisch-französisch
7. Hochschule 7. Obstgarten
8. taubstumm 8. Dichterkomponist
9. himmelblau 9. Kleiderschrank
10. sauersüß 10. dreizehn
11. книготорговец 11. диван-кровать
3. Bestimmen Sie, auf welche Wortgruppen die angeführten
Zusammenbildungen zurückkommen und geben Sie ihre Übersetzung:
Variante A Variante B
1. Nichtstuer 1. Schumacher
2. dreistufig 2. Instandsetzung
3. старшеклассник 3. ganztägig
4. Blutsauger 4. Langschläfer
5. Außerachtlassung 5. Danksagung
6. blondhaarig 6. Rechtsschreibung
40

7. halsbrecherisch 7. перворазрядник
8. zweizimmerig 8. Wichtigtuer
9. Frühaufsteher 9. vierfenstrig
10. Inbetriebnahme 10. Kundgebung
4. Finden Sie: a) eigentliche (echte); b) uneigentliche (unechte)
Zusammensetzungen
Variante A Variante B
1. Waldesrand 1. Eichenbaum
2. Tannenbaum 2. Heiratsantrag
3. Friedenskampf 3. Bildschirm
4. Schulenbesuch 4. Kindergarten
5. Frühlingsnacht 5. Menschenskind
6. Tagesanbruch 6. Meeresstrand
7. Kirchturm 7. Hotelzimmer
8. Kinderjacke 8. Tennisball
9. Stadtplanung 9. Leitungstätigkeit
10. Kulturpalast 10. Mondschein
41

4. WORTSCHATZERWEITERUNG DURCH ENTLEHNUNGEN

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


4.1. Der Begriff der Entlehnung. Arten und Formen der Entlehnung
4.2.  Wege der Übernahme
4.3. Linguistische Ursachen der Entlehnung
4.4. Die Klassifikation des entlehnten Wortgutes
4.5. Die Assimilation der Entlehnungen
4.6. Die Entlehnungen im Russischen

Schlüsselworte: Entlehnung, Sach- und Wortentlehnung,


Fremdwortübernahme, Lehnprägung, Lehnbedeutung, Anpassung, Assimilation

4.1. Der Begriff der Entlehnung. Arten und Formen der Entlehnung
Die deutsche Sprache ist im Laufe ihrer Geschichte vielfach durch andere
Sprachen bereichert worden, ebenfalls wurde deutsches Wortgut von anderen
Völkern aufgenommen, z.B. im Russischen бухгалmep ← Buchhalter, галcmyк ←
Halstuch; im Ukrainischen фарба ← Farbe, дах ← Dach usw.
Unter Entlehnung versteht man in der einschlägigen Literatur den
Entlehnungsvorgang, d.h. die Übernahme fremden Sprachgutes sowie das Ergebnis
dieses Prozesses - das entlehnte fremde Sprachgut selbst.
Nach der Art der Entlehnung werden abgegrenzt: 1) Sach- und Wortentlehnung,
2) Wortentlehnung.
Bei der Sach- und Wortentlehnung werden aus der Sprache fremde
Formative übernommen, deren Denotate (Gegenstände, Erscheinungen) in der
entlehnenden Sprache neu oder unbekannt sind. Auf diesem Wege sind ins
Deutsche genetisch lateinische Wörter eingedrungen, die von den germanischem
Stämmen infolge ihrer Kontakte mit den Römern übernommen wurden. Sie
betreffen Haus- und Straßenbau: Mauer (← mûrus), Straße (← strata), Fenster (←
fenestra), Ziege (← tegula), Pforte (← porta).
42

Bei Wortentlehnungen werden fremdsprachliche Formative übernommen,


deren Denotate in der entlehnenden Sprache bereits durch eigene Wörter
ausgedrückt sind. Hier geht es um die Übernahme von Dubletten, die sich früh
oder spät inhaltlich oder stilistisch differenzieren: Charme, Scharm (aus dem
Französischen, 18. Jh.) für „Anmut", „Liebreiz"; Angloamerikanismen (20. Jh.)
Drink „Getränk", Job „Arbeit", Manager „Leiter (in einem Unternehmen)
Service „Kundendienst", „Bedienung", Ticket „Fahr-, Flugkarte".
Nach der Entlehnungsform sind zu unterscheiden:
1) Fremdwortübernahme (formale, einfache, direkte Entlehnung). Fremde
Formative werden in die entlehnende Sprache mit minimaler Abänderung
aufgenommen: Datscha, Datsche (ostd. DDR) für „Landhaus", „Sommerhaus“
Bodybuilding „körperliches Training zur Ausbildung guter Körperformen“.
2) Lehnprägung (осложненное заимствование), d.h. Nachbildung des
fremdsprachlichen Inhalts mit vorhandenen Mitteln der eigenen Sprache. Hier
lassen sich drei wichtige Unterarten feststellen: Lehnübersetzung
Lehnübertragung und Lehnbedeutung.
a) Bei der Lehnübersetzung
(калькирование) handelt es sich um einе
Nachbildung der Morphemstruktur von Fremdwörtern oder fremden
Wortgruppen. Es erfolgt eine Glied-für-GIied-Übersetzung (Morphem für
Morphem, Wort für Wort) (Th. Schippan), vgl.: rus. холодная война; engl. cold
war; dt. der kalte Krieg. Auf diesem Weg sind viele Lexeme des politischen
Wortschatzes aus dem Russischen gekommen (die so genannten
„Sowjetismen“), vgl.: Wandzeitung - cmeнгазema, Fünfjahrplan - пятилетний
план Arbeiterkontrolle – paбочий контроль, Held der Arbeit – герой
(социалистического) труда. Im Ergebnis entstehen Übersetzungslehn-
wörter (слова-кальки). Dieser Prozess heißt anders strukturelle Entlehnung.
b) Lehnübertragung ist eine
freie Wiedergabe der Morphemstruktur des
fremden Wortes, vgl.: lat. patria – dt. Vaterland; engl. hobby-horse – dt.
43

Steckenpferd, russ. отличник - Bestarbeiter, Beststudent, Bestschüler.


c) Lehnbedeutung ist die Zuordnung einer fremdsprachlichen Bedeutung
zu einem deutschen Formativ. So hat das Wort „Fall" (← fallen) unter
dem Einfluss des lat. casus (← cadere „fallen", auch im Russ. падеж -
← падать) die terminologische Bedeutung „Kasus" angenommen.
Neben der herkömmlichen Bedeutung „Person mit (abgeschlossener
Hochschulbildung“ hat das Wort Akademiker eine aus dem Russischen
übernommene Neubedeutung „Mitglied einer Akademie (der Wissenschaften)“.
Als Bedeutungsentlehnungen aus der russischen Sprache der Sowjetzeit gelten die
Sememe der Wörter: Aktiv („kleine Arbeitsgruppe, die aktivierend einwirken
soll"), z.B. Gewerkschaftsaktiv: Brigade („Arbeitskollektiv", jetzt = Team);
Pionier („Mitglied einer Kinderorganisation").
Unter dem Einfluss des Englischen entstanden die Neubedeutungen, z.B.:
Ebene „Stufe, Niveau", „Personen mit gleicher Verantwortung" (Verhandlungen
auf höchster Ebene, auf Botschafter-, Ministerebene); etwas realisieren „etwas
begreifen, wahrhaben wollen" (er will seine Niederlage nicht realisieren); Szene
„Bereich, in dem sich etwas abspielt" (Musikszene).
Von diesen Formen der Fremdwortübernahme sind die
Bezeichnungsexotismen zu unterscheiden, die fremde Gegebenheiten,
Einrichtungen benennen, z.B. Rubel, Kreml, Duma, Dollar, Cent, Wallstreet, Lord,
Torero, Cowboy u.a.

4.2. Wege der Übernahme


Der Hauptweg der Übernahme in germanischer Zeit und im Mittelalter war
der direkte (mündliche) Kontakt zwischen den Sprachträgem. Sprachliche
Kontakte kamen in den Grenzzonen, durch die Besetzung von Gebieten, durch
Handel und Reisen zu Stande. Später wirkte die literarische Entlehnung auf
schriftlichem Wege stärker. Heute ist es der Hauptweg, auf dem fremdes Wortgut
ins Deutsche gelangt.
44

Wenn ein deutsches Wort in eine andere Sprache (z.B. in die französische) in
der frühesten Zeit übernommen wurde und später ins Deutsche zurückkommt,
bezeichnet man diesen Weg als Rückentlehnung, z.B. Salon und Balkon wurden
früher aus dem Deutschen entlehnt, in dem sie als Saal und Balken bekannt waren
und sind.

4.3. Linguistische Ursachen der Entlehnung


Linguistische Ursachen der Entlehnung ergeben sich aus dem derzeitigen
Wechselverhältnis der kontaktierenden Sprachen.
1) Die Entlehnungen kommen in die entlehnende Sprache, um die
„Leerstellen" im Begriffsystem der aufnehmenden Sprache auszufüllen. Als
Beispiel nehmen wir die lexisch-semantische Gruppe „Kleidung". Zu den
bekannten Schlüsselwörtern „Anzug" (männlich), „Kostüm" (weiblich), „Tracht“
(National-, Volks-, Berufstracht), „Uniform" (Dienstkleidung) sind neben frühere
Fremdwörter Garderobe (franz.) „gesamte Kleidung“, Toilette (franz.)
„Gesellschaftskleid der Dame“, Gala (span.) „Festkleidung“  auch die neueren
Angloamerikanismen getreten: Dress, m; Look, m; Outfit, n, auch Style, m.
2) Die Entlehnungen treten als expressive Synonyme aus anderen Sprachen
auf, z.B. kapieren (ital.-lat.) umg. „begreifen", „verstehen"; checken (engl.) umg.
„verstehen", „begreifen" (hast du es endlich gecheckt); engl. worken „arbeiten".
3) Entlehnungen decken den Bedarf an euphemistischer Lexik. Sie erfüllen
oft in der Kommunikation verhüllende oder mildernde Funktion, z.B.: korpulent
(lat.) „dick"; renommieren (franz.) geh. „prahlen"; sensibel (franz.)
„überempfindlich".
4) Die Fremdwörter werden zum Zweck der terminologischen Verwendung
entlehnt. Die neuen Zweige in der heutigen Computerterminologie brachten
solche Wörter wie Computerprogramm, Computervirus, Internet, Image, Import,
Know-how, Display, E-Mail, Videoclip etc. Eine besondere Rolle spielen
heute Angloamerikanismen als Mode-und Prestigewörter: Internet, surfen,
managen, Manager, Broker, Exchange etc.
45

5) Entlehnungen können gleich Stammwörtern zur Neutralisierung der


Polysemie dienen, z.B. Schlager - 1) ein in Mode befindliches Tanzlied;
2) ein erfolgreiches Theaterstück; 3) ein erfolgreiches Buch; 4) ein erfolgreicher
Film; 5) eine gängige Ware, die abgesetzt wird.
In der ersten Bedeutung konkurrieren es mit „Schlager" „Hit", „Song", in der
vierten Bedeutung - „Thriller", „Hit", in der dritten - (Schlager - Thriller -
Bestseller).

4.4. Die Assimilation der Entlehnungen


Unter der Assimilation versteht man den Prozess der Anpassung eines
entlehnten Wortes dem System der aufnehmenden Sprache in Orthographie,
Lautung, Grammatik, Semantik. Es gibt verschiedene Arten der Assimilation.
4.4.1. Die orthografische Anpassung des fremden Wortes an die deutsche
Rechtschreibung liegt schon in der Großschreibung der Substantive vor, z.B.:
story - die Story, boy - der Boy.
Die französische Schreibweise in chaufeur, chef, freseur wird immer
häufiger durch Schofför, Schef, Frisör ersetzt, und Telephon und Photographie
pflegt man schon lange Telefon, Fotografie zu schreiben. Bei der Behandlung
dieser Frage stehen zwei Probleme im Mittelpunkt. Die Angloamerikanismen
nehmen eine besondere Stellung ein, darum veranschaulichen wir das Problem
an Beispielen von Angloamerikanismen.
1) die Groß- und
Kleinschreibung von Angloamerikanismen;
2) die Getrennt- und Zusammenschreibung von Angloamerikanismen.
Laut den Regeln der Groß- und Kleinschreibung werden Substantive und
Substantivierungen, nichtsubstantivische Bestandteile von Eigennamen und
bestimmte Abkürzungen großgeschrieben. Die Forschungen zeigen, dass sich die
meisten entlehnten Wörter den deutschen Regeln der Groß- und Kleinschreibung
unterordnen. Substantive und Substantivierungen werden großgeschrieben:
Society, Run, Nobody, Drive-in, Jumbo, Duty-free-Shop u. a.m.
46

Die Schreibung von Eigennamen und Abkürzungen fällt nicht aus dem
Rahmen der deutschen Regeln: Aids, HDTV (high definition television).
Die Verben, Adjektive, Präpositionen werden kleingeschrieben: exklusiv,
okay, out, checken u.a.
Was die Getrennt- und Zusammenschreibung von Angloamerikanismen
betrifft, sind hier folgende Typen der Schreibung zu beobachten:
Bindestrichschreibung; Zusammenschreibung; Getrenntschreibung.
Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung hat die Zahl der möglichen
Schreibvarianten bei den Fremdwörtern deutlich erhöht:
1) Zusammengesetzte Fremdwörter werden zusammengeschrieben. Besteht
die Zusammensetzung aus Substantiven, kann zur besseren Lesbarkeit ein
Bindestrich gesetzt werden: Livemusik (auch: Live-Musik), Shoppingcenter
(auch: Shopping-Center), Chatroom (auch: Chat-Room).
2) Ist der erste Bestandteil ein Adjektiv oder ein Partizip, ist auch
Getrenntschreibung möglich: Happyend (auch: Happy End), Coldcream
(auch: Cold Cream), Blackpower (auch: Black Power), Highsociety (auch: High
Society), Shortstory (auch: Short Story), Hotline (auch: Hot Line) usw.
3) Bei Substantivierungen, die auf eine Verbindung aus Verb und Partikel
(Adverb) zurückgehen, setzt man gewöhnlich einen Bindestrich; daneben
ist auch Zusammenschreibung möglich: Black-out (auch: Blackout), Count
down (auch: Countdown) u.a.
4) Aneinanderreihungen und Zusammensetzungen mit Wortgruppen schreibt
man mit Bindestrich: Roommg-in, Make-up.
4.4.2. Die lautliche Assimilation der Entlehnungen besteht darin, dass die
fremden Wörter nach den Regeln der deutschen Orthoepie ausgesprochen werden.
Das betrifft sowohl den Lautbestand als auch die Betonung der assimilierten
Wörter.
Bekanntlich ist der englische Laut [θ] der deutschen Sprache fremd, darum
wird er in entsprechenden Entlehnungen englischer Herkunft durch einen ihm am
47

nächsten stehenden Laut ersetzt: vgl.: engl. thriller [θriler] „Kriminalroman oder
Film mit Tod- und Mordschlag“ und das Modewort „Thriller" ['sriler].
Die Entlehnungen weisen oft eine von dem Akzent in der Muttersprache
unterschiedliche Wortbetonung auf, die auf den Wortanfang verlegt wird. Das ist
auch ein Anzeichen der phonetischen Anpassung an die Gesetze der deutschen
Sprache, vgl.: Sowiet eingedeutscht ['so:vjet]; Standard: ['Standart]
4.4.3. Die morphologische Assimilation sieht voraus: 1) die Ausgestaltung
durch das grammatische Geschlecht; 2) Besonderheiten der Pluralbildung von
Substantiven; 3) die Bildung der Grundformen von entlehnten Verben;
4) Besonderheiten des Gebrauchs der entlehnten angloamerikanischen Adjektive.
Bei der Ausgestaltung der angloamerikanischen Substantive durch das
grammatische Geschlecht werden folgende drei Prinzipien beachtet: das
semantische; das morphologische und das sexusorientierte.
Mit Rücksicht auf das semantische Prinzip sind zwei Tendenzen zu
beachten. Die Angloamerikanismen bekommen ihr Geschlecht in Analogie
den deutschen Synonymen: die Story - die Geschichte, das Finish - das Ende.
Das Geschlecht der angloamerikanischen Substantive wird oft durch das
Suffix bestimmt. Laut dem morphologischen Prinzip gehören zum männlichen
Geschlecht die Wörter auf -er, -man, -rd: der Teenager, der Blazer, der
Gentleman, der Bodyguard u.a. Zum weiblichen Geschlecht gehören die
Substantive auf -ty: die Party, Beauty. Sächlichen Geschlechts sind die Substantive
auf -y: das Hobby, das Handy, aber: die Lobby, die Story.
Das sexusorientierte Prinzip besagt, dass die Personenbezeichnungen ihr
grammatisches Geschlecht auf Grund ihrer Sexuszugehörigkeit bekommen
der Profi, der Fan, der Cowhoy, der Star, die Mother, die Beauty.
Die Benennungen der kleinen, nichterwachsenen Lebewesen, wie es im
Deutschen üblich ist, sind Neutra: das Baby, das Kid, das Girl.
Das System der Pluralbildung ist im Deutschen stark entwickelt.
Besonderheiten der Pluralbildung von angloamerikanischen Substantiven
zeigen sich darin, dass die Mehrheit von Angloamerikanismen die Pluralform
48

des Etymons bewahrt und das Suffix -s oder -es bekommt: Rocky — Rockies,
Dream - Dreams, Hit - Hits, Song - Songs, Set - Sets, Slogan – Slogans.
Alle entlehnten angloamerikanischen Verben ordnen sich dem
Formensystem der schwachen Verben unter: jobben - jobbte – gejobbt,
abchecken - checkte ab - abgecheckt etc. Einige Verben bekommen das
Reflexivpronomen „sich": sich manifestieren, sich outen.
Die entlehnten angloamerikanischen Adjektive werden laut Regeln der
deutschen Grammatik dekliniert: der simple Rancho; der faire Preis; in coolen
High-Tech-Bars. Auch die Steigerungsstufen bilden sie wie deutsche Adjektive:
das exakteste Wochen-Horoskop.

4.5. Die Klassifikation des entlehnten Wortgutes


Es gibt verschiedene Klassifikationen von Entlehnungen.
Die traditionelle Klassifikation der Entlehnungen (H. Hirt, O. Behagel,
F.Wrede u.a.) teilt das entlehnte Wortgut in Lehnwörter und Fremdwörter ein.
Als Lehnwörter sind Entlehnungen anzusehen, die im Deutschen völlig
assimiliert sind. Sie haben sich dem Deutschen in Lautgestalt und Betonung, in
Flexion und Schreibung völlig angepasst, z.B. Mauer, Straße, Schule.
Fremdwörter dagegen haben ihren fremdsprachlichen Charakter bewahrt, sie fallen
durch einige Merkmale auf, z.B. Milieu, Interview, Jogging.
L. Zinder und T. Strojewa unterscheiden im deutschen Wortgut drei Gruppen:
1) deutsche Wörter (deutsche Stammwörter: Haus, gut) und Lehnwörter
(Fenster, Keller);
2) Internationalismen (Atom, Barometer, Demokratie);
3) Fremdwörter.
Die Internationalismen nehmen in dieser Klassifikation eine besondere
Stellung ein. Das sind solche Wörter, die in mehreren Sprachen (3-4) gebräuchlich
sind, sich in der morphematischen, lautlichen und orthografischen Gestalt der
aufnehmenden Sprache anpassen und so in gleicher Bedeutung, oft als Termini,
verwendet werden (dt. Theater - eng. theatre - fr. theatre - russ. театр). Meistens
49

sind sie aus griechischen und lateinischen Morphemen zusammengebildet


(Thermodynamik, Telephon), aber können auch aus anderen nationalen Sprachen
stammen (arab. Alkohol; ital. Soldat; engl. Establishment, Management; Boykott).
Die Internationalismen sind immer neutral und haben keine Synonyme.

4.6. Die Entlehnungen im Russischen


Im modernen Russischen gibt es auch zahlreiche Entlehnungen. Nach
verschiedenen Angaben und Kriterien, die nicht nur selbst entlehnte Wörter
berücksichtigen, sondern auch entlehnte Affixe, phonetische, orthographische und
andere Besonderheiten, betragen die Entlehnungen von 10 % bis 35 % des
gesamten russischen Wortgutes.
Die ersten Entlehnungen entstanden im Russischen durch die mündlichen
Kontakte der Russen mit den Völkern, die in den Grenzgebieten lebten, so im
Norden mit Finnen (vgl. folgende finnische Entlehnungen im Russischen wie:
сани, сельдь, пельмени, Ольга, Игорь, севрюга); im Süden mit Griechen (vgl.
folgende griechische Entlehnungen im Russischen wie фонарь, корабль,
кровать, парус, тетрадь, Петр, Михаил, Анна).
Später in der Zeit der Mongol-Tatareninvasion sind ins Russische viele
türkische Wörter übernommen worden: казна, деньги, алтын, тулуп, башмак,
сундук, лапша, амбар u.a.
Im 17. Jahrhundert sind in die russische Sprache viele Wörter aus dem
Lateinischen (аудитория, конкурс, металл, план, персона), Polnischen (рота,
мещанин, протестовать, салютовать, вензель) eingedrungen.
Die größte Zahl der Entlehnungen ist mit der Epoche des Zaren Peter der 1.
verbunden. In dieser Zeit entwickelten sich besonders stark die kulturellen und
wirtschaftlichen Beziehungen von Russland mit westeuropäischen Ländern,
Holland, Deutschland, Frankreich, Italien, England, Schweden, Dänemark. Viele
Entlehnungen kamen damals aus dem Bereich des Militärwesens (армия,
батальон, пушка, траншея, мундир, марш), Marinewesens (бригантина, курс,
каюта, шхуна, трюм, матрос, лоцман), Industrie (фабрика, шахта, механик,
50

инструмент), Kunst (картина, арка, рисунок, портрет, театр, балет, ария),


Bildung und Wissenschaft (академия, ректор, теория, математика, радиус,
гипотеза), Handels (коммерция, капитал, кредит, тариф, кассир, банк) usw.
Im 19. Jahrhundert nimmt die Anzahl der Entlehnungen aus dem Anglo-
Amerikanischen zu, in erster Linie die Vokabeln aus dem Gebiet der Technik,
Politik, Sport (бойкот, митинг, трест, фильм, финиш, тренер, рекорд,
старт)
Heutzutage sind viele Anglizismen und Amerikanismen im Russischen zu
verzeichnen, vor allem aus den Bereichen der neuen Technologien, Information,
Massenmedien, Computertechnik, Politik (бренд, риэлтер, провайдер,
бойскаут, лобби, чат, ланч, Фейсбук, Инстаграм, саммит, брифинг, спикер,
конгрессмен, спичрайтер)
Es gibt verschiedene Arten der Anpassung der Entlehnungen im Russischen:
1) phonetisch-orthographische Anpassung, z.B.: dt. Halstuch – rus.
галстук
engl. bob-sleigh – rus. бобслей;
2) morphologische Anpassung, z.B.:
lat. lavrus – rus. лавр, lat. fructus – rus. фрукт
dt. Losung (f) - лозунг (m)
3) semantische Anpassung, z.B.:
dt. Stab ‛Stock; Führungsorgan von eines Kommandeurs vom Bataillon
aufwärts; Gruppe von verantwortlichen Mitarbeitern; Taktstock’ – rus. штаб
(entlehnt nur die Bedeutung ‘Führungsorgan von eines Kommandeurs vom
Bataillon aufwärts’);
franz. parole ‛Rede; Losungswort; Stimme; Text; Versprechen’ – rus.
пароль (entlehnt ist nur die Bedeutung ‘Losungswort’).

Literatur
1. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. – S.92-112.
51

2. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: „Nowa


knyha“, 2003. - S. 190-194.
3. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1987, S. 275-282.
4. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 1986. - S. 46-53, 70-77.
5. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современній немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – M., 2005. - S. 123-145.
6. Современный русский язык. Теория. Анализ языковых единиц.
В двух частях. Под ред. Е.И. Дибровой. – М., 2001. – С. 296-314.
7. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. -M., 2004.-C. 138-155.

Fragen zum Thema


1. Was versteht man unter Entlehnung?
2. Welche Entlehnungen unterscheidet man nach der Art?
3. Was ist die Sach- und Wortentlehnung? Führen Sie Beispiele an
4. Was ist unter der Wortentlehnung zu verstehen? Führen Sie Beispiele an
5. Welche Entlehnungsformen gibt es im Deutschen?
6. Was ist die Fremdwortübernahme? Bestimmen Sie die formale, einfache
und direkte Entlehnung
7. Was ist die Lehnprägung? Welche Unterarten der Lehnprägung gibt es?
8. Was ist die Lehnbedeutung? Bringen Sie Beispiele an.
9. Nennen Sie die Hauptwege der Übernahme im Deutschen
10. Was sind die Ursachen für die Entlehnungen?
11. Was versteht man unter der Assimilation der Entlehnungen?
12. Worin besteht die orthographische Assimilation der Entlehnungen?
13. Worin besteht die lautliche Assimilation der Entlehnungen?
14. Worin besteht die morphologische Assimilation der Entlehnungen?
15. In welche Gruppen zerfällt das entlehnte Wortgut?
52

16. Was sind die Lehnwörter und Fremdwörter?


17. Was sind die Internationalismen?
Aufgaben zum Thema
1. Was ist die Ursache des Missverständnisses im nachfolgenden Dialog?
Welche Entlehnungen werden in diesem Dialog gebraucht und was bedeuten sie?
Lotte: Hast du gehört, Gerda, die Ingeborg hat sich mit einem Veterinär
verlobt.
Gerda: Das ist ja komisch. Mit einem alten Knacker?
Lotte: Nicht doch, Gerda. Du denkst ja an einen Veteranen! Die Veterinäre
essen doch nur dieses Grünzeug und so......
2. Bestimmen Sie bei nachfolgenden Wörtern die Stufe der Assimilation:
a) vollständige Assimilation; b) unvollständige Assimilation; c) völlig
unassimiliertes Wort:
Archivarius, fehlen, Stiefel, fortissimo, Schanze, Student, amoral,
Observatorium, фонетика, Professoren, Villa, Niveau, модель, Tanz, Ingenieur,
Genre, nota bene, pars pro toto, Doktoren
3. Bestimmen Sie, welchen Sprachen die angeführten Wörter entlehnt sind
Palast, Keller, Bank, ангел, Kalk, Arie, Duett, благодать, Oper, Tafel,
Tinte, Abenteuer, Serviette, конфета, Solo, Manier, Konto, Pavillion, Turnier,
Meeting, Rubin, Balkon, Pony, Lanze, Kristall, воспрянуть, Kredit, Samt, Export,
Salon, Marmelade, Puder, царствие, servieren, Risiko, Kapelle, Konzert, коньяк,
Kanone, розетка, Koks, Patent, Boxer, балет, Kongress, Farmer.

Tests zum Thema


1. Bestimmen Sie, welchen Sprachen sind die angeführten Wörter entlehnt:
a) Französisch; b) Italienisch; c) Englisch; d) Latein; e) Griechisch; f) Finnisch;
g) Mongolisch/Tatаrisch; h) Polnisch
Variante A Variante B
1. Mauer 1. Fenster
2. Garderobe 2. frisieren
53

3. Operette 3. Sonate
4. Klub 4. Scheck
5. Loge 5. Galerie
6. Mandoline 6. Sopran
7. Budget 7. Brandy
8. boxen 8. Import
9. Dame 9. Perücke
10. Kammer 10. Frucht
11. ангел 11. севрюга
12. сани 12. парус
13. Елена 13. вензель
14. мещанин 14. Иван
15. башмак 15. деньги
2. Bestimmen Sie bei nachfolgenden Wörtern die Stufe der Assimilation:
a) vollständige Assimilation; b) unvollständige Assimilation; c) völlig
unassimiliertes Wort
Variante A Variante B
1. Tisch 1. Fenster
2. Mann 2. Stiefel
3. Maschine 3. Fabrik
4. Planetarium 4. anormal
5. et cetera 5. circa
6. Gentleman 6. Organisation
7. Demonstration 7. sowjetisch
8. Inspektoren 8. kapriziös
9. merci 9. Szenarium
10. Wodka 10. Courage
11. сундук 11. шахта
12.тротуар 12. митинг
13. брак 13. амбар
14. допинг 14. егерь
15. гараж 15. тема
54
55

5. WORTSCHATZERWEITERUNG DURCH BEDETUNGSWANDEL

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


5.1. Definition des Begriffs Bedeutungswandel
5.2.  Die Wege der Bedeutungsveränderung
5.3. Die Ursachen des Bedeutungswandels
5.4. Die Arten des Bedeutungswandels
5.5. Metapher und Metonymie im Russischen

Schlüsselworte: Bedeutungswandel, Bezeichnungsübertragung,


Bedeutungsentlehnung, Bedeutungserweiterung, Bedeutungsverengung,
Verschiebung.

5.1. Definition des Begriffs Bedeutungswandel


Der Wortschatz jeder Sprache ist ein offenes System, das sich in ständiger
Entwicklung befindet, d.h. einige Wörter kommen auf, indem andere Wörter
aus dem Sprachgebrauch untergehen. Das Aufkommen der neuen Wörter
erfolgt nicht nur durch die Wortbildung und Entlehnung, sondern auch durch
den Bedeutungswandel.
Unter dem Bedeutungswandel bzw. der semantischen Derivation versteht
man die Bedeutungsveränderung der Wörter im Laufe der Zeit, bedingt durch
Wesen und Charakter der Sprache als gesellschaftliche Erscheinung.
Bedeutungswandel und Polysemie sind mit einander aufs engste verbunden, aber
im Gegensatz zur Polysemie, die ein synchrones Ergebnis der semantischen
Entwicklung der Wörter darstellt, ist der Bedeutungswandel eine Erscheinung der
diachronischen Semantik.

5.2. Die Wege der Bedeutungsveränderung


Der Bedeutungswandel entsteht:
1) durch Bezeichnungsübertragung (alter Name für neuen Sinn), z.B.: Pate
56

1. крестный отец; 2. шефы, шефствующие организации


2) durch Beibehaltung des Formativs bei verändertem Denotat, z.B.: Feder
1. птичье перо; 2. писчее перо как орудие писательского труда
3) durch Bedeutungsentlehnung. Auf diesem Wege wurden aus dem
Russischen die neuen Bedeutungen übernommen, z.B.: Akademiker in der
Bedeutung „Akademiemitglied"; Brigade in der Bedeutung „kleinste
Arbeitsgruppe"; Pionier in der Bedeutung „Mitglied der Kinderorganisation
in der Ex-Sowjetunion".

5.3. Die Ursachen des Bedeutungswandels


Die Sprache ist ein begrenztes System im Vergleich zur Unendlichkeit der
objektiven Wirklichkeit. Darauf beruht das Phänomen der Polysemie.
Unter den wichtigsten extralinguistischen Ursachen sind folgende zu
erwähnen:
1) die gesellschaftliche Entwicklung in ihren vielseitigen Aspekten lässt die
neuen Begriffe und Nominationen entstehen
2) Veränderungen in der gesellschaftlichen Praxis, d.h. Neues im
politischen, ökonomischen und kulturellen Leben; soziale Beziehungen mit
neuen Wertungen und ideologischen Einstellungen; neue Begriffe und
Erscheinungen aus Wissenschaft, Technik, Produktion als Ergebnis des
Fortschreitens der menschlichen Erkenntnis.
Die intralinguistischen Ursachen sind mannigfaltig. Die wichtigsten sind
die Wechselbeziehungen zwischen dem allgemeinen Wortschatz und den Fach-und
Sonderwortschätzen; die Wirkung der Analogie; der Sprachgebrauch
bedeutender Persönlichkeiten.

5.4. Die Arten des Bedeutungswandels


Die Bedeutungsveränderung kann mit der Bedeutungserweiterung
(Generalisierung der Bedeutung), mit der Bedeutungsverengung (Spezialisierung der
Bedeutung), Bedeutungsübertragung und Verschiebung verbunden sein.
57

Die Erweiterung des Bedeutungsumfangs (Bedeutungsstruktur) eines


Wortes ist mit der Erweiterung der nominativen Funktion des Wortes
verbunden, z.B.: gehen bedeutete früher „eine Bewegung nur mit den Füßen",
heute kann es auch in der Bedeutung „die Uhr gehen" gebraucht werden
Die Bedeutungsverengung (Spezialisierung der Bedeutung, semantische
Reduktion) ist das Gegenstück zur Bedeutungserweiterung und beruht auf
begrenzter Gebrauchssphäre der bekannten Lautkörper, z.B.: fahren bezeichnete
ursprünglich jede Art der Fortbewegung. Im heutigen Deutsch versteht man
aber unter fahren nur die Fortbewegung auf Wagen, Schiffen, mit der Bahn
u.a.; reiten bedeutete im Althochdeutschen jedes Schaukeln (Fortbewegung):
in einem Wagen und einem Schiff. Später hat sich die Bedeutung spezialisiert:
„sich eines Pferdes, eines Reittieres zur Fortbewegung bedienen".
Bei der Bedeutungsübertragung (Verschiebung) werden neue Denotate der
objektiven Wirklichkeit mit bereits vorhandenen Formativen auf Grund einer
Ähnlichkeit oder Assoziation benannt. Die Ähnlichkeit (Vergleich) ergibt die
Metapher; eine unmittelbare Beziehung (Assoziation) zwischen zwei Begriffen
ergibt die Metonymie.
Die Metapher (griech. meta „über", phero „trage") ist die Übertragung der
Namenbezeichnung auf Grund einer äußeren und inneren Ähnlichkeit, z.B.:
Schlange (f): 1. Schuppenkriechtier; 2. lange Reihe wartender Menschen; Fuchs
(m) 1. Raubtier; 2. Schlaukopf; Esel (m) 1. Tier; 2. halsstarriger Mensch.
Eine besondere Art der Metapher ist die Personifizierung
(Vermenschlichung), z.B.: die Uhr geht, der Wind erhebt sich, die Sonne lacht.
Eine besondere Art der Metapher ist Synästhesie, die Übertragung einer
Bezeichnung von einem Sinnesbereich auf den anderen, z.B. schreiende Farben,
dunkle Töne, helle Stimme.
Die Metonymie (griech. meta- „über", önoma - „Name") ist auch eine Art der
Bezeichnungsübertragung, aber auf Grund räumlicher, zeitlicher, stofflicher,
kausaler Beziehungen zwischen Handlung und Resultat der Handlung.
58

Zeitliche Bedeutungsbeziehungen verursachten den Bedeutungswandel des


Wortes, z.B.: Mittag (m): „Zeitpunkt, Tagesmitte → Essen, Mittagessen, d.h.
Essen zu dieser Zeit.
Räumliche (lokale) Bedeutungsbeziehungen verursachten den
Bedeutungswandel des Wortes, z.B.: Auditorium im Sinne „Zuhörerschaft“; die
Schule („alle Schüler“).
Stoffliche: z.B.: Sie trägt Seide, Baumwolle gern.
Kausale Bedeutungsbeziehungen, z.B.: Röntgenstrahlen; Champagner,
Tokaier.
Bedeutungsbeziehungen wie pars pro toto (ein Teil für das Ganze), z.B.: ein
heller, kluger Kopf; Blaustrumpf „für gelehrte Frau".
Eine verbreitete Sonderart der Metonymie ist die Synekdoche, die
Namensübertragung auf Grund der Beziehung zwischen dem Ganzen und dessen
Teil, z.B.: er verdient sich sein Brot (= seinen Lebensunterhalt); das ist nicht für
fremde Ohren bestimmt (andere dürfen das nicht wissen).
Zur Synekdoche gehören die sogenannten Bahuwrihi (sanskr. „viel Reis
habend", d.h. metonymische Bezeichnung für einen reichen Mann), z.B.:
Langfinger (Taschendieb), Langohr (Esel), Blaujacke (Matrose).
Die Abart der Synekdoche ist totum pro parte, wenn das Ganze den Teil
vertritt, z.B.: die gestrige Gesellschaft war sehr interessant (aber gemeint sind ein
paar Menschen); wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen (in Wirklichkeit - ein
paar Wochen).
Die Veränderung der Bedeutung kann in Richtung der Wertminderung
erfolgen, in diesem Fall spricht man über die Bedeutungsverschlechterung. z.B.:
Maul „Mund des Menschen" und „Maul der Tiere“; Dirne (f): ahd. „Jungfrau“,
„Mädchen“, heute - „Dienstmädchen“, „Prostituierte“.
Das Gegenteil zur Bedeutungsverschlechterung ist die
Bedeutungsverbesserung (Werterhöhung der Bedeutung), z.B.: Marschall (mhd.)
„Pferdeknecht", heute „der höchste Offizier der Armee"; Minister bedeutete früher
„der kleinste (Diener) - lat. minus „klein".
59

Die nächste Art des Bedeutungswandels hängt mit Euphemismen


zusammen. Unter Euphemismus (griech. eu „gut" + pfeme „Rede") versteht
man eine verhüllende, beschönigende, mildernde Umschreibung für ein
anstößiges oder unangenehmes Wort.
Je nach der Herkunft und der kommunikativ-pragmatischen Intention
lassen sich die Euphemismen in vier Gruppen einteilen:
1) Religiöse Euphemismen entstanden aus Aberglauben und Furcht vor
natürlichen und übernatürlichen Wesen in alter Zeit, z.B.: der Allwissende,
der Allmächtige, Er für „Gott“; der Böse, der Schwarze, der Versucher,
Gottseibeiuns für den „Teufel“.
Im Deutschen gibt es eine Reihe von Euphemismen zum Verb „sterben":
ableben, einschlummern, heimgehen, hinübergehen, verscheiden.
2) Sozial-moralische Euphemismen werden durch ethische Normen der
Gesellschaft bedingt. Um die Schattenseiten des Lebens irgendwie zu
beschönigen und zu verhüllen, bedient man sich mildernder
Umschreibungen, besonders für solche negativen Erscheinungen wie das
Trinken, den Diebstahl, die Prostitution, die Leidenschaft für das Kartenspiel
und andere Laster, z.B.: statt sich betrinken, betrunken sein sagt man zu tief
ins Glas gesehen/geguckt haben, zu viel auf die Lampe gießen; angeheitert
3) Gesellschaftlich-ästhetische Euphemismen entstanden als gesunde
Reaktion auf Verstöße gegen den Anstand und angenommene Verhaltensnormen,
das Unangenehme wird anstandshalber nicht beim rechten Namen genannt,
z.B.: statt dicke Frau sagt man korpulente, vollschlanke, mollige Dame;
statt schwanger sagt man sie ist in anderen Umständen, guter Hoffnung.
4) Politische Euphemismen dienen der Verschleierung und Tarnung
tatsächlicher Sachverhalte. Früher hielten wir für politische „Hüllwörter"
solche Lexeme wie Arbeitgeber, Arbeitnehmer; Sozialpartnerschaft.
60

5.5. Metapher und Metonymie im Russischen


Metapher ist eine Übertragung auf Grund der Ähnlichkeit zwischen
Gegenständen bzw. Erscheinungen, die miteinander verglichen werden, vgl.:
О берег бились волны моря (т.е. водяные валы, образуемые
колебательными движениями водной поверхности – direkte Bedeutung);
По стадиону прокатилась волна болельщиков (т.е. масса зрителей,
последовательно встающих со своих мест друг за другом, напоминая т.о.
накатывающуюся на берег волну воды – übertragene Bedeutung).
In der russischen Sprache unterscheidet man nominative, kognitive, bildhafte
sprachliche und künstlerische Metaphern.
Bei der nominativen Metapher ist der Zusammenhang zwischen der
übertragenen und direkten Bedeutung schon völlig verloren gegangen, z.B.:
ножка стула; ручка двери; белок глаза; журавль колодца.
Der kognitiven Metapher liegt ein Denkprozess der Assoziierung nach
realen und virtuellen Merkmalen der Gegenstände zugrunde, vgl.: горсть: 1.
ладонь и согнутые пальцы; 2. перен. незначительное число людей; стена: 1.
вертикальная часть здания; 2. перен. тесно сомкнутый в бою ряд людей.
Die bildhafte Metapher ist eine Übertragung, die im Bewusstsein der
Sprecher deutlich die Assoziation hervorruft, wobei die direkte Bedeutung erhalten
bleibt, vgl.:
звезда: 1. небесное тело; 2. (образно) о знаменитом деятеле искусства,
науки и т.д.; пахнет 1. дымом; 2. (образно) ссорой.
Die sprachlichen Metaphern tragen einen systemhaften Charakter und
spiegeln soziale Erfahrungen wider: зеленый юнец, бархат южного неба.
Die künstlerischen Metaphern sind nicht reproduzierbar, da sie einen
individuellen Charakter tragen und von den Dichtern, Schriftstellern geschaffen
sind: Улыбнулись сонные березки (С.Есенин), золотые ладьи облаков
(А.Блок).
Die Metaphern können nach ihrem Typ verschiedene Abarten bilden:
1) Ähnlichkeit der Form: голова (человека и сыра);
61

2) Ähnlichkeit der Eigenschaften: колючий (цветок и взгляд);


3) Übergang vom Konkreten zum Abstrakten: глубина (реки и чувств);
4) Ähnlichkeit der Handlungsweise: глотать (слюну и обиду).
Unter Metonymie versteht man die Übertragung der Namensbezeichnung
von einem Gegenstand auf einen anderen aufgrund eines räumlichen, zeitlichen,
kausalen, stofflichen u. a. Verhältnissen zwischen ihnen.
Es gibt verschiedene Abarten der Namensübertragung:
1) vom Stoff auf den Gegenstand, der daraus hergestellt wird: золото
(драгоценный металл и монеты/изделия из этого металла);
2) von der Handlung auf ihr Resultat: литье; работа
3) von der Ursache auf ihre Wirkung: нажать (давя, притиснуть; выжать
в каком-л. количестве);
4) vom Behälter/Raum auf seinen Inhalt: аудитория (зал и слушатели в
нем),
5) von der Handlung auf einen Ort, wo diese Handlung vor sich geht:
зимовка
6) vom Merkmal eines Gegenstandes auf einen Stoff : белизна (чистый
цвет и именование стирального порошка).

Literatur
1. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. – S. 123-168.
2. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: „Nowa
knyha“, 2003. - S. 180-184.
3. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 2003. - S. 36-47.
4. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1987, S. 262-275.
5. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – M., 2005. - S. 151-172.
62

6.Современный русский язык. Теория. Анализ языковых единиц. В двух


частях. По ред. Е.И. Дибровой. – М., 2001.- C. 222-232.
7. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. -M., 2004.-C. 84-97.

Fragen zum Thema


1. Was versteht man unter dem Bedeutungswandel bzw. der semantischen
Derivation?
2. Wie entsteht der Bedeutungswandel?
3. Was sind die wichtigsten extralinquistischen Ursachen des
Bedeutungswandels?
4. Was sind die wichtigsten intralinquistischen Ursachen des
Bedeutungswandels?
5. Womit sind die Bedeutungsveränderungen verbunden?
6. Worin besteht das Wesen der Bedeutungserweiterung? Führen Sie ein
Bespiel an.
7. Worauf beruht die Bedeutungsverengung?
8. Was ist die Bedeutungsübertragung? Worin besteht das Wesen der
Metapher? Bringen Sie Beispiele dafür an.
9. Was i s t die Personifizierung? Führen Sie ein Bespiel an.
10. Worin besteht das Wesen der Metonymie? Bringen Sie Beispiel dafür
an.
11. Welche Abarten der Metonymie gibt es im Deutschen?
12. Was bedeutet die Synekdoche? Welche Abarten der Synekdoche gibt
es?
13. Was sind die Bedeutungsverschlechterung und die Bedeutungs-
verbesserung?
14. In welche Gruppen lassen sich die Euphemismen einteilen? Führen Sie
Beispiele dafür an.
63

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie die Art des Bedeutungswandels: a) poetische Metapher;
b) lexikalische Metapher; c) Personifizierung; d) Metonymie; e) Synekdoche;
f) Verengung der Bedeutung; g) Erweiterung der Bedeutung.
die Flamme der Liebe; ein Strom der Erinnerungen; Langohr, Mosel,
Malaga (Weinsorten), Augapfel, Kopf eines Nagels, Kniescheibe, Zahn eines
Rades, bittere Worte, süße Liebe, harte Stimme, trockene Worte, Apollo (schöner
Mann), Xanthippe (zänkische Frau), Schreihals, Champagner, Graubart;
die Sonne bewegt sich; Das Leben geht weiter; das Licht kommt; Seine
Augen sprechen; Nach vielen Tagen kam er in seine vier Wände; die Nacht
verläuft; Mein Fuß wird deine Schwelle nie betreten.
Bild bedeutete früher „etwas von Menschenhand Gestaltetes/ Geformtes“,
heute – „Gemälde“;
Ferien bedeutete ursprünglich „Festtage bei Gerichten“; heute – „Urlaub“,
„“Schulferien“, „Ferien in der Hochschule“;
Hochzeit bedeutete im Mittelhochdeutschen ein „Fest“, heute – „Fest der
Vermählung“);
ein bisschen war früher ein Diminutivum von ein Biss (← beißen), heute –
„eine kleine Quantität von etwas“;
Schwarze Röcke, seidne Strümpfe
Weiße, höfliche Manschetten (H. Heine).
2. Bestimmen Sie die Herkunft der Euphemismen: a) religiöse
Euphemismen; b) sozial-moralische Euphemismen; c) gesellschaftlich-ästhetische
Euphemismen; d) politische Euphemismen.
Teufel = Teuxel / Henker / Versucher / Schwarze / Geier / alter Feind;
Lüge = Anekdote / Historie / Chronik / Unwahrheit;
Er ist krank = er ist unpässlich/nicht wohl/leidend;
Tod = Knochenmann / Sensemann / Streckebein / Vetter Hein;
ins Gefängnis kommen = zu Vater Philipp kommen/auf Wasser und Brot
gesetzt werden/an obrigkeitliche Kost kommen;
64

Friedhof = der heilige Ort/der gute Ort/Gottes Acker;


Abort = Häuschen/Kabinett/Nummer Null/Appartement/ Lokus/
Befreiungsstelle / Gelegenheit/Kämmerchen;
erschießen  = den Fall erledigen/verschwinden lassen/ schachmatt setzen.

Tests zum Thema


1. Was für ein Bedeutungswandel ist das: a) poetische Metapher;
b) lexikalische Metapher; c) Personifizierung; d) Metonymie; e) Synekdoche;
f) Verengung der Bedeutung; g) Erweiterung der Bedeutung

Variante A Variante B
1. der schwarze Mund (= Wasserwirbel) 1. rote Leuchtkugeln (=Feuerwerke)
(Fr. Schiller) (B. Kellermann)
2. Rücken eines Messers 2. Brustkorb
3. bittere Worte 3. weiches Gefühl
4. Venus (= schöne Frau) 4. Othello (= eifersüchtiger Mann)
5. die Jahre gehen rasch vorbei 5. der Ring sitzt gut
6. die ganze Welt klatschte Beifall 6. das ganze Auditorium lachte
7. Brief (mhd. Urkunde, nhd. Eine 7. Miete (mhd. Lohn, nhd. Zahlung
schriftliche Mitteilung auf Entfernung) für die Benutzung von einem Raum)
8. Gefährte (mhd. Reisegefährte, nhd. 8. stiften (mhd. Gründen einer Kir-
Begleiter, Freund, Helfer, Lebens- che, nhd. Gründen einer beliebi-
Gefährte usw.). gen Anstalt)
9. Schlaukopf 9. ein kluger Kopf
10. einschenken ( früher: ein Wein ein- 10. Mosel (=Weinsorte)
gießen; heute: Kaffee, Tee usw.
eingießen)
11. ножка стула 11. крик души
12. колючий взгляд 12. аудитория аплодировала
2. Bestimmen Sie die Herkunft der Euphemismen: a) religiöse
Euphemismen; b) sozial-moralische Euphemismen; c) gesellschaftlich-ästhetische
Euphemismen; d) politische Euphemismen
65

Variante A Variante B
1. Böse/ böser Feind (=Teufel) 1. Streckebein (= Tod)
2. Sterben (= Trennung, Heimgang) 2. der Allmächtige (= Gott)
3. ein verflixtes (= verfluchtes) Wetter 3. einschlummern (=sterben)
4. dichten (= lügen) 4. einseifen (= betrügen)
5. schwere Augen haben (= betrunken sein) 5. leichtes Mädchen (= Hure)
6. j-n aus dem Wege schaffen (= töten) 6. Manschetten (= Handfesseln)
7. ein gewisser Ort (= Abort) 7. Gesäß (= Arsch)
8. leidend (= krank) 8. er ist nicht richtig (=wahnsinnig)
9. nackt (=Adams- /Evakostüm) 9. guter Hoffnung sein (=schwanger)
10. Annexion (=Länderraub) 10. fertigmachen (= erschießen)
66

6. VIEDEUTIGKEIT UND HOMONYMIE

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


6.1. Die Definition der Vieldeutigkeit
6.2. Das Problem der Polysemie in der linguistischen Literatur.
6.3. Das Problem der Definition der Homonyme
6.4. Das Problem der Abgrenzung der Homonymie von der Vieldeutigkeit
6.5. Das Problem der Klassifikation der Homonyme in der deutschen
Sprache
6.6. Das Problem der Klassifikation der Homonyme in der russischen
Sprache

Schlüsselworte: Vieldeutigkeit, Homonymie, lexikalische Homonyme,


lexikalisch-grammatische Homonyme, grammatische Homonyme, Homoform,
Homophon, Homograph

6.1. Die Definition der Vieldeutigkeit


Bei der Behandlung des Problems der Wortbedeutung haben wir von den
Bedeutungsarten gesprochen und haben festgestellt, dass in einem und
demselben Wort mehrere Bedeutungen existieren können.
Die Fähigkeit eines Wortes, mehrere mit einander genetisch und semantisch
verbundene Bedeutungen zu besitzen und dementsprechend verschiedene
Gegenstände der objektiven Wirklichkeit zu bezeichnen, nennt man
Vieldeutigkeit oder Polysemie (poli „мнoгo", sema - „знак") eines Wortes. Die
Polysemie gilt als eine semantische Universalie, d.h. diese Eigenschaft der Wörter
ist für alle Sprachen eigen.
6.1.1. Die Gründe der Polysemie. Die Polysemie entsteht, weil die Sprache
im Vergleich zur Wirklichkeit ein begrenztes System ist. Keine einzige Sprache
kann jeden konkreten Gegenstand mit einem neuen Wort bezeichnen, darum
67

werden dieselben Lautkörper für neue Gegenstände und Erscheinungen der


objektiven Wirklichkeit gebraucht, vgl.:
ausziehen
I  vt 1. Draht ausziehen „paстягивать проволоку"
2. einen Tisch ausziehen „pаздвигать стол"
3. einen Zahn ausziehen „выдергивать зуб "
4. einen Mantel, Schuhe ausziehen „снимать пальто, обувь"
5. j-n ausziehen „pаздеть кого-либо"
6. den Inhalt aus dem Buch ausziehen „сделать конспект"
7. die Wurzel ausziehen (math.) „извлечь корень"
II. 1. (Vi) ausziehen „съезжать с квартиры“
2. zum Kampfe ausziehen „выходить на битву“
III. 1. (V refl) sich ausziehen „раздеваться“
2. die Kinderschuhe ausziehen „взрослеть“.
вести
1. кого (что) «помогать идти, сопровождать»: вести больного под
руку
2. кого (что) «идти во главе; направлять чье-н. движение»: вести
корабль
3. что «прокладывать в известном направлении»: вести шоссе на юг
4. чем по чему «двигать чем-н. в каком-н. направлении»: двигать
смычком по струнам
5. что «производить, осуществлять, делать»: вести войну
6. что «руководить, заведовать»: вести кружок

6.2. Das Problem der Polysemie in der linguistischen Literatur


In der Frage der Polysemie gibt es in der Fachliteratur keine einheitliche
Meinung. Einige Sprachwissenschaftler (L. Ščerba, A. Potebnja) traten gegen den
Begriff „Polysemie" auf: das Wort sei eine zweiseitige Einheit, die Verbindung
68

vom Lautkörper und der Bedeutung. Für diese Gelehrten ist die Bedeutung immer
ein neues Wort, weil jeder Bedeutung ein neuer Lautkörper entsprechen soll.
Eine andere Gruppe von Gelehrten lehnen die Polysemie auf der Ebene der
Sprache ab, indem sie auf dieser Ebene die so genannte Theorie „der
allgemeinen Bedeutungen" aufstellen. Das heißt, das Wort besitzt auf der Ebene der
Sprache nur eine allgemeine Bedeutung (in der Regel ist das die
Hauptbedeutung), z.B. das Wort Schwein hat in der deutschen Sprache zwei
Bedeutungen: 1) die Benennung eines Tieres; 2) schmutziger Mensch. Die
Anhänger dieser Theorie lösen die Vieldeutigkeit des Wortes Schwein in einer
„allgemeinen" Bedeutung auf, indem sie alle Eigenschaften des Tieres (das
Grunzen, das Äußere usw.) auf den Menschen übertragen, das stimmt aber nicht,
und der Mensch wird ein Schwein nach einem Merkmal dieses Tieres genannt,
nämlich nach dem Merkmal, das es oft schmutzig ist. Alle anderen Bedeutungen
werden auf der Ebene der Rede realisiert, dabei wird immer nur eine Bedeutung
realisiert und das vieldeutige Wort hört auf, polysem zu sein.
Der dritte Standpunkt (verbreitet vorwiegend in unserer Wissenschaft) betrachtet
die Polysemie als Eigenschaft des Wortes sowohl auf der Ebene der Sprache als
auch auf der Ebene der Rede. Die Wortbedeutung eines polysemen Wortes auf der
Ebene der Sprache ist die Potenz aller Bedeutungen, die auf der Ebene der Rede
realisiert werden können. Die lexikalische Bedeutung ist ein Gefüge von lexisch-
semantischen Varianten, die im Kontext realisierbar sind. Dieses Strukturgefüge
verkörpert die Einheit des Wortes. Seine Einheit wird so lange gewährleistet, bis im
Sprachbewusstsein der Angehörigen einer Sprachgemeinschaft der
Zusammenhang von verschiedenen Bedeutungen mit dem semantischen Zug des
Wortes lebendig ist und von den Sprachträgern empfunden wird.

6.3. Das Problem der Definition der Homonyme


Homonyme (griech. homos „gleich", onoma „Name") sind Wörter und
Wortverbindungen mit gleicher lautlicher Form und völlig verschiedenen
Bedeutungen, vgl.: der Ball «мяч» und der Ball «бал»; die Weide „ива» und die
69

Weide «пастбище»; топить «заставлять тонуть» и топить « поддерживать


огонь в печи»; худой «тощий, неупитанный» и худой «рваный, дырявый».
Das Problem der Homonyme ist nicht genügend erforscht und bei der
Behandlung dieses Problems entstehen viele Schwierigkeiten. Die erste
Schwierigkeit besteht in der Definition dieses Begriffs und der Abgrenzung
der Homonymie von der Vieldeutigkeit. In der Lösung dieser Frage lassen
sich zwei Richtungen feststellen.
Die erste Richtung ist mit der traditionellen Betrachtung der Homonyme
verbunden. Die Vertreter dieser Richtung halten für Homonyme nur solche
gleichlautenden Wörter mit verschiedener Bedeutung, die ursprünglich der
Form nach auch verschieden waren und nur im Laufe der geschichtlichen
Entwicklung dank verschiedenen phonetischen Veränderungen oder anderen
Gründen zusammengefallen sind, z.B. :
die Seite «страница» die Saite „струна"
ahd. sita ahd. seita
das Lied „пecня" das Lid „веко"
ahd. lied ahd. lit
Alle anderen Fälle des Zusammenfalls der lautlichen Form, dieser Meinung
nach, gehören zur Vieldeutigkeit.
Die zweite Richtung in der Behandlung der Homonyme besteht in
Folgendem. Zu den Homonymen gehören nicht nur gleichlautende Wörter mit
verschiedener Bedeutung, die semantisch nie verbunden waren, sondern auch solche
Wörter, die infolge des Zerfalls der Polysemie, d.h. infolge des Abbruches der
Verbindung zwischen den lexisch-semantischen Varianten des Wortes entstanden
sind, z.B.:
das Schild, es, er „вывеска, табличка" - der Schild, es, e «щит, герб»
Der Schild des Ritters war gleichzeitig sein Emblem, da darauf sein Wappen
abgebildet war. Ein ebensolches Emblem war das Schild des Handwerkes:
beim Schuster - ein Schuh, beim Bäcker - eine Semel usw. Zuerst entstanden
70

zwei lexisch-semantische Varianten eines Wortes, später zwei selbständige


Wörter mit verschiedenen grammatischen Formen.
Weitere Beispiele für derartige Homonyme, die infolge des Zerfalls der
Polysemie entstanden sind:
der Lauf «бег» der Lauf «ствол»
der Band, -er «том» das Band, -er «лента, завязка»
die Messe «католический праздник» die Messe «ярмарка»
Die benannten Probleme führen dazu, dass in verschiedenen Wörterbüchern
dieselben Wörter entweder als Homonyme oder als polyseme Lexeme behandelt
werden. So werden von 188 Verben, die im Wörterbuch von O.S. Achmanowa
„Словарь омонимов русского языка» (М., 1986) registriert sind, nur 35 Verben im
Wörterbuch „Малый академический словарь“ (M, 1999) (МАС) als Homonyme
interpretiert, dagegen zwei Paare der Verben перемешивать 1-2, перетачивать 1-2 ,
die im „MAC“ als Homonyme angesehen werden, fehlen im Wörterbuch von O.S.
Achmanowa.

6.4. Das Problem der Abgrenzung der Homonymie von der Vieldeutigkeit
Das Problem der Abgrenzung der Vieldeutigkeit von der Homonymie wird
verschiedenartig gelöst. Einige Forscher (X.A. Lewkowskaja, M.D. Stepanova)
halten das semantische Kriterium der Abgrenzung für das Maßgebende, aber
dieses Kriterium scheint subjektiv und nicht genug sprachlich bedingt zu sein.
Viele Sprachforscher (Th. Schippan, T.W. Stroeva) versuchen bei diesem
Problem von streng linguistischen Kriterien leiten zu lassen. Sie halten für
Homonyme gleichlautende Wörter mit verschiedener Bedeutung, und zwar:
1) die Wörter, die in ihrem Klang dank der geschichtlichen
Entwicklung zusammengefallen sind (Seite «страница», Saite «струна»);
2) die Wörter, die zu verschiedenen Wortarten gehören, obwohl semantisch
mit einander verbunden sind (leben - das Leben, laut - der Laut);
71

3) Wörter, die zu einer Wortart gehören, aber verschiedene grammatische


Merkmale aufweisen, dementsprechend verschiedene paradigmatische Schemata
aufweisen (Deklinationstypen, Pluralbildung, Konjugationstypen), z.B.:
der Bauer – die Bauern „крестьянин"; das Bauer – die Bauer „клетка"
die Bank – die Banken „банк"; die Bank – die Bänke „скамья"
hängen, te, t „вешать" – hängen, i, a „висеть".
4) Wörter, die zu einer Wortart gehören, dieselben morphologischen
Kennzeichen haben, die aber sich durch ihre Distribution unterscheiden, z.B.:
ein heiterer Mensch „веселый человек" – ein heiterer Himmel «безоблачное
небо»;
5) Wörter, die in allen aufgezählten Merkmalen zusammenfallen, die sich
aber durch ihre wortbildenden Beziehungen unterscheiden lassen, z.B.:
dichten «сочинять» (← der Dichter ); dichten „наполнять" (← dicht).
Nach I.G. Olšanski stehen der Sprache folgende Mittel zur Verfügung:
1) verschiedene Schreibweise (orthographisches Mittel), z.B.:
das Lied „пecня" – das Lid „веко“; die Waise „сирота" – die Weise «способ»
2) die Differenzierung des grammatischen Geschlechtes, z.B.:
der Heide «язычник» – die Heide „nyстошь"
der Laster „грузовик" – das Laster „порок"
3) die Gabelung der Pluralbildung, z.B.:
die Bank – Bänke „скамейка, парта" ; die Bank – Banken „банк"
die Mutter - Mütter „мать"; die Mutter - Muttern „гайка"
4) das grammatische Geschlecht und die Pluralform, z.B.:
der Tor – Toren „глупец" ; das Tor – Tore „ворота"
5) die Wortbildung, z.B.:
der Strauß „букет" (← Blumenstrauß); der Strauß „страус" (← Straußnest).

6.5. Das Problem der Klassifikation der Homonyme in der deutschen


Sprache
Es gibt verschiedene Klassifikationen der Homonyme.
72

Nach lexikalisch-grammatischen Charakteristika lassen sich die Homonyme in


drei Gruppen einteilen.
1) Lexikalische Homonyme sind Wörter mit der gleichen lautlichen Form und
völlig verschiedenen Bedeutungen, z.B.: Reif „Ring" und Reif „gefrorener Tau".
Sie fallen üblicherweise in allen Formen zusammen, d.h. sie sind vollständige
Homonyme.
2) Lexikalisch-grammatische Homonyme unterscheiden sich von einander
sowohl lexikalisch, als auch grammatisch durch irgendein grammatisches
Merkmal (verschiedene Wortarten; verschiedenes grammatisches Geschlecht):
hängen (-te, -t) - hängen (i, a).
3) Grammatische Homonyme unterscheiden sich durch die meisten
grammatischen Merkmale. Sie können sowohl vollständig sein, d.h. in allen
grammatischen Formen zusammenfallen und dabei verschiedenen Wortarten an-
gehören (während - während als Konjunktion und Präposition), als auch
unvollständig sein. Die unvollständigen Homonyme, die meistens derselben
Wortart angehören, unterscheiden sich voneinander durch ihre grammatischen
Charakteristika: grammatisches Geschlecht (der Messer „der messende Mensch" -
das Messer „Schneideinstrument"), Pluralform (das Wort: -e als „Aussage" und
-er als „ein Teil davon").
Nach formellen Kriterien lassen sich die Homonyme in folgende Gruppen
einteilen:
1) Homoformen, die zufällig in einer ihrer Formen zusammenfallen
(sieben als Zahlwort „7“ und sieben als Verb „durchsieben"; meine als
Possessivpronomen und (ich) meine als das Verb „glauben");
2) Homophone sind lautgleiche Homonyme, aber mit unterschiedlicher
orthographischer Ausdrucksseite, z.B.: Moor - Mohr; Lehre - Leere; Lied - Lid ;
3) Homographe haben orthographisch gleiche, aber lautlich und in der
Betonung unterschiedliche Ausdrucksseiten, vgl.: Montage „mehrere erste Tage
der Woche" und Montage „das Montieren"; Band „Musikgruppe" und „Buch";
73

4) Homophone und Homographe sind solche Homonyme, die gleiche Lautung


und Schreibweise haben. Nämlich sie können vollständig sein, d.h. in allen
Formen zusammenfallen (vgl. Reif „Ring" und Reif „gefrorener Tau") und
unvollständig, die sich in einigen lexikalisch-grammatischen Charakteristika
unterscheiden: die Bank, Bänke: „Sitzgelegenheit" und die Bank, Banken
„Geldinstitut".
Die Homonyme (insbesondere Homoformen) liegen mehreren sprachlichen
Missverständnissen und Witzen zugrunde, z.B.:
Der Lehrer diktiert: Ich sehe sieben tote Fliegen.
Der Schüler aber schreibt: Ich sehe sieben Tote fliegen.

6.6 Das Problem der Klassifikation der Homonyme in der russischen


Sprache
In der russischen Sprache versteht man unter Homonymie zwei Wörter,
deren Ausdrucksseiten gleich sind, dagegen die Inhaltsseiten sich voneinander
unterscheiden und miteinander nicht verwandt sind, z.B.: балка «деревянный
или железный брус, укрепленный концами и служащий поддержкой
настила» и балка «ложбина, образованная водами, длинный овраг с
заросшими краями».
Homonyme können vollständig (= Zusammenfallen der Wörter in allen
ihren Formen) (ручка стула – ручка ребенка) und unvollständig (=
Zusammenfallen der Wörter nur in einigen Wortformen) (рак «членистоногое»
и рак «болезнь, отсутствует форма множественное числа»).
Die unvollständigen Homonyme lassen sich in folgende Gruppen einteilen:
1) Homoformen, die zufällig in einer ihrer Formen zusammenfallen:
техника «совокупность средств труда» - техника (родительный падеж от
слова техник);
2) Homophone sind lautgleiche Wörter, aber mit unterschiedlicher
orthographischer Ausdrucksseite: плот – плод; во′лы - ва′лы;
74

3) Homographe haben orthographisch gleiche, aber lautlich und in der


Betonung unterschiedliche Ausdrucksseite: ′виски - вис′ки, ′стоит - сто′ит;
4) syntaktische Homonyme sind Wörter, die homonymisch nach ihrer
morphologischen Form sind und erfüllen unterschiedliche syntaktische Funktion:
редакции (именит. пад., множ. число) отвечают – редакции (дат. пад., ед.
число) отвечают
Literatur
1. Iskos A., Lenkowa A. Deutsche Lexikologie. - L., 1970. - S. 168-173,
232-246.
2. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: „Nowa
knyha“, 2003. - S. 137-148.
3. Lewkowskaja X.A. Lexikologie der deutschen Gegenwartsprache. - M.,
1968. - S. 179-186.
4. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1987 - S. 164-174.
5. Stepanova M.Q., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 2003.-S. 19-22.
6. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – M., 2005. - S. 32-47.
7. Современный русский язык. Теория. Анализ языковых единиц. В
двух частях. По ред. Е.И. Дибровой. – М., 2001. – С. 234-238, 343-349.
8. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. -M., 2004. - C. 118-124.

Fragen zum Thema


1. Was nennt man die Polysemie (Vieldeutigkeit) des Wortes? Führen Sie dafür ein
Beispiel an.
2. Was sind die Gründe der Polysemie?
3. Welche Meinungen gibt es in der Linguistik in Bezug auf die Polysemie?
4. Was versteht man unter den Homonymen? Führen Sie dafür ein Beispiel an
75

5. Wie wird das Problem der Abgrenzung der Vieldeutigkeit von der
Homonymie in der Linguistik gelöst?
6. Welche Kriterien werden für diese Abgrenzung vorgeschlagen von:
a) Th. Schippan, T.W. Strojewa;
b) I.G. Olšanski ?
7. Wie werden die Homonyme klassifiziert?

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie die Art der Homonyme:
die Weise – die Waise; der Tor – das Tor; der Lauf – der Lauf;
die Mähre – die Mähre; der alte Meier – der Alte;
Dank – dank; wir lesen – sie lesen; er schreibt – ihr schreibt.
2. Welche Mittel dienen in den nachfolgenden Homonymen zu ihrer
Differenzierung?
Leib – Laib; Mahl – Mal; Saite – Seite; der/das Band – Bände/Bänder;
Lied –Lid; der Strauß – der Strauß; Miene – Mine; der/das Tor –
Toren/Tore.
3. Kann man als Homonyme folgende sprachliche Einheiten betrachten, die
zum Wortspiel dienen. Begründen Sie Ihre Meinung:
a) Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft
(J. Gossel);
b) Das ist mein Eid, aber kein Meineid (J. Gossel);
c) Wo ich Langweile empfinde, da weile ich nicht lange (J. Gossel).
4. Wodurch wird in den unten angeführten Aussagen das Wortspiel bzw. der
Witz erreicht: durch Vieldeutigkeit oder Homonymie?
a) Seit er sich ließ mit ihr einst trauen, will er nun keiner Frau mehr trauen
(A. Hoursch);
b) Manche verdienen das Geld, das sie nicht verdienen;
c) Die meisten gehen in eine Konzert nicht der guten Töne, sondern des
guten Tones wegen (R. Zoozmann);
76

d) Ei belegtes Butterbrot ist einem willkommener als eine belegte Zunge


(J.Gossel);
e) Wenn man sich in den Zug setzt, soll man sich nicht in den Zug setzen;
f) Wer ist am ärmsten? Der Lehrer, weil er sogar die Schüler versetzt.
5. Enträtseln Sie folgende Rätsel; bestimmen Sie, worauf beruhen sie:
a) Sie ein Wasser,
er ein Wasser.
Sie oft wild,
er meist mild.
Sie am Strand,
er im Land.
b) Sie bezeichnet Feld und Wiese,
er hat Treppen für die Füße.
Sie ist weit in der natur,
er ist in dem Hause nur.
c) Aus alter Zeit, von Mund zu Mund,
kam sie und tat uns etwas kund.
Er ist immer gern gesehen,
sonst blieben alle Waren stehen.
d) Er, ein Buch von vielen Büchern.
Es, ein Schmuck an bunten Tüchern.

Tests zum Thema


1. Bestimmen Sie die Art der Homonyme: a) lexikalische (vollständige)
Homonyme; b) vollständige lexikalisch-grammatische Homonyme;
c) unvollständige lexikalisch-grammatische Homonyme; d) Homoformen;
e) etymologisch verwandte Wörter mit Verlust ihrer Semantik.
Variante A Variante B
1. Sie – sie 1. das Schloss – das Schloss
2. ich führe – er führe 2. er macht – ihr macht
3. die kranke Frau – die Kranke 3. während – während
4. das Wort – die Worte /Wörter 4. Kraft – kraft
5. pfiff –Pfiff 5. die Miene – die Mine
6. allein – allein 6. Schritt – schritt
77

7. schaffen – schaffen 7. Ihnen – ihnen


8. lesen – das Lesen 8. Ware – wahr(e)
9. Mal – Mahl 9. leben – das Leben
10. gelehrt – geleert 10. der bekannte Mann – der Bekannte
11. ключ «родник» - ключ 11. знать (глагол) – знать (сущ.)
«отмычка»
2. Durch welche Mittel werden die nachfolgenden Homonyme voneinander
differenziert: a) orthographische; b) morphologische; c) wortbildende Mittel
Variante A Variante B
1. Café – Kaffee 1. tot – Tod
2. die See – der See 2. der Schild – das Schild
3. der Gehalt – das Gehalt 3. geleert – gelehrt
4. viel – fiel 4. wieder – wider
5. Schilde – Schilder 5. Bänke – Banken
6. Haft – lebhaft 6. Fach – dreifach
7. Hund –Seehund 7. weise – paarweise
8. los – Los 8. Strauße – Sträuße
9. grau – das Grau 9. morgen – der Morgen
10. Steuern – Steuer 10. Waage – wage
11. óрган – оргáн 11. пáрить - парить

3. Finden Sie die Homonyme in folgenden Witzen und bestimmen Sie, durch
welche Mittel sie entstehen:
Variante A
1. Wenn das Drama gelehrt ist, dann ist das Theater geleert
2. „Und ihr Alter, gnädige Frau?“ fragte der Scheidungsanwalt. „Mein
Alter? ... ist verreist“.
Variante B
1. „Angeklagter, hat die Tür offengestanden? Oder war sie geschlossen?“ –
„Offengestanden – geschlossen.“
2. Das sei deine trefflichste Redeweise: rede nicht viel, Freund, doch rede
weise! (H. Hilck)
78

7. BEDEUTUNGSBEZIEHUNGEN IM LEXISCH-
SEMANTISCHEN SYSTEM

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


7.1. Paradigmatik und Syntagmatik
7.2. Paradigmatische Beziehungen im Wortschatz
7.2.1. Synonymie
7.2.2. Bedeutungsüberordnung/-unterordnung
7.2.3. Antonymie
7.2.4. Semantische Felder, lexisch-semantische Gruppen, Wortnischen,
Wortstände
7.3. Syntagmatische Beziehungen

Schlüsselworte: paradigmatische Beziehungen, syntagmatische


Beziehungen, Synonyme, Antonyme, Hyperonymie, Hyponymie, semantische
Felder, lexisch-semantische Gruppen, Wortnischen, Wortstände

7.1. Paradigmatik und Syntagmatik


Unter lexisch-semantischem System ist ein „Ganzes" von Lexemen
(Wörtern) oder lexisch-semantischen Varianten (Bedeutungen) zu verstehen, die
durch paradigmatische Beziehungen zu einer Einheit verknüpft sind. Es ist ein
offenes System. Die systemhaften Beziehungen erweisen sich nur in einigen
Bereichen, in anderen dagegen ist die semantische Strukturierung nicht immer
zweifelfrei nachweisbar. Diese systemhaften Beziehungen bezeichnet man als
paradigmatische Beziehungen. Paradigmatische Beziehungen sind solche, die an
einer Stelle eines Satzes auftreten, einander ersetzen oder ausschließen und sich
gegenseitig bestimmen können. Diese Beziehungen ermittelt man gewöhnlich
durch Substitution oder Austauschprobe. Diese Verfahren ergeben vor allem
Synonymie, Antonymie, Hyperonymie und Hyponymie.
79

Im lexisch-semantischen System unterscheidet man gewöhnlich fünf


Grundtypen der Bedeutungsbeziehungen:
1. Bedeutungsgleichheit /
Identität von zwei Bedeutungseinheiten, z.B.:
Beifall = Applaus; obwohl = obgleich; Radio = Rundfunk.
Dieser Typ ergibt absolute Synonyme;
2. Bedeutungsähnlichkeit,
z.B.: Klang ≈ Ton. Dieser Typ ergibt Synonyme im weiteren Sinne des Wortes;
3. Bedeutungsüberordnung
/ Bedeutungsunterordnung. Dieser Typ ergibt Hyperonyme und Hyponyme, z.B.:
Blume: Sonnenblume ≠ Veilchen ≠ Narzisse;
4. Bedeutungsgegensatz / Polarität. Dieser Typ ergibt Antonyme, z.B.: alt

neu;
5. Unvergleichbarkeit.
Dieser Typ ergibt unvergleichbare Beziehungen, z.B.
essen//gehen.

7.2. Paradigmatische Beziehungen im Wortschatz


7.2.1. Synonymie. In der traditionellen Bedeutungslehre definiert man
Synonyme als sinngleiche (bedeutungsgleiche) oder sinnverwandte
(bedeutungsverwandte) Wörter. Bei der Bedeutungsgleichheit geht es um solche
Lexeme, die gleiche / identische Bedeutungen besitzen, sie beziehen sich auf
dieselbe Erscheinung der Wirklichkeit und können einander in jedem Kontext
ersetzen. Solche Synonyme bezeichnet man als absolute (vollständige) Synonyme
(dt. Beifall = Applaus, Radio = Rundfunk, Telefon = Fernsprecher, importieren =
einführen; rus. отец – родитель, вынуть – извлечь, лингвистика -
языкознание). Die Zahl solcher Synonyme ist in jeder Sprache gering. Ihre
Austauschbarkeit in jedem Kontext ist oft umstritten. In solchen Fällen wie z.B.
das Telefon klingelt, läutet, schrillt wird das andere Synonym Fernsprecher nicht
80

gebraucht (vgl.: zum Telefon gehen, laufen, greifen; am Telefon warten, durch/per
Telefon etw. erfahren usw.). In folgenden Zusammensetzungen
Auto-/Dienst-/Tischtelefon ist Fernsprecher unmöglich und umgekehrt,
Münzfernsprecher, Fernsprechamt lassen keine Ersetzbarkeit durch Telefon zu.
Diese Tatsache gibt manchen Linguisten das Recht, das Vorhandensein der
absoluten Synonyme unter Zweifel zu setzen.
Für die Synonyme ist aber nicht die Bedeutungsidentität, sondern
Bedeutungsähnlichkeit mehr relevant. Solche Synonyme fallen in wesentlichen
Semen zusammen und unterscheiden sich in sekundären Semen, die solche
Synonyme semantisch, regional, wertend-stilistisch konkretisieren können, vgl.:
a) dt. Gesicht - Antlitz (geh.) – Fratze (fam.); rus. гулять - фланировать
(прен.-ирон.) – бродить – шастать (прост. неодобр.) – слоняться (разг.) –
stilistische Unterschiede;
b) dt. Lohn - Gehalt - Gage - Honorar Sold – Heuer; rus. развесистый –
разлапый - раскидистый - semantische Unterschiede.
Die Bedeutungsähnlichkeit der Synonyme beruht auf semantischer
Differenzierung, d.h. semantischen Unterschieden. Solche Synonyme bezeichnet
man als ideographische (unvollständige) Synonyme.
Die Synonyme können sich durch stilistische Markiertheit unterscheiden,
solche Synonyme bezeichnet man als stilistische Synonyme (vgl.: verstehen -
begreifen - kapieren; Gesicht - Antlitz - Visage - Fratze). Die stilistischen
Synonyme bilden die zweite Untergruppe der unvollständigen Synonyme.
Zahlreich sind im Deutschen Lexeme, die eine und dieselbe Erscheinung der
objektiven Wirklichkeit bezeichnen, aber sich durch ihre Bevorzugtheit im
Gebrauch in einem bestimmten deutschen Sprachgebiet kennzeichnen. Solche
Synonyme nennt man territoriale, regionale Synonyme (die dritte Untergruppe der
unvollständigen Synonyme), die aber zum allgemeinen Wortgut gehören (vgl.:
Samstag - Sonnabend; Erdapfel - Kartoffel; Junge -Bub; Rahm – Sahne u.a.). Die
große Anzahl von den deutschen territorialen Synonymen ist eine Besonderheit der
deutschen Synonymie und ist historisch bedingt.
81

Von den regionalen Synonymen muss man Dialektismen unterscheiden, die:


a) nur in einem Sprachgebiet gebraucht werden;
b) zum allgemeinen Wortgut der Nationalsprache nicht gehören;
c) detaillierte Bezeichnungen für einen Begriff sind. So werden die Tiere in
der Viehzucht nach dem Geschlecht (Schwein - Eberle - Lösle); nach dem Alter
(Ferkel - Schössling - Läufer - Springer) unterschieden.
Die Synonyme bilden nicht nur Paare, sondern auch synonymische Reihen,
d.h. historisch entstandene, aber immer synchrone Wörtergruppierungen mit
Systemcharakter, die auf semantischer Identität oder Bedeutungsähnlichkeit
aufgebaut sind. Das Hauptsynonym der synonymischen Reihe heißt die Dominante
oder das Grundsynonym. Die Kriterien der Dominante sind folgende:
a) sie ist semantische Invariante der ganzen Reihe, die besonders
deutlich den Sinn der ganzen Reihe ausdrückt;
b) stilistisch neutral ist;
c) häufiger als andere gebraucht wird.
So tritt als die Dominante der deutschen synonymischen Reihe Gesicht -
Antlitz - Fratze das erste Wort auf, in der russischen synonymischen Reihe понять
– кумекать – въехать das erste Verb.
Die Synonyme können auf verschiedenen Wegen entstehen. Man spricht
über die inneren und äußeren Entwicklungsfaktoren. Zu den inneren
Entwicklungsfaktoren zählt man die Entstehung von Synonymen durch:
1) Wortbildung : dt. Lauferei - Gelaufe; Lastkraftwagen - Laster – LKW;
rus. ниспадать – спадать; читальня – читалка; гордость - гордыня ;
2) semantische Derivation: dt. Nase = Birne= Gurke = Kartoffel ; rus.
красный = алый = пунцовый;
3) Entlehnungen aus den Sonderwortschätzen (Freundin - Ische).
Zu den äußeren Quellen zählt man die Entlehnungen:
1) aus anderen Sprachen (Arbeit - Job; Steckenpferd - Hobby);
2) aus Mundarten (Freund — Maker; Fahne — Flagge; Borke — Rinde);
3) durch puristische Tätigkeit (Adresse — Anschrift; Konvert - Umschlag).
82

Im Text kommt den Synonymen eine Reihe verschiedener Funktionen zu:


• das Vermeiden der
unnötigen Wiederholungen;
• die Auswahl von
treffendem Wort;
• steigernde Funktion ( dt. Widersprüche, Kollisionen, Konflikte; rus.
ломать = громить = разрушать = крушить);
• erläuternde,
präzisierende Funktion (Pädagoge - Erzieher - Lehrer);
• emotional-expressive
Funktion (dt. sich unterhalten, plaudern, schwatzen,
schwafeln; rus. жадный, жмот, скупердяй, скряга, жадина);
• euphemistische Funktion
(die Frau ist dick, korpulent, vollschlank, mollig, rundlich; schwanger - in anderen
Umständen sein - guter Hoffnung sein).
7.2.2. Bedeutungsüberordnung/-unterordnung. Wie es oben schon
erwähnt wurde, ist einer der Typen von Wortbeziehungen im lexisch-semantischen
System Bedeutungsüberordnung – Bedeutungsunterordnung. Dieser Typ
kennzeichnet sich durch die Relation: Allgemeines – Spezielles; Gesamtheit –
Element; Oberbegriff - Unterbegriff, z.B.: Blume: Sonnenblume, Mohnblume,
Veilchen, Narzisse, Rose, Tulpe; мебель: стол, стул, шкаф, кровать, полка.
Das Wort, das den Oberbegriff nennt, heißt Hyperonym. Für alle anderen
Wörter dieser Reihe gilt der Terminus Hyponym. Zu diesem Bedeutungstyp
zählt man auch die Beziehung vom Typ „Teil von" oder ein
„Ganzes-Teil-Verhältnis" (vgl.: Blume: Wurzel, Blatt, Blüte; Baum:
Stamm, Ast, Zweig, Blatt, Nadel, Wurzel).
7.2.3. Antonymie. Antonyme sind Gegenwörter oder Gegensatzwörter, d.h.
Wörter mit Gegensatzbedeutung. Im Falle der Antonymie unterscheiden sich die
Lexeme in einem wesentlichen Bedeutungselement bzw. Sem, das den Charakter
83

der Gegensätzlichkeit genereller Art hat, in anderen Merkmalen fallen sie


zusammen. Zu solchen Merkmalen zählt man:
1) ihren regelmäßigen Gebrauch in diesem Gegensatz;
2) analoge lexikalische und syntaktische Valenz;
3) Angehörigkeit solcher Wörter zu einer Wortart.
Nach dem Gegensatz unterscheidet man Antonyme, welche zu einander in
1) kontradiktorischem (polarem) Gegensatz stehen, d.h. Wörter, deren
Begriffe einander ausschließen, z.B.: gesund - krank, schwarz - weiß, ledig –
verheiratet; дорогой – дешевый, прошлое – будущее, купить – продать;
2) konträrem Gegensatz stehen, z.B.: hell - dunkel, groß – klein,
быстрый – умеренный – медленный. Solche Antonyme stehen zu einander in
einem abstufbaren Gegensatz;
3) korrelativem (komplementärem) Gegensatz stehen: Bruder-
Schwester,
Norden – Süden; можно – нельзя, мужчина – женщина, есть – нет.
Der Gegensatz kann sprachlich gesehen verschieden erreicht werden:
1) durch Wurzelwörter, z.B.: Liebe - Hass, stark - schwach, reden -
schweigen; поздно – рано; жизнь – смерть;
2) durch verschiedene wortbildende Elemente, z.B.: Tiefe - Nichttiefe, artig
- unartig, fehlerhaft – fehlerlos; порядок – беспорядок, послушный -
непослушный

7.2.4. Semantische Felder, lexisch-semantische Gruppen, Wortnischen,


Wortstände. Eine Abart der Beziehungen im lexisch-semantischen System stellen
semantische Wortfelder dar. Der Begriff des Feldes wurde von G. Ipsen eingeführt
(1924). Diese Theorie wurde von anderen Sprachforschern weiter entwickelt. Von
W. Porzig stammten „syntaktische Felder". Sie entstehen durch die wesenhaften
Beziehungen, die zwischen Wörtern bestehen, die linear durch semantische
Fügungspotenz zu einer Redekette verbunden werden können. So setzt das Verbs
84

greifen die Verbindung mit Hand voraus; sehen — das Auge, reiten - das Pferd
und blond - menschliches Haar.
Einen großen Beitrag zur Feldforschung leisteten J. Trier, L. Weisgerber.
Gemäß ihrer Theorie bedeutet das Wort etwas nur im Feld, d.h. das Wort bekommt
seine inhaltliche Bestimmtheit vom Gefüge des Ganzen, es bedeutet nur in diesem
Ganzen und kraft dieses Ganzen.
Die semantischen Wortfelder stellen eine Gliederung der Spracheinheiten
dar, die über die Synonymie hinaus in weiteren semantischen Beziehungen zu
einander stehen.
Die Wortfeldforschung von heute kennzeichnet sich dadurch, dass zum
Bereich des Feldes nicht nur Lexeme, sondern auch stehende Wortkomplexe
erfasst werden. Dementsprechend heißen solche Felder lexikalisch-
phraseologische Felder. Den Kern des Feldes bildet ein Hyperonym oder
Archilexem, um dieses gruppieren sich neutrale Lexeme. In Richtung Peripherie
liegen stilistisch markierte Wörter und feste Wortkomplexe. So kann man das
lexikalisch-phraseologische Feld mit dem Hyperonym tadeln so illustrieren:
tadeln - „neutral"
differenzierende begriffliche Seme:
1) Intensivität (gründlich, scharf, tüchtig, heftig): z.B. zurechtweisen,
rügen,schelten, schimpfen, ausschimpfen, bespotten usw.
differenzierende begriffliche wertende Seme:
2) negativ: z.B. abstauben (landschaftlich), anratzen (salopp), jemandem
den Kopf waschen usw.
Zusätzliche Seme, welche in Lexemen und phraseologischen Einheiten
enthalten sind, konkretisieren den zentralen Begriff semantisch oder stilistisch.
Von den Wortfeldern (lexikalisch-phraseologischen Feldern) unterscheidet
man Sachgruppen (thematische Gruppen), z.B.: Möbel: Tisch, Schrank, Sessel,
Stuhl, Sofa.
Es gibt auch andere Möglichkeiten der Gliederung des deutschen
Wortschatzes, die die Wortbildungsstruktur berücksichtigen. Von diesem
85

Standpunkt aus entstand in der Linguistik die sogenannte inhaltsbezogene


Wortbildungslehre (rus. „словообразование, ориентированное на содержание“).
Die Hauptbegriffe dieser Theorie sind Wortnische und Wortstand. Die
Wortnischen (semantische Nischen) sind semantisch zusammengehörige Gruppen
von Ableitungen zu einem Präfix oder zu einem Suffix, z.B.: Fremdling, Fröhling,
Fäustling, Grünling, Lehrling, Zögling u.a. Das Derivationsmorphem -ling ist der
Form nach gleich, der Funktion nach - verschieden (Mensch, Gegеnstand,
Zeitperiode usw.).
Der Wortstand ist eine semantisch zusammengehörige Gruppe von
Ableitungen unterschiedlicher Wortbildungstypen, die einem Oberbegriff
(Hyperonym) untergeordnet ist. Der Wortstand „Berufe" umfasst Wurzelwörter
(Bote, Hirt, Koch, Schmied), Ableitungen mit den Suffixen -er, -ler, -ner (Bäcker,
Künstler, Gärtner), mit den Halbsuffixen -mann, -frau (Kaufmann, Seemann,
Geschäftsmann), entlehnte Wörter wie Astronom, Jurist, Philosoph.

7.3. Syntagmatische Beziehungen


Von den paradigmatischen Beziehungen muss man syntagmatische
Beziehungen unterscheiden. Die syntagmatischen Bedeutungsbeziehungen der
sprachlichen Einheiten sind Anreihungsbeziehungen, die auf dem linearen
Charakter der Sprache beruhen. Das sind die Beziehungen zwischen Einheiten, die
in einem Kontext vorkommen, d.h. in einem Syntagma bzw. einer Wortverbindung
und im Satz. Diese Verbindungsmöglichkeiten sind nicht beliebig, sondern
unterliegen bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Diese Gesetzmäßigkeiten sind unter
folgenden Termini bekannt: Kompatibilität, lexikalische Solidarität, semantische
Verträglichkeit / Kongruenz u.a. Die lexikalische Bedeutung des Wortes bedingt
seine Verbindung mit einem anderen Wort, z.B. anziehen → ein Kleidungsstück
(Mantel, Kleid, Hose); blond → menschliches Haar.
Der Verstoß gegen diese Gesetzmäßigkeit ergibt oft Metapher. So, z.B. bei
H. Heine Der Wind zieht seine Hosen an, die weißen Wasserhosen...
86

Heute fasst man die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Verbindbarkeit


einer sprachlichen Einheit mit dem Begriff Valenz. Diesen Begriff und den
Terminus selbst führte in den linguistischen Umgang der französische Linguist L.
Tesniere in Rahmen seiner strukturellen Syntax. Die Fähigkeit der Verben eine
bestimmte Anzahl von „actants" (Aktanten, Mitspieler) an sich zu binden,
vergleicht L. Tesniere mit der Eigenschaft eines Atoms in der Chemie und
bezeichnet die als „Valenz".
Einen besonderen Beitrag zur Entwicklung der Valenztheorie leisteten auch
andere Sprachwissenschaftler, darunter unsere Sprachforscher (S.D. Kaznelson,
W.G. Admoni, T. R. Lomtev, M.D. Stepanova), in der deutschsprachigen
Germanistik - H. Brinkmann, J. Erben, G. Helbig u.a.
M.D. Stepanova übertrug den Begriff „Valenz“ auf die UKs des
lexikalischen Stammes und auf solche Weise entstand die „innere Valenz" des
Wortes.

Literatur
1. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: „Nowa
knyha“, 2003. - S. 67-103.
2. Schippan Th. Einführung in die Semasiologie. – Leipzig, 1975. –
S. 132-167.
3. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. – M., 1986. - S. 21-34.
4. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. – M., 2005. – S. 51-74.
5. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. –M., 2004. – C. 105-114.

Fragen zum Thema


1. Was bezeichnet man als paradigmatische Beziehungen?
87

2. Wie viel und welche Grundtypen der Bedeutungsbeziehungen unterscheidet


man im lexisch-semantischen System?
3. Wie definiert man in der traditionellen Bedeutungslehre die Synonyme?
4. Was sind die absoluten (vollständigen) Synonyme? Führen Sie Beispiele an
5. Welche Synonyme bezeichnet man als ideographische (unvollständige)
Synonyme? Führen Sie Beispiele an.
6. Was sind stilistische Synonyme? Führen Sie Beispiele an.
7. Welche Synonyme nennt man territoriale, regionale Synonyme/Dubletten?
Führen Sie Beispiele an.
8. Was ist die synonymische Reihe und das Grundsynonym (Dominante)?
Nennen Sie die Kriterien, nach denen die Dominante in der synonymischen
Reihe festgestellt wird.
9. Was sind die Faktoren für die Entstehung der Synonyme?
10. Welche Funktion üben die Synonyme in einem Text aus?
11. Was nennt man in der Linguistik „Hyperonym“ und „Hyponym"?
Führen Sie Beispiele an.
12. Was sind Antonyme?
13. Was ist ein lexikalisch-phraseologisches Feld und wie ist seine
Struktur? Führen Sie Beispiele an.
14. Welche Beziehung besteht zwischen lexikalisch-phraseologischem
Feld und Sachgruppe (thematische Gruppe)?
15. Was sind die Wortnische und der Wortstand?
16. Was sind die syntagmatischen Beziehungen?

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie die Art der Synonyme:
Schi – Ski – Schneebretter Ufer – Strand –Küste – Kai
drahten – telegraphieren Lift-Aufzug – Fahrstuhl
ledig – los, frei ruhen – auf etwas liegen
ruhen – sich erholen Pferd – Ross
88

schnell – rasch – schleunig – hurtig Gesicht – Antlitz


2. Vergleichen Sie die stilistische Färbung und die nominative Bedeutung
folgender Wörter:
a) essen, fressen, futtern, speisen, verpatzen;
b) Mädchen, Krabbe, Maid;
c) warten, harren;
d) einen Besuch abstatten, besuchen;
e) Er saß traurend im öden Gemach; Er saß traurig in der leeren Stube;
f) Kopf, Deckel, Deetz, Haupt.
3. In welchem Kontext und in welcher Bedeutung treten folgende Wortpaare
als Antonyme auf? Wodurch wird die Antonymie erreicht?
a) hart – weich (Bett, Aufgabe, Konsonant, Zeiten, Kissen, Linien, Herz,
Kopf; ...wie Stein, Eisen, Stahl; ...Birne haben;...wie Samt, Butter, Brei, Wachs);
b) früh – spät (Jugend, Stunde, Morgen, Sommer, Tod, Ernte, zu ...kommen;
...aufstehen);
c) Freund – Feind (alt, heimlich, lieb, grimmig, vertraut, bewährt, erbittert,
dicke..; die ärgsten...; der ... rückt näher);
d) schließen – öffnen (Frieden, Tür, Sitzung, Ehe, Brief, Wunde, Augen,
Geschäft, Mund, Rede, Debatten, Bündnis, Vertrag, Geschwür).
4. Führen Sie Synonyme zu den fettgedruckten Wörtern in ihrer Verbindung
mit den in Klammern angeführten Lexemen:
gepflegt (Park, Haar), weit (Ziel, Öffnung), schlaff (Saiten, Haltung),
reinigen (Kleid, Ausguss), verurteilen (Angeklagter, Handlung).

Tests zum Thema


1. Bestimmen Sie die Art der Synonyme: a) vollständige (absolute)
Synonyme; b) unvollständige (ideographische) Synonyme; c) kontextuelle
Synonyme; d) stilistische Synonyme
Variante A Variante B
1. Augenlid – Lid 1. Ermattung – Ermüdung
89

2. Honorar – Gage 2. Ergebnis- Resultat


3. ledig – unverheiratet 3. Gegner – Feind
4. Radio – Rundfunk 4. beinahe – um ein Haar
5. Gasse – Straße 5. Weg – Pfad – Steg
6. sterben - entschlafen 6. Liebe - Minne
7. Kopf - Haupt 7. warten - harren
8. essen - fressen 8. Kleidung - Klamotten
9. Augenblick – Moment 9. Perron – Bahnsteig
10. zittern – bibbern 10. Dichter – Reimschmied

2. Bestimmen Sie die stilistische Färbung folgender sinnverwandten Wörter:


a) neutral; b) umgangssprachlich; c) gehoben; d) grob/derb; e) salopp
Variante A Variante B
1. Klamotten „Kleidung“ 1. Birne „Kopf“
2. Barde „Dichter“ 2. Zifferblatt „Gesicht“
3. verdrücken „essen“ 3. Liebe
4. Techtelmechtel „Liebe“ 4. hops gehen „sterben“
5. Kopf 5. Ding „Mädchen“
6. Kiste „Auto“ 6. verspachteln „essen“
7. schlafen 7. pennen „schlafen“
8. fertig machen “umbringen“ 8. beehren „besuchen“
9. besoffen „betrunken“ 9. bescheißen „betrügen“
10. Pulver/Blech/Heu „Geld“ 10. Kumpel „Freund“

3. Wodurch wird die Antonymie bei nachfolgenden Wörtern erreicht: a)


Suffixe; b) Präfixe; c) Gegensatzbedeutung der ersten Komponente der
Zusammensetzung. Erklären Sie die Bedeutung der Strukturelemente und
übersetzen Sie diese Wortpaare.
Variante A Variante B
90

1. Rotgardist – Weißgardist 1. Stummfilm – Tonfilm


2. ertönen – vertönen 2. schamhaft – schamlos
3. geräuschlos – geräuschhaft 3. zubinden – losbinden
4. Profisport –Amateursport 4. Farbfilm – Schwarz-Weißfilm
5. machtvoll – machtlos 5. reinigen – verunreinigen
6. Ruhe – Unruhe 6. Nachwort – Vorwort
7. gefallen – missfallen 7. Sinn – Unsinn
8. achten – verachten 8. Heirat – Missheirat
9. Neigung – Abneigung 9. wörtlich – wortlos
10. fesseln – entfesseln 10. eingehen – ausgehen

4. Führen Sie Synonyme zu den fettgedruckten Wörtern in ihrer Verbindung


mit den in Klammern angeführten Lexemen
Variante A Variante B
1. licht (Tag, Wald) 1. wild (Pferd, Stiefmütterchen)
2. trocken (Hand, Brot, Empfang) 2. steigen (Temperatur, in den Zug)
3. verschlossen (Mensch, Tür) 3. tief (Temperatur, Fluss)
4. roh (Obst) 4. dürr (Blätter, Hand)
5. sanft (Wind) 5. löschen (Feuer)
6. beflecken (Kleid) 6. verkorken (Flasche)
91

8. DAS NEUE UND ALTE WORTGUT IM DEUTSCHEN

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


8.1. Neologismen in der deutschen Sprache
8.2. Klassifikation der Neologismen
8.3. Archaismen in der deutschen Sprache
8.4. Funktionen der Archaismen
8.5. Neologismen und Archaismen im Russischen

Schlüsselworte: Neologismen, Neulexeme, Neuformative, Neusememe,


Archaismen, Historismen,

8.1. Neologismen in der deutschen Sprache


Der Wortschatz jeder Sprache ist ein offenes System, in welchem neue
Wörter aufkommen und alte Wörter aus dem Sprachgebrauch untergehen. Neue
Wörter nennt man Neologismen (gr. neos- „neu", logos „Wort"). Der
Neologisierungsprozess betrifft am meistens den Bereich der Technik,
Wissenschaft und ist mit dem Progress verbunden. Handel und Werbung brauchen
immer wieder neue Benennungen für neue Konsumgüter, die Industrie für neue
Technologien etc.
Nicht jedes neue Wort kann als Neologismus bezeichnet werden.
Neologismen sind solche Wörter, die usuell geworden sind, d.h. in den Wortschatz
aufgenommen sind. Darum sind keine Neologismen die Bildungen, die nur für den
einmaligen Gebrauch zu verschieden Zwecken geschaffen sind. Keine
Neologismen sind auch die so genannten Autorenbildungen, obwohl einige davon
mit der Zeit zu den usuellen lexikalischen Einheiten werden, z.B. Weltliteratur
(Goethe), Gedankenfreiheit (Schiller), offene Gesellschaft (Popper).
Es gibt aber in der Linguistik eine andere Meinung: ein Neologismus, wenn
er erst usuell wird, ist schon kein Neologismus mehr (Th. Schippan).
92

Zusammenfassend kann man den Neologismus so definieren: Ein


Neologismus ist ein neues usuelles Wort (Wortbedeutung, Wortverbindung), das
die Konnotation „Neuheit" besitzt. Die Eigenschaft „Neuheit" ist relativ und
vorübergehend. Daher ist es sinnvoll, von Neologismen mit Bezug auf ihre
Entstehungszeit zu sprechen: Neologismen (1945-47), Neologismen (Ende des
XX. -Anfang des XXI Jh.).
Die größte Zahl der Neologismen entsteht um:
1) neue Bezeichnungsobjekte, wie z.B. im Zusammenhang mit der
Informatik, Internet usw. (File, Server, Modem, User ) zu nennen;
2) Wertungen, emotionale Beziehungen besser auszudrücken. Meist beruht
die Bildung solcher Neologismen auf pragmatisch günstiger Motivation (vgl.
Feierabendheim neben Altersheim; Putzfrau und Reinigungsfrau;
Sekundärstoff neben Lumpen, Altpapier, Altstoffe; Rezession und Rückgang).
Das Schicksal der Neologismen ist verschieden:
a) Manche werden allgemein bekannt und gehören in diesem Sinn zum
Grundwortschatz (Computer, Terminal, Videorecorder, Sputnik, Raumfahrt,
Raumflugkörper, Kosmonaut u.a.);
b) Manche existieren bestimmte Zeit als Neologismen, weiter scheiden die
Lexeme aus und werden zu den Historismen, z.B. der größte Teil des DDR-
Wortschatzes aus dem politischen und ökonomischen Bereich oder die neue
Lexik der Nachkriegszeit (Neulehrer - Altlehrer, Neubauer - Altbauer
Besatzungszone - Ostzone). Diese Lexeme waren einst Neologismen,
heute aber sind sie Historismen.

8.2. Klassifikation der Neologismen


Es gibt verschiedene Klassifikationen von Neologismen. Verbreitet ist u.a.
die Klassifikation von Neologismen, die von den Autoren des Wörterbuches der
deutschen Gegenwartssprache (WdG) stammte. Im WdG werden 3 Gruppen
ausgesondert.
93

Die erste Gruppe (Neuwörter) sind solche Neologismen, die in den letzten
Jahren aufgekommen sind und früher unbekannt waren. E.W. Rozen nennt sie
starke Neologismen. Zu den Neuwörtern zählt man gewöhnlich Entlehnungen
aus anderen Sprachen (Hacker, Server, File, Glasnost, Perestrojka). Nach E.W.
Rozen sind die starken Neologismen unmotiviert, morphematisch nicht zerlegbar,
deswegen kennzeichnen sie sich durch den höchsten Grad der Konnotation
„Neuheit".
Die zweite Gruppe (Neuprägungen, Neubildungen) sind solche
Neologismen, die aus den in der Sprache vorhanden Morphemen in der neuen
Kombination gebildet sind und in der Regel einen neuen Begriff bezeichnen
(Sprachverbindung ‘голосовое соединение’, brandeilig ‘очень спешно’). Die
Neuheit solcher Bildungen ist nicht groß, da sie nach den aktuellen
Wortbildungsmodellen der deutschen Sprache gebildet sind, z.B. Kultbuch,
Kultfilm, Kultautor, Kult-Auto.
Die dritte Gruppe (Neubedeutungen, semantische Neologismen,
Neosemanten) machen die Neologismen aus, die als Folge der
Bedeutungserweiterung, d.h. Metaphorisierung oder Metonymisierung der
Bezeichnung entstanden (Maus - 1. грызун, 2. часть компьютера).
Die Neologismen können durch die Entlehnung, Wortbildung und
Bedeutungswandel entstehen. Der Bedeutungswandel als Weg der Entstehung von
Neologismen ist nicht produktiv. Die Neologismen können Veränderungen im
lexikalisch - semantischen System hervorrufen. Sie verdrängen andere Wörter (vgl.
Altersheim und Feierabendheim) oder unterscheiden sich semantisch
(Steckenpferd und Hobby. Das Wort Hobby bedeutet eine nichtprofessionelle
Beschäftigung und erweist sich gut geeignet Komposita zu bilden, z.B.: Hobby-
raum, Hobby-keller, Hobby-Schneider, Hobby-Maler, Hobby-Gärtner etc.).
Bekannt ist auch die Klassifikation von D. Herberg und K. Heller. In dieser
Klassifikation werden unterschieden Neulexeme (Neubildungen), Neuformative
(Neubezeichnungen) und Neusememe (Neubedeutungen).
94

1) Bei Neulexemen sind neu Inhalt und Form, Bedeutung und Formativ
(Babyjahr, Disko).
2) Bei Neubezeichnungen (Transnominationen) handelt es sich um neue
Formative, Lautkomplexe für bereits bekannte Denotate (Raumpflegerin statt
Reinemachefrau; Sekundärrohstoffe statt Altstoffe). Solche Neubenennungen
erweitern bestehende Synonymreihen.
3) Neusememe sind neue Bedeutungen, die bereits vorhandenen
lexikalischen Einheiten angelagert werden (Patenschaft - ein DDR-Semem;
Mauer - kurz für „Berliner Mauer", ein Symbol der Spaltung Deutschlands).
Nur die Bedeutung ist hier neu, während die Wortform vorhanden war.
In dieser Klassifikation werden Neologismen folgenderweise definiert: „Ein
Neologismus ist eine lexikalische Einheit (bzw. ein Formativ oder eine
Bedeutung), die in einem bestimmten Abschnitt der Sprachentwicklung auf Grund
kommunikativer Bedürfnisse in einer Gemeinschaft aufkommt, sich ausbreitet, als
sprachliche Norm kollektiv akzeptiert und als neu empfunden wird".
Zu den lexikalischen Innovationen im Wortschatz zählt man manchmal auch
Modewörter, d.h. die Wörter und Wendungen, die vorübergehend durch
tonangebende Kreise im Umlauf kommen, wo sie sehr verallgemeinernd-expressiv
erscheinen, z.B.: prima; attraktiv; ganz groß; direkt schlimm; super, klasse; toll,
creativ, Job, Team, Know-how, cool etc.
Die Modewörter entsprechen folgenden Kriterien: 1) sie bezeichnen ein
bereits vorhandenes Denotat; 2) sie sind nicht ideologiegebunden und besitzen eine
weite Semantik (vor allem expressive und bewertende Einheiten); 3) hohe
Vorkommenshäufigkeit; 4) kommunikativ-pragmatische Funktion eines sozialen
Markers (Signalfunktion); 5) zeitweilige Popularität.

8.3. Archaismen in der deutschen Sprache


Die Veränderungen im Wortschatz rufen nicht nur Neologismen, sondern
auch Archaismen hervor, weil Wortgut veralten und aussterben kann. Archaismus
95

ist daher der Oberbegriff für veraltendes und veraltetes Wortgut, das in der
Peripherie des Sprachsystems existiert.
Die Zahl der Archaismen ist relativ groß (etwa 3,7% des
Gesamtwortschatzes) (A.Oguy). Archaismen sind veraltende und veraltete Wörter,
deren Denotate jetzt von anderen Wörtern bezeichnet werden (Advokat /
Rechtsanwalt; Ratschlagung / Ratschlag; Oheim/Onkel; ein Laib Brot / ein Brot;
Verlöbnis / Verlobung; gülden / golden).
Die Historismen sind dagegen solche Wörter, deren Denotate nicht mehr
vorhanden sind und sie deswegen nicht zur Alltagssprache gehören (Neulehrer
/Altlehrer; Besatzungszone; Ostzone; Bauernhilfe etc.)
Der Prozess des Veraltens kann durch verschiedene Ursachen bedingt
werden:
1) Denotate kommen außer Gebrauch. Das betrifft den größten
Teil des DDR-Wortschatzes aus dem politischen, wirtschaftlichen Bereich
(Bauernhilfe, Sollabgabe etc.) Solche Wörter sind zu den Historismen
geworden und werden zur Schaffung des historischen Kolorits verwendet;
2) Wörter können veralten und eine Indizienfunktion erfüllen, weil sie durch
Neologismen auf bestimmter Zeitperiode verdrängt werden (vgl.
Feierabendheim neben Altersheim; Putzfrau und Reinigungsfrau; Floristin
und Blumenverkäuferin);
3) Denotate können existieren nach wie vor, aber Synonyme haben diese
Wörter verdrängt, weil die alten Wörter und Wendungen als überflüssig
empfunden werden und durch Sprachökonomie wegfallen (vgl. ein Laib
Brot und ein Brot);
4) Von polysemen Wörtern kann auch nur ein Semem veralten, während die
übrigen Sememe weiter leben: z.B. Mädchen „Dienstmädchen", Fräulein
„Adlige"; Herr „Besitzer";
5) Wortbildungskonstruktionen veralten, weil Affixe unproduktiv werden
und durch andere ersetzt werden können, z.B. -nis durch -ung (Verlöbnis -
Verlobung); -e durch -heit (Schöne - Schönheit etc.);
96

6) Wörter kommen außer Gebrauch, weil sie als Verdeutschungen von


Fremdwörtern nicht gelungen sind und die Fremdwörter nicht verdrängen
können: Gebefall „Dativ"; Kläger „Akkusativ"; Brachmonat „Juni";
Zeugemutter „Natur";
7) Euphemismen (verhüllende Ausdrücke), die sich nach allzu häufigem
Gebrauch abnutzen: Jammer für Fallsucht; Freudenmädchen für
Prostituierte.
Zu den Archaismen zählt man auch veraltete Formative (gülden für golden)
und veraltete grammatische Formen rechnen (stürbe - stärbe, hülfe - hälfe etc.)

8.4. Funktionen der Archaismen


Archaismen sind unentbehrliche Mittel der Kommunikation über die
Vergangenheit, um das historische Kolorit zu schaffen. Sie werden auch
verwendet, um eine oder einige Gestalten im Sprachkunstwerk zu charakterisieren.
Man spricht in diesem Zusammenhang über eine Indizienfunktion, denn durch die
altertümliche Sprachweise die Generationszugehörigkeit gezeigt wird. So kann
man die oben angeführten Beispiele Mädchen in der Bedeutung „Dienstmädchen";
Fräulein - „Adlige"; Herr „Besitzer" im Munde der älteren Generation noch heute
hören.
Archaisches Wortgut ist oft in der Volksdichtung verwendet.
Wie an den Neologismen so lassen sich auch an den Archaismen
unterschiedliche Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache in verschiedenen
deutschsprachigen Staaten ablesen. So kennzeichnet sich die schweizerische
Variante der deutschen Sprache durch mehr archaische Elemente im Vergleich von
der deutschen Sprache in Deutschland. In der Wortbildung ist das abstrakte Suffix
-e im deutschen Usus durch das Suffix -heit verdrängt, im schweizerischen Usus
bleibt es meistens erhalten, z.B. Trockene - Trockenheit, Schöne - Schönheit, Milde
- Mildheit etc.
97

8.5. Neologismen und Archaismen im Russischen


Neologismen sind neue Wörter, deren Entstehung vor allem durch
gesellschaftliche Bedürfnisse verursacht wird. So registrierte das Wörterbuch
„Новые слова и новые значения“ in den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts
etwa 3.500 Neologismen (футурология, космохимия, ЭВМ, мопед) und zehn
Jahre später findet man in der nächsten Auflage dieses Werkes schon 5500
Neologismen (луноход, универсам, автоответчик, генная инженерия).
Es sei betont, dass die Neuheit der Wörter im Russischen oft als eine relative
Erscheinung betrachtet wird, da dieser Begriff mit einer bestimmten Zeit der
sprachlichen Entwicklung verbunden ist. So gelten vom Standpunkt der modernen
Entwicklung des russischen Wortbestandes die Lexeme wie ликбез,
продразверстка, промфинплан als veraltete Wörter, dagegen in den 20-30
Jahren des XX. Jahrhunderts funktionierten sie als Neologismen.
Man muss die Neologismen von den okkasionellen Neubildungen
(einmaligen Bildungen, Autorenwörtern) unterscheiden, vgl. съерундить,
замерсикать (А.Чехов), молоткастый, серпастый, громадье
(В. Маяковский).
Unter den Neologismen unterscheidet man im Russischen:
1) lexikalische Neologismen, bei denen vor allem das Formativ neu ist
(джинсы, мохер, биотоки);
2) semantische Neologismen, bei denen die Bedeutung neu ist (морж –
любитель зимнего плавания; память – способность вычислительной машины
хранить информацию и выдавать ее по запросу).
Zahlenmäßig übertreffen lexikalische Neologismen (90%) die semantischen
Neologismen (etwa 8%).
Die meisten lexikalischen Neologismen werden im Russischen nach den
Modellen der Komposita (видеозапись, газорезка) gebildet (40%). Etwa 33% der
Neubildungen betragen suffixale Ableitungen (бройлерный, видеотелефонный)
und etwa 8% sind die Entlehnungen (круиз, кемпинг).
98

Der Archaisierungsprozess ist eng mit dem Sprachgebrauch verbunden.


Wenn ein Wort nicht mehr nötig ist, so tritt der Prozess seines Veraltens und
Schwundes ein, z.B.: ямщик, тачанка, аршин, подворье, всуе, верста, витязь.
Zu diesem Wortschatz gehören Archaismen und Historismen.
Als Archaismen werden ungebräuchliche und unbekannte Wörter genannt,
deren Denotate jetzt von anderen Wörtern bezeichnet werden, vgl.: весь – село,
ярыга - работник, пренумерант - подписчик, камка - сорт ткани.
Die Historismen sind dagegen solche Wörter, die aus der Sprache
zusammen mit ihren Denotaten verschwunden sind, z.B.: подать, помещик,
боярин, продотряд. Sie zerfallen in folgende Arten:
1) eigentliche Historismen, die aus dem Sprachgebrauch durch
intralinguistische Faktoren (z.B. Synonymie) verschwunden sind, vgl.: сей/оный –
этот; всуе – напрасно; днесь – сегодня; зело – очень; ланиты – щеки;
2) lexikalische Historismen, die völlig (eingeschlossen ihre Bedeutungen)
aus dem Sprachgebrauch verschwunden sind (урядник, трактир);
3) semantische Historismen. Dazu gehören einzelne Wörter, die ihre alte
Bedeutung verloren und eine neue entwickelt haben, vgl. гость «купец» - гость
«тот, кто посещает, навещает кого-н.»; достигать «догонять» - достигать
«дойти, доехать до какого-н. места»; приступ «вступление, введение» -
приступ «атака, штурм; припадок».

Literatur
1. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a: Nowa
knyha, 2003. - S. 207-210.
2. Schippan Th. Einführung in die Semasiologie. - Leipzig, 1975. - S. 257-
262.
3. Гулыга Е.В., Розен Е.В. Новое и старое в лексике и грамматике
немецкого языка. – Л., 1977.
4. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. - M., 2005. - S. 86-95.
99

5. Розен Е.В. На пороге 21 века. Новые слова и словосочетания в


немецком языке. – М., 2000.
6. Современный русский язык. Теория. Анализ языковых единиц. В
двух частях. По ред. Е.И. Дибровой. – М., 2001. – С. 328-335.
7. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. - M., 2004. - C. 105-114.

Fragen zum Thema


1. Was sind Neologismen?
2. Warum entstehen die Neologismen?
3. Welche Gruppen der Neologismen gibt es?
4. Was sind starke Neologismen?
5. Was sind die Neuprägungen, Neubildungen?
6. Was sind die Neubedeutungen (semantische Neologismen)?
7. Wie entstehen die Neologismen?
8. Erzählen Sie über die Klassifikation der Neologismen von D. Herberg und
K. Heller?
9. Was sind die Modewörter und ihre Kriterien?
10. Was ist Archaismus?
11. Was versteht man unter Historismus?
12. Wodurch kann der Prozess des Veraltens kann bedingt werden?
13 Welche Funktionen erfüllen die Archaismen?

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie, welche Wörter sind Archaismen und welche
Neologismen; nennen Sie auch ihre Bedeutungen:
Minnesang, E-Mail, Kurfürst, Schwert, продразверстка; Hillary–Effekt,
Zunge, Politikverdrossenheit, Lanze, Schild, Cross-Culture, промфинплан;
Minne, Rap-Jumping, Jungfer, sich durchklicken, Turnei, googeln, Gülden,
Armbrust, chatten, sich fremdschämen, voten; ликбез.
100

2. Welche von den angeführten Neubildungen sind usuell bzw.


okkasionell/kontextuell? Nach welchen Modellen sind sie gebildet?
ein Auto bereifen; Kinder beschulen; ein Flugzeug betanken; jede
anwesende Dame betanzen; Werften bekranen; einen Brief richtig beanschriften;
sich verfranzen (verfliegen); Eigentum vergesellschaften; j-n vergotten; eine
Stadt enttrümmern; Kleider entseuchen.
Der letzte Sonntag war wettermäßig der schönste Tag der Ferien.
Die Berliner Elf war mannschaftlich besser als Zwickau.
Pantolette (Sandale), Pralette (Praline), Vampirette (Staubsauger).
Traktätchen (H. Heine); Warterei, Vorleserei, Hitlerei.
съерундить, замерсикать (Чехов).
молоткастый, серпастый (Маяковский).
3. Finden Sie unten die semantischen Neologismen, wie sind sie entstanden?
eine tiefausgeschnittene Dame (H. Mann); der frische Morgenwind frisierte
den Tannen die herabhängenden Haare (H. Heine); bleichgesichtiger Dezember
(E. Claudius), Ich schließe dem Klavier den Rachen (E.-M. Remarque);
морж (о любителе зимнего плавания); память (способность ВМ хранить
информацию и вызывать ее по запросу).

Tests zum Thema


1. Bestimmen Sie, welche Wörter sind: a) Archaismen; b) Neologismen;
nennen Sie auch ihre Bedeutungen:
Variante A Variante B
1. Trutz – Trotz 1. Hilfe – Hülfe
2. reiten – reuten 2. teutsch – deutsch
3. Tobak – Tabak 3. nackicht – nackt
4. steinig – steinicht 4. dräuen – drohen
5. itzt – jetzt 5. Käficht – Käfig
6. Trend 6. Mailbox
7. interaktives Kino 7. Chipkarte
8. CD-Rom 8. Transplantation
101

9. Techno-Music 9. Online
10. Fan 10. Comics
11. ямщик 11. верста
12. генная инженерия 12. автоответчик
2. Ordnen Sie den links angeführten Neologismen ihre Bedeutungen rechts
zu:
Variante A
1. Bad Girls a. Markenname
2. Carnapping b. schlechte Mädchen
3. Branding c. Menschenraub
4. D-Netz d. nett, prima, toll, super
5. cool e. Tanzfläche
6. Dancefloor f. Oberbegriff für die digitalen Mobilfunknetze
7. Elektrosmog g. Spaßkultur
8. Fan-Kultur h. Jugendslang für ältere Menschen
9. Gruftie i. Demonstrationsgruppe
10. Demo -Group k. Auswirkung elektromagnetischer Strahlung
auf den Menschen
Variante B
1. Health Food a. Menschen, die Computer nicht umgehen können
2. Madonna-Effekt b. Jahrtausend
3. Medienanalphabeten c. Armbanduhrgroßes Telefon von PANASONIC
4. Moby (engl. mom d. elektronische Spiele
old baby young)
5. Modem e. Neuer interdisziplinärer Forschungszweig
6. Multi User f. Die Frau über 40, die sich nach der Karriere
Games das Kind zum Glück leistet
7. Neurobionik g. Modulator/Demodulator
8. Mikro-Telefon h. Mega-Erfolg
9. Millennium i. gesundes Essen
102

10. Karoshia k. neue offizielle Todesursache in Japan:


plötzlicher Tod nach Herzinfarkt
3. Welche von den angeführten Neubildungen sind: a) usuell; b) okkasionell
(kontextuell)? Nach welchen Modellen/Wortbildungsarten sind sie gebildet?

Variante A
1. “ Am Sonntag ist Pioniereinsatz” – sagt Murmelauge. „Wo werdet ihr uns
einsetzen? Wir sind doch keine Krautpflanzen“. – „Wir werden singen. Vor den
Bauernhäusern werden wir singen. Überall, wo die Eier für das erste Quartal noch
nicht abgeliefert sind, werden wir singen. Die Männer von der Partei werden mit
uns gehen und mit den Säumlingen Agitation treiben. Alle Vögel werden uns beim
Eiersoll-Singen unterstützen“ (E. Strittmatter).
2. Die Gärten zwitscherten und dufteten zum Frühlingshimmel (H. Mann).
3. die Verkehrsanlagen begrünen; die Säle bestuhlen; eine Lokomotive
bekohlen
Variante B
1. einen Betrieb bestreiken; einen Tunnel belüften; die Oper betexten
(„Muttersprache, 5/1957)
2. „Wir sind leistungsmäßig die beste Brigade im Betrieb“ – sagte er.
3. Er dachte, man könnte vergessen, wie langweilig die einzelnen sind. Sie
waren mal eine Kampfgemeinschaft, dann wurden sie Schicksalsgemeinschaft;
jetzt werden sie eine Langweilegemeinschaft (A. Seghers).
103

9. DIE SOZIOLINGUISTISCHEN ASPEKTE DER


STRATIFIKATION DES DEUTSCHEN WORTBESTANDES

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


9.1. Allgemeine Bemerkungen zum Terminus „Soziolinguistik"
9.2. Die Erscheinungsformen der deutschen Sprache
9.3. Die sprachliche Situation in den deutschsprachigen Ländern
9.4. Allgemeines über die Verbreitung der deutschen Sprache in der Welt
9.5. Die nationalen Varianten der deutschen Sprache

Schlüsselworte: Soziolinguistik, Erscheinungsform der deutschen Sprache,


nationale Variante, Schriftsprache, Hochsprache, Gemeinsprache,
Standardsprache

9.1. Allgemeine Bemerkungen zum Terminus „Soziolinguistik"


Der Terminus „Soziolinguistik" ist in den linguistischen Umgang anfangs
der 50-er Jahre des 20. Jahrhunderts eingegangen und bedeutet die
Wechselbeziehungen zwischen Sprache und Gesellschaft. Dieses Problem aber ist
bei weitem nicht neu. Die Linguisten früherer Generationen betrachteten die
Sprache als gesellschaftliche Erscheinung und verstanden, dass sprachliche
Erscheinungen sozial bedingt sind. Die sowjetischen Linguisten (W.M. Sirmunskij,
A.I. Awrorin, W.A.Larin u.a.) haben einen bedeutenden Beitrag zur Ausarbeitung
dieses Problems geleistet.
Wenn man über die Soziolinguistik redet, so spricht man vor allem über die
Stratifikation des Wortschatzes, über seine Schichtung je nach den sozialen
Gruppen. Man spricht über horizontale und vertikale Sprachschichtung. Unter der
horizontalen Differenzierung versteht man die Sprachschichtung in Mundarten,
Umgangssprache, Schriftsprache (ihre Varianten). Spricht man über die vertikale
Differenzierung, so versteht man solche Untersysteme, die bestimmte soziale und
104

berufliche Gruppen sprechen (die sogenannten sozialen und beruflichen Idiolekte


oder Soziolekte).

9.2. Erscheinungsformen der deutschen Sprache


Die allgemeingültige Erscheinungsform der deutschen Sprache ist die
Schriftsprache (Hochsprache, Gemeinsprache, Standardsprache). Diese Termini
sind synonymisch, aber jeder unterstreicht ein besonderes Merkmal: die
Schriftsprache hebt hervor, dass diese Form normalisiert ist. Die Realisierung der
Norm nennt man Hochsprache, die aber gewisse landschaftliche Färbungen zulässt.
Die parallelen Termini dafür sind Kultursprache, Standartsprache. Der Terminus
„Standartsprache" meint durchaus die gesprochene Sprache. Das ist die Sprache,
die auf der Bühne, im Funk, im Film, auf dem Katheder, am Rednerpult, in
offiziellen Gesprächen gesprochen wird und die in der schöngeistigen Literatur, in
der Presse, im amtlichen Brief, in der wissenschaftlichen Literatur geschrieben
wird.
Zu den wichtigsten funktionalen Merkmalen der Schriftsprache gehört die
Überwindung der landschaftlichen und sozialen Begrenztheit, deswegen ist die
Schriftsprache eine im ganzen deutschen Sprachgebiet gültige, allen Angehörigen
der Sprachgemeinschaft verständliche gebrauchte Form des Deutschen, darum ist
sie Einheitssprache, Gemeinsprache. Darüber hinaus ist der Schriftsprache ihre
funktionalstilistische Differenzierung eigen, die ihren Ausdruck im Reichtum an
Funktionalstilen findet.
Die zweitwichtigste Erscheinungsform ist die Umgangssprache, ein
Ausgleichsprodukt zwischen Gemeinsprache und den Mundarten. Sie hat sich als
Verständigungsmittel entwickelt, das lokale Begrenzungen der Mundarten
überwindet und überlandschaftliche Geltung erhält. Nämlich ist sie
gekennzeichnet durch einen regionalbegrenzten Geltungsbereich; funktional ist
sie in erster Linie ein Kommunikationsmittel des mündlichen Verkehrs und zwar
vor allem in den nicht offiziellen Situationen. Man unterscheidet drei Typen der
Umgangssprache: 1. hochdeutsche Umgangssprache der Gebildeten (разговорный
105

язык образованных слоев населения). Sie weist gegenüber der


Literatursprache einige landschaftliche Färbungen auf. 2. Großlandschaftliche
Umgangssprachen (областные обиходно-разговорные языки). 3. Kleinland-
schaftliche Umgangssprachen (местные обиходно-разговорные языки). Sie
sind in einem kleineren Gebiet üblich und haben viele mundartliche Merkmale.
Manchmal bezeichnet man sie als Halbmundart. Die Lexik der Umgangssprache
kann territoriale Gebundenheit aufweisen (territoriale Tautonyme).
Territoriale Tautonyme sind mundartlicher Herkunft, sie gehören zur
Umgangssprache und sind landschaftlich gebunden, aber überall bekannt, Z.B.

Sonnabend - Samstag, heute morgen - heute in der Früh, dieses Jahr – heuer.
Die dritte Erscheinungsform der deutschen Sprache ist die Mundart
(territoriale Dialekte). Sie gewährleisten nur eine beschränkte Kommunikation
(die Verständigung bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit vor allem unter der
Bauernbevölkerung und im Alltagsverkehr einer begrenzten Gegend). In der
Epoche der Nationalsprache lösen sich die territorialen Dialekte auf, aber bis
heute bleiben Mundarten noch erhalten, vor allem in der Phonetik und Lexik.
In der Lexik spricht man von den mundartlichen Varianten. Sie sind
landschaftlich eng begrenzt und nur auf mundartlicher Ebene bekannt und
geläufig (Hündin — Pätze — Lusche — Töle - Tese; Frosch — Padde - Pogge -
Fletsche — Keeker; Mücken - Schnacken - Gelsen).
Die älteste Form ist die Mundart, die sich auf Grundlage der
Stammessprachen herausgebildet hat. Sie war die einzige Erscheinungsform
des Deutschen im Ahd. und Mhd. Die Literatursprache bildete sich im
Frühneuhochdeutsch heraus (14-15. Jh.) auf Grundlage der ostmitteldeutschen
Mundarten. Die jüngste Erscheinungsform ist die Umgangssprache, derer
Herausbildung man zu den 17-18. Jh. zählt. Das Verhältnis zwischen
Existenzformen stellt man gewöhnlich in der Form einer Pyramide dar. Die
Grundlage bilden Mundarten den Gipfel-Literatursprache und die Zwischenzone
nehmen verschiedene Formen der Umgangssprache ein.
106

9.3. Die sprachliche Situation in den deutschsprachigen Ländern


9.3.1. Allgemeines über die Verbreitung der deutschen Sprache in der Welt
Deutsch sprechen heute in der ganzen Welt etwa 100 Ml. Menschen.
Deutsch ist die Staatssprache Deutschlands, wo Deutsch etwa 80 Ml. Einwohner
sprechen. Außerdem ist Deutsch die Staatssprache in Österreich (7,4 Ml.), ist eine
von 4 Staatssprachen (neben Französisch - 18%, Italienisch - 12%, Retoromanisch
- 1%) in der Schweiz. In der Schweiz wird Deutsch von 4,2 Ml. Menschen (65%)
gesprochen. Deutsch ist eine von 3 Staatssprachen in Luxemburg (neben
Französisch und Letzeburgisch). Deutsch ist weiter die Muttersprache für 100
Tausend Menschen in Belgien vor allem in den Grenzgebieten mit Deutschland
und laut dem «Linguistischen Enzyklopädischen Wörterbuch» (1970) zählt man
Deutsch in Belgien zu der offiziellen Sprache neben Niederländisch und
Französisch.
Außerdem ist die deutsche Sprache auch außerhalb, der obengenannten
Länder verbreitet, vor allem in Frankreich (Elsass-Lotharingen (1,4 Ml.), sowie in
anderen Ländern Europas: Rumänien, Ungarn, Ex-Jugoslawien, Italien, Polen, in
Tschechien und der Slowakei, in Amerika, wo die Deutschsprachigen auf den
sogenannten deutschen Sprachinseln wohnen.
9.3.2 Die nationalen Varianten der deutschen Sprache
Die deutsche Sprache in den Staaten, wo sie als einzige oder als eine der
Staatssprachen auftritt, ist nicht einheitlich, sie realisiert sich in den Teilsystemen,
die man gewöhnlich als Varianten bezeichnet. Die theoretischen Grundlagen dieser
Theorie wurden von E. Riesel in den 60-er Jahren des XX. Jh. geäußert und weiter
in den Arbeiten vieler Linguisten entwickelt. Es sind vor allem die Arbeiten von
A.I. Domaschnew zu nennen.
Davon ausgehend spricht man von der deutschen, österreichischen und
schweizerischen nationalen Varianten der deutschen Sprache. Der Terminus
«nationale Variante» spiegelt nationale sprachliche Besonderheiten auf allen
Sprachebenen in jedem Land wieder. Diese Bezeichnung verwendet man für die
deutsche Sprache in anderen Ländern nicht, obwohl Deutsch in solchen Ländern
107

wie Luxemburg und Lichtenstein als Staatssprache fungiert. In Luxemburg tritt als
Verständigungsmittel für die ganze Nation Luxemburgisch oder die hiesige
Bevölkerung nennt es Letzeburgisch, welches auf moselfränkische Dialekte
zurückkommt. Letzeburgisch wurde 1984 zur dritten offiziellen Staatssprache
ernannt. Sie war und bleibt Muttersprache für alle sozialen Schichten der
Bevölkerung ohne irgendwelche Einschränkungen. Interessant ist das sprachliche
Bild in den Schulen. Der Lehrprozess in der 1. Klasse wird letzeburgisch gestaltet.
Deutsch ist zu dieser Zeit nur ein Lehrfach. Aber schon im 2. Halbjahr der ersten
Klasse wird der Lehrprozess auf Deutsch umgebaut, in der zweiten Hälfte der
2.Klasse wird Französisch als Lehrfach eingeführt. Bis zum Abschluss der
Elementarschule bleibt Deutsch als eine Sprache, auf welcher der Lehrprozess
durchgeführt wird. In den Lyzeen und Gymnasien wird der Unterricht Französisch
abgehalten. Nach der Beendigung der Schule fühlen sich die Abgänger (90%)
weder im Französischen noch im Deutschen zu Hause. 90% der abgefragten
Abgänger waren der Meinung, dass Deutsch für sie näher ist.
Zu den Besonderheiten des Letzeburgischen gehören u.a. folgende:
1) inkonsequente zweite Lautverschiebung, vgl.:
dt. was – letz. waat
dt. Apfel – letz. Appel
dt. Fuß – letz. Fouss
2) viele Entlehnungen aus dem Französischen
In Lichtenstein kann man über Deutsch als über eine nationale Variante auch
nicht sprechen, weil sich die einheitliche Nation in Lichtenstein bis jetzt noch nicht
herausgebildet hat. Hier wohnen vorwiegend Österreicher und Schweizer (95%).
Die deutsche Gegenwartssprache stellt ein System von verschiedenen
Existenzformen (Erscheinungsformen) dar. In Deutschland und Österreich ist
Deutsch durch drei Existenzformen dargestellt: Literatursprache, Mundart und
Umgangssprache. Für die Literatursprache gibt es in der Fachliteratur auch andere
Bezeichnungen: Hochsprache, Schriftsprache, Einheitssprache, Standardsprache.
Jeder von diesen Termini unterstreicht eines der Merkmale dieses Begriffs.
108

Anders ist die sprachliche Situation in der Schweiz. Hier spricht man nur
über 2 Erscheinungsformen: schweizerische Literatursprache und Mundarten,
derer Grundlage vor allem oberalemannische Gruppe von Dialekten bildet;
deswegen ist die Mundart in der Schweiz mehr oder weniger einheitlich. Die
Mundart in der Schweiz ist eine Koine, weil sie von allen sozialen«
Bevölkerungsschichten verwendet wird. Sie wird nicht nur in der Alltagsrede
sondern auch im öffentlichen Verkehr (Wissenschaft, schöngeistige Literatur,
Theater, Kino usw.) verwendet. Diese Mundart (Schwytzerdütsch) nennt man
manchmal eine offizielle Sprache. Die Umgangssprache als eine selbstständige
Erscheinungsform hat sich noch nicht herausgebildet, sie ist erst im Werden.
Zu den sprachlichen Besonderheiten von Schwytzerdütsch gehören
folgende:
1) das Fehlen des festen Einsatzes bei den Wörtern mit einem Vokal im
Anlaut, vgl.: dt. guten ’Abend – schw. dt. gute nAbend
2) viele Entlehnungen aus dem Französischen, z.B.:
das Billett [bil′jεt] „Fahrkarte/Eintrittskarte“
das Velo „Fahrrad“
das Trottoir „Gehsteig, Bürgersteig“
Die sprachliche Situation auf den deutschen Sprachinseln ist sehr
kompliziert und muss in jedem Land besonders behandelt werden. Gemeinsam ist
für die Bevölkerung dieser Sprachinseln ihre Zweisprachigkeit (Billinguismus).
Deutsch tritt als offizielles Verständigungsmittel immer mehr in den Hintergrund
und wird allmählich nur zur Familiensprache (Familienverkehr).
Wenn man über die nationalen Varianten der Sprache spricht, so hat man
Unterschiede auf allen Sprachebenen im Auge (im lexikalischen, grammatischen
u.a. Systemen). Gehen wir auf manche lexikalische Besonderheiten der
österreichischen nationalen Variante der deutschen Sprache ein.
1. Eine große Gruppe von Austriazismen bilden Bezeichnungen von
verschiedenen Gerichten, Lebensmitteln, Getränken, Gemüsen usw.
deutsch österreichisch
109

(n) Hörnchen (poжок) (n) Bengel


flacher Kuchen (m) Zelten
(n) Schweinefleisch (n) Schweinerne
(n) Kalbfleisch (n) Kälberne
(f) Tomate (m) Paradeiser
(m) Quark (m) Topfen
(f) Sahne (n) Obers
2. Die zweite Besonderheit besteht in der Verteilung verschiedener
Bezeichnungen in den deutschen und österreichischen Varianten. Für die
Bezeichnung von saueren Kirschensorten gibt es im Deutschen zwei Wörter
(Sauerkirsche, Weichsel), im Österreichischen ist nur eins: (f) Weichsel.
Dasselbe bezieht sich auf die Bezeichnung des Schweizer Käses (deutsch: der
Schweizer Käse, Emmentaler, österreichisch: Emmentaler). Zu dieser Gruppe
gehören auch die Fälle, wo österreichische Lexeme im Vergleich zu den
deutschen auch andere Bedeutungen aufweisen. So z.B. das Wort „der Sack",
das in beiden Varianten die Bedeutung „мешок" hat, wird in Österreich auch
in der Bedeutung „Tasche" „карман" gebraucht. Führen wir weitere Beispiele an:
Bedeutung deutsches Wort österreichisches Wort
кpecло (n) Sessel (m) Polster
чашка (f) Tasse. (f) Schale
блюдце (f) Schale (m) Napf
миска (m) Napf (m) Topf
кастрюля (m) Topf (m) Hafen
3. Die größte Gruppe von lexikalischen Austriazismen machen die
Lexeme aus, die mit dem Staatsaufbau, gesellschaftlichen, politischen,
wirtschaftlichen, kulturellen Leben verbunden sind, z.B. (m) Erlagschein -
Zahlkarte (бланк для оплаты, формуляр); (f) Kundmachung - (f)
Bekanntmachung (объявление), (m) Flugzettel - (n) Werbeblatt (peкламное
издание), (f) Lehrkanzel - (m) Lehrstuhl (кафедра); (n) Nationale - (pl.)
Personalien,Personalangaben.
110

4. Die Entlehnungen in der österreichischen Variante sind zahlreicher


als
im Deutschen, besonders zahlreich sind slavische Entlehnungen, z.B.:
(m) Kren „xpeн" hat das deutsche „Meerrettich" ganz verdrängt. Das Substantiv
(f) Jouse «полдник» entspricht den deutschen Zwischenmalzeit, Vesperbrot
und kommt aus der slovenischen Sprache „juzina". Zu den
slavischen Entlehnungen gehören auch Powidl (m) - Pflaumenmus ‘повидло’,
Kolatsche (m) - runder Kuchen „кaлач".
Zahlreich sind auch Entlehnungen aus anderen Sprachen:
1) aus dem Französischen: Emballage (f) - Verpackung «упаковка»; Trafik
(f) Tabakladen ‘табачная лавка, киоск’;
2) aus dem Italienischen: Animo (n) - Vorliebe für etw. „ Lust", Karifil –
Blumenkohl „цветная капуста", Marille (f) - Aprikose „абрикос", Spagat (m) -
Bindfaden - „шпагaт".
Literatur
1. Домашнев А.И. Современный немецкий язык в его национальных
вариантах. – М., 1986. – С. 7-14, 77-132.
2. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. - M., 2005. - S. 190-205.
3. Розен Е.В. На пороге 21 века. Новые слова и словосочетания в
немецком языке. – М., 2000.- С. 176-180.
4. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. - M., 2004. - C. 25-35, 169-181.
5. Die deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. - Bd. 1. - Leipzig, 1989. - S.
574-579.
6. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’a : Nowa
knyha, 2003. - S. 210-216.
7. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 1986.- S. 149-173.
8. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
111

1987. - S. 243-252.

Fragen zum Thema


1. Was bedeutet der Terminus „Soziolinguistik"?
2. Was versteht man unter der horizontalen Differenzierung der Sprache?
3. Was versteht man unter der vertikalen Differenzierung der Sprache?
4. Was ist die Standartsprache?
5. Was gehört zu den wichtigsten funktionalen Merkmalen der
Schriftsprache ?
6. Was ist für die Umgangssprache charakteristisch?
7. Welche Typen der Umgangssprache unterscheidet man?
8. Welche Rolle spielen die territorialen Dialekte?
9. Was kann man über die Verbreitung der deutschen Sprache in der Welt
sagen?
10. Was spiegelt der Terminus «nationale Variante» wieder?
11. Wie ist die sprachliche Situation in Deutschland, Österreich und in der
Schweiz?
12. Worin bestehen die lexikalischen Besonderheiten der
deutschen und österreichischen nationalen Variante der deutschen Sprache?

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie mit Hilfe der Wörterbücher das Gebrauchsgebiet folgender
territorial beschränkter Wörter und nennen Sie ihre Äquivalente in der deutschen
Nationalsprache:
Lefze, Gestade, Nachen, Mädel, Geiß, Metzger, Bube, Lusche, Töle,
Schnake, Gelse, Samstag, heuer
2. Bestimmen Sie, welche Wörter sind hochdeutsch bzw. mundartlich. Zu
welcher Gruppe der Mundarten (Oberdeutsch, Mitteldeutsch, Niederdeutsch)
gehören sie?
a) Bregen – Hirn, Budel – Verkaufstisch, Gör/Göre – Mädchen; Pott – Topf
112

b) Mus – Maus, barmen – jammern, Mund - Gusche


3. Lesen Sie den Text; bestimmen Sie die Besonderheiten der Rede von
Gesprächspartnern, die aus verschiedenen Sprachregionen kommen:
a) Ein Berliner tritt in einen Wiener Laden und verlangt eine Reisemütze. Die
Verkäuferin berichtigt: „Sie wünschen ein Reisekappe?“ und legt ihm einige vor.
Der Berliner bemerkt: „Die bunten liebe ich nicht.“ Die Verkäuferin übersetzt dies
in ihr Deutsch: “Die färbigen gefallen Ihnen nicht“, denn der Wiener liebt nur
Personen, aber nicht Sachen. Der Berliner fragt schließlich: „Wie teuer ist diese
Mütze?“ und macht sich unbewusst eines groben Berolinismus schuldig. „Teuer“
bedeutet ja einen den normalen Preis übersteigenden, übertriebenen hohen Preis.
„Wie teuer ist dies?“ heißt also, „wie übermäßig hoch ist der Preis!“ Der Wiener
sagt nur: „Was kostet das?“ Der Berliner sucht die Kasse und findet nur die Kassa.
Er verlässt den Laden, weil es früh ist, mit dem Gruß “Guten Morgen“ und erregt
die Verwunderung des Wieners, der diesen Gruß nur bei Ankunft und nicht beim
Abschied gebraucht. Der Wiener selbst erwidert den Gruß mit „Hab die Ehre,
guten Tag“, was wieder den Berliner in Erstaunen versetzt, denn den Gruß „Guten
Tag“ kennt er umgekehrt nur bei der Ankunft, nicht beim Weggehen.
b) Tony Buddenbrook, die aus Lübeck nach München gekommen ist,
schreibt: „ Und wenn ich Frikadellen sage, so begreift sie (die Köchin) es nicht,
denn es heißt hier Pflanzerln; und wenn sie Karfiol sagt, so findet sich wohl nicht
so leicht ein Christenmensch, der darauf verfällt, dass sie Blumenkohl meint; und
wenn ich sage: Bratkartoffeln, so schreit sie so lange Wahs! bis ich geröhste
Kartoffeln sage, denn so heißt es hier, und mit Wahs, meint sie Wie beliebt.
4. Bestimmen Sie, zu welcher Gruppe der Mundarten die kursiv gedruckten
Wörter, die im Roman von Erwin Strittmatter „Tinko“ gebraucht werden, erklären
Sie auch ihre Bedeutung:
a) Du hast eine kluge Gusche
b) Schlaf lieber unten bei mir, du Hasenstert
c) Zieh die Strümpfe aus
d) Dir bläkt das nackte Fleisch aus den Pantoffeln
113

e) Großvaters Lüge ist wie eine Hachel steckengeblieben


114

10. SOZIALE GLIEDERUNG DES WORTSCHATZES

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


10.1. Sonderwortschätze
10.2. Terminologische Lexik
10.3. Berufslexik, Fachjargonismen
10.4. Soziale Sonderwortschätze
10.5. Die gruppenspezifische Lexik der Sondersprachen im Russischen
10.6. Genderforschung als Teilbereich der Sozio- und Psycholinguistik
10.7. Wechselbeziehungen zwischen Sonderlexik und Allgemeinwortschatz

Schlüsselworte: Terminus, Sondersprache, Berufslexik, Jargon,


Jugendslang,Genderforschung

10.1. Sonderwortschätze
Für Untersysteme der vertikalen Sprachschichtung gebraucht man in der
Germanistik folgende Termini: Sondersprachen, Sonderwortschätze, Sonderlexik.
In der letzten Zeit kommt der Terminus „Sondersprachen" in der linguistischen
Literatur aus dem Sprachgebrauch, weil es sich nur um lexikalische Unterschiede
handelt, dieser Terminus weicht den jüngeren präziseren Termini:
Sonderwortschatz, Sonderlexik aus.
Ferner handelt es sich um sozialrelevante Größen, d.h. es geht nicht um
individuelle Abweichungen von der Norm der Schriftsprache, sondern um die
von der Norm abweichenden sprachlichen Besonderheiten ganzer
Sprechgruppen, obwohl es sich um keine selbständige Erscheinungsform
Sprache handelt. Das ist Wortschatz der sozialen Gruppen der
Sprachgemeinschaft, differenziert nach Sachbereichen und anderen Merkmalen
des Gruppendaseins. Diese anderen Merkmale des Gruppendaseins sind sehr
unterschiedlich: traditionell nennt man hier solche sozialen Gruppen wie
Gauner, Studenten, Soldaten und dementsprechend Gaunersprache (Argot,
115

Rotwelsch), Studentensprache, Soldatensprache. In unserer Zeit sondert man


noch den Wortschatz der Jugendlichen aus (Jugenddeutsch, Jugendjargon,
Jugendslang, Halbstarkendeutsch, die Sprache der Teenager und Twens,
Jugendsprache u.a.). E.W. Rosen weist auch auf andere soziale
Merkmale hin, wie gesellschaftlich-ökonomische Formation, soziale
Klassenunterschiede, Bildungsniveau, Alter, Geschlecht.

10.2. Terminologische Lexik


Unter den Termini (Fachwörtern) versteht man fachbezogene oder fachlich
gebundene Wörter, die in fachgebundener Kommunikation realisiert werden. Unter
der Terminologie versteht man dementsprechend die Gesamtheit der
Fachausdrücke einer Wissenschaft, einer Kunst, eines technischen Zweigs, der
Politik usw. Die Wesensmerkmale des Terminus sind folgende:
1) Neben der nominativen Funktion (Gegenstände und Erscheinungen der
objektiven Wirklichkeit zu benennen) erfüllt ein Terminus eine definitive
Funktion, d.h. die entsprechenden Begriffe zu definieren.
2) Der Inhalt oder die Bedeutung des Terminus nähert sich dem höchsten
Grad begrifflicher Abstraktion.
3) Die Termini sind in der Regel eindeutig (monosem) und besitzen selten
Synonyme. Manche Termini sind jedoch vieldeutig und werden auf verschiedenen
Gebieten des Wissens gebraucht, vgl.:
Sekunde: 1) Zeiteinheit (der 60.Teil einer Minute); 2. Mathematik
(Winkelmaß); 3) Buchdruck (Signatur auf der Rückseite des Druckbogens); 4.
Musik (zweistufiges Intervall);
Лексикография: 1) совокупность словарей; 2) наука о составлении
словарей.
4) Die Termini erscheinen nicht vereinzelt, sie sind mit anderen Termini
durch die Logik der jeweiligen Wissenschaft verbunden und bilden ein
terminologisches System, das auf dem Begriffssystem dieser Wissenschaft
116

beruht. Das terminologische System ist „offen", so dass sich ihm immer neue
Termini anschließen können.
5) Die Termini sind gewöhnlich stilistisch neutral, sie besitzen keine
emotional-expressiven Bedeutungselemente, keine Konnotation. Das letzte
Merkmal wird aber jetzt oft abgestritten.
Viele Termini stellen sich oft verblasste Metaphern dar, vgl.: dt. Bockkran
‘козловой кран’, Raupenantrieb ‘гусеничный ход’, Haifischzahn ‘китовый
(изношенный) зуб’; Doppelschlange ‘двойной змеевик’, Federbock ‘рессорный
кронштейн’; rus. лебедка (← лебедь), рог якоря; нос судна, подошва станка.
Die semantische Derivation erweist sich heute als produktives Mittel zur
Schaffung der Terminologie.
6) Viele technische Termini sind standardisiert.
Die Möglichkeiten zur Bildung der Termini sind Wortbildung
(Zusammensetzung, Ableitung, Abkürzung), Entlehnung, Bedeutungswandel
(semantische Derivation).
In der Wortbildung überwiegen im Deutschen die Zusammensetzungen.
Unter den zusammengesetzten Termini sind vor allem zweigliedrige Komposita zu
nennen (Bankakzept „банковский вексель"; Clearingabkommen „соглашение о
расчетах"; Deckungskauf „приобретение гарантии"; Aktivsaldo «активы-
нетто»). Die mehrgliedrigen Komposita sind nicht zahlreich
(Nationalbankgirokonto „счет в центральном банке";
Schuldenkonsolidierungsabkommen „coглашение по консолидации долга";
Rechnungsabgrenzungsposten "peгулирующий счет"). Die  deutschen
Komposita überwiegen auch auf dem Gebiet der Technik, z.B.
Mischkristallbildung „твердый раствор", Kohlenstaubzusatzfeuerung
„дополнительная форсунка, подающая угольную пыль".
Ableitungen als Termini sind auf allen Gebieten zahlreich. Im Bereich der
Bankwesen-Lexik sind folgende Suffixe produktiv: -ung (Kotierung „допуск";
Sanierung „реформа"); -tion (Amortisation „aмортизация», Notifikation
117

„нотификация"; Kaution „гарантия"); -tät (Liquidität „ликвидность"; Annuität


„погашение (годовая доля)").
Im Bereich der Schiffbau-Lexik der russischen Sprache sind folgende
Suffixe aktiv: -ка (сборка, клепка), -ение (помещение), -ация (фиксация), -ание
(моделирование).
Typisch für die Terminologie der Gegenwart ist die Abkürzung: dt. Akku,
Radar, PS, DIN (deutsche Industrienorm); rus. автотрансформатор (←
автоматический трансформатор); энергосистема (← энергетическая
система).
Die produktive Quelle ist auch die Entlehnung und damit
zusammenhängende zunehmende Tendenz der terminologischen Lexik zur
Internationalisierung. Die internationalen Termini sind gewöhnlich aus
griechischen oder lateinischen Wortteilen gebildet (Phonem, Morphem, Sem,
Suffix, Präfix, Affix, Flexion, Dialekt). Eine Reihe von Internationalismen der
jüngsten Zeit stammen aus dem Englischen oder der amerikanischen Variante,
z.B.: Jointventure „coвместное предприятие"; Dow-Jones-Index „индекс Доу
Джонса". Die anderen Sprachen leisten auch ihren Beitrag zur Bildung der
Terminologie. Im Bereich der Bankwesen-Lexik wurden auf verschiedenen
Etappen der deutschen Sprachgeschichte Fachwörter entlehnt, z.B.: italienische
(Aktivsaldo „aктивы-нетто", Giro „жиро»), französische (Dividende
„дивиденты", Aval „гарант"), niederländische (Börse „биржа", Aktie „aкция").
Im russischen terminologischen System des Schiffbaus sind etwa 200
Entlehnungen aus 7 Sprachen festgestellt. Darunter dominieren zahlenmäßig die
Entlehnungen aus dem Anglo-Amerikanischen (über 50 Einheiten), Holländischen
(50 Einheiten) und Französischen (über 30 Einheiten), z.B.: бимс (← engl. beams),
дедвейт (← engl. deadweight), вельбот (← engl. whaleboat); кубрик (←
hol. koebrug), каюта (← hol. kajuit), трап (← hol. trap); аппарель (← franz.
appareil), траверса (← franz. traverse), каркас (← franz. carcasse).
An der Bildung von Termini ist syntaktische Nomination produktiv beteiligt,
d.h. die Bildung von Fachwörtern, die eine Wortverbindung darstellen, z.B.: fester
118

Vorschuss „cpoчный аванс", stille Zession „доверенность без уведомления",


gekreuzter Check „кроссированный чек".
Es sei betont, dass im Russischen die Termini des Schiffbaus am
produktivsten nach den Modellen der syntaktischen Wortverbindungen gebildet
werden (136 Einheiten): коробчатый бимс, предельная осадка, гак откидной,
плоскость ватерлинии, палуба с седловатостью.
Die semantische Derivation kann auch zur Bildung eines Terminus
beitragen, vgl.: dt. Maus (Comp.); Kurs (Bankw.); Spitze (Politik); Lesung
(Inform.); rus. вилка стрелы (Schiffb.), якорь грибовидный (Schiffb.), судно-
снабженец (Schiffb.).

10.3. Berufslexik, Fachjargonismen


Unter der sach- oder fachgebundenen Lexik sondert man die Berufslexik
oder Fachjargonismen aus. Diese Lexik dient ebenso wie Termini der Sach- oder
fachgebundenen Kommunikation. Berufslexik gibt es überall, wo es eine
Arbeitsteilung gibt. Aber im Unterschied von den Termini weist die Berufslexik
folgende Merkmale auf:
1) Die Berufslexik ist nicht standardisiert;
2) Sie besitzt keine definitive Funktion;
3) Sie ist nicht literarisch.
Die Berufslexik umfasst die Bezeichnungen der Werkzeuge und ihrer Teile,
der Arbeitsprozesse und einzelner Handgriffe, das sind die detaillierten
Bezeichnungen für alles, was für die berufliche Betätigung eines Handwerkers,
Arbeiters, Seemanns, Jägersmanns usw. wichtig ist. So unterscheidet ein deutscher
Tischler 12 Arten von Hobeln (Runks, Bulle, Wolf u.a.) und Teile des Hobels
(Neea (Nase), Muul (Maul), Backen, Sool (Sohle). Vergleichen Sie auch einige
Fachjargonismen aus dem Russischen, die in der beruflichen Arbeit der Physiker
(кастрюля «синхрофазотрон»), Architekten (птичка «чертеж с высоты
птичьего полета»), Sportler (вольники «борцы вольного стиля») verwendet
werden.
119

Die Berufslexik besitzt oft keine allgemeinen Bezeichnungen für die ganze
Gattung, hat aber viele Ausdrücke für einzelne Erscheinungen.
Die Ausdrücke der Berufslexik sind gewöhnlich Wörter mundartlicher
Herkunft, vgl.: dt. hiewen „heben", Efmal „Essenszeit" in der Seemannslexik; rus.
вехотка «мочалка», синявка «сыроежка», шаньга «ватрушка». Manche
Ausdrücke der Berufslexik sind spezielle Bedeutungen der
allgemeingebräuchlichen Lexik. Im Munde eines Seemanns bedeutet klar „bereit,
fertig" (Das Schiff ist klar); sichten „erspähen" (Land sichten).
Die Berufslexik der alten Gewerbe, der Handwerker hat meistens einen
archaischen Charakter, ist heute im Sterben begriffen, aber neue Berufslexik, die
unmittelbar mit der modernen Arbeitsteilung verbunden ist, kommt auf.
E.W. Rosen weist darauf hin, dass es heute etwa 17.300 Berufe gibt. Die
Besonderheit der modernen Berufslexik ist ihre weitere Differenziertheit. So heißt
die Sekretärin je nachdem „Chefsekretärin", „Stenosekretärin",
„Stenokontoristin". So sind in der Glasproduktion beschäftigt: Glasbläser,
Glasapparatebläser, Medizinglasbläser, Thermometerbläser, Kunstaugenbläser.
Die Fachjargonismen werden gewöhnlich im alltäglichen vertrauten
Umgang mit Arbeitskollegen oder anderen Angehörigen der betreffenden
Berufsgruppe gebraucht und haben oft bildhaften Charakter, vgl.: dt.
Berufsjargonismen der Kripo: einen verewigen „einen Verbrecher in den Akten
registrieren"; Klavier spielen „Fingerabdrücke abnehmen"; rus. oкурки ‹мелкая
сайра› im Lexikon der Fischer.
Die Fachjargonismen gibt es in jedem Berufsbereich: Hexe für einen
Materialaufzug auf der Baustelle; Klettermaxe für einen kleinen Spezialkram
bei Turmarbeiten. Eine identische Betrachtung dieses Wortschatzes ist auch
im Russischen festzustellen, z.B. in der Studentensprache: cmenyxa, oбщага,
закосить (лекцию).
Eine typisch deutsche Erscheinung ist die sogenanntе
Pennälerstudentenlexik. Sie lässt sich nachweislich bis in das 16. Jh. zurück
verflogen. Manche Pennälerwörter sind noch heute gebräuchlich: Penne
120

„Schule"; Pennäler „Schüler"; Mathe „Mathematik"; Tri „Trigonometrie',


Lite „Literatur"; Pauker „Lehrer"; Direx „Direktor"; Unterklassianer „Schüler
der unteren Klassen"; Eselbank „Strafbank"; spiken „vorsaugen"; kapierem
„begreifen"; Fuchs „Student im ersten Semester"; die Schularbeit vermasseln
„schlecht erfüllen"; eine schlechte Zensur schlechtbügeln „wieder gut machen“

10.4. Soziale Sonderwortschätze


Unter sozialen Gruppen einer Sprachgemeinschaft versteht man Gruppe
von Sprachträgern mit gemeinsamen Lebensbedingungen. Die gemeinsamen
Lebensbedingungen sind verschieden. Nach diesem Merkmal sondert man
traditionsgemäß Weidmanns- oder Jägersprache, Soldatensprache,
Studentensprache, Schülersprache aus. Dazu zählt man auch die Gaunersprache
(Argot, Rotwelsch). Die Ausdrücke dieser Sonderwortschätze sind expressive
oder euphemistische Synonyme zu den bereits bestehenden Wörtern der
Gaunersprache.
Unter Gruppensprachen nimmt die sogenannte Gaunersprache (Argot,
Rotwelsch) einen besonderen Platz ein. Die Jargonismen dieser sozialen Gruppen
sind auch Dubletten zu den gemeinsprachlichen Lexemen, aber sie erfüllen eine
Tarnfunktion. Dieser Wortschatz ist ein Mittel, sich von allen anderen
Sprachträgern abzusondern und für alle anderen Angehörigen dieser
Sprachgemeinschaft unverständlich zu bleiben.
Die „Gaunersprache" ist seit dem 14. Jahrhundert bekannt durch zahllose
Wortlisten, die von der Behörde veröffentlicht wurden, um die Bürger vor den
Gaunern zu warnen.
Diese Argotlexik war zunächst geheim, seit dem 19. Jahrhundert verliert sie
ihre Abgesondertheit und löst sich teilweise in der Umgangssprache der Städte auf.
Das alte „Rotwelsch" ist jetzt verkümmert, doch viele Ausdrücke sind aus
dem Rotwelsch in die Sprache einiger Schichten der Stadtbevölkerung
eingedrungen, besonders in den Jugendslang.
121

Das Rotwelsch ist ein buntes Gemisch von Wörtern aus verschiedenen
Sprachen, von verschiedenen dialektalen Wörtern. Besonders groß ist im
Rotwelsch der Anteil der Mundartwörter, Neubildungen, Umschreibungen sowie
Wörter aus dem Hebräischen, dem Zigeunerischen, Französischen, Italienischen
und Lateinischen.
Ein viel umstrittenes Problem der Sonderlexik ist der Wortschatz der
modernen Jugendlichen. Von den Schüler- und Studentenwortschätzen
unterscheidet sich die Jugendsprache dadurch, dass sie sozial nicht gebunden ist
und sowohl die Jugend der besitzenden Klassen, als auch die berufstätigen
Jugendlichen, die in der Produktion tätig sind, sowie Angestellte, studierende
Jugend u.a. gebraucht sie.
Träger dieses Jargons sind verschiedene Altersgruppen, sie umfassen
Jugendliche im Alter von 14 bis 30 Jahren: der Teenager ist ein junges Mädchen
von 14 bis 19 Jahren, der Twen - ein junger Mann von 20 bis 29 Jahren. Die
Entstehung dieses Sonderwortschatzes sieht man:
a) im Bedürfnis der Jugendlichen nach dem expressiven Ausdruck;
b) in der Psyche dieser Altersgruppe;
c) das Bestreben der Jugendlichen, sich von den Älteren zu
unterscheiden.
Daraus erklärt sich auch die thematische Charakteristik der
Jugendjargonismen: Mode in Kleidung, Musik, Musikinstrumente, technische
Geräte, Popart und die Charakterisierung der Jugendlichen selbst, Eltern, Lehrer,
Mann, Frau. Diese Lexik kennzeichnet sich durch ihre Expressivität, die aber
wegen des häufigen Gebrauchs schnell verblasst wird und durch neue Wörter
ersetzt wird. In Deutschland werden zahlreiche Wörterbücher herausgegeben, die
die Lexik der Jugendlichen registrieren (Hermann Ehemann „Affengeil“,
„Oberaffengeil“). Unter den Wörtern der Jugendslang gibt es zahlreiche
Synonyme, z.B.:
Eltern - Dinos, Geldgeber, Ordnungskomitee, Organisationsabteilung,
Sponsoren, Finanziers, Parlament, Fossilien, Oldtimer / Oldies, Hausdrachen;
122

Erzieher/Lehrer - Pharao, Oberpenner, Bohrmaschine, Laber-Rudi,


Sklaventreiber, Märchenonkel, Torero, Silbenstecher, Bibelhusar, Anzug-Cowboy,
Sheriff, Häuptling;
Frau (positiv) - Zierfisch (zierlich), Perle (wohlhabend), Nixe (=
„Wasserfee"), Bomber (energisch), Schwester, Zuckerweib (=„süß"),
Lokomotive (kommt schnell zur Sache), Sahnetorte (=„süß" und „weich"),
Locke (bezogen auf die Haarpracht), Tulpe, Blume (= Mädchen mit „blühender
Pracht"), Praline (= „süß");
Frau (negativ) - Flocke (schusselig / unkonzentriert), Trine (langweilig),
Motte (lästig / klein), Plötze (hässlich), Hippe, Xanthippe, Zicke, Schraube (dick),
Unke (pickelig), Barbie (herausgeputzt / schön, aber doof), Lüftchen (dünn
gebaut), Kaktus („bissig"), Keule („erschlägt" einen fast), Minipanzer („räumt auf),
Klapperschlange, Giftnudel / Giftzahn (streitsüchtig), saure Gurke, Schrankkoffer
(breit wie ein Schrank), hohler Zahn / Hohlzahn (verursacht Zahnschmerzen),
Zierfisch (ziert sich ständig), Schattenvogel (verfolgt einen ständig wie ein
Schatten), Plombe („unecht"), Plunze (dick / schwerfällig / unflexibel /
schwergewichtig);
Mann (positiv) – Bajazzo (Spaßvogel mit gelegentlichen Macho-
Allüren), Gecko (Witzbold mit ausgefallener Garderobe), Hecht (groß und
kräftig), Sympathiko (nett / umgänglich), Flocke (Scherzkeks), Lucky
(Glückspilz), Pickelhering (Spaßvogel).
Mann (negativ) - Gipskopf (Gips statt Grips), Fossilio (sehr alt), (Über)-
Klops (dick), Skeletti (ziemlich alt), Grumpie (zahlungskräftig), Nullchecker
(Dummkopf), Dusseltier (Idiot), Siffkopf (Schlamper/Säufer), Knuffi (Schläger),
Skinnie (Skinhead);
Lehrerzimmer – Löwenkäfig, Olymp, Parteibüro, Wespennest,
Sprengstoffkammer, Mafia-Treff, Zentralanstalt.
Analoge Wörter sind auch in der Rede der russischen Jugendlichen zu
finden: алибаба «Schuldirektor», сорок разбойников «Schullehrer», улитка
123

«Botanillehrerin», параша «ungenügende Note», нормально «eine Drei», гуляем


«eine Vier», празднуля «eine Fünf», ботаник «ein fleißiger Schüler».
Mannigfaltig und kreativ sind Bezeichnungen für die Jugendlichen selbst,
z.B. für ein junges Mädchen: Tussi, Alte, Kirsche, Praline, Disko-Torte, Puppe,
Mietze; für einen Freund: Alter, Macker, Kumpel.
Die Hauptquellen der Jugendlexik sind folgende:
1) Gemeinsprachliche Lexik, die semantisch transformiert wird (Bulle
„jugendlicher Boss"; Bomber „ein hervorragender Boxer", Festrübe „Zigarre",
Laden „Lokal", Strick „Krawatte" usw.);
2) Entlehnungen aus anderen Sprachen, besonders aus dem Englischen
und Amerikanischen (dt. Job, Story, Speech, Weekend, Song, Babysitter, Playboy;
rus. креза «irre», «Irrenhaus», бойфренд «Freund“, герла «Freundin, ein
Mädchen");
3) Interlinguistische Entlehnungen: Entlehnungen aus den Mundarten
(Macker, Gammler ← gammeln „verfaulen", „sich mit Schmutz bedecken"), aus
anderen Sonderwortschätzen (Brumme = Braut, Freundin aus der Soldatenlexik;
Ische = Freundin, Mädchen aus der Gaunersprache).
Wortbildung ist ein wichtiger Weg der Bereicherung des Jugendjargons.
Nach Angaben von H. Ehemann kennzeichnet sich die Jugendsprache durch
zunehmende Präfixbildung. Verstärkende Vorsilben (z.B.: abschmieren,
abschweiben, einpfeifen) und ursprünglich romanische Endsilben (z.B.: Sympatik-
o, radokal-o, rapid-o) sind bei den Jugendlichen sehr beliebt. Produktiv sind die
Modelle der Substantive auf -e (Rauche „Zigarette", die Rieche „Nase", die
Absteige „Wohnung"); auf -i (Alki „Alkoholiker", Heini); Konversion (Die Gruppe
ist Sahne, der Film ist Klasse). Die Zusammensetzung spielt in der Jugendsprache
keine große Rolle.
124

10.5. Die gruppenspezifische Lexik der Sondersprachen im Russischen


(Jargonismen, Argotismen)
Die Sondersprachen sind für relativ stabile soziale, teilweise geschlossene
Gruppen wie Familien, Freizeit-, Interessen- und Organisationsgruppen (z.B.
Armee), Berufsgruppen typisch.
Die Jargonismen stellen dabei einen besonderen, gruppenspezifischen
Wortschatz (Soziolekt) dar, der im Dienste des Verhüllens, Abschirmens und Sich-
Entfernens mehrere spezifische expressive Wörter und Redewendungen umfassen.
Für die Jargonlexik ist vor allem der Spiel- und Innovationsaspekt charakteristisch.
Der Wunsch des Sprechenden etwas Neues, Eigenes, Kreatives zu schaffen führt
zur Bildung von vielen bildhaften expressiven Jargonismen, z.B.: веточки für
‘Glieder’, зависаловка für ‘Party’, нулевой für ‘völlig neu’, башня für ‘Kopf’,
бесбашенный für ‘dumm’, обуть für ‘betrügen’, наезжать für ‘Ansprüche
erheben’, виснуть für ‘die Zeit gut verbringen’. Besonders zahlreich erweisen
sich bei den Jugendlichen folgende thematische Gruppen: 1) Armee: дух für
‘Militärperson, die 6 Dienstmonate hinter sich hat’, черпак für ‘Militärperson, die
ein Dienstjahr hinter sich hat’, дед für ‘Person vor dem Entlassungsbefehl aus
dem Militärdienst’, 2) Schule: параша für ‘Note ungenügend’, нормально für
‘Note eine Drei’, гуляем für ‘Note eine Vier’, 3) Fussball: кони für ‘Anhänger der
Mannschaft ZSKA’, дворники für ‘Anhänger der Mannschaft Dynamo’, мясники
für ‘Anhänger der Mannschaft Spartak’.
Die Argotismen sind geheimnisvolle Umschreibungen aus dem Kiez- oder
Häftlingsjargon, um Strafverfolgungen zu entgehen. Sie sind im kriminellen Milieu
verbreitet und zeichnen sich durch folgende Besonderheiten aus: 1) beschränkte
Gebrauchssphäre; 2) große Varietät der Wortformen in der Rede:
кандыбáть/шкандыбáть/скандыбáть für ‘mühsam gehen’, 3) Vieldeutigkeit:
махаться 1. ‘sich tauschen’; 2. ‘sich prügeln; 4) negative Einschätzung (grob,
verächtlich, verletzend u.а.): бестолковка für ‘Kopf’, бобик für ‘Polizeiwagen’,
навакситься für ‘sich betrinken’, дятел für ‘Angeber’.
125

In der letzten Zeit sind manche Argotismen in die russische


Umgangssprache eingedrungen, z.B.: туфта für ‘Betrug, Lüge; Geschwätz’,
халява für ‘schlecht, nachlässig’, бухарик für ‘Alkoholiker’.

10.6. Genderforschung als Teilbereich der Sozio- und Psycholinguistik


In den 60.Jahren des XX.Jahrhunderts hat sich eine neue Richtung in der
Sprachwissenschaft, die so genannte feministische Linguistik, herausgebildet
(Senta Trömel-Plötz, Luise Pusch). Die feministische Linguistik sieht sich als Teil
einer politisch-sozialen Bewegung und kritisiert die Sprache und Sprachgebrauch
von soziologischen und politischen Kriterien.
Geschlecht ist keine linguistische Kategorie, sondern eine soziale Größe.
Nach den Untersuchungen der feministischen Linguistik (G. König; S.Trömel-
Plötz; L. Pusch) unterscheidet sich die Wortwahl von Frauen und Männern. So
benutzen „gesprächslustigere" Frauen oftmals weniger vulgäre Ausdrücke, mehr
Hochdeutsch, häufiger abgeschwächte Formulierungen (z.B. ich meine, finde)
oder Rückversicherungswendungen (z.B. nicht wahr). Die Feministinnen
als sprachbewusste Frauen versuchen Deutsch in frauenspezifischen Fällen zu
korrigieren, z.B.: statt wenn man das Kind stillt erscheint wenn frau das Kind
stillt. Der sexistische Sprachgebrauch wird durch Doppelformen (Student/In,
Lehrer/In) und parallele Bezeichnungen (sehr geehrte Herren / sehr geehrte
Damen und Herren; das schwache / weibliche Geschlecht; Dienstmädchen /
Hausangestellte oder Hilfe) allmählich verdrängt. Bewusste Sprachmanipulation
dient aber kaum der Veränderung gesellschaftlicher Zustände, denn die Sprache
bewirkt nichts, sie kann nur reagieren.
Die linguistische Genderforschung verfolgt einige Ziele, die mit den
folgenden Fragestellungen verbunden sind:
- wie kommen
Männlichkeit und Weiblichkeit in verschiedenen Sprachen
und Kulturen zum Ausdruck;
- durch welche sprachlichen Mittel (im Wortschatz, in der Grammatik,
126

der
Intonation etc.) wird weibliches und männliches Sprachverhalten realisiert,
- welche Genderformen
existieren in der jeweiligen Sprache, welche
Besonderheiten des Stils und der Redegestaltung sind für Frauen und
Männer kennzeichnend;
- inwieweit ist die Männerdominanz in dieser oder jener Sprache
akzentuiert und akzeptiert (der so genannte Androzentrismus der Sprache und
Kultur).
Bei orientalischen Völkern unterscheidet man eine Männersprache und eine
Frauensprache mit einer ausgeprägten Grenze zwischen ihnen. Als selbständige
Richtung ist die linguistische Genderforschung eng mit den benachbarten
Disziplinen verbunden. Dies sind:
1) die Soziolinguistik mit
ihren Forschungen über die Sprache der sozialen
Gruppen;
2) die Psycholinguistik, in
der die Spezifik der sprachlichen As-soziationenl
von Frauen und Männern ermittelt wurde;
3) Die feministische Kritik
an der Sprache, die gegen die Männerdominanz im Leben und im Sprachbau
gerichtet ist. Die Vertreterinnen der feministischen
Bewegung kritisieren die deutsche Sprache als eine Männersprache.
Die Argumente der Feministinnen sind: die Männer spielen in der Sprache
die wichtigste Rolle, die Frauen sind sprachlich untergeordnet diskriminiert. In den
Berufsbezeichnungen stehen die Formen „Lehrer", „Arzt", „Ingenieur" oft für
beide Geschlechter. Die femininen Formen werden in der Regel von maskulinen
abgeleitet, selten - umgekehrt (Hebamme - Hebammer, Hexe - Hexer).
127

Manche Feministinnen gingen so weit, dass sie vorschlugen,


geschlechtsneutrale Formen einzuführen: das Student, das Professor (neben den
„normalen": der Student, der Professor; die Studentin, die Professorin).
Es wurde vorgeschlagen, das unbestimmt-persönliche (indefinite) Pronomen
„man" in entsprechenden Kontexten durch „frau" zu ersetzen: frau stillt das Kind.
Die Wörter und Phraseologismen mit „Mann", „Herr" wurden im Projekt der
Feministinnen auch transformiert, z.B.: seinen Mann stehen - ihre Frau stehen;
Mannschaft - Frauschaft, Mansarde - Frausarde, die Stadt Mannheim - Frauheim;
jemand - jefrau, niemand - niefrau.
Aber vernünftige Ideen wurden akzeptiert. So z.B. im „Deutschen
Wörterbuch“ von G.Wahrig heißt es: „frau" - in der Frauenbewegung verwendete
Ersatzbezeichnung für „man" (frau tut so etwas nicht). Das Wort, das Frauen
beleidigt - das Mensch - wurde aus dem Wörterbuch gestrichen.
Auf Beschluss des Bundestages werden die Namen von weiblichen und
männlichen Berufen in Anzeigen und Stellenangeboten in folgender Form (mit
„Binnen-/") gestaltet: Es werden Lehrerinnen, Sachbearbeiterinnen gesucht (Der
Satz ist so zu lesen: Es werden Lehrerinnen und Lehrer gesucht.) Hier setzt sich die
Tendenz zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern durch.
Die folgenden Richtlinien als kreative Lösung des Problems sind zu
beachten:
1) Paarformulierungen sind als Zeichen der Achtung generell zu
empfehlen:
- allgemeine Beispiele: die Bürgerinnen und Bürger, die Bewerberinnen
bzw. der Bewerber, der oder die Angestellte;
- bei Anrede/Anschrift als Markierung der Wertschätzung: Sehr
geehrte Damen und Herren; Sehr geehrte Frau Ministerin/Rektorin/
Professorin/Vorsitzende;
- Amts-, Berufs-, Funktionsbezeichnungen, besonders in Anzeigen:
Ärztin, Amtsrätin, Staatssekretärin, Lehrstuhlleiterin. Geschlechtsspezifische
Einzelformen heben die Tätigkeit von Frauen hervor: Geschäftsfrau, Kauffrau,
128

Steuerfrau (nicht: Hauptmann - Hauptfrau, Herr Ober - Frau Oberin).


2) Damit die Texte nicht zu ausgedehnt geraten, können
geschlechtsneutrale Formen gewählt werden:
- Pluralformen von substantivierten Partizipien oder Adjektiven: die/
der Studierende - die Studierenden (analog: die Auszubildenden,
die Abgeordneten);
- geschlechtsneutrale Substantive (feminine Form mit -in ist nicht
möglich): die Führungskraft, die Fachkraft, die Schreibkraft, die Aushilfskraft, der
Vormund, der Flüchtling, der Prüfling, das Mitglied, das Wesen. Die Gruppe ist
zehn Personen (nicht: zehn Mann) stark.
3) Semantische Kongruenz: Ein Mädchen trat ins Zimmer. Sie war gut
gelaunt.
Aktuelle Probleme der Genderforschung wurden von A.V. Kirilina in ihrer
Habilitationsschrift «Гендер: лингвистические проблемы» (1999) schöpferisch
herausgearbeitet. Der Autorin gelang es, nachzuweisen, dass die deutsche Sprache
einen höheren Grad an Androzentrismus (Genderasymmetrie) aufweist -
verglichen mit dem Russischen. Z.B. in deutschen Sprichwörtern wird die Frau
nicht selten negativ bewertet: Die Frauen sind die Schlauen. Ein Mann – ein Wort,
eine Frau - ein Wörterbuch. Alte Weiber quaken viel (aber auch mit positiver
Bewertung: Einer reinlichen Frau fehlt es nie an Wasser). Die Reaktion der
Feministinnen: Eine Frau braucht einen Mann wie ein Fisch ein Fahrrad.
Als Folge der feministischen Linguistik sind manche Wörter und Ausdrücke
im Lexikon der deutschen Sprache aufgenommen, z.B. die Emanze
(„феминисткa"). Dieses Wort dient zur pejorativen Bezeichnung einer Frau. Die
Feministinnen gebrauchen zur ironischen Bezeichnung eines Mannes Softie
«слюнтяй, слабак». Gebraucht werden auch solche Wörter wie der Chauvi
(Mann, der sich Frauen gegenüber überlegen fühlt, der ein übertriebenes
männliches Selbstgefühl hat); die Tunte (negative Bezeichnung für einen
Homosexuellen, der sich wie eine Frau benimmt); der Macho „мачо"; der
Vollmann (der Mann, der den Idealen einer Frau entspricht). Als Folge dieser
129

Tendenz vergrößert sich die Zahl der Zusammensetzungen mit der


Finalkomponente -frau, z.B.: die Fachfrau „женщина-эксперт", die Staatsfrau
„женщина – государственный деятель", die Parteifrau „женщина – партийный
деятель", die Kauffrau „женщина-коммерсант", die Karrierefrau „женщина-
карьеристка".

10.7. Wechselbeziehungen zwischen Sonderlexik und


Allgemeinwortschatz
Die Wechselbeziehungen zwischen Sonderlexik und dem Allgemein
Wortschatz standen immer im Mittelpunkt der sprachlichen Forschungen. Wie die
Ergebnisse dieser Arbeiten zeigen, lassen sich zwei Tendenzen feststellen.
Die erste Tendenz besteht darin, dass die Sonderlexik immer eine Quelle der
Allgemeinlexik war und bleibt. Viele Termini und Fachausdrücke dringen in die
Gemeinsprache ein, weil sie Denotate bezeichnen, die von großen Kreisen der
Bevölkerung gebraucht werden. Man spricht heute von der Intellektualisierung der
Gemeinsprache. Das erfolgt meistens über die „Fachjargonismen", die zunächst in
der beruflichen Arbeit verwendet werden, wie z.B. in der Medizin als
Umgangssprache: OP-Saal, OP-Dienst, ein Magen für Magenoperation, später
werden sie allgemein bekannt.
Weit bekannt ist heute die neue Bedeutung des Wortes Maus „ein Teil des
Computers", das aus dem technischen Bereich auch in die Umgangssprache
eingedrungen ist.
Viele Wörter und Ausdrücke aus der Jugendsprache dringen in die
Umgangssprache ohne semantische Transformation ein: z.B. Goldzahn „ reiches
Mädchen"; Barzahn „Mädchen, das in der Bar arbeitet".
In der Gemeinsprache (Umgangssprache) sind Wörter und Ausdrücke aus
der Gaunersprache (Argot, Rotwelsch) eingedrungen. Z.B. Kittchen „Gefängnis",
Polente „Polizei", blechen „wiederwillig bezahlen"; meschugge „verrückt". Einige
Argotismen sind in die Schriftsprache eingetrungen, z.B. Hochstapler „Anheber",
Ganove „Dieb".
130

Die zweite Tendenz ist mit der Bildung der Sonderlexik auf Grundlage des
allgemeinsprachlichen Wortgutes verbunden. Es geht hier vor allem um die
semantische Ableitung bei der Bildung von Termini und anderer Sonderlexik, vgl.:
Maus „ein Teil des Computers"; Stromnetz, Wechselstrom; Schnecke in der
Medizin für „Teil des inneren Ohres", Zahnhals etc.
Die alten Fachsprachen enthalten viele mundartliche Wörter und Ausdrücke,
die bis heute erhalten sind: z.B. so gebraucht auch jetzt ein Tischler solche
Dialektismen wie Nees (Nase), Muul (Maul), Sool (Sohle) für die Bezeichnung
verschiedener Teile eines Hobels.

Literatur
1. Домашнев А.И. Современный немецкий язык в его национальных
вариантах. – М., 1986. – С. 7-14, 77-132.
2. Ольшанский И.Г. Лексикология: Современный немецкий язык =
Lexikologie: Die deutsche Gegenwartssprache. - M., 2005. - S. 190-205.
3. Розен Е.В. На пороге 21 века. Новые слова и словосочетания в
немецком языке. – М., 2000.- С. 176-180.
4. Шевелева Л.В. Лексикология современного немецкого языка:
Курс лекций. - M., 2004. - C. 25-35, 169-181.
5. Die deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie. - Bd. 1. - Leipzig, 1989. -
S. 574-579.
6. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’: Nowa knyha,
2003. - S. 210-216.
7. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 1986.- S. 149-173.
8. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
1987. - S. 243-252.

Fragen zum Thema


1. Was versteht man unter den Termini (Fachwörtern) und Terminologie?
131

2. Was sind die Wesensmerkmale des Terminus?


3. Wie entstehen in der Sprache die Termini?
4. Welche Merkmale weist die Berufslexik auf?
5. Was ist für die Fachjargonismen (Berufsjargonismen) typisch? Führen Sie
Beispiele an.
6. Was können Sie über die „Gaunersprache“ erzählen?
7. Worauf ist die Entstehung der Jugendlexik zurückzuführen? Führen Sie
Beispiele an.
8. Was sind die Hauptquellen der Jugendlexik?
9. Was kann man über die Genderforschung als Teilbereich der Sozio- und
Psycholinquistik erzählen?
6. Berichten Sie über Wechselbeziehungen zwischen Sonderlexik und
Allgemeinwortschatz

Aufgaben zum Thema


1. Bestimmen Sie die Quelle und die Bedeutung der Jugend- und Fachlexik:
Kaktus (Jugendspr.), Kanal (Jugendspr.), dinnern (Jugendspr.), bügeln
(Jugendspr.), Birne (Jugendspr.), ex (Jugendspr.), urst (Jugendspr.),
Telebanking (Wirtschaft), abgebaggert (Jugendspr.), tutti/tutto (Jugendspr.),
Towaritsch (Jugendspr.), Scheich ((Jugendspr.), bürsten, Cash (Wirtschaft)
(Cash-Maschine; Cash-Muft); bohren (Jugendspr.), umnieten ((Jugendspr.),
Flyer (Jugendspr.), Ekstasy/Eksi (Jugendspr.), anbaggern (Jugendspr.).
2. Bestimmen Sie die Wortbildungsart und die Bedeutung nachfolgender
Wörter aus den Jugend- und Fachsprachen:
Alki, beeumeln, fadisiert, Heizölferrari, Horror, hyperstark/-hart/ -matt/-geil,
Kätzchen, spitzenstark/-mäßig/-geil, granatenmäßig, Bildtelefon, Aerogel,
Neurobionik, Tele-Ticket, Modem.
3. Infolge welcher Sprachprozesse sind die nachstehenden Jargonwörter
entstanden? Erklären Sie ihre Bedeutung.
a) Hallo Zahn! Hallo Typ!
132

b) Willste was auf meinem Feuerstuhl gefahren werden?


c) Was für Ischen gibt es hier?
d) Ich finde sie ein bisschen krank
e) Klamme Leute
f) Die Lappen kommen von mir
g) Die Brieze hat einen Macker
h) Hast du wenigstens eine Lulle für mich?

Tests zum Thema


1. Bestimmen Sie die Quelle (M-Medizin; W-Wirtschaft, J-Jurisprudenz) und
die Bedeutung der Jugend- und Fachlexik:
Variante A Variante B
1. Gehirnerschütterung 1. Bluthochdruck
2. Gallensteinleiden 2. Krebsgeschwulst
3. Warenexport 3. Warenaustausch
4. Vertragspartner 4. Produktivkräfte
5. verankern 5. loten
6. dancen 6. Biene
7. Birne 7. Boy
8. hohlköpfig 8. worken/wörken
9. sich anflaschen 9. Kürbis/Deckel
10. Tulpe/Blume 10. Polizze

2. Bestimmen Sie die Wortbildungsart folgender Wörter aus den Jugend- und
Fachsprachen: a) Zusammensetzung; b) Zusammenbildung; c) Abkürzung;
d) semantische Derivation; e) halbsuffixale Ableitung; f) Konversion; g) suffixale
Ableitung; h) präfixale Ableitung; i) Reduplikation; k) affixlose Ableitung.
Variante A
1. Lungenentzündung; 2. Woofs (engl. well-off older folks “finanziell
gutgestellte ältere Leute”; 3. worken „arbeiten“; 4. Geldgeber „Eltern“; 5. Ballon
133

„Kopf“; 6. Alte „Eltern“; 7. antreiben (Tecnn.) „etwas in Bewegung setzen“; 8.


stilisieren (bild. Kunst) „eine natürliche Form im Sinne einer bestimmten
künstlerischen Auffassung (durch Auslassen des Zufälligen sowie der Details)
verändern“; 9. Takelwerk (Seemannspr.) „Takelage“; 10. umprogrammieren
(Kybern.) „ein Programm für Rechenautomaten anders, neu programmieren“.
Variante B
1. ungesättigt „nicht gesättigt“; 2. Tief, n (Meteor.) „Tiefdruckgebiet“; 3.
speisen (Techn.) „eine Maschine, einen Apparat mit dem für den Betrieb
Erforderlichen versorgen“ ; 4. Schwimmbagger (Techn.) „auf einem Schiffsrumpf
aufgesetzter Bagger für Arbeiten im Wasserbau“; 5. Lokomotive „Frau (positiv)“,
6. bombig „großartig“; 7. anschwallen „j-n bequatschen; j-n dumm anreden; j-n
pikieren“, 8. pickepacke „Verstärkungspartikel“; 9. Demo „Demonstrations-
programm“; 10. Ausstieg (Jägerspr.) „Stelle, an der Fischotter, Biber aus dem
Wasser steigen“.
134

11. DIE BEHANDLUNG DER PHRASEOLOGISMEN

SCHWERPUNKTE FÜR DIE DISKUSSION:


11.1. Die Abgrenzung der Phraseologismen von den benachbarten
sprachlichen Einheiten
11.2. Klassifikationen der Phraseologismen im Deutschen und Russischen
11.3. Phraseologische Derivation
11.4. Semantische Kategorien der Phraseologismen
11.5. National-kulturelle Spezifik der Phraseologie

Schlüsselworte: Phraseologismus, phraseologische Ganzheit,


phraseologische Einheit, phraseologische Verbindung, phraseologischer
Ausdruck, phraseologische Derivation, phraseologische Synonymie,
phraseologische Antonymie

11.1. Die Abgrenzung der Phraseologismen von den benachbarten


sprachlichen Einheiten
Die Phraseologie als selbstständige Disziplin bildet sich in den 50-60-er
Jahren des 20. Jh. heraus, obwohl die Ansätze zum Werdegang der Phraseologie
schon früher geschaffen wurden. Einen großen Einfluss auf die Entwicklung der
Phraseologie hatten die Arbeiten vom französischen Sprachforscher Ch. Bally.
Er sonderte Phraseologismen von anderen Typen der Wortverbindungen ab, aber
betrachtete Phraseologie als Schmuck der Rede in der Stilistik. Weiter sind die
Arbeiten von W.W.Winogradow zu nennen, den man mit Recht den „Vater" der
russischen Phraseologie nennt. Einen großen Beitrag zur Entwicklung der
phraseologischen Theorie leisteten auch andere Linquisten: die Russen
(O.S.Achmanova; N.N.Amossova, I.I.Chernyc'hova, D.Dobrovolskij,
A.D.Reichstein, V.N.Telija, A.V.Kunin); die Ukrainer (M.V.Havrys,
O.P.Proročhenko, S.N.Denisenko, M.Hamsück); die Deutschen (W.Fleischer,
H.Burger, J.Häusermann, D.Viewieger u.a.). Die Phraseologie befasst sich mit
135

festen (stehenden) Wortkomplexen einer Sprache. Andererseits versteht man unter


der Phraseologie die Gesamtheit der festen Wortkomplexe einer Sprache. Bei der
Behandlung des Problems entsteht vor allem die Frage, wodurch sich die
Phraseologismen von anderen benachbarten sprachlichen Einheiten (Wörtern und
freien Wortverbindungen) unterscheiden.
Die Wörter sind ganzgestaltete linguistische Zeichen, dagegen die
Fraseologismen sind sondergestaltet. Man unterstreicht dabei die semantische
Idiomatität der Phraseologismen im Unterschied zu Wörtern, die dieses Merkmal
nicht besitzen. Aber es gibt auch viele Komposita, deren Komponenten semantisch
transformiert sind (vgl. Schlafmütze (f) ‘соня’; Blaustrumpf (m) ‘синий чулок’ (o
женщине). In diesen Zusammensetzungen wird die Bedeutung des ganzen Wortes
durch die Bedeutung der Komponenten nicht erschlossen.
Im Vergleich zu freien syntaktischen Wortverbindungen unterscheiden sich
Phraseologismen durch folgende Merkmale. Der Phraseologismus ist eine feste
Wortfügung, die sich durch die Stabilität kennzeichnet. Die Stabilität setzt
folgendes voraus:
a) Stabilität der Semantik;
b) Stabilität der Struktur (stabile Wortfolge im Komponentenbestand
und die Komponenten sind in der Regel nicht austauschbar);
c) Stabilität des Gebrauchs, die Phraseologismen sind reproduzierbare
Einheiten, d.h. sie werden als fertige im Lexikon gespeicherte Einheiten
produziert.
Die Stabilität des Phraseologismus ist keine absolute Größe in dem Sinne,
dass alle Komponenten absolut unveränderlich sind. Sie können auch varieren.
Also, der Phraseologismus ist eine strukturell semantische Spracheinheit,
die sich sowohl von den Lexemen, als auch von freien syntaktischen Verbindungen
durch die Stabilität der umgedeuteten Semantik, der Struktur und des Gebrauchs
unterscheidet.
136

11.2. Klassifikationen der Phraseologismen im Deutschen und


Russischen
Es gibt verschiedene Klassifikationen von Phraseologismen. In der
Phraseologie sind folgende Klassifikationen bekannt: die semantische
Klassifikation von W.W.Winogradow, die funktionale Klassifikation von I-
A.Scukina und E.Riesel, die strukturell-semantische Klassifikation von
I.l. Černyčeva und die lexikalisch-syntaktische von A.V. Kunin. Gehen wir auf
diese Klassifikationen ein.
Der bekannte russische Gelehrte W.W.Winogradow legt seiner
Klassifikation den Grad der semantischen Verschmelzung der Komponenten zu
Grunde, darum heißt diese Klassifikation semantische Klassifikation. Er sondert
folgende Gruppen aus:
1) phraseologische Ganzheiten / Zusammenrückungen (фразеологические
сращения), vgl.:  rus. бить баклуши „ faulenzen“, точить лясы „ schwatzen“;
dt. bei j-m in der Kreide stehen „bei j-m Schulden haben“; auf den Hund kommen
„in schlechte Verhältnisse kommen"; kalte Füße bekommen (kriegen) „Angst
kriegen". Solche Phraseologismen sind völlig unmotiviert, der ganze
Komponentenbestand ist semantisch umgedeutet;
2) phraseologische Einheiten (фразеологические единства), vgl.: rus.
выжимать сок из кого-л. „j-n hart ausbeuten“, кто-л. бездонная бочка „jmd
kann zu viel Alkohol trinken, ohne betrunken zu werden“; dt. keinen Finger
krumm machen „nichts tun"; ins Wasser fallen „scheitern". Sie sind teilweise
motiviert, ihr formales Merkmal ist das Vorhandensein von homonymen freien
Wortverbindungen;
3) phraseologische Verbindungen (фразеологические сочетания), vgl.: rus.
тьма кромешная „stockdunkel sein“, втереться в доверие к кому-л. „sich bei
j-m einschmeicheln“; dt. Angst/Schrecken packt ihn; Hilfe leisten „helfen"; zum
Ausdruck bringen „ausdrücken". Ihre Semantik ist analytisch, sie sind motiviert;
4) phraseologische Ausdrücke (фразеологические выражения) oder
festgeprägte Sätze mit Umdeutung (устойчивые фразы), vgl.: russ. „не имей сто
137

рублей, а имей сто друзей"; dt. wer zuletzt kommt, lacht am


besten.
Die deutsche Linguistin I.I. Černyševa berücksichtigt in ihrer Klassifikation
2 Kriterien: die Struktur und die Semantik, darum heißt diese Klassifikation die
strukturell-semantische. Sie unterscheidet 2 große Gruppen:
1) stehende Wortkomplexe
phraseologischen Typs. Sie kennzeichnen sich
durch 2 Kriterien: Reproduzierbarkeit (воспроизводимость) und völlige
oder teilweise semantische Transformation der Komponenten.
2) Wortkomplexe nicht
phraseologischen Typs. Sie kennzeichnen sich
durch ihre Reproduzierbarkeit.
Die erste Gruppe (stehende Wortkomplexe phraseologischen Typs) zerfallen
in folgende Untergruppen:
1) Phraseologische Einheiten (Ganzheiten), d.h. feste Wortkomplexe mit
singulärer Verknüpfbarkeit der Konstituenten und semantisch transformierter
Bedeutung des gesamten Konstituentenbestandes, z.B.: Grillen fangen „grübeln",
j-m den Kopf waschen „j-n scharf zurechtweisen", j-m einen Bären aufbinden „j-n
belügen".
Dazu zählt man auch Paarformeln (Zwillingsformeln, Wortpaare). Diese
Untergruppe der phraseologischen Einheiten besteht aus zwei Lexemen der
gleichen Wortart, z.B.: Feuer und Flamme, Schritt für Schritt, hin und wieder, ab
und zu. Zu den phraseologischen Einheiten gehören auch komparative
Phraseologismen, deren zugrunde ein Vergleich liegt, z.B.: schlafen wie ein Sack,
arbeiten wie Robotor, essen wie ein Spatz. Festgeprägte Sätze stellen eine
Untergruppe der Phraseologismen mit der syntaktischen Struktur der Sätze dar.
Unter den festgeprägten Sätzen unterscheidet man: a) Sprichwörtliche
Redensarten, z.B.: Da liegt der Hund begraben; das kommt in den besten Familien
vor; dazu muss man Sie sagen; b) Sprichwörter, z.B.: Wer A sagt, muss B sagen,
wer zum Spiele kommt, muss spielen; der gerade Weg ist der kürzeste.
138

2) Phraseologische Verbindungen, d.h. Phraseologismen mit singulärer


Verknüpfung einer semantisch transformierten Konstituente, z.B.: blinder
Passagier, schwarzer Markt, goldene Hochzeit.
Die Phraseologismen im weiteren Sinne schließt in sich auch feste
Wortkomplexe nichtphraseologischen Typs ein, wo man folgende Gruppen
aussondert:
a) Modellierte Bildungen, d.h. stehende Wortverbindungen, die in der
Sprache nach bestimmten strukturell-semantischen Modellen entstehen und eine
typisierte Semantik besitzen, z.B.: Bruder hin Bruder her; Freund hin, Freund her.
b) Lexikalische Einheiten, d.h. feste Verbindungen mit nominativer
Funktion, die eine semantische Ganzheit bilden, jedoch aufgrund der eigentlichen
lexikalischen Bedeutungen der Konstituenten, die semantische Transformation der
Komponenten fehlt, z.B.: die Deutsche Demokratische Republik, die
Buhdesrepublik Deutschland, der Nahe Osten.
c) Phraseologisierte Verbindungen, d.h. stehende (feste) Wortkomplexe mit
analytischer Bedeutung, mit übertragener Bedeutung einer der Komponenten,
welche sich durch serielle Verknüpfung charakterisiert, z.B.: j-m Achtung,
Anerkennung, Bewunderung, Verehrung, Beifall, Dank zollen (erweisen).
Anfang der 60-er Jahre entstand die funktionale Klassifikation von I.A.
Ščukina und E. Riesel. Sie unterschieden:
1) feste Wortkomplexe mit rein nominativer Funktion, z.B.: kontrastive
Linquistik, die zerstreuten Wellen, der Nahe Osten;
2) feste Wortkomplexe mit nominativ-expressiver Funktion, die stilistisch
markierten Wortfügungen, z.B.: ins Wasser fallen; den Mund halten; j-m blauen
Dunst vormachen.
In der Germanistik ist auch die Klassifikation von A.V. Kunin bekannt,
welche nach dem lexikalisch-syntaktischen Prinzip aufgebaut ist, d.h. welche
Wortart sie vertreten. Dementsprechend unterscheidet man:
1) verbale Phraseologismen, z.B.: die erste Geige spielen; Pech haben;
2) adverbiale Phraseologismen, z.B.: aus dem Stegreif; unter vier Augen;
139

3) substantivische Phraseologismen, z.B.: altes Haus; stilles Wasser;


4) pronominale Phraseologismen, z.B.: dies und das; das und jenes;
5) Phraseologismen mit interjektionalem Charakter, z.B.: alle Wetter; du,
meine Güte; ja, Kuchen;
6) Phraseologismen, die einem Satz entsprechen, das sind Sprichwörter und
sprichwörtliche Redensarten, z.B.: der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Dieser Klassifikation steht sehr nah die morphologisch-syntaktische
Klassifikation von W. Fleischer. Er sondert 4 Gruppen der Fraseologismen aus:
1) substantivische Phraseologismen (geistiger Vater „Urheber, Erfinder",
schneller Hirsch „Motorrad", „Moped");
2) adjektivische Phraseologismen (der fix und fertige Mensch „völlig
erschöpfte", ein zu Malen schönes Mädchen „sehr schönes Mädchen");
3) adverbiale Phraseologismen (ohne/von Belang „ohne/von Bedeutung
(Interesse)", um ein Haar „beinahe", mit einem Schlag „auf einmal"),
4) verbale Phraseologismen (die Karte aufdecken „seine Absichten zu
erkennen geben", Lunte riechen „Verdacht schöpfen").

11.3. Phraseologische Derivation


Unter phraseologischer Derivation versteht man die Phrasembildung auf der
Basis der in der Sprache bereits bestehenden Phraseologismen. Es handelt sich um
eine Ableitung phraseologischer Einheiten aus festgeprägten Sätzen des Typs
„Sprichwörter", vgl.:
Ausgangsform Derivat
1. Wer Butter auf dem Kopf hat, 1. Butter auf dem Kopf haben
soll nicht in die Sonne gehen „ein schlechtes Gewissen
haben“
2. Stille Wasser sind tief 2. stilles Wasser „j-d, der seine
inneren Gefühle und Ansichten

nicht zeigt"
140

3. Das also war des Pudels Kern 3. des Pudels Kern „die
eigentliche Ursache“
Von der phraseologischen Derivation ist die dephraseologische Derivation
zu unterscheiden, d.h. die Bildung von Lexemen, die auf der Basis von
Phraseologismen und festen Wortkomplexen entstehen, vgl.: dt. große Bogen
spucken „prahlen“ → Bogenspucker „Prahler"; sich wichtig tun → Wichtigtuer;
viele Worte machen → Wortemacher; den Kopf hängen → Kopfhänger; rus.
заудиться rotw. „von der Polizei ertappt werden“ (← попасться на удочку),
наприниматься „sich betrinken“ (← принимать на грудь), марафетиться
„sich schminken“ (← марафет наводить).
Zur dephraseologischen Derivation zählt man auch die lexisch-semantische
Wortbildungsart, d.h. die Entwicklung einer neuen Semantik von Komponenten
der phraseologischen Einheiten. Solche Entwicklung führt zur Homonymie der
gleichlautenden Ausgangswörtern, z.B.: der Korb1 - „geflochtener Behälter"; der
Korb2 - „Zurückweisung eines Heiratsantrages"," Ablehnung" ← j-m einen
Korb geben; derBock1 - „männliches Tier von Ziegen, Rehen"; der Bock2 -
„Fehler'' ← einen Bock schießen.

11.4. Semantische Kategorien der Phraseologismen


Solche semantischen Kategorien wie Polysemie und Homonymie,
Synonymie und Antonymie sind auch den Phraseologismen eigen, aber wegen der
Eigenart der festen Wortkomplexe selbst sind einige Besonderheiten zu
berücksichtigen.
11.4.1. Phraseologische Polysemie und Homonymie. Die Fähigkeit der
Lexeme mehrdeutig zu sein wird heutzutage als eine der semantischen
Universalien angesehen. Aber im Vergleich zur Polysemie in der Lexik weist die
phraseologische Polysemie grundsätzliche Unterschiede auf.
Die meisten Phraseologismen sind im Unterschied zu den einfachen
Lexemen monosem. Nur wenige Gruppen der Phraseologie können Mehrdeutigkeit
entwickeln, das sind vor allem verbale Phraseologismen, etwa 9% der Gesamtzahl
141

der festen Wortkomplexe. In der russischen Sprache gehören zu den mehrdeutigen


17% der Phraseologismen. Dabei besitzen die deutschen Phraseologismen nur zwei
(seltener drei) Sememe im Unterschied zur lexikalischen Polysemie, wo die
Anzahl der Sememe bedeutend größer ist. Das erklärt sich dadurch, dass die
phraseologische Bedeutung selbst Resultat einer Metaphеrisierung ist, z.B.: j-m
auf die Beine helfen: 1) einem Gestürzten wieder aufhelfen; 2) j-m helfen, eine
Schwäche oder Krankheit zu überwinden; 3) j-m finanziell helfen, damit er wieder
wirtschaftlich vorankommt.
Im Russischen sind auch polyseme Phraseologismen vorhanden, z.B.: 1.
поставить на ноги „j-n heilen, gesund machen“ (Доктор известный, он вас в
два дня на ноги поставит); 2. „ die Kinder erziehen, großziehen“ (Отец наш
один поставил на ноги шестерых детей); 3. „j-n zur Handlung veranlassen“
(была поднята на ноги вся милиция).
Was phraseologische Homonymie betrifft, so entsteht sie durch den Prozess
der parallelen Metapherisierung ein und desselben Syntagmas. Das führt zur
Entstehung der Sememe, die semantisch nicht zusammenhängend sind, vgl.: dt. j-
m schwillt der Kamm (ugs.): 1) j-d wird überheblich, bildet sich etwas ein; 2) j-d
gerät in Zorn, wird wütend; rus. отдать концы «sterben» – отдать концы
„weglaufen, davonfliehen“ – отдать концы marinespr. „Haltetau lösen“
Die parallele Metapherisierung ist ein spezifischer Entwicklungsweg der
phraseologischen Homonymie, deshalb ist dieser Prozess im Deutschen
unbedeutend.
11.4.2. Phraseologische Synonymie. Die phraseologische Synonymie ist eine
der produktivsten Kategorien der deutschen Phraseologie. Als Synonyme
bezeichnet man bekanntlich die Wörter, die in ihrer Bedeutung ganz oder teilweise
übereinstimmen. Auch Phraseologismen können synonym sein, wenn sie in den
wesentlichen Bedeutungsmerkmalen zusammenfallen. Phraseologische Synonyme
können wie in der Lexik sein:
1. sinngleich, vgl.: dt. das Pferd beim Schwanz aufzäumen, den Aal beim
Schwanz fassen ‹eine Sache verkehrt anfangen›; rus. мороз по коже (спине)
142

дерет (подирает, продирает, пробегает, идет), мурашки бегают (ползают)


по спине (по телу, по коже) „jmd empfindet große Angst“;
2. ideografisch, vgl.: dt. einen Affen (sitzen) haben „betrunken sein“;
einen (kleinen) Aal haben „leicht betrunken sein“; rus. под мухой, под градусом,
под хмельком „angetrunken sein“;
3. stilistisch, vgl.: dt. die Augen schließen (geh.); ins Gras beißen
(salopp, derb); rus. лечь в гроб (neutral), уйти в лучший мир (geh.), дать дуба
(salopp, grob) “sterben“;
4. territorial gebunden: regional, landschaftlich - (schwäb.) Dear haut
nix
as Läus; dia send krank - (gemeind.) arm sein wie eine Kirchenmaus.
Wesentliche Übereinstimmung der Bedeutungsmerkmale der
Phraseologismen ermöglicht ihre Zuordnung zu bestimmten Sachgruppen
(Begriffen), z.B.: Diebstahl – etw. mitgehen lassen; lange/krumme Finger machen;
Ablehnung - j-m einen Korb geben; j-m die kalte Schulter zeigen; Dummheit —
einen Vogel haben; nicht alle Tassen im Schrank haben; bei j-m ist eine Schraube
locker/los; bei j-m piept's wohl.
Vergleichen Sie im Russischen sinnverwandte Synonyme des Begriffs „(zu)
wenig“ : капля в море, кот наплакал, с гулькин нос, раз-два и обчелся, малую
толику, всего ничего.
11.4.3. Phraseologische Antonymie. Unter phraseologischen Antonymen
versteht man (in Analogie zur Lexik) Phraseologismen mit gegensätzlicher
Bedeutung. Phraseologische Antonyme können durch den Austausch einzelner
Komponenten einer phraseologischen Wortverbindung entstehen, vgl. dt. mit dem
Strom schwimmen „sich der Meinung der Mehrheit anschließen“ ↔ gegen den
Strom schwimmen „sich der allgemeinen Meinung entgegenstellen“; rus.
заваривать кашу „j-m, sich (Dat) etwas Unangenehmes verursachen“ ↔
расхлебывать кашу „eine unangenehme, schwere Sache aufklären“.
Auch durch die Negation einer Komponente der Wortverbindung entsteht
eine antonyme Aussage, z. B.: mit sich reden lassen (zur Verständigung mit j-m
143

bereits sein) ↔ nicht mit sich reden lassen (zur Verständigung mit j-m nicht bereit
sein).
Es finden sich aber auch Wortverbindungen mit sehr unterschiedlichem
Komponentenbestand, vgl.:
dt. j-d hat das Pulver nicht erfunden „j-d ist nicht besonders klug" - j-d ist
nicht auf den Kopf gefallen „j-d ist klug/erfahren"; j-n in die Pfanne hauen "j-n
stark kritisieren" - j-n in den Himmel heben „j-n übermäßig loben"; rus. от
горшка два вершка „klein von Wuchs“ – с коломенскую версту „groß von
Wuchs sein“; черепашьим шагом „sehr langsam“ – семимильными шагами
„sehr schnell“
In den anderen Fällen kommt die phraseologische Antonymie durch den
Austausch nur einer Komponente zu Stande, vgl.: dt. auf dem richtigen Dampfer
sein/sitzen „die richtige Meinung vertreten" - auf dem falschen Dampfer sein/sitzen
„eine falsche Auffassung vertreten"; rus. выходить из себя „sich aufregen“ –
приходить в себя „sich beruhigen“.

11.5. National-kulturelle Spezifik der Phraseologie


Die national-kulturelle Spezifik ist nicht nur den einzelnen Lexemen typisch,
sondern sie lässt sich auf verschiedenen Ebenen feststellen, darunter auch auf der
phraseologischen Ebene. Landeskundlich relevante Elemente der phraseologischen
Semantik können auf drei Ebenen des Inhaltsplans von phraseologischen
Wortfügungen zum Ausdruck kommen:
1) in der phraseologischen Gesamtbedeutung des festen Wortkomplexes,
z.B.: nach Kanossa gehen - eine schwerfallende, aber von der Situation geforderte
Selbsterniedrigung auf sich nehmen (nach der Reise des deutschen Kaiser Heinrich
IV. nach der norditalienischen Burg Canossa zu Papst Gregor VII im Jahre 1077;
dazu einen Kanossagang (demütigenden Bussgang) antreten „sich erniedrigen";
der Eiserne Kanzler „Beiname Otto von Bismarcks"; das Dritte Reich —
Deutschland während der nationalsozialistischen Herrschaft von 1933 bis 1945;
Berliner Mauer - von der DDR im August 1961 in Berlin errichtete Mauer, die die
144

Flucht der Bevölkerung in den Westen verhindern sollte, ein Symbol der Spaltung
Deutschlands.
Die phraseologische Einheit погиб, как швед под Полтавой ist mit der
Schlacht bei Poltawa verbunden, in der die Heere des schwedischen Königs Karl
der XII. aufs Haupt von Russen zerschlagen worden waren.
Die Entstehung des russischen Phraseologismus кричать во всю
Ивановскую ist auf den alten Brauch zurückzuführen, als die Zarenerlässe auf dem
Iwanow-Platz beim Glockenturm Iwan der Große aus vollem Halse verkündet
worden waren.
2) In der Semantik der lexikalischen Komponenten des Phraseologismus
(landeskundlich markierte Realien Wörter), z.B.: nach Adam Riese „genau
gerechnet" (nach dem Rechenmeister Adam Riese (1492-1559); mein Name ist
Hase „das geht mich nicht an" (diese Worte werden einem gewissen Viktor Hase
zugeschrieben, der vor dem Gericht erklärte „Mein Name ist Hase, ich weiß von
nichts". Diese Worte wurden in der reduzierten Form zu einem Sprichwort). Zu
landeskundlich markierten Realienwörtern in den Phraseologismen gehören andere
oft gebräuchliche Eigennahmen, die völlig desemantisiert sind, z.B.: eine große
Pauline „большой кофейник", großer Hans „пудинг", j-m den schwarzen Peter
zuschieben „свалить вину на кого-л.", doller Otto „смельчак, отчаянный
парень".
Den russischen Phraseologismen мамаево побоище, как Мамай прошел
liegen Ereignisse aus der Geschichte Russlands im XII.-XIII. Jahrhundert
zugrunde. Der tatarische Khan Mamaj unternahm damals verheerende Invasionen
in Russland, bis er im Jahre 1380 vom Moskauer Fürsten auf dem Kulikow-Feld
zerschlagen wurde.
3) Landeskundlich informativ ist die direkte Bedeutung des Wortkomplexes,
welche die national-spezifische, im alten Brauchtum verankerte Situation spiegelt,
die der bildlich-übertragenen Bedeutung des Idioms zu Grunde liegt. Da sind
einige Beispiele aus dem Deutschen.
einen Korb bekommen „abgewiesen werden". Die Redensart klärt sich aus
145

der alten Sitte: wenn der Werber unwillkommen war, ließ ihm die Geliebte aus
ihrem Fenster einen Korb mit einem schwachen Boden herab, dass er, wenn er
darin hinaufgezogen wurde, unterwegs „durchfallen" musste (davon kommt auch
in der Prüfung durchfallen; dazu auch: j-m einen Korb geben, sich einen Korb
holen.
Die Linguistin W.N. Telija vergleicht die Phraseologie mit dem Spiegel, in
dem sich „das nationale Selbstbewusstsein des russischen Volkes, seine Bräuche
und Sitten (из полы в полу, вывести на чистую воду), seine Lebensart (красный
угол, печки-лавочки) und sein Verhalten (садиться не в свои сани, как пить
дать, несолоно хлебавши, ломать шапку, бить челом) widerspiegeln“.

Literatur
1. Мальцева Д.Г. Страноведение через фразеологизмы. - M., 1991.
2. Райхштейн А.Д. Сопоставительный анализ немецкой и русской
фразеологию. - M., 1981.
3. Чернышева И.И. Фразеология современного немецкого языка. – М.,
1970.
4. Fleischer W. Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. — Leipzig,
1983.
5. Оguy О. D. Lexikologie der deutschen Sprache. - Winnyts’: „Nowa knyha“,
2003. - S. 75-85.
6. Stepanova M.D., Černyševa I.I. Lexikologie der deutschen
Gegenwartssprache. - M., 1986.- S. 175-223.
7. Schippan Th. Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. - Leipzig,
2002.- S. 47-50.
8. Černyševa I.I. Feste Wortkomplexe des Deutschen in Sprache und Rede. –
M., 1980.
Fragen zum Thema

1. Was ist die Phraseologie? Womit beschäftigt sich die Phraseologie?


146

2. Wodurch unterscheiden sich die Phraseologismen von den Lexemen und


den syntaktischen Wortverbindungen?
3. Welche Gruppen der Phraseologismen sonderte W. Winogradow aus?
4. Welche Kriterien berücksichtigt I.I. Černyševa bei der Klassifikation der
Phraseologismen? Wie heißen ihre Gruppen?
5. Erzählen Sie über die funktionale Klassifikation der Phraseologismen von
I.A. Ščukina und E.Riesel
6. Berichten Sie über die Klassifikation der Phraseologismen von A.V.Kunin?
7 Was kann man über die morphologisch-syntaktische Klassifikation der
Phraseologismen von W. Fleischer erzählen?
8. Was versteht man unter phraseologischer Derivation?
9. Was ist die dephraseologische Derivation?
10. Welche Unterschiede weist die phraseologische Polysemie im
Unterschied zur Polysemie in der Lexik auf?
11. Wie entsteht die phraseologische Homonymie?
12. Welche Arten der phraseologischen Synonyme gibt es?
13. Was versteht man unter phraseologischen Antonymen?
14. Auf welchen Ebenen des Inhaltsplans von phraseologischen
Wortfügungen können landeskundlich relevante Elemente der phraseologischen
Semantik zum Ausdruck kommen?

Aufgaben zum Thema


1. Finden Sie die synonymischen Phraseologismen, bestimmen Sie ihre
Bedeutung und den Charakter der phraseologischen Synonyme:
bei j-m gut angeschrieben sein; guter Hoffnung sein; in Morpheus Armen
ruhen; bei j-m gut angeschrieben stehen; sich aus dem Staube machen; bei j-m eine
gute Nummer haben; Fersengeld geben; bei j-m Schlag haben; an der Matratze
horchen; sich auf und davon sein; zur großen Armee abgehen; j-m tut kein Zahn
mehr; zu seinen Vätern versammelt werden; der Storch hat sie ins Bein gebissen;
147

in die ewigen Jagdgründe eingehen/einkehren; ein Kind unter dem Herz tragen;
ums Leben kommen.
2. Erklären Sie die national-kulturelle Besonderheit nachfolgender
Phraseologismen und geben Sie ihre Bedeutung:
blauer Brief; bei j-m in der Kreide stehen; Tag der offenen Tür; das ist (nicht)
mein Bier; j-m/für j-n den Daumen drücken (halten); Mein Name ist Hase.
3. Bestimmen Sie die Struktur, Semantik und syntaktische Funktion folgender
Phraseologismen:
a) Bevor ich mich vom Schreck erholt hatte, war er auf und davon;
b) Er hat jeden Stand und Halt verloren und eilte seinem vollkommenen Ruin
entgegen;
c) Er war in Acht und Bann. Noch vor kurzer Zeit war er einer der
mächtigsten Männer der Welt;
d) Er sagte uns nur, wir hätten dumm gehandelt, aus einer bevorzugten
Arbeitsstellung Knall und Fall auszureißen;
e) Sie machte kein Hehl daraus, dass sie links steht;
f) Herr Präsident! Ihr Sohn, ich kenne ihn, ein Ehrenmann ist er durch und
durch, vom Scheitel bis zur Sohle (J. Becher);
g) Der Kerl gehörte nicht zu den Menschen, die das Pulver entdeckt haben,
sondern zu denen, die es gebraucht – er war Militär (H. Heine).

Tests zum Thema


I. Ordnen Sie den Phraseologismen links ihre Bedeutungen rechts zu:
Variante A
1. bei j-m eine große Nummer haben a. fliehen, verschwinden
2. sich auf und davon machen b. schlafen
3. in Morpheus Armen liegen c. bei jm beliebt sein
4. ums Leben kommen d. sterben
5. jemand hat einen dicken Schädel e. ein Kind erwarten
6. j-n zum besten haben f. jemand hat Glück
148

7. der Storch hat sie ins Bein gebissen g. stur sein


8. jemand hat großes Schwein h. jemanden verspotten
9. jemand ist bei Kasse i. (viel) Geld haben
10. j-m wie aus dem Gesicht geschnitten sein k. j-m sehr ähnlich sein

Variante B
1. sie trägt etwas unter ihrer Schürze a. sterben
2. ins Gras beißen b. ein Kind erwarten
3. Leine ziehen c. schlafen
4. sich von innen gucken d. fliehen, verschwinden
5. j-m den Hals drehen e. dick sein
6. gut bei Leibe sein f. j-n ermorden
7. j-m kocht das Blut in den Adern g. dumm sein
8. blau wie ein Veilchen sein h. wütend sein (werden)
9. Blech reden i. betrunken sein
10. ein Brett vor dem Kopf haben k. Unsinn reden

II. Erklären Sie auf Deutsch die Bedeutung folgender Phraseologismen:


Variante A Variante B
1. zu tief ins Glas gucken 1. große Augen machen
2. sich auf die lange Bank schieben 2. auf der Bärenhaut liegen
3. wieder auf den Beinen sein 3. Wurst aus j-m machen
4. Kohl reden 4. j-m platzt der Kragen
5. Stroh im Kopf haben 5. j-d hat nicht alle Tassen im Schrank
6. das Bett hüten 6. j-n aus der Welt schaffen
7. gut bei Leibe sein 7. j-m ist das Herz in die Hosen gefahren
8. seine Uhr ist abgelaufen 8. die Sonne viereckig sehen
9. ein Hasenherz haben 9. sein Herz an j-n verloren haben
10. j-m Hörner aufsetzen 10. j-d trägt die Nase hoch
149

III. Auf welchem Tätigkeitsbereich des Menschen entstanden die


angeführten Phraseologismen: a) Militärwesen; b) Seewesen;
c) Wirtschaft/Finanzwesen; d) Musik; e) Religion; f) Jagd; g) Schulwesen
Variante A Variante B
1. die Flinte ins Korn werfen 1. sein Kreuz tragen
2. ins Gehege kommen 2. andere Saiten aufziehen
3. am Ruder bleiben 3. etwas mit in Kauf nehmen
4. aus der Schule schwatzen 4. am Ende seines Lateins sein
5. ein Kreuz schlagen 5. den bunten Rock anziehen
6. viel auf dem Konto haben 6. Wind in den Segeln haben
7. die erste Geige spielen 7. Schritt halten
8. Bilanz ziehen 8. das Fell über die Ohren ziehen
9. der rettende Engel 9. j-m den Marsch blasen
10. Jagd machen 10. j-m eine Predigt wegen etwas halten
150

Abschluss-Testaufgaben
I. Bestimmen Sie den Typ der Motivation bei folgenden Wörtern:
a) phonetisch-phonematische (natürliche) Motivation; b) morphematische
Motivation; c) semantische Motivation
Variante A Variante B
1. ächzen 1. huschen
2. Blume „schöne Frau“ 2. das Töfflöff
3. das Ticktack 3. der Hase „ein furchtsamer Mensch“
4. das Schlafzimmer 4. verkleinern
5. Bäcker 5. der Fuchs „ein listiger Mensch“
6. unlesbar 6. quaken
7. die Birne „Kopf des Menschen“ 7. der Tischler
8. piepsen 8. der Wintermantel
9. summen 9. salzig
10. vergrößern 10. der Wirrwarr
II. Bestimmen die Wortbildungsart folgender Ableitungen und ihre
Basiswörter: a) suffixale Bildung; b) präfixale Bildung; c) präfixal-suffixale
Bildung; d) halbpräfixale Bildung; e) halbsuffixale Bildung
Variante A Variante B
1. Wissenschaft 1. einschiffen
2. unaufhörlich 2. Vorlesung
3. erzfaul 3. bejahrt
4. benachbart 4. höllenheiß
5. Forscher 5. Backwerk
6. Urmensch 6. Bullenglück
7. Forstmann 7. lächeln
8. stockdumm 8. beschreiben
9. kräftig 9. demokratisch
10. eingehen 10. Geschrei
151

III. Bestimmen den Strukturtyp folgender zusammengesetzten Wörter und


zeigen Sie schematisch ihre Wortbildung: a) determinative Komposita;
b) Kopulativkomposita; c) Possessivkomposita; d) Zusammenbildung; e) imperati-
vische Satznamen
Variante A Variante B
1. rotbraun 1. Rührmichnichtan
2. Vergissmeinnicht 2. Bücherschrank
1. Dichter-Komponist 3. finnisch-schwedisch
2. rotbäckig 4. Schlaukopf
3. Wohnungstür 5. breitschultrig
4. Schlafmütze 6. Rotkäppchen
5. Esszimmer 7. Stelldichein
6. Eisbrecher 8. Strumpfhose
7. menschenähnlich 9. kampfbereit
8. Pulloverjacke 10. blaugrauweiß,
IV. Bestimmen die Wortbildungsart folgender Lexeme und ihre
Basiswörter: a) Konversion; b) Initial- und Kurzwörter; c) Implizite Ableitung
Variante A Variante B
1. der/die Gelehrte 1. der Lauf
2. der Entwurf 2. EU
3. die U-Bahn 3. das Vermögen
4. das Essen 4. der Gang
5. der Krimi 5. das Politbüro
6. der Ruf 6. der Deutsche
7. das Schöne 7. der Schlaf
8. der Morgen 8. der Lesende
9. der Ober 9. der LKW
10. der Beginn 10. der Verstand
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V. Bestimmen Sie die Art des Bedeutungswandels: a) Methonymie;


b) Synekdoche; c) Personifizierung; d) Methapher
Variante A
1. Schwarze Röcke, seidne Strümpfe
Weiße, höfliche Manschetten
2. Nach vielen Tagen kam er in seine vier Wände
3. Seine Augen sprechen
4. Er ist ein richtiger Schlaukopf
5. Mein Fuß wird deine Schwelle nie betreten
6. Apollo (schöner Mann)
7. Xanthippe (zänkische Frau)
8. die Flamme der Liebe
Variante B
1. süße Liebe
2. das Licht kommt
3. Schreihals
4. trockene Worte
5. Langohr
6. Champagner
7. harte Stimme
8. die Jahre gehen
VI. Welche Mittel dienen in den nachfolgenden Homonymen zu ihrer
Differenzierung: a) orthographisches Mittel; b) morphologisches Mittel;
c) wortbildendes Mittel
Variante A
1. Leib – Laib
2. der See – die See
3. der Strauß (Blumenstrauß) – der Strauß (Straußvogel)
4. Lied –Lid
5. der/das Tor – Toren/Tore
153

6. Miene – Mine
7. der/das Band – Bände/Bänder
8. Mahl (Mahlzeit) – Mal (drei-, viermal usw.)
9. Saite – Seite
Variante B
1. das/der Bauer – die Bauer/Bauern
2. Mähre (schlechtes Pferd) – Märe (Sage)
3. Schritt - schritt
4. der /das Schild – die Schilde/Schilder
5. das Tuch - die Tuche „Stoffsorte“/die Tücher „ein
Kleidungsstück“
6. das Wort – die Worte „Ausspruch“/die Wörter
„einzelnes Wort“
7. die Bitte – (ich) bitte
8. der Kunde „Klient“ – die Kunde „Mitteilung“
9. das Tischchen – das Tischlein
VII. Bestimmen Sie die Art der Synonymie: a) vollständige Synonyme;
b) unvollständige Synonyme; c) stilistische Synonyme; d) kontextuelle Synonyme
Variante A Variante B
1. Perron – Bahnsteig 1. Ufer –Strand –Küste –Kai
2. Weg – Pfad – Steg 2. ruhen – sich erholen
3. Gesicht – Antlitz 3. Gasse – Straße
4. Ergebnis- Resultat 4. Kopf – Haupt
5. ledig – los, frei 5. ruhen – auf etwas liegen
6. essen – fressen 6. speisen – genießen
7. Gegner – Feind 7. ledig – unverheiratet
8. Augenlid – Lid 8. Honorar - Gage
9. Pferd – Ross 9. schwatzen – sich unterhalten
10. schnell – hurtig – geschwind 10. beinahe – um ein Haar
154

VIII. Bestimmen Sie, welche Wörter sind: a) Archaismen; b) Neologismen;


nennen Sie auch ihre Bedeutungen:
Variante A Variante B
1. Minnesang 1. Magd
2. E-Mail 2. Piercing
3. Kurfürst 3. Odem „Atem“
4. Schwert 4. Marketing
5. Hillary –Effekt 5. Herze
6. Politikverdrossenheit 6. Bildtelefon
7. Lanze 7. Shopping
8. Minne 8. Multimediagerät
9. Rap-Jumping 9. ward
10. Jungfer 10. Speer
IX. Bestimmen Sie die Quelle der Fachlexik (W - Wirtschaft, B -
Bergwesen, Math. - Mathematik, C - Chemie, P - Physik, M - Medizin) und die
Quelle der Jugendlexik und erklären Sie ihre Bedeutung:
Variante A Variante B
1. j-n bürsten 1. Scheich
2. Additionstheorem 2. Logarithmenrechnung
3. ex (Ex-Kanzler, Ex-Frau usw.) 3. Telebanking
4. dinnern 4. Fördermaschine
5. Towaritsch 5. die Birne
6. killen 6. Leukämie
7. Cash 7. Biene
8. Fördermotor 8. Destillation
9. Reaktionsgeschwindigkeit 9. Drive
10. Epilepsie 10. Atomkern
X. Finden Sie links und rechts die synonymischen Phraseologismen,
beschreiben Sie ihre Bedeutung und bestimmen Sie den Charakter der Synonyme:
Variante A
1. kein ganzes Hemd mehr auf dem
155

Leibe haben 1. bei j-m eine gute Nummer haben


2. in Morpheus Armen ruhen 2. sich von innen gucken
3. bei j-m gut angeschrieben stehen 3. sich aus dem Staube machen
4. nichts als Haut und Knochen sein 4. ins Gras beißen
5. zur großen Armee abgehen 5. der Storch hat sie ins Bein gebissen
6. sich auf und davon machen 6. j-m wie aus dem Gesicht geschnitten sein
7. guter Hoffnung sein 7. jemand ist kein großes Licht
8. j-m aufs Haar gleichen 8. eine wahre Xanthippe sein
9. eine böse Sieben 9. nicht das Salz zum Brot haben
10. jemand hat das Pulver nicht 10. auf seinen Rippen kann man Klavier
erfunden spielen
Variante B
1. das wissen die Götter 1. zu seinen Vätern versammelt werden
2. in etwas zu Hause sein 2. bei j-m ist der Groschen gefallen
3. sich über j-n lustig machen 3. das weiß der Teufel
4. alt wie Methusalem sein 4. das ist alles Käse
5. das Gras von unten betrachten 5. sich aufblasen wie ein Frosch
6. jemand hat ein Köpfchen 6. in einer Sache daheim sein
7. jemand trägt die Nase hoch 7. nicht von Dummsdorf sein
8. jemand sitzt wie der Hase im Kraut 8. bei j-m rieselt der Kalk aus der Hose
9. das ist alles Kohl 9. j-n auf den Arm nehmen
10. j-m ist ein Licht aufgegangen 10. wie ein Pascha leben
XI. Erklären Sie die national-kulturelle Spezifik nachfolgender
Phraseologismen und geben Sie ihre Bedeutung
Variante A Variante B
1. blauer Brief 1. das ist (nicht) mein Bier
2. Mein Name ist Hase 2. j-m/für j-n den Daumen drücken (halten)
3. bei j-m in der Kreide stehen 3. Tag der offenen Tür
4. nach Adam Riese 4. lachen wie ein Honigkuchenpferd
5. jeden Pfennig dreimal drehen 5. Hans Ohnesorge
156

KLEINES LEXIKON DER LEXIKOLOGISCHEN TERMINI

Ableitung (Derivation), f – 1. Wortbildungsart, Prozess der Bildung neuer Wörter


aus bereits vorhandenen mit Hilfe von Wortbildungsmitteln;
2. Das abgeleitete Wort. Man unterscheidet explizite Ableitung, d.h. Ableitung mit
Hilfe von Affixen (Suffixen, Präfixen), Halbaffixen (Halbsuffixen, Halbpräfixen);
implizite Ableitung, d.h. Ableitung ohne Affixe. Zur impliziten Ableitung zählt
man gewöhnlich Rückbildung (retrograde, inversive Ableitung), Ableitung durch
sogenannte innere Flexion und Konversion.
Antonym (Gegenwort), n – Wort, das Gegenteil von einem anderen Wort oder
dessen Korrelativ ausdrückt, z.B.: hell-dunkel, reden-schweigen, Vater-Mutter.
Archaismus, m – Oberbegriff für veraltendes und veraltetes Wortgut, das in
der Peripherie des Sprachsystems existiert, z.B.: die Minne, der Degen. Man
unterscheidet phonetisch-orthographische Archaismen, d.h. veraltete phonetisch-
orthographische Formen, z.B.: er kömmt → er kommt; gülden → golden;
grammatische Archaismen, d.h. veraltete grammatische Formen, z.B.: auf Erden
→ auf Erde; semantische Archaismen, d.h. veraltete Bedeutung eines heute
verbreiteten Wortes, z.B.: das Mädchen in der Bedeutung <Dienstmädchen>;
Fräulein in der Bedeutung <Adlige>.
Argot (Gaunersprache, Rotwelsch) – Sonderwortschatz der Diebe, z.B.:
Kittchen <Gefängnis>, Polente <Polizei>, blechen <widerwillig, bezahlen>,
meschugge <verrückt>.
Assimilation (Eindeutschung), f – Angleichung fremden Wortgutes an
aufnehmende Sprache in Schreibung, Aussprache, Grammatik, Bedeutung.
Bedeutung, f – gesellschaftlich determiniertes, interindividuelles Abbild einer
Erscheinung der objektiven Realität oder die Beziehung zwischen Formativ und
Abbild (R. Conrad). Man unterscheidet denotative Bedeutung, d.h. die in einer
sprachlichen Äußerung realisierte Funktion des Zeichens, eine bestimmte
Erscheinung der objektiven Realität (Denotat); signifikative Bedeutung umfasst die
Bewusstseininhalte als Abbilder der Erscheinungen der objektiven Wirklichkeit;
157

konnotative Bedeutung, d.h. zusätzliche Merkmale der Bedeutung,


Bedeutungsnuance, Bedeutungsfärbung (semantisch, emotional, stilistisch); direkte
Bedeutung (wörtliche, eigentliche), d.h. die Bedeutung im eigentlichen Sinne des
Wortes, z.B. schwarz als Farbenbezeichnung (schwarze Schuhe, schwarzes Kleid);
übertragene Bedeutung (uneigentliche), d.h. die Bedeutung im übertragenen Sinne
des Wortes, z.B. eine schwarze Tat, schwarze Pläne; freie Bedeutung, d.h. die von
keinem Wortzusammenhang abhängende Bedeutung des Wortes im Unterschied zu
den phraseologisch gebundenen und syntaktisch bedingten Bedeutungen, welche
durch den bestimmten Kontext bedingt sind, z.B. grünes Gras; phraseologisch
gebundene Bedeutung, d.h. die Bedeutung des Wortes in phraseologischen
Einheiten, z.B. grüne (linke) Seite gehen, zwei Tage blau machen (verbummeln);
syntaktisch bedingte Bedeutung, d.h. die Bedeutung des Wortes, welche es nur in
bestimmter syntaktischer Funktion bekommt, z.B. Er ist blau (betrunken), hier tritt
das Wort blau als Bestandteil eines adjektivischen nominalen Prädikats;
etymologische Bedeutung (Grundbedeutung), d.h. die ursprüngliche Bedeutung des
Wortes, z.B. das Adjektiv grün hat heute als Hauptbedeutung <die
Farbenbezeichnung>, die etymologische Bedeutung ist aber <wachsend, sprießend,
gedeihend> (W. Schmidt); okkasionelle Bedeutung (gelegentliche), d.h. konkrete
Einzelbedeutung eines mehrdeutigen Wortes im Unterschied zur usuellen
Bedeutung, welche als eine allgemeine, als Summe aller okkasionellen
Bedeutungen auftritt (H. Paul). So hat das Wort Fuchs folgende okkasionelle
Bedeutungen: 1. Raubtier mit rotem Fell, 2. Pferd von fuchsiger Farbe, 3.
rothaariger Mensch, 4. schlauer Mensch, 5. Goldstück, 6. Student im ersten
Semester.
Bedeutungswandel, m – die Veränderung der Bedeutung eines Wortes
während seiner Geschichte bedingt durch Wesen und Charakter der Sprache als
gesellschaftlicfies Phänomen, z.B. fließen bezieht sich heute nur auf das Wasser,
im Mhd. auch – auf die Fische.
Bedeutungserweiterung, f (Bedeutungsgenerallsierung) – die Erweiterung des
Bedeutungsumfanges eines Wortes im Laufe der Entwicklung des Wortes, z.B.
158

Pate <jmd, der (außer Eltern) bei der Taufe eines Kindes als Zeuge anwesend ist
und für die christliche Erziehung des Kindes mitverantwortlich ist>, heute noch
<eine Bezeichnung für eine andere neue Erscheinung im Leben, womit Hilfe,
Unterstützung und Mitverantwortung von Institutionen und Betrieben bei der
wirtschaftlichen, kulturellen, politischen Entwicklung einzelner Person oder ganzer
Institutionen gemeint sind>, vgl.: Patenbetrieb, Patenschule.
Bedeutungsverengung, f (Bedeutungsspezialisierung) – die Verengung des
Bedeutungsumfanges im Laufe der Entwicklung des Wortes, z.B. reiten - (früher)
<jedes Schaukeln (Fortbewegung), z.B. in einem Wagen, Schiff reiten>, (heute)
<eine bestimmte Art der Fortbewegung, z.B. sich eines Pferdes oder eines
ähnlichen Tieres zu bedienen>.
Bedeutungsverschlechterung, f – Wertminderung der Bedeutung, z.B.: Maul
tritt bei Luther noch für <Mund> und <Maul der Tiere>, vgl.: dem gemeinen Mann
aufs Maul schauen heute gewinnt das Wort Maul einen stark pejorativen Zug,
vgl.: Halt's Маul!
Bedeutungsverbesserung, f – Werterhöhung der Bedeutung, z.B.: Marschall
bedeutete im mhd <Pferdeknecht>, heute – <hoher militärischer Dienstgrad in den
Armeen vieler Länder>.
Bedeutungsübertragung, f (Bezeichnungsübertragung) – die Benennung der
neuen Sachverhalte aufgrund einer Ähnlichkeit bzw. Assoziation, aufgrund eines
Vergleiches, eines Metaphers, einer Metonymie.
Bezeichnungsexotismen (Pl.) – fremde Wörter, die zur Bezeichnung der
fremden Gegebenheiten, Einrichtungen gebraucht werden, z.B.: Cent, Dollar,
Rubel, Kopeke, Prawda, Kreml, Wojewode.
Distribution, f – Gesamtheit der Umgebungen eines sprachlichen Elements, in
welchen es vorkommt.
Dominante, f (das Grundsynonym) – Synonym, das begrifflich und stilistisch
eine Invariante der anderen Glieder der synonymischen Reihe ist. Z.B. das Verb
entlassen tritt als Dominante in der synonymischen Reihe - entlassen, kündigen,
abbauen, j-n auf die Staße herausschmeißen.
159

Entlehnung, f - 1. Vorgang der Übernahme fremden Sprachgutes in die eigene


Sprache; 2. das entlehnte Sprachgut selbst. Der Form nach unterscheidet man
Sach- und Wortentlehnung, d.h. Art der Entlehnung, derer Wesen in der
Übernahme fremder Formative mit neuen Sachverhalten besteht, z.B.: Camping,
Motel. Wortentlehnung – Art der Entlehnung, derer Wesen in der Übernahme
fremder Wörter besteht, für welche in der entlehnenden Sprache bereits eigene
Wörter vorhanden sind, z.B.: Swimmingpool für Schwimmbad; Song für Lied;
Story für Geschichte. Der Art nach unterscheidet man Lehnprägung (Lehnbildung),
Lehnübersetzung und Lehnübertragung. Lehnprägung, f (Lehnbildung) –

Nachbildung des fremden Inhalts mit Mitteln der eigenen Sprache. Die Unterarten
der Lehnprägung sind: Lehnübersetzung, f, d.h. Nachbildung der Morphemstruktur
von Fremdwörtern oder fremden Wortgruppen, z.B.: Wandzeitung (russ.
стенгазета); Held der Arbeit (russ. Герой социалистического труда);
Lehnübertragung, f, d.h. freie Wiedergabe der Morphemstruktur der entlehnten
Wörter, z.B.: Patria  – Vaterland; передовик – Bestarbeiter; Lehnbedeutung, f, d.h.
Zuordnung einer fremden Bedeutung zu einem deutschen Formativ, z.B.: Brigade
<Arbeitskollektiv>, Kader <Angehöriger eines Betriebs>; Lehnwort, n, –

Entlehnung, die im Deutschen völlig assimiliert ist, d.h. sich dem Deutschen in
Lautgestalt, Betonung, Flexion und Schreibung völlig angepasst hat; z.B.: Mauer,
Ziegel, tanzen, Banner usw; Rückentlehnung, f, – aus einer anderen Sprache
entlehntes Wort, das ursprünglich der entlehnenden Sprache selbst angehörte; z.B.:
Biwak <Feldnachtlager>, nd. bi-wake <Beiwache im Freien>, fr. bivouae im 17.
Jh. rückentlehnt ins Deutsche.
Etymologie, f – Wissenschaft von der Herkunft der Wörter hinsichtlich ihrer
Form und Bedeutung.
Euphemismus, m (Verhüllung od. Hüllwort) – verhüllender, mildernder oder
beschönigender Ausdruck aus unterschiedlichen Gründen der Rücksichtsnahme
und Ästhetik, z.B.: einschlafen für sterben, riechen, duften für stinken, vollschlank
für dick.
160

Fachjargonismen (berufliche Argotismen, Berufsjargonismen) –expressive


Dubletten der Fachwörter, z.B.: Ton für Tonmeister, Hilfe für Hilfsregisseur,
Flohkiste für kleines schlechtes Kino, Plaudertasche für Mikrophon; einen
verewigen, d.h. einen Verbrecher in den Akten registrieren.
Formativ, m ist ein Wortbildungsmorphem; Oberbegriff für Affixe (Prä- und
Suffixe), Infixe und Wurzeldeterminative (R. Courad).
Fremdwort, n – Entlehnung, die ihren fremden Charakter bewahrt hat, z.B.:
Journal, Feulleton.
Fremdwortübernahme, f (formale Entlehnung) – direkte Entlehnung. Das
Ergebnis der Fremdwortübernahme sind Wörter vom Typ: Datsche <Landhaus>,
Bungalow <einstöckiges (Sommer)haus>, Disigner <Formgestalter für
Gebrauchsgüter>.
Ganzgestaltung, f (Ganzheit) – Merkmal des Wortes, welches in der
Untrennbarkeit des Wortes besteht, in der Unmöglichkeit in Teile zu zerlegen und
dazwischen andere sprachliche Einheiten zu setzen (Gegensatz: Sondergestaltung).
Halbaffix, n – Oberbegriff für Halbsuffix und Halbpräfix. Unter Halbaffixen
versteht man Anfangs- und Finalkomponenten von Zusammensetzungen, die
Seriencharakter der Lexeme bilden, die Funktion der Affixe erfüllen, ihre formelle
Identität und etymologische Verwandschaft mit freien Korrelaten aufweisen,
semantisch teilweise oder völlig transformiert sind (Stepanowa M.D.): z.B. -mann,
-frau, -hans, -mut u.a. im Bereich des Substantivs; -frei, -leer, -arm u.a. im Bereich
des Adjektivs; -weise, -maßen, - dings u.a. im Bereich der Adverbien; -ab, -auf,
-aus- u.a. im Bereich des Verbs. Parallele Termini dafür sind Affixolde, relative
Affixe, Affixe im Werden.
Hauptbedeutung, f – die Bedeutung, welche zu einem gegebenen Zeitpunkt
als gesellschaftlich wichtigste anerkannt wird und im Bewußtsein der Sprachträger
zuerst und vornehmlich realisiert wird, so z.B. ist die Hauptbedeutung des Wortes
grün <von grüner Farbe> (grünes Gras, grünes Laub). Alle anderen Bedeutungen
des Wortes grün sind Nebenbedeutungen und zwar: a) <unreif>, z.B.: grünes Obst,
grüne Äpfel, Pflaumen; b) umg. übertr. <unerfahren>, z.B.: Er ist noch ganz grün.
161

Historismen (Pl.) – Wörter, mit denen man historische Sachverhalte, Objekte


bezeichnet, die der Kommunikation über Vergangenes dienen (Th. Schippan); z.B.
Neulehrer – Altlehrer, Neubauer – Altbauer.
Homoformen (PI.) – Wörter, die in ihrer Aussprache nur in einzelnen Formen
zusammenfallen, z.B.: wir schreiben - sie schreiben, ich trank - er trank.
Homographe (PI.) – Wörter, die bei der unterschiedlichen Bedeutung und
Aussprache die gleiche Schreibung aufweisen, z.B.: August (Name) - August
(Monat).
Homophone (PI.) – Wörter, die in der Aussprache zusammenfallen, aber
verschiedene Bedeutungen haben, z.B.: wer - Wehr, Lied - Lid.
Homonymie, f – Gleichheit der Bezeichnung bei völlig unterschiedlicher
Bedeutung.
Homonyme (Pl.) – Wörter mit gleicher Lautgestalt (Lautung) bei völlig
unterschiedlicher Bedeutung, z.B.: der Ball 1. kugelförmiges Spiel und Sportgerät;
2. Tanzfest.
Hybride Bildung – Kombination aus heimischen und fremden Morphemen;
deutsche Basis + fremdes Affix, z.B.: superfein, extrafein, Supermann.
Hyperonym, n – Wort, welches als Gattungsbegriff (Genusbegriff) für andere
Wörter auftritt, z.B.: Blume - Sonnenblume, Mohnblume, Veilchen, Narzisse,
Malve, Rose usw.
Hyponym, n – Wort, welches als Artbegriff (Speziesbegriff) als
Gegenüberstellung zum Hyperonym auftritt, z.B.: Rose ist ein Hyponym zum
Hyperonym Blume.
Innere Valenz des Wortes ist Gesamtheit von Gesetzmäßigkeiten der
Verbindung von UKs eines lexikalischen Stammes. Man unterscheidet formale
(phonetische, strukturelle, morphologische, genetische) innere Valenz, d.h.
phonetische, strukturelle, morphologische, genetische Gesetzmäßigkeit der
Verbindung der UKs und semantische innere Valenz, d.h. semantische Kongruenz
der UKs eines lexikalischen Stammes.
162

Innere Wortform – Motiv oder Merkmal der Nomination, z.B. der Frühling ist
nach dem Merkmal “früh” genannt.
Internationalismus, m – Wort, das international gebräuchlich ist, sich in der
morphematischen und orthographischen Struktur der aufnehmenden Sprache
anpasst und in mehreren Sprachen in gleicher Bedeutung, oft als Termini üblich
sind, z.B.: Mikroelektronik Bourgeosie, Alkohol, Soldat.
Konversion, f – Wortartwechsel, Übergang einer Wortart in die andere, in der
sie eine neue Funktion und Bedeutung erhält, z.B.: leben → das Leben; recht →
das Recht.
Kurzwortbildung, f – Wortbildungsart, deren Wesen in der Kürzung
verschiedener Art von Vollformen besteht, z.B.: DAAD, VEB; U-Bahn,
Lok(omotive).
Lexikographie, f – 1. Abfassung von Wörterbüchern zum Zweck der
Darstellung und Beschreibung des gesamten Wortschatzes einer Sprache oder
eines bestimmten Teils; 2. Gesamtheit der Wörterbücher einer Sprache oder eines
Wissenzweiges.
Lexikologie, f (griech. lexis ‘Wort’, logos ‘Lehre’), auch Wortkunde, f –
Bereirch der Sprachwissenschaft, der sich mit der Erforschung des Wortes und des
Wortschatzes befasst.
Lexikalisch-semantisches System, n – Gesamtheit von Lexemen, die durch
paradigmatische und zwar wechselseitige Beziehungen zur einer Einheit verknüpft
werden.
Motiviertheit (Motivation), f – die Beziehung zwischen Formativ und
Bedeutung eines Wortes. Man unterscheidet phonetisch- phonemische Motivation
der Wörter (natürliche), deren Formanitive einen Schall oder Laut nachbilden
(knarren, zischen, Kuckuck, Uhu), morphematische Motivation, die sich aus der
Bedeutung der Morpheme erschließen läßt (Tageslicht, himmelblau), semantische
Motivation, die auf der Bezeichnungsübertragung (Metapher, Metonymie) beruht.
Morphem, n – 1. die kleinste bedeutungstragende Einheit der Sprache
(Martinet), z.B. die Wortform Festlichkeiten besteht aus vier Morphemen: Fest-
163

lich-keit-en. Man unterscheidet grammatische (Flexion) und lexikalische


(Wurzelmorpheme, Affixe) Morpheme.
Morphemanalyse, f – Zerlegung des Wortes in Morpheme und Bestimmung
des Charakters jedes Morphems.
Mundart, f – Existenzform der Sprache, die: 1) vorwiegend gesprochen wird;
2) das Kommunikationsmittel einer geographisch enger begrenzten
Sprachgemeinschaft darstellt; 3) eine bestimmte soziale Trägerschicht besitzt;
4) nicht universall verwendbar ist, sondern nur bestimmte Funktionen im Rahmen
der gesellschaftlichen Kommunikation ausübt; 5) durch ein Sprachsystem mit
spezifischer Struktur gekennzeichnet ist.
Mundartliche Lexik (Dialektismen) – landschaftlich eng begrenzte und nur auf
mundartlicher Ebene bekannte und geläufige Wörter, z.B.: Frosch - Fadde, Pogge,
Hetsche, Kecker; Mücke - Schnacken, Gelsen.
Neologismus, m – jedes zu einer bestimmten Zeit neu gebildetes Wort, z.B.:
Neulehrer, Neubauer (1945 - 47); Mütterjahr, Ehekredit (Anfang der 70-er Jahre).
Unter den Neologismen unterscheidet man Neuwörter, welche in der deutschen
Sprache in den letzten Jahren neu aufgekommen sind; Neuprägungen, d.h. Wörter
und Wendungen, die aus schon bestehenden sprachlichen Morphemen gebildet
werden (Partnerbetrieb, Altpapier), Neubedeutungen (semantische Neologismen)
– neue Bedeutungen eines schon vorhandenen Wortes (Maus ‘Teil des
Computers’).
Onomasiologie (Bezeichnungslehre), f – Teil der Sprachwissenschaft, der sich
mit den sprachlichen Bezeichnungen der Gegenstände, Sachen, Erscheinungen
befasst.
Onomasiologische Gruppen (Sachgruppen, thematische Gruppen) –
thematisch gebunde Wortgruppe, z.B. Tisch, Stuhl, Schrank etc. Gehören zur
onomasiologischen Gruppe Möbel.
Paradigmatik, f – 1. Gesamtheit der paradigmatischen Beziehungen der
Elemente einer Sprache; 2. Betrachtung sprachlicher Einheiten als Elemente des
Sprachsystems; paradigmatische Beziehungen sind die Beziehungen der Einheiten,
164

die durch die Relation der Opposition verbunden sind, die in ein und demselben
Kontext auftreten können und sich in diesem Kontext gegenseitig bestimmen oder
ausschließen (Stepanowa M.D., Černyševa I.I.). Beispiele für lexikalisch-
semantische Paradigmen: (1) Mann – Tier; (2) Mann – Frau; (3) Mann – Junge;
(4) Mann – Arbeiter; (5) Mann - Offizier.
Paronyme (PI.) – Wörter mit dem gleichen Wurzelmorphem, die sich aber
lautlich und semantisch durch die Affixe unterscheiden, z.B.: Fremde - Fremdheit.
Phraseologie, f 1. Bereich der Sprachwissenschaft, der sich mit festen
Wortkomplexen einer Sprache befasst; 2. Gesamtheit der festen Wortkomplexe
einer Sprache.
Phraseologismen (Pl.) (nach I.I. Černyševa) – feste Wortkomplexe
verschiedener syntaktischer Struktur mit singulärer Verknüpfung der
Konstituenten, deren Bedeutung durch eine vollständige oder teilweise
semantische Transformation des Konstituentenbestandes entsteht, z.B.: den Mund
halten <schweigen>, ins Graß beißen <sterben>. Unter den Phraseologismen
unterscheidet man gewöhnlich phraseologische Einheiten, festgeprägte Sätze,
phraseologische Verbindungen. Phraseologische Einheiten (Ganzheiten) – feste
Wortkomplexe mit singulärer Verknüpfbarkeit der Konstituenten und semantisch
transformierter Bedeutung des gesamten Konstituentenbestandes, z.B.: j-m den
Kopf waschen <scharf zurechtweisen>. Dazu zählt man auch Paarformeln (oder
Zwillingsformeln), d.h. Wortpaare, die aus zwei Lexemen der gleichen Wortart
bestehen, z.B.: Feuer und Flamme, Schritt für Schritt, hin und wieder, ab und zu.
Komparative Phraseologismen bilden Untergruppe der phraseologischen
Einheiten, deren zugrunde ein Vergleich liegt, z.B.: schlafen wie ein Sack; arbeiten
wie Robotor; essen wie ein Spatz. Festgeprägte Sätze – Untergruppe der
Phraseologismen mit der syntaktischen Struktur der Sätze. Darunter unterscheidet
man sprichtwörtliche Satzredensarten wie z.B.: Da liegt der Hund begraben; das
kommt in den besten Familien vor; dazu muss man Sie sagen; Sprichwörter, z.B.:
Wer A sagt, muss В sagen, Wer zum Spiele kommt, muss spielen u.a.
Phraseologische Verbindungen – Untergruppe der Phraseologismen mit singulärer
165

Verknüpfung einer semantisch transformierten Konstituente, z.B.: blinder


Passagier, schwarzer Markt, goldene Hochzeit. Die Phraseologismen im weiten
Sinne schließen in sich auch feste Wortkomplexe nichtphraseologischen Typs ein,
wo man folgende Gruppen aussondert: modellierte Bildungen, d.h. stehende (feste)
Wortkomplexe nichtphraseologischen Typs, die in der Sprache nach bestimmten
strukturell-semantischen Modellen entstehen und eine typisierte Semantik besitzen,
z.B.: Bruder hin, Bruder her; Freund hin, Freund her; lexikalische Einheiten –
feste Verbindungen mit nominativer Funktion, die eine semantische Ganzheit
bilden und bei denen die semantische Transformation der Komponenten fehlt, z.B.
die angewangte Linquistik, die Bundesrepublik Deutschland, der Nahe Osten.
Phraseologisierte Verbindungen – stehende (feste) Wortkomplexe
nichtphraseologischen Typs mit analytischer und übertragener Bedeutung einer der
Komponenten, welche sich durch serielle Verknüpfung charakterisiert, z.B.:
j-m Achtung, Anerkennung, Bewunderung, Verehrung, Beifall, Dank zollen
(erweisen).
Polysemie (Vieldeutigkeit), f – Fähigkeit des Wortes, die miteinander
genetisch und semantisch verbundenen Bedeutungen eines Wortes zu besitzen und
dementsprechend verschiedene Denotate der objektiven Wirklichkeit zu
bezeichnen, z.B.: Stock kann bezeichnen <Holzstück>, <Spazierstock>.
Präfix, n – Wortbildungsmorphem, welches am Anfang des Wortstammes
auftritt, gruppenweise vorkommt und wortbildende Bedeutung aufweist.
Professionalismus, m – sach- oder fachgebundenes Wort (Ausdruck),
welches im Unterschied zum Terminus nichtstandardisiert und nichtdefiniert ist.
Purismus, m – nationale Bewegung zur Reinigung einer Sprache von
Fremdwörtern. In Deutschland war der Purismus im 17. Jh. als Reaktion auf die
Überwucherung der deutschen Sprache mit französischem Wortgut verbunden und
wurde zur Sache der Sprachgesellschaften, deren Vertreter sich bemühten,
Fremdwörter durch deutsche Wörter zu ersetzen. So haben sich viele gute
Verdeutschungen von Fremdwörtern eingebürgert (J. Schottel: Wörterbuch für
Lexion; Ph. Harsdörfer: Briefwechsel für Correspondence, Irrgarten für Labyrinth
166

usw.). Der deutsche Purismus war zeitweise auch Ausdruck nationalistischer und
cnauvinistischer Stimmungen.
Reduplikation, f – Wortbildungsart, die in der Wiederholung der
Anfangssilben oder anderer Elemente eines Wortes besteht. Dabei lassen sich
3 Haupttypen unterscheiden: einfache Doppelungen (Wauwau <Hund>,
Pinkepenke <Geld>); Reimbildungen (Heckmeck <dummes Geschwätz, Unsinn>,
Larifari <wertloses Zeug, Gerede>), Ablautbildungen (Mischmasch, Zickzack).
Rückbildung (retrograde, inversive Ableitung), f - 1. Wortbildungsart, derer
Wesen in der Kürzung für längere Ableitungen besteht. 2. Das Wort, welches als
Resultat dieses Prozesses entsteht. Wegen seiner Kürze ist scheinbares
Ausgangswort für längere Ableitungen, historisch aber Ableitung aus dem
längeren Ausgangswort, z.B.: Freimut ← freimütig, Hochmut ← hochmütig,
notlanden ← Notlandung.
Schriftsprache (Literatursprache), f – normalisierte Norm der Sprache, die auf
der Bühne, im Funk, im Film, am Rednerpult, im offiziellen Gespräch gesprochen
wird und in der schöngeistigen und wissenschaftlichen Literatur, in der Presse, im
amtlichen Brief geschrieben wird. Parallele Termini dafür sind Hochsprache,
Kultursprache, Einheitssprache, Gemeinsprache.
Semasiologie (Wortbedeutungslehre), f – Teildisziplin der
Sprachwissenschaft von den Bedeutungen der Wörter einer Sprache, ihren
Beziehungen untereinander, ihrer Entwicklung und Veränderung
(Bedeutungswandel) und den Ursachen, die diese herbeifuhren.
Sonderwortschatz (Sonderlexik, Soziolektismen, Sondersprachen) –
Wortschatz, der sich in verschiedenen Gruppen der Sprachgemeinschaft aufgrund
des gemeinsamen Berufs, gemeinsamer Interessen, gemeinsamer
Lebensbedingungen entwickelt hat.
Soziolekte (gruppenspezifische Wortschätze, Jargons) – Sonderwortschätze
verschiedener sozialer Gruppen einer Sprachgemeinschaft mit gemeinsamen
Lebensbedingungen. Ihr Gebrauch kennzeichnet den Sprecher als Angehörigen
einer Interessen-, Freizeit-, Alters-, oder Organisationsgruppe, z.B.:
167

Soziolektismen der Soldaten aus dem 2. Weltkrieg: Spatz <ein kleines Stück
Suppenfleisch>, Wasser mit Wasser <dünne Suppe>, Chinesenschweiß <Tee>,
Negerechweiß <Kaffee>, braune Husaren <Flöhe>.
Soziolinguistik, f – Teilgebiet der Sprachwissenschaft, welches den
Zusammenhang zwischen der Sprache und Gesellschaft erforscht, welches die
gesellschaftliche Bedingtheit der Sprache beschreibt und erklärt.
Suffix, n – Wortbildungsmorphem, welches nach dem Wurzelmorphem oder
primären Wortstamm vorkommt, gruppenweise erscheint und wortbildende
Bedeutung hat.
Synonyme (PI.) – sinngleiche oder sinnverwandte Wörter, z.B.: Antlitz -
Gesicht - Visage. Man unterscheidet absolute (vollständige, reine) Synonyme –
bedeutungsgleiche Wörter, die in der gleichen Textumgebung uneingeschränkt für
einander auftreten können, z.B.: Beifall - Applaus; Telefon – Fernsprecher; Auto -
Kraftwagen; ideographische (unvollständige) Synonyme – bedeutungsähnliche
Wörter, z.B.: Lohn – Gehalt – Gage; stilistische Synonyme – bedeutungsnahe
Wörter, die sich aber durch den Gebrauch in verschiedenen funktionalen Stillen
oder durch stilistische Färbung unterscheiden, z.B.: Gesicht - Antlitz - Visage -
Fratze; territoriale (landschaftliche, regionale) Synonyme, d.h. bedeutungsgleiche
Wörter, die sich durch die Bevorzogenheit in verschiedenen Sprachgebieten
unterscheiden, z.B.: Kartoffel – Erdapfel, Samstag – Sonnabend, fegen – kehren,
kontextuale Synonyme – Wörter oder Wendungen mit unterschiedlicher logisch-
gegenständlicher Bedeutung, die sich aber in einem gegebenen Kontext auf
denselben Sachverhalt beziehen und daher wechselseitig austauschbar sind, z.B.:
Er überreichte ihr eine herrliche Rose. Die Blume duftete stark.
Syntagmatik, f – die Beziehungen der sprachlichen Elemente auf der
syntaktischen Ebene im Sinne F. de Saussures, d.h. in ihrer linearen
Verknüpfungsfolge im Unterschied zu den assoziativen Beziehungen der
Paradigmatik (Gegensatz Paradigmatik); svntagmatische Beziehungen –
Anreihungsbeziehungen der Spracheinheiten, die auf dem linearen Charakter der
Sprache beruhen.
168

Tabuwort, n – Bezeichnung für eine Erscheinung, die aus bestimmten


(religiösen oder abergläubischen) Bedenken nicht beim richtigen Namen genannt
werden soll, z.B.: der Böse für Teufel.
Terminus, m (Fachwort) – Bezeichnung für einen Begriff oder Sachverhalt,
der nur in einem bestimmten Fach oder Wissenschaftsbereich gültig ist. Als
wesentlichste Merkmale des Terminus sind Definition und seine Angehörigkeit zu
einer Terminologie. Dementsprechend erfüllen Terminie außer der nominativen,
auch definitive Funktion. Termini sind immer standardisiert.
Territoriale (landschaftliche) Lexik (territoriale Tautonyme) – Wörter
mundartlicher Herkunft, die zum Wortbestand der Umgangssprache gehören, aber
überall bekannt sind, z.B.: Sonnabend – Samstag, Fleischer – Metzger –
Schlächter, dieses Jahr – heuer.
Umgangssprache, f – Erscheinungsform der Sprache, welche Mittelstellung
zwischen Literatursprache und Mundart einnimmt. Räumlich ist sie kennzeichnet
durch einen regional begrenzten Geltungsbereich; funktional ist sie in erster Linie
ein Kommunikationsmittel des mündlichen Verkehrs der nichtoffiziellen Situation.
Man unterscheidet 3 Typen der Umgangssprache: hochdeutsche (literarische)
Umgangssprache der Gebildeten; großlandschaftliche Umgangsaprache,
kleinlandschaftliche Umgangssprache (Halbmundart).
Valenz (Wertigkeit, Fügungspotenz), f – Fähigkeit von Wörtern oder
Satzgliedern, andere Wörter oder Satzglieder an sich zu binden. Man unterscheidet
obligatorische Valenz, d.h. notwendige Ergänzungsglieder (Mitspieler, Aktanten),
fakultative Valenz, d.h. Ergänzungsglieder, welche weggelassen werden können,
ohne einen richtig gestalteten Satz zu verletzen.
Volksetymologie, f (Fehletymologie, Pseudoetymologie) – begriffliche
Angleichung fremder oder fremdgewordener, etymologisch undurchsichtiger
Wörter und Wortteile an begrifflich verständliche, hervorgerufen durch das
Verlangen nach Deutlichkeit, z.B.: Hängematte ← indianisch hamäca über ndl.
nangmat; Maulwurf (← ahd. müwerf ← ags. muga "Hügel", "Haufen" und ahd.
169

werfan "werfen"), <Tier, das Erdhaufen aufwirft> (Umdeutung unter Anlehnung


an Maul).
Wort, n – lexisch-semantische Einheit, kleinster relativ selbständiger
Bedeutungsträger, dessen Formen durch die zugrunde liegende gemeinsame
lexikalische Bedeutung zu einem Paradigma vereint sind, das als Bestandteil des
Systems als graphemische und phonemische Einheit auftritt (Th. Schippan).
Wortfamilie (Wortsippe), f – Gruppe aller derjenigen Wörter, die sich auf
Grund ihrer etymologischen Zusammengehörigkeit auf eine und dieselbe Wurzel
zurückfüren lassen, z.B.: geben, Gabe, Gift, angeben, Angabe, giftig usw.
Wortfeld, n – Gliederung der Spracheinheiten, die über Synonymie hinaus in
weiteren semantischen Beziehungen zueinander stehen.
Wortmischung (Wortkreuzung, Kontamination), f – Wortbildungsart, derer
Wesen in der Verschmelzung von Teilen mehrerer (meist zweier) Wörter zu einem
neuen Wort besteht, z.B.: Erdtoffel ← Erdapfel und Kartofell; Heideweizen ←
Buchweizen und Heidekorn.
Wortnest, n – Gruppe der Wörter, die nicht nur etymologisch, sondern
semantisch verbunden sind, z.B.: fahren, Fahrer, Fahrt, Fahrerei, fahrbar,
befahren.
Wortnische (semantische Nische), f – Wortgruppen derselben Wortstruktur
mit einer gleichartigen Semantik (S. Baldinger), z.B.: die ornative Gruppe
innerhalb der be-Verben: beflügeln, beschützen, behosen usw.
Wortstand (Funktionsstand), m – semantisch zusammengehörige Gruppen von
Ableitungen von unterschiedlichen Wortbildungstypen, z.B.: die Kollektiva
können Bildungen folgender Wortbildungsstrukturen sein: -schaft (Arbeiterschaft,
Studentenschaft, Ärzteschaft), -tum (Rittertum, Bürgertum), -ung (Regierung,
Leitung), -tät (Generalität, Admiralität) usw.
Wortbildung, f – Wissenschaftsbereich, welcher die Prozesse der
Bereicherung des Wortschatzes einer Sprache, sowie die Analyse der
Wortstrukturen beschreibt.
170

Wortbildungsart, f – Art und Weise der Entstehung eines Wortes. Die


wichtigsten Arten der Wortbildung im Deutschen sind die Zusammensetzung
(Komposition), die Ableitung (Derivation), die Kurzwortbildung, die
Zusammenbildung. Die besonderen Wortbildungsarten sind Reduplikation,
Wortmischung (Wortkreuzung, Kontamination), Rückbildung (retrograde,
inversive Ableitung).
Wortbildungsbedeutung, f – Bedeutung des Wortbildungsmodells, die in
diesem Lexem realisiert wird (M.D. Stepanowa).
Wortbildungsmittel, n – konkretes Morphem, ein lexikalisches Affix, das
neben dem primären Stamm ausgesondert wird. Zu den Wortbildungsmitteln
gehören Affixe (Suffixe, Präfixe), Halbaffixe (Halbsuffixe, Halbpräfixe), die
sogenannte innere Flexion (Umlaut; Ablaut, Brechung, Konsonantenwechsel).
Wortbildungsmodell, n – stabile Struktur, die über eine verallgemeinerte
lexlkalisch-kategoriale Bedeutung verfügt und geeignet isl mit verschiedenem
lexikalischem Material ausgefüllt zu werden (Stepanowa M.D.).
Wortbildungsparadigma, n – Gruppe verwandter Wörter, die von einem
gemeinsamen Stamm mit Hilfe aller an diesem Stamm angekopepelten Affixe
gebildet sind, z.B.: lehren - Lehrer, Lehrling, Lehre, lehrhaft, gelehrig, belehren.
Zusammensetzung, f – 1. Wortbildungsart, die als Resultat zweier Prozesse
(Wortbildungsarten) entsteht: Zusammensetzung und Ableitung; 2. das Wort,
welches als Resultat der Zusammenbildung entsteht, z.B.: rotbäckig,
Zugrundelegung, schmalschultrig. Zusammenbildungen entstehen gewöhnlich auf
Grund von Wortverbindungen, z.B.: rotbäckig ← rote Backen; Zugrundelegung ←
zugrunde legen, schmalschultrig ← schmale Schultern. Zu den
Zusammenbildungen gehören auch substantivierte Infinitivgruppen, z.B.:
das Nimmerwiedersehen; das Frühnachhausekommen. Man unterscheidet echte
(eigentliche) Zusammensetzung, d.h. zusammengesetztes Wort, welches als
Resultat der Aneinderfügung der Komponenten ohne Bindeelement entsteht,
(Meerenge, Schreibtisch, dunkelblau); unechte (uneigentliche) Zusammensetzung,
d.h. zusammengesetzes Wort, deren Komponenten mit Hilfe der Fügenelemente
171

aneindergefiigt werden (Tageslicht, Kinderleicht, Sonnenstrahl, Werdegang),


Zusammenrückug, d.h. Kompositum, das der Struktur und der Stellung ihrer UKs
nach mit den aus den UKs entsprechenden Lexemen gebildeten syntaktischen
Fügungen identisch sind (weltberühmt, gutaussehend, zweihundert usw.),
Possessivkompositum (Bahuvrihi ind. "viel Reis habend"), d.h. zusammengesetztes
Wort, welches eine Person (oder irgendein anderes Lebewesen) nach einem
Unterscheidungsmerkmal bildlich charakterisiert. Oft werden solche Komposita
auch possessiv-methonymische Zusammensetzungen genannt (Rotkäppchen,
Langohr), determinatives Bestimmungskompositum – zusammengesetztes Wort,
wo die 1. UK (Bestimmungswort) die 2. UK (Grundwort) näher bestimmt
(Hausschlüssel, Tageslicht). Kopulatives (additives) Kompositum –
zusammengesetztes Wort, dessen UK anreihend miteinander verbunden sind und
dessen Bedeutung summiert erscheint (Dichterkomponist, Strichpunkt, deutsch-
russisch, taubstumm); 3. Prozess der Verbindung von swei oder mehreren
Wurzelmorphemen (lexikalischen Stämmen oder Wörtern) zu einer Worteinheit.
172

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NACHWORT

In diesem Lehrbuch wurden die Hauptprobleme und lexikologische


Grundbegriffe der deutschen Sprache in ihrem Zusammenhang erläutert. Das Wort
trat hier als Element des Sprachsystems und als Teil der Rede und des Textes auf.
Der Leser erhielt die Möglichkeit sich mit den wichtigsten Fachbegriffen der
Lexikologie und mit Methoden der Wortschatzanalyse vertraut zu machen.
Den theoretischen Darstellungen schloss sich der Übungsteil an, in dem
Aufgaben zur praktischen Anwendung und eigenen Kenntnisprüfung sowie zur
Arbeit im Seminar gestellt wurden.
Eine große Aufmerksamkeit ist dabei dem kontrastiven Vergleich der
lexikologischen Erscheinungen im Deutschen und Russischen gewidmet worden.
Dieser Vergleich ließ hoffentlich manches einsehen, was beim getrennten Erlernen
der Fremdsprache unbeachtet geblieben war.
Das Lehrbuch kann den Studenten, den Promovenden und Diplomanden als
Quelle für selbständiges Studium dienen, es kann auch in der Ausbildung und
Weiterbildung der DaF-Lernenden verwendet werden.

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